Ultraschall in der Natur, Technik und Medizin - Universität Wien
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UMP 2010: „<strong>Ultraschall</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Natur</strong>, <strong>Technik</strong> <strong>und</strong> Mediz<strong>in</strong>“, Ewald Benes, TU <strong>Wien</strong>, vhs X 12.01.2010, vhs XI 21.01.2010<br />
gab, die überhaupt von diesen bahnbrechenden Arbeiten<br />
wussten. Obwohl die Experimente wissenschaftlich e<strong>in</strong>wandfrei<br />
durchgeführt wurden, fehlte das tiefere Verständnis<br />
zu jener Zeit. Erst nach <strong>der</strong> Entwicklung des Radars<br />
war die Zeit reif für e<strong>in</strong> Verstehen des Ortungss<strong>in</strong>nes <strong>der</strong><br />
Fle<strong>der</strong>mäuse.<br />
Heute weiß man, dass Fle<strong>der</strong>mäuse gepulste, gerichtete<br />
<strong>Ultraschall</strong>töne aussenden, die unmittelbar vor dem<br />
Kopf zu e<strong>in</strong>em Strahl gebündelt werden (vgl. Abb.1).<br />
Abb.1. Die Fle<strong>der</strong>maus sendet <strong>Ultraschall</strong>pulse aus <strong>und</strong> lauscht<br />
jeweils anschließend auf das vom Insekt zurückreflektierte Echo.<br />
Nach <strong>der</strong> Schallaussendung lauschen die Fle<strong>der</strong>mäuse<br />
auf den von H<strong>in</strong><strong>der</strong>nissen zurückgestreuten Schall <strong>und</strong><br />
dieser wird <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em beson<strong>der</strong>en, groß ausgebildeten Hirnabschnitt<br />
gedeutet. Dadurch kann e<strong>in</strong>e Fle<strong>der</strong>maus Größe<br />
<strong>und</strong> Form ihres Zieles “sehen” <strong>und</strong> se<strong>in</strong>e Lage nach W<strong>in</strong>kel<br />
<strong>und</strong> Entfernung genau bestimmen. Die ausgesandten<br />
Töne haben e<strong>in</strong>e Pulsdauer von nur 0,5 ms <strong>und</strong> liegen mit<br />
typischerweise 50 kHz weit über <strong>der</strong> menschlichen Hörgrenze.<br />
Könnten wir sie hören, würde ihre Lautstärke <strong>der</strong><br />
e<strong>in</strong>es vierstrahligen Jumbo-Jets entsprechen, <strong>der</strong> <strong>in</strong> 1,5 km<br />
Entfernung vorbeifliegt. Die Ohren <strong>der</strong> Fle<strong>der</strong>maus sprechen<br />
noch auf Reflektionen an, die 10 -11 mal schwächer<br />
als die ausgesandten Töne s<strong>in</strong>d. Während des Aussendens<br />
<strong>der</strong> Schreie nimmt die Fle<strong>der</strong>maus die Empf<strong>in</strong>dlichkeit des<br />
Gehörs drastisch zurück (Vergleichbar mit dem Sende-<br />
Empfangsschalter e<strong>in</strong>es Radargerätes). Für die meisten<br />
Insekten liegen die <strong>Ultraschall</strong>pulse <strong>der</strong> Fle<strong>der</strong>maus <strong>in</strong>nerhalb<br />
ihres Hörbereichs, sie merken daher die Gefahr <strong>und</strong><br />
leiten e<strong>in</strong>en Taumelflug e<strong>in</strong>. Die Fle<strong>der</strong>maus erhöht mit<br />
zunehmen<strong>der</strong> Annäherung die Anzahl <strong>der</strong> ausgesandten<br />
Pulse <strong>und</strong> erwischt <strong>in</strong> <strong>der</strong> Regel das Insekt trotz des<br />
Ausweichmanövers.<br />
Übrigens verlassen sich bl<strong>in</strong>de Menschen seit jeher auf<br />
Reflektionen von Schallwellen, die sie durch das Klopfen<br />
mit e<strong>in</strong>em Stock auf den Gehsteig erzeugen. Der Orientierungss<strong>in</strong>n<br />
<strong>der</strong> Bl<strong>in</strong>den, <strong>der</strong> früher oft auch als sechster S<strong>in</strong>n<br />
bezeichnet wurde, konnte e<strong>in</strong>deutig als e<strong>in</strong>e entsprechende<br />
Schulung des Gehörs<strong>in</strong>ns erklärt werden. Die Leistungsfähigkeit<br />
dieses “Notsystems” erreicht aber bei weiten<br />
nicht jene des hochentwickelten Echopeilungssystems <strong>der</strong><br />
Fle<strong>der</strong>maus.<br />
Das Echopeilungssystem <strong>der</strong> Delph<strong>in</strong>e<br />
Jahrhun<strong>der</strong>telang war sich ke<strong>in</strong> Mensch bewusst, welche<br />
gewaltigen Navigationsprobleme Delph<strong>in</strong>e <strong>und</strong> Wale<br />
bewältigen. Beide können schnell schwimmen - Delph<strong>in</strong>e<br />
mit e<strong>in</strong>er Geschw<strong>in</strong>digkeit von 32 km/h - beide haben e<strong>in</strong>e<br />
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große Masse. Diese Verb<strong>in</strong>dung von Geschw<strong>in</strong>digkeit <strong>und</strong><br />
Masse verleiht beiden Arten e<strong>in</strong>e ungeheure Schwungkraft.<br />
Um genügend Raum zum Anhalten <strong>und</strong> Wenden zu haben,<br />
müssen diese Tiere - ebenso wie Schiffe - eventuell auftretende<br />
H<strong>in</strong><strong>der</strong>nisse schon lange im Voraus erkennen. Die<br />
optische Sichtweite im Meereswasser beträgt aber je nach<br />
Luftblasengehalt, Trübung <strong>und</strong> Beleuchtung oft nur wenige<br />
Meter. Im Gegensatz zu Lichtwellen breiten sich h<strong>in</strong>gegen<br />
Schallwellen im Meerwasser hervorragend aus.<br />
Erst 1947 äußerte e<strong>in</strong> Wissenschafter namens McBride<br />
vom Institut für Meeresforschung <strong>in</strong> Florida erstmals die<br />
Vermutung, dass Delph<strong>in</strong>e möglicherweise e<strong>in</strong> akustisches<br />
Ortungssystem (Echopeilung) ähnlich wie die Fle<strong>der</strong>mäuse<br />
haben könnten. Er hatte beobachtet, wie <strong>in</strong> Netzen gefangene<br />
Delph<strong>in</strong>e niemals gegen die Netze anschwammen,<br />
son<strong>der</strong>n über die Korken sprangen, mit denen die oberen<br />
Netzschnüre gesäumt s<strong>in</strong>d. Wegen ihres fre<strong>und</strong>lichen Charakters<br />
<strong>und</strong> ihrer hohen Intelligenz s<strong>in</strong>d Delph<strong>in</strong>e beson<strong>der</strong>s<br />
geeignet, um den akustischen Orientierungss<strong>in</strong>n zu<br />
erforschen. Heute weiß man, dass Delph<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>e schnell<br />
aufe<strong>in</strong>an<strong>der</strong>folgende Serie von Ratterlauten ausstoßen <strong>und</strong><br />
das Frequenzband dieser Laute vom Hörbereich bis zu<br />
170 kHz reicht. Experimente <strong>in</strong> verdunkelten Teichen mit<br />
H<strong>in</strong><strong>der</strong>niskursen <strong>und</strong> versenkten Zielen haben gezeigt, dass<br />
die Tiere e<strong>in</strong> höchst wirksames Echopeilungssystem besitzen.<br />
Die Entwicklung des Sonars<br />
Schon 1490 schrieb Leonardo da V<strong>in</strong>ci “Wenn man<br />
das e<strong>in</strong>e Ende e<strong>in</strong>es langen Rohres <strong>in</strong>s Wasser taucht <strong>und</strong><br />
das an<strong>der</strong>e Ende ans Ohr hält, wird man die Geräusche von<br />
weit entfernten Schiffen hören”. Zu Beg<strong>in</strong>n des 20. Jahrhun<strong>der</strong>ts<br />
wurden Unterwasserglocken benutzt, die Schiffe<br />
vor gefährlichen Untiefen warnten. 135 Küstenleuchtfeuer<br />
überall <strong>in</strong> <strong>der</strong> Welt waren mit <strong>der</strong>artigen Schallsen<strong>der</strong>n<br />
ausgestattet. Schiffe, die mit Unterwassermikrofonen ausgestattet<br />
waren, konnten bei jedem Wetter die Gefahrenstellen<br />
auf 24 km Entfernung erkennen.<br />
Den entscheidenden Fortschritt aber brachte <strong>der</strong> vom<br />
französischen Physiker Langev<strong>in</strong> entwickelte <strong>Ultraschall</strong>wandler,<br />
<strong>der</strong> sowohl als Schallsen<strong>der</strong> als auch als Schallempfänger<br />
arbeiten konnte. Langev<strong>in</strong>s Apparat ist <strong>der</strong><br />
Vorläufer des heute verwendeten Sonar-Gerätes (SONAR<br />
ist e<strong>in</strong> Abkürzung für so<strong>und</strong> navigation and rang<strong>in</strong>g, akustische<br />
Navigation <strong>und</strong> Entfernungsmessung; vgl. RADAR,<br />
radio detection and rang<strong>in</strong>g). Durch Verwendung immer<br />
höherer Schallfrequenzen <strong>und</strong> damit immer kle<strong>in</strong>erer<br />
Wellenlängen war man schließlich <strong>in</strong> <strong>der</strong> Lage, den Schall<br />
mit Wandlern von praktischer Größe zu e<strong>in</strong>em scharf<br />
gerichteten Strahl zu bündeln, mit dem Gegenstände unter<br />
Wasser wie mit e<strong>in</strong>em Sche<strong>in</strong>werfer abgetastet werden<br />
können (Scann<strong>in</strong>g). Reflektionen von Objekten werden<br />
vom gleichen Wandler empfangen <strong>und</strong> können bildgebend<br />
ausgewertet werden.<br />
Während bis 1943 die deutsche U-Boot Flotte <strong>in</strong>sbeson<strong>der</strong>e<br />
<strong>der</strong> englischen Mar<strong>in</strong>e empf<strong>in</strong>dliche Verluste<br />
beibr<strong>in</strong>gen konnte, brachte die Ausstattung <strong>der</strong> Kriegsschiffe<br />
mit den von den Alliierten fieberhaft entwickelten<br />
Sonargeräten die Wende. Mit Hilfe des Sonars konnten die<br />
U-Boote aus großer Entfernung geortet <strong>und</strong> mit Torpedos<br />
bekämpft werden. Ab 1943 wurden damit die Jäger zu<br />
gejagten <strong>und</strong> die deutschen U-Boot Flotte wurde bis 1945