Vorlesung_KiJu_SSV [Kompatibilitätsmodus]
Vorlesung_KiJu_SSV [Kompatibilitätsmodus]
Vorlesung_KiJu_SSV [Kompatibilitätsmodus]
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Störung des<br />
Sozialverhaltens<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 1 <strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 2<br />
Fallbeispiel<br />
Robert wird nach dem Versuch vom Balkon des Wohnblocks zu<br />
springen, in die Klinik eingeliefert. Dies geschah am Morgen, and<br />
dem die Mutter und er zum Schulrektor kommen sollten, weil<br />
Robert beim Diebstahl an seinen Mitschülern erwischt wurde.<br />
Robert weigerte sich mitzugehen und sie begannen zu streiten.<br />
Robert verlor die Kontrolle und wurde gewalttätig. Plötzlich lief er<br />
zum Balkon und schrie: „Bitte lass mich springen. Es ist besser,<br />
wenn ich tot bin“.<br />
Seine Mutter berichtet, dass Robert häufig die Schule schwänzt<br />
und nach einem Streit schon zweimal von zu Hause weggelaufen<br />
sei. In der Schule beginnt er häufig Kämpfe auf dem Schulhof. Er<br />
weigert sich, Schularbeiten zu machen, die er langweilig findet.<br />
Schon mehrmals hat er Hefte und Bücher von Mitschülern, auf die<br />
er wütend war, weggenommen und zerrissen.<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 3<br />
Leitsymptome der Störungen des<br />
Sozialverhaltens<br />
• Hohes Maß an Ungehorsam, Streiten,Tyrannisieren<br />
• Ungewöhnlich häufige oder schwere Wutausbrüche<br />
• Grausamkeit gegenüber Menschen und Tieren<br />
• Erhebliche Destruktivität gegenüber Eigentum<br />
• Zündeln<br />
• Stehlen<br />
• Häufiges Lügen<br />
• Schuleschwänzen<br />
• Weglaufen von zu Hause<br />
• Lügen, Stehlen, Weglaufen= dissoziale Trias<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 5<br />
Störung des Sozialverhaltens<br />
• Wiederholendes und durchgängiges<br />
Verhaltensmuster, bei dem die grundlegenden<br />
Rechte anderer sowie wichtige altersentsprechende<br />
gesellschaftliche Normen oder Regeln verletzt.<br />
• Aggressives Verhalten gegenüber Menschen und Tieren<br />
• Zerstörung von Eigentum<br />
• Betrug oder Diebstahl<br />
• Schwere Regelverstösse<br />
• Das dissoziale Verhalten beginnt in der Kindheit<br />
oder im Jugendalter<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 4<br />
Die Ausdrucksformen dieses Verhaltens sind<br />
altersabhängig<br />
Säuglingsalter<br />
• ab 6-12 Monate; Ärger, Aggressionen, Wut; Knaben labiler<br />
Kleinkindalter<br />
• ab 2.Lj; Wutausbrüche und Aggressionen gegen<br />
Erwachsene, gleichgeschlechtliche Konflikte<br />
Vorschulalter und Grundschulalter<br />
• Knaben körperlich aggressiv<br />
• Mädchen indirekte Aggressionsformen<br />
Jugend- und frühes Erwachsenenalter<br />
• körperliche Kraft; Waffen; Verletzungen; Todesfälle;<br />
Vandalismus<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 6<br />
1
DSM-IV-TR Kriterien: Störung des<br />
Sozialverhaltens I<br />
A. Repetitives und anhaltendes Verhaltensmuster,<br />
durch das grundlegende Regeln anderer oder<br />
wichtige altersentsprechende gesellschaftliche<br />
Normen oder Regeln verletzt werden.<br />
Mind. 3 Symptome während letzten 12 Monate<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 7<br />
DSM-IV-TR Kriterien: Störung des<br />
Sozialverhaltens III<br />
Betrug oder Diebstahl<br />
10. Brach in fremde Wohnungen, Gebäude oder Autos ein<br />
11. Lügt häufig, um sich Güter oder Vorteile zu verschaffen oder<br />
um Verpflichtungen zu entgehen<br />
12. Stahl Gegenstände von erheblichem Wert ohne<br />
Konfrontation mit dem Opfer (Ladendiebstahl)<br />
Schwere Regelverstösse<br />
13. Bleibt schon vor dem Alter von 13 Jahren trotz elterlicher<br />
Verbote häufig über Nacht weg<br />
14. Lief mind. Zweimal über Nacht von zu Hause weg, während<br />
sie/er noch bei den Eltern wohnte<br />
15. Schwänzt schon vor dem Alter von 13 Jahren häufig die<br />
Schule<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 9<br />
Alternative Einteilungen der Störungen des<br />
Sozialverhaltens<br />
1. vor dem 10. Lebensjahr auftretend vs. in der<br />
Adoleszenz beginnend<br />
2. Hot vs. cold Aggression<br />
• Impulsiver Typ (Hot)<br />
• Reaktiv<br />
• Affektiv<br />
• Defensiv<br />
• Impulsiv (emotional-aggressiv)<br />
• Instrumenteller Typ (cold)<br />
• Geplant<br />
• Proaktiv<br />
• Instrumentell (instrumentell-aggressiv)<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 11<br />
DSM-IV-TR Kriterien: Störung des<br />
Sozialverhaltens II<br />
Aggressives Verhalten gegenüber Menschen und Tieren<br />
1. Bedroht oder schüchtert andere häufig ein<br />
2. Beginnt häufig Schlägereien<br />
3. Hat Waffe benutzt, die anderen schweren körperlichen<br />
Schaden zufügen können<br />
4. War körperlich grausam zu Menschen<br />
5. Quälte Tiere<br />
6. Hat in Konfrontation mit dem Opfer gestohlen (Überfall,<br />
Erpressung, Taschendiebstahl)<br />
7. Zwang andere zu sexuellen Handlungen<br />
Zerstörung von Eigentum<br />
8. Beging vorsätzliche Brandstiftung mit der Absicht, schweren<br />
Schaden zu verursachen<br />
9. Zerstörte vorsätzlich fremdes Eigentum<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 8<br />
DSM-IV-TR Kriterien: Störung des<br />
Sozialverhaltens IV<br />
B. Verursacht klinisch bedeutsame<br />
Beeinträchtigungen<br />
C. Bei Personen, die 18 Jahre oder älter sind, sind<br />
nicht die Kriterien einer Antisozialen<br />
Persönlichkeitsstörung erfüllt<br />
• Typus mit Beginn in der Kindheit<br />
• Typus mit Beginn in der Adoleszenz<br />
• Unspezifischer Beginn<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 10<br />
Deniz<br />
• Bereits im Kindergarten unruhig und impulsiv, in<br />
der Grundschule unkonzentriert, leicht ablenkbar<br />
• Stört im Unterricht, oppositionell<br />
• Zuhause extreme Auseinandersetzungen<br />
• Häufig in Auseinandersetzungen verwickelt,<br />
massive verbale und körperliche Aggression,<br />
geringe Frustrationstoleranz (äußert nachträglich<br />
Bedauern)<br />
• Geringes Selbstwertgefühl, ängstlich<br />
• Unzufrieden, traurig<br />
• Psychosoziales Umfeld: viele Belastungsfaktoren<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 12<br />
2
Kevin<br />
• Häufige und massive verbale und körperliche<br />
Aggression, teilweise auch ohne<br />
vorausgehende Provokation<br />
• Lügt, stiehlt<br />
• Bereits als Kleinkind relativ unempfindsam, kein<br />
Schmerzempfinden<br />
• Liebt gefährliche Aktivitäten<br />
• Droht und schüchtert andere ein, quält andere<br />
• Kein Schuldempfinden, keine Reue<br />
• Scheint gleichgültig gegenüber den Gefühlen<br />
anderer<br />
• Reagiert kaum auf negative Konsequenzen<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 13<br />
Aggressives Verhalten hat viele<br />
Ausdruckformen<br />
impulsiv-aggressiv<br />
• Aggression tritt plötzlich auf<br />
• Nicht zielgerichtet<br />
• Oft hohe Erregung<br />
• Wut meist deutlich<br />
erkennbar<br />
• Kaum Selbstkontrolle<br />
• Auslöser: Ärger, Angst<br />
• Später: Meist<br />
Schuldgefühle, schlechtes<br />
Gewissen<br />
Ziel/Nutzen?<br />
kurzfristig<br />
• Negative Gefühle<br />
verschwinden<br />
Langfristig<br />
• Ablehnung<br />
• Negative Beziehungsmuster<br />
• Kind wird ausgeschlossen<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 15<br />
<strong>SSV</strong>: Epidemiologie<br />
• Ca. 8% der Allgemeinbevölkerung<br />
• Im Grundschulalter ca. 1-2% der Schüler<br />
• Mit 12-14 Lebensjahren 4-8%<br />
• Jungen zu Mädchen 3-4:1<br />
• Knaben 6-16%, Mädchen 2-9%<br />
• In Städten häufiger als auf dem Land<br />
• Jugendliche 60 – 80% mind. 1x im Leben<br />
delinquent<br />
• in diesem Alter oft verstärkend; Freiräume und<br />
Anerkennung durch ältere Peers<br />
• später wird konformes Verhalten lohnender<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 17<br />
Subtypen und neurobiologische Korrelate<br />
Impulsiv-reaktive Aggression Instrumentell oder psychopathische<br />
Aggression<br />
Hyper-Emotionalität<br />
Aggression oft mit Angst assoziiert<br />
Mangelnde Hemmung durch neuronale<br />
Strukturen<br />
Defizitäre Funktionstüchtigkeit des<br />
serotonergen Systems<br />
gesteigerte physiologische Reaktivität<br />
Hohe Reaktivität auf Stress<br />
Gute Therapiewirksamkeit,<br />
(pharmakotherapeutische Behandlung)<br />
Hypo-Emotionalität: Fehlen von<br />
Empathie, Reue und Schuldgefühl<br />
Hyposensitivität neuronaler<br />
Strukturen, die Qualität emotionaler<br />
Stimuli vermitteln<br />
Geringe physiologische Aktivierung<br />
(Herzrate)<br />
Geringe Reaktivität auf Stress (Stadler<br />
et al., 2010)<br />
Geringe Therapiewirksamkeit<br />
(Stadler et al., 2008)<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 14<br />
Aggressives Verhalten hat viele<br />
Ausdruckformen<br />
instrumentell-aggressiv<br />
• Zielgerichtet<br />
• Keine oder niedrige<br />
Erregung<br />
• Keine oder geringe<br />
emotionale Beteiligung<br />
• Auslöser: Kaum Hinweise<br />
auf frustrierendes Ereignis<br />
• Später: Kein oder wenig<br />
Schuldgefühl<br />
Ziel/Nutzen?<br />
kurzfristig<br />
• Kevin macht nur das, wozu<br />
er Lust hat. Er bekommt<br />
meist Aufmerksamkeit für<br />
sein Verhalten<br />
• Er ist im Mittelpunkt.<br />
Langfristig<br />
• Kevin lernt, dass es<br />
„sinnvoll ist, sich so zu<br />
verhalten<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 16<br />
Tatverdächtigenbelastungszahlen (pro 100.000<br />
der altersgleichen Bevölkerung) 1984-2007<br />
(Quelle:<br />
Bundeskriminala<br />
mt 2007)<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 18<br />
3
Typen der antisozialen Entwicklung<br />
nach Moffitt (1993)<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 19<br />
Modell multipler Entwicklungspfade der <strong>SSV</strong><br />
(nach Loeber u. Hay 1994)<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 21<br />
<strong>SSV</strong>: Psychische Einflüsse für die Entstehung<br />
• schwieriges Temperament<br />
• niedrige Intelligenz<br />
• unzureichende Impulskontrolle und<br />
Emotionsregulation<br />
• überzogene Selbsteinschätzung<br />
• verzerrte soziale und kognitive<br />
Informationsverarbeitung<br />
• unzureichendes Einfühlungsvermögen<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 23<br />
<strong>SSV</strong>: Ätiologie<br />
soziokulturelle<br />
Faktoren<br />
gesellschaftlic<br />
he Faktoren<br />
Biologische<br />
Risikofaktoren<br />
Störung des<br />
Sozialverhaltens<br />
Psychosoziale<br />
Risikofaktoren<br />
im engeren<br />
Sinne<br />
Begleitende<br />
und<br />
aufrechterhalte<br />
ne Faktoren<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 20<br />
Modell kumulierter Risiken in der Entwicklung<br />
der <strong>SSV</strong> (Aus Lösel u. Bender 2005)<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 22<br />
<strong>SSV</strong>: Familiäre Bedingungen<br />
• unsichere und disorganisierte Bindung<br />
• mangelhafte Aufsicht durch die Eltern<br />
• unzureichende Erziehungskompetenz durch die Eltern &<br />
negative Erziehungspraktiken<br />
• Mangel an positiven Vorbildern<br />
• Psychiatrische Erkrankung eines Elternteils<br />
• Unzureichende emotionale Unterstützung<br />
• Familiäre Unstimmigkeiten, Partnerprobleme<br />
• Soziale Probleme der Eltern<br />
• Mangelnde Grenzsetzung<br />
• Mangelnde Informiertheit über Tagesablauf<br />
• Kindesmisshandlungen<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 24<br />
4
<strong>SSV</strong>: Umwelteinflüsse<br />
• Beengtes Wohnen, Lärm usw.<br />
• Unüberschaubare soziale Gebiete<br />
• Gewalttätige Gleichaltrige als Vorbilder<br />
• Gewalt in Medien (Filme, Videos, Spiele)<br />
• Unzureichende Sanktionen bei Grenzüberschreitungen<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 25<br />
<strong>SSV</strong>: Entwicklungseinflüsse<br />
• Massive Angepasstheit oder Unruhe<br />
• Verzerrtes Wahrnehmungsvermögen<br />
• Unangemessene Selbstbehauptung<br />
• Eingeschränktes soziales Verhalten<br />
• Unzureichende Steuerungsfähigkeit<br />
• Mangel an positiven Einfühlungsvermögen<br />
• Schwieriges Temperament<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 27<br />
Phineas Gage, Eisenbahnarbeiter in Vermont<br />
Fallbeschreibung:<br />
• Am 13. Sep. 1848 wurde bei einer unbeabsichtigten<br />
Explosion eine Eisenstange (6kg, 1,98m, Durchmesser ca.<br />
3cm, spitzes Ende mit 6mm Durchmesser) durch den Kopf<br />
von PG gejagt<br />
• Nach weniger als zwei Monaten war sein physische<br />
Genesung abgeschlossen<br />
• Allerdings stellten sich eine Reihe von Persönlichkeits- und<br />
Verhaltens-änderungen ein<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 29<br />
<strong>SSV</strong>: Lernfaktoren<br />
• Lernen am Erfolg, besonders durch Duldung<br />
• Lernen am Modell(bei fehlenden Alternativen)<br />
• Reaktion auf negatives Selbstkonzept<br />
• Reaktion in Gruppenprozessen<br />
• Additive Effekte durch Rauschmittel<br />
• Fehlende soziale Kontrollmechanismen<br />
• Verzerrte Darstellung durch Medien<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 26<br />
Emotionale Reaktivität als Vorraussetzung<br />
für die Hemmung aggressiven Verhaltens<br />
physiologische<br />
Aktivierung<br />
Lernen aus Bestrafung<br />
Moralische Entwicklung<br />
Emotion<br />
Schuld, Empathie<br />
Violence inhibition mechanism (Blair 1999)<br />
Neuroanatomie der Aggression (Siever 2008,<br />
Nelson & Trainor 2007)<br />
• Schädigung des frontalen Cortex: Hot Aggression↑<br />
• Läsion des Temporallappens: aggressives Verhalten<br />
• Aktivität im frontalen Cortex: Hot Aggression↓<br />
• Aktivierung im PFC: Hot Aggression↓<br />
• Gesteigerte Aktivität der Amygdala beim Betrachten wütender<br />
Gesichtsausdrücke<br />
• reduzierte Amygdala Aktivität bei Menschen mit<br />
instrumenteller-Aggressivität<br />
• Frontaler Cortex hat inhibitorischen Einfluß auf Amygdala und<br />
Hypothalamus<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 30<br />
28<br />
5
Emotionswahrnehmung und Emotionsregulation<br />
in Abhängigkeit neuronaler Strukturen<br />
Emotionserkennung<br />
Verhaltenssteuerung<br />
(A) grün: orbitopräfrontaler Cortex, rot: ventromedialer PFC,<br />
(B) dorsolateraler PFC, (C) Amygdala, (D) Anteriore cinguläre Cortex<br />
Emotionsregulation<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 31<br />
Neuronale Korrelate aggressiven Verhaltens bei<br />
Patienten mit <strong>SSV</strong><br />
Abnormale Suppression der<br />
Cognitive division des anterioren<br />
cingulären Cortex (ACC):<br />
• Signifikanter Prädiktor für<br />
Aktivierungsunterschied im ACC:<br />
Aggression: ß = -0.38, p = 0.039<br />
size of effect<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
-1<br />
-2<br />
-3<br />
-4<br />
-5<br />
neutral<br />
negative<br />
controls patients<br />
f<br />
Stadler et al. J Psychiatr<br />
Research 2007<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 33<br />
Neuromodulatorische Grundlagen<br />
• Dopaminerges System/Dopamin/Substantia<br />
nigra und Nucleus accumbens: Antreibend,<br />
belohnungsversprechend, Neugierde,<br />
aggressionssteigernd<br />
• Serotonerges System/Serotonin (5-<br />
HT)/Raphe-Kerne: Dämpfung, Beruhigung,<br />
Wohlbefinden, aggressionshemmend<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 35<br />
Neuronale Korrelate aggressiven Verhaltens bei<br />
Patienten mit <strong>SSV</strong><br />
• Aktivierungsunterschiede in der<br />
Amygdala auf aversive Stimuli:<br />
• Signifikanter Prädiktor für<br />
Aktivierungsunterschied:<br />
• Aggressives Verhalten: ß=-<br />
0.45<br />
• Ängstlichkeit: ß=0.85<br />
-0.1aggressive<br />
behaviour<br />
-0.2<br />
-20 -10 0 10 20 30<br />
aggression<br />
anxiety/depression<br />
Sterzer, Stadler et al. Biol. Psychiatry 2005<br />
Stadler et al. J Psychiatr Research 2007<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 32<br />
Strukturelle Auffälligkeiten bei<br />
Patienten mit <strong>SSV</strong><br />
› Signifikante Volumenreduktion in<br />
der Amygdala und der anterioren<br />
Insel.<br />
› Inverse Korrelation zwischen<br />
Volumenreduktion und Empathie<br />
Sterzer, Stadler, Poustka & Kleinschmidt, 2007,<br />
Neuroimage<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 34<br />
<strong>SSV</strong>: Genetische Befunde<br />
• Zwillings- und Adoptionsstudien: 44-72%<br />
Vererbarkeit aggressiver Merkmale<br />
• Störung des Sozialverhaltens: hohes genetisches<br />
Risiko bei Vorliegen von callous unemotional traits<br />
• Zusammenhang zwischen Monoaminooxidase-A-<br />
Gen und Aggressivität<br />
• Zusammenhang zwischen Serotonin-<br />
Transportergen (5-HTTLPR) und Aggressivität<br />
• Zusammenhang zwischen experimentell induzierter<br />
Serotoninverfügbarkeit und aggressivem<br />
Verhalten bei Störungen des Sozialverhaltens<br />
(Stadler et al. J Neuropsychobiology 2007)<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 36<br />
0.2<br />
0.1<br />
0<br />
0.4<br />
0.2<br />
0<br />
-0.2<br />
6
<strong>SSV</strong>: Neurobiologische Risikofaktoren<br />
Autonome<br />
Hyporeaktivität<br />
neuronale<br />
funktionelle<br />
Auffälligkeiten<br />
(Amygdala, ACC)<br />
Soziales Lernen<br />
beeinträchtigt<br />
Genetik endokrinologische<br />
Auffälligkeiten<br />
Empathiedefizit<br />
neuronale<br />
strukturelle<br />
Auffälligkeiten<br />
Universitäre Psychiatrische Kliniken Basel | www.upkbs.ch |<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 37<br />
<strong>SSV</strong>: Komorbide Störungen<br />
• ADHS bis 50%<br />
• Störung durch Substanzkonsum<br />
• Störung der Impulskontrolle<br />
• Depressive dysthyme Störung<br />
ADHS<br />
Oft findet sich ein Störungskreislauf:<br />
• ADHS - <strong>SSV</strong><br />
• ADHS - opposit. Trotzverhalten - <strong>SSV</strong><br />
Depression<br />
<strong>SSV</strong><br />
Angst<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 39<br />
<strong>SSV</strong>: Bedeutsame Risikofaktoren (Loeber et al.,<br />
2005)<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 41<br />
Die Bedeutung von Schutzfaktoren<br />
Gene Epigenetische<br />
Prozesse<br />
x<br />
Frühe<br />
Erfahrungen<br />
HPA-Achse<br />
Serotonin<br />
MAO-A, etc.<br />
Netzwerke<br />
Defizitäre<br />
Emotionsregulation<br />
PFC, ACC<br />
Hppocamous<br />
Amygdala, etc.<br />
Kognition<br />
Maladaptive<br />
Anpassung<br />
Aggression<br />
Depression<br />
Positive Umweltbedingungen können ein genetisches<br />
Risiko modifizieren Eine genetische<br />
Ausstattung kann einen Schutzfaktor darstellen<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 38<br />
<strong>SSV</strong>: Bedeutsame Risikofaktoren (Loeber et al.,<br />
2005)<br />
• Je mehr Risikofaktoren, desto schlechter Verlauf (odds<br />
ratio=6.0 bei 4 oder mehr Risikofaktoren)<br />
• 100%-iges Risiko bei 9 oder mehr Faktoren<br />
• Schuleschwänzen<br />
• geringe Schulmotivation<br />
• Beginn der Symptomatik < 10 Jahre<br />
• Grausamkeit gegenüber Menschen<br />
• depressive Stimmung<br />
• emotionale Kälte in der Familie<br />
• geringer sozio-ökonomischer Status<br />
• elterlicher Stress<br />
• ungünstiges Umfeld (Nachbarschaft)<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 40<br />
<strong>SSV</strong>: Diagnostik<br />
Symptomatik<br />
• Interview mit Kind/ Jugendlicher u. Eltern (getrennt u.<br />
zusammen)<br />
• Kind: Familienbeziehungen, peer-Beziehungen,<br />
Freizeitverhalten, (Computerspiele), Delinquenz,<br />
Substanzkonsum, sex. Entw., Selbstbild<br />
• Eltern: Umgang mit Problemen, Stress, soz. Integration,<br />
Erziehungsmethoden, Umgang mit Aggression<br />
Störungsspezifische Entwicklungsgeschichte<br />
• Entw., Pränatale u. Geburtsanamnese (Alk, Drogen,<br />
Infektionen, Medikamente, Hypoxie, Streß in der SS), Med.<br />
Vorgeschichte (Anfallsleiden, Unfälle), körperl./sex.<br />
Mißbrauch, Adoptionen, Schullaufbahn<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 42<br />
7
<strong>SSV</strong>: Diagnostik<br />
Psych. Komorbidität<br />
• HKS, Drogen, Depression, Angst, Suizidalität, Paranoia<br />
Rahmenbedingungen<br />
• Familienanamnese (Modelle, Mißbrauch, Psych. Störungen in<br />
Familie, Umweltbedingungen, Schule)<br />
Apparative Labor- und Testdiagnostik<br />
• Standardfragebogen bzgl. Verhalten (Eltern Lehrer, Kind/<br />
• Jugendlicher) Testdiagnostik: IQ, Sprache,<br />
Teilleistungsstörungen<br />
Körperl. U. neurolog. Untersuchungen b. Verdacht<br />
• (Substanzkonsum, Mißbrauch, neurlog. Auffälligkeiten)<br />
• Drogenscreening b. Verdacht od. Anamnese<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 43<br />
<strong>SSV</strong>: Diagnoseverfahren – Interviews &<br />
Verhaltensbeobachtung<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 45<br />
<strong>SSV</strong>: Therapie<br />
• Medikation ist nur ein Teil des therapeutischen<br />
Vorgehens<br />
• verhaltenstherapeutische und familienbezogene<br />
Interventionen<br />
• Elterntrainingsprogramme<br />
• Psychotherapie für die Kinder<br />
• multimodale Verhaltenstrainings<br />
• kognitive Problemlösetrainings und soziales<br />
Kompetenztraining<br />
• Familientherapie<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 47<br />
<strong>SSV</strong>: Diagnoseverfahren - Fragebögen<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 44<br />
<strong>SSV</strong>: Differentialdiagnose<br />
Ausschluss von…<br />
• Depressionen<br />
• Angststörungen<br />
• PTSD<br />
• Anpassungsstörung mit vorwiegender Störung des<br />
Sozialverhaltens<br />
• Emotionale Störung mit Geschwisterrivalität<br />
• Dissoziale Persönlichkeitsstörung<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 46<br />
<strong>SSV</strong>: Therapieziele<br />
• Aggressivitätskontrolle, Selbstkontrolle<br />
• Einüben angemessener Selbstbehauptung<br />
• Förderung differenzierter Selbst- und<br />
Fremdwahrnehmung<br />
• Erlernen kooperativer und unterstützender<br />
Verhaltensweisen, Kommunikationstraining<br />
• Abbau von Spannungen und Unruhe<br />
• Aufbau prosozialer Verhaltensweisen<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 48<br />
8
<strong>SSV</strong>: Therapie Kinder<br />
Medikation<br />
Kind mit<br />
angeborenen<br />
Dispositionen<br />
ADHS<br />
Vermittlung neuer<br />
Lernererfahrungen in<br />
der konkreten Situation<br />
Psychosoziale Faktoren (z.B. Erziehungsverhalten der Eltern, psychische Gesundheit)<br />
Grundbedürfnisse<br />
Bindung<br />
Kontolle<br />
Selbstwert<br />
Keine positive<br />
Kontrollerfahrung<br />
Niedriger Selbstwert<br />
Dysfunkt.<br />
Anpassung<br />
Dyfunktionale<br />
Verhaltensmuster<br />
Symptom<br />
entst.<br />
Störung des<br />
Sozialverhaltens<br />
Verhaltensmanagement<br />
Aufrechterhaltung<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 49<br />
Wie vermittelt man positive Kontrollerfahrungen<br />
• Realistische Ziele<br />
• Aufbau von sozialen<br />
Fertigkeiten/Problemlösestrategien<br />
• Transparenz, Verlässlichkeit, Wahlmöglichkeit<br />
• Wichtig: Rückmeldung im Alltag!<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 51<br />
<strong>SSV</strong>: Therapie Methoden<br />
(1) Vermittlung positiver<br />
Kontrollerfahrungen<br />
• Aufbau sozial<br />
kompetenten Verhaltens<br />
• Verbesserung der<br />
Impulskontrolle, Einüben<br />
von<br />
Problemlösestrategien<br />
(2) Steigerung des<br />
Selbstwertes<br />
• Kind-Therapeut<br />
• Kind-Kind<br />
• Kind-Eltern<br />
• operante Methoden<br />
• Selbstmanagement<br />
• Problemlösetraining<br />
• Emotionsregulation<br />
• Positive Verstärkung für das<br />
Erreichen realistischer Ziele<br />
• Positive Rückmeldung von<br />
Stärken/Ressourcen<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 53<br />
Was erhöht die Wahrscheinlichkeit, dass sich<br />
Verhalten ändert?<br />
Positive<br />
Rückmeldung<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 50<br />
<strong>SSV</strong>: Therapie Themenblöcke<br />
Kennen Lernen/in Kontakt treten<br />
Psychoedukation bei ADHS<br />
Psychoedukation bei Störungen des Sozialverhaltens<br />
Wahrnehmung und Aufmerksamkeit<br />
Positives Selbstbild<br />
Wut und Aggression<br />
Selbstregulation<br />
Emotionserkennung<br />
Angemessene Selbstbehauptung<br />
Freundschaft und Vertrauen<br />
52<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 52<br />
Psychoedukation bei <strong>SSV</strong><br />
Plakat zu Merkmalen von <strong>SSV</strong> (Beispiel)<br />
54<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 54<br />
9
Emotionserkennung (Beispiel)<br />
55<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 55<br />
Selbstsicherheitstraining<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 57<br />
<strong>SSV</strong>: Therapie Eltern<br />
ADHS<br />
Medikation<br />
Kind mit<br />
angeborenen<br />
Dispositionen<br />
Vermittlung neuer<br />
Lernererfahrungen in<br />
der konkreten Situation<br />
Psychosoziale Faktoren (z.B. Erziehungsverhalten der Eltern, psychische Gesundheit)<br />
Grundbedürfnisse<br />
Bindung<br />
Kontolle<br />
Selbstwert<br />
Keine positive<br />
Kontrollerfahrung<br />
Niedriger Selbstwert<br />
Dysfunkt.<br />
Anpassung<br />
Alternative<br />
Problemlösestrategien<br />
Stärkung der<br />
Erziehungskompetenz<br />
Verbesserung des<br />
fam. Beziehungen<br />
Dyfunktionale<br />
Verhaltensmuster<br />
Symptom<br />
entst.<br />
Positive<br />
Kontrollerfahrung<br />
Selbstwert<br />
Verhaltensmanagement<br />
Aufrechterhaltung<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 59<br />
Token-Pläne: zielorientiert und zeitlich begrenzt<br />
Punktekonto von _______ für den _______<br />
Kompetenztraining I Projektarbeit I<br />
○○○○ ○○○○<br />
Kompetenztrainings II Projektarbeit II<br />
○○○○ ○○○○<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 56<br />
Entspannungstrainingtraining<br />
• Selbstregulation durch Entspannung<br />
• Strategien zum Spannungsabbau<br />
• Entspannungsgeschichten<br />
• Entspannungsmusik<br />
• Entspannungselemente aus AT, PMR<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 58<br />
<strong>SSV</strong>: Elternzentrierte Interventionen<br />
Kontingenzmanagement<br />
• Eindeutig formulierte, altersgerechte Forderungen<br />
an das Kind stellen<br />
• Einsatz von Konsequenzen im direkten<br />
Zusammenhang mit dem Verhalten<br />
• Positive Konsequenzen für erwartetes und<br />
prosoziales Verhalten<br />
• Negative Konsequenzen für oppositionelles bzw.<br />
aggressives Verhalten<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 60<br />
10
<strong>SSV</strong>: Elternzentrierte Interventionen<br />
Verbesserung der Eltern-Kind-Beziehung<br />
• Erkennen und Einsetzen von positive<br />
Elternqualitäten<br />
• Mehr gemeinsame „Familienzeit“ mit ange-nehmen<br />
Tätigkeiten verbringen<br />
• Schaffung fester Strukturen bei alltäglichen<br />
Abläufen hilft Eltern und Kindern<br />
• Beendigung zu harter, zu gewährender oder<br />
inkonsistenter elterlicher Erziehungspraktiken<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 61<br />
Was hat sich als Intervention in der Schule<br />
bewährt<br />
• Stärkung der positiven Lehrer – Kind – Beziehung<br />
• Verhaltensregeln für die Klasse<br />
• Grenzsetzungen<br />
• Streitschlichterprogramme<br />
• Die schulischen Interventionen zielen auf eine<br />
Verminderung von oppositionellem und<br />
aggressivem Verhalten hin.<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 63<br />
<strong>SSV</strong>: Verlauf (nach Patterson, 1989)<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 65<br />
Typische Abbrecherfamilien<br />
• 40 – 60% brechen die Therapie ab<br />
• Kinder mit schweren Formen<br />
• Kinder mit schlechten Schulleistungen<br />
• Häufiger Kontakt zu diss. Gleichaltrigen<br />
• Vermehrt komorbide Störungen<br />
• Desto ausgeprägter die Symptomatik, desto höher<br />
das Abbruchrisiko<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 62<br />
Delinquenter Entwicklungsverlauf (Loeber 1990)<br />
Biologische Risikofaktoren<br />
Psychosoziale Risikofaktoren<br />
ADHS<br />
Teilleistungsstörungen<br />
Entwicklungsstörungen<br />
der Sprache<br />
Bindung an delinquente<br />
Jugendliche<br />
Substanzgebrauch<br />
erste Straftaten<br />
Verlust der sozialen<br />
Einbindung<br />
Beispiel: Folgen von ADHS: Dissoziale Entwicklung<br />
(20% Weiss, 1996, Babinski, 1999; Loeber, Rössler<br />
et al: 50% der Häftlinge)<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 64<br />
Die Stabilität der <strong>SSV</strong> hängt ab von…<br />
• frühem Störungsbeginn<br />
• hoher Frequenz und Intensität des Verhaltens<br />
• Verhaltensbereichen<br />
• Lebensbereichen = Generalisierung<br />
• früher Beginn – chronischer Verlauf – schwer<br />
therapeutisch zu beeinflussen - schlechte Prognose<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 66<br />
11
Präventionsansätze<br />
• Je früher - desto effektiver<br />
• bei den Eltern beginnend<br />
• Gewaltprävention in der Schule<br />
• Präventionsprogramme für positives<br />
Erziehungsverhalten der Eltern<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 67<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 69<br />
Take-home massages<br />
• <strong>SSV</strong>: sich wiederholendes Muster dissozialen, aggressiven und<br />
aufsässigen Verhaltens, durch das die grundlegenden Rechte<br />
anderer und wichtige altersgemäße gesellschaftliche Normen<br />
oder Regeln verletzt werden<br />
• 2 Subtypen (impulsiv-aggressiv, instrumentell-aggressiv)<br />
• <strong>SSV</strong> häufig lebenslang persistierend von schlechter Prognose<br />
• Kindes- und Jugendalter die am häufigsten diagnostizierte<br />
Störung<br />
• Auftretenshäufigkeit steigt im Jugendalter an<br />
• Jungen wesentlich häufiger betroffen als Mädchen<br />
• Multifaktorielle Ätiologie biopsychosozialer Risikofaktoren<br />
• Fließende Übergänge zwischen Prävention und Therapie.<br />
• Die Therapie muss multimodal sein und die Eltern einbeziehen<br />
• gesamtgesellschaftliches Anliegen<br />
<strong>Vorlesung</strong> Klinische Kinder – und Jugendpsychologie, Dr. Margarete Bolten 68<br />
12