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Natürlich trägt diese oder jene persönliche Einstellung<br />
von mir Erfahrungsprügel. Für Herrn P. einige Beispiele:<br />
► Im Magdeburger Konsistorialarchiv (ich hatte eine<br />
behördliche Sondergenehmigung für Studienzwecke)<br />
nahm ich 1984 in Höhe und Breite schier unendliche<br />
Akten aus der Nazizeit zur Kenntnis. Einsicht in diese<br />
verweigerte man mir, obwohl sie dienlich gewesen wäre.<br />
► Auf halbem Berge zu Langenberg steht eine Kirche.<br />
Als man das deutsche Blatt wendete, konnte ich es nach<br />
einer Führung kaum fassen, dass ein derartiges Gebäude<br />
so heruntergelumpert war. Im Hof, angelehnt an das<br />
Kirchenschiff, nahm ich dann mit Planen abgedecktes<br />
Baugut wahr. Alles, was man nur erträumen konnte.<br />
Auf meine Frage, was das sei, antwortete der Pfarrer,<br />
dass es sich um seit Jahren vom Staat (der DDR) bereitgestelltes<br />
Baumaterial handele. Es waren u.a. Edelhölzer<br />
für ein neues Kreuz, Dachschindeln, Steine,<br />
Zement und Farben, was mein Auge sah. Warum die<br />
Gemeinde nicht Hand an die Renovierung lege, fragte<br />
ich weiter. Es sei noch nicht freigegeben, antwortete<br />
man mir. „Von wem nicht freigegeben?“, fragte ich erstaunt.<br />
„Vom Bistum!“, war die zögerliche Antwort.<br />
► Und aller guten Dinge sind drei. In Glesien suchte ich<br />
Anfang der achtziger Jahre die Pfarrei auf. Hinter einer<br />
zerschlissenen Feldsteinmauer weinte ein völlig verkrauteter<br />
Pfarrgarten und in selbigem stand ein ungepflegtes<br />
Haus. Als ich die Diele betrat, erschlugen mich Teak,<br />
Eiche und Pomp. Ein für mich äußerst angeregtes Gespräch<br />
enthüllte, dass ein Mensch „Gott“ nicht mit<br />
menschlichem Verstand fassen könne.<br />
Weit über Fünfzig, entblättert mir diese Aussage ihre<br />
Perversion: Ich sehe einen mir lieben Menschen dahinsiechen,<br />
der elf Kinder geboren und niemandem im Le-<br />
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