Werkstoffe, Bauelemente, Halbleiter - Fachbereich Informatik und ...
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<strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>,<br />
<strong>Halbleiter</strong><br />
für den Studiengang Electrical Engineering<br />
Vorlesungsmanuskript<br />
von<br />
Prof. Dr. G. Waller<br />
Fachhochschule Kiel<br />
<strong>Fachbereich</strong><br />
<strong>Informatik</strong> <strong>und</strong> Elektrotechnik<br />
Version 3.0<br />
ab WS 2005/2006
Seite 2 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 3<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1. Aufbau fester Körper.................................................. 7<br />
1.1 Aufbau der Atome <strong>und</strong> das Periodische System der Elemente . . . . . . . . . . . . . . 7<br />
1.2 Chemische Bindung <strong>und</strong> Kristallgitter . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />
2. Gr<strong>und</strong>legende elektr. Eigenschaften der Festköper . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 17<br />
2.1 Elektrische Leitfähigkeit .......................................... 17<br />
2.2 Halleffekt ...................................................... 21<br />
2.3 Thermoelektrischer Effekt ......................................... 22<br />
2.4 Supraleitung .................................................... 24<br />
3. Metallische <strong>Werkstoffe</strong>, Widerstandswerkstoffe . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />
3.1 Thermische Eigenschaften der Metalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 27<br />
3.2 Elektrische Eigenschaften der Metalle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 28<br />
3.3 Elektrische Eigenschaften der Metalllegierungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 29<br />
3.4 Metallische <strong>Werkstoffe</strong> für Widerstandsanwendungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 30<br />
3.5 Kohle als Leitungs- <strong>und</strong> Widerstandsmaterial . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />
3.6 Praktische Ausführung von Widerständen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 31<br />
3.6.1 Gr<strong>und</strong>begriffe ............................................. 31<br />
3.6.2 Drahtwiderstände........................................... 33<br />
3.6.3 Schichtwiderstände ......................................... 35<br />
3.7 Temperatur- <strong>und</strong> Spannungsabhängige Widerstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />
3.8 Wechselstromverhalten der Widerstände . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 37<br />
4. Dielektrische <strong>Werkstoffe</strong>.............................................. 41
Seite 4 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
4.1 Makroskopische Eigenschaften dielektrischer <strong>Werkstoffe</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . 41<br />
4.1.1 Stoffliche Einteilung ........................................ 41<br />
4.1.2 Elektrische Leitfähigkeit ..................................... 41<br />
4.1.3 Durchschlagfestigkeit ....................................... 42<br />
4.2 Modellvorstellung zur dielektrischen Polarisation . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 46<br />
4.3 Dielektrische Sonderwerkstoffe ..................................... 49<br />
4.3.1 Ferroelektrische <strong>Werkstoffe</strong> .................................. 49<br />
4.3.2 Piezoelektrische <strong>Werkstoffe</strong> .................................. 49<br />
5. Anwendungen dielektrischer <strong>Werkstoffe</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 53<br />
5.1 Kondensatoren .................................................. 53<br />
5.1.1 Gr<strong>und</strong>begriffe.............................................. 53<br />
5.1.2 Bauarten von Kondensatoren.................................. 56<br />
5.2 Piezoelektrische Anwendungen ..................................... 61<br />
6. Magnetische <strong>Werkstoffe</strong> .............................................. 63<br />
6.1 Magnetische Eigenschaften der Materie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 63<br />
6.2 Modellvorstellungen zum Magnetismus . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 65<br />
6.3 Magnetisierungsvorgänge ......................................... 67<br />
6.4 Verluste in magnetischen <strong>Werkstoffe</strong>n . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 69<br />
7. Anwendung magnetischer <strong>Werkstoffe</strong>.................................... 71<br />
7.1 Spulen......................................................... 71<br />
7.1.1 Spulenkennwerte ........................................... 71<br />
7.1.2 Bauformen von Spulen ...................................... 74<br />
7.2 Magnetische Datenspeicherung ..................................... 76
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 5<br />
8. <strong>Halbleiter</strong>werkstoffe ................................................. 81<br />
8.1 Stoffliche Einteilung ............................................. 81<br />
8.2 Das Energiebandmodell ........................................... 81<br />
8.3 Eigenleitung .................................................... 84<br />
8.4 Störstellenleitung ................................................ 86<br />
8.5 Herstellung von <strong>Halbleiter</strong>materialien . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 91<br />
9. <strong>Bauelemente</strong> aus homogenen <strong>Halbleiter</strong>n . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 93<br />
9.1 Fotowiderstand.................................................. 93<br />
9.2 Magnetfeldabhängige <strong>Bauelemente</strong> .................................. 96<br />
9.3 <strong>Halbleiter</strong>-Thermoelemente ........................................ 98<br />
10. Der p-n-Übergang .................................................. 101<br />
10.1Die Diffusionsspannung.......................................... 101<br />
10.2 Sperrschichtweite <strong>und</strong> Sperrschichtkapazität . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 105<br />
10.3Die Kennlinie des p-n-Überganges ................................. 107<br />
10.4Diodenkennlinie................................................ 112<br />
11. Dioden ........................................................... 115<br />
11.1Herstellungsverfahren ........................................... 115<br />
11.2Universaldioden ................................................ 117<br />
11.3Z-Dioden ..................................................... 118<br />
11.4Kapazitätsdioden ............................................... 120<br />
11.5Fotodioden, Lumineszenz-Dioden.................................. 120<br />
11.6Fotoelemente, Solarzellen ........................................ 122
Seite 6 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
12. Bipolare Transistoren................................................ 125<br />
12.1Aufbau <strong>und</strong> Wirkungsweise....................................... 125<br />
12.2Transistor-Kennlinienfelder ....................................... 129<br />
12.3Transistorkenngrößen............................................ 132<br />
12.4Transistoranwendungen .......................................... 134<br />
12.5Transistor-Grenzdaten ........................................... 137<br />
13. Feldeffekt-Transistoren .............................................. 141<br />
13.1 Sperrschicht-Feldeffekt-Transistoren (JFET) . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 141<br />
13.2MOS-Feldeffekt-Transistoren ..................................... 145<br />
13.3 Anwendungen der Feldeffekt-Transistoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 149
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 7<br />
1. Aufbau fester Körper<br />
1.1 Aufbau der Atome <strong>und</strong> das Periodische System der Elemente<br />
Bekanntlich bestehen Atome aus einem positiv geladenen Kern <strong>und</strong> einer negativ geladenen<br />
Hülle:<br />
Der Kern setzt sich dabei aus Protonen (positiv geladen) <strong>und</strong><br />
Neutronen (elektrisch neutral) zusammen <strong>und</strong> enthält etwa<br />
99,95% der Gesamtmasse des Atoms. Zwischen den Kernbausteinen<br />
wirkt die starke Kernkraft, die wesentlich stärker ist<br />
als die gemeinhin bekannte elektrostatische Abstoßungskraft<br />
zwischen den Protonen. Diese Kraft wird durch das Zusammenwirken<br />
der Protonen <strong>und</strong> Neutronen vermittelt.<br />
Sie verhindert, dass der Atomkern auseinander platzt. Diese<br />
starke Kernkraft hat allerdings nur eine sehr geringe Reich-<br />
Abb. 1.1-1<br />
weite. Dies hat zur Folge, dass sehr große Kerne nicht stabil<br />
sind, irgendwann überwiegt die elektrostatische Abstoßung <strong>und</strong> der Kern zerfällt (spontane<br />
Kernspaltung). Die größten natürlich vorkommenden stabilen Atomkerne sind die des Urans<br />
mit 92 Protonen im Kern. Damit dieser große Kern zusammenhält, benötigt man 146 Neutronen.<br />
Der Kern besteht also aus 238 Kernbausteinen. Man sagt auch, er hat das Atomgewicht<br />
238.<br />
Die Zahl der Protonen in einem Kern bezeichnet man als Ordnungszahl Z des Atoms, da diese<br />
Zahl die Atomart festlegt. Gemeinsam mit der Zahl der Neutronen N ergibt sie die Massenzahl<br />
A: A = Z + N<br />
Die Zahl der Protonen im Kern bezeichnet man als Ordnungszahl Z, die Summe<br />
aus Protonen <strong>und</strong> Neutronen bestimmt das Atomgewicht A oder die Massenzahl<br />
Durch die Angabe von Ordnungszahl <strong>und</strong> Massenzahl ist das Atom eindeutig bestimmt, z.B.<br />
238<br />
92U<br />
Die Neutronenzahl eines Atomkernes ist immer gleich oder größer wie die Protonenzahl, eine<br />
Ausnahme ist Wasserstoff, da bei einem einzelnen Proton kein Neutron zur Kernstabilisierung<br />
benötigt wird. Dabei kann die Neutronenzahl in gewissen Grenzen variieren. Man spricht<br />
dann von verschiedenen Isotopen eines Elementes.
Seite 8 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Als Isotope bezeichnet man alle Atome mit gleicher Ordnungszahl aber<br />
unterschiedlicher Massenzahl<br />
So kommt Kohlenstoff mit 6 Protonen in der Natur als<br />
12 13 14<br />
6C , 6C , 6C<br />
vor. Die meisten Isotope sind nicht stabil <strong>und</strong> zerfallen nach einer gewissen Zeit in einen<br />
stabileren Kernzustand:<br />
14 14<br />
z.B. 6C 7N<br />
mit einer Halbwertszeit von 5730 Jahren<br />
Der Kern des Atoms bestimmt zwar das Atomgewicht <strong>und</strong> einige andere physikalische Eigenschaften,<br />
wie Radioaktivität, die für die Werkstoffk<strong>und</strong>e wichtigen Eigenschaften der einzelnen<br />
Elemente sind jedoch durch die Elektronenhülle bestimmt. Die negativ geladenen<br />
Elektronen der Hülle sind durch die elektrostatische Anziehungskraft an den Atomkern<br />
geb<strong>und</strong>en:<br />
Dabei ist die Zahl der Elektronen gewöhnlich gleich der Zahl der Protonen im Kern, so dass<br />
das Atom nach außen hin als elektrisch neutral erscheint. Ist dagegen die Zahl der Hüllenelektronen<br />
größer oder kleiner als die Zahl der Protonen, so spricht man von einem negativ<br />
oder positiv geladenen Ion.<br />
Ionen sind Atome mit mehr oder weniger Elektronen als es der Ordnungszahl<br />
entspricht. Sie sind negativ oder positiv geladen<br />
Einige Zahlen mögen die Größe eines Atomes veranschaulichen:<br />
-13<br />
Durchmesser Proton (Neutron) d p = 2,810 cm<br />
-24<br />
Masse Proton (Neutron) m p = 1,710 g<br />
-28<br />
Masse Elektron m e = 9,110 g<br />
m p/m e = 1868<br />
-19<br />
Elementarladung e = 1,610 As<br />
12 -8<br />
Durchmesser des C-Atoms d C = 1,810 cm = 1,8<br />
Zwischen dem Durchmesser des Atomkerns <strong>und</strong> dem Durchmesser des Atoms besteht also ein
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 9<br />
Unterschied von 4-5 Größenordnungen. Dieses Verhältnis ist ähnlich groß wie bei unserem<br />
Planetensystem. Der Durchmesser der Pluto-Umlaufbahn ist etwa 4 Größenordnungen größer<br />
als der Durchmesser der Sonne:<br />
12000 Mill. km zu 1,4 Mill. km.<br />
Video Nr. 1-1: Größenordnung eines Atoms<br />
In einem Teilchenbild<br />
erscheint uns das Atom<br />
also als ein nahezu leeres<br />
Gebilde mit winzigem<br />
Kern <strong>und</strong> noch sehr viel<br />
kleineren Elektronen.<br />
Dieses Teilchenbild (das<br />
so genannte Bohr’sche<br />
Atommodell) wird häufig<br />
zur anschaulichen Beschreibung<br />
herangezogen.<br />
Dabei bewegen sich die<br />
Abb. 1.1-2<br />
Elektronen auf festen Bahnen um den Kern herum. Diese Bahnen bezeichnet man als Elektronenschalen.<br />
Je weiter ein Elektron vom Kern entfernt ist, um so schwächer ist es geb<strong>und</strong>en,<br />
d.h. um so geringer ist seine Bindungsenergie. Hierunter versteht man die Energie, die<br />
dem Elektron zugeführt werden muss, um es vom Atom abzulösen.<br />
Video Nr. 1-2: Bohrsches Atommodell<br />
Diese Bindungsenergie hat dabei negative Werte, da sie zugeführt werden muss. Ein ungeb<strong>und</strong>enes<br />
Elektron ohne kinetische Energie erhält definitionsgemäß den Energiewert 0.<br />
Anmerkung:<br />
Die Energie wird im atomaren Bereich in Elektronenvolt (eV) gemessen. 1eV entspricht dabei<br />
der Energie, die ein Elektron beim Durchlaufen der Potentialdifferenz von 1V aufnimmt:<br />
-19<br />
1eV = e 1V = 1,610 As 1V<br />
-19 -19<br />
= 1,610 Ws = 1,610 J<br />
Die moderne Behandlung der Atome mit der so genannten “Quantenmechanik” führt zu dem<br />
Ergebnis, dass sich die Elektronen in der Nähe des Atomkernes nicht mehr wie ein Teilchen<br />
verhalten, sondern dass sie mehr oder weniger stark um der Kern herum “verschmiert” erscheinen.<br />
Der Bahnbegriff der Elektronenschalen verliert damit seine Bedeutung. Es hat sich<br />
aber gezeigt, dass sich die Elektronen nach wie vor den Elektronenschalen zuordnen lassen<br />
<strong>und</strong> dass alle Elektronen eine feste Bindungsenergie besitzen. Wir sprechen daher oft auch<br />
von den Energieniveaus der Elektronen. Diese Bindungsenergien spielen bei der Bildung der
Seite 10 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Festkörper eine große Rolle <strong>und</strong> wir werden insbesondere bei den <strong>Halbleiter</strong>n hierauf stark<br />
eingehen.<br />
Beim einfachsten Atom, dem Wasserstoffatom, besetzt das einzige Elektron den tiefstliegenden,<br />
also am festesten geb<strong>und</strong>enen Zustand. Dieser wird mit der so genannten Hauptquantenzahl<br />
n = 1 gekennzeichnet oder man spricht von der K-Schale.<br />
Bei Atomen mit mehreren Elektronen werden die einzelnen Schalen (oder Hauptquantenzahlen)<br />
beginnend mit der niedrigsten Energiestufe mit Elektronen aufgefüllt. Dabei können die<br />
einzelnen Schalen aber nicht beliebig viele Elektronen aufnehmen (Elektronen stoßen sich<br />
gegenseitig ab) sondern auch hier gelten feste Regeln der Quantenmechanik. Je größer die<br />
Hauptquantenzahl n ist, um so mehr Elektronen können in einer Schale untergebracht werden.<br />
n = 1 2 3 4<br />
Schale K L M N<br />
s-Unterschale 2 2 2 2<br />
Orbitale p-Unterschale - 6 6 6<br />
d-Unterschale - - 10 10<br />
f-Unterschale - - - 1<br />
Gesamtzahl der Elektronen 2n² = 2 8 18 32<br />
Die Schalen <strong>und</strong> Unterschalen unterscheiden sich jetzt nach der Bindungsenergie der Elektronen.<br />
Es lässt sich folgendes Energieniveauschema aufstellen:<br />
Jede Unterschale wird durch einen<br />
Strich (Energieniveau) gekennzeichnet,<br />
jeder Strich kann mit der oben<br />
angegebenen Zahl von Elektronen<br />
besetzt werden. Die Auffüllung der<br />
Schalen folgt dem Gr<strong>und</strong>prinzip der<br />
Energieminimierung, d.h. die Schalen<br />
mit der niedrigsten Energie werden<br />
zuerst aufgefüllt. Mit zunehmender<br />
Ordnungszahl der Atome werden so<br />
die einzelnen Schalen besetzt. Sind<br />
die s- <strong>und</strong> p-Unterschalen einer Schale<br />
vollständig aufgefüllt, so erhält<br />
man ein besonders stabiles Atom,<br />
welches praktisch keine chemische Reaktion zeigt, die so genannten Edelgase.<br />
Abb. 1.1-2
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 11<br />
Dieser Zusammenhang wird auch im Periodischen System der Elemente deutlich.<br />
Folie: Periodisches System der Elemente<br />
Dieses System wurde erstmals 1869 von Mendelejew <strong>und</strong> Meyer auf Gr<strong>und</strong> von Ähnlichkeitsuntersuchungen<br />
bei chemischen Reaktionen aufgestellt <strong>und</strong> durch die moderne Atomphysik in<br />
dieser Weise bestätigt.<br />
Auf der linken Seite stehen die Atome mit einem äußeren Elektron, rechts die Atome mit<br />
aufgefüllter p-Unterschale (Edelgase).<br />
Eine Besonderheit tritt nach dem Element 18 (Argon) auf: Der niedrigste Zustand der N-Schale<br />
ist jetzt energetisch günstiger als die höheren Energiezustände der M-Schale. So wird erst<br />
dieser Zustand aufgefüllt (Kalium 19, Calcium 20) bevor die M-Schale weiter aufgefüllt wird.<br />
Die folgenden Elemente bilden die so genannten Übergangselemente, die praktisch in das<br />
Periodensystem eingeschoben sind <strong>und</strong> chemisch recht ähnlich sind. Die äußeren Elektronen<br />
sind sehr locker an das Atom geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> werden leicht abgegeben. Diese Elemente bilden<br />
Metalle, die so genannten 3d-Übergangsmetalle.<br />
Auf ähnliche Weise kann man das gesamte periodische System zusammenstellen. Gleiche<br />
Überlappungen treten bei den 4d- <strong>und</strong> 5d-Schalen ebenfalls auf. Und auch die 4f- <strong>und</strong> 5f-<br />
Niveaus werden entsprechend zwischen geschoben. Bei den 4f-Atomen spricht man auch von<br />
den seltenen Erden.<br />
Alle Elemente auf der linken Seite des Periodischen Systems, mit Ausnahme des Wasserstoffs,<br />
sind den Metallen zuzurechnen, (links von der dicken Linie). Metall bedeutet, dass sie<br />
relativ leicht ihre äußeren Elektronen abgeben um eine stabile Edelgaskonfiguration der<br />
Elektronenhülle zu erreichen. In einem Kristallgitter zeigen diese Elemente eine elektrische<br />
Leitfähigkeit.<br />
Die wenigen Elemente auf der rechten Seite des Periodensystems stellen die Nichtmetalle<br />
dar. Die Grenze ist dabei nicht eindeutig festzulegen. So ist Zinn (Sn) einerseits ein Metall, in<br />
einigen Kristallkonfigurationen tritt es aber als Nichtmetall auf. Der Kohlenstoff ist als Graphit<br />
leitend, als Diamant hochisolierend.<br />
Bei den Nichtmetallen sind die äußeren Elektronen als p-Elektronen sehr fest geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong><br />
können nicht so leicht abgegeben werden. Viel lieber nimmt das Atom zusätzliche Elektronen<br />
auf um die Edelgaskonfiguration zu erreichen.<br />
1.2 Chemische Bindung <strong>und</strong> Kristall-<br />
gitter<br />
Wie im letzten Kapitel besprochen, sind die stabils<br />
ten Elektronenanordnungen in einem Atom durch<br />
die sogenannte Edelgaskonfiguration gegeben, d.h.<br />
Abb. 1.2-1
Seite 12 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
die äußersten s- <strong>und</strong> p-Unterschalen sind vollständig gefüllt. Um diesen Zustand zu erreichen,<br />
nehmen einige Atome leicht zusätzliche Elektronen auf, andere geben leicht Elektronen ab.<br />
Treffen solche Atome aufeinander, so reagieren sie sehr heftig miteinander, da bei diesem<br />
Übergang in den stabileren Zustand Energie frei wird: Bindungsenergie. Diese Atome bilden<br />
dann ein Molekül, z.B. ein Wassermolekül aus einem Sauerstoff- <strong>und</strong> zwei Wasserstoffatomen.<br />
Je nach Stellung der Atome im Periodensystem, sowie abhängig von ihren Bindungspartnern<br />
existieren unterschiedliche Bindungstypen. Für die Werkstofftechnik sind davon drei besonders<br />
wichtig:<br />
- Ionenbindung<br />
- kovalente Bindung<br />
- metallische Bindung<br />
Betrachten wir diese drei Typen näher.<br />
Die Ionenbindung oder auch polare Bindung liegt immer dann vor, wenn ein Metall- <strong>und</strong><br />
ein Nichtmetall-Atom aufeinander treffen.<br />
Folie: Periodensystem der Elemente<br />
Typisches Beispiel ist die Bildung von Kochsalz<br />
(Steinsalz) aus Natrium (Na) <strong>und</strong> Chlor<br />
(Cl). Natrium kann sehr leicht sein 3s-Elektron<br />
abgeben, dem Chlor fehlt ein Elektron in der<br />
3p-Schale. Durch Elektronenaustausch gelangen<br />
beide in den bevorzugten Zustand einer<br />
gefüllten äußeren Schale. Da jetzt beide Atome<br />
Abb. 1.2-2<br />
als Ion vorliegen, kommt es zu einer elektrostatischen<br />
Anziehungskraft. Hierdurch verbinden sich die Ionen. Es bildet sich ein Kristall, der<br />
durch die elektrostatische Anziehungskraft zusammengehalten wird.<br />
Die Ionenbindung ist sehr stark. Hieraus resultiert<br />
ein hoher Schmelzpunkt <strong>und</strong> eine geringe<br />
elektrische Leitfähigkeit. In polaren<br />
Flüssigkeiten, z.B. Wasser, löst sich die Ionenbindung<br />
dagegen leicht. Die polaren Moleküle<br />
schieben sich zwischen die Ionen <strong>und</strong> trennen<br />
sie.<br />
Die kovalente oder auch homöopolare Bin<br />
dung tritt bei der Verbindung von Nichtmetallen<br />
untereinander auf. Diesen Atomen fehlen<br />
Abb. 1.2-3
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 13<br />
Elektronen in der äußersten Schale. Da keine Elektronenspender (Metalle) vorhanden sind,<br />
kommt es zu einer Anordnung, in der von jedem Atom ein Elektron bereitgestellt wird, welches<br />
es sich dann mit dem Nachbaratom teilt. Zwischen den Atomen werden Elektronenpaare<br />
lokalisiert, welche dann beiden Atomen gleichzeitig zuzuordnen sind. Wir sprechen daher<br />
auch von der Elektronenpaarbindung.<br />
Typisches Beispiel sind die <strong>Halbleiter</strong>elemente wie Silizium, aber auch bei Gasen trifft man<br />
diese Bindung an, z.B. bei Sauerstoff. Während Silizium auf Gr<strong>und</strong> von vier fehlenden Elektronen<br />
vier Nachbarn benötigt <strong>und</strong> daher sehr leicht große Kristalle bildet, kann der Sauerstoff<br />
mit einem zweiten Atom ein Molekül bilden <strong>und</strong> liegt dann als Gas vor oder bildet mit zwei<br />
Wasserstoffatomen ein Wassermolekül.<br />
Die metallische Bindung tritt bei allen<br />
Metallen untereinander auf. Im Gegensatz<br />
zur kovalenten Bindung liegen hier<br />
nur Atome vor, die leicht Elektronen<br />
abgeben <strong>und</strong> keine, die Elektronen aufnehmen.<br />
Das Entstehen der metallischen<br />
Bindung kann man sich sehr<br />
leicht am Potentialtopfmodell verdeutlichen.<br />
Abb. 1.2-4<br />
Nähern sich die Metallatome einander<br />
an, so spüren die äußeren Elektronen die Anziehungskraft des Nachbaratoms, d.h. die Potentialtöpfe<br />
überlagern sich. Das 3d-Energieniveau liegt dadurch oberhalb der überlagerten Potentialtöpfe.<br />
Dies bedeutet, das die Elektronen in diesem Niveau nicht mehr einem einzelnen<br />
Atom zuzuordnen sind.<br />
Die Überlagerung erfolgt so, dass alle Atome ein äußeres Elektron abgeben. Sie liegen dann<br />
als positive Ionen vor. Die abgegebenen freien Elektronen bilden ein Elektronengas. Die Bindung<br />
zwischen den positiven Atomrümpfen kommt jetzt durch die Konkurrenz der elektrostatischen<br />
Kräfte zustande. Zum einen stoßen<br />
sich die Ionen ab, zum anderen werden die<br />
Elektronen von verschiedenen Rümpfen<br />
angezogen, so dass sich hierüber eine Bindungskraft<br />
ergibt.<br />
Beispiel: Natrium<br />
Video Nr. 1-3: metallische Bindung<br />
Abb. 1.2-5<br />
Die unterschiedlichen Bindungstypen ergeben jeweils ganz typische Eigenschaften des <strong>Werkstoffe</strong>s:<br />
Folie Nr. 2: Übersicht über die Bindungstypen
Seite 14 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Ionenbindung kovalente Bindung metallische Bindung<br />
Metall + Nichtmetall<br />
Elektronen am Kern<br />
lokalisiert<br />
keine elektrische Leitfähigkeit<br />
(aber elektrolytische<br />
Leitfähigkeit)<br />
geringe Wärmeleitfähigkeit<br />
geringe plastische Verformbarkeit<br />
Nichtmetalle<br />
Außenelektronen paarweise<br />
zwischen den Atomen<br />
lokalisiert<br />
durch Wärmezufuhr elektrische<br />
Leitfähigkeit (<strong>Halbleiter</strong>)<br />
große Härte<br />
Metalle<br />
Außenelektronen nicht<br />
lokalisiert<br />
hohe elektrische Leitfähigkeit<br />
hohe Wärmeleitfähigkeit<br />
hohe plastische Verformbarkeit<br />
Durch die Zusammenlagerung der Atome infolge der chemischen Bindung kommt es zur<br />
Bildung größerer Atomgruppen. Dabei ordnen sich diese Atome sehr regelmäßig an, da nur<br />
dann die in Konkurrenz stehenden Kräfte ausgeglichen werden können. Die Atome bilden<br />
Kristallgitter.<br />
Experiment: Modelle verschiedener Kristallgitter<br />
Ein Kristall ist die regelmäßige, räumlich periodische Anordnung kleinster Teilchen<br />
(Atome, Ionen, Moleküle) zu einem festen Körper<br />
Der genaueren Beschreibung des Kristallgitters dienen sogenannte Gitterzellen oder Elementarzellen,<br />
aus denen der gesamte Kristall dann zusammengesetzt wird.<br />
Eine Elementarzelle ist die kleinste periodisch im Kristall wiederkehrende Einheit,<br />
die bereits Kristallstruktur aufweist<br />
Als Gitterkonstante bezeichnen wir die Länge der Elementarzelle.<br />
In den meisten praktischen Fällen der Kristalle sitzen nicht nur an den Eckpunkten der Elementarzelle<br />
Atome, sondern es sind weitere vorhanden.<br />
Folie Nr. 3: Gittertypen
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 15<br />
Der Gr<strong>und</strong> für die Einlagerung weiterer Atome ist, dass z.B. bei einem einfachen kubischen<br />
Gitter die Raumausnutzung nicht optimal ist (52%).<br />
Das kubisch raumzentrierte Gitter (krz) ergibt schon eine wesentlich bessere Raumausnutzung<br />
von 68%.<br />
Das kubisch flächenzentrierte Gitter (kfz) stellt eine sogenannte dichteste Kugelpackung<br />
dar. Noch enger kann man Atome nicht packen (Raumausnutzung 74%).<br />
Die hexagonal dichteste Kugelpackung (hdp) besitzt die gleiche Packungsdichte wie das<br />
kfz-Gitter, die Atomebenen sind lediglich anders gestapelt.<br />
Folie Nr. 3: Gittertypen Experiment: Gittermodelle<br />
Die meisten Metalle kristallisieren in einer der drei vorgestellten Kristallstrukturen kfz, krz<br />
oder hdp. Sie sind damit sehr dicht gepackt.<br />
Bei den kovalent geb<strong>und</strong>enen Atomen treten kompliziertere Kristallgitter auf.<br />
Folie Nr. 4: Diamantgitter, Graphitgitter Experiment: Gittermodelle<br />
So benötigt Silizium 4 Nachbaratome um seine äußere Schale aufzufüllen. Die vier Bindungen<br />
müssen aus energetischen Gründen gleichmäßig im Raum verteilt sein. Hieraus ergeben<br />
sich Bindungsrichtungen, die den Eckpunkten einer Tetraederpyramide entsprechen. Diese Art<br />
des Kristallgitters bezeichnet man als Diamantgitter, da es auch beim Kohlenstoff in Diamantform<br />
beobachtet wird. Dieses Kristallgitter ist für alle <strong>Halbleiter</strong>werkstoffe gegeben <strong>und</strong><br />
daher sehr wichtig. Nur unter ganz besonderen Bedingungen kristallisiert Kohlenstoff als<br />
Diamant (hoher Druck, hohe Temperatur). Trotz dieser offenen Struktur (34%) stellt Diamant<br />
den härtesten Festkörper dar, den wir kennen. Gleichzeitig besitzt er mit den höchsten spezifischen<br />
Widerstand aller Festkörper.<br />
Video Nr. 1-4: Silizium-Kristall<br />
Beim Kohlenstoff tritt ein zweiter Gittertyp wesentlich häufiger auf als der Diamanttyp. Wir<br />
sprechen hierbei vom Graphitgitter. Dabei liegt eine hexagonale Struktur vor. Die Kohlenstoffatome<br />
sind in Sechserringen innerhalb einer Ebene angeordnet. Der Abstand zwischen<br />
den Ebenen ist vergleichsweise sehr groß, d.h. die Ebenen sind sehr locker miteinander verb<strong>und</strong>en.<br />
Dies hat zur Folge, dass die Ebenen sehr leicht gegeneinander verschoben werden<br />
können. Graphit ist ein sehr gutes Schmiermittel. Gleichzeitig hat Graphit eine gute elektrische<br />
Leitfähigkeit. Das liegt daran, dass in der hexagonalen Bindung nur jeweils drei der vier<br />
Valenzelektronen fest eingeb<strong>und</strong>en sind. Das vierte Elektron kann entweder nur nach oben<br />
oder nach unter binden. Dadurch ist diese Bindung zwischen den Ebenen schwach, das Elektron<br />
ist leicht ablösbar <strong>und</strong> ist ähnlich wie bei den Metallen leicht verschiebbar.<br />
Folie Nr. 1: spez. Elektrischer Widerstand der <strong>Werkstoffe</strong><br />
Nicht alle Festkörper haben eine kristalline Struktur. Insbesondere wenn man ein geschmolze-
Seite 16 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
nes Material sehr schnell abkühlt, haben die Atome keine Zeit sich entsprechend anzuordnen.<br />
Es ergibt sich dann eine regellose Anordnung der Atome. Wir sprechen jetzt von einem amorphen<br />
Zustand. Diese amorphen Festkörper besitzen teilweise ganz neue Eigenschaften <strong>und</strong><br />
werden daher gezielt produziert. Aber auch durch Zugabe von Fremdatomen kann die Kristallbildung<br />
behindert oder unterdrückt werden. Ein wichtiges Beispiel ist hier das Glas, welches<br />
in reinem Zustand als Kristallglas eine ausgeprägte Kristallstruktur besitzt. Das am häufigsten<br />
eingesetzte Glas besitzt dagegen eine amorphe Struktur, hervorgerufen durch eine<br />
Vielzahl von Fremdatomen.<br />
Aus diesem Gr<strong>und</strong>e wird der amorphe Zustand auch bei anderen <strong>Werkstoffe</strong>n oft als Glaszustand<br />
bezeichnet. So spricht man z.B. von Metallgläsern, wenn amorphe Metalle gemeint<br />
sind.<br />
Eine weitere Klasse von Festkörpern ohne Kristallstruktur sind die Kunststoffe. Sie bestehen<br />
aus langen Molekülketten, die eine mehr oder weniger starke Verbindung untereinander haben.<br />
Wie ist ein kristalliner Festkörper praktisch aufgebaut?<br />
Kristalle entstehen im allgemeinen beim Erstarren eines Festkörpers aus der Schmelze. Da<br />
dies nicht von einem Punkt ausgeht, sondern von sehr vielen Kristallisationszentren (Keimen),<br />
treffen irgendwann Kristallbereiche aufeinander, die eine unterschiedliche Orientierung<br />
besitzen. In der Regel sind daher technisch eingesetzte Festkörper vielkristallin (polykristallin),<br />
d.h. sie bestehen aus einer Vielzahl von Kristalliten oder Körnern. Diese mikroskopisch<br />
feine Anordnung von Körnern bezeichnet man als Gefüge des <strong>Werkstoffe</strong>s.<br />
Der Verband aller Körner wird als Gefüge bezeichnet<br />
Die einzelnen Körner können dabei Größen bis zu einigen Millimetern annehmen. Feinkörnige<br />
Gefüge besitzen dagegen Korngrößen von einigen m.<br />
Folie Nr. 5: Gefügebilder<br />
Viele Eigenschaften, z.B. die magnetischen, sind von der Orientierung der Körner abhängig.<br />
Für gute Magnetisierbarkeit ist es daher wünschenswert, dass alle Körner eine einheitliche<br />
Ausrichtung besitzen. Dies ist bei Eisenlegierungen in gewissen Rahmen durch eine mechanische<br />
Behandlung (walzen) möglich <strong>und</strong> wird insbesondere bei Trafoblechen angewandt.<br />
Man spricht von einer Texturierung des <strong>Werkstoffe</strong>s.<br />
Folie Nr. 6: Texturierung
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 17<br />
2. Gr<strong>und</strong>legende elektr. Eigenschaften der Festköper<br />
2.1 Elektrische Leitfähigkeit<br />
Der Bereich des spezifischen Widerstandes der Festkörper umfasst bei Raumtemperatur<br />
etwa 30 Zehnerpotenzen. Dabei ist er über folgende Gleichung definiert:<br />
<strong>und</strong> ist somit über eine Widerstandsmessung zugänglich. Die Einheit des spezifischen Widerstandes<br />
ist dann gegeben durch mm²/m oder cm. Der Kehrwert ist der spezifische Leitwert<br />
mit der Einheit m/mm² oder 1/cm oder S/cm.<br />
Folie Nr. 1: Bereich des spezifischen Widerstandes<br />
-6 -6<br />
Der Bereich der reinen Metalle liegt zwischen 1,610 cm <strong>und</strong> 2010 cm. Legierungen<br />
-6<br />
können etwa 20010 cm erreichen. Darüber liegt der Bereich der <strong>Halbleiter</strong> mit einem<br />
-3 5<br />
spezifischen Widerstand von etwa 10 cm bis zu 210 cm. Während man den Bereich der<br />
<strong>Halbleiter</strong> sehr gut von den Metallen abtrennen kann, fällt eine Trennung der <strong>Halbleiter</strong> von<br />
10<br />
den Isolatoren sehr schwer. Eine technisch sinnvolle Grenze liegt bei etwa 10 cm.<br />
Eine eindeutige Unterscheidung zwischen Metallen <strong>und</strong> <strong>Halbleiter</strong>n ist durch die Temperaturabhängigkeit<br />
des spezifischen Widerstandes gegeben. Bei den Metallen nimmt der<br />
spezifische Widerstand mit der Temperatur zu, bei den <strong>Halbleiter</strong>n dagegen ab. Bei sehr tiefen<br />
Temperaturen sind die Metalle daher gute Leiter, die <strong>Halbleiter</strong> dagegen Isolatoren.<br />
Dies bringt uns zu der Frage, was unterscheidet die verschiedenen Festkörper so sehr, dass<br />
dieser weite Bereich der Leitfähigkeit entsteht <strong>und</strong> die Temperaturabhängigkeit derart unterschiedlich<br />
ist. Wie schon früher diskutiert ist der wesentliche Einfluss in der Art der chemischen<br />
Bindung der Atome zu suchen. Betrachten wir dazu noch einmal das Energieniveauschema<br />
eines Atomes <strong>und</strong> seine Änderung durch die chemische Bindung:<br />
Folie Nr. 7: Entstehung des Bänderschemas<br />
- In einem Atom besetzen die Elektronen genau definierte Zustände (Schalen). Dabei<br />
sind die untersten Zustände voll besetzt, die oberen nur teilweise oder gar nicht. Jeder<br />
Zustand kann dabei nur mit einer festen Anzahl an Elektronen besetzt werden.<br />
- Nähern sich zwei gleiche Atome einander an, so kommt es zu einer Überlappung der<br />
Zustände. Da Zustände mit gleicher Energie aber nicht erlaubt sind, da dann zu viel<br />
Elektronen in einem Zustand sind, müssen sich die überlappenden Zustände leicht<br />
energetisch verschieben, so dass jeweils zwei Niveaus entstehen, die von den Elektronen<br />
besetzt werden können.
Seite 18 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
- Kommen N Atome zusammen, so müssen die sich beeinflussenden Zustände jeweils<br />
N-fach aufspalten. Man fasst diese aufgespaltenen Niveaus zu Energiebändern zusammen.<br />
Wie zuvor im Atom verbotene Energiebereiche existierten, gibt es jetzt auch<br />
zwischen den Energiebändern verbotene Zonen.<br />
- Elektronen, die sich in Bändern innerhalb der Potentialtöpfe befinden, sind weiterhin<br />
an die einzelnen Atome geb<strong>und</strong>en. Das oberste dieser Bänder wird als Valenzband<br />
bezeichnet, die Elektronen als Valenzelektronen. Elektronen in den Bändern oberhalb<br />
der Potentialtöpfe können frei im Kristall verschoben werden. Diese Bänder werden<br />
als Leitungsbänder bezeichnet. Die Elektronen als Leitungselektronen.<br />
Video Nr. 1-5: Bändermodell<br />
Um den Leitungsmechanismus der Festkörper zu verstehen, reicht es aus, nur das Valenzband<br />
sowie das am tiefsten liegende Leitungsband zu betrachten. Der Abstand zwischen diesen<br />
beiden Bändern wird als Gap oder Bandlücke bezeichnet <strong>und</strong> stellt die Energie dar, die mindestens<br />
aufgebracht werden muss, um aus einem geb<strong>und</strong>enen Valenzelektron ein freies Leitungselektron<br />
zu machen.<br />
Folie Nr. 8: Bänderschemen<br />
Die Isolatorwerkstoffe besitzen ein vollständig besetztes Valenzband sowie ein vollständig<br />
leeres Leitungsband. Zudem sind die Elektronen stark geb<strong>und</strong>en, so dass ein großer Abstand<br />
zwischen dem Valenz- <strong>und</strong> Leitungsband vorliegt. Wir haben eine breite verbotene Zone bzw.<br />
ein breites Gap bzw. Bandlücke (W G > 2 eV). Nur unter extremen Bedingungen ist es Elektronen<br />
möglich vom Valenzband ins Leitungsband zu wechseln.<br />
Die <strong>Halbleiter</strong>werkstoffe sind den Isolatoren gr<strong>und</strong>sätzlich sehr ähnlich. Auch sie besitzen<br />
ein vollständig gefülltes Valenzband <strong>und</strong> ein leeres Leitungsband (bei T = 0 K). Allerdings ist<br />
der Abstand zwischen den Bändern wesentlich geringer (z.B. Silizium 1,1 eV). Dies hat zur<br />
Folge, dass bei tiefen Temperaturen zwar keine elektrische Leitfähigkeit vorhanden ist, bei<br />
erhöhten Temperaturen aber Elektronen durch thermische Anregung vom Valenzband ins<br />
Leitungsband gelangen können. Mit zunehmender Temperatur leitet ein <strong>Halbleiter</strong> somit<br />
immer besser.<br />
Video Nr. 1-6: Temperaturabhängigkeit beim Metall <strong>und</strong> beim <strong>Halbleiter</strong><br />
Bei den Metallen haben wird dagegen ein gänzlich anderes Verhalten vorliegen. Metalle wie<br />
Kupfer haben auf Gr<strong>und</strong> der metallischen Bindung ein Elektron in das Leitungsband abgegeben.<br />
Bei anderen Metallverbindungen ist das Valenzband zwar voll besetzt, die äußeren<br />
Elektronen sind aber nur sehr schwach geb<strong>und</strong>en <strong>und</strong> können leicht ins Leitungsband überwechseln.<br />
Dies bedeutet, dass praktisch kein Abstand zwischen Valenz <strong>und</strong> Leitungsband<br />
vorliegt oder das sich die Bänder sogar überlappen (ähnliches fanden wir bei den Atomniveaus<br />
der Übergangsmetalle, wo z.B. die 3d-Niveaus bei höheren Energien lagen als das 4s-<br />
Niveau).
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 19<br />
Infolge der metallischen Bindung befindet sich im<br />
Mittel ein freies Elektron pro Atom im Leitungsband.<br />
Durch thermische Anregung ist es bei den<br />
Metallen nicht mehr möglich die Leitfähigkeit weiter<br />
zu steigern, d.h. weitere Elektronen ins Leitungsband<br />
anzuheben. Vielmehr wird die Elektronenleitung<br />
durch verstärkte Bewegung der positiv geladenen<br />
Atomrümpfe behindert, so dass die Leitfähigkeit<br />
mit zunehmender Temperatur abnimmt.<br />
Video Nr. 1-7: metallische Leitfähigkeit<br />
Der elektrische Stromfluss stellt sich jetzt als<br />
Abb. 2.1-1<br />
Transport der Elektronen durch den Festkörper dar.<br />
Zunächst verfügen diese Elektronen nur über eine<br />
ungerichtete thermische Geschwindigkeit. Nach Anlegen eines elektrischen Feldes wird dieser<br />
thermischen Bewegung eine gerichtete Driftbewegung überlagert.<br />
Die Driftgeschwindigkeit v d ist eine der allgemeinen Teilchenbewegung überlagerte,<br />
in eine Richtung weisende Geschwindigkeit<br />
Diese Driftgeschwindigkeit fällt um so größer aus, je größer die wirkende Feldstärke ist <strong>und</strong> je<br />
größer die Beweglichkeit der Elektronen im Kristallgitter ist:<br />
Betrachten wir nun ein Leiterstück der Länge <strong>und</strong> des Querschnittes A, so befindet sich in<br />
diesem Leiterstück die Ladung<br />
n ist die Ladungsträgerdichte im Leitermaterial. Diese Ladung<br />
bewegt sich in der Zeit t durch den Leiter. Hieraus folgt:<br />
Abb. 2.1-2<br />
Wegen <strong>und</strong> folgt sofort die wichtige<br />
Beziehung
Seite 20 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Die spezifische Leitfähigkeit ist gleich dem Produkt aus der Teilchenkonzentration<br />
n, deren Beweglichkeit <strong>und</strong> der Elementarladung e<br />
Anm.: Das Symbol für die spezifische Leitfähigkeit wird nicht einheitlich gehandhabt. In der<br />
werkstoffk<strong>und</strong>lichen Literatur findet man meist , in der Elektrotechnik sowie im Kuchling<br />
wird verwendet.<br />
Will man also die Leiteigenschaften eines <strong>Werkstoffe</strong>s verändern, so muss man entweder die<br />
Teilchenzahl verändern oder deren Beweglichkeit beeinflussen. Bei Metallen ist die Teilchenzahl<br />
gewöhnlich nicht zu beeinflussen. Dagegen kann man auf die Beweglichkeit einen<br />
hohen Einfluss nehmen durch Einbringung von Fremdstoffen, sowie durch Legierungsbildung.<br />
Bei den <strong>Halbleiter</strong>n, die sehr wenig Ladungsträger besitzen, kann diese Zahl dagegen in<br />
weiten Grenzen variiert werden. Da ist zum einen der Temperatureinfluss, zum anderen können<br />
durch Fremdatome zusätzliche Ladungsträger bereitgestellt werden (Dotieren). Wir sehen<br />
an diesem Zusammenhang auch, dass nicht die spezifische Leitfähigkeit die Materialkonstante<br />
ist, sondern die Ladungsträgerkonzentration n <strong>und</strong> deren Beweglichkeit im Kristallgitter.<br />
Dies ist insbesondere bei <strong>Halbleiter</strong>n von großer Wichtigkeit.<br />
Folie Nr. 9: Tabelle typischer Leitfähigkeiten <strong>und</strong> Beweglichkeiten<br />
Die Tabelle gibt einen Überblick über die wichtigsten elektrotechnischen reinen <strong>Werkstoffe</strong>.<br />
Auffällig ist, dass die Ladungsträgerbeweglichkeit der Metalle sehr gering ist. Hier wird der<br />
Ladungstransport deutlich behindert durch die Vielzahl der Ladungsträger <strong>und</strong> die positiv<br />
geladenen Atomrümpfe. Die Beweglichkeit bei den <strong>Halbleiter</strong>n liegt um Größenordnungen<br />
höher. Dafür ist die Zahl der Ladungsträger hier um ein Vielfaches geringer.<br />
Beispiel: Kupferdraht<br />
6<br />
max. Stromdichte S= 6A/mm²=610 A/m²<br />
6<br />
spez. Leitfähigkeit von Cu = 6010 S/m (Folie)<br />
E = S/ = 0.1 V/m mit aus Folie folgt:<br />
-3<br />
v = E = 410 m²/Vs 0.1 V/m<br />
-4<br />
= 410 m/s = 0.4 mm/s<br />
Die geringe Beweglichkeit bedeutet auch, dass die mittlere Driftgeschwindigkeit der Elektronen<br />
sehr gering ist. Sie liegt in der Größe von mm/s.<br />
Die Driftgeschwindigkeit der Elektronen darf aber nicht verwechselt werden mit der Ausbreitungsgeschwindigkeit<br />
elektrischer Erscheinungen auf der Leitung, die praktisch mit der Licht-
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 21<br />
geschwindigkeit identisch ist.<br />
2.2 Halleffekt<br />
Wie wir oben gesehen haben, stellt die Beweglichkeit der Ladungsträger in einem Werkstoff<br />
eine wichtige elektrische Werkstoffgröße dar. Es stellt sich die Frage, wie wir diese Größe<br />
messtechnisch erfassen können. Ein sehr einfaches Verfahren hierfür bietet der Halleffekt.<br />
Folie Nr. 10: Halleffekt<br />
Die Folie zeigt den sehr einfachen Aufbau dieses Experimentes. Eine Platte aus dem zu untersuchenden<br />
Material wird von einem Strom I durchflossen. Gleichzeitig wirkt auf den<br />
Ladungsfluss ein Magnetfeld B, welches senkrecht zur Bewegungsrichtung steht. Mit diesem<br />
Magnetfeld ist eine Kraftwirkung auf die Ladungsträger verb<strong>und</strong>en, die für den Fall, dass<br />
Stromrichtung <strong>und</strong> Feldrichtung senkrecht aufeinander stehen, folgenden einfachen Ausdruck<br />
hat:<br />
Dies ist ein Sonderfall der allgemeinen Formulierung der Lorentzkraft:<br />
Durch diese Ablenkung der Elektronen entsteht am vorderen Rand der Platte ein Elektronenüberschuss,<br />
am hinteren Rand ein Elektronenmangel. Dies hat wiederum ein elektrisches Feld<br />
zur Folge, welches diesen Ladungsunterschied ausgleichen will. Es stellt sich somit ein<br />
Gleichgewicht zwischen der Lorentzkraft <strong>und</strong> der elektrostatischen Kraft ein:<br />
Die entstehende Spannung U H wird als Hallspannung bezeichnet. Ersetzen wir jetzt die<br />
Driftgeschwindigkeit der Elektronen durch bekannte Größen, so folgt:<br />
Damit ergibt sich folgende einfache Beziehung für die Hallspannung:<br />
Durch Messung der Hallspannung können wir somit die Beweglichkeit der Ladungsträger<br />
bestimmen. Da <strong>und</strong> nur über die Ladungsträgerdichte verb<strong>und</strong>en sind
Seite 22 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
folgt weiterhin<br />
D.h. eigentlich wird mit dem Halleffekt die Ladungsträgerkonzentration in dem Material<br />
untersucht. Die Größe<br />
wird als Hallkonstante bezeichnet.<br />
Folie Nr. 9: typische Leitfähigkeiten <strong>und</strong> Beweglichkeiten<br />
Betrachten wir noch einmal diese Tabelle, so sehen wir, dass die Metalle alle sehr kleine<br />
Hallkonstanten besitzen, da ihre Ladungsträgerzahl so groß ist. Man benötigt entsprechend<br />
hohe Ströme <strong>und</strong> Magnetfelder um eine messbare Hallspannung zu erzeugen. Bei den <strong>Halbleiter</strong>werkstoffen<br />
dagegen ergeben sich Hallkonstanten, die um Zehnerpotenzen größer sind.<br />
Dies ermöglicht die Anwendung des Halleffektes zur Messung kleiner Magnetfelder (Hallsonden,<br />
Feldplatten).<br />
28 -3<br />
Beispiel: Kupferfolie d = 10m, I = 6A, B = 1T, n = 8,510 m , U H = 44 V<br />
2.3 Thermoelektrischer Effekt<br />
Der thermoelektrische Effekt wird auch Seebeck-Effekt genannt. Hierunter ist folgendes zu<br />
verstehen:<br />
Befinden sich die Enden eines Metallstabes auf unterschiedlichen Temperaturen, so besitzen<br />
die Elektronen auf der Seite der höheren Temperatur T 1 eine größere kinetische Energie <strong>und</strong><br />
damit Geschwindigkeit als bei der Temperatur T (W = kT).<br />
Dies bedeutet, dass neben einer Wärmeenergie Q auch ein elektrischer<br />
Strom (Diffusionsstrom) vom heißen Ende zum kalten<br />
Ende fließt. Das kältere Ende wird somit negativ aufgeladen<br />
<strong>und</strong> es entsteht eine Diffusionsspannung U d,<br />
welche einen<br />
Feldstrom vom kalten Ende zum heißen Ende zur Folge hat.<br />
Sind beide Ströme gleich groß, befindet sich das System im<br />
Gleichgewicht. Die Diffusionsspannung ist der Temperaturdifferenz<br />
direkt proportional:<br />
2<br />
Abb. 2.3-1
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 23<br />
Die Proportionalitätskonstante S wird Seebeck-Koeffizient genannt.<br />
Da man eine Spannung an einem Metall ohne Kontaktierung<br />
nicht messen kann, müssen wir die Kombination von zwei<br />
Metallen betrachten. In jedem Leiterteil entsteht jetzt eine<br />
Diffusionsspannung, gemessen wird dann die Differenz beider<br />
Werte:<br />
U th nennen wir die Thermospannung, th die Thermokraft<br />
zwischen diesen beiden Metallen.<br />
Abb. 2.3.2<br />
Anmerkung: In vielen Literaturstellen wird das Entstehen der Thermospannung als Kontaktspannung<br />
zwischen beiden Leitern diskutiert. Diese Beschreibung ist vollkommen identisch<br />
zur obigen Erklärung der Thermospannung auf Gr<strong>und</strong> des Seebeck-Effektes. Der Nachweis<br />
der Gleichheit ist aber theoretisch sehr anspruchsvoll.<br />
Experiment: Thermoelement, Gewichtheben mit Thermostrom<br />
Anhand der Thermokraft können alle Metalle in eine thermoelektrische Spannungsreihe<br />
eingeordnet werden, indem man sie mit einem Referenzmetall (z.B. Platin) in Kontakt bringt.<br />
Folie Nr. 11: Temperaturmessung mit Thermoelement,<br />
Folie Nr. 12: Thermoelektrische Spannungsreihe<br />
Die Thermospannung einer Kombination anderer Metalle erhält man dann als Differenz der<br />
beiden Werte dieser Metalle aus der Spannungsreihe.<br />
Folie Nr. 11: Temperaturabhängigkeit verschiedener Thermoelemente,<br />
Folie Nr. 12: Werkstoffkombinationen<br />
Neben der Anwendung der Temperaturbestimmung kann der thermoelektrische Effekt auch<br />
zur Energiegewinnung benutzt werden. Wir sprechen dann von einem Thermogenerator.<br />
Einsatz besonders in der Satellitentechnik (hier werden allerdings <strong>Halbleiter</strong> verwendet, die<br />
eine wesentlich höhere Thermokraft besitzen).<br />
Folie Nr.13: Thermogenerator<br />
Das Prinzip des Thermogenerators ist auch umkehrbar, indem man einen Strom durch das<br />
Material schickt. Dabei kühlt sich ein Kontaktpunkt ab, der andere erwärmt sich. Die Abkühlung<br />
kann für Kühlgeräte ausgenutzt werden: Peltier-Element.
Seite 24 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
2.4 Supraleitung<br />
Wie schon zuvor erörtert ist der elektrische Widerstand aller Stoffe mit metallischer Leitfähigkeit<br />
temperaturabhängig in der Weise, dass mit zunehmender Temperatur auch der Widerstand<br />
zunimmt. In einem weiten Temperaturbereich kann diese Widerstandsänderung durch<br />
eine einfache lineare Gleichung beschrieben werden:<br />
wird als Temperaturkoeffizient des elektrischen Widerstandes bezeichnet. Typische Werte<br />
werden wir später diskutieren. Bei tiefen Temperaturen gilt dieser Zusammenhang nicht mehr.<br />
Folie Nr. 14: Restwiderstand einiger Metalle<br />
Bei einigen Metallen nähert sich der Widerstand für T0K einem Grenzwert an, bei anderen<br />
Metallen findet man bei einer festen Temperatur T C (der Sprungtemperatur) ein plötzliches<br />
Abnehmen des Widerstandes auf Werte, die nicht mehr der Messtechnik zugänglich sind.<br />
Dieses letztere Verhalten wird als Supraleitung bezeichnet. Der spezifische Widerstand<br />
-22<br />
nimmt dabei Werte unter 10 m an. Zum Vergleich beträgt der spezifische Widerstand der<br />
-8<br />
Metalle bei Raumtemperatur etwa 10 m, bei Metallen ohne Sprungtemperatur bei tiefen<br />
-11<br />
Temperaturen etwa 10 m. Die Sprungtemperatur ist materialabhängig <strong>und</strong> liegt für die<br />
reinen Metalle <strong>und</strong> Metallverbindungen etwa zwischen 0 <strong>und</strong> 20K.<br />
Folie Nr. 15: Übersicht der Elementsupraleiter<br />
Auffällig ist dabei, dass die besonders guten Leiterwerkstoffe Au, Ag <strong>und</strong> Cu sowie die ferromagnetischen<br />
<strong>Werkstoffe</strong> Fe, Ni <strong>und</strong> Co nicht zu den Supraleitern zählen.<br />
Folie Nr. 16: Entwicklung der Supraleitung<br />
Von besonderer Bedeutung ist, dass es in den letzten Jahren gelungen ist keramische Supraleiter<br />
zu entwickeln, die Sprungtemperaturen von 100K <strong>und</strong> darüber besitzen. Dies bedeutet,<br />
dass Leitungen aus diesem Material nicht mehr mit flüssigem Helium (4K) gekühlt werden<br />
müssen, sondern dass man flüssigen Stickstoff (77K) verwenden kann, der in großen Mengen<br />
erzeugt werden kann <strong>und</strong> etwa um den Faktor 50 billiger ist. Interessanter Weise bestehen diese<br />
neuen Supraleiter aus Metalloxiden, die für sich genommen keine elektrische Leitfähigkeit<br />
besitzen. Erst durch die Zusammenbringung im richtigen Mischungsverhältnis <strong>und</strong> den Press<strong>und</strong><br />
Sinterprozess entstehen Kristallstrukturen mit der Leitfähigkeit eines schlechten Metalles.<br />
Video Nr. 1-8: Supraleitung bei HT-Supraleitern mit T C = 85K<br />
Neben der Abnahme des elektrischen Widerstandes bei der Sprungtemperatur beobachtet man<br />
noch ein zweites Phänomen. Bringt man einen Supraleiter in ein äußeres Magnetfeld, so kann<br />
dieses Magnetfeld nicht in den Supraleiter eindringen. Der Supraleiter verhält sich wie ein<br />
perfekter Diamagnet. Dieses Verhalten lässt sich einfach erklären: Wird das Magnetfeld<br />
eingeschaltet, so werden im Supraleiter auf Gr<strong>und</strong> des Induktionsgesetzes sofort Ströme indu-
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 25<br />
ziert, die nach der Lenzschen Regel so gerichtet sind,<br />
dass das von ihnen erzeugte Magnetfeld dem äußeren<br />
Feld entgegenwirkt. Das äußere Feld wird folg<br />
lich durch ein gleichgroßes inneres Feld kompensiert.<br />
Überraschender Weise geschieht das gleiche<br />
auch, wenn das Feld im normalleitenden Zustand<br />
angelegt wird <strong>und</strong> dann unter die Sprungtemperatur<br />
abgekühlt wird. Das zunächst eingedrungene Feld<br />
wird aus dem Supraleiter verdrängt. Diesen Effekt<br />
nennt man den Meißner-Ochsenfeld-Effekt.<br />
Da mit jedem Stromfluss immer ein magnetisches<br />
Feld verb<strong>und</strong>en ist <strong>und</strong> das Feld im Innern des Supraleiters<br />
verschwindet, folgt sofort, dass der Strom<br />
in einem Supraleiter immer nur an der Oberfläche<br />
fließen kann. Die Eindringtiefe in den Supraleiter<br />
beträgt weniger als 1m. Gleichtief kann auch das<br />
Abb. 2.4-1<br />
Magnetfeld eindringen. Da für die Verdrängung des<br />
Magnetfeldes Energie notwendig ist, muss sich die Sprungtemperatur im Magnetfeld verringern.<br />
Ist das Magnetfeld zu stark, so kann der Werkstoff nicht mehr supraleitend werden. Wir<br />
sprechen von der kritische Feldstärke H C, bei der der Supraleiter wieder normalleitend wird.<br />
Magnetfelder einer kritischen Stärke zerstören die Supraleitung<br />
Für jede Temperatur T < TC gibt es somit eine kritische Feldstärke. Je näher diese Temperatur<br />
an T liegt, um so geringer ist H .<br />
C C<br />
Folie Nr. 17: Zusammenhang der kritischen Parameter T C, H C <strong>und</strong> jC<br />
Leider gilt dies auch für das durch den supraleitenden Strom selbst hervorgerufene Magnetfeld,<br />
so dass auch der Strom in einem Supraleiter begrenzt ist. Bei den metallischen Supraleitern<br />
ist dieses kritische Feld so klein, dass eine wirtschaftliche Nutzung hier kaum lohnt.<br />
4<br />
Wir sprechen hier vom Supraleiter 1. Art (H C = einige 10 A/m) oder weichen Supraleiter<br />
(max. Stromdichte ca. 10A/mm², ähnlich einem Kupferdraht). Diese zeigen den reinen<br />
Meißner-Ochsenfeld-Effekt, d.h. das Feld wird stets vollständig aus dem Supraleiter verdrängt.<br />
Durch Legierungsbildung ist es allerdings gelungen die kritische Feldstärke um drei Größen-
Seite 26 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
ordnungen herauf zu setzen (Supraleiter 2. Art, harte Supraleiter). Bei diesen Supraleitern<br />
verschwindet oberhalb der kritischen Feldstärke die Supraleitung nicht, sondern das magnetische<br />
Feld kann lokal in den Supraleiter eindringen. Hier entstehen dann normalleitende Bereiche.<br />
Die Zahl dieser Bereiche (Flussschläuche) nimmt mit dem Feld zu. Erst bei einer zweiten<br />
kritischen Feldstärke H C2 geht der Werkstoff in den normalleitenden Zustand über. Durch<br />
diese Flussschläuche vergrößert sich gleichzeitig die Oberfläche des supraleitenden Bereiches<br />
<strong>und</strong> der Strom kann ebenfalls stark ansteigen.<br />
Diese Materialien werden heute benutzt um große supraleitende Magnetspulen zu bauen, die<br />
in der Kernforschung für Teilchenbeschleuniger eingesetzt werden oder bei den Experimenten<br />
zur Kernfusion, aber auch beim Betrieb der Magnetschwebebahn Transrapid.<br />
Video Nr. 1-9: Supraleitung bei der Kernspin-Tomographie<br />
Beispiel: Hamburger Speicherring HERA, 6.3km lang, 900 Magnete zur Ablenkung: konventionelle<br />
Technik ¼ des Hamburger Stromverbrauches; in Supraleitungstechnik kaum<br />
Stromverbrauch, dafür wird Helium in einer Menge benötigt, die a der Jahresweltproduktion<br />
entspricht.<br />
Eindrucksvoller als die kritische Feldstärke ist meist die damit verb<strong>und</strong>ene kritische Strom-<br />
2 3<br />
dichte. Während in einem Kupferkabel Stromdichten von etwa 10 -10 A/cm² zulässig sind,<br />
5 6<br />
erreicht man mit Supraleitern der 2. Art Werte von 10 -10 A/cm².<br />
Die neuen keramischen Supraleiter mit ihrer sehr hohen Sprungtemperatur erreichen diese<br />
hohen Werte noch nicht. Das liegt im wesentlichen an der Art ihrer Herstellung. Durch den<br />
Sinterprozess entstehen sehr viele Grenzflächen, die letztendlich hinderlich wirken. Durch<br />
Verfahrensverbesserungen ist hier noch sehr viel zu erwarten. Erste Anwendungen sind aber<br />
schon in die Technologie eingeflossen, z.B. starre supraleitende Stromdurchführungen mit<br />
sehr geringer Wärmeleitung.
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 27<br />
3. Metallische <strong>Werkstoffe</strong>, Widerstandswerkstoffe<br />
3.1 Thermische Eigenschaften der Metalle<br />
Für die Elektrotechnik wichtig ist die mit der Erwärmung des Metalles verb<strong>und</strong>ene thermische<br />
Ausdehnung. Der lineare Ausdehnungskoeffizient ist definiert durch die Beziehung<br />
Dieser Ausdehnungskoeffizient ist für alle Metalle näherungsweise umgekehrt proportional<br />
zur Schmelztemperatur (absolut gemessen).<br />
Folie Nr. 18: Ausdehnungskoeffizient der Metalle<br />
Mit eingetragen ist der Ausdehnungskoeffizient von Silizium sowie von verschiedenen Gläsern.<br />
Wichtig ist die thermische Ausdehnung dann, wenn zwei verschiedene Materialien zusammengebracht<br />
werden. So werden hochschmelzende Metalle als Stromdurchführungen in Hartgläser<br />
eingeschmolzen oder Metallkontakte auf Siliziumchips aufgebracht. Stimmt der Ausdehnungskoeffizient<br />
nicht überein, so bilden sich hohe thermische Spannungen in der Verbindung<br />
aus, die zur Zerstörung der Bauteile führen können.<br />
Folie Nr. 20: Zerstörung von Lötstellen infolge thermischer Ausdehnung<br />
Eine weitere herausragende Eigenschaft der Metalle ist ihre gute Wärmeleitung, die auch für<br />
die Elektrotechnik von großem Interesse ist.<br />
Folie Nr. 19: Wärmeleitfähigkeit verschiedener Materialien<br />
Wir sehen, dass die Wärmeleitfähigkeit der Metalle sehr hoch liegt. Diese Folie zeigt auch,<br />
dass bei den Metallen die Wärmeleitfähigkeit proportional zur elektrischen Leitfähigkeit ist.<br />
Stoffe mit guter elektrischer Leitung zeigen auch eine gute Wärmeleitung.<br />
Die Wärmeleitfähigkeit der Metalle ist proportional zur elektrischen Leitfähigkeit<br />
Dies zeigt, dass der Wärmetransport bei den Metallen durch die Leitungselektronen<br />
bewerkstelligt wird. Bei allen anderen Festkörpern mit geringer Leitfähigkeit erfolgt der
Seite 28 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Wärmetransport dagegen über Schwingungen der Gitteratome.<br />
3.2 Elektrische Eigenschaften der Metalle<br />
Schon im vorherigen Kapitel hatten wir gesehen, dass die Metalle eine sehr gute elektrische<br />
Leitfähigkeit besitzen, dass die Beweglichkeit der Elektronen aber sehr gering ist. Betrachten<br />
wir zum Beispiel das Metall Kupfer, so finden wir aus Widerstandsmessungen eine spezi-<br />
4<br />
fische Leitfähigkeit von = 5810 S/cm, aus dem Halleffekt eine Ladungsträgerdichte n von<br />
22 -3<br />
8,4310 cm <strong>und</strong> damit entsprechend der Beziehung = en eine Beweglichkeit von<br />
43 cm²/Vs.<br />
Folie Nr. 9: Tabelle der Leitfähigkeiten<br />
Vergleichen wir dies mit der Anzahl der Atome in einem cm³ Kupfer:<br />
23<br />
Kupfer hat die mittlere Atommasse 64, d.h. 1 Mol Kupfer = 610 Atome (Avogadrokonstante)<br />
wiegt 64g. Da die Dichte von Kupfer 8,9g/cm³ beträgt, ergeben sich<br />
Die Zahl der freien Ladungsträger entspricht also in etwa der Zahl der vorhandenen Atome.<br />
D.h. jedes Kupferatom steuert ein Elektron zur Leitfähigkeit bei. Dieses gilt in guter Näherung<br />
auch für die anderen Metalle.<br />
Die gute Leitfähigkeit der Metalle beruht auf der hohen Zahl der Ladungträger<br />
<strong>und</strong> nicht auf einer guten Beweglichkeit.<br />
Diese geringe Beweglichkeit ist eine Konsequenz der starken Wechselwirkung der Leitungselektronen<br />
mit den Atomrümpfen (metallische Bindung).<br />
Bei höheren Temperaturen kann die Temperaturabhängigkeit des spezifischen Widerstandes<br />
häufig durch eine lineare Beziehung bestimmt werden:<br />
wird als Temperaturkoeffizient des spezifischen Widerstandes bezeichnet. Für viele<br />
Metalle gilt in guter Näherung = 0,4%/°C, d.h. 4% Widerstandsänderung pro 10°C<br />
Temperaturänderung.<br />
Die folgende Folie gibt einen Überblick über die wichtigsten Kenngrößen der Metalle:<br />
Folie Nr. 21: Temperaturabhängigkeit des spezifischen Widerstandes der Metalle<br />
Bei dieser Darstellung des spezifischen Widerstandes sieht man, dass das Eisen nicht der
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 29<br />
linearen Beziehung gehorcht. Die Ursache hierfür ist im Ferromagnetismus des Eisens begründet,<br />
der zu einer zusätzlichen Störung der Elektronenbewegung führt.<br />
Der spezifische Widerstand hängt auch von der Reinheit der Metalle ab. Führen wir Fremdatome<br />
in geringen Mengen in das Metall ein, so kann sich der spezifische Widerstand ganz<br />
erheblich ändern. Dies ist in der folgenden Folie dargestellt:<br />
Folie Nr. 22: Einfluss von Verunreinigungen auf den spezifischen Widerstand von Cu<br />
Der spezifische Widerstand reagiert auf Verunreinigungen sehr empfindlich<br />
Bis zu einer Fremdstoffkonzentration von 1-2% ist die Abhängigkeit nahezu linear.<br />
3.3 Elektrische Eigenschaften der Metalllegierungen<br />
Wir haben gesehen, dass geringe Mengen an Fremdstoffen einen großen Einfluss auf die<br />
spezifische Leitfähigkeit eines Metalles haben können. Wir wollen jetzt an einem wichtigen<br />
Beispiel den Einfluss über den gesamten Mischungsbereich betrachten:<br />
Folie Nr. 22: Widerstand einer Kupfer-Nickel-Legierung<br />
Die Abhängigkeit des spezifischen Widerstandes stellt eine Fortsetzung dessen dar, was wir<br />
bei geringen Verunreinigungen schon beobachtet haben. Ausgehend von beiden Reinstmetallen<br />
muss der spez. Widerstand jeweils ansteigen <strong>und</strong> erreicht etwa in der Mitte einen Maximalwert.<br />
Bei der Kupfer-Nickel-Legierung liegt dieser Maximalwert etwa eine Zehnerpotenz<br />
über dem Wert der reinen Metalle.<br />
Da der Temperatureinfluss durch die Gitterschwingungen unabhängig von der Legierung ist,<br />
muss parallel zum Anstieg des spez. Widerstandes der Temperaturkoeffizient abnehmen:<br />
Dieser geringe Temperaturkoeffizient der Kupfer-Nickellegierung ist von großem technischen<br />
Interesse, da man hiermit Widerstände herstellen kann, die nur eine sehr geringe Temperaturabhängigkeit<br />
zeigen. Die Legierung CuNi44Mn1 wird aus diesem Gr<strong>und</strong>e auch als Konstantan<br />
bezeichnet(
Seite 30 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
3.4 Metallische <strong>Werkstoffe</strong> für Widerstandsanwendungen<br />
An Mess- <strong>und</strong> Präzisionswiderstände müssen folgende Forderungen gestellt werden:<br />
-5<br />
- kleiner Temperaturkoeffizient,
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 31<br />
3.5 Kohle als Leitungs- <strong>und</strong> Widerstandsmaterial<br />
Wie wir schon gesehen haben kommt der Kohlenstoff in zwei verschiedenen Kristallgittern<br />
vor:<br />
Folie Nr. 4: Graphit <strong>und</strong> Diamant<br />
Während der Diamant hochisolierend ist <strong>und</strong> damit als Leiter <strong>und</strong> Widerstandsmaterial ausscheidet,<br />
zeigt der Kohlenstoff in Graphitstruktur eine recht gute Leitfähigkeit:<br />
Folie Nr. 23: spezifischer Widerstand von Graphit<br />
Der spezifische Widerstand liegt nur etwa eine Größenordnung über dem der Metalllegierungen.<br />
Die Ursache für diese Leitfähigkeit ist, wie schon früher erwähnt, das eine Valenzelektron,<br />
welches nicht für die Bindung in den Sechserringen verwendet wird. Dieses Elektron<br />
ist nicht so frei beweglich, wie bei den Metallen. Durch Temperaturerhöhung kann es allerdings<br />
sehr leicht frei gesetzt werden. Die Leitfähigkeit des Graphits nimmt also mit wachsender<br />
Temperatur zu. Der Temperaturkoeffizient des spez. Widerstandes ist daher negativ. Erst<br />
bei sehr hohen Temperaturen >700°C überwiegt der Einfluss der Gitterschwingungen <strong>und</strong> der<br />
Temperaturkoeffizient wird positiv.<br />
Der spezifische Widerstand von Graphit liegt eine Zehnerpotenz über dem der<br />
Metallverbindungen <strong>und</strong> besitzt einen negativen Temperaturkoeffizienten<br />
Bringt man solche Kohlenstoffverbindungen in Form dünner Schichten auf Keramikkörper<br />
auf, so kann man sehr preiswerte Widerstände herstellen, deren Werte deutlich höher liegen<br />
können als bei Metallschichten. Diese Widerstände haben ihre Hauptanwendung in der Konsumelektronik.<br />
Bei den so genannten Kohlebürsten nutzt man neben der Leitfähigkeit die guten Gleiteigenschaften<br />
des Graphites aus. Sie werden überall dort eingesetzt, wo bewegte Stromabnehmer<br />
notwendig sind: Motoren, Fahrdraht der B<strong>und</strong>esbahn. Zur Erhöhung der Leitfähigkeit wird<br />
dabei oft Metallpulver gemeinsam mit Kohlepulver verpresst <strong>und</strong> gesintert. Vorteil des Kohlenstoffs<br />
als Kontaktwerkstoff ist, dass seine Sauerstoffverbindungen gasförmig sind<br />
(CO,CO 2).<br />
Dadurch entstehen keine hinderlichen Oxidschichten.<br />
3.6 Praktische Ausführung von Widerständen<br />
3.6.1 Gr<strong>und</strong>begriffe<br />
Für die Beschreibung der Eigenschaften eines Widerstandes sind eine Reihe von Begriffen<br />
wichtig, die im folgenden näher diskutiert werden sollen:<br />
- Widerstandsnennwert <strong>und</strong> -toleranz
Seite 32 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
- Belastbarkeit in Watt <strong>und</strong> Volt<br />
- Eigeninduktivität <strong>und</strong> Eigenkapazität (werden erst am Ende des Kapitels behandelt)<br />
Nennwert <strong>und</strong> Toleranz:<br />
Jeder Fertigung muss eine gewisse Toleranz zugestanden werden. Je größer diese Toleranz<br />
sein darf um so kostengünstiger ist im allgemeinen die Fertigung. Für genormte Widerstände<br />
hat man Toleranzklassen eingeführt, an die sich die Hersteller zu halten haben:<br />
±0,5%, ±1%, ±2%, ±5%, ±10%, ±20%<br />
Für Präzisionswiderstände in der Messtechnik sind Toleranzen bis hinab zu ±0,001% erreichbar.<br />
Die käuflichen Widerstandsnennwerte reichen von 1 bis zu 100M. Werte unter 1 sind<br />
im allgemeinen den Übergangswiderständen zuzuordnen, sehr große Widerstände über<br />
100M sind infolge von Feuchtigkeit <strong>und</strong> Alterung meist nicht stabil.<br />
Um den gesamten Bereich lückenlos abzudecken<br />
ist es nicht sinnvoll jeden Widerstandswert<br />
auch zu produzieren. Infolge<br />
seiner Toleranz von z.B. 10%<br />
deckt ein 100-Widerstand den Bereich<br />
von 90 bis 110 ab, ein 1000-Widerstand<br />
den Bereich von 900 bis 1100.<br />
Beispiel für die Toleranzbereiche:<br />
R 1=220, R 2=270, R 3=330,<br />
Toleranz ±10%:<br />
198 < R 1 < 242, 243 < R 2
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 33<br />
Die Kennzeichnung des Widerstandswertes auf dem Widerstand erfolgt entweder durch direkten<br />
Aufdruck (z.B. 100R, 10k, 1M) oder durch einen Farbcode, der in Form von Punkten oder<br />
Ringen aufgedruckt wird. Die folgende Folie gibt diesen Farbcode wieder:<br />
Folie Nr. 25: Widerstandsfarbcode<br />
Beispiel: 4,7k ±10% gelb, violett, rot, silber<br />
4 7 00 10%<br />
Der gleiche Code wird auch für Kondensatoren verwendet.<br />
Belastbarkeit der Widerstände:<br />
Die dem Widerstand zugeführte elektrische Energie, entsprechend der Beziehung<br />
wird vollständig in Wärme umgewandelt <strong>und</strong> muss somit auch abgeführt werden. Der überwiegende<br />
Anteil wird über die Oberfläche an die Luft abgegeben <strong>und</strong> ist somit von der Baugröße<br />
des Widerstandes abhängig. Ein kleinerer Teil wird über die Anschlussleitungen abgeführt<br />
(bei kleinen Bauformen <strong>und</strong> dicken Drähten kann dies überwiegen).<br />
Folie Nr.27: Leistung <strong>und</strong> Baugröße<br />
Die Wärmeabfuhr über die Luft hängt insbesondere von der Umgebungstemperatur <strong>und</strong> der<br />
Oberflächentemperatur des Widerstandes ab. Die sich einstellende Oberflächentemperatur errechnet<br />
sich nach:<br />
R th wird als Wärmewiderstand oder Wärmeübergangszahl bezeichnet.<br />
Die Belastbarkeit handelsüblicher Widerstände erstreckt sich von P max = 1/20W bis zu 50W.<br />
3.6.2 Drahtwiderstände<br />
Drahtwiderstände finden wegen ihrer Robustheit insbesondere bei größeren Belastungen<br />
Anwendung. Daneben gibt es aber auch hochpräzise Drahtwiderstände für die Messtechnik.<br />
Der Widerstandsdraht wird auf einem hitzebeständigen Isolierkörper aufgewickelt, der zumeist<br />
aus Keramik oder Glasfasern besteht. Die Drahtenden werden an Metallkappen angeschweißt<br />
oder durch Schellen festgeklemmt.
Seite 34 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Folie Nr. 26: Aufbau eines Drahtwiderstandes<br />
Die wichtigsten Legierungen für Drahtwiderstände sind die folgenden:<br />
Folie Nr. 23: Widerstandsdrähte<br />
Die Drähte werden durch Lack, Textilen oder eine Oxidschicht gegeneinander isoliert. Häufig<br />
wird noch eine Schutzschicht aus Lack auf den fertigen Widerstand aufgebracht um einen<br />
zusätzlichen Korrosionsschutz zu erreichen. Besten Schutz erreicht man durch Einbettung der<br />
Drähte in Porzellan, Zement oder Glas. Diese Widerstände können dann teilweise bis zur<br />
Rotglut der Drähte erhitzt werden.<br />
Folie Nr. 26: Widerstand mit eingebetteten Drähten<br />
Ein Nachteil der Drahtwiderstände ist durch die Vielzahl der Drahtwindungen gegeben. Dadurch<br />
gleicht der Widerstand einer Spule ohne Eisenkern. Dies schränkt seine Anwendungen<br />
bei höheren Frequenzen ein. Drahtwiderstände werden daher in der Regel nur für<br />
Gleichstrom- <strong>und</strong> Niederfrequenzanwendungen eingesetzt. Durch spezielle Wicklungen kann<br />
diesem Effekt in gewissen Grenzen entgegengewirkt werden (Bifilare Wicklung).<br />
Folie Nr. 26: Bifilare Wicklung<br />
Drahtwiderstände kann man auch als veränderliche Widerstände herstellen:<br />
Folie Nr. 26a: Draht-Potentiometer<br />
Diese finden in der Regel ebenfalls dann Anwendung, wenn größere Leistungen gefragt sind.<br />
Da man solche veränderlichen Widerstände stets auch als Spannungsteiler betreiben kann,<br />
werden sie umgangssprachlich meist als Potentiometer = Spannungsteiler bezeichnet.<br />
Auch hier wird der Draht auf einen Isolierkörper, meist aus Keramik, gewickelt. Mit einem<br />
Schleifkontakt, meist mit Silberkontaktstelle, wird ein veränderbarer Abgriff geschaffen. Zur<br />
Erhöhung der Auflösung kann der Draht auch zu einer schraubenförmigen Wendel zusammengelegt<br />
werden. Der Schleifer benötigt dann mehrere Umdrehungen. Wir sprechen dann<br />
von Wendelpotentiometern (Helipot).<br />
Für die veränderlichen Widerstände sind einige Besonderheiten zu beachten:<br />
- Belastbarkeit in Watt<br />
Diese ist stets für das Gesamtpotentiometer angegeben. Greift man einen Bruchteil des<br />
Gesamtwiderstandes ab, so gilt hierfür ebenfalls nur der entsprechende Bruchteil der<br />
Leistungsbelastung, da der belastete Oberflächenbereich entsprechend kleiner geworden<br />
ist.<br />
- Widerstandsverlauf<br />
In der Regel soll die abgegriffene Spannung oder der Widerstandswert proportional
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 35<br />
zum Weg des Schleifers sein. Bei Drehwiderständen heißt dies proportional zum<br />
Drehwinkel. Infolge der sprunghaften Widerstandsänderung von Windung zu Windung<br />
ist dies für ein Drahtpotentiometer nicht direkt erfüllbar. Man erhält vielmehr<br />
den in der Folie wiedergegebenen Verlauf:<br />
Folie Nr. 30: Widerstandsverlauf<br />
Auch für die Proportionalität muss eine gewisse Toleranz zugestanden werden. Die<br />
Abweichung des Istwertes vom Sollwert bei einem beliebigen Drehwinkel bezeichnet<br />
man als Linearität:<br />
Folie Nr. 30: Definition der Linearität<br />
Bei normalen Potentiometern beträgt sie etwa ±1,5%, für Messzwecke werden aber<br />
auch Potentiometer mit einer Linearität von ±0,02% realisiert.<br />
Für spezielle Anwendungen kann es erforderlich sein, dass der Widerstandswert nicht<br />
linear verändert wird sondern einer anderen mathematischen Beziehung folgt (z.B.<br />
logarithmisch, oder quadratisch).<br />
Folie Nr. 30: Nichtlineares Potentiometer<br />
Diese Abhängigkeiten lassen sich z.B. durch Variation der Drahtstärke sowie durch<br />
Veränderung der Windungslänge anpassen.<br />
3.6.3 Schichtwiderstände<br />
Bei der Herstellung von Schichtwiderständen unterscheiden wir zwei generelle Typen:<br />
a) Dünnschichtwiderstände<br />
Kohleschicht, Metallschicht, Metalloxidschicht<br />
b) Dickschichtwiderstände<br />
Kohlegemisch-Schichten, Metallglasur-Schichten (Cermet)<br />
Die Schichten der Dünnschichtwiderstände werden in einem Vakuumverfahren auf die<br />
Keramik- oder Glasträger aufgedampft. Die Schichtdicken betragen dabei üblicher Weise<br />
weniger als 1m. Entsprechend der Prozessführung besitzen die so hergestellten Rohwiderstände<br />
bestimmte Gr<strong>und</strong>widerstandswerte. Durch Einschleifen von Wendeln oder Mäandern<br />
werden diese Widerstände dann auf die endgültigen Widerstandswerte gebracht <strong>und</strong> abgeglichen.<br />
Folie Nr. 27: Wendelschliff, HF-Schliff
Seite 36 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Auf die Enden werden Metallkappen aufgepresst oder auf chemischem Wege Metallschichten<br />
abgeschieden, die zur Kontaktierung mit den Anschlussdrähten dienen.<br />
Folie Nr. 27: Anschlussdrähte<br />
Folie Nr. 28: Widerstände ohne Anschlussdrähte<br />
Als Material der Metallschichtwiderstände wird meist Nickel-Chrom verwendet, welches<br />
gleichzeitig einen geringeren Temperaturkoeffizienten besitzt als die Kohleschichten.<br />
Folie Nr. 23: Übersicht Schichtwerkstoffe<br />
Die Schichten der Dickschichtwiderstände werden in Form von Pasten auf die Trägerkörper<br />
aufgebracht <strong>und</strong> dort durch Trocknen oder Brennen ausgehärtet. Diese Schichten sind in der<br />
Regel zwischen 5m <strong>und</strong> 50m dick.<br />
Folie Nr. 28: Widerstandsbauformen<br />
Bei den Kohlegemisch-Schichten verwendet man eine Mischung aus Lack <strong>und</strong> Kohlepartikel,<br />
bei den Metallglasurwiderständen werden Metalle oder Metalloxide in eine Glas- oder<br />
Keramikmasse eingebracht <strong>und</strong> bei hohen Temperaturen auf dem Gr<strong>und</strong>köper verschmolzen<br />
(Cermet=Keramik-Metall-Verbindung).<br />
Folie Nr. 23: Cermetschichten<br />
Während die Kohleschichtwiderstände für Anwendungen mit nicht zu hoher Genauigkeitsforderung<br />
eingesetzt werden, dies liegt auch mit an ihrem hohen TK, dienen die<br />
Metallschichtwiderstände mehr dem Einsatz unter erhöhten Anforderungen. Letzteres ist auch<br />
mit dem höheren Preis für die Metallschichtwiderstände verb<strong>und</strong>en.<br />
Veränderliche Schichtwiderstände sind typische Vertreter der Dickschichttechnik. Sowohl<br />
Kohlegemischschichten, wie auch Cermet-Schichten werden verwendet. Diese Schichten<br />
werden auf Hartpapier bzw. Keramik aufgebracht <strong>und</strong> müssen über eine sehr glatte Oberfläche<br />
verfügen, da es sonst über Spitzen zu Störungen (Kratzen) kommt. Ein Schleifer aus Metall<br />
oder Kohle wird auf der Schicht entlanggeführt. Die Folie zeigt zwei Bauformen typischer<br />
Trimmwiderstände, d.h. fest einstellbarer Widerstände,<br />
Folie Nr. 29: Trimmer<br />
sowie gängige Schichtpotentiometer. Die Nennwerte dieser Potentiometer sind der E3-Reihe<br />
entnommen, d.h. es gibt nur die Abstufungen 100, 250, 500, 1000,... Als Dickschichtwiderstand<br />
besitzen diese Potentiometer in der Regel eine Toleranz von ±20%, nur im Sonderfall<br />
geringer. Der Drehbereich erstreckt sich auf 270°±10°. Die Belastbarkeit liegt je nach Baugröße<br />
zwischen 0,2 <strong>und</strong> 2W. Die Regelkennlinie kann linear oder exponentiell steigend bzw.<br />
fallend sein (positiv-, negativ-logarithmisch).<br />
Folie Nr. 30: Kennlinien
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 37<br />
3.7 Temperatur- <strong>und</strong> Spannungsabhängige Widerstände<br />
Infolge ihres recht großen positiven Temperaturkoeffizienten sind alle reinen Metalle temperaturabhängige<br />
Widerstände, insbesondere sind sie Kaltleiter. Bei großen Temperaturunterschieden<br />
kann sich dies stark bemerkbar machen. Einfachstes Beispiel ist der Glühfaden einer<br />
Glühlampe. Er besteht aus einem Wolframdraht <strong>und</strong> erreicht bei seiner Brenntemperatur von<br />
ca. 2000°C etwa den zehnfachen Widerstandswert wie bei Raumtemperatur. Dies bedeutet<br />
insbesondere beim Einschalten der Glühlampe eine sehr hohe Strombelastung aber gleichzeitig<br />
auch eine extrem schnelle Aufheizung des Glühfadens.<br />
Heute werden aus verschiedenen halbleitenden Materialien Widerstände mit sehr großen<br />
positiven (PTC) <strong>und</strong> negativen (NTC) Temperaturkoeffizienten hergestellt sowie auch Widerstände<br />
mit spannungsabhängigem Widerstandswert (VDR).<br />
Experiment: PTC, NTC<br />
Folie Nr. 31 <strong>und</strong> 31a: Kennlinien von PTC <strong>und</strong> NTC<br />
Folie Nr. 31a: Kennlinie eines VDR<br />
Eine weitere Anwendung der Temperaturabhängigkeit des Widerstandswertes ist die Verwendung<br />
als Widerstandsthermometer. Hier ist insbesondere die Linearität der Widerstandsveränderung<br />
mit der Temperatur gefragt. Das am häufigsten eingesetzte Material ist Platin, da es<br />
chemisch sehr beständig ist. Einsetzbar ist dieses Material zwischen -220°C <strong>und</strong> 800°C:<br />
Folie Nr. 31: Pt100<br />
Experiment: Pt100<br />
Im allgemeinen verwendet man dabei einen Widerstand, der bei 0°C einen Wert von 100<br />
besitzt. Bezeichnung: Pt100. Nickel zeigt einen höheren Temperaturkoeffizienten aber einen<br />
geringeren Einsatzbereich <strong>und</strong> eine schlechtere Linearität.<br />
3.8 Wechselstromverhalten der Widerstände<br />
Ideale Widerstände gehorchen dem ohmschen Gesetz sowohl bei Gleich- als auch bei Wechselspannungen.<br />
Es tritt keine Abhängigkeit von der Frequenz der Wechselspannung auf. Bei<br />
realen Widerständen müssen dagegen Abweichungen beachtet werden.<br />
a) Eigeninduktivität<br />
Jeder auf einen Körper aufgewickelte Widerstandsdraht stellt im Prinzip gleichzeitig eine<br />
Spule dar, er hat demzufolge eine gewisse Eigeninduktivität. Diese ist auch bei Schichtwiderständen<br />
vorhanden aber deutlich geringer.<br />
Folie Nr. 32: Ersatzschaltbild mit induktiver Komponente
Seite 38 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Die Eigeninduktivität des Widerstandes<br />
berücksichtigt man in einer Ersatzschaltung<br />
durch eine ideale Induktivität in Reihe<br />
mit einem idealen Widerstand.<br />
Wie Sie später sehen werden steigt der<br />
Wechselstromwiderstand einer Spule linear<br />
mit der Frequenz an: X L = 2fL = L.<br />
L ist die sogenannte Induktivität der Spule.<br />
Dies bedeutet für die Reihenschaltung aus<br />
Abb. 3.8-1<br />
Widerstand <strong>und</strong> Spule, dass bei geringen<br />
Frequenzen die Eigeninduktivität vernachlässigt werden kann, bei hohen Frequenzen diese<br />
aber dominierend wird. Der Gesamtwiderstand Z steigt dann mit der Frequenz an. Es ergibt<br />
sich eine Grenzfrequenz f gr,<br />
die üblicher Weise bei 10% Abweichung vom Nennwert festgelegt<br />
wird. Bei kleinen Widerstandswerten liegt diese Grenzfrequenz folglich niedriger als bei<br />
großen Widerstandswerten.<br />
b) Eigenkapazität<br />
Jedes Leiterpaar, zwischen dem ein Spannungsunterschied besteht, hat auch eine Kapazität,<br />
weil das vorhandene elektrische Feld eine Reihe von Ladungen bindet. Dies ist auch auf Widerstände<br />
übertragbar, da zwischen den einzelnen Windungen ebenfalls eine Spannungsdifferenz<br />
besteht:<br />
Folie Nr. 32: Wicklungskapazität<br />
Diese Wicklungskapazität kann als Parallelkapazität in einem Ersatzschaltbild berücksichtigt<br />
werden:<br />
Folie Nr. 32: Ersatzschaltbild mit kapazitiver Komponente<br />
Durch besondere Wickeltechniken kann man<br />
die Kapazität beeinflussen. Bei Schichtwiderständen<br />
sind die Kapazitäten in der Regel<br />
sehr klein, weswegen sie besser für höhere<br />
Frequenzen geeignet sind als Drahtwiderstände.<br />
Wie Sie später sehen werden, nimmt der Widerstand<br />
eines Kondensators mit zunehmender<br />
Frequenz ab: X C = 1 / 2f = 1 / C. C<br />
ist die sogenannte Kapazität des Kondensators.<br />
Abb. 3.8-2
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 39<br />
Infolge der Parallelschaltung von R <strong>und</strong> C bestimmt jeweils der kleinere Widerstandswert den<br />
Gesamtwiderstand Z. In der Abb. 3.8-2 ist zu erkennen, je größer der Widerstandswert R ist<br />
um so kleiner wird die Grenzfrequenz.<br />
c) Ersatzschaltbild eines Widerstandes<br />
Insgesamt ergibt sich ein Ersatzschaltbild des Widerstandes, wie es in der Folie dargestellt ist:<br />
Folie Nr. 32: komplettes Ersatzschaltbild<br />
Hierbei sind insbesondere auch die Erdungskapazitäten (gegen umgebende Metallgegenstände)<br />
mit berücksichtigt. Dies zeigt auch, dass das Frequenzverhalten nicht allein vom Bauteil,<br />
sondern auch von seinem Einsatz abhängt. Bei hohen Frequenzen wird der Widerstand daher<br />
mehr <strong>und</strong> mehr von der Kapazität kurzgeschlossen <strong>und</strong> der Gesamtwiderstand nimmt ab.<br />
Da man bei großen Widerstandswerten die Induktivität vernachlässigen kann, bestimmt hier<br />
die Kapazität der Grenzfrequenz. Diese muss dann mit zunehmendem Widerstandswert abnehmen.<br />
Bei kleinen Widerstandswerten kann dagegen die Kapazität vernachlässigt werden <strong>und</strong> die<br />
Spule bestimmt jetzt die Grenzfrequenz. Diese muss mit zunehmendem Widerstandswert<br />
dann zunehmen. Hieraus ergibt sich eine maximale Grenzfrequenz im mittleren Widerstandsbereich.<br />
Für Schichtwiderstände findet man folgende Abhängigkeit der Grenzfrequenz (10%<br />
Abweichung des Scheinwiderstandes vom Wirkwiderstand) vom Widerstandswert:<br />
Folie Nr. 32: Grenzfrequenz bei Schichtwiderständen<br />
Insbesondere findet man auch eine Abweichung die bauformbedingt ist. Kleine Widerstände<br />
2x7mm zeigen ein besseres Frequenzverhalten als große Widerstände. Für Hochfrequenzeinsatz<br />
zeigen sich die Widerstände zwischen 100 <strong>und</strong> 1k am besten geeignet.
Seite 40 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 41<br />
4. Dielektrische <strong>Werkstoffe</strong><br />
4.1 Makroskopische Eigenschaften dielektrischer <strong>Werkstoffe</strong><br />
4.1.1 Stoffliche Einteilung<br />
-10<br />
Stoffe mit sehr geringer elektrischer Leitfähigkeit 10 cm).<br />
Da diese Widerstandswerte sehr groß sind, spielen insbesondere Verunreinigungen an der<br />
Oberfläche des <strong>Werkstoffe</strong>s eine sehr große Rolle, da diese zu einer erhöhten Leitfähigkeit der<br />
Oberfläche führen können. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e wird bei den Isolierwerkstoffen streng unterschieden<br />
zwischen der Volumenleitfähigkeit <strong>und</strong> der Oberflächenleitfähigkeit.<br />
Die Oberflächenleitfähigkeit ist keine echte Materialkonstante, sondern wird im wesentlichen<br />
durch die Beschaffenheit der Oberfläche <strong>und</strong> ihrer Reinheit (Feuchtigkeit) bestimmt. Gemessen<br />
wird sie durch zwei parallele Elektroden, deren Länge gleich ihrem Abstand ist. Bei hinreichend<br />
dünnen Folien kann der Volumenstrom dann vernachlässigt werden.<br />
Die Volumenleitfähigkeit ist eine Werkstoffkonstante, die Oberflächenleitfähigkeit<br />
ist dagegen stark von Umwelteinflüssen abhängig<br />
Verunreinigungen an der Oberfläche eines Isolators führen zu so genannten Kriechströmen.<br />
Sie können zu Kriechspuren auf der Oberfläche führen, welche die Leitfähigkeit weiter<br />
erhöhen.
Seite 42 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
4.1.3 Durchschlagfestigkeit<br />
Beim Anlegen einer elektrischen Spannung an einen Isolator beobachtet man zunächst ein<br />
Anwachsen des Stromflusses entsprechend dem ohmschen Gesetz. Schließlich beginnt er<br />
überproportional zu wachsen <strong>und</strong> bei einer bestimmten Feldstärke E D steigt er dann auf Werte,<br />
die nur durch die äußeren Widerstände bestimmt sind. Wir sprechen jetzt von einem elektrischen<br />
Durchschlag. (Feldstärke = anliegende Spannung / Materialstärke)<br />
Die Durchschlagfestigkeit ist die bei einem Durchschlag wirksame Feldstärke. Sie<br />
ist material-, abmessungs- <strong>und</strong> temperaturabhängig<br />
Folie Nr. 33: Durchschlagfeldstärken<br />
Es ist im allgemeinen nicht möglich einen exakten Wert für die Durchschlagfeldstärke anzugeben,<br />
da lokale Materialinhomogenitäten einen großen Einfluss besitzen. Dünne Schichten<br />
(Folien) weisen eine höhere Durchschlagsfeldstärke auf, als massive Materialien.<br />
Folie Nr. 34: Durchschlagfestigkeit von Triacetatfolie<br />
Es sind zwei Mechanismen zu unterscheiden. Beim Wärmedurchschlag führt die vom<br />
Stromfluss erzeugte Wärme nach einiger Zeit zu einer Volumenleitfähigkeit, die schließlich<br />
den Isolator zerstört. Dieser Vorgang läuft über einen längeren Zeitraum ab.<br />
Beim reinen Felddurchschlag ist die Feldstärke so groß, dass Ladungsträger die große Bandlücke<br />
überwinden können. Dieser Durchschlag ist nahezu zeitunabhängig.<br />
Die Existenz des Wärmedurchschlags zeigt, dass die Durchschlagfestigkeit eine temperaturabhängige<br />
Größe ist.<br />
4.1.4 Dielektrizitätszahl <strong>und</strong> Verlustfaktor<br />
Wir betrachten einen Plattenkondensator, der an eine Spannung U angeschlossen ist:<br />
Beim Anschluss des Kondensators an die Spannungsquelle<br />
tritt infolge der Ladungsunterschiede in der Spannungsquelle<br />
ein Abtransport der Elektronen von der oberen Platte <strong>und</strong> ein<br />
Zutransport auf die untere Platte auf. Da hier kein geschlossener<br />
Stromkreis vorliegt, sprechen wir von einem Verschiebestrom,<br />
der die Ladungen "verschiebt". Auch nach Abtrennen<br />
der Spannungsquelle bleibt dieses Ungleichgewicht erhalten,<br />
der Kondensator ist "geladen". Die Größe der Ladung Q<br />
muss proportional der anliegenden Spannung sein:<br />
Abb. 4.1-1
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 43<br />
Die Proportionalitätskonstante bezeichnen wir als Kapazität des Kondensators; sie ist ein<br />
Maß für das Speichervermögen des Kondensators.<br />
Wie lässt sich diese Kapazität bestimmen?<br />
Mit der Ladung Q ist ein elektrisches Feld E verb<strong>und</strong>en (Coulomb-Gesetz). Die Stärke dieses<br />
Feldes sollte der Ladungsdichte auf den Platten proportional sein:<br />
die Proportionalitätskonstante 0 wird als Dielektrizitätskonstante bezeichnet <strong>und</strong> hat den<br />
Wert<br />
Somit folgt:<br />
Zahlenbeispiel: A=1cm², d=1mm, U=1V<br />
-12<br />
0 = 8.8510 As/Vm<br />
Andererseits lässt sich die Feldstärke über die elektrische Spannung als U=Ed ausdrücken, so<br />
dass gilt<br />
Wir sehen somit, dass sich die Kapazität eines Plattenkondensators berechnet zu:<br />
Was geschieht, wenn wir das Innere des Plattenkondensators mit einem nichtleitenden Material<br />
auffüllen?
Seite 44 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Bei festgehaltener Spannung U am Kondensator beobachten wir einen Stromfluss, der anzeigt,<br />
dass zusätzliche Ladungen auf die Platten fließen. Da sich die Feldstärke E nicht verändert,<br />
aber die Ladungsdichte ansteigt, müssen wir den oben festgestellten Zusammenhang erweitern:<br />
Die Ladungsdichte steigt um einen Faktor r an, der materialabhängig <strong>und</strong> größer als 1 ist.<br />
Diese Konstante wird als Permittivitätszahl (früher: relative Dielektrizitätszahl) bezeichnet.<br />
Das Produkt 0 r bezeichnet man als Permittivität des <strong>Werkstoffe</strong>s. Mit der Ladung auf<br />
den Platten muss natürlich auch die Kapazität des Kondensators zugenommen haben:<br />
Folie Nr. 33: Permittivitätszahlen verschiedener <strong>Werkstoffe</strong><br />
Wie kann man sich dieses Verhalten erklären?<br />
Folie Nr. 35: Plattenkondensator mit Dielektrikum<br />
Das zwischen den Platten des Kondensators wirksame elektrische Feld E bewirkt eine Verschiebung<br />
der Ladungsträger im eingebrachten Material, die Schwerpunkte der positiven <strong>und</strong><br />
negativen Ladung fallen nicht mehr zusammen. Die Teilchen werden polarisiert, es entstehen<br />
Dipole. Wir sprechen von einer Polarisation des Materials.<br />
An den Kondensatorplatten kommt es zu einem Ungleichgewicht, da die Dipole zusätzliche<br />
Ladungen binden können. Die bereits vorhandenen Ladungen werden benötigt um das elektrische<br />
Feld aufrecht zu erhalten, also müssen zusätzliche Ladungen auf die Platten fließen. Bei<br />
diesen zusätzlichen Ladungen spricht man von geb<strong>und</strong>enen Ladungen.<br />
Die Polarisation ist die durch das Dielektrikum pro Flächeneinheit geb<strong>und</strong>ene Ladung<br />
Übung: Was geschieht, wenn keine Spannungsquelle angeschlossen ist? (Ladung konstant, E<br />
muss kleiner werden, Spannung sinkt)<br />
Die Ladungsdichte berechnet sich daher auch zu
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 45<br />
wobei P die Polarisation des Materials darstellt.<br />
Wegen der Definition von r folgt<br />
Die Größe e = r - 1 bezeichnet man auch als elektrische Suszeptibilität des <strong>Werkstoffe</strong>s,<br />
sie ist ein Maß für die Polarisierbarkeit durch ein elektrisches Feld. Es gilt somit:<br />
Nun muss man dem Dielektrikum neben seinen Polarisationseigenschaften, ausgedrückt durch<br />
die Permittivitätszahl r,<br />
auch eine gewisse Leitfähigkeit zuordnen. Welchen Einfluss hat<br />
dies auf einen Kondensator? Bei niedrigen Frequenzen (ca. 50Hz) kann man einen solchen<br />
Kondensator als Parallelschaltung eines idealen Kondensators mit einem Widerstand betrachten.<br />
Neben dem Strom über den Kondensator erhalten wir einen zusätzlichen Strom über den<br />
Widerstand. Der Verlustfaktor des Kondensators berechnet<br />
sich als Verhältnis dieser beiden Ströme wie folgt: (d = ,<br />
= 2f)<br />
Abb. 4.1.2<br />
Wie wir sehen, ist der Verlustfaktor der Leitfähigkeit direkt proportional. Bei der Beschreibung<br />
der <strong>Werkstoffe</strong> wird daher in der Regel nicht die Leitfähigkeit des <strong>Werkstoffe</strong>s angegeben,<br />
sondern der Verlustfaktor tan.<br />
Folie Nr. 33: Verluste verschiedener Isolierstoffe<br />
Da die Temperatur einen hohen Einfluss auf die Konsistenz eines <strong>Werkstoffe</strong>s haben kann,<br />
sollte mit dem Temperaturanstieg auch eine deutliche Änderung im Verlustfaktor einhergehen.<br />
Folie Nr. 35: Temperaturabhängigkeit des Verlustfaktors (f=800Hz)<br />
Diese Darstellung zeigt ein resonanzartiges Maximum des Verlustfaktors bei etwa 90°C,<br />
resultierend aus der Anregung von Molekülschwingungen (siehe nächsten Abschnitt), sowie<br />
einen leitfähigkeitsbedingten Anstieg ab 120°C.
Seite 46 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
4.2 Modellvorstellung zur dielektrischen Polarisation<br />
Da die Polarisation der Materie mit einer Verschiebung von Ladungen einhergeht, bieten sich<br />
drei verschiedene Mechanismen für diesen Vorgang an:<br />
a) Elektronenpolarisation<br />
Folie Nr. 36: Elektronenpolarisation<br />
Durch die Kraftwirkung des elektrischen Feldes verschieben sich die Ladungsschwerpunkte<br />
der Elektronenwolke <strong>und</strong> des Atomkernes so gegeneinander, dass Dipole entstehen.<br />
Bei der Elektronenpolarisation verschieben sich die Ladungsschwerpunkte der<br />
Atome (Deformation der Elektronenhülle)<br />
Diese Elektronenpolarisation ist damit ein Vorgang, der bei allen Nichtleitern auftritt. Der<br />
Effekt ist nicht besonders groß, so dass r recht klein ist ( r 2...4).<br />
Infolge der geringen Masse der Elektronen kann die Elektronenpolarisation einem elektrischen<br />
Wechselfeld noch bis zu sehr hohen Frequenzen folgen. Dies geht hin bis zu den Frequenzen<br />
der ultravioletten Lichtstrahlung (die ja auch ein elektrisches Wechselfeld darstellt)<br />
15<br />
(10 Hz). Hieraus resultiert, dass die optischen Eigenschaften der Materie stark durch die<br />
Elektronenpolarisation bestimmt werden. So wird die Lichtgeschwindigkeit in Materie durch<br />
folgende Größe bestimmt:<br />
Dabei stellt r das Analogon zu r im magnetischen Bereich dar, c 0 ist die Lichtgeschwindig-<br />
keit im Vakuum. Für unmagnetische Materialien ( =1) ergibt sich weiter:<br />
Die Größe n wird als optischer Brechungsindex bezeichnet.<br />
Der optische Brechungsindex ist gleich der Wurzel aus der relativen<br />
Dielektrizitätskonstante<br />
r
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 47<br />
b) Ionenpolarisation<br />
Bei Ionenkristallen liegt schon von vornherein eine Trennung der Ladungen vor, der Werkstoff<br />
ist polar. Ein elektrisches Feld verschiebt diese positiven <strong>und</strong> negativen Ionen in entgegengesetzte<br />
Richtungen.<br />
Bei der Ionenpolarisation verschieben sich die Ionen im Kristallgitter (Deformation<br />
des Gitters)<br />
Folie Nr. 36: Ionenpolarisation<br />
Die Ionenpolarisation ist von ähnlicher Größenordnung wie die Elektronenpolarisation <strong>und</strong><br />
ebenfalls wenig temperaturabhängig. Die schweren Ionen können allerdings den Änderungen<br />
eines Wechselfeldes nicht mehr so schnell folgen. Daher reicht die Wirkung der Ionenpolari-<br />
13<br />
sation nur etwa bis in den Bereich der infraroten Strahlung (10 Hz). Bei höheren Frequenzen<br />
verschwindet der Anteil der Ionenpolarisation <strong>und</strong> es bleibt nur die Elektronenpolarisation<br />
übrig.<br />
Folie Nr. 34: PVC <strong>und</strong> PE im Vergleich<br />
c) Orientierungspolarisation<br />
Stellen die Moleküle eines <strong>Werkstoffe</strong>s bereits durch ihre Struktur Dipole dar (Beispiel: Wasser),<br />
so wird ein elektrisches Feld die zunächst statistisch verteilten Dipole ausrichten:<br />
Folie Nr. 36: Orientierungspolarisation<br />
Dabei wird eine mehr oder weniger vollständige Ausrichtung parallel zum elektrischen Feld<br />
auftreten. Voraussetzung ist eine gewisse Drehbarkeit der Dipole.<br />
Bei der Orientierungspolarisation richten sich bereits vorhandene Dipole aus<br />
Infolge der großen Trägheit der Moleküle gegen diese Drehungen, vermag die Orientierungs-<br />
6<br />
polarisation einem Wechselfeld nur bis zu geringen Frequenzen zu folgen (10 Hz).<br />
Mit der Orientierungspolarisation ist in der Regel auch eine Ionenpolarisation verb<strong>und</strong>en, da<br />
an den Enden des Dipols stets ein Atom mit Ladungsungleichgewicht sitzt. Dieses<br />
Ungleichgewicht beträgt aber nur Bruchteile der Elementarladung, so dass dieser Polarisationsanteil<br />
schwächer ausfällt als bei den Ionenkristallen.<br />
Aus den verschiedenen Mechanismen der Polarisation ergibt sich ein Frequenzgang der<br />
Permittivitätszahl, wie er in der folgenden Folie dargestellt ist:<br />
Folie Nr. 37: Frequenzgang der Permittivitätszahl
Seite 48 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Bei niedrigen Frequenzen treten alle Polarisationsmechanismen in Erscheinung (natürlich nur<br />
wenn die Gr<strong>und</strong>voraussetzungen des <strong>Werkstoffe</strong>s dafür gegeben sind). Mit steigender Frequenz<br />
kann zunächst die Orientierungspolarisation, dann die Ionenpolarisation nicht mehr<br />
folgen. Schließlich hört auch die Elektronenpolarisation auf. Diese Abhängigkeit der Permittivität<br />
von der Frequenz wird als Dispersion bezeichnet.<br />
Neben der Permittivitätszahl zeigt auch der Verlustfaktor tan eine starke Frequenzabhängigkeit.<br />
Wie die Folie zeigt, besteht ein direkter Zusammenhang zwischen beiden Größen<br />
bezüglich ihrer Frequenzabhängigkeit. Dort wo die Permittivitätszahl eine starke Abnahme<br />
verzeichnet, finden wir hohe Verluste. Ursache dieses Verhaltens ist ein Resonanzverhalten<br />
der gebildeten Dipole bei diesen Frequenzen. Infolge der Resonanz wird dem Wechselfeld<br />
vermehrt Energie entzogen <strong>und</strong> die Verluste steigen somit dramatisch an. Oberhalb der Reso-<br />
nanz vermögen die Dipole nicht mehr zu folgen <strong>und</strong> sowohl r wie auch tan nehmen stark ab.<br />
Der Verlustfaktor durchläuft in den Bereichen der Steilabfälle der Permittivitätszahl<br />
ausgeprägte Maxima<br />
Folie Nr. 37: Frequenzgang von r <strong>und</strong> tan für Polyesterfolie<br />
Folie Nr. 35: Verluste im Epoxidharz bei bestimmter Temperatur<br />
Beispiel: Wasser als Dielektrikum<br />
Das Wassermolekül bietet ein gutes Beispiel für einen Stoff, in dem alle drei<br />
Polarisationsmechanismen beobachtet werden. Wie wir wissen bilden die drei<br />
Atome in diesem Molekül einen Winkel von etwa 105°.<br />
Folie Nr. 38: Wassermolekül<br />
Wegen dieses Dipoles besitzt Wasser bei niedrigen Frequenzen eine Permittivi-<br />
tätszahl von r = 81. Im Bereich des sichtbaren Lichtes beträgt der Brechungsindex<br />
2<br />
von Wasser dagegen n = 1,33, woraus r=<br />
n = 1,77 folgt. Im Bereich mittlerer<br />
Frequenzen macht sich die Orientierungspolarisation des Wassermoleküls bemerkbar.<br />
Aus der Radartechnik ist die Absorptionsfrequenz des Wassers mit<br />
22,5GHz bekannt. Hierbei treten Moleküldrehungen des Wassers auf. Diese<br />
werden bei der Mikrowellenerwärmung gezielt ausgenutzt: f = 2.54 GHz, 1cm<br />
(Mikrowellen). Hier gilt = 77.<br />
r
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 49<br />
4.3 Dielektrische Sonderwerkstoffe<br />
4.3.1 Ferroelektrische <strong>Werkstoffe</strong><br />
Besonders hohe Werte der Permittivitätszahl erreicht man, wenn im Kristallgitter leicht aus<br />
ihrer Ruhelage auslenkbare Ionen vorliegen. Ein Beispiel für einen solchen Stoff ist das Bariumtitanat:<br />
Folie Nr. 38: Kristallgitter von Bariumtitanat<br />
Das im Zentrum der Einheitszelle angeordnete, kleine Titanion kann verhältnismäßig weit<br />
ausgelenkt werden <strong>und</strong> so ein großes Dipolmoment erzeugen. Dieses Dipolmoment ist so<br />
groß, dass Titanionen in den Nachbarzellen ebenfalls zur Auslenkung in gleicher Raumrichtung<br />
angehalten werden. Es tritt eine spontane Polarisation des <strong>Werkstoffe</strong>s auf, ohne dass<br />
von außen ein elektrisches Feld angelegt werden muss. Dies ist ähnlich der spontanen Magnetisierung<br />
bei den magnetischen <strong>Werkstoffe</strong>n. Wir sprechen in diesem Fall von einem ferroelektrischen<br />
Stoff, obwohl dies nichts mit Eisen zu tun hat. Der Werkstoff wird analog zum<br />
Magneten als Elektret bezeichnet.<br />
Die spontane Ausrichtung der Titanionen ist stark temperaturabhängig <strong>und</strong> verschwindet<br />
oberhalb einer kritischen Temperatur. Diese kritische Temperatur wird (wie bei den Magneten)<br />
als Curie-Temperatur bezeichnet.<br />
Folie Nr. 38: Curietemperatur von Bariumtitanat<br />
In der Nähe der Curietemperatur ist die Dielektrizitätskonstante r am größten, da hier mit<br />
einem kleinen äußeren Feld eine starke Änderung der Polarisation möglich ist.<br />
Folie Nr. 39: r <strong>und</strong> tan als Funktion von T für Bariumtitanat<br />
Leider sind auch die Verluste in diesem Bereich sehr hoch. Durch Mischkristallbildung, insbesondere<br />
mit Strontiumtitanat SrTiO 3 kann das Verhalten günstig beeinflusst werden <strong>und</strong> so<br />
eine geeignetere Temperaturabhängigkeit gewonnen werden.<br />
In der Regel ist nach außen hin von der spontanen Polarisation nichts zu spüren, es kommt zur<br />
Depolarisation. D.h. im Innern des <strong>Werkstoffe</strong>s entstehen Bereiche einheitlicher Polarisation,<br />
die Summe über alle Bereiche liefert aber Null.<br />
Folie Nr. 40: Polarisationsbereiche bei Bariumtitanat<br />
Dieses Verhalten werden wir auch bei den Ferromagnetika beobachten <strong>und</strong> dort ausführlich<br />
diskutieren.<br />
4.3.2 Piezoelektrische <strong>Werkstoffe</strong><br />
Bei jedem Dielektrikum beobachtet man mit der Polarisation eine geringfügige Längenänderung<br />
(Verformung) hervorgerufen durch die neue Anordnung der Atome bzw. Ionen. Dieser
Seite 50 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Effekt heißt Elektrostriktion (in Analogie zur Magnetostriktion bei den Magnetwerkstoffen).<br />
Bei einigen Kristallarten ist dieser Effekt sehr groß <strong>und</strong> kann auch umgekehrt werden. D.h.<br />
durch Anlegen einer mechanischen Spannung (Druck) wird das Kristallgitter verformt <strong>und</strong> es<br />
kommt zu einem Ladungsungleichgewicht, also einer Polarisation. Dies ist am Quarzgitter<br />
(SiO 2)<br />
besonders gut zu beobachten.<br />
Folie Nr. 41: Piezoeffekt bei Quarz<br />
Je nach Richtung der wirkenden Kraft entsteht an den Platten entweder eine positive oder eine<br />
negative Spannung infolge der Polarisation. Dieser Effekt wird als Piezo-Effekt bezeichnet<br />
(piezo = griechisch "ich drücke"). Dieses Bild verdeutlicht auch, dass der Effekt umkehrbar<br />
ist: durch Anlegen einer elektrischen Spannung wird eine Verformung hervorgerufen. Diese<br />
Verformung ist abhängig von der Polarität der Spannung. Ausnutzen kann man diesen Effekt<br />
dann zur Wandlung mechanischer Vorgänge in elektrische <strong>und</strong> umgekehrt.<br />
Während beim Quarz Einkristalle notwendig sind um den Piezoeffekt zu beobachten, zeigen<br />
die ferroelektrischen <strong>Werkstoffe</strong> einen starken Piezoeffekt ohne Einkristallstruktur. Hierfür ist<br />
es allerdings notwendig, den Werkstoff mit einer permanenten Polarisation zu versehen<br />
(dies entspricht der permanenten Magnetisierung eines Dauermagneten). Hierzu wird der<br />
Werkstoff in einem starken elektrischen Feld von Temperaturen oberhalb der Curietemperatur<br />
abgekühlt.<br />
Die Wirksamkeit des Piezoeffekts wird durch die piezoelektrische Ladungskonstante d<br />
gekennzeichnet, die das Verhältnis der erzeugten Ladungsdichte zur anliegenden mechanischen<br />
Spannung darstellt:<br />
Für die erzeugte elektrische Spannung folgt dann:<br />
Beispiel: Würfel aus Blei-Zirkonat-Titanat 1cm Kantenlänge<br />
-10<br />
d= 310 As/N, r 2000: C= 0 r A/D = 177pF<br />
F= 10N: U= 17V<br />
-10<br />
bei Quarz: d= 2.610 As/N, r 4 : C= 0 r A/D = 0.345pF<br />
F= 10N: U= 7350V<br />
d.h. ca. 500 mal höhere Spannung
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 51<br />
Für den inversen Piezoeffekt gilt die gleiche Konstante. Sie ist jetzt definiert als relative Längenänderung<br />
zur anliegenden Feldstärke:<br />
Beispiel: Würfel aus Blei-Zirkonat-Titanat 1cm Kantenlänge<br />
-10 -10<br />
d= 310 As/N= 310 m/V, U= 1.000V, E = 100.000V/m<br />
-5<br />
/ = 310 , = 0,3m bei = 1cm
Seite 52 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 53<br />
5. Anwendungen dielektrischer <strong>Werkstoffe</strong><br />
5.1 Kondensatoren<br />
5.1.1 Gr<strong>und</strong>begriffe<br />
Im physikalischen Sinne besteht ein Kondensator aus einem beliebig geformten Leiterpaar,<br />
welches voneinander isoliert ist. In der Praxis werden sehr häufig zwei gegenüberliegende<br />
Platten der Größe A verwendet, die einen Abstand d voneinander haben. Die Kapazität des<br />
Kondensators berechnet sich dann zu:<br />
Für große Kapazitäten benötigt man also eine große Fläche A, einen geringen Abstand d<br />
sowie ein Dielektrikum mit einer möglichst hohen Permittivitätszahl. Letztere kann Werte annehmen<br />
zwischen 1 <strong>und</strong> 10.000, der Plattenabstand ist nach unten durch die Stabilität <strong>und</strong> die<br />
Spannungsfestigkeit eingeschränkt. Nahezu unbegrenzt wählbar ist nur noch die Fläche A.<br />
Zur Beschreibung der Eigenschaften eines Kondensators müssen wir wieder einige wichtige<br />
Begriffe diskutieren:<br />
Nennkapazität <strong>und</strong> Toleranz:<br />
Auch bei den Kondensatoren gelten die E-Normreihen, die wir schon bei den Widerständen<br />
kennen gelernt haben, zur Festlegung der Nennkapazitäten. Üblicher Weise liegen diese<br />
Kapazitäten im Bereich von 1pF bis zu 1000F. Neben der Farbkennzeichnung, die wir bei<br />
den Widerständen vorgestellt haben <strong>und</strong> die bei Kondensatoren in der Regel nur unterhalb von<br />
1nF Anwendung findet, benutzt man sehr häufig den direkten Aufdruck des Nennwertes auf<br />
den Kondensator.<br />
Die Toleranzklassen der Kondensatoren entsprechen im wesentlichen denen der Widerstände:<br />
±0.25%, ±0.5%, ±1%, ±2%, ±5%, ±10%, ±20%<br />
Dabei ist diese Toleranz die Auslieferungstoleranz. Im Laufe des Betriebes kann sich ein<br />
Kapazitätswert aus seinem Toleranzbereich heraus bewegen. Die Normen sind allerdings so<br />
abgefasst, dass maximal der doppelte Wert der Abweichung bei Auslieferung auftreten kann.<br />
Bei Elektrolyt-Kondensatoren, bei denen es im wesentlichen auf eine möglichst große Kapazität<br />
ankommt, sind auch Toleranzen von +100/-20% üblich. Für Messzwecke lassen sich aber<br />
auch Präzisionskondensatoren auf 0,01% genau herstellen.<br />
Betriebsspannung:<br />
Jeder Kondensator ist für eine bestimmte Nennspannung U N ausgelegt, die er im Dauer-
Seite 54 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
betrieb ständig aushält. Sie gilt für eine Umgebungstemperatur
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 55<br />
Die Verluste werden durch den Verlustfaktor tan beschrieben, der das Verhältnis der<br />
Verlustleistung an den Ersatzwiderständen zur Wechselstromleistung am idealen Kondensator<br />
(ICU C)<br />
darstellt.<br />
Bei Wechselstromanwendungen führt ein großer Verlustfaktor zu einer starken Erwärmung<br />
<strong>und</strong> somit zu verkürzter Lebensdauer.<br />
Induktivität <strong>und</strong> Eigenresonanz<br />
Ein durch den Kondensator fließender Wechselstrom erzeugt je nach Konstruktion ein mehr<br />
oder weniger großes Magnetfeld, welches sich in einer gewissen Induktivität des Kondensators<br />
ausdrückt. Im Ersatzschaltbild ist diese Induktivität als Serieninduktivität dargestellt.<br />
Folie Nr. 45a: Ersatzschaltbild<br />
Berechnet man die Frequenzabhängigkeit dieser Ersatzschaltung, so findet man, dass bei<br />
tiefen Frequenzen <strong>und</strong> kleinen Kapazitäten im wesentlichen der Isolationswiderstand wirkt:<br />
Folie Nr. 45a: Verlauf des Scheinwiderstandes<br />
Mit zunehmender Frequenz bekommt dann der Widerstand des Kondensators mit 1/C immer<br />
mehr Gewicht. Bei sehr hohen Frequenzen spielt dagegen die Spule mit ihrem Widerstand<br />
L die Hauptrolle. Dazwischen kommt es zu einem Minimum. Wir sprechen von einer<br />
Resonanzstelle, da die Kapazität <strong>und</strong> die Induktivität einen Serienschwingkreis mit der<br />
Resonanzfrequenz<br />
bilden. Wie die Folie zeigt, wirkt sich bei größeren Kapazitäten der Serienwiderstand sehr viel<br />
stärker aus, eine echte Resonanz findet nicht statt. Bei kleinen Kapazitäten findet man dagegen<br />
ausgesprochenen Resonanzverhalten.<br />
Durch konstruktive Maßnahmen kann die Induktivität der Kondensatoren auf etwa 20...50nH<br />
reduziert werden. Sie ist damit nicht größer als die eines gleichlangen Drahtes. Im Mittel<br />
rechnet man mit 30nH. Wie der Verlauf des Scheinwiderstandes zeigt, ergeben sich trotzdem<br />
Resonanzfrequenzen, die im technisch genutzten Frequenzbereich liegen. Für<br />
Hochfrequenzanwendungen über 100MHz sind Kondensatoren mit Anschlussdrähten nicht<br />
mehr geeignet. Hier werden die Kapazitäten entweder direkt auf die Oberfläche gelötet (SMD-<br />
Technik) oder man benutzt die Leiterbahnen selbst als Kapazitäten (Streifenleitertechnik im<br />
GHz-Bereich).<br />
Folie Nr. 46: Realer Frequenzgang von Folienkondensatoren nach WIMA
Seite 56 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
5.1.2 Bauarten von Kondensatoren<br />
Entsprechend der Vielfältigkeit der möglichen Dielektrika sind auch die Bauarten der Kondensatoren<br />
sehr vielfältig:<br />
Kondensatoren<br />
Keramik- Folien- Elektrolytkondensatoren<br />
kondensatoren kondensatoren<br />
Leistungs- Klein- Metall- Metall- Alumi- Tantal<br />
kondensatoren schicht folie nium<br />
/ \<br />
"Typ 1" "Typ 2"<br />
groß A groß d klein<br />
r<br />
Die wohl am häufigsten eingesetzten Kondensatoren sind die Folienkondensatoren. Hier<br />
erreicht man eine große Kapazität dadurch, dass man als Kondensatorplatten dünne Metallfolien<br />
verwendet, die gemeinsam mit den als Dielektrikum wirkenden Isolierfolien zu einem<br />
r<strong>und</strong>en oder flachen Wickel aufgerollt sind.<br />
Folie Nr. 43: Prinzipieller Aufbau eines Folienkondensators<br />
Wichtig ist, dass möglichst alle Windungen der Wicklung gleichzeitig kontaktiert werden,<br />
damit der ohmsche Widerstand <strong>und</strong> die Induktivität möglichst gering ist. Bei Metallfolien<br />
erreicht man dies durch Verpressen der überstehenden Folienteile. Bei mit Metall bedampften<br />
Folien geht dieses Verfahren nicht, hier wird eine Kontaktschicht auf die Stirnfläche aufgestäubt,<br />
die alle Windungen miteinander verbindet.<br />
Als Dielektrikum finden imprägnierte Papiere <strong>und</strong> Kunststofffolien Verwendung, wobei<br />
erstere immer mehr zurückgedrängt werden. Ein besonderes Problem stellt die Wasseraufnahme<br />
des Dielektrikums dar, da hierdurch die Durchschlagfestigkeit verringert wird <strong>und</strong><br />
gleichzeitig sich die Permittivitätszahl erhöht ( r Wasser = 85). Man muss demnach die<br />
Luftfeuchtigkeit von dem Wickel fernhalten. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e verwendet man Kunstharzumhüllungen<br />
sowie zugelötete Keramikrohre.<br />
Folie Nr. 43: Beispiele von Folienkondensatoren<br />
Kunststofffolien lassen sich sehr viel dünner <strong>und</strong> homogener herstellen als imprägniertes<br />
Papier. Insbesondere im Bereich der Elektronik, die keine hohen Anforderungen an die<br />
Durchschlagfestigkeit stellt, lassen sich mit sehr dünnen Folien kleine kompakte Kondensatoren<br />
realisieren. Je nach verwendetem Kunststoff erhält man andere Eigenschaften.
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 57<br />
Folie Nr. 44: Eigenschaften von Kunststofffolienkondensatoren<br />
Besonders fällt die Polystyrolfolie heraus. Dieser Kondensatortyp wird umgangssprachlich als<br />
Styroflexkondensator bezeichnet. Er zeichnet sich durch einen besonders geringen Verlust-<br />
-4<br />
faktor aus (tan=210 ), sowie durch eine nahezu frequenzunabhängige Dielektrizitätszahl.<br />
Diese Kondensatoren werden für Messzwecke <strong>und</strong> Schwingkreise verwendet. Ihr Tempe-<br />
-6<br />
raturkoeffizient beträgt -20010 /°C.<br />
Zu beachten sind auch die Temperatur- <strong>und</strong> Frequenzabhängigkeiten der Kondensatoreigenschaften:<br />
Folie Nr. 45: Eigenschaften von Kunststoffdielektrika<br />
Eine ganz andere Gruppe von Kondensatoren stellen die Keramikkondensatoren dar, da<br />
man dieses Dielektrikum nicht zu feinen Folien verarbeiten kann, sondern das Dielektrikum<br />
den harten Trägerkörper des Kondensators bildet. Man unterscheidet gr<strong>und</strong>sätzlich zwei<br />
Bauformen: Rohrkondensator <strong>und</strong> Scheibenkondensator.<br />
Folie Nr. 47: Rohrkondensator, Scheibenkondensator<br />
Während der Scheibenkondensator ein typischer Plattenkondensator ist, werden beim Rohrkondensator<br />
die Innen- <strong>und</strong> die Außenseite als Belagsflächen verwendet. Die Beläge sind Silberschichten,<br />
an die Anschlussdrähte angelötet sind.<br />
Neben diesen Bauformunterschieden unterscheidet man noch nach dem verwendeten Dielek-<br />
trikum den Typ 1 <strong>und</strong> den Typ 2. Typ 1-Kondensatoren verwenden Dielektrika mit einem r<br />
von 10...200. Wir sprechen hier von so genannten NDK-Dielektrika. Beim Typ 2 werden<br />
dagegen HDK-Dielektrika verwandt mit r bis zu 10.000.<br />
Die NDK-Dielektrika besitzen eine gute Konstanz <strong>und</strong> einen geringen Verlustfaktor, weswegen<br />
sie für Schwingkreisanwendungen in Frage kommen. HDK-Dielektrika verwendet man<br />
dann, wenn auf geringem Volumen hohe Kapazitäten gewünscht werden.<br />
Großer Vorteil der NDK-Keramikmassen ist die Einstellbarkeit des Temperaturkoeffizienten<br />
durch die spezielle Keramikmischung. So ist man in der Lage z.B. den Temperaturkoeffizienten<br />
einer Schwingkreisspule zu kompensieren.<br />
Keramische Vielschichtkondensatoren erhält man, wenn man dünne Keramikfolien einseitig<br />
mit Metall bedampft <strong>und</strong> diese dann übereinander stapelt, wobei die Metallschicht dann<br />
wechselweise zur einen oder zur anderen Seite herausschaut (vergleiche Folienkondensatoren).<br />
Folie Nr. 47: keramische Vielschichtkondensatoren<br />
Sehr hohe Kapazitäten auf kleinem Raum erhält man durch sogenannte keramische<br />
Sperrschicht-Kondensatoren. Hier wird die Keramikmasse Bariumtitant (ferroelektrisch)<br />
durch Entzug von Sauerstoff leitfähig <strong>und</strong> anschließend an der Oberfläche durch Oxydation
Seite 58 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
wieder zum Isolator gemacht. Es entstehen so extrem dünne dielektrische Schichten. Der<br />
Kondensator besteht jetzt aus zwei Einzelkondensatoren, die über die leitfähige Keramik in<br />
Serie geschaltet sind.<br />
Folie Nr. 48: Sperrschichtkondensator<br />
An diese Sperrschichtkondensatoren dürfen allerdings keine hohen Anforderungen hinsichtlich<br />
Kapazitätskonstanz, tan <strong>und</strong> Temperaturkoeffizient gestellt werden. Auch die<br />
Betriebsspannung ist sehr gering.<br />
Eine besondere Art der Sperrschichtkondensatoren stellen die Elektrolyt-Kondensatoren<br />
dar. Sie werden dann eingesetzt, wenn sehr hohe Kapazitätswerte bis weit über 1000F gefordert<br />
werden <strong>und</strong> die übrigen Anforderungen nicht sehr hoch sind.<br />
Man unterscheidet zwischen Aluminium- <strong>und</strong> Tantal-Elektrolytkondensatoren, sowie<br />
zwischen flüssigen <strong>und</strong> festen Elektrolyten (nasse <strong>und</strong> trockene Kondensatoren).<br />
Folie Nr. 48: prinzipieller Aufbau des Elektrolytkondensators<br />
Beim Aluminium-Elektrolyt-Kondensator mit flüssigem Elektrolyten verwendet man eine<br />
Aluminiumelektrode, die zuvor in einem elektrochemischen Prozess mit einer Aluminiumoxydschicht<br />
versehen wurde (Formierung). Diese wird in einem Aluminiumbecher untergebracht<br />
<strong>und</strong> zwischen Becher <strong>und</strong> Elektrode befindet sich eine elektrolytische Lösung als leitfähige<br />
Verbindung. Die Oxydschicht stellt das Dielektrikum dar. Während man bei Folienkondensatoren<br />
Folienstärken von einigen 100nm pro Volt Betriebsspannung benötigt, reichen<br />
bei der Aluminiumoxydschicht wenige nm/V aus. Damit erreicht man schon mit<br />
Dielektrikumsdicken von unter 1m eine hohe Spannungsfestigkeit, bei einer entsprechend<br />
hohen Kapazität. Vor der Oxydation rauht man die Oberfläche der Aluminiumfolie elektrolytisch<br />
auf <strong>und</strong> erhält so eine stark vergrößerte Oberfläche (6-8 fach).<br />
Als Elektrolyt verwendet man schwache Säuren, die Sauerstoffionen zur Verfügung stellen.<br />
Zur Erhöhung der mechanischen Stabilität verwendet man saugfähige Papiere, die mit dem<br />
Elektrolyten getränkt sind <strong>und</strong> so den Abstand der Elektrode zum Becher sicherstellen.<br />
r<br />
Die Permittivitätszahl der Aluminiumoxydschicht beträgt etwa =7-8. Beim Betrieb des<br />
Kondensators muss auf die richtige Polung der Spannung geachtet werden. Nur wenn das<br />
positive Potential an der Folie anliegt (Anode), wandern die negativen Sauerstoffionen zur<br />
Folie <strong>und</strong> halten die Oxydschicht aufrecht. Bei falscher Polung wird die Schicht dagegen<br />
elektrochemisch abgebaut <strong>und</strong> es kommt zum Durchschlag. Dabei erfolgt eine starke Gasentwicklung,<br />
die den Kondensator zur Explosion bringen kann. Eine geringfügige Falschpolung<br />
von 2-3V wird allerdings vertragen, da auch das Aluminiumgehäuse mit einer dünnen<br />
Oxydschicht (5nm) überzogen ist. Die richtige Polung ist auf dem Kondensator außen gekennzeichnet.<br />
Ist das Betriebspotential nicht eindeutig, so muss man ungepolte Elektrolytkondensatoren<br />
verwenden, die aus zwei formierten Aluminiumfolien mit Elektrolytzwischenlage<br />
gewickelt werden.
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 59<br />
Die Toleranzen der Kapazitätswerte können bis zu +100/-20% betragen.<br />
Die Oxidschicht baut sich bei Lagerung des Kondensators langsam ab. Daher fließt beim Einschalten<br />
zunächst ein hoher Strom, der dann auf den Reststrom zurück geht. Dieser Reststrom<br />
ist stark temperaturabhängig:<br />
Folie Nr. 49: Reststrom <strong>und</strong> Einschaltstrom<br />
Elektrolytkondensatoren besitzen einen recht große Verlustfaktor. Bei niedrigen Frequenzen<br />
wird dieser im wesentlichen durch die Oxydschicht bestimmt, bei höheren Frequenzen dagegen<br />
mehr durch den Widerstand des Elektrolyten. Die Folie zeigt einen typischen Frequenzgang<br />
eines Aluminium-Elektrolytkondensators, sowie das Ersatzschaltbild:<br />
Folie Nr. 49: Ersatzschaltbild, Frequenzgang <strong>und</strong> Verlustfaktor<br />
Wie der Frequenzgang zeigt, hat der Ersatzwiderstand schon bei geringen Frequenzen (ab<br />
1000Hz) einen deutlichen Einfluss auf das Verhalten, so dass diese Kondensatoren nur im<br />
Niederfrequenzbereich eingesetzt werden dürfen.<br />
Nasse Tantal-Elektrolyt-Kondensatoren:<br />
Tantalpentoxid besitzt eine etwa drei- bis vierfache Permittivitätszahl wie Aluminiumoxid<br />
( r=<br />
25-27). Aus diesem Gr<strong>und</strong>e kann man sehr viel kompaktere Kondensatoren aufbauen.<br />
Außerdem verträgt Ta2 O 5 aggressivere Elektrolyten (z.B. Schwefelsäure), die einen geringeren<br />
Widerstand <strong>und</strong> eine geringere Temperaturabhängigkeit besitzen.<br />
Folie Nr. 50: Tantal-Kondensatoren mit flüssigem Elektrolyten<br />
Die wichtigste Bauform ist der Sinterperlen-Kondensator: Aus Tantalpulver wird mit einem<br />
organischen Bindemittel ein Sinterkörper gepresst <strong>und</strong> gebrannt. Danach wird die Oberfläche<br />
der einzelnen Körner elektrolytisch oxydiert. Wir erhalten eine poröse Struktur mit sehr großer<br />
Oberfläche. Als Elektrolyt wird Schwefelsäure verwendet, die in den porösen Körper eindringt.<br />
Das Gehäuse muss hermetisch dicht ausgeführt werden.<br />
trockene Tantal-Elektrolyt-Kondensatoren:<br />
Diese Art der Tantalkondensatoren wird am häufigsten verwendet, da sie eine höhere Zuverlässigkeit<br />
besitzen. Dabei wird zunächst ein Sinterkörper wie oben hergestellt, anschließend<br />
aber in eine Mangannitratlösung getaucht, die sich bei nachfolgenden erhitzen in Mangandioxid<br />
umwandelt:<br />
Das Mangandioxid ist ein fester Stoff mit elektrolytischer Leitfähigkeit (fester Elektrolyt).<br />
Außen wird der Elektrolyt mit Graphit kontaktiert, die Graphitschicht wird metallisiert.<br />
Folie Nr. 50: Aufbau des trockenen Tantal-Kondensators
Seite 60 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Die Frequenzabhängigkeit des Scheinwiderstandes sowie der Verlustfaktor sind für beide<br />
Typen in der folgenden Folie dargestellt:<br />
Folie Nr. 50: Frequenzgang für Tantalkondensatoren<br />
Wie bei den Widerständen gibt es auch bei den Kondensatoren veränderbare Kondensatoren.<br />
Sie bestehen in einfachster Weise aus zwei gegeneinander verdrehbaren Metallplatten<br />
(oder Plattenstapeln) mit Luft- oder Foliendielektrikum:<br />
Folie Nr. 51: veränderbare Kondensatoren<br />
Durch Wahl der Plattenform kann der Verlauf der Kapazität mit dem Drehwinkel in vielfacher<br />
Art variiert werden. Diese Art der veränderbaren Kondensatoren werden eingesetzt in veränderlichen<br />
Schwingkreisen, wie sie z.B. im Empfangsschaltkreis eines R<strong>und</strong>funkempfängers<br />
notwendig sind. Wegen ihre sehr großen Bauform sind sie allerdings zunehmend ersetzt worden<br />
durch elektronische Abstimmkreise (Kapazitätsdioden), so dass sie heute oft nur noch für<br />
Messzwecke Anwendung finden (kapazitive Messbrücken).<br />
In kleinerer Bauform als fest einzustellende Abgleichkondensatoren (Trimmer) haben sie<br />
allerding noch eine gewisse Berechtigung.<br />
Doppelschichtkondensator<br />
Der Doppelschichtkondensator stellt eine besondere Form eines Kondensators dar, da er ohne<br />
Dielektrikum arbeitet.<br />
Folie Nr. 52: Doppelschichtkondensator<br />
Er basiert auf einem Phänomen, das schon seit dem Ende des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts bekannt ist,<br />
aber erst in den letzten Jahren für die Kondensatorentwicklung entdeckt wurde.<br />
Bringt man zwei Elektroden in einen Elektrolyten (z.B. Schwefelsäure) ein <strong>und</strong> legt eine<br />
kleine Spannung von etwa 1 V an, so beobachtet man, dass sich die Ionen der Säure zur Oberfläche<br />
der Elektroden bewegen <strong>und</strong> dort anlagern. Die Elektroden selbst zeigen die entgegengesetzte<br />
Ladung. Bei der kleinen anliegenden Spannung werden die Ionen aber nicht entladen,<br />
d.h. weder wechseln Elektronen noch lösen sich Ionen aus der Elektrode aus. Diese Prozesse<br />
setzen erst oberhalb einer Schwellspannung ein <strong>und</strong> werden z.B. bei den Batterien <strong>und</strong> Akkumulatoren<br />
ausgenutzt.<br />
Hier entsteht jetzt eine Doppelschicht aus Ladungen in den Elektroden <strong>und</strong> den Ionen an der<br />
Elektrodenoberfläche. Schaltet man die Spannung ab, so bleibt diese Ladung der Elektroden<br />
erhalten <strong>und</strong> wir haben somit einen Ladungsspeicher, also einen Kondensator. Um große<br />
Kapazitäten zu erreichen ist es jetzt notwendig, die Oberfläche der Elektroden möglichst groß<br />
zu machen. Hierfür verwendet man Aktivkohle oder neuerdings sehr dünne Folien aus einem<br />
speziellen Kohlenstofffilm. Die beiden Elektroden werden nur noch durch einen dünnen<br />
Abstandshalter (Separator) auseinander gehalten. Man erhält auf diese Weise Kapazitätswerte
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 61<br />
bis zu einigen 10 Farad bei allerdings sehr geringen Spannungen von etwa 1 V. Für höhere<br />
Spannungen werden mehrere Elemente in Serie geschaltet.<br />
Typische Bezeichnungen für diese Kondensatoren sind „Goldcap“ oder „Ultracap“.<br />
Was ist der Vorteil der Doppelschichtkondensatoren?<br />
Der größte Vorteil liegt in der Energie, die pro Volumen eingespeichert werden kann (Energiedichte).<br />
Diese Größe erreicht fast die Werte der heutigen Akkumulatoren. Diese Energie<br />
kann allerdings sehr viel schneller als bei einem Akku gespeichert <strong>und</strong> wieder freigegeben<br />
werden, außerdem kann ein solcher Kondensator wesentlich häufiger ge- <strong>und</strong> entladen werden<br />
5 (>10 mal im Gegensatz zu 300 mal beim Akku).<br />
In der modernen Elektronik werden diese Kondensatoren heute als Haltespeicher zum Datenerhalt<br />
nach dem Abschalten eingesetzt. Große Kapazitätswerte setzt man als schnelle Energiespeicher<br />
bei Elektrofahrzeugen ein, wo die Bremsenergie für kurze Zeit zwischengespeichert<br />
werden muss bis zum nächsten Beschleunigen. Moderne Module erreichen bei einer Spannung<br />
von über 50 V <strong>und</strong> einer Kapazität von ca. 100 F eine Speicherenergie von 150 kJ, dies<br />
entspricht der Bewegungsenergie eines Kleinwagen bei einer Geschwindigkeit von 50 km/h.<br />
5.2 Piezoelektrische Anwendungen<br />
Die Anwendungen des Piezoeffektes beruhen entweder auf dem direkten Piezoeffekt, d.h.<br />
der Umwandlung von Druck in eine elektrische Spannung (piezo=griechisch "ich drücke"),<br />
auf dem inversen Piezoeffekt, d.h. der Umwandlung einer elektrischen Spannung in eine<br />
mechanische Auslenkung oder auf einer Kombination beider Effekte:<br />
direkter Piezoeffekt inverser Piezoeffekt<br />
Tonabnehmer Gaszünder<br />
Mikrofon Taste<br />
Kraftmessung Druckmessung<br />
Ultraschallaufnehmer<br />
Schwingquarze:<br />
Schwingquarze Schwingantrieb<br />
Ultraschallstrahler mechanische Justierung<br />
- Medizin - Laserspiegel<br />
- Echolot - Rastertunnelmikroskop<br />
Flüssigkeitszerstäubung<br />
Ultraschallreinigung Kunststoffschweißen<br />
Mit dünnen Quarzscheiben, die unter bestimmten Winkeln aus einem Quarzeinkristall herausgeschnitten<br />
wurden, lassen sich Quarzschwinger mit sehr hoher Güte, d.h. geringen Verlusten,<br />
herstellen:<br />
Folie Nr. 41: praktischer Aufbau eines Schwingquarzes
Seite 62 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Es lassen sich Resonanzsysteme für Frequenzen von 1kHz bis zu 50MHz realisieren, im<br />
Oberschwingungsbereich sogar bis über 300MHz. Dabei werden diese Quarze in den<br />
Schwingkreis eines Oszillators eingebracht <strong>und</strong> durch dessen Schwingungen zum<br />
Mitschwingen angeregt. Durch seine hohe Güte (geringe Verluste) bestimmt er dann die<br />
Frequenz der Oszillatorschaltung:<br />
Folie Nr. 41: moderner Quarzoszillator<br />
Noch höhere Frequenzen werden durch Frequenzvervielfacherschaltungen erzeugt.<br />
Ultraschallschwinger:<br />
Schwingt eine Quarzplatte mit Frequenzen von einigen 100kHz bis zu 20MHz, so können<br />
diese mechanischen Schwingungen in Form von Ultraschall in ein Medium eingekoppelt<br />
werden. Bei der Echolotmethode werden kurze Ultraschallsignale ausgesandt <strong>und</strong> die im<br />
Material reflektierten Impulse anschließend vom selben Quarzkristall wieder aufgenommen<br />
<strong>und</strong> in elektrische Signale zurück gewandelt.<br />
Folie Nr. 42: Echolotverfahren<br />
Aus der Laufzeit zwischen Aussendung <strong>und</strong> Empfang kann der Reflexionspunkt berechnet<br />
werden <strong>und</strong> so in der Medizintechnik z.B. Knochen lokalisiert werden. In der Seefahrt wendet<br />
man dieses Verfahren an um Wassertiefen zu bestimmen oder um Fischschwärme zu orten. In<br />
der Werkstoffk<strong>und</strong>e können so Schäden im Werkstoff erkannt werden:<br />
Experiment: Ultraschallanalyse<br />
Kraft- <strong>und</strong> Druckwandler:<br />
Mit der Entwicklung der Keramiken mit großem Piezoeffekt, wie z.B. Bariumtitanat, hat die<br />
Messtechnik den Piezoeffekt für sich entdeckt. So werden heute eine ganze Reihe von<br />
Druckmesssensoren, Kraftsensoren, Drehmomentsensoren oder Beschleunigungsaufnehmer<br />
gebaut, die in sehr vielen Empfindlichkeitsstufen die Kristallverformung ausnutzen.<br />
Folie Nr. 41a: Piezosteller <strong>und</strong> Piezosensoren<br />
Video Nr. 1-10, Nr. 1-11 <strong>und</strong> Nr. 1-12: Anwendungen des Piezoeffektes
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 63<br />
6. Magnetische <strong>Werkstoffe</strong><br />
6.1 Magnetische Eigenschaften der Materie<br />
Die magnetischen Materialien passen nicht in das Ordnungsschema, welches wir bisher für<br />
die Einteilung der <strong>Werkstoffe</strong> verwendet haben. Unter den Magnetika finden wir sowohl gute<br />
Leiterwerkstoffe, wie auch gute Isolatorwerkstoffe. Generell ist festzuhalten, dass der Magnetismus<br />
eine Eigenschaft jeglicher Materie ist <strong>und</strong> sich nur durch seine äußere Erscheinung in<br />
gewisse Gruppen einteilen lässt.<br />
Betrachten wir eine Spule mit N Windungen, einer Länge sowie<br />
einem Querschnitt A, durch die der Strom I fließt. Das Charakteristische<br />
an einer solchen Spule ist, dass mit dem fließenden Strom I ein<br />
Magnetfeld B (magnetische Induktion, magnetische Flussdichte)<br />
verb<strong>und</strong>en ist. B charakterisiert die Kraftwirkung, die wir beim Halleffekt<br />
kennen gelernt haben <strong>und</strong> sollte einerseits dem Strom I proportional<br />
sein, andererseits davon abhängen, wie dicht die Spulenwindun-<br />
gen gewickelt sind: B~I, B~N/. Als Proportionalitätsfaktor wird 0 eingeführt.<br />
Abb. 6.1-1<br />
Abkürzend nennt man das Produkt aus Strom I <strong>und</strong> Windungsdichte N/ die magnetische<br />
Feldstärke H. 0 wird als Permeabilitätskonstante bezeichnet.<br />
Andererseits führt eine zeitliche Änderung des Stromes <strong>und</strong> damit des Magnetfeldes zu einer<br />
Spannungsinduktion:<br />
Für die Induktivität L der Spule ergibt sich der Ausdruck:<br />
Füllen wir die Spule mit einem Werkstoff auf, so beobachten wir eine Änderung der Induktivität<br />
L, d.h. bei konstantem Wechselstrom I ändert sich die induzierte Wechselspannung <strong>und</strong><br />
damit auch B. Somit müssen wir die Formeln wie folgt verallgemeinern:
Seite 64 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
d.h. wie beim Kondensator ergibt sich hier eine Materialkonstante, welche jetzt die magneti-<br />
schen Eigenschaften des <strong>Werkstoffe</strong>s beschreibt. Diese wird als relative Permeabilität r<br />
bezeichnet.<br />
Wie bei den dielektrischen <strong>Werkstoffe</strong>n kann man die Änderung der magnetische Induktion B<br />
durch eine Magnetisierung M beschreiben, so dass man alternativ findet:<br />
Damit folgt:<br />
Den Ausdruck<br />
bezeichnet man als magnetische Suszeptibilität.<br />
Untersucht man verschiedene Materialien, so findet man, dass drei verschiedene Gruppen<br />
hinsichtlich der Permeabilität bzw. Suszeptibilität zu unterscheiden sind:<br />
r < 1, m < 0 r > 1, m > 0 r >> 1, m >> 0<br />
Diamagnetismus Paramagnetismus Ferromagnetismus<br />
Antiferromagnetismus Ferrimagnetismus<br />
Folie Nr. 56: Molare Suszeptibilität der Elemente<br />
Diamagnetisch sind insbesondere die Edelgase, die Halogene sowie die wichtigen <strong>Halbleiter</strong><br />
<strong>und</strong> einige Metalle (Kupfer, Gold, Silber).<br />
Paramagnetisch sind die Alkalimetalle, die meisten Übergangsmetalle <strong>und</strong> die seltenen<br />
Erden, als einzigstes Gas auch Sauerstoff.<br />
Ferromagnetisch sind bei Raumtemperatur nur die Elemente Eisen, Nickel <strong>und</strong> Kobalt. Bei<br />
tiefen Temperaturen wird auch Gadolinium ferromagnetisch.<br />
Antiferromagnetisch <strong>und</strong> ferrimagnetisch sind nur einige Kristallstrukturen.
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 65<br />
6.2 Modellvorstellungen zum Magnetismus<br />
Während die elektrischen Erscheinungen<br />
an die Existenz der Elementarladung<br />
geb<strong>und</strong>en sind, die als positive<br />
<strong>und</strong> negative Monopole auftreten, liegen<br />
den magnetischen Erscheinungen<br />
stets Dipole zugr<strong>und</strong>e.<br />
D.h. es gibt keine magnetischen Ladungen.<br />
Mit einem Dipol ist dabei stets ein<br />
Dipolmoment verb<strong>und</strong>en, welches zusammen<br />
mit dem wirkenden Feld zu<br />
einem Drehmoment führt. Für den elektrischen<br />
Fall ist dies einfach ableitbar,<br />
Abb. 6.2-1<br />
wobei den Abstand der Ladungen darstellt. Das magnetische Dipolmoment wird dann<br />
entsprechend definiert:<br />
Wie für die elektrische Ladung q existiert auch für das magnetische Moment m m eine kleinste<br />
-24<br />
Einheit, das Bohrsche Magneton B = 9,2710 Am².<br />
Für die magnetischen Eigenschaften der Materie gibt es zwei gr<strong>und</strong>legende Ursachen.<br />
1. Jedes Elektron besitzt infolge seines Spins ein magnetisches Moment in der Größe -<br />
1 B (Spinmoment).<br />
2. Stellt man sich das Elektron auf einer Kreisbahn um den Kern vor, so stellt es einen<br />
Kreisstrom dar. Da jeder Stromfluss ein Magnetfeld erzeugt, ist auch mit diesem<br />
Kreisstrom ein magnetisches Moment verb<strong>und</strong>en (Bahnmoment).<br />
Folie Nr. 56: Der magnetische Dipol<br />
Die Größe dieser Bahnmomente können immer nur ganzzahlige Vielfache des Bohrschen<br />
Magnetons sein (n B).<br />
Je nach Auffüllung der Schalen besitzen die Atome dann unterschiedliche magnetische Momente.<br />
Alle Atome <strong>und</strong> Verbindungen, die vollständig abgeschlossenen Schalen besitzen oder in der<br />
Bindung zur Bildung von abgeschlossenen Schalen neigen (Ionenbindung, kovalente Bindung),<br />
besitzen keine permanenten magnetischen Momente. Diese <strong>Werkstoffe</strong> zeigen sich<br />
diamagnetisch. Für sie ist r < 1, d.h. sie schwächen in geringem Maße das äußere Magnet-
Seite 66 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
feld.<br />
Besitzen die Atome dagegen resultierende Bahn- <strong>und</strong> Spinmomente, so können diese durch<br />
die Wirkung eines Magnetfeldes ausgerichtet werden. Das äußere Feld wird dadurch verstärkt,<br />
r ist folglich größer als 1. Der Stoff ist paramagnetisch.<br />
Sowohl der Dia- als auch der Paramagnetismus sind in der Elektrotechnik praktisch ohne<br />
Bedeutung.<br />
Ferro-, Ferri- <strong>und</strong> Antiferromagnetismus:<br />
Diese Art des Magnetismus ist eng verb<strong>und</strong>en mit den Metallen Eisen, Nickel <strong>und</strong> Cobalt,<br />
alles 3d-Übergangsmetalle. Betrachten wir daher die Anordnung der Elektronenspins dieser<br />
Übergangsmetalle einmal näher:<br />
Folie: Periodensystem der Elemente<br />
Folie Nr. 57: Elektronenkonfiguration der Übergangsmetalle<br />
Die d-Zustände können insgesamt mit 10 Elektronen aufgefüllt werden. Dabei sind die Spins<br />
der ersten 5 Elektronen (bis zum Mangan) alle parallel zueinander ausgerichtet, dann erfolgt<br />
die Besetzung mit Elektronen mit entgegengesetzten Spin (H<strong>und</strong>sche Regel). So findet man<br />
bei Mangan ein maximales Spinmoment von 5 B.<br />
Bis zum Nickel nimmt dieses Moment auf<br />
2 B ab. Hieraus ist zunächst ein ausgeprägt paramagnetisches Verhalten ableitbar. Man findet<br />
aber bei den ferromagnetischen Stoffen eine spontane Magnetisierung, welche sich über große<br />
Kristallbereiche erstreckt, in denen die magnetischen Momente parallel zueinander ausgerichtet<br />
sind. Ursache ist eine Austauschkopplung zwischen den atomaren magnetischen<br />
Momenten, die dann zum Tragen kommt, wenn einerseits jedes Atom ein Moment von mindestens<br />
2 B besitzt, andererseits die Atome einen bestimmten Abstand voneinander haben:<br />
Folie Nr. 57: Bethe-Slater-Kurve<br />
Der Abstand der Atome muss mindestens dreimal so groß sein wie der Radius der 3d-Schale.<br />
Aus diesem Gr<strong>und</strong>e sind Mangan <strong>und</strong> Chrom trotz der hohen Spinmomente nicht ferromagnetisch.<br />
Weitet man bei Mangan das Gitter etwas auf, so kann auch hieraus ein ferromagnetischer<br />
Werkstoff werden: 76%Cu, 14%Mn, 10%Al = Heussler-Legierung. Andererseits findet<br />
man bei einigen Stahlsorten ein unmagnetisches Verhalten (V2A: 18%Cr, 8%Ni) oder auch<br />
beim -Eisen, welches kubisch flächenzentriert ist.<br />
Chrom <strong>und</strong> Mangan zeigen vielmehr eine antiferromagnetische Erscheinung, d.h. die magnetischen<br />
Momente benachbarter Atome sind infolge der Austauschkopplung entgegengesetzt<br />
ausgerichtet. Nach außen erscheinen diese Antiferromagnete als unmagnetisch <strong>und</strong> reagieren<br />
wie ein paramagnetischer Werkstoff auf ein Magnetfeld.<br />
Folie Nr. 57: kubisch raumzentrierte Anordnung bei Ferro-, Antiferro- <strong>und</strong> Ferrimagnetismus<br />
Während die antiferromagnetischen <strong>Werkstoffe</strong> technologisch unbedeutend sind, stellen die
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 67<br />
Ferrimagnete eine technologisch sehr wichtige Abwandlung der Antiferromagnete dar. Bei<br />
den Ferriten ist die Kompensation der antiparallelen magnetischen Momente nicht vollständig.<br />
Ursache ist, dass zwei verschiedene Übergangsmetalle in oxydischer Form vorliegen, jeweils<br />
mit unterschiedlichen magnetischen Momenten. Ein Beispiel sind die Ferrite mit der Zusammensetzung<br />
MeOFe2O 3 (Me= Mn, Ni, Co, Cu,...). Die ferrimagnetischen <strong>Werkstoffe</strong><br />
verhalten sich sehr ähnlich wie die ferromagnetischen <strong>Werkstoffe</strong>, sie besitzen allerdings eine<br />
geringere Sättigungsmagnetisierung. Ein großer Vorteil ist, dass die Ferrite zu den Nichtleitern<br />
zu rechnen sind. Dies hat zur Folge, dass in ihrem Innern keine Wirbelströme erzeugt<br />
werden können, die zu höheren Verlusten führen würden.<br />
Folie Nr. 58: Übersicht über die Ordnungszustände<br />
Alle magnetischen Ordnungszustände werden beim Überschreiten einer materialabhängigen<br />
Grenztemperatur zerstört. Wir sprechen von der Curie-Temperatur T C.<br />
Folie Nr. 59: Sättigungsmagnetisierung <strong>und</strong> Curietemperatur<br />
6.3 Magnetisierungsvorgänge<br />
Die spontane parallele Ausrichtung der magnetischen Momente erstreckt sich in der Regel<br />
stets nur über einen kleinen Bereich des <strong>Werkstoffe</strong>s. Der gesamte Werkstoff ist in eine<br />
Vielzahl von solchen Bereichen unterteilt <strong>und</strong> die Magnetisierungsrichtungen sind so verteilt,<br />
dass der Werkstoff nach außen unmagnetisch erscheint. Diese kleinen Bereiche nennt man<br />
Weißsche Bezirke oder Domänen. Der Übergang der Magnetisierung eines Bereiches in den<br />
nächsten erfolgt dabei nicht sprunghaft sondern verläuft über einen Wandbereich mit endlicher<br />
Dicke. Diese Wände werden als Bloch-Wände bezeichnet.<br />
Folie Nr. 59: Domänenbildung, Weißsche Bezirke <strong>und</strong> Blochwand<br />
Eine solche Blochwand ist ca. 100nm dick (300 Atomlagen). Die spontane Magnetisierung in<br />
einem Weißschen Bezirk entspricht stets der Sättigungsmagnetisierung, die Magnetisierungsrichtung<br />
ist durch bestimmte Kristallrichtungen vorgegeben. Wir unterscheiden leichte Magnetisierungsrichtungen<br />
(beim Eisen die Würfelkanten [100]) von den schweren Magnetisierungsrichtungen<br />
(Eisen [111]).<br />
Folie Nr. 60: Magnetisierungskurven von Eiseneinkristallen<br />
Für das Verhalten eines Ferromagneten beim Anlagen einer magnetischen Feldstärke H sind<br />
die Weißschen Bezirke <strong>und</strong> die Blochwände ganz entscheidend.<br />
Folie Nr. 61: Weißsche Bezirke im Magnetfeld, Wandverschiebungen<br />
Zunächst beobachtet reversible Wandverschiebungen, schließlich kommt es zu irreversiblen<br />
Wandverschiebungen, bei denen ganze Bereiche in die günstigere Magnetisierungsrichtung<br />
umklappen, zum Schluss dreht die Magnetisierung noch reversibel in die Feldrichtung. Die<br />
plötzlichen irreversiblen Vorgänge bezeichnet man als Barkhausensprünge.
Seite 68 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Aus diesen Vorgängen resultiert das Entstehen eines Hystereseverhaltens:<br />
Folie Nr. 61: Hystereseverlauf<br />
Wir erhalten eine remanente Magnetisierung B r bei Wegnahme des erregenden Feldes <strong>und</strong><br />
wir benötigen eine Koerzitivfeldstärke H C zur Beseitigung der Magnetisierung. Infolge des<br />
nichtlinearen Zusammenhanges zwischen B <strong>und</strong> H kann man keine eindeutige Permeabilitätszahl<br />
für den Werkstoff definieren:<br />
Folie Nr. 62: Permeabilitätszahldefinition<br />
Anfangspermeabilität:<br />
Amplitudenpermeabilität (Wechselfeldpermeabilität):<br />
Folie Nr. 62: Amplitudenpermeabilität als Funktion von H<br />
Die Hystereseschleife ist stark vom Kristallgefüge, von Gitterstörungen <strong>und</strong> Ähnlichem abhängig,<br />
da hierdurch die Bewegung der Blochwände extrem stark beeinflusst werden kann. So<br />
unterscheiden wir hartmagnetische <strong>Werkstoffe</strong>, bei denen eine breite, flachliegende Hysteresekurve<br />
vorliegt, von den weichmagnetischen <strong>Werkstoffe</strong>n mit einer schmalen, steilen<br />
Hysteresekurve.<br />
Folie Nr. 62: Vergleich hart- <strong>und</strong> weichmagnetisch<br />
3<br />
Die Koerzitivfeldstärke der weichmagnetischen <strong>Werkstoffe</strong> ist geringer als 10 A/m, erreicht<br />
werden Werte bis herab zu 0.4A/m. Bei den hartmagnetischen <strong>Werkstoffe</strong>n erreicht man<br />
6<br />
dagegen Werte bis zu 10 A/m. Vergleich: das Erdmagnetfeld beträgt in Norddeutschland<br />
etwa 30 A/m.<br />
Wie die Einheitenbetrachtung<br />
zeigt, stellt die Größe
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 69<br />
ein Maß für die zur Magnetisierung notwendige Energie dar. Die Fläche der Hysteresekurve<br />
ist somit ein Maß für die zur Ummagnetisierung benötigte Energie. Weichmagnetische <strong>Werkstoffe</strong><br />
benötigen folglich eine geringe Ummagnetisierungsenergie, hartmagnetische <strong>Werkstoffe</strong><br />
eine hohe.<br />
Weichmagnetische <strong>Werkstoffe</strong> werden daher überall dort eingesetzt wo eine leichte Ummagnetisierbarkeit<br />
gefragt ist (Spulen-, Trafokerne, magnetische Abschirmung), hartmagnetische<br />
<strong>Werkstoffe</strong> lassen sich nur schwer ummagnetisieren <strong>und</strong> sind daher für Dauermagnete<br />
ideal.<br />
Da sich die <strong>Werkstoffe</strong> bevorzugt in der magnetisch leichten Richtung magnetisieren lassen<br />
Folie Nr. 60: Magnetisierungskurven von Eisen<br />
erreicht man geringe Verluste dann, wenn eine Vorzugskristallrichtung (Textur) im Material<br />
existiert, die einer leichten magnetischen Achse entspricht. Dies wird bei Transformatorblechen<br />
durch eine Walztextur erreicht:<br />
Folie Nr. 60: Walztextur<br />
6.4 Verluste in magnetischen <strong>Werkstoffe</strong>n<br />
Die zur Ummagnetisierung benötigte Energie wird innerhalb des Materials in Wärme umgewandelt.<br />
Diese Verluste bezeichnet man als Hystereseverluste<br />
Da diese Energie bei jedem Durchlauf der Hysterekurve anfällt, wächst sie proportional mit<br />
der Frequenz an. Des weiteren hängt sie von der Aussteuerung ab, da hierdurch die Form der<br />
Hystereseschleife bestimmt wird.<br />
Bei metallisch leitenden <strong>Werkstoffe</strong>n kommt ein weiterer Verlustmechanismus hinzu. Durch<br />
das magnetische Wechselfeld werden im Innern des Materials Wechselströme induziert. Wir<br />
sprechen hier von Wirbelströmen, da sie ringförmig die magnetischen Feldlinien umgeben.<br />
Diese Wirbelströme erzeugen am ohmschen Widerstand des Materials Wärme <strong>und</strong> führen<br />
somit zu einem Verlust, dem so genannten Wirbelstromverlust. Günstig sind Materialien mit<br />
hohem spezifischen Widerstand, wie z.B. die Ferrite, da hier die Ströme gering sind. Des<br />
weiteren hat man die Möglichkeit die Wirbelströme zu reduzieren, indem man das magnetische<br />
Material aus geschichteten, isolierten Blechen zusammensetzt. Dies funktioniert, da die<br />
Wirbelströme stets senkrecht zum magnetischen Fluss verlaufen.<br />
Folie Nr. 63: Unterbrechen der Wirbelströme durch Lamellierung<br />
Dabei wachsen die Verluste etwa mit dem Quadrat der Blechstärke. Die Wirbelströme äußert<br />
sich in einer Abnahme der Permeabilität mit der Frequenz. Durch die Wirbelströme wird ein<br />
Gegenfeld erzeugt, welches dem wirkenden Feld entgegensteht (Lenzsche Regel) Entspre-
Seite 70 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
chend dem Zusammenhang B=0 rH<br />
entspricht dies einer Verringerung der Permeabilität.<br />
Bei dicken Blechen tritt dies früher ein als bei dünnen Blechen:<br />
Folie Nr. 65: Wirbelstromverluste<br />
Die dritte Art der Verluste sind die so genannten Nachwirkungsverluste. Sie resultieren<br />
daraus, dass die Magnetisierung bei hoher Frequenz nicht mehr dem erregenden Feld folgen<br />
kann. Dies entspricht den Verlusten der Orientierungspolarisation bei den Dielektrika. Bei<br />
hohen Frequenzen, geringen Wirbelströmen <strong>und</strong> kleiner Hystereseaussteuerung können sie<br />
dominierend werden. Insbesondere bei den Ferriten, die keine Wirbelströme aufweisen, ist<br />
dies der Hauptverlustfaktor:<br />
Folie Nr. 65: Nachwirkungsverluste
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 71<br />
7. Anwendung magnetischer <strong>Werkstoffe</strong><br />
7.1 Spulen<br />
7.1.1 Spulenkennwerte<br />
Induktivität<br />
Spulen gehören zu den Bauteilen, die nicht notwendigerweise von der Stange gekauft werden.<br />
Vielmehr können sie gezielt nach den eigenen Anforderungen hergestellt werden. Gr<strong>und</strong>lage<br />
der Spulenberechnung ist die Gleichung:<br />
Diese gilt streng genommen nur für geschlossene magnetische Kreise, also Ringspulen. Da<br />
man die Spulenkerne in der Regel fertig kauft, fasst man die Kerneigenschaften der obigen<br />
Formel zusammen zu einem AL-Wert. Dieser wird in Katalogen stets angegeben. Die Induktivität<br />
der Spule kann der Anwender dann selbst bestimmen über:<br />
Folie Nr. 68: Datenblatt für Spulenkerne<br />
2<br />
Der AL-Wert wird meist angegeben in H/Wind . Er gilt stets nur für kleine Feldstärken, d.h.<br />
er beinhaltet die Anfangspermeabilität.<br />
Bei geschlossenem Spulenkern finden wir den Zusammenhang:<br />
Durch Einfügen eines Luftspaltes der Länge d in den Spulenkern<br />
tritt folgende Änderung der Eigenschaften der Spule auf: Da keine<br />
magnetischen Ladungen existieren, muss B sowohl im Innern<br />
wie auch im Luftspalt gleich sein (zumindest für kleine Spalte).<br />
H muss daher innen <strong>und</strong> außen unterschiedlich sein. Nach dem<br />
Durchflutungsgesetz gilt:<br />
Abb. 7.1-1
Seite 72 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Durch Auflösen nach eff gewinnen wir die effektive Permeabilität dieses Kernes mit Luftspalt:<br />
Da in der Regel d>/ r,<br />
folgt:<br />
Die Permeabilität des gescherten Kernes wird also direkt durch den Luftspalt bestimmt. Die<br />
Hysteresekurve wird sehr viel flacher, dies bezeichnet man als Scherung des Kernes bzw. der<br />
Hysteresekurve:<br />
Folie Nr. 66: Einfluss der Scherung<br />
Das Verhältnis eff/ r wird als Scherungsfaktor bezeichnet:<br />
Um diesen Scherungsfaktor nimmt der AL-Wert infolge der Scherung ab.<br />
Temperaturkoeffizient<br />
Der Temperaturkoeffizient einer Spule ist im wesentlich der Temperaturkoeffizient des Kern-<br />
-6<br />
materials. Für Ferrite liegt er in der Größe von 1...1010 /°C, bei Blechkernen liegt er dagegen<br />
-3<br />
bei +110 /°C. Durch einen Luftspalt wird auch hier der Temperaturkoeffizient beeinflusst, er<br />
wird um den Scherungsfaktor kleiner:<br />
/ stellt den bezogenen Temperaturkoeffizienten dar. Er ist eine scherungsunabhängige<br />
Größe.<br />
Folie Nr. 69: Materialeigenschaften für Spulenkerne
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 73<br />
Spulenverluste <strong>und</strong> Spulengüte<br />
Die Verluste des Spulenkernes hatten wir schon oben diskutiert. Da durch die Scherung die<br />
Hystereseschleife sehr viel flacher verläuft <strong>und</strong> schmaler wird, werden durch diese Scherung<br />
auch die Kernverluste entsprechend reduziert. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e ist nicht der tan sondern<br />
die bezogene Größe tan/ r eine wichtige Kerngröße: bezogener Verlustfaktor.<br />
Folie Nr. 69: Materialeigenschaften für Spulenkerne<br />
Neben diesen Verlusten im Kern, treten in einer Spule weitere Verluste hinzu. Diese werden<br />
im wesentlichen durch den Spulendraht bestimmt:<br />
Folie Nr. 65: Ersatzschaltbild einer verlustbehafteten Spule<br />
Auch hier ist der Verlustfaktor tan definiert als das Verhältnis der Verlustleistung an den<br />
Verlustwiderständen zur Leistung an der idealen Spule (ILU L).<br />
Die Addition aller Einzelverluste ergibt den Gesamtverlustfaktor.<br />
Folie Nr. 65: Frequenzabhängigkeit des Verlustfaktors<br />
Der Kehrwert des Verlustfaktors wird als Gütefaktor der Spule bezeichnet:<br />
Dieser Gütefaktor steigt mit zunehmender Frequenz wegen nachlassender Gleichstromverluste<br />
zunächst an, erreicht ein Maximum <strong>und</strong> fällt dann wegen der zunehmenden Kernverluste<br />
wieder ab.<br />
Welche Bedeutung hat nun der Gütefaktor einer Spule? Dazu betrachten wir einen Parallelresonanzkreis,<br />
bei dem wir alle Spulenverluste (die Kondensatorverluste kann man in der Regel<br />
vernachlässigen) im Widerstand R 0 zusammenfassen.<br />
Folie Nr. 66: Resonanzkreis<br />
Es lässt sich mathematisch zeigen, dass die Breite der Resonanzkurve eines Schwingkreises<br />
durch die Güte wie folgt festgelegt wird:
Seite 74 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Folie Nr. 66: Resonanzkurve<br />
Diese Bandbreite wird zum Beispiel benötigt, um eng benachbarte R<strong>und</strong>funksender voneinander<br />
zu trennen. (Z.B. Mittelwelle: f 0 = 1MHz, f = 10kHz Q min = 100).<br />
Wicklungskapazitäten<br />
Wie schon bei den Drahtwiderständen tritt auch bei den Spulen eine Wicklungskapazität auf.<br />
Hier ist der Effekt noch dadurch verstärkt, dass die Wicklungen in mehreren Lagen übereinander<br />
liegen <strong>und</strong> so zwischen benachbarten Lagen hohe Potentialunterschiede auftreten können.<br />
Die Wicklungskapazität tritt im Ersatzschaltbild als Parallelkapazität auf <strong>und</strong> bewirkt<br />
eine Eigenresonanz der Spule. Durch spezielle Wicklungsgeometrien kann die Kapazität<br />
beschränkt werden, insbesondere durch Verteilen der Wicklung auf mehrere Kammern (räumliche<br />
Trennung). Richtwerte der Wicklungskapazität liegen zwischen 10 <strong>und</strong> 100pF.<br />
Folie Nr. 67: Mehrkammerwicklung<br />
7.1.2 Bauformen von Spulen<br />
Zur Herstellung höherer Induktivitäten benötigt man geschlossene magnetische Kreise. Hier<br />
werden in der Regel Schalenkerne aus Ferrit verwendet, die mit unterschiedlichen, genormten<br />
AL-Werten angeboten werden:<br />
Folie Nr. 67: Schalenkerne<br />
Eine Abstimmung der Induktivität ist dabei durch einen veränderlichen Luftspalt mit Hilfe der<br />
Abgleichschraube möglich.<br />
Benötigt man bei niederen Frequenzen hohe Induktivitäten um einen induktiven Widerstand<br />
zu realisieren, so sind größere Bauformen der Spulen gefragt, insbesondere wenn auch größere<br />
Ströme fließen sollen. Hier finden dann Spulenkerne aus dünnen Blechen Anwendung, die<br />
zu einem Paket zusammengepresst werden.<br />
Folie Nr. 64: Blechkerne<br />
Die einzelnen Bleche werden dabei durch Isolierfolien gegeneinander elektrisch isoliert um<br />
die Wirbelströme zu unterdrücken. Dadurch ergibt sich eine Verringerung des Füllfaktors,<br />
der bei dünnen Blechen bis auf 0,3 absinken kann. Besonders günstige Eigenschaften besitzt<br />
ein so genannter Schnittbandkern, bei dem Bänder, welche in Vorzugsrichtung gewalzt sind,<br />
zu einem dicken Kern gewickelt <strong>und</strong> verklebt werden <strong>und</strong> dann zu zwei Hälften aufgeschnitten<br />
werden.<br />
Beispiel für die Berechnung einer Spule:
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 75<br />
Für einen Schwingkreis mit einer Resonanzfrequenz von 500kHz wird eine Spule mit einer<br />
Induktivität von L=640H sowie einer Mindestgüte von Q=400 gesucht, der TK soll kleiner<br />
-4 als 10 /K sein. In einschlägigen Datenbüchern findet man unter der Werkstoffauswahl zunächst<br />
einen Siferrit-Kern M33 als geeignet für diesen Frequenzbereich<br />
Folie Nr. 69: Werkstofftabelle SIFERRIT<br />
-6<br />
Da die Anfangspermeabilität bei 750 <strong>und</strong> der bezogene Verlustfaktor bei 1510 liegen, ergibt<br />
-6 -3<br />
sich hier ein Kernverlustfaktor von tan= 750 1510 = 1110 , entsprechend Q max=90.<br />
Der<br />
-4<br />
Temperaturkoeffizient bestimmt sich zu =1210 . Es ist also ein Luftspalt notwendig, um die<br />
Kernverluste <strong>und</strong> den Temperaturkoeffizienten zu reduzieren.<br />
Folie Nr. 68: Datenblatt Schalenkerne<br />
Da zu den Kernverlusten auch noch die Spulenverluste hinzu kommen, sollten die Kernver-<br />
luste mindestens auf ein Zehntel reduziert werden also eff
Seite 76 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
7.2 Magnetische Datenspeicherung<br />
Einer wichtigsten Anwendungen der magnetischen <strong>Werkstoffe</strong> ist die Datenspeicherung,<br />
angefangen von Musik- <strong>und</strong> Videokassetten bis hin zur Computertechnologie. Gr<strong>und</strong> für den<br />
Einsatz der Magnettechnik ist der extrem niedrige Preis pro gespeicherter Informationseinheit<br />
sowie die Löschbarkeit <strong>und</strong> Wiederbeschreibbarkeit der Informationsträger:<br />
Folie Nr. 70: Kosten von Speichermedien<br />
Mit magnetischen Speichermedien werden heute im sogenannten Silicon-Valley (Kalifornien)<br />
mehr Geld verdient, als mit <strong>Halbleiter</strong>speichern. In den letzten Jahren hat allerdings die optische<br />
Speichertechnik erheblich aufgeholt, kann allerdings in Bezug auf die Speicherdichte<br />
noch nicht mit den magnetischen Verfahren mithalten.<br />
Heutige Festplattenspeicher erreichen Speicherdichten von etwa 20.000.000 Zeichen pro<br />
Quadratzentimeter. Dies entspricht etwa 10.000 beschriebenen DIN-A4 Seiten. Da jedes<br />
Zeichen aus einem 8-Bit-Code besteht, bedeutet dies eine Bit-Dichte von 160 Millionen pro<br />
Quadratzentimeter (1GB pro Quadratzoll) oder einer Informationszellengröße von 0,8m x<br />
0,8m.<br />
Folie Nr. 71: Speicherdichte <strong>und</strong> Kosten von Festplattenspeichern<br />
In der Entwicklung ist man bereits eine Zehnerpotenz weiter mit etwa 10 GB je Quadratzoll.<br />
Mit etwa 150 GB je Quadratzoll ist die Grenze heutiger Speicherwerkstofftechnologien erreicht,<br />
da die Zellen dann so klein sind, das die Magnetisierung nicht mehr stabil ist. Die<br />
Kopplung zwischen benachbarten Zellen für zu einer Entmagnetisierung (Superparamagnetischer<br />
Effekt SPE). Durch bestimmte Maßnahmen hofft man diesen umgehen zu können. Eine<br />
absolute physikalische Grenze magnetischer Speicher wird aber wohl bei etwa 650 GB je<br />
Quadratzoll erreicht werden (30nm x 30nm Speicherzellengröße = 100 x 100 Atome). Bei<br />
konstantem Wachstum der Speicherdichte ist diese Grenze in etwa 10 Jahren erreicht.<br />
Folie Nr. 71a: Festplattenaufbau<br />
Das Prinzip der Datenspeicherung ist einfach:<br />
Folie Nr. 72: Prinzip der magnetischen Datenspeicherung<br />
Kleine hartmagnetische Partikel, die sich in einer dünnen Schicht auf einem Trägermaterial<br />
befinden werden durch das Feld in einem Luftspalt eines Magnetkernes magnetisiert. Der<br />
Luftspalt beträgt bei Audio-Geräten einige Mikrometer, bei hochwertigen Festplattenspeichern<br />
dagegen nur noch etwa 0,5 m. Damit die Information dauerhaft eingeschrieben werden<br />
kann, muss die Koerzitivfeldstärke des verwendeten Materials möglichst groß sein. Aus diesem<br />
Gr<strong>und</strong>e verwendet man Magnetwerkstoffe in Form kleiner Nadeln (ca. 50nm Durchmesser,<br />
1m lang), die entlang ihrer Achse magnetisiert werden. Während man früher meist<br />
Eisenoxyde verwendete, werden heute im Audio-Bereich meist die CrO2-Schichten verwendet.<br />
Im Datenbereich sind dagegen vornehmlich dünne Metallschichten wegen ihrer höheren
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 77<br />
Remanenz im Einsatz. Diese hohe Remanenz ist notwendig wegen der Kleinheit der Speicherzellen.<br />
Folie Nr. 73: Materialauswahl, Nadelstruktur<br />
Beim Lesen der Informationen wird durch das Streufeld der magnetisierten Bereiche im Luftspalt<br />
ein magnetischer Fluss im Lesekopf erzeugt, der zu einer Induktionsspannung führt. In<br />
der Regel wird der selbe Kopf zum Schreiben <strong>und</strong> zum Lesen der Informationen verwendet.<br />
Während man im Bereich der Datenspeicherung mit zwei Magnetisierungsrichtungen auskommt<br />
(0 <strong>und</strong> 1), muss im Bereich Audio <strong>und</strong> Video auch eine Amplitudeninformation ausgewertet<br />
werden, welche das analoge Signal nachbildet. Diese Amplitudeninformation ist recht<br />
störanfällig (Störfelder, entmagnetisierende Felder), so dass zunehmend auch hier auf eine<br />
digitale Informationspeicherung umgestellt wird. Hier ist zudem die Möglichkeit einer digitalen<br />
Fehlerkorrektur gegeben.<br />
Damit das geringe Streufeld vom Magnetkopf aufgenommen werden kann, muss dieser Kopf<br />
sehr dicht an die Speicherschicht herangebracht werden. In der Audio- <strong>und</strong> Videotechnik läuft<br />
das Band direkt im Kontakt mit dem Kopf. Dies bedeutet eine ständige mechanische Belastung<br />
<strong>und</strong> einen Verschleiß von Kopf <strong>und</strong> Band. Außerdem ist die Datenzugriffszeit sehr<br />
groß.<br />
In der Speicherplattentechnik besteht zwischen dem Kopf <strong>und</strong> der Platte ein Abstand von etwa<br />
15 nm. Der Kopf fliegt quasi auf einem Luftkissen über die Platte. Diese Platte dreht sich mit<br />
etwa 4000-10000 Umdrehungen je Minute (180-440 km/h am Umfang). Die Breite der Informationsspur<br />
beträgt etwa 1,2 m (20.000 Spuren pro Zoll) <strong>und</strong> der Zugriff auf die Daten<br />
erfolgt innerhalb von 10-15ms. Danach können etwa 5 - 40 Millionen Zeichen (5 - 40 MByte)<br />
pro Sek<strong>und</strong>e gelesen werden.<br />
In modernen Festplattenspeichern verwendet man anstelle des herkömmlichen Lesekopfes<br />
einen magnetfeldabhängigen Widerstand, welcher durch das Streufeld der Informationen<br />
verändert wird. Seit 1997 wird hier der sogenannte Riesenmagnetowiderstandseffekt (GMR =<br />
giant magnetoresistive) genutzt, der in einer Kombination aus magnetischen <strong>und</strong> nichtmagnetischen<br />
Schichten beobachtet wird <strong>und</strong> die Empfindlichkeit der Leseköpfe deutlich erhöht.<br />
Das größte Problem ist der extrem geringe Kopfabstand zur Platte. Jedes Staubkorn, jeder<br />
Fingerabdruck <strong>und</strong> jedes Haar besitzt eine größere Dicke. Außerdem besteht ständig die Gefahr<br />
einer direkten Berührung bei Erschütterungen. Man spricht vom "head-crash", der die<br />
Magnetschicht <strong>und</strong> den Kopf zerstören kann.<br />
Aus diesem Gr<strong>und</strong>e ist man seit Jahren darum bemüht einen unempfindlicheren Speicher zu<br />
bauen, der ähnlich arbeitet wie die durch einen Laser abgetastete CD im Audiobereich.<br />
Gr<strong>und</strong>lage des Verfahrens ist die Tatsache, dass polarisiertes Licht durch die Magnetisierung<br />
eines Materials beeinflusst wird. Wir sprechen vom Faraday-Effekt, wenn ein transparentes
Seite 78 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
magnetisches Material vom Licht durchstrahlt wird <strong>und</strong> vom Kerr-Effekt, wenn das an einer<br />
magnetischen Schicht reflektierte Licht verwendet wird. Der zweite Effekt wird heute überwiegend<br />
für die magnetooptische Datenaufzeichnung verwendet.<br />
Folie Nr. 74: Prinzip der magnetooptischen Datenaufzeichnung<br />
Als Speicherschicht verwendet man spezielle antiferromagnetische Schichten aus Seltenen<br />
Erden (SE=Gadolinium, Terbium) <strong>und</strong> Übergangsmetallen (Eisen <strong>und</strong> Kobalt). Das magnetische<br />
Moment der SE ist dem der Übergangsmetalle entgegengerichtet. Bei tiefen Temperaturen<br />
überwiegt das Moment der SE, bei hohen Temperaturen das der Übergangsmetalle. Dazwischen<br />
ist ein Bereich, in dem sich beide Momente kompensieren. In diesem Bereich ist die<br />
Koerzitivfeldstärke sehr groß, da das von außen angreifende Feld nicht mit der Magnetisierung<br />
wechselwirken kann. In der Nähe der Curie-Temperatur, wo der Ordnungszustand verschwindet,<br />
kann dagegen mit geringen magnetischen Feldern eine Umorientierung erzeugt<br />
werden.<br />
Das Funktionsprinzip ist jetzt folgendes: Zur Magnetisierung verwendet man ein schwaches<br />
nicht lokalisiertes Magnetfeld, welches zunächst keinen Einfluss auf die Informationen hat.<br />
Mit Hilfe eines Laserstrahles wird ein kleiner Bereich aufgeheizt bis in die Nähe der Curie-<br />
Temperatur. Jetzt kann das schwache Feld eine Änderung der Magnetisierung bewirken, die<br />
beim Abkühlen dann eingespeichert bleibt.<br />
Zum Lesen der Informationen verwendet man den gleichen Laserstrahl mit weit geringerer<br />
Leistung, so dass keine Aufheizung erfolgt. Das Laserlicht ist jetzt polarisiert, die Änderung<br />
der Polarisation während der Reflexion wird mit einem Polarisationsanalysator <strong>und</strong> einem<br />
Photodetektor vorgenommen.<br />
Großer Vorteil der magnetooptischen Datenspeicherung ist die höhere Informationsdichten,<br />
die erreichbar sein sollte, da der Laserstrahl nur einen Durchmesser von 0,5m besitzt <strong>und</strong><br />
dadurch, dass die Information hier senkrecht eingespeichert wird.<br />
Folie Nr. 72: senkrechte Aufzeichnung der Daten<br />
Man erreicht heute etwa 12 Millionen Zeichen pro Quadratzentimeter, was einerSpeicherzellengröße<br />
von etwa (1x1)m² entspricht. Die absolute Kontaktfreiheit führt dazu, dass diese<br />
Medien unanfälliger gegen Störungen sind. Weiterer Vorteil dieses Verfahrens ist, dass hier<br />
mehrere Speicherschichten übereinander gelegt werden können, da sie transparent sind <strong>und</strong><br />
dann über die Laserfokussierung getrennt ausgelesen werden können.<br />
Der notwendige mechanische Aufwand <strong>und</strong> der große Entwicklungsvorsprung der magnetischen<br />
Aufzeichnung haben bisher allerdings eine umfassende Markteinführung verhindert.
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 79<br />
Heutige (2005) Speicherkosten:<br />
SDRAM-Speicher DDR2 1GByte 100 € 0,10 €/MByte<br />
Festplatte (einschließlich Mechanik)150GByte 500 € 0,003 €/MByte<br />
DVD-RW 4,7GByte 1,50 € 0,0003 €/MByte
Seite 80 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 81<br />
8. <strong>Halbleiter</strong>werkstoffe<br />
Video Nr. 2-1: Chipgröße<br />
8.1 Stoffliche Einteilung<br />
Folie Nr. 1: spezifischer Widerstand<br />
Nach der bisherigen Einteilung rechnen wir zu den halbleitenden Stoffen alle diejenigen, die<br />
am absoluten Nullpunkt T=0K vollständig isolieren (im Gegensatz zu den Metallen), die aber<br />
-10<br />
bei Raumtemperatur T=300K eine Leitfähigkeit von mehr als 10 S/cm besitzen. Eine zweite<br />
Definition besagt, dass alle Stoffe, die durch Fremdstoffeinbau oder durch äußere Einflüsse<br />
(wie Bestrahlung) diese Leitfähigkeit erreichen ebenfalls zu den <strong>Halbleiter</strong>n zu rechnen sind.<br />
In diesem Sinne kann auch Diamant zu den <strong>Halbleiter</strong>n gerechnet werden.<br />
Die technisch wichtigen <strong>Halbleiter</strong> (Germanium <strong>und</strong> Silizium) befinden sich in der IV. Gruppe<br />
des Periodischen Systems.<br />
Folie Nr. 75a: Ausschnitt aus Periodensystem<br />
Sie stellen sogenannte Elementhalbleiter dar <strong>und</strong> werden in der Regel als einkristalline<br />
<strong>Werkstoffe</strong> eingesetzt. Sie kristallisieren im Diamantgitter.<br />
Folie Nr. 75a: Diamantgitter Experiment: Gittermodell<br />
Von den weiteren Elementhalbleitern hat lediglich das Selen noch eine gewisse technische<br />
Bedeutung. Phosphor, Arsen <strong>und</strong> Zinn zeigen nur in bestimmten Kristallmodifikationen<br />
halbleitende Eigenschaften.<br />
Neben den Elementhalbleitern existieren eine ganze Reihe von Verbindungshalbleitern.<br />
Technisch wichtig sind dabei die Verbindungen von Elementen der Gruppe III mit denen der<br />
Gruppe V (III-V-<strong>Halbleiter</strong>) sowie Elementen der Gruppe II mit denen der Gruppe VI (II-<br />
VI-<strong>Halbleiter</strong>). Wichtigste Vertreter sind GaAs, InAs, GaP, ZnSe, CdS <strong>und</strong> ähnliche. Da die<br />
Elemente der Gruppe III drei Außenelektronen, die der Gruppe V fünf Außenelektronen besitzen,<br />
stehen bei den III-V-Verbindungen ebenso viele Elektronen zur Verfügung wie bei den<br />
elementaren <strong>Halbleiter</strong>n Si <strong>und</strong> Ge. Auch das Kristallgitter ist gleich, jedoch wechselweise<br />
mit den beiden Atomsorten besetzt.<br />
Daneben gibt es auch noch IV-IV-<strong>Halbleiter</strong> wie das SiC oder SiGe.<br />
8.2 Das Energiebandmodell<br />
Schon bei der Diskussion der metallischen Leitfähigkeit hatten wir die Entstehung der Energiebänder<br />
in einem Festkörper betrachtet.<br />
Folie Nr. 7: Entstehung der Energiebänder
Seite 82 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Beim Übergang vom einzelnen Atom zum Festkörper spüren sich die Elektronen auf den<br />
äußeren Schalen verstärkt. Da auf Gr<strong>und</strong> des Pauliprinzips keine zwei Elektronen den gleichen<br />
Energiezustand besetzen dürfen, müssen sich die Niveaus leicht gegeneinander verschieben.<br />
Es kommt zu einer Aufspaltung der Niveaus. Jedes zusätzliche Atom ergibt eine<br />
22 3<br />
weitere Aufspaltung. In einem Festkörper mit etwa 10 Atomen je cm ergeben sich dann<br />
dicht nebeneinander liegende Einzelniveaus, die in ihrer Gesamtheit dann Energiebänder<br />
bilden. Zwischen den Energiebändern befinden sich verbotene Zonen, in denen sich kein<br />
Elektron aufhalten kann. Einige höherliegende Energiebänder liegen oberhalb der Potentialtöpfe<br />
der Atome, dies bedeutet, dass die hierin befindlichen Elektronen nicht mehr an ein<br />
Atom geb<strong>und</strong>en sind. Sie sind frei beweglich, diese Bänder heißen Leitungsbänder. Das<br />
oberste Band, welches sich noch innerhalb des Potentialtopfes befindet, wird als Valenzband<br />
bezeichnet. Anhand des Abstandes zwischen Valenzband <strong>und</strong> Leitungsband hatten wir die<br />
Metalle von den <strong>Halbleiter</strong>n <strong>und</strong> den Isolatoren unterschieden.<br />
Folie Nr. 8: Bänderschema <strong>und</strong> Bandlücke<br />
Dieser Abstand wird als Bandlücke oder Gap (W G)<br />
bezeichnet.<br />
Während sich bei den Metallen schon freie Elektronen im Leitungsband befinden, müssen<br />
diese bei den <strong>Halbleiter</strong>n <strong>und</strong> Isolatoren zunächst die Bandlücke überwinden. Dies ist im einfachsten<br />
Falle durch thermische Energie möglich. Für das Verständnis des Leitungsmechanismus<br />
bei den <strong>Halbleiter</strong>n ist daher der Temperatureinfluss von großer Bedeutung.<br />
Welche thermischen Energien stehen zur Verfügung?<br />
Die mittlere thermische Energie von Gasatomen bei einer Temperatur T beträgt etwa<br />
W kin = k T, k ist dabei die Boltzmann-Konstante:<br />
-23 -21<br />
k = 1,3810 J/K, kT = 4,1410 J = 0,026 eV bei 300K.<br />
Dies lässt sich auch auf das<br />
Elektronengas übertragen. Bei<br />
Raumtemperatur besitzen die<br />
Elektronen folglich eine mittlere<br />
kinetische Energie von<br />
0,026 eV. Es gibt aber auch<br />
einen geringen Anteil an Elektronen<br />
mit höherer Energie.<br />
Betrachten wir die <strong>Halbleiter</strong><br />
<strong>und</strong> die Isolatoren, so sind hier<br />
bei T=0K keine Elektronen im<br />
Leitungsband vorhanden. Bei<br />
höherer Temperatur können<br />
dann aber einige Elektronen<br />
Abb. 8.2-1
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 83<br />
vom Valenzband in das Leitungsband wechseln. Das sind die Elektronen, deren Energie größer<br />
als W G ist.<br />
Da die mittlere thermische Energie der Elektronen bei Raumtemperatur<br />
nur 0,026 eV beträgt, ist bei einer Bandlücke von<br />
mehr als 2 eV nur mit einer sehr geringen thermischen Leitfähigkeit<br />
zu rechnen. Diese Stoffe werden daher im allgemeinen<br />
zu den Isolatoren gerechnet. Ist die Bandlücke geringer<br />
als 2 eV, so zählt man die Stoffe zu den <strong>Halbleiter</strong>n.<br />
Beispiele: W G = WL-WV Diamant C 5,3 eV<br />
(Isolator bei rein thermischer Leitung)<br />
Silizium Si 1,1 eV<br />
Germanium Ge 0,7 eV<br />
GaAs 1,4 eV<br />
InSb 0,2 eV<br />
Abb. 8.2-2<br />
Die Wahrscheinlichkeit, dass ein Elektron aus dem Valenzband in das Leitungsband wechseln<br />
kann, wird durch die sogenannte Fermifunktion f(W) (oder Fermiverteilung) beschrieben:<br />
W F ist die sogenannte Fermienergie.<br />
Die Fermiverteilung f(W) bestimmt die Wahrscheinlichkeit, mit welcher ein Zustand<br />
der Energie W mit einem Elektron besetzt ist<br />
Näherungsweise gilt:<br />
f(W) = 1 für W > WF<br />
Abb. 8.2-3
Seite 84 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Wie die Abb. 8.2-3 zeigt, ist die Fermiverteilung eine zum Punkt W = W F <strong>und</strong> f(W) = 0,5<br />
symmetrische Funktion. Da die Elektronen, die im Valenzband fehlen im Leitungsband auftauchen<br />
müssen, müssen die schraffierten Ecken identisch in ihrer Fläche sein. Dies ist nur<br />
möglich, wenn die Fermienergie W F in der Mitte der verbotenen Zone liegt. Die Anzahl an<br />
Elektronen im Leitungsband muss jetzt der Fläche unter der Fermiverteilung im Leitungsband<br />
proportional sein. Zur Berechnung der Fläche kann dabei die Näherung für große Energien<br />
verwendet werden:<br />
Dabei wurde im letzten Schritt ausgenutzt, dass die Fermienergie in der Mitte der Bandlücke<br />
liegt.<br />
8.3 Eigenleitung<br />
Betrachten wir zunächst einen reinen <strong>Halbleiter</strong>stoff wie Silizium ohne jegliche Verunreinigung.<br />
Wegen der Gap-Energie von 1,1 eV befinden sich bei Raumtemperatur (kT = 0,026<br />
eV) nur sehr wenig Elektronen im Leitungsband. Wie oben gezeigt, ergibt sich:<br />
*<br />
Als Proportionalitätsfaktor führen wir die Materialkonstante N ein.<br />
Das Besondere am Leitungsmechanismus der <strong>Halbleiter</strong> ist jetzt, dass jedes Elektron, welches<br />
ins Leitungsband gelangt, im Valenzband eine Lücke hinterlässt.<br />
Folie Nr. 75: Leitungsmodell bei Silizium<br />
Wir erkennen, dass neben der Bewegung der freien Elektronen, die sich im Leitungsband<br />
abspielt, noch eine Bewegung von geb<strong>und</strong>enen Elektronen stattfindet, indem diese zu einer<br />
benachbarten Bindungslücke springen. Diese Leitung findet im Valenzband statt, da die Elektronen<br />
ständig geb<strong>und</strong>en sind. Mit dem Vorrücken der Elektronen ist eine Bewegung der<br />
Lücken in entgegengesetzter Richtung verb<strong>und</strong>en. Diese Bewegung führt also zu einem zusätzlichen<br />
Ladungstransport <strong>und</strong> erhöht somit den Stromfluss im <strong>Halbleiter</strong>. Da die Elektronen<br />
aber ständig geb<strong>und</strong>en sind, erfolgt dieser Ladungstransport mit einer geringeren Geschwindigkeit,<br />
d.h. die Beweglichkeit ist geringer. Wir müssen diese beiden Transportmechanismen,<br />
obwohl sie beide durch Elektronen getragen werden, deutlich unterscheiden. Aus<br />
diesem Gr<strong>und</strong>e führt man für den Transport im Valenzband ein neues Teilchen ein, welchem<br />
man die Bewegung der Lücken zuweist. Wir sprechen bei diesen Teilchen von Löchern oder<br />
Defektelektronen. Da sie sich in die entgegengesetzte Richtung bewegen, muss ihnen eine<br />
positive Ladung zugesprochen werden.
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 85<br />
Wichtig: Die Löcher stellen mehr dar, als ein Ersatz für die Bewegung der geb<strong>und</strong>enen<br />
Elektronen. Betrachten wir die Bewegung der Löcher, so sehen wir einen Austausch<br />
zwischen positiv geladenen Ionen <strong>und</strong> neutralen Atomen. Eine negative<br />
Ladung tritt hier nicht in Erscheinung, sondern es bewegt sich eine positive Ladung<br />
durch den Kristall (dies ist wichtig für den Halleffekt).<br />
Löcher oder Defektelektronen verhalten sich im <strong>Halbleiter</strong>kristall wie frei bewegliche<br />
positive Ladungsträger; ihre Bewegung findet im Valenzband statt<br />
Video Nr. 2-2: Eigenleitung<br />
Freie Elektronen <strong>und</strong> Löcher werden immer gleichzeitig gebildet. Wir sprechen von der Paarbildung.<br />
Trifft ein freies Elektron dagegen auf ein Loch, so kann es wieder eingefangen werden,<br />
wir sprechen von Rekombination. Beide Prozesse laufen im <strong>Halbleiter</strong> ständig parallel<br />
zueinander ab. Es stellt sich ein Gleichgewicht zwischen Paarbildung <strong>und</strong> Rekombination ein.<br />
Die Gleichgewichtskonzentration bestimmt sich entsprechend der obigen Formel. Sie ist für<br />
die Löcher <strong>und</strong> die Elektronen gleich:<br />
n = Elektronenkonzentration, p = Löcherkonzentration<br />
Bei n i sprechen wir von der Eigenleitungskonzentration oder intrinsischen Konzentration.<br />
bei 300 K gilt: Silizium Germanium<br />
W G / eV 1,11 0,67<br />
* -3 19 19<br />
N / cm 5,210 1,010<br />
-3 10 13<br />
n i / cm 1,510 2,410<br />
3<br />
Die Zahl der freien Ladungträger in Silizium ist also bei 300K um 10 geringer als in Germanium,<br />
allein auf Gr<strong>und</strong> des höheren Bandabstandes.<br />
Bei der metallischen Leitung errechnete sich die Leitfähigkeit entsprechend<br />
Bei den Isolatorwerkstoffen mussten wir den Anteil an ionischer Leitung berücksichtigen. Bei<br />
den <strong>Halbleiter</strong>werkstoffen ist jetzt der Anteil der Löcherleitung mit zu berücksichtigen:<br />
Im speziellen Fall des Eigenhalbleiters (n = p = n i)<br />
gilt:
Seite 86 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Elektronenleitung <strong>und</strong> Löcherleitung unterscheiden sich dabei insbesondere durch ihre Beweglichkeit:<br />
bei 300K gilt Silizium Germanium Kupfer<br />
-3 10 13 22<br />
n i / cm 1,510 2,410 8,410<br />
2 n /cm /Vs 1350 3900 45<br />
2 p /cm /Vs 480 1900<br />
-6 -2 5<br />
/ 1/cm 510 210 610<br />
Die Beweglichkeit der Löcher ist stets viel geringer als die der Leitungselektronen. Hier findet<br />
man die Bindung <strong>und</strong> das Springen der Valenzelektronen wieder.<br />
Folie Nr. 75: Temperaturabhängigkeit von n <strong>und</strong> <br />
Für die Temperaturabhängigkeit des spezifischen Widerstandes findet man bei Raumtemperatur:<br />
Im Vergleich dazu fanden wir bei den Metallen einen Temperaturkoeffizienten des spezifischen<br />
Widerstandes von +0,4%/°C.<br />
Tatsächlich liegt aber keine lineare Änderung mit der Temperatur vor, sondern eine exponentielle.<br />
In der Praxis rechnet man daher mit einer Verdopplung der Leitfähigkeit bei jeweils<br />
10K Temperaturerhöhung.<br />
Wegen der exponentiellen Abhängigkeit benutzt man für die grafische Darstellung sehr gern<br />
eine Auftragung des Logarithmus von n gegen die reziproke Temperatur 1/T, da man dann<br />
eine lineare Abhängigkeit erhält. Man spricht hierbei von einem so genannten Arrehniusplot.<br />
Beispiele hierfür sind in der folgenden Folie dargestellt:<br />
Folie Nr. 75: Temperaturabhängigkeit der Eigenkonzentration<br />
Aus der Steigung lässt sich dann der Bandabstand bestimmen (Laborversuch).<br />
8.4 Störstellenleitung<br />
Von der bisher betrachteten Eigenleitung kann man im eigentlichen Sinne nur sprechen, wenn<br />
die Zahl der Fremdatome im Kristallgitter nicht größer ist als die Zahl der freien Ladungs-
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 87<br />
träger n i.<br />
Ansonsten würden diese Fremdatome den Leitungsmechanismus deutlich stören. An<br />
die <strong>Halbleiter</strong> werden also extreme Anforderungen hinsichtlich der Reinheit der Materialien<br />
13 -3<br />
gestellt. So weist Germanium bei 300K eine Intrinsiczahl von 2,410 cm auf. Von den<br />
22 3 9<br />
4,410 Atomen je cm hat also nur etwa jedes 10 te Atom ein Elektron abgegeben. Die<br />
-9<br />
Reinheit des Kristalls sollte daher ebenfalls besser als 10 sein (Vergleich: 1 Mensch auf die<br />
gesamte Weltbevölkerung). Dies ist auch die typische Reinheit für Silizium.<br />
Durch den kontrollierten Einbau von Fremdatomen kann man auf der anderen Seite die Leitfähigkeit<br />
ganz gezielt beeinflussen. Dieser kontrollierte Einbau wird als Dotieren bezeichnet.<br />
Damit eine deutliche Wirkung erzielt werden kann muss die Zahl der Fremdatome jetzt wesentlich<br />
größer sein als die Zahl der durch Eigenleitung vorhandenen Ladungsträger. Die<br />
-6<br />
typische Dotierrate beträgt ca. 10 , d.h. 1 Dotieratom auf 1 Million <strong>Halbleiter</strong>atome <strong>und</strong> damit<br />
16 -3<br />
N 10 cm .<br />
Technisch wichtig ist dabei der Fall, dass die Fremdatome ein Außenelektron mehr oder eines<br />
weniger als die Atome des <strong>Halbleiter</strong>gr<strong>und</strong>gitters besitzen. Bei Germanium <strong>und</strong> Silizium, die<br />
in der Gruppe IV des Periodensystemes sitzen, sind dies:<br />
a) Elemente der Gruppe V,<br />
z.B. P, As, Sb<br />
Es sind dann jeweils<br />
b) Elemente der Gruppe III,<br />
z.B. B, Al, Ga, In<br />
Elektronen ungesättigte Bindungen<br />
im Überschuss vorhanden, so das vorwiegend<br />
Elektronenleitung Löcherleitung<br />
auftritt. Man nennt die betreffenden Störstellen<br />
Elektronenspender oder<br />
Donatoren<br />
Elektronenfänger oder<br />
Akzeptoren<br />
<strong>und</strong> den resultierenden <strong>Halbleiter</strong> nach dem Ladungsvorzeichen<br />
der mehrheitlich vorhandenen Ladungsträger<br />
Überschuss-<strong>Halbleiter</strong><br />
n-<strong>Halbleiter</strong><br />
Defekt-<strong>Halbleiter</strong><br />
p-<strong>Halbleiter</strong><br />
Betrachten wir die Auswirkungen der Fremdstoffe auf die Leitfähigkeit im einzelnen. Die<br />
folgende Folie zeigt einen Silizium-Kristall, der geringfügig mit Phosphor dotiert wurde:<br />
Folie Nr. 76: n-dotiertes Silizium<br />
Phosphor besitzt ein zusätzliches Außenelektron, welches nicht mit in die kovalente Bindung<br />
des Kristalls einbezogen werden kann. Dieses kann thermisch sehr leicht abgelöst werden <strong>und</strong>
Seite 88 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
somit zur Leitfähigkeit beitragen.<br />
Im Energiebandmodell (Bänderschema) machen sich diese<br />
Störstellen durch ein schmales Energieband innerhalb der<br />
verbotenen Zone bemerkbar. Da die Elektronen sehr leicht<br />
in das Leitungsband gelangen, muss dieses Donator-Niveau<br />
sehr nahe unter dem Leitungsband angesiedelt sein.<br />
So beträgt dieser Bandabstand W D bei 300K:<br />
Ge Si<br />
As 0,013 eV 0,049 eV<br />
Sb 0,010 eV 0,039 eV<br />
Abb. 8.4-1<br />
Im Vergleich mit der thermischen Energie der Elektronen bei 300K von 0,026 eV zeigt sich,<br />
dass hier die gleiche Größenordnung besteht. Bei Raumtemperatur sind daher ein großer Teil<br />
der Donatoratome ionisiert, d.h sie haben ihr Elektron abgegeben.<br />
Es entstehen aber keine zusätzlichen Löcher, da diese offenen Valenzen der Donatoratome<br />
keine anderen Valenzelektronen an sich binden können.<br />
Video Nr. 2-4: n-Dotierung mit Antimon (Sb)<br />
Die Leitfähigkeit wird also bei diesen Temperaturen im wesentlichen durch die Donatoratome,<br />
bzw. ihre Konzentration, bestimmt. Daneben sind aber auch noch die aus der Eigenleitung<br />
bekannten Löcher <strong>und</strong> Elektronen vorhanden. Während bei der Eigenleitung Löcher <strong>und</strong><br />
Elektronen in gleicher Konzentration vorlagen, kommt es durch die Donatoren zu einer Verschiebung<br />
des Gleichgewichtes. Zum einen sind mehr Elektronen vorhanden, zum anderen<br />
werden vorhandene Löcher wegen der größeren Anzahl an Elektronen schneller aufgefüllt<br />
(Rekombination). Während die Zahl der Elektronen also größer ist als bei der Eigenleitung,<br />
muss die Zahl der Löcher jetzt geringer sein. Es stellt sich ein neues Gleichgewicht ein, bei<br />
dem die Zahl der Paarbildungen gleich der Zahl der Rekombinationen ist<br />
n Rekomb. = n Paarb.<br />
Die Zahl der Rekombinationen ist der Zahl der vorhandenen Elektronen <strong>und</strong> Löcher proportional,<br />
also dem Produkt np, die Zahl der Paarbildungen ist nur von der Temperatur abhängig<br />
<strong>und</strong> nicht von der Zahl der bereits vorhandenen Elektronen <strong>und</strong> Löcher. Somit gilt:<br />
np = const. f(T)<br />
Diese Beziehung gilt für alle <strong>Halbleiter</strong>, egal ob dotiert oder nicht. Von der Eigenleitung<br />
wissen wir aber:
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 89<br />
Diese Beziehung gilt jetzt auch für den dotierten <strong>Halbleiter</strong> <strong>und</strong> ermöglicht es uns die Zahl der<br />
Löcher in einem n-dotierten <strong>Halbleiter</strong> zu bestimmen. Da bei Raumtemperatur nahezu alle<br />
Donatoren ihre Elektronen abgegeben haben, gilt näherungsweise n = N D = Donator-Konzentration.<br />
Damit folgt sofort<br />
Beispiel:<br />
13 -3 16 -3<br />
Germanium mit n i = 2,410 cm bei 300K wird mit N D = 2,410 cm Donatoren<br />
dotiert.<br />
2 10 -3<br />
Dann sind p = n / n = 2,410 cm Löcher vorhanden.<br />
i D<br />
Da bei n-dotierten <strong>Halbleiter</strong>n die Elektronen stets in der Überzahl sind, bezeichnet man sie<br />
auch als Majoritätsträger, die Löcher entsprechend als Minoritätsträger.<br />
Betrachten wir jetzt in analoger Weise einen mit Akzeptoren dotierten <strong>Halbleiter</strong>kristall.<br />
Folie Nr. 76: p-dotiertes Silizium<br />
Die Folie zeigt den Einbau von wenigen Boratomen in einen Siliziumkristall. Da Bor nur 3<br />
Außenelektronen besitzt, bleibt eine der Bindungen des Siliziums offen. An diesem Platz<br />
kann ein freies Elektron nahezu genauso fest geb<strong>und</strong>en werden wie bei der kovalenten Gitterbindung.<br />
Dies bedeutet, dass innerhalb der verbotenen Zone jetzt ein<br />
sehr schmales Energieband existiert, welches von Elektronen<br />
besetzt werden kann. Dieses Energieband liegt dicht oberhalb<br />
der oberen Valenzbandkante, so dass die hierin befindlichen<br />
Elektronen ähnlich stark geb<strong>und</strong>en sind, wie die Valenzelektronen.<br />
Wir sprechen von einem Akzeptor-Niveau. Der Abstand<br />
W A zum Valenzband hat typischer Weise folgende<br />
Werte:<br />
Ge Si<br />
Ga 0,0011 eV 0,065 eV<br />
B 0,01 eV 0,05 eV<br />
In 0,011 eV 0,16 eV<br />
Abb. 8.4-2
Seite 90 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Hieran erkennt man, dass geb<strong>und</strong>ene Elektronen (also aus dem Valenzband) nur sehr wenig<br />
Energie aufnehmen müssen um von einem Bindungsplatz auf eine solche Bindungslücke<br />
überzuwechseln. Ein solches Elektron hinterlässt dann im Valenzband ein Loch. Da dieses<br />
Elektron von allen Atomen des Kristalls stammen kann <strong>und</strong> die Siliziumatome in der Überzahl<br />
sind, sind die meisten Löcher ebenfalls an Siliziumatomen lokalisiert.<br />
Bei Raumtemperatur sind die meisten Akzeptoratome ionisiert, entsprechend der Beziehung:<br />
Es werden hierbei keine freien Elektronen gebildet, sondern nur Löcher.<br />
Video Nr. 2-5: p-Dotierung<br />
Es gilt näherungsweise bei 300K p = N A = Akzeptor-Konzentration. Hinzu kommen wieder<br />
die Ladungsträger der Eigenleitung. Die Löcher stellen in diesem Falle die Majoritätsträger<br />
dar, die Elektronen, deren Zahl sich wieder berechnet nach<br />
stellen die Minoritätsträger dar.<br />
Bei der Betrachtung p-dotierter<br />
<strong>Halbleiter</strong> benutzt<br />
man überwiegend das Löcherbild.<br />
So spricht man<br />
auch davon, dass das<br />
Akzeptor-Niveau bei T=0K<br />
vollständig mit Löchern<br />
besetzt ist, welche bei höherer<br />
Temperatur dann ins<br />
Valenzband überwechseln.<br />
Hinsichtlich der Temperaturabhängigkeit<br />
der<br />
Ladungsträgerkonzentration<br />
<strong>und</strong> damit auch der Leitfähigkeit<br />
muss man jetzt drei Bereiche unterscheiden:<br />
Abb. 8.4-3<br />
Bei T=0K sind sowohl p- als auch n-Leiter Isolatoren. Alle Akzeptor- bzw. Donatorniveaus<br />
sind voll besetzt. Bei Anstieg der Temperatur gelangen zunehmend Elektronen ins Leitungsband,<br />
bzw. Löcher ins Valenzband. Die Zahl der Ladungsträger steigt exponentiell an. Da hier<br />
nicht alle Störstellenniveaus ionisiert sind, sprechen wir von der Störstellenreserve.<br />
Bei Raumtemperatur sind dagegen alle Störstellenniveaus ionisiert. Eine weitere Steigerung
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 91<br />
durch Temperaturzufuhr ist praktisch nicht möglich. Dieser Bereich wird daher Störstellenerschöpfung<br />
genannt.<br />
Steigert man die Temperatur weiter, so macht sich zunehmend die Eigenleitung bemerkbar.<br />
Hier kommt es wieder zu einem exponentiellen Anstieg. Dieser Bereich heißt Eigenleitungsbereich.<br />
Betrachten wir die Temperaturabhängigkeit<br />
der spezifischen<br />
Leitfähigkeit bzw. des spezifischen<br />
Widerstandes, so müssen<br />
wir die Temperaturabhängigkeit<br />
der Beweglichkeit mit einbeziehen.<br />
Diese hat aber nur im Bereich<br />
der Störstellenerschöpfung<br />
einen wesentlichen Einfluss, da<br />
hier die Ladungsträgerzahl nahezu<br />
temperaturunabhängig ist.<br />
Wegen der Abnahme der Beweglichkeit<br />
mit der Temperatur<br />
steigt in diesem Bereich der spezifische Widerstand in der Regel wieder leicht an.<br />
Abb. 8.4-4<br />
Bei Si-<strong>Halbleiter</strong>n tritt die Eigenleitung wegen des höheren Bandabstandes erst bei wesentlich<br />
höheren Temperaturen auf. Der Erschöpfungsbereich ist daher deutlich ausgeprägter. Dotierte<br />
Si-<strong>Halbleiter</strong> sind bis zu Temperaturen von etwa 180C einsetzbar, dotierte Ge-<strong>Halbleiter</strong><br />
gehen dagegen bereits bei etwa 70C in die Eigenleitung über.<br />
8.5 Herstellung von <strong>Halbleiter</strong>materialien<br />
Die Herstellung der homogenen <strong>Halbleiter</strong>materialien, die wir bisher betrachtet haben, erstreckt<br />
sich auf drei Verfahrensschritte:<br />
- Reinigung der Ausgangssubstanz<br />
- Herstellung von Einkristallen<br />
- Dotierung<br />
Die Reinigung der Ausgangssubstanzen hatten wir schon bei der Behandlung der Zustandsdiagramme<br />
der Legierungen behandelt. Die Folie zeigt noch einmal das Zustandsdiagramm<br />
einer Legierung, die keine oder nur eine sehr geringe Löslichkeit im festen Zustand besitzt.<br />
Beim Abkühlen aus der Schmelze entstehen Kristalle, die nahezu fremdstofffrei sind, die<br />
Verunreinigungen sammeln sich in der Schmelze an. Dieses Verfahren wird im so genannten<br />
Zonenschmelzverfahren <strong>und</strong> dem tiegelfreien Zonenschmelzverfahren ausgenutzt.
Seite 92 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Folie Nr. 77: Zonenschmelzverfahren<br />
Bei beiden Verfahren wird eine Schmelzzone langsam durch das Material geführt. Die Fremdstoffe<br />
reichern sich in der Schmelze an <strong>und</strong> werde so zu einem Ende transportiert. Bei mehrfachem<br />
Durchlaufen können so sehr hohe Reinheitsgrade erzielt werden. Das tiegelfreie Zonenschmelzen<br />
wird in der Regel für Silizium angewandt, da hier höhere Schmelztemperaturen<br />
notwendig sind <strong>und</strong> dann die Gefahr der Verunreinigung durch das Tiegelmaterial gegeben ist.<br />
Zur Herstellung von Einkristallen wird ein kleiner Einkristall (Impfkristall) in die Schmelze<br />
eingetaucht <strong>und</strong> langsam drehend wieder herausgezogen. Dabei kristallisieren an der Grenzfläche<br />
Kristall/Schmelze die Atome aus <strong>und</strong> der Einkristall wächst. Durch das Drehen wird<br />
ein gleichmäßig r<strong>und</strong>er Kristall erzeugt.<br />
Folie Nr. 78: Kristallziehverfahren<br />
Dieses Verfahren wird als Czochralski-Verfahren oder Drehzieh-Verfahren bezeichnet.<br />
Auch hier existiert ein tiegelfreies Herstellungsverfahren, das Zonenziehverfahren. Hierbei<br />
wird der Impfkristall zunächst mit dem vielkristallinen Ausgangsmaterial verschmolzen <strong>und</strong><br />
dieser Stab dann durch eine Schmelzzone transportiert.<br />
Auf diese Weise werden heute Siliziumeinkristalle mit einem Durchmesser von bis zu 30cm<br />
(12") hergestellt.<br />
Video Nr. 18: Kristallziehen<br />
Folie Nr. 79: Si-Einkristalle<br />
Die Dotierstoffe können bei homogener Dotierung des Kristalls<br />
einerseits direkt in die Kristallzuchtschmelze eingebracht<br />
werden oder beim Zonenziehen in Form von Gas zugeführt<br />
werden. Vielfach wird heute aber auch die nachträgliche<br />
Diffusion des Dotierungsstoffes bei hohen Temperaturen<br />
verwendet. Dabei werden die <strong>Halbleiter</strong>kristallscheiben<br />
in einem Ofen erwärmt bis auf ca. 1000C <strong>und</strong> einem Gasstrom<br />
aus dem Dotierungsstoff ausgesetzt. Die Gasatome<br />
wandern dann in das <strong>Halbleiter</strong>material hinein.<br />
Abb. 8.5-1<br />
Die Diffusion ist auf dünne Oberflächenschichten beschränkt, dies stellt aber für die heutige<br />
Mikrotechnologie keine Einschränkung dar.<br />
Ein neueres Verfahren ist die Ionenimplantation. Hier werden Ionen der Dotierstoffe auf hohe<br />
Energie beschleunigt <strong>und</strong> dann in die Oberfläche hineingeschossen. Hiermit lassen sich Dotierungsänderungen<br />
auch bei Raumtemperatur erzielen. Dieses Verfahren ist allerdings sehr<br />
teuer.
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 93<br />
9. <strong>Bauelemente</strong> aus homogenen <strong>Halbleiter</strong>n<br />
9.1 Fotowiderstand<br />
Neben der thermischen Anregung von Elektronen aus dem Valenzband ins Leitungsband,<br />
welche durch die Fermi-Funktion beschrieben wird, ist es auch möglich durch Bestrahlung<br />
mit Licht diesen Übergang herbeizuführen. Dazu folgende Überlegung:<br />
sichtbares Licht hat eine Wellenlänge von 500nm. Hieraus<br />
8<br />
ergibt sich eine Frequenz von f=c/= 310 m/s / 500nm =<br />
14 610 1/s. Entsprechend der Beziehung W=hf bedeutet dies<br />
-34 14<br />
eine Energie der Photonen von W=6,6310 Js 610 1/s =<br />
-19 410 J = 2,48 eV. Die Energie eines solchen Photons ist also<br />
deutlich höher als die Gapenergie der meisten <strong>Halbleiter</strong>.<br />
Trifft ein solches Photon auf ein Valenzelektron, so kann dieses<br />
ins Leitungsband angehoben werden.<br />
Umgekehrt kann man über die obigen Beziehungen aus einer<br />
gegebenen Gapenergie sofort die maximale Wellenlänge des<br />
Lichtes errechnen, welches diesen Übergang hervorrufen kann:<br />
Abb. 9.1-1<br />
Unterhalb der Grenzwellenlänge existiert eine gewisse Bandbreite des Lichtes, welches geeignet<br />
ist die Elektronen anzuregen.<br />
Folie Nr. 80: Spektrale Empfindlichkeit der Fotowiderstände<br />
Da bei den Verbindungshalbleitern die Gapenergie in weiten Bereichen variieren kann, ist es<br />
möglich für eine Vielzahl von Lichtwellenlängen den geeigneten Fotowiderstand auszuwählen.<br />
Folie Nr. 80: Bandabstand <strong>und</strong> Grenzwellenlängen von <strong>Halbleiter</strong>n<br />
Will man die erzeugten Ladungsträger für den Stromtransport nutzen, muss man dafür sorgen,<br />
dass sie durch ein elektrisches Feld möglichst schnell zu den Anschlusselektroden transportiert<br />
werden. Da diese Elektronen aber nur eine begrenzte Lebensdauer besitzen, müssen die<br />
Elektroden möglichst nahe an die Erzeugungsorte herangeführt werden. Aus dieser Forderung<br />
<strong>und</strong> der Notwendigkeit einer möglichst großen aktiven Oberfläche ergibt sich die in der folgenden<br />
Folie dargestellte Kontaktierungsform für Fotowiderstände.
Seite 94 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Folie Nr. 80: Aufbau der Fotowiderstände<br />
Die aktive Schicht wird auf einen Glas- oder Keramikträger aufgedampft, der Durchmesser<br />
beträgt einige Millimeter, die Schichtdicke einige m. Anschließend wird über eine Maske<br />
die Elektrodenstruktur aufgedampft.<br />
Infolge der erzeugten Ladungsträger variiert der Widerstandwert dieses Fotowiderstandes<br />
ganz erheblich mit der Intensität des eingestrahlten Lichtes.<br />
Folie Nr. 81: Widerstand <strong>und</strong> Kennlinie als Funktion der Beleuchtung<br />
Der Widerstandswert ändert sich etwa umgekehrt proportional zur Beleuchtungsstärke:<br />
- R E mit 1 (0,5 < < 1,2)<br />
Das I-U-Diagramm zeigt, dass sich der Fotowiderstand bei konstanter Beleuchtung tatsächlich<br />
wie ein Widerstand verhält. Folgende Kennwerte sind für Fotowiderstände wichtig:<br />
6<br />
Der Dunkelwiderstand R 0 (typisch >10 ) wird durch die thermisch erzeugten Elektronen<br />
bestimmt. Er ist im wesentlichen vom Bandabstand abhängig. <strong>Halbleiter</strong>materialien mit geringem<br />
Bandabstand, wie InSb mit 0,18 eV, die für Infrarotdetektoren eingesetzt werden, müssen<br />
daher bei sehr tiefen Temperaturen betrieben werden (flüssiger Stickstoff oder Helium). Der<br />
Hellwiderstand R 1000 (typisch einige 100 ) wird bei einer Beleuchtungsstärke von 1000 lx<br />
gemessen. Dabei entsprechen 1000 lx etwa der Helligkeit am Tage bei bedecktem Himmel.<br />
Die Ansprechzeit t r ist die Zeit in der der<br />
Strom nach Einschalten der Beleuchtung<br />
auf 63% seines Endwertes ansteigt:<br />
Diese Zeit hängt wiederum von der Beleuchtungsstärke<br />
ab.<br />
Folie Nr. 81: Anstiegs- <strong>und</strong> Abfallzeit<br />
Abb. 9.1-2<br />
Generell sind die Ansprechzeiten sehr groß, verglichen mit den sonstigen, für <strong>Halbleiter</strong> geltenden<br />
Schaltzeiten. Dies begrenzt die Fotowiderstände in ihren Einsatzmöglichkeiten. Wichtigste<br />
Einsatzfälle sind z.B. Belichtungsmesser <strong>und</strong> Dämmerungsschalter.<br />
Die Gr<strong>und</strong>schaltung ist durch die folgende Schaltung gegeben:
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 95<br />
Abb. 9.1-3<br />
Das Verhalten des Fotowiderstandes hängt zum einen jetzt von seinem Kennlinienfeld I(U,E)<br />
ab sowie auch von dem Arbeitswiderstand R = 2,7 k. Es gilt hier die Bedingung:<br />
U = U B - R I<br />
Dies stellt eine Geradengleichung dar, welche einerseits die Abzisse bei U B schneidet, andererseits<br />
die Ordinate bei I = U B / R. Diese Gerade wird als Widerstandsgerade oder Arbeitsgerade<br />
bezeichnet, da alle Arbeitspunkte auf dieser Geraden liegen müssen. In Abhängigkeit<br />
von der Beleuchtung stellen sich jetzt die Arbeitspunkte U = 15V bei E = 100 lx bzw. U= 3V<br />
bei E = 1000 lx ein. Bei Erhöhung der Beleuchtungsstärke nimmt also die Spannung deutlich<br />
ab, oder der Strom deutlich zu (von ca. 2mA auf 6mA). Der Arbeitswiderstand R kann z.B.<br />
die Spule eines Relais sein, welches bei ausreichender Beleuchtung einen Kontakt schließt.<br />
Bei der Dimensionierung des Arbeitswiderstandes ist zu beachten, dass die Arbeitgerade nicht<br />
die Verlustleistungshyperbel schneidet, da sonst die Belastung des Fotowiderstandes zu groß<br />
werden kann. (Verlustleistungshyperbel: I = P max / U)
Seite 96 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
9.2 Magnetfeldabhängige <strong>Bauelemente</strong><br />
Den Halleffekt hatten wir schon bei der Beschreibung der elektrischen Leitfähigkeit eingeführt.<br />
Zur Erinnerung sei noch einmal zusammen gefasst:<br />
Folie Nr. 10: Halleffekt<br />
Durch die Wirkung der Lorentzkraft entsteht an den Seitenflächen des Hallelementes ein<br />
Ladungsüberschuss, die sogenannte Hallspannung, für die gilt:<br />
Hintergr<strong>und</strong> ist das Gleichgewicht der Lorentzkraft F=evB mit der Feldkraft F=EHe. Die Größe R H = 1/ne wird als Hallkonstante bezeichnet.<br />
23 -3 -11 3<br />
Beispiel: Cu mit n = 10 cm hat eine Hallkonstante R H=<br />
610 m /As. Bei einer Foliendicke<br />
von 10m, I=1A <strong>und</strong> B=1T ergibt sich dann eine Hallspannung von<br />
-11 3 -5<br />
U H = 610 m /As / 10 m 1A1T = 6V<br />
In <strong>Halbleiter</strong>materialien haben wir jetzt zwei verschiedene Ladungsträger zu berücksichtigen:<br />
Folie Nr. 82: Halleffekt bei Löcher- <strong>und</strong> Elektronenleitung<br />
Die Löcher <strong>und</strong> Elektronen eines <strong>Halbleiter</strong>s werden infolge der Ladungsumkehr <strong>und</strong> Geschwindigkeitsumkehr<br />
zur gleichen Seite abgelenkt. Haben wir, wie beim Eigenhalbleiter,<br />
beide Ladungsträgerarten vorliegen, so kompensieren sich folglich die Hallspannung der<br />
Löcher <strong>und</strong> die der Elektronen teilweise. Das diese Kompensation nicht komplett ist, liegt an<br />
den unterschiedlichen Beweglichkeiten. Ladungsträger mit höherer Beweglichkeit besitzen<br />
eine höhere Geschwindigkeit <strong>und</strong> unterliegen somit einer höheren Lorentzkraft. Damit ist<br />
auch ihre Hallspannung größer.<br />
Für die Hallkonstante folgt jetzt:<br />
Für einen Eigenhalbleiter mit n = p = n i folgt dann sofort:
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 97<br />
In der Regel haben wir es aber mit dotierten <strong>Halbleiter</strong>n zu tun, da in einem Eigenhalbleiter<br />
der Stromfluss wegen des hohen Widerstandswertes recht gering ist. Für diese gilt dann:<br />
Wir sehen damit, dass das Vorzeichen der Hallspannung von der Dotierungsart abhängt.<br />
Der Halleffekt bietet die Möglichkeit, bei einem Leiter die Polarität der<br />
Ladungsträger zu unterscheiden<br />
Infolge der geringen Ladungsträgerdichte ist der Halleffekt bei <strong>Halbleiter</strong>n wesentlich effektiver<br />
als bei den Metallen:<br />
16 -3<br />
Beispiel: Ein n-dotierter <strong>Halbleiter</strong> mit n D=10<br />
cm hat eine Hallkonstante von<br />
-4 3 R=610 H m /As. Bei einem Strom von 100mA <strong>und</strong> einer Plättchendicke von 1 mm (die<br />
Stromdichte ist geringer als bei Metallen) ergibt sich bei B=1T<br />
-4 3 -3<br />
U=610 m /As /10 m 0,1A 1T = 60mV<br />
H<br />
Ein Bauelement, welches den Halleffekt zur Spannungserzeugung ausnutzt, wird als Hallgenerator<br />
bezeichnet. Dies sind dünne <strong>Halbleiter</strong>plättchen auf keramischem Träger, die in der<br />
Regel aus <strong>und</strong>otiertem Indiumantimonid oder dotiertem Indiumarsenid bestehen. Diese<br />
<strong>Halbleiter</strong>werkstoffe haben den großen Vorteil, dass die Beweglichkeiten von Elektronen <strong>und</strong><br />
Löchern sehr unterschiedlich sind:<br />
2 2 2 2<br />
InSb: n=77000 cm /Vs, p=780 cm /Vs InAs: n=22000 cm /Vs, p=200<br />
cm /Vs.<br />
Wegen der geringen Bandlücke von 0,2eV ist die intrinsische Ladungsdichte beim InSb mit<br />
16 -3<br />
n= i 210 cm ähnlich groß wie bei einem dotierten Si-<strong>Halbleiter</strong> <strong>und</strong> damit ergibt sich auch<br />
-4 3<br />
eine ähnlich große Hallkonstante von 310 m /As. Ähnliches gilt für das dotierte InAs mit<br />
-4 3<br />
R H =110m /As, welches in Folge der Dotierung aber eine bessere Temperaturkonstanz zeigt<br />
(Störstellenerschöpfung).<br />
Folie Nr. 83: Schaltzeichen <strong>und</strong> Kennlinie eines Hallgenerators<br />
Anwendungen:<br />
- Allgemeine Magnetfeldmessungen
Seite 98 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
- Magnetfeldsensitive Schalter<br />
- Strommessung mit Strommesszange<br />
Folie Nr. 83: Prinzip der Strommesszange<br />
- Da die Hallspannung dem Produkt aus I <strong>und</strong> B proportional ist, eignet sich der<br />
Hallgenerator zur Produktbildung. Anwendung: Leistungsmessung<br />
Folie Nr. 83: Leistungsmessung mit Hallgenerator<br />
Eine weitere Ausnutzung des Einflusses magnetischer Felder findet bei den magnetfeldabhängigen<br />
Widerständen oder Feldplatten statt. Diese bestehen ebenfalls aus Indiumantimonid,<br />
durch den Herstellungsprozess sind in den <strong>Halbleiter</strong>werkstoff aber metallisch leitende<br />
Nadeln aus Nickelantimonid eingelagert.<br />
Folie Nr. 84: Aufbau der Feldplatte<br />
Unter Einwirkung des Magnetfeldes ergibt sich im <strong>Halbleiter</strong>material eine starke Ablenkung<br />
der Elektronen, da hier die Beweglichkeit sehr hoch ist. Eine Hallspannung kann sich aber<br />
nicht aufbauen, da durch die leitfähigen Nadeln ein innerer Kurzschluss hervorgerufen wird.<br />
Die Elektronen fließen daher in den Nadeln wieder zurück. Insgesamt ergibt sich für die Elektronen<br />
so ein Zick-Zack-Weg durch den <strong>Halbleiter</strong>, der um so stärker ausgeprägt ist je stärker<br />
das Magnetfeld ist. Diese Wegverlängerung bedeutet nichts anderes als eine Erhöhung des<br />
Widerstandes der Feldplatte.<br />
Folie Nr. 84: Abhängigkeit des Widerstandes von B, U-I-Kennlinie<br />
Anwendungen: Feldplatten werden in großer Zahl als Sensoren für mechanische <strong>und</strong> elektrische<br />
Größen eingesetzt. Beispiele sind die Drehzahlmessung oder die Gleichstrommessung.<br />
9.3 <strong>Halbleiter</strong>-Thermoelemente<br />
Der thermoelektrische Effekt wurde schon bei den metallischen<br />
<strong>Werkstoffe</strong>n besprochen. Verbindet man zwei Metalle<br />
miteinander <strong>und</strong> legt die Kontaktstellen auf unterschiedliche<br />
Temperaturen, so beobachtet man entlang der Leiter Diffu-<br />
sionsspannungen U d.<br />
Die Ursache für die Diffusionsspannungen<br />
ist die unterschiedliche thermische Bewegungsenergie<br />
der Elektronen bei den unterschiedlichen Temperaturen.<br />
Es lässt sich zwischen den Metallen eine Thermospannung<br />
U th messen:<br />
Abb. 9.3-1<br />
S i sind die so genannten Seebeckkoeffizienten, th nennen wir die Thermokraft zwischen
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 99<br />
diesen beiden Metallen. Sie hängt von der speziellen Metallpaarung ab <strong>und</strong> liegt typisch zwischen<br />
10 - 50V/C.<br />
Verwenden wir anstelle des Metalls einen geeignet dotierten <strong>Halbleiter</strong>, so besitzen dessen<br />
Ladungsträger am heißen Ende nicht nur eine hohe Bewegungsenergie sondern wir erhalten<br />
dort zusätzliche eine höhere Ladungsträgerkonzentration durch die thermische Freisetzung<br />
von Elektronen oder Löchern.<br />
Folie Nr. 85: <strong>Halbleiter</strong>-Thermoelement<br />
Dies hat zur Folge, dass die Seebeckkoeffizienten S von geeigneten <strong>Halbleiter</strong>werkstoffen<br />
wesentlich größer sind, als die der Metalle. Damit überwiegt die Wirkung der <strong>Halbleiter</strong>seite<br />
stark <strong>und</strong> wir erhalten sehr hohe Thermokräfte als Differenz:<br />
Folie Nr. 86: Thermokraft der <strong>Halbleiter</strong>-Thermoelemente<br />
Während man bei den Metallen am heißen Ende<br />
stets ein positives, am kalten Ende stets ein negatives<br />
Potential findet, ergeben sich bei den <strong>Halbleiter</strong>n<br />
in Abhängigkeit von der Dotierung unterschiedliche<br />
Spannungsrichtungen. Bei den Metallen konnte man<br />
daher nur die Differenzspannungen ausnutzen,<br />
schalten man dagegen einen p- <strong>und</strong> einen n-<strong>Halbleiter</strong><br />
zusammen, so addieren sich die Thermokräfte.<br />
Dies nutzt man speziell zur Energiegewinnung aus<br />
einem Temperaturunterschied aus. Wir sprechen von<br />
einem Thermogenerator oder Seebeck-Element.<br />
Folie Nr. 85: Seebeck-Element<br />
Abb. 9.3-2<br />
Diese besitzen je nach Temperaturdifferenz Wirkungsgrade zwischen 5% <strong>und</strong> 40%. Ihre<br />
Anwendung liegt in der Ausnutzung von Abgaswärme, in der Stromversorgung von Satelliten<br />
mit Kernzerfallsbatterien oder auch in der Energiegewinnung aus der Körperwärme (z.B. für<br />
Armbanduhren). Es sind dabei heute Materialien verfügbar, die Temperaturen von 1000C<br />
zulassen. Durch Serien- <strong>und</strong> Parallelschaltung mehrerer solcher Elemente lassen sich dann die<br />
gewünschten Spannungen <strong>und</strong> Leistungen realisieren.<br />
Der Seebeck-Effekt lässt sich auch umkehren. Legt man eine Spannung an das Seebeckelement<br />
(positiver Pol an p negativer Pol an n) so fließen sowohl Löcher als auch Elektronen<br />
vom kalten Ende zum heißen Ende <strong>und</strong> nehmen dabei Wärmeenergie mit. Das kalte Ende<br />
kühlt sich weiter ab, das heiße Ende heizt sich auf. Wir sprechen hierbei vom Peltier-Effekt.<br />
Polt man die Spannung um, so kehrt sich der Ladungsträgertransport um <strong>und</strong> damit die Richtung<br />
des Wärmetransportes. Wir können also sowohl kühlen, als auch heizen mit einem Peltierelement.
Seite 100 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Folie Nr. 87: <strong>Halbleiter</strong>-Peltiermodul<br />
Man erreicht hiermit heute Temperaturdifferenzen von bis zu 50K. Allerdings ist der Wirkungsgrad<br />
mit max. 10% deutlich geringer als der von herkömmlichen Kühlaggregaten.<br />
Ihr Einsatz liegt bei der Kühlung von <strong>Halbleiter</strong>schaltungen (Mikroprozessoren) sowie beim<br />
Aufbau von kleinen Kühlboxen (Autokühlbox).
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 101<br />
10. Der p-n-Übergang<br />
10.1 Die Diffusionsspannung<br />
Bisher haben wir nur den homogen dotierten <strong>Halbleiter</strong> betrachtet. Die wichtigste Anwendung<br />
der <strong>Halbleiter</strong> liegt aber bei <strong>Bauelemente</strong>n, die zwei oder mehr unterschiedlich dotierte Gebiete<br />
besitzen. Die Grenzfläche zwischen einem p- <strong>und</strong> einem n-dotierten <strong>Halbleiter</strong>bereich ist<br />
dabei von größter Bedeutung. Wir bezeichnen diesen Bereich als p-n-Übergang oder Sperrschicht.<br />
Zunächst stellen wir uns vor, dass aus je einem p- <strong>und</strong> einem n-leitenden <strong>Halbleiter</strong>stück ein<br />
gemeinsamer <strong>Halbleiter</strong> hergestellt wird:<br />
Folie: Nr. 88a: Entstehung der Sperrschicht<br />
Die Konzentration der beweglichen<br />
Ladungsträger entspricht in beiden Stücken<br />
etwa der Dotierung.<br />
Wenn sich beide Stücke berühren, beginnt<br />
infolge des Konzentrationsunterschiedes<br />
eine Wanderung der Majoritätsträger in das<br />
andere <strong>Halbleiter</strong>stück. Es fließt ein Diffusionsstrom<br />
I D,<br />
welcher die Unterschiede ausgleichen<br />
möchte. Hierbei werden negative<br />
Ladungen in den p-<strong>Halbleiter</strong> transportiert,<br />
positive Ladungsträger in den n-<strong>Halbleiter</strong>.<br />
Der p-<strong>Halbleiter</strong> lädt sich folglich negativ<br />
auf, der n-<strong>Halbleiter</strong> positiv. Es entsteht somit<br />
eine Spannung zwischen beiden Bereichen,<br />
die sogenannte Diffusionsspannung<br />
U D.<br />
Abb. 10.1-1<br />
Diese Diffusionsspannung bewirkt ihrerseits<br />
einen Ladungsträgerstrom, welcher dem Diffusionsstrom<br />
entgegenläuft. Wir sprechen hierbei von einem Feldstrom I E.<br />
Die Diffusionsspannung<br />
wächst solange an, bis ein Gleichgewicht zwischen Diffusionsstrom <strong>und</strong> Feldstrom<br />
vorliegt (Abb. 10.1-2). Jetzt ist der Ausgleich der Ladungsträger abgeschlossen. Während der<br />
Diffusionsstrom im wesentlichen durch die Höhe der Dotierungen N A <strong>und</strong> N D bestimmt wird,<br />
ist der Feldstrom durch die im Wirkungsbereich von U D thermisch erzeugten Ladungsträger<br />
bestimmt <strong>und</strong> damit durch n i.<br />
Der Diffusionsstrom nimmt exponentiell mit der Diffusionsspannung ab, da die Ladungsträger
Seite 102 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
gegen das Potential anlaufen müssen.<br />
Die Zahl der Elektronen (<strong>und</strong> Löcher),<br />
die eine ausreichende Energie<br />
hierfür besitzen nimmt aber exponentiell<br />
ab (siehe Abschnitt 8.3):<br />
Für den Elektronenstromanteil von n<br />
nach p gilt dabei<br />
für den Löcherstromanteil von p nach n entsprechend<br />
(c ist eine Konstante, die material- <strong>und</strong> geometrieabhängig ist)<br />
Abb. 10.1-2<br />
Der Feldstrom ist nur bei sehr kleiner Diffusionsspannung von der Spannung abhängig, sobald<br />
ein geringes Potential aufgebaut ist, werden alle Ladungsträger hiervon erfasst <strong>und</strong> es fließt<br />
ein konstanter Strom (das ohmsche Gesetz gilt in diesem Falle nicht, da die Bewegung der<br />
Ladungsträger nur über wenige m geht). Die Größe des Stromes ist dabei der Zahl der Minoritätsträger<br />
auf der jeweiligen Seite proportional:<br />
Die über die Grenze fließenden Ladungsträger werden im benachbarten Gebiet zu Minoritäts-<br />
2<br />
trägern. Wegen der Beziehung np = n i setzt sofort eine verstärkte Rekombination mit den<br />
dort vorhandenen Majoritätsträgern ein. Dies führt zu einem schmalen Bereich um die Grenzfläche<br />
herum, indem nahezu alle beweglichen Ladungsträger vernichtet sind, es gilt hier nä-<br />
herungsweise n=p=n i.<br />
Wegen der ortsfesten, positiv geladenen Donatoren <strong>und</strong> negativ geladenen<br />
Akzeptoren liegt aber trotzdem eine Raumladungszone vor, welche die Diffusionsspannung<br />
bestimmt.<br />
Der Verlauf der beweglichen Ladungsträger zeigt im Bereich der Grenzschicht eine expo-<br />
2<br />
nentielle Abnahme. Da überall pn = n i gilt, müssen sich die Kurven bei p=n=n i schneiden.
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 103<br />
Gemeinsam mit den ortsfesten Störstellen<br />
ergibt sich dann ein nahezu<br />
rechteckförmiger Verlauf der Raumladung<br />
.<br />
Mit der Raumladung ist ein elektrisches<br />
Feld E verb<strong>und</strong>en. Außerhalb der<br />
Grenzfläche ist E=0, da sich beide Ladungen<br />
in ihrer Wirkung kompensieren,<br />
innerhalb wächst E auf einen Maximalwert<br />
(negativ, da in -x-Richtung<br />
weisend) <strong>und</strong> fällt dann wieder auf 0<br />
ab.<br />
Gedankenexperiment hierzu: positive<br />
Ladung bewege sich in x-Richtung; sie<br />
spürt im Bereich der Ladungen eine<br />
Kraft in negative x-Richtung also eine<br />
negative Feldstärke; außerhalb der<br />
Raumladungen wirkt keine Kraft.<br />
Diese Feldstärke bewirkt ein elektrisches<br />
Potential entsprechend:<br />
Abb. 10.1-3<br />
Die Differenz ist die Diffusionsspannung U D.<br />
Eine positive Ladung aus dem p-Bereich muss<br />
bei ihrem Weg gegen das elektrische Feld anlaufen. Nur wenn ihre Energie größer als eU D ist,<br />
kann sie in das n-Gebiet hinter der Grenzzone eindringen. Der Weg ist also für die Majoritätsträger<br />
erschwert, der Grenzübergang stellt eine Sperre dar. Daher bezeichnet man diesen<br />
Bereich auch als Sperrschicht.<br />
Die Größe von U D lässt sich aus der Konkurrenz der beiden Ströme einfach berechnen. Wir<br />
setzen die Elektronen- bzw. Löcherstromanteile jeweils gleich. Für den Elektronenstrom<br />
ergibt sich dann:<br />
Dies aufgelöst nach U D liefert sofort:<br />
Die Größe von U D muss mit der Dotierung zunehmen, da I D hiervon bestimmt wird. Ander-
Seite 104 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
erseits muss U D mit der Temperatur abnehmen, da n i <strong>und</strong> damit der entgegen gerichtete Feldstrom<br />
I hiermit zunimmt.<br />
Beispiel:<br />
13 -3 16 -3<br />
Germanium (n i=2,510 cm ) dotiert mit N A=N D=2,510<br />
cm bei 300K:<br />
6<br />
U = 0,026Vln(10 ) = 0,36V<br />
D<br />
10 -3 16 -3<br />
Silizium (n i=1,410 cm ) dotiert mit N A=N D=1,410<br />
cm bei 300K:<br />
12<br />
U = 0,026Vln(10 ) = 0,72V<br />
D<br />
E<br />
Die gleiche Beziehung findet man auch über den Löcherstrom.<br />
Die Diffusionsspannung hängt nur sehr wenig von der Dotierung ab, da der Zusammenhang<br />
logarithmisch ist. Bei einer Verzehnfachung der Dotierung ergibt sich lediglich eine<br />
Änderung um 0,026Vln(100)=0,12V. D.h. die oben ausgerechneten Zahlen sind typische<br />
Werte für diese beiden <strong>Halbleiter</strong>sorten:<br />
Die Diffusionsspannung in Germanium beträgt etwa 0,3V <strong>und</strong> in Silizium etwa<br />
0,7V<br />
Es zeigt sich damit auch, dass<br />
die Diffusionsspannung geringer<br />
ist, als W G/e.<br />
Wie können wir den p-n-Übergang<br />
jetzt im Bändermodell beschreiben?<br />
Die Elektronen, die vom n-Gebiet<br />
ins p-Gebiet wechseln wollen,<br />
müssen eine zusätzliche<br />
Energie aufnehmen, damit dies<br />
möglich ist. Diese Energie beträgt<br />
aber gerade eU D,<br />
da sie<br />
gegen die Spannung U D anlaufen<br />
müssen. Im Bändermodell<br />
muss folglich die n-Seite um<br />
diese Energie niedriger liegen<br />
als die p-Seite.<br />
2<br />
Die Temperaturabhängigkeit von U D finden wir, indem wir n i ersetzen:<br />
Abb. 10.1-4
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 105<br />
Auch hier sehen wir, dass eU D kleiner als der Bandabstand W Gist.<br />
Dabei nimmt die Diffusionsspannung<br />
mit zunehmender Temperatur ab, wie wir es schon oben diskutiert hatten.<br />
10.2 Sperrschichtweite <strong>und</strong> Sperrschichtkapazität<br />
Durch die Ladungsverteilung können wir uns die Sperrschicht<br />
auch als Kondensator vorstellen:<br />
Die Platten stellen wir uns in der Mitte der Ladungszonen<br />
vor, die Gesamtladung ist dann auf den Platten konzentriert.<br />
(A=<strong>Halbleiter</strong>querschnitt)<br />
- +<br />
Aus Neutralitätsgründen muss Q =Q gelten, so dass sofort folgt:<br />
Abb. 10.2-1<br />
Eine hohe Dotierung auf der einen Seite bedeutet eine kleine Sperrschichtweite auf<br />
dieser Seite des Überganges<br />
Die Sperrschicht liegt folglich unsymmetrisch zum Übergang. Mit d=d n +d p folgt dann:<br />
Der oben beschriebene Kondensator hat dann die Sperrschichtkapazität:<br />
Andererseits gilt als Zusammenhang zwischen Ladung, Kapazität <strong>und</strong> anliegender Spannung:
Seite 106 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Setzen wir Q <strong>und</strong> C ein, so erhalten wir folgenden Zusammenhang:<br />
Da uns die Diffusionsspannung U D bekannt ist, können wir hiermit d bestimmen:<br />
Beispiel:<br />
Für Silizium, mit den oben behandelten Dotierungen <strong>und</strong> r=12<br />
ergibt sich<br />
16 -3<br />
(N =N = 1,410 cm ; U = 0,72V):<br />
D A D<br />
Die Sperrschichtdicken sind also sehr gering. Hieraus resultiert eine hohe mittlere Feldstärke<br />
in der Grenzschicht von<br />
Die Durchschlagfeldstärke in Silizium beträgt zum Vergleich etwa 10000V/mm.<br />
Für die Dicke d der Sperrschicht gilt folgende Proportionalität:<br />
Da die Diffusionsspannung nur langsam mit der Dotierung N D,A ansteigt (U D ln N D,A),<br />
nimmt die Sperrschichtweite d mit zunehmender Dotierung ab <strong>und</strong> die Feldstärke in der<br />
Grenzschicht folglich zu. Dies ist für die Z-Dioden von Bedeutung.<br />
Hochdotierte <strong>Halbleiter</strong> besitzen geringe Sperrschichtweiten<br />
Mit Hilfe der Sperrschichtweite ist es uns jetzt möglich die Sperrschichtkapazität zu bestimmen.<br />
Für das obige Beispiel folgt mit A=1mm : 2
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 107<br />
Da C proportional zu 1/d ist, wächst mit der Dotierung die Sperrschichtkapazität an. Dies wird<br />
bei Kapazitätsdioden ausgenutzt.<br />
10.3 Die Kennlinie des p-n-Überganges<br />
Betrachten wir zunächst den p-n-Übergang<br />
ohne eine äußere Spannung, d.h. kurzgeschlossen.<br />
Es stellt sich die Frage, ob auf<br />
Gr<strong>und</strong> der Diffusionsspannung ein Strom<br />
fließen kann. Dies ist zu verneinen. Auf<br />
Gr<strong>und</strong> der metallischen Anschlüsse bilden<br />
sich Kontaktspannungen aus. Diese heben<br />
sich in einem geschlossenen Kreis auf, solange<br />
alle Kontakte auf der gleichen Temperatur<br />
liegen (vergleiche Thermoelemente).<br />
Alles andere würde auch der Energieerhaltung wiedersprechen.<br />
Abb. 10.3-1<br />
Betrachten wir jetzt die Sperrschicht. Hier haben wir es mit zwei gegenläufigen Strömen zu<br />
tun, die im Gleichgewicht stehen. Der Diffusionsstrom I D wird von den Majoritätsträgern<br />
beider Seiten getragen. Es können aber nur diejenigen Majoritätsträger die Grenze überwinden,<br />
deren Energie um mindestens eU D größer ist als es dem Leitungsbandminimum entspricht<br />
(gilt für Elektronen, Löcher sind analog zu behandeln). Dieser Diffusionsstrom ist<br />
folglich stark von der Diffusionsspannung abhängig.<br />
Der aus der Diffusionsspannung resultierende Feldstrom I E wird dagegen von den Minoritätsträgern<br />
beider Seiten getragen, welche die Grenze ohne Probleme überwinden können, da sie<br />
von dem elektrischen Feld über die Sperrschicht gesogen werden. Der Feldstrom resultiert im<br />
wesentlichen aus den in der Sperrschicht thermisch erzeugten Ladungsträgern (dies sind aber<br />
nur wenige, da die Sperrschicht sehr dünn ist) <strong>und</strong> solchen, die von außen in die Sperrschicht<br />
hineingelangen. Der Feldstrom ist somit proportional zur Dichte der Minoritätsträger:<br />
Damit ist dieser Strom einerseits von U D unabhängig, andererseits aber stark temperaturabhän-
Seite 108 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
gig.<br />
Im Kurzschlussfalle gilt wie bisher: I E = I D = I S.<br />
Diesen Gleichgewichtsstrom bezeichnen wir<br />
als Sperrstrom I. S<br />
Betrachten wir jetzt den Einfluss einer kleinen Spannung auf das Gleichgewicht an der Sperrschicht.<br />
Zunächst sei die Spannung so gerichtet, dass sie in gleicher Richtung wirkt wie U D.<br />
Diese Sperrspannung saugt die frei beweglichen<br />
Ladungsträger von der Sperrschicht<br />
weg, die Potentialschwelle steigt<br />
auf U D + U R <strong>und</strong> die Sperrschicht wird<br />
breiter, entsprechend:<br />
(R steht für reverse).<br />
Der Feldstrom bleibt unverändert, da<br />
weiterhin ein Potential vorhanden ist,<br />
welches die Minoritätsträger durch die Sperrschicht zieht. Damit gilt: I E = I S<br />
Abb. 10.3-2<br />
Der Diffusionsstrom muss aber erheblich beeinflusst werden, da die Barriere, welche die<br />
Majoritätsträger überwinden müssen, jetzt größer wird.<br />
Der Gesamtstrom in Sperrrichtung ergibt sich folglich zu:<br />
Schon für sehr kleine Spannungen U R (>0,1V) gilt:<br />
so dass dann gilt: I R = I S.<br />
Der Begriff Sperrstrom ist also gerechtfertigt.<br />
Polen wir jetzt die äußere Spannung um, so dass sie U D verringert.<br />
Abb. 10.3-3<br />
D F<br />
Es sei immer noch U -U > 0. Die freien Ladungsträger werden durch die äußere Spannung<br />
zur Sperrschicht gedrückt, die Sperrschicht wird folglich dünner, entsprechend
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 109<br />
(F steht für forward).<br />
Der Feldstrom wird solange nicht verändert,<br />
wie UD -U F><br />
0 gilt, da die<br />
Minoritätsträger immer noch ein Feld<br />
finden, welches sie durch die Sperrschicht<br />
saugt.<br />
Der Diffusionsstrom jedoch wird wieder<br />
sehr stark beeinflusst. Analog zur<br />
vorangegangenen Diskussion nimmt er jetzt exponentiell zu:<br />
Der Gesamtstrom in Durchlassrichtung ist folglich:<br />
Schon bei sehr kleinen Spannungen U F (>0,1V) gilt wiederum<br />
so dass folgt:<br />
Abb. 10.3-4<br />
Wird die äußere Spannung U Fgrößer als U D,<br />
so reduziert sich die Dicke der Sperrschicht auf<br />
Null. Der <strong>Halbleiter</strong> stellt jetzt einen gewöhnlichen <strong>Halbleiter</strong>widerstand dar.<br />
Beide Formeln kann man durch weglassen der Indizes zu einer zusammenfassen:<br />
Für negative Spannungen U ergibt sich ein negativer Strom <strong>und</strong> damit die Formel der Sperrrichtung,<br />
für positive Spannungen dagegen ein positiver Strom <strong>und</strong> damit die Durchlassrichtung.
Seite 110 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Die Größe des Sperrstromes I S bestimmt folglich den Verlauf der Kennlinie.<br />
Für Germanium liegt dieser Strom bei üblichen Dotierungen etwa bei 1-10A, bei Silizium<br />
dagegen in der Größe von 5-100nA infolge der sehr viel geringeren Eigenleitungskonzentration.<br />
Welche Form besitzt die Kennlinie nun?<br />
Betrachten wir als Beispiel einmal eine Germaniumdiode mit I S = 1A bei 300K (d.h. U T =<br />
kT/e = 0,026V). Es gilt:<br />
d.h. eine Spannungserhöhung um 0,06V verzehnfacht den Exponentialfaktor.<br />
U F /V I F/mA U R/V I R/A<br />
0 0 0 0<br />
0,06 0,009 0,06 0,9<br />
0,12 0,099 0,12 0,99<br />
0,18 1,00 0,18 1,00<br />
0,24 10<br />
0,30<br />
UD<br />
100<br />
Betrachten wir noch die Temperaturabhängigkeit<br />
der Kennlinie, zunächst für<br />
den Sperrbereich. Wie wir gesehen haben,<br />
entspricht der Sperrstrom I S dem<br />
Feldstrom I des unbelasteten p-n-Überganges. Somit folgt:<br />
E<br />
Abb. 10.3-5<br />
Setzt man hier Werte ein, so findet man: bei Germanium reicht eine Temperaturerhöhung von<br />
etwa 11K für eine Verdopplung des Sperrstromes, bei Silizium benötigt man sogar nur etwa<br />
7K.<br />
Eine Temperaturerhöhung um 33K bedeutet für die oben berechnete Germaniumdiode also<br />
3<br />
eine Erhöhung des Sperrstromes um den Faktor 2 =8, also von 1A auf 8A.<br />
Dieser Faktor ist auch in der Durchlassrichtung wirksam, wird aber durch die Temperatur-
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 111<br />
abhängigkeit des exponentiellen Anstiegs<br />
verringert. Dies bedeutet insgesamt ein früheres<br />
<strong>und</strong> steileres Ansteigen der Durchlasskurve.<br />
In Durchlassrichtung ist die Kennlinie also zu geringeren<br />
Spannungen verschoben. Man beobachtet<br />
bei Germanium eine Verschiebung um -1,5mV/K<br />
<strong>und</strong> bei Silizium um -2,5mV/K. In Sperrrichtung<br />
wird die Kennlinie parallel zu höheren Sperrströmen<br />
verschoben. Dies entspricht der Aussage, dass<br />
die Diffusionsspannung U D ebenfalls mit der Temperatur<br />
abnimmt.<br />
Video Nr. 2-6: Diodenkennlinie<br />
Abb. 10.3-6<br />
Die Kapazität eines stromlosen p-n-Überganges hatten wir schon bestimmt. Hier noch einmal<br />
die Formel:<br />
Legen wir jetzt eine Sperrspannung an den p-n-Übergang, so verbreitert sich die Sperrschicht,<br />
wie beschrieben. Dies bedeutet dann eine Verringerung der Sperrschichtkapazität. Ersetzen<br />
wir U D durch U D+U R,<br />
so folgt sofort:<br />
Wir erhalten somit eine spannungssteuerbare Kapazität. Dies wird bei den Kapazitätsdioden<br />
ausgenutzt.<br />
Folie Nr. 92: Kapazitätsdiode<br />
Mit der Sperrschichtkapazität verb<strong>und</strong>en ist auch das Umschaltverhalten des p-n-Überganges.<br />
Wird er von Sperrrichtung in Durchlassrichtung umgepolt, so kann der Strom nicht sofort<br />
fließen, da die Majoritätsträger erst von beiden Seiten die evakuierte Sperrschicht überfluten<br />
müssen. Dies benötigt eine gewisse Zeit. Die Anstiegszeit bis auf 90% des Maximalstromes IF<br />
wird als Durchlassverzugszeit t fr (forward rise) bezeichnet. Sie liegt in der Größe von einigen<br />
s.
Seite 112 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Wird der p-n-Übergang dagegen von der<br />
Durchlassrichtung in die Sperrrichtung umgepolt, so ist<br />
die Sperrschicht von Ladungsträgern überflutet. Der<br />
Strom ändert sofort sein Vorzeichen <strong>und</strong> fließt zunächst<br />
in gleicher Größe in entgegengesetzter Richtung.<br />
Erst wenn die Sperrschicht von den injizierten<br />
Ladungsträgern geräumt ist, geht der Strom zurück auf<br />
den normalen Sperrstrom I R.<br />
Wir haben zunächst eine<br />
Speicherzeit t s, dann eine Abklingzeit t a.<br />
Beide zusam-<br />
men bestimmen die Sperrverzugszeit t rr (reverse rise).<br />
Die Sperrverzugszeit ist deutlich höher als die Durchlassverzugszeit.<br />
10.4 Diodenkennlinie<br />
Der bisher betrachtete theoretische Verlauf<br />
der Kennlinie eines p-n-Überganges<br />
weicht in einigen Teilen erheblich vom<br />
realen Kennlinienverlauf ab, wie er bei<br />
Dioden als Bauteil mit einem p-n-Übergang<br />
beobachtet wird.<br />
Da ist zum einen der Bahnwiderstand,<br />
der in Durchlassrichtung infolge des hohen<br />
Stromes einen Spannungsabfall am<br />
Widerstand des <strong>Halbleiter</strong>materials bewirkt.<br />
Dieser macht sich in der Kennlinie<br />
durch eine Widerstandsgerade bemerkbar,<br />
welche zur theoretischen Kennlinie<br />
zu addieren ist. Zusätzlich bewirkt dieser<br />
Spannungsabfall, dass die äußere Spannung<br />
nicht voll an der Sperrschicht wirksam<br />
wird, die Kennlinie wird derart verändert,<br />
dass eine deutlich höhere Schwellenspannung<br />
oder Schleusenspannung U S auftritt,<br />
ab welcher der Strom stark ansteigt. Diese<br />
Spannung liegt bei Germanium etwa bei 0,3-<br />
0,4V, bei Silizium bei etwa 0,6-0,8V.<br />
Die Schleusenspannung besitzt etwa<br />
die Größe der Diffusionsspannung U<br />
D<br />
Abb. 10.3-7<br />
Abb. 10.4-1<br />
Abb. 10.4-2
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 113<br />
Definiert ist die Schleusenspannung bei 10% des maximal zulässigen Stromes. Die Kennlinie<br />
für Silizium steigt wesentlich steiler an als für Germanium.<br />
Auch in Sperrrichtung ist die Kennlinie zu korrigieren. Bei hohen Sperrspannungen steigt der<br />
Sperrstrom über seinen Sättigungswert I S stark an. Hierfür existieren mehrere Ursachen:<br />
Zener-Durchbruch<br />
Bei sehr hoch dotierten <strong>Halbleiter</strong>n ist die Sperrschichtweite sehr gering (d ~ 1/N, E ~N).<br />
Schon bei recht kleinen Sperrspannungen
Seite 114 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
erzeugt. Da der Sperrstrom sehr temperaturabhängig ist <strong>und</strong> mit steigender Temperatur zunimmt,<br />
ergibt sich eine weitere Steigerung der Verlustleistung. Wird die erzeugte Wärme<br />
daher nicht ausreichend abgeführt, kann das Bauteil sich durch diese positive Rückkopplung<br />
selbst zerstören.
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 115<br />
11. Dioden<br />
11.1 Herstellungsverfahren<br />
Dioden sind <strong>Halbleiter</strong>bauelemente mit einem p-n-Übergang. In der Mehrzahl bestehen sie<br />
aus einkristallinem Germanium oder Silizium. Wichtigster Schritt bei der Herstellung ist die<br />
Erzeugung des p-n-Überganges. Gr<strong>und</strong>sätzlich werden hierfür zwei unterschiedliche Verfahren<br />
angewandt: die Legierungstechnik <strong>und</strong> die Planartechnik. Dabei ist die ältere Legierungstechnik<br />
heute in weiten Bereichen durch die Planartechnik ersetzt worden, da letztere<br />
besser für eine Massenproduktion geeignet ist.<br />
Folie Nr. 88: Legierungstechnik<br />
Bei der Legierungstechnik wird ein n-leitendes Ge- oder Si-Substrat verwendet, auf welches<br />
ein dreiwertiges Material aufgesetzt wird (z.B. In, Al). Da diese Materialien einen wesentlich<br />
niedrigeren Schmelzpunkt wie das Substrat besitzen (In: 156°C, Al: 660°C, Ge:959°C, Si:<br />
1420°C), lassen sie sich aufschmelzen. Dabei diff<strong>und</strong>iert ein Teil des dreiwertigen Materials<br />
in das Substrat <strong>und</strong> macht dieses in der Nähe des Schmelzkontaktes p-Leitend. Auf diese<br />
Weise entsteht ein definierter p-n-Übergang. Wir sprechen jetzt von Legierungsdioden. Da<br />
der Kontakt sehr flächig ausgeprägt ist, bezeichnet man diese Dioden auch als Flächendioden.<br />
Verwendet man bei der Legierung nur eine Drahtspitze, z.B. Golddraht mit Gallium<br />
versetzt, so erhält man eine Spitzendiode, in diesem Spezialfall eine Golddrahtdiode.<br />
Die Planartechnik ist in ihrer Weiterentwicklung für die Herstellung von integrierten Bausteinen<br />
sehr wichtig. Das Gr<strong>und</strong>prinzip ist bei den Dioden gut zu erläutern.<br />
Folie Nr.89: Diffusions-Planartechnologie<br />
Das Gr<strong>und</strong>prinzip der Planartechnik ist die Erzeugung einer hochtemperaturfesten Maske aus<br />
SiO 2.<br />
Dies geschieht durch Oxidation des Gr<strong>und</strong>körpers in Sauerstoff bei hohen Temperaturen.<br />
Anschließend wird ein Fotolack aufgetragen <strong>und</strong> mit einer Maske belichtet. Der belichtete<br />
Teil kann leicht entfernt werden. Das entstehende Fenster ermöglicht das Abätzen der unterliegenden<br />
SiO2-Schicht. Nach Entfernen des Fotolackes kann jetzt mit einem Diffusionsprozess<br />
bei hohen Temperaturen das ursprünglich n-leitende Silizium umdotiert werden zu pleitendem<br />
Silizium. Somit erhalten wir einen p-n-Übergang, der nur noch entsprechend zu<br />
kontaktieren ist. Führt man die gleichen Schritte mehrfach aus, so erhält man Transistorstrukturen<br />
oder ganze integrierte Schaltkreise. Da auf diese Weise Siliziumscheiben mit einem<br />
Durchmesser von 15-20cm behandelt werden können <strong>und</strong> eine Diode einen Durchmesser von<br />
wenigen mm hat, können so gleichzeitig Tausende von Dioden hergestellt werden.<br />
Die Anschlusskontakte werden in der Planartechnik durch Aufdampfen von Metallschichten<br />
hergestellt.<br />
Folie Nr. 90: Epitaxie-Planartechnik
Seite 116 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Anstatt durch Diffusion das Gr<strong>und</strong>material umzudotieren, besteht auch die Möglichkeit<br />
Schichten mit entsprechender Dotierung aufwachsen zu lassen. Aus dem Gas SiH 4 scheidet<br />
sich im Kontakt mit dem heißen Substrat reines Silizium ab. In gleicher Weise kann auch der<br />
Dotierstoff gasförmig zugeführt werden. Dieses Verfahren bezeichnet man als Epitaxie,<br />
+<br />
hierbei wachsen einkristalline Schichten. (n =sehr stark dotiert)<br />
Die Diffusion der Dotieratome kann auch ersetzt werden durch die Ionenimplantation. Dabei<br />
werden die Dotieratome ionisiert <strong>und</strong> auf Energien von etwa 100 keV beschleunigt. Sie können<br />
dann einige 100 nm tief in die <strong>Halbleiter</strong>oberfläche eindringen. Der Vorteil der Ionenimplantation<br />
liegt darin, dass hier keine hohen Kristalltemperaturen benötigt werden, dass<br />
hiermit auch ohne SiO2-Maske nur mit einer Fotolackmaske gearbeitet werden kann <strong>und</strong> dass<br />
sehr lokal Dotierungsänderungen erzeugt werden können.<br />
Folie Nr. 90: Ionenimplantation<br />
Video Nr. 2-2: Chip-Herstellung<br />
Folie Nr. 90a: Bezeichnungsschema für <strong>Halbleiter</strong><br />
Beispiele:<br />
BA100: Siliziumdiode für allgemeine Anwendungen<br />
BC107: Siliziumtransistor für Tonfrequenzanwendungen<br />
BPY11: Siliziumfotoelement für industrielle Anwendung<br />
Nach der amerikanischen Norm gibt es folgende Kennzeichnung:<br />
1N+ 3-4 Zahlen = Diode<br />
2N+ " = Transistor<br />
3N+ " = Feldeffekttransistor<br />
Nach der japanischen Norm gilt:<br />
1S+ 3 Zahlen = Diode<br />
2SA..., 2SB..., 2SC... = Transistor<br />
Die Kennzeichnung der Durchlassrichtung erfolgt auf dem<br />
Gehäuse der Diode. Dabei wird entweder ein Strich auf der<br />
Kathodenseite angebracht oder das Diodensymbol direkt<br />
aufgedruckt. Das Diodensymbol ist dabei so gestaltet, dass<br />
der Pfeil die technische Stromrichtung für den Durchlassbetrieb<br />
angibt.<br />
Abb. 11.1-1
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 117<br />
11.2 Universaldioden<br />
Universaldioden werden vorwiegend zur Gleichrichtung eingesetzt. Dabei unterscheidet man<br />
zwei Bereiche:<br />
- Gleichrichtung von Netzspannungen in Stromversorgungseinrichtungen. Hier sind<br />
höhere Ströme <strong>und</strong> Leistungen gefragt, weswegen meist Flächendioden eingesetzt<br />
werden. Man spricht meist von Gleichrichterdioden oder einfacher von Gleichrichtern.<br />
Dabei können auch mehrere Dioden in einem Gehäuse zusammengefasst sein.<br />
- Gleichrichtung von HF-Spannungen. Hier ist die Kapazität der Sperrschicht ein wichtiges<br />
Kriterium. Sie sollte möglichst gering sein. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e werden hier die<br />
Spitzendioden eingesetzt, mit einem Sperrschichtdurchmesser von etwa 10m (im<br />
Gegensatz zu den Flächendioden mit Sperrschichtdurchmesser >0,1mm).<br />
Kennwerte der Dioden:<br />
Nennstrom Mittelwert des dauernd zulässigen Durchlassstromes<br />
Sperrspannung höchstzulässige Gleichspannung oder Wechselspannung in<br />
Sperrrichtung<br />
Spitzensperrsp. höchste Sperrspannung, die auch bei kurzen Spitzen nicht<br />
überschritten werden darf<br />
max. Verlustleistung ergibt sich aus der zulässigen Sperrschichttemperatur <strong>und</strong><br />
dem Wärmewiderstand<br />
Vergleich von Germanium- <strong>und</strong> Silizium-Dioden:<br />
(j=junction=Sperrschicht)<br />
Eigenschaft Germaniumdiode Siliziumdiode<br />
Sperrströme A-Bereich nA-Bereich<br />
Sperrspannungen einige 100V einige kV<br />
Durchbruch thermisch Lawinendurchbruch<br />
Sperrschichttemperatur max. 90°C max. 200°C<br />
Schleusenspannung ca. 0,3V ca. 0,7V<br />
Steilheit klein groß<br />
Kennlinienknicke schwach scharf<br />
max. Verlustleistung mittel groß
Seite 118 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Bei Leistungsdioden <strong>und</strong> Hochspannungsdioden tritt ein besonderes Problem auf:<br />
Für hohe Sperrspannungen muss die Dotierung recht gering<br />
gehalten werden, damit es nicht zum Lawinendurchbruch<br />
kommt. Geringe Dotierung bedeutet aber auch hoher Bahnwiderstand<br />
des <strong>Halbleiter</strong>s <strong>und</strong> damit hohe Verlustleistung.<br />
Um dieses Problem zu lösen, verwendet man eine Dreischichtstruktur<br />
des pn-Überganges (PSN-Struktur, S = soft<br />
concentration).<br />
+ +<br />
Hierbei wird zwischen den hochdotierten P - <strong>und</strong> N -Bereichen<br />
eine weitere Schicht mit schwacher Dotierung, bzw. oh-<br />
Abb. 11.2-1<br />
ne Dotierung (I) eingebracht. In Sperrrichtung erhalten wir so<br />
zwei pn-Übergänge in Serie mit hoher Durchbruchsspannung, in Durchlassrichtung wird die<br />
mittlere Zone dagegen von Ladungsträgern überschwemmt <strong>und</strong> stellt somit kein Hinderniss<br />
dar.<br />
11.3 Z-Dioden<br />
Z-Dioden sind Siliziumdioden, die in Sperrichtung im Durchbruchbereich betrieben werden.<br />
Früher wurden sie oft auch als Zener-Dioden bezeichnet, der Zenerdurchbruch tritt aber bekanntlich<br />
nur für Durchbruchspannungen unter 8V in Erscheinung. Z soll vielmehr an die<br />
z-förmige Kennlinie erinnern.<br />
Die Kennlinie ist gekennzeichnet<br />
durch die Durchbruchspannung<br />
U Z,<br />
die in der Regel<br />
bei 5mA gemessen wird. Der<br />
zulässige Arbeitsstrom IZmax<br />
bestimmt sich aus der maximalen<br />
thermischen Belastbarkeit<br />
der Z-Diode.<br />
Da beide Durchbruchsmechanismen<br />
temperaturabhängig<br />
sind, kommt es durch den thermischen<br />
Einfluss zu einer<br />
deutlichen Änderung der<br />
Kennlinie der Z-Dioden. Aus<br />
diesem Gr<strong>und</strong>e werden Z-Dioden heute<br />
oft schon temperaturstabilisiert geliefert,<br />
indem in das gleiche Gehäuse zusätzliche<br />
<strong>Halbleiter</strong> mit entgegengesetztem TK untergebracht<br />
werden.<br />
Abb. 11.3-1<br />
Abb. 11.3-2
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 119<br />
Bei etwa U Z=7V<br />
ist die Steilheit der Kennlinien am größten.<br />
Folie Nr. 91: Durchbruchskennlinien<br />
Die wichtigste Anwendung der Z-Dioden<br />
ist die Spannungsstabilisierung. Hierfür<br />
wird die Gr<strong>und</strong>schaltung der Abb. 11.3-3<br />
verwendet.<br />
Für die Auswahl von Z-Diode <strong>und</strong> Vor-<br />
widerstand gilt folgende Regel: U e = 2U Z.<br />
Der Widerstand R V muss dann so bestimmt<br />
werden, dass die zulässige<br />
Verlustleistung nicht überschritten wird.<br />
Die nebenstehende Kennlinie zeigt die<br />
Spannungsstabilisierung sehr deutlich:<br />
bei großer Änderung der Eingangsspan-<br />
nung U e ändert sich die Ausgangsspannung<br />
nur wenig. Belastet man<br />
diese Schaltung jetzt mit einem<br />
zusätzlichen Lastwiderstand R L,<br />
so teilt sich der Strom in R V auf<br />
die Z-Diode <strong>und</strong> R L auf. Solange<br />
I Z nicht den Mindestwert von<br />
etwa 1mA unterschreitet, bleibt<br />
die Spannung an der Z-Diode<br />
konstant <strong>und</strong> damit auch der<br />
Strom in R V.<br />
In unserem Beispiel<br />
ist das der Fall, wenn<br />
R L > 30V/9mA = 3,3k ist.<br />
Abb. 11.3-3<br />
Den Lastwiderstand können wir<br />
auch im I/U-Diagramm berück-<br />
Abb. 11.3-4<br />
sichtigen, indem wir die Ströme<br />
I Z <strong>und</strong> I RLaddieren.<br />
Wir erhalten<br />
dann eine verschobene Summenkennlinie. Hier erkennt man, dass auch eine große Änderung<br />
des Lastwiderstandes nur einen geringen Einfluss auf die Ausgangsspannung hat.
Seite 120 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
11.4 Kapazitätsdioden<br />
Wie schon beschrieben, folgt die Sperrschichtkapazität der Beziehung<br />
Bei entsprechend großflächigen p-n-Übergängen erreicht man dann Kapazitätswerte C S0 von<br />
einigen zehn bis einigen h<strong>und</strong>ert Picofarad.<br />
Folie Nr. 92: Kennlinie <strong>und</strong> Schaltsymbol einer Kapazitätsdiode<br />
Schaltet man diese Diode parallel zu einer Schwingkreiskapazität, so erhält man einen durch<br />
Gleichspannungen abstimmbaren Schwingkreis.<br />
Folie Nr. 92: Schwingkreis mit Kapazitätsdiode<br />
Dies wird heute technisch in großem Umfang in Fernsehgeräten <strong>und</strong> R<strong>und</strong>funkgeräten zur<br />
Senderabstimmung eingesetzt <strong>und</strong> ersetzt dort die früher vorhandenen Abstimmkondensatoren.<br />
Außerdem lassen sich so sehr einfach die automatischen Sendersuchläufe realisieren.<br />
11.5 Fotodioden, Lumineszenz-Dioden<br />
Den Einfluss von Licht auf halbleitende <strong>Werkstoffe</strong> hatten wir schon bei den Fotowiderständen<br />
diskutiert. Auch Dioden zeigen die gleiche Erzeugung von Ladungsträgern wie die<br />
Fotowiderstände, wenn sie mit Licht bestrahlt werden. Wir haben jetzt das Verhalten des p-n-<br />
Überganges zu berücksichtigen. Werden die freien Ladungsträger in den hochdotierten <strong>und</strong><br />
gut leitenden Bereichen außerhalb der Sperrschicht erzeugt, so ist hier kaum ein Feld vorhanden<br />
um Elektronen <strong>und</strong> Löcher zu trennen. Sie werden bald rekombinieren. Innerhalb der<br />
Sperrschicht dagegen ist das Feld sehr hoch <strong>und</strong> die Ladungsträger werden schnell abgeleitet.<br />
Damit erhöhen sie den Feldstrom in der Sperrschicht, während der Diffusionsstrom unverändert<br />
bleibt. Dies hat zur Folge, dass die Diffusionsspannung absinkt. Eine kurzgeschlossene<br />
Fotodiode wird daher einen Strom zeigen, die Diffusionsspannung <strong>und</strong> die Kontaktspannungen<br />
kompensieren sich nicht mehr. Im Sperrbereich gilt:<br />
Aus der Diodenkennlinie mit dem sehr geringen Sättigungsstrom wird jetzt eine Kennlinienschar.<br />
Der Sperrstrom hängt direkt von der Beleuchtungsstärke ab <strong>und</strong> kann somit als Maß für<br />
die Lichtintensität verwendet werden. Ein Vorwiderstand bestimmt den Arbeitspunkt.<br />
Neu an diesem Kennlinienfeld ist der Verlauf im vierten Quadranten, hier hat der Strom ein
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 121<br />
anderes Vorzeichen wie die Spannung, die<br />
Fotodiode arbeitet jetzt als Generator. Dies<br />
werden wir im nächsten Absatz behandeln.<br />
Für eine hohe Empfindlichkeit der Fotodiode<br />
ist es wichtig, die gesamte Lichtstrahlung<br />
möglichst innerhalb der Sperrschicht zu absorbieren.<br />
Hieraus ergibt sich der Aufbau<br />
einer solchen Diode (Abb.11.5-2).<br />
Auf einen n-dotierten Gr<strong>und</strong>körper bringt<br />
man eine hochdotierte p-leitende, sehr dünne<br />
Schicht auf. Dadurch erhält man eine unsymmetrische<br />
Sperrschicht, die weit ins n-Gebiet<br />
reicht <strong>und</strong> auf der p-Seite bis nahe unter die<br />
Oberfläche geht. Wie die folgende Folie zeigt, muss der<br />
Aufbau in seinen Abmessungen auch mit der spektralen<br />
Empfindlichkeit des <strong>Halbleiter</strong>materials abgestimmt sein.<br />
Folie Nr. 93: Aufbau <strong>und</strong> spektrale Empfindlichkeit<br />
Abb. 11.5-1<br />
Fotodioden haben im Vergleich zu Fotowiderständen den<br />
großen Vorteil, dass die Ladungsträger sehr schnell aus<br />
Abb. 11.5-2<br />
der Sperrschicht entfernt werden (hohe Feldstärke). Dadurch<br />
erreicht man geringe Schaltzeiten (ns) <strong>und</strong> hohe Frequenzen. Auf der anderen Seite ist<br />
die Empfindlichkeit der Fotodioden wesentlich geringer als die der Fotowiderstände.<br />
Die Umkehrung des inneren Fotoeffektes wird bei den Lumineszenz-Dioden (Leuchtdioden,<br />
LED) ausgenutzt. Diese Dioden werden in Durchlassrichtung betrieben, die stromtragenden<br />
Majoritätsträger werden nach Durchquerung des p-n-Überganges zu Minoritätsträgern <strong>und</strong><br />
rekombinieren verstärkt. Ihre Energie müssen sie in Form von Wärme oder Strahlung abgeben.<br />
Die Wellenlänge des emittierten Lichtes ist wiederum direkt vom Bandabstand abhängig.<br />
Der Vorgang wird als Elektro-Lumineszenz bezeichnet.<br />
Folie Nr. 94: Elektrolumineszenz<br />
Als Quantenwirkungsgrad bezeichnet man das Verhältnis<br />
Er liegt in der Größenordnung von 1...10%.<br />
Folie Nr. 94: Aufbau einer LED
Seite 122 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Vorteile im Vergleich zur Glühlampe:<br />
- kein Einschaltstrom<br />
- niedrige Betriebsspannung<br />
- trägheitslos (ns)<br />
- hohe Lebensdauer<br />
- hohe Zuverlässigkeit<br />
- höherer Wirkungsgrad<br />
Video Nr. 2-9: weiße Leuchtdiode<br />
Nachteile:<br />
- schlechterer Wirkungsgrad als Leuchtstofflampe<br />
- nahezu monochromatisches Licht<br />
- höherer Preis<br />
Die Lichtaussendung der LED's ist ein zufälliger Prozess. Die Weiterentwicklung sind die<br />
Laserdioden, bei denen eine stimulierte Emission vorliegt. Hier erhalten wir sehr intensives,<br />
kohärentes Licht. Laserdioden werden mit sehr hohen Durchlassströmen betrieben, so dass<br />
eine Überbesetzung des Leitungsbandes erfolgt (Besetzungsinversion), welche dann die<br />
stimulierte Emission ermöglicht.<br />
Folie Nr. 94a:Vergleich LED mit Laserdiode<br />
11.6 Fotoelemente, Solarzellen<br />
Wie im vorherigen Abschnitt beschrieben, werden Fotoelemente im IV. Quadranten des<br />
Kennlinienfeldes betrieben.<br />
Ist das Fotoelement kurzgeschlossen, so<br />
wirkt in der Sperrschicht die Diffusionsspannung<br />
<strong>und</strong> trennt alle erzeugten Ladungsträger<br />
sehr rasch. Es fließt der Kurzschlussstrom<br />
I k,<br />
der im wesentlichen der Lichtintensität<br />
proportional ist.<br />
Wird das Fotoelement im Leerlauf betrieben,<br />
so werden zunächst auch die Ladungen<br />
getrennt, da sie aber nicht abfließen können,<br />
baut sich ein Potential auf, welches der<br />
Abb. 11.6-1<br />
Diffusionsspannung entgegenwirkt. Dieses<br />
Potential kann außen als Leerlaufspannung U 0 gemessen werden. U 0 muss immer kleiner als<br />
U D sein, da nur die Differenzspannung die erzeugten Ladungsträger aus der Sperrschicht<br />
entfernen kann. Je geringer die Differenz ist, um so größer ist die Rekombination der<br />
Ladungsträger.
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 123<br />
Wird das Fotoelement mit einem Widerstand belastet,<br />
so stellt sich ein Arbeitspunkt auf der<br />
Kennlinie zwischen I k <strong>und</strong> U 0 ein. Diese Kennlinie<br />
kann wie folgt beschrieben werden:<br />
Der Gesamtstrom besteht aus dem Diffusionsstrom,<br />
welcher durch den Fotoeffekt nicht beeinflusst<br />
wird <strong>und</strong> dem Feldstrom, der aus dem<br />
Sperrstrom <strong>und</strong> dem Fotostrom besteht:<br />
Wir erhalten also im Prinzip die um I ph nach un-<br />
Abb. 11.6-2<br />
ten verschobene Diodenkennlinie. Dies ist aber<br />
nicht vollständig übertragbar, da I ph in der Nähe von U = U D nicht konstant bleibt sondern<br />
abnimmt (s.o.). Im Gegensatz zur Kennlinie einer Batterie zeigt sich hier ein veränderlicher<br />
Innenwiderstand, der bei hohen Strömen groß (Stromquellenverhalten) <strong>und</strong> bei niederen Strömen<br />
klein (Spannungsquellenverhalten) ist. Ursache ist die begrenzte Zahl der Ladungsträger<br />
in der Sperrschicht.<br />
In Abhängigkeit von der Lichtintensität J ist I k nahezu linear über viele Größenordnungen, U0<br />
strebt dagegen schnell einem Sättigungswert unterhalb von U D zu. Bei Temperaturerhöhung<br />
verringert sich U 0, da I S jetzt ansteigt (<strong>und</strong> damit auch die Durchlasskennlinie) <strong>und</strong> I phschnel-<br />
ler kompensiert wird. Als maximale Leistung gibt das Fotoelement etwa P=0,7U0I k ab. Der<br />
Lastwiderstand sollte so gewählt werden, dass der Arbeitspunkt in der Nähe des Leistungsmaximums<br />
liegt.<br />
Der theoretische Wirkungsgrad von maximal 29% für Si wird nicht erreicht, da wir die spektrale<br />
Verteilung von Lichtquelle <strong>und</strong> Empfänger berücksichtigen müssen, sowie auch innere<br />
Serien- <strong>und</strong> Parallelwiderstände.<br />
Folie Nr. 95: spektrale Verteilung<br />
Besondere Anwendung finden die Fotoelemente heute bei der Energieerzeugung durch Solarzellen.<br />
Folie Nr. 95: schematische Darstellung einer Solarzelle<br />
Typische Wirkungsgrade sind heute 13-17% für kommerzielle kristalline Solarzellen. Labormuster<br />
erreichen Wirkungsgrade von über 20%.<br />
Folie Nr. 96: Wirkungsgrad von Solarzellen
Seite 124 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 125<br />
12. Bipolare Transistoren<br />
12.1 Aufbau <strong>und</strong> Wirkungsweise<br />
Transistoren sind für die Elektronik die zur Zeit wichtigsten <strong>Bauelemente</strong>. Wir unterscheiden<br />
bipolare Transistoren, bei denen zwei Sorten von Ladungsträgern wirksam sind, von den<br />
unipolaren oder Feldeffekttransistoren, bei denen nur eine Art der Ladungsträger wirksam<br />
ist.<br />
Der bipolare Transistor ist ein<br />
Bauelement mit zwei p-n-<br />
Übergängen, es besteht somit<br />
aus drei unterschiedlich dotierten<br />
Schichten der Reihenfolgen<br />
p-n-p bzw. n-p-n. Diese<br />
Schichten werden Emitter,<br />
Basis <strong>und</strong> Kollektor genannt<br />
(E, B, C). Im Schaltsymbol<br />
werden beide Typen durch die<br />
Richtung des Emitterpfeiles<br />
unterschieden. Dieser Pfeil<br />
zeigt die technische Stromrichtung<br />
im Emitteranschluss an.<br />
Abb. 12.1-1<br />
Im normalen Betrieb des Transistors ist die Emitter-Basis-Diode in Durchlassrichtung<br />
geschaltet, die Kollektor-Basis-Diode in Sperrrichtung gepolt. Für die Angabe der Ströme<br />
<strong>und</strong> Spannungen an einem Transistor gibt es folgende Vereinbarung:<br />
Alle Strompfeile zeigen in den Transistor hinein, die Ströme sind positiv, wenn die Pfeilrichtung<br />
mit der technischen Stromrichtung übereinstimmt. Die Ströme werden mit Emitterstrom<br />
I E, Basisstrom I B <strong>und</strong> Kollektorstrom I C bezeichnet. Es gilt dann die Knotenregel<br />
Zwischen den drei Anschlüssen lassen sich drei Spannungen definieren, der erste Buchstabe<br />
kennzeichnet den Startpunkt, der zweite Buchstabe den Endpunkt des Spannungspfeiles. Die<br />
Spannung ist positiv, wenn der Startpunkt das positive, der Endpunkt das negative Potential<br />
trägt. Die Spannungen werden mit Basis-Emitter-Spannung U BE,<br />
Kollektor-Basis-Spannung<br />
U <strong>und</strong> Kollektor-Emitter-Spannung U bezeichnet. Es gilt die Maschenregel:<br />
CB CE<br />
Für den normalen Betrieb eines Transistors ergeben sich damit folgende Vorzeichen der Ströme<br />
<strong>und</strong> Spannungen:
Seite 126 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
UCE UBE UCB IC IB IE<br />
p-n-p - - - - - +<br />
n-p-n + + + + + -<br />
Auch wenn man oft einen Transistor als Zusammenschaltung von zwei Dioden betrachtet,<br />
ergeben zwei normale Dioden natürlich keinen Transistor. Wesentliche Voraussetzung für die<br />
Funktion eines Transistors ist eine möglichst geringe Basisdicke in der Größenordnung von<br />
1...10m. Wir wollen im folgenden die Funktionsweise eines Transistors erarbeiten. Dabei<br />
werden wir von einem n-p-n-Transistor ausgehen, die Funktionsweise eines p-n-p-Transistors<br />
ergibt sich ganz analog durch Vertauschen der Spannungen <strong>und</strong> der Elektronen mit den Löchern.<br />
In der Regel ist das Emitter-Gebiet<br />
sehr stark dotiert (z.B. NDE<br />
17 -3<br />
= 10 cm ), was einer hohen<br />
Leitfähigkeit entspricht<br />
(0,1cm bei Si). Die Basis ist<br />
um ca. 2 Größenordnungen<br />
schwächer dotiert (N AB = 10 15<br />
-3 cm , ca. 1cm bei Si), der<br />
Kollektor zeigt meist eine noch<br />
geringere Dotierung (N DC = 10 13<br />
-3<br />
cm , ca. 1...10cm bei Si).<br />
Zur Beschreibung der Funktion<br />
eines Transistors betrachten wir<br />
die Ströme der beiden p-n-<br />
Übergänge getrennt:<br />
Emitter-Basis-Diode:<br />
Diese Diode ist in Durchlassrichtung geschaltet, d.h. es fließt der Durchlassstrom<br />
Abb. 12.1-2<br />
Dieser Strom besteht aus einem Elektronenstrom vom Emitter in die Basis sowie einem Löcherstrom<br />
von der Basis in den Emitter. Da der Emitter wesentlich stärker dotiert ist als die<br />
n<br />
Basis, folgt, dass der Elektronenstrom I EB vom Emitter in die Basis etwa um das Verhältnis<br />
p<br />
der Dotierungen größer ist als der Löcherstrom I EB von der Basis in den Emitter. Die Basis<br />
wird folglich mit Elektronen überschwemmt, wir sprechen auch von in die Basis injizierten
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 127<br />
Elektronen. Diese Elektronen<br />
stellen in der Basis Minoritätsträger<br />
dar. Da die Basis schwächer<br />
dotiert ist sind nur wenige<br />
Löcher zur Rekombination vorhanden.<br />
Der überwiegende Anteil<br />
der Elektronen gelangt in<br />
die Zone der Kollektor-Basis-<br />
Diode.<br />
Kollektor-Basis-Diode:<br />
Diese Diode ist in Sperrrich-<br />
Abb. 12.1-3<br />
tung gepolt, d.h. zwischen Basis<br />
<strong>und</strong> Kollektor fließt der Sperrstrom dieser Diode, dieser ist sehr gering. Er setzt sich als Sperrp<br />
strom aus den Strömen der Minoritätsträger zusammen, also einem Löcherstrom I CB aus dem<br />
n<br />
Kollektor in die Basis <strong>und</strong> einem Elektronenstrom I CB aus der Basis in den Kollektor. Lassen<br />
wir zunächst den Emitteranschluss offen, so ergibt sich als Kollektorstrom die Summe aus<br />
diesen Einzelströmen:<br />
Dieser Strom wird als Kollektorreststrom bei offenem Emitter I CB0 bezeichnet. Wird der<br />
Emitter angeschlossen, so stellen die in die Basis injizierten Elektronen hier ebenfalls Minoritätsträger<br />
dar. D.h. für sie ist die Kollektor-Basis-Diode durchlässig. Wegen der geringen<br />
Basisdicke gelangt somit die überwiegende Anzahl der Elektronen in die Sperrschicht <strong>und</strong><br />
wird vom Kollektor abgesaugt. Der gesamte Kollektorstrom ergibt sich somit zu<br />
dabei wurde ausgenutzt<br />
A bezeichnet man als Stromverteilungsfaktor.<br />
Durch Verwendung der Knotenregel erhält man
Seite 128 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Wir sehen, dass der Kollektorstrom etwa um den Faktor B größer ist als der Basisstrom. Mit<br />
A = 0,99 folgt B = 100. B wird daher als Gleichstromverstärkung bezeichnet. Wegen der<br />
Knotenregel gilt dann weiter:<br />
Diese Gleichung gestattet uns den Reststromterm neu zu interpretieren. Für I B = 0 folgt nämlich:<br />
I CE0 stellt den Kollektorreststrom bei offener Basis dar. Er ist ebenfalls etwa um der Faktor B<br />
größer als I .<br />
CB0<br />
Somit erhalten wir folgende wichtige Gleichungen für den Transistor:<br />
Die Gleichstromverstärkung B wird durch die Dotierungsverhältnisse <strong>und</strong> die Dicke der Basis<br />
bei der Herstellung des Transistors festgelegt. Mit Hilfe der Spannung U BE oder des Stromes<br />
I B kann somit der Emitterstrom I E <strong>und</strong> der Kollektorstrom I C gesteuert werden. Das Transistorprinzip<br />
können wir jetzt wie folgt festhalten:<br />
Die von der in Durchlassrichtung betriebenen Emitter-Basis-Diode in die Basis<br />
injizierten Ladungsträger werden hier zu Minoritätsträgern <strong>und</strong> deshalb von der<br />
in Sperrrichtung betriebenen Basis-Kollektordiode fast vollständig abgesaugt<br />
Die Wirkungsweise eines Transistors als verstärkendes Element können wir uns an einem<br />
einfachen Beispiel mit Hilfe der Kennlinie der Emitter-Basis-Diode <strong>und</strong> den abgeleiteten<br />
Gleichungen klarmachen:<br />
Dafür betrachten wir einen Transistor, der über einen Kollektorwiderstand von 1k an eine<br />
Gleichspannung von 12V angeschlossen ist.<br />
Bei einer Basis-Emitter-Spannung von 0,6V beträgt der Emitterstrom laut Kennlinie etwa
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 129<br />
1mA, der Basisstrom dann wegen<br />
B100 etwa 10A. Der<br />
Kollektorstrom beträgt ebenfalls<br />
etwa 1mA. Am Lastwiderstand<br />
fällt somit eine Spannung von<br />
1V ab <strong>und</strong> U CE beträgt 11V. Erhöht<br />
man U BE um 0,1V auf 0,7V<br />
so folgt entsprechend I E =10mA,<br />
I B = 100A <strong>und</strong> I C = 10mA. Die<br />
Spannung U CE ist jetzt auf 2V<br />
abgesunken, da am Widerstand 10V abfallen.<br />
Abb. 12.1-4<br />
Fazit: Eine Änderung der Eingangsspannung um 0,1V ruft am Ausgang eine Spannungsänderung<br />
um 9V hervor, bzw. eine Änderung des Eingangsstromes um 90A ruft eine Änderung<br />
des Ausgangsstromes von 9mA hervor. Der Transistor arbeitet somit als Verstärker von<br />
Eingangsspannung <strong>und</strong> Eingangsstrom.<br />
Video Nr. 2-7: bipolarer Transistor<br />
12.2 Transistor-Kennlinienfelder<br />
Der Transistor ist ein Bauelement mit drei Anschlüssen. In einer Verstärkerschaltung werden<br />
aber stets zwei Eingangsklemmen sowie zwei Ausgangsklemmen benötigt. Dies bedeutet,<br />
dass einer der Transistoranschlüsse sowohl zum Eingang als auch zum Ausgang Verbindung<br />
haben muss. Hieraus resultieren drei verschiedene Transistor-Gr<strong>und</strong>schaltungen:<br />
Im Namen der Schaltung taucht<br />
jeweils die gemeinsame Elektrode<br />
auf. Wie wir gesehen haben,<br />
werden in der Emitterschaltung<br />
sowohl Ströme wie auch<br />
Spannungen verstärkt. In der<br />
Basisschaltung sind Eingangs<strong>und</strong><br />
Ausgangsstrom nahezu<br />
gleich, hier werden nur Spannungen<br />
verstärkt, in der Kollektorschaltung<br />
dagegen nur Ströme.<br />
Aus diesen Gründen findet<br />
die Emitterschaltung auch die<br />
weiteste Verbreitung. Wir werden<br />
daher im folgenden die Kennlinien der Emitterschaltung betrachten.<br />
Abb. 12.2-1<br />
B BE C CE<br />
Da wir zwei Eingangsgrößen (I , U ) <strong>und</strong> zwei Ausgangsgrößen (I , U ) zu Beschreibung<br />
benötigen, diese aber nie das Vorzeichen wechseln, kommt man zu einer sehr übersichtlichen
Seite 130 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Darstellung der Zusammenhänge zwischen diesen Größen in einer Vier-Quadrantendarstellung:<br />
Zwei der Kennlinien kennen wir<br />
schon. Es handelt sich hierbei<br />
um die Eingangskennlinie,<br />
welche Eingangsstrom <strong>und</strong> Eingangsspannung<br />
miteinander verknüpft<br />
<strong>und</strong> die Steuerkennlinie,<br />
welche Eingangsstrom <strong>und</strong> Ausgangsstrom<br />
miteinander verbindet.<br />
Die Eingangskennlinie ist im<br />
wesentlichen die Kennlinie der<br />
Emitter-Basis-Diode für den<br />
Durchlassbereich:<br />
Wir sehen, dass lediglich die Stromachse um den Faktor 1/B verkleinert ist.<br />
Die Steuerkennlinie ergibt sich aus der abgeleiteten Funktion des Transistors zu:<br />
Abb. 12.2-2<br />
Wir erkennen hier den linearen Zusammenhang zwischen I C <strong>und</strong> I B.<br />
Beide Kennlinien gelten<br />
für eine konstante Kollektor-Emitter-Spannung U CE.<br />
Das dritte wichtige Kennlinienfeld ist die Ausgangskennlinie, welche den Ausgangsstrom<br />
mit der Ausgangsspannung verknüpft. Ihren Verlauf können wir aus der diskutierten Funktion<br />
des Transistors ableiten:<br />
Solange der Basisstrom konstant ist, sollte<br />
auch der Kollektorstrom konstant sein, unabhängig<br />
von der Kollektor-Emitter-Spannung<br />
U CE,<br />
die in der obigen Formel nicht<br />
erscheint. Die Kennlinie bei konstantem<br />
Basisstrom sollte somit eine horizontale<br />
Linie sein. Tatsächlich beobachtet man<br />
aber einen leichten Anstieg der Kennlinie<br />
mit zunehmender Kollektor-Emitter-Span-<br />
Abb. 12.2-3
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 131<br />
nung.<br />
Ursache ist die Verbreiterung der Sperrschicht der Kollektor-Basis-Diode mit zunehmender<br />
Spannung U CE.<br />
Hieraus resultiert eine Verringerung der effektiven Basisdicke <strong>und</strong> damit eine<br />
Erhöhung des Stromverteilungsfaktors A.<br />
Bei sehr kleinen Spannungen U CE folgt wegen<br />
dass die Spannung an der Kollektor-Basis-Diode U CB zu Null oder sogar negativ werden kann.<br />
Dann geht diese Diode von der Sperrrichtung in die Durchlassrichtung über. Da der Kollektorstrom<br />
aber im wesentlichen aus den Minoritätsträgern besteht, die vom Emitter in die Basis<br />
injiziert werden, muss der Strom jetzt abnehmen, da diese die Sperrschicht nicht mehr passieren<br />
können. Bei U CE=0<br />
geht auch der Kollektorstrom auf nahe Null zurück. Der mehr oder<br />
weniger ausgeprägte Knick in der Kennlinie tritt folglich etwa bei U CE = U BE (U CB=0)<br />
auf.<br />
Dieser Punkt wird als Sättigung bezeichnet. Rechts davon liegt der lineare Bereich, den linken<br />
Bereich des Abfalls nennt man Übersteuerung.<br />
Folie Nr. 97: Vierquadrantenkennlinienfeld<br />
Da der Kollektorstrom dem Basisstrom nahezu proportional ist, ergibt sich für jeden Basisstrom<br />
eine eigene Kennlinie im Ausgangskennlinienfeld. Bei gleichmäßiger stufenweiser<br />
Erhöhung von I B ergeben sich so äquidistante Kennlinien. Man spricht vom Ausgangskennlinienfeld<br />
für Stromsteuerung.<br />
Folie Nr. 99: Ausgangskennlinienfelder<br />
Es ist auch möglich, die Ausgangskennlinien bei konstanter Eingangsspannung U BE aufzunehmen.<br />
Sie sehen im Prinzip gleich aus, bei stufenweiser Erhöhung von U BE nimmt der Abstand<br />
der Kennlinien aber stark zu. Dies liegt an der Krümmung der Eingangskennlinie. Wir erhalten<br />
das Ausgangskennlinienfeld für Spannungssteuerung.<br />
Folie Nr. 99: Ausgangskennlinienfelder<br />
Wir haben gesehen, dass die Erhöhung der Kollektor-Emitter-Spannung den Stromverteilungsfaktor<br />
A vergrößerte, dies heißt, der Basisstrom verringert sich. Die Spannung U CE wirkt<br />
also auf die Eingangsgrößen zurück. Sowohl die Eingangskennlinie als auch die Steuerkennlinie<br />
muss folglich von der Spannung U CE abhängen. Dieses Verhalten bezeichnet man als<br />
Rückwirkung.<br />
Aus den Ausgangskennlinien lässt sich diese Rückwirkung ableiten. Dazu wird für zwei<br />
verschiedene Spannungen U CE jeweils der Zusammenhang I C /I B ermittelt <strong>und</strong> in die Steuerkennlinie<br />
übertragen.<br />
Wir sehen, dass der Einfluss der Kollektor-Emitter-Spannung hier nicht sehr groß ist. Man<br />
begnügt sich daher meist mit zwei Kennlinien.
Seite 132 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Folie Nr. 98: Stromsteuerkennlinie,<br />
Gleichstromverstärkung<br />
Soll bei der Erhöhung von UCE<br />
der Basisstrom konstant bleiben,<br />
so muss folglich U BE leicht erhöht<br />
werden. Dies resultiert in<br />
einer Verschiebung der Eingangskennlinie<br />
zu höheren<br />
Spannungen. Diese Verschiebung<br />
lässt sich zusätzlich auch<br />
noch im bisher nicht betrachteten<br />
vierten Quadranten des<br />
Kennlinienfeldes darstellen.<br />
Diese Kennlinien bezeichnet man als Rückwirkungskennlinien.<br />
12.3 Transistorkenngrößen<br />
Abb. 12.2-4<br />
Einige wichtige Kenngrößen haben wir bei der Ableitung der Transistorfunktion bereits kennen<br />
gelernt. Weitere wollen wir aus dem Kennlinienfeld ableiten.<br />
Zu den bereits bekannten Kenngrößen gehören die Gleichstromkenngrößen A <strong>und</strong> B:<br />
Stromverteilungsfaktor A:<br />
A = 0,95 ... 0,999.<br />
Da I E <strong>und</strong> I C Ein- <strong>und</strong> Ausgangsstrom der Basisschaltung darstellen, spricht man hier auch von<br />
der Stromverstärkung der Basisschaltung.<br />
Gleichstromverstärkungsfaktor B:<br />
B = 30...200.<br />
Zwischen beiden Größen gilt die schon hergeleitete Beziehung<br />
B ist keine absolute Konstante, sondern hängt wie wir schon gesehen haben, von der Spannung<br />
U CE ab. Außerdem hängt sie auch vom Kollektorstrom ab, da die Steuerkennlinie
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 133<br />
tatsächlich keine Gerade ist.<br />
Folie Nr. 98: Steuerkennlinie <strong>und</strong> Stromverstärkung<br />
Neben den Gleichstromkenngrößen spielen auch die Kleinsignalkenngrößen eine große<br />
Rolle. Diese weichen auf Gr<strong>und</strong> der Kennlinienkrümmung mehr oder weniger von den<br />
Gleichstromgrößen ab <strong>und</strong> sind dann wichtig, wenn ein Transistor in der Nähe eines Arbeitspunktes<br />
mit geringen Änderungen der Eingangsgrößen betrieben wird.<br />
Stromverstärkung :<br />
besitzt in der Regel etwa die gleiche Größe wie B, ist meist etwas größer.<br />
Diese Kleinsignalkenngrößen können wir im Kennlinienfeld in Form der Kennliniensteigung<br />
wiederfinden.<br />
differentieller Eingangswiderstand:<br />
Hierunter verstehen wir die Steigung der Eingangskennlinie:<br />
Abb. 12.3-1
Seite 134 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
differentieller Ausgangswiderstand:<br />
Dies stellt entsprechend die Steigung der Kennlinien im Ausgangskennlinienfeld dar:<br />
Je nachdem, welche Eingangsgröße im Ausgangskennlinienfeld konstant gehalten wird, erhalten<br />
wird unterschiedliche differentielle Ausgangswiderstände. Wird U BE konstant gehalten, so<br />
sprechen wir vom Kurzschlussfall, da die Eingangswechselspannung kurzgeschlossen ist,<br />
wird I B konstant gehalten, so sprechen wir vom Leerlauf, da kein Eingangswechselstrom<br />
fließt.<br />
Typische Ausgangswiderstände liegen zwischen 1k <strong>und</strong> 100k, meist in der Größenordnung<br />
einiger 1k. Dies bedeutet, dass die differentiellen Eingangs- <strong>und</strong> Ausgangswiderstände der<br />
Emitterschaltung etwa gleich groß sind (Leistungsanpassung zwischen aufeinander folgenden<br />
Stufen).<br />
Folie Nr. 97: Vier-Quadranten-Kennlinienfeld<br />
Steilheit:<br />
Betrachtet man die Spannungssteuerkennlinie, d.h. die Änderung der Kollektorstromes I C mit<br />
der Eingangsspannung U BE,<br />
so stellt die Steigung dieser Kennlinie die sogenannte Steilheit<br />
dar:<br />
Typische Werte der Steilheit sind somit einige<br />
10...100mA/V.<br />
12.4 Transistoranwendungen<br />
Wir unterscheiden die Anwendung des Transistors als<br />
linearen Verstärker, bei der es uns auf möglichst verzerrungsfreie<br />
Verstärkung eines Eingangssignals ankommt,<br />
von der Anwendung des Transistors als Schalter.<br />
Die Gr<strong>und</strong>schaltung des linearen Verstärkers ist neben<br />
stehend dargestellt. Sie besteht im wesentlichen aus dem<br />
Arbeitswiderstand im Kollektorkreis <strong>und</strong> einem Span-<br />
Abb. 12.4-1
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 135<br />
nungsteiler für die Einstellung der Basis-Emitter-Spannung.<br />
Folie Nr. 100: Kennlinien BC 108<br />
Aus dem Kennlinienfeld <strong>und</strong> dem Arbeitswiderstand ergeben sich folgende Aussagen:<br />
Der AP wird festgelegt zu: U CE = U B/2<br />
= 7,5V,<br />
Damit wird: I C = 7,5mA, d.h. P V = 56mW < P tot = 300mW<br />
Aus der Ausgangskennlinie ersehen wir I B = 25A <strong>und</strong> aus der Spannungssteuerkennlinie<br />
U BE = 0,66V (hier reicht in der Regel die Abschätzung U BE 0,7V bei Si-Transistoren). Mit<br />
diesen Werten kann der Basisspannungsteiler dimensioniert werden. Dabei sollte man die<br />
Faustregel "Querstrom = 5 ... 10 I B" beachten. Wir wählen I Q = 125A. Damit folgt für die<br />
Widerstände:<br />
Durch diese drei Widerstände ist der Arbeitspunkt eingestellt. Jede Veränderung des Eingangsstromes<br />
bzw. der Eingangsspannung führt jetzt zu einer Änderung des Ausgangsstromes<br />
<strong>und</strong> der Ausgangsspannung entsprechend der Widerstandsgeraden. Dies bedeutet aber, dass<br />
wir zur Beschreibung der Verstärkung nicht mehr die bekannte Stromsteuerkennlinie verwenden<br />
können, da hier U CE = const. vorausgesetzt wurde. Wir müssen uns jetzt ein neues<br />
Betriebskennlinienfeld schaffen, welches dieses berücksichtigt. Die nächste Abbildung zeigt<br />
die Entwicklung des<br />
Betriebskennlinienfeldes<br />
aus den Ausgangskennlinien:<br />
- die neue<br />
Ausgangskennlinie<br />
ist<br />
die Widerstandsgerade<br />
- die neue<br />
Stromsteuerkennlinie<br />
ergibt sich<br />
aus den<br />
Schnittpunk-<br />
Abb. 12.4-2
Seite 136 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
ten der Widerstandsgeraden mit den ehemaligen Ausgangskennlinien<br />
- die neue Eingangskennlinie kann aus der entsprechend zu konstruierenden Spannungssteuerkennlinie<br />
<strong>und</strong> der Stromsteuerkennlinie gewonnen werden<br />
Auffallendster Unterschied ist das Abknicken der Stromsteuerkennlinie bei hohen Basisströmen.<br />
Hier erkennt man deutlich, warum der stark nichtlineare Bereich der Ausgangskennlinien<br />
als Sättigungsbereich bezeichnet wird. Der Kollektorstrom kann jetzt auch durch Steigerung<br />
des Eingangsstromes nicht mehr erhöht werden. Ist der Arbeitspunkt geeignet gewählt,<br />
so verläuft die Stromsteuerkennlinie im Bereich des Arbeitspunktes nahezu linear. Dies ist<br />
sehr wichtig, wenn dem Basisgleichstrom ein kleiner Wechselstrom überlagert wird:<br />
Wir sehen, der Kollektorstrom folgt jetzt dem Basisstrom:<br />
Abb. 12.4-3<br />
Wir finden in der Abbildung zu der Amplitude i B = 10A einen Amplitude des Kollektorstromes<br />
von i C = 3mA <strong>und</strong> eine Amplitude u CE = 3V. Die Stromverstärkung ist folglich etwa<br />
= 300.<br />
Wir sehen am Betriebskennlinienfeld weiterhin, dass die Eingangskennlinie nicht linear ist,<br />
d.h. die Vorgabe einer festen Wechselspannung u BE hätte zu einer nichtlinearen Verstärkung<br />
geführt. Aus diesem Gr<strong>und</strong>e werden bipolare Transistoren in der Regel in Stromsteuerung<br />
betrieben.<br />
Auch bei zu großer Amplitude des Eingangswechselstromes kommt es infolge der Sättigung<br />
zu einer Signalverzerrung am Ausgang. Wir sprechen jetzt von einer Übersteuerung des
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 137<br />
Transistors. Wie die Stromsteuerkennlinie zeigt, sinkt jetzt die Stromverstärkung ab.<br />
Soll der<br />
Transistor<br />
als Schalter<br />
betrieben<br />
werden, so<br />
nutzen wir<br />
aus, dass<br />
bei Basisstrom<br />
0 auch<br />
der Kollektorstromverschwindet,<br />
bei hohen Basisströmen der Kollektorstrom dagegen in die Sättigung geht.<br />
Durch die Variation von I B zwischen 0 <strong>und</strong> 100A wird der<br />
Arbeitspunkt zwischen AP1 <strong>und</strong> AP2 hin <strong>und</strong> her geschaltet.<br />
Die Kollektorspannung schaltet dabei zwischen 15V <strong>und</strong> etwa<br />
0,5V, der Kollektorstrom zwischen 0 <strong>und</strong> 14mA. Neben<br />
dem Übersteuerungsbereich können wir auch noch einen<br />
Sperrbereich festlegen für I B < 0. Die Umschaltung benötigt<br />
etwas Zeit, wir erhalten zwei Verzögerungszeiten: beim<br />
Einschalten um die Sperrschicht abzubauen, beim Ausschal-<br />
ten um den Basisbereich zu räumen (Speicherzeit): t aus = t ein +<br />
t. s<br />
12.5 Transistor-Grenzdaten<br />
Der Einsatz des Transistors ist durch mehrere Grenzwerte<br />
eingeschränkt. Diese sollen im folgenden diskutiert werden:<br />
maximale Verlustleistung:<br />
Abb. 12.4-4<br />
Abb. 12.4-5<br />
Die maximal umsetzbare Verlustleistung wird durch die zulässige Temperatur der Sperrschicht<br />
bestimmt.<br />
Diese beträgt bei Si-Transistoren T jmax = 115...200°C <strong>und</strong> bei Ge-Transistoren<br />
T jmax = 75...100°C. Dabei gilt:<br />
Der Wärmewiderstand setzt sich zusammen aus zwei Größen, dem Wärmewiderstand zwischen<br />
Sperrschicht <strong>und</strong> Gehäuse, der vom Aufbau vorgegeben ist <strong>und</strong> dem Wärmewiderstand
Seite 138 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
zwischen Gehäuse <strong>und</strong> Umgebung, der durch Kühlkörper stark beeinflusst werden kann.<br />
maximaler Kollektorstrom:<br />
Abb. 12.5-1<br />
Der Kollektorstrom ist nach oben begrenzt, durch eine Abnahme der Stromverstärkung bei<br />
hohen Strömen. Außerdem darf die Stromdichte bestimmte Grenzwerte nicht überschreiten,<br />
da sonst die Zuleitungen <strong>und</strong> Anschlusskontakte zerstört werden können.<br />
maximale Kollektorspannung:<br />
Da die Kollektor-Basis-Diode in Sperrrichtung betrieben wird, kann es bei hohen Spannungen<br />
zum Lawinendurchbruch kommen, wie er auch bei den Dioden auftritt. Wir sprechen hierbei<br />
vom ersten Durchbruch. Dieser begrenzt die Kollektor-Emitter-Spannung nach oben auf den<br />
Wert U CE0max.<br />
Dieser Durchbruch kann bei Begrenzung des Stromes reversibel ablaufen, wie<br />
es auch bei den Z-Dioden ausgenutzt wird.<br />
Durch den starken Anstieg des Stromes kann es allerdings lokal zu einer starken Aufheizung<br />
des Transistormaterials kommen, insbesondere durch die übliche Form der Transistoren, bei<br />
denen der Emitter wesentlich kleiner ist als der Kollektor:<br />
Folie Nr. 101: Transistor in Diffusionsplanartechnik<br />
Dies bedingt am Emitter lokal sehr hohe Stromdichten. Der normale Durchbruch kann hier in<br />
einen thermischen Durchbruch übergehen, bei dem durch zusätzliche Ladungsträgererzeugung<br />
die Kollektor-Emitter-Spannung zusammen bricht (Grenzschicht wird niederohmig) <strong>und</strong> ein
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 139<br />
starker Strom zu fließen beginnt. Wir sprechen hier vom so genannten zweiten Durchbruch.<br />
Dieser führt in der Regel zur Zerstörung des Transistors. Bedeutsam ist dieser Durchbruch<br />
insbesondere bei Leistungsverstärkern, da man hier mit Ausgangsamplituden arbeitet, die auf<br />
der Arbeitsgeraden bis in den Sperrbereich führen <strong>und</strong> gleichzeitig hohe Versorgungsspannungen<br />
verwendet. Obwohl man mit der Arbeitsgeraden unter der Verlustleistungshyperbel bleibt,<br />
kann hier durch den zweiten Durchbruch eine Zerstörung einsetzen. Bei hohen Spannungen<br />
<strong>und</strong> geringen Strömen wird daher die Verlustleistungshyperbel durch die Grenzkurve des<br />
zweiten Durchbruchs abgelöst.<br />
Folie Nr. 102: geschichtliche Entwicklung des Transistors
Seite 140 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 141<br />
13. Feldeffekt-Transistoren<br />
13.1 Sperrschicht-Feldeffekt-Transistoren (JFET)<br />
Feldeffekt-Transistoren (FET) bestehen aus einem <strong>Halbleiter</strong>-Strompfad, dessen Widerstand<br />
durch ein elektrisches Feld gesteuert wird. Es werden nur die Majoritätsträger im Strompfad<br />
als Ladungsträger verwendet, so dass hier ein Unipolar-Transistor vorliegt. Beim<br />
Sperrschicht-Feldeffekt-Transistor ist die Steuerelektrode durch einen gesperrten p-n-Übergang<br />
vom Kanal isoliert.<br />
Abb. 13.1-1<br />
Die Abbildung zeigt den prinzipiellen Aufbau eines n-Kanal-FET. Die drei Elektroden heißen<br />
Gate, Drain <strong>und</strong> Source. Da der p-n-Übergang in Sperrrichtung betrieben wird tritt nur ein<br />
Strom auf, der Drainstrom I D,<br />
der dem Sourcestrom entspricht. Der Gatestrom ist zu vernachlässigen.<br />
Des weiteren sind zwei Spannungen für die Beschreibung wichtig, die Drain-<br />
Source-Spannung U DS <strong>und</strong> die Gate-Source-Spannung U GS.<br />
Im Schaltsymbol wird die jeweilige<br />
Dotierung des Gate durch einen Pfeil dargestellt: Pfeil nach innen = p-dotiert, Pfeil<br />
nach außen = n-dotiert (entspricht der Emitter-Kennzeichnung am Transistor). Das Gate ist<br />
stets stärker dotiert als der Kanal, daher reicht die Verarmungszone der Sperrschicht weit in<br />
den Kanal hinein. Nur der Bereich des Kanals, in dem Majoritätsträger vorhanden sind (also<br />
außerhalb der Verarmungszone) trägt zum Stromfluss bei.<br />
Erhöht man die Sperrspannung zwischen Kanal <strong>und</strong> Gate U GS,<br />
so wird die Verarmungszone<br />
breiter, der Kanal enger <strong>und</strong> der Kanalwiderstand steigt an.<br />
DS<br />
Im praktischen Betriebsfall ist die Spannung U ebenfalls von Null verschieden. Sie fällt<br />
gleichmäßig entlang des Kanales ab. Da sie am Drain positiv ist, ist die Sperrspannung zwischen<br />
Kanal <strong>und</strong> Gate in Drain-Nähe jetzt größer als in Source-Nähe. Dadurch erhält der
Seite 142 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Kanal eine Trichterform, welche auf der Drain-Seite den geringeren Querschnitt zeigt. Je größer<br />
die Spannung U DS ist, um so mehr verengt sich folglich der Kanal.<br />
Abb. 13.1-2<br />
Abb. 13.1-3<br />
Betrachten wir die Abhängigkeit des Drainstromes I D von der Spannung U DS bei U GS=0,<br />
so<br />
finden wir folglich zunächst einen Anstieg mit der Spannung, der sich aber infolge der<br />
Kanalverengung selbst begrenzt. Bei einer Spannung U DS=U P umfasst die Verarmungszone<br />
die gesamte Kanalbreite. Ab jetzt kann der Strom dem weiteren Anstieg der Spannung nicht<br />
mehr folgen, er bleibt nahezu konstant. Wir sprechen von der Abschnürspannung oder<br />
Pinch-off-Spannung. Der Abschnürbereich weitet sich mit steigender Spannung aus, am<br />
offenen Kanalbereich fällt weiterhin die Spannung U P ab, am abgeschnürten Bereich die Spannung<br />
UDS-U P.<br />
Diese Spannungsdifferenz sorgt dafür, dass die in die Verarmungszone injizierten<br />
Ladungsträger weiterhin abgesaugt werden. Da der Kanalwiderstand, über dem UP<br />
abfällt, mit steigendem U DS kleiner wird, muss der Strom weiterhin leicht ansteigen.
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 143<br />
Abb. 13.1-4<br />
Es ergibt sich somit ein Kennlinienverlauf, der zunächst aus einem Ohmschen Bereich besteht,<br />
der dann bei der Spannung U P in den Abschnürbereich übergeht.<br />
Erhöht man zusätzlich die Gate-Source-Sperrspannung, so wird dieses Verhalten zusätzlich<br />
unterstützt. Die Abschnürung tritt jetzt schon früher ein.<br />
Da ein gesperrter p-n-Übergang zum Durchbruch neigt <strong>und</strong> die höchste Sperrspannung zwischen<br />
Drain <strong>und</strong> Gate liegt, kommt es oberhalb eines bestimmten Spannungswertes zum<br />
Drain-Gate-Durchbruch. Diese Spannungen liegen etwa zwischen 20V <strong>und</strong> 50V.<br />
Da der Feldeffekt-Transistor lediglich durch zwei Spannungen <strong>und</strong> einen Strom beschrieben<br />
wird, besteht das Kennlinienfeld nur aus zwei Quadranten. Eine Eingangskennlinie existiert<br />
nicht, da der Eingangsstrom lediglich durch den Sperrstrom des p-n-Überganges gebildet wird<br />
(einige 10nA bei Silizium). Der Eingangswiderstand beträgt etwa 1G <strong>und</strong> die Steuerung des<br />
FET erfolgt somit nahezu leistungslos über die Eingangsspannung.<br />
Neben der diskutierten Ausgangskennlinie betrachten wir somit noch die Spannungssteuerkennlinie.<br />
Diese zeigt mit zunehmender Sperrspannung eine Abnahme des Drain-Stromes.<br />
Die an dieser Kennlinie auftretende Pinch-off-Spannung U P entspricht im wesentlichen der<br />
Spannung an der Ausgangskennlinie bei U GS=0.<br />
Wir können in diesen Kennlinienfeldern folgende Kenngrößen definieren:<br />
differentieller Ausgangswiderstand
Seite 144 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Steilheit der Steuerkennlinie<br />
Die Temperaturabhängigkeit des FET wird im wesentlichen durch die Zahl der Ladungsträger<br />
im Kanal bestimmt <strong>und</strong> nicht über die starke Temperaturabhängigkeit eines p-n-Überganges.<br />
Die Zahl der Ladungsträger ist aber recht konstant, da hier Störstellenerschöpfung vorliegt.<br />
Beim Umschalten des FET entfallen die Speicherzeiten, da die Sperrzonen nicht von<br />
Ladungsträgern geräumt werden müssen. Der FET schaltet folglich schneller als ein bipolarer<br />
Transistor.<br />
In einer Verstärkerschaltung zeigt der FET wegen der geringen Steilheit eine geringere<br />
Spannungsverstärkung als ein bipolarer Transistor<br />
Abb. 13.1-5<br />
Auf der anderen Seite ist die Spannungssteuerkennlinie linearer als beim bipolaren Transistor,<br />
so dass weniger Verzerrungen auftreten.<br />
Vergleichen wir beide Transistortypen einmal miteinander:
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 145<br />
bipolarer Transistor Sperrschicht-FET<br />
Stromsteuerung ja (geringe Verzerrung.) nein<br />
Stromverstärkung 100-200 -<br />
Spannungssteuerung ja (starke Verzerrung) ja (geringe Verzerrung)<br />
Spannungsverstärkung ca. 30 5-10<br />
Steilheit 50 mA/V 1...10mA/V<br />
Eingangswiderstand 10...100k 1G<br />
diff. Ausgangswiderstand 1...10k 10...100k<br />
Temperaturabhängigkeit groß gering<br />
Schaltzeiten groß gering<br />
Anwendung linearer Verstärker Schalttransistor<br />
Der tatsächliche Aufbau eines Sperrschicht-FET ist anders als im Prinzipbild angegeben.<br />
Aus herstellungstechnischen Gründen (Diffusion<br />
bzw. Epitaxie von einer Seite) bringt man auf<br />
dem Substratmaterial (Bulk) den Kanal auf <strong>und</strong><br />
integriert dann ein ringförmiges Gate, welches<br />
Drain wie eine Insel im Zentrum umfasst. Bulk<br />
<strong>und</strong> Gate werden intern kurzgeschlossen, so dass<br />
sich die Verarmungszone von beiden Seiten in<br />
den Kanal erstrecken kann. Während prinzipiell<br />
bei einem FET Drain <strong>und</strong> Source vertauscht werden<br />
können ist dies bei diesem Aufbau jetzt nicht<br />
mehr möglich ohne die Eigenschaften zu verändern.<br />
Eine andere Art der Realisierung zeigt folgende Folie:<br />
Folie Nr. 104: n-Kanal JFET<br />
13.2 MOS-Feldeffekt-Transistoren<br />
Abb. 13.1-6<br />
MOS steht für metal-oxyde-semiconductor <strong>und</strong> bedeutet, dass die Gateelektrode nicht direkt<br />
mit dem <strong>Halbleiter</strong>material leitend verb<strong>und</strong>en ist sondern durch eine Siliziumoxydschicht<br />
hiervon elektrisch isoliert wird. Der MOS-FET gehört zur Gruppe der IGFET (= isolated gate<br />
FET), zu der auch der MNS-FET (metal-nitride-semiconductor) gehört.<br />
Es ergibt sich folgender einfacher Aufbau:
Seite 146 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Beim n-Kanal-MOS-<br />
FET werden in ein pdotiertes<br />
Substrat (Bulk)<br />
zwei stark n-dotierte Bereiche<br />
eindiff<strong>und</strong>iert. Zwischen<br />
diesen Bereichen<br />
wird ein schwächer dotierter<br />
n-leitender Kanal eingebracht.<br />
Der <strong>Halbleiter</strong><br />
wird mit Siliziumdioxyd<br />
abgedeckt <strong>und</strong> anschlie-<br />
Abb. 13.2-1<br />
ßend mit S, D <strong>und</strong> G kontaktiert.<br />
Der Bulk-Anschluss<br />
wird intern mit dem Source-Anschluss verb<strong>und</strong>en. Im Symbol wird der Aufbau durch<br />
eine isolierte Gateelektrode symbolisiert, das Substratmaterial wird wiederum durch den Pfeil<br />
gekennzeichnet (Pfeil nach innen = p-leitend, Pfeil nach außen = n-leitend).<br />
Es bildet sich eine Grenzschicht zwischen<br />
n-Kanal <strong>und</strong> p-Substrat aus.<br />
Wie beim Sperrschicht-FET kann bei<br />
U GS =0 ein Strom durch den Kanal<br />
fließen, der zu einem Spannungsabfall<br />
entlang des Kanales führt.<br />
Die Sperrschicht ist daher in Drain-<br />
Nähe breiter als in Source-Nähe <strong>und</strong><br />
der Kanal wird mit zunehmender<br />
Spannung U Abb. 13.2-2<br />
DS abgeschnürt. Es ergibt<br />
sich somit zunächst das gleiche Verhalten<br />
wie bei einem Sperrschicht-FET. Die Gate-Spannung kann allerdings die Sperrschichtweite<br />
nicht mehr direkt beeinflussen. Vielmehr werden durch ein Gate-Potential infolge der<br />
Influenzwirkung mehr oder weniger Ladungen in den Kanal eingebracht (der Gateanschluss<br />
wirkt mit seiner Isolierung <strong>und</strong> dem <strong>Halbleiter</strong>material als Kondensator).<br />
Ist das Gate-Potential negativ, so werden Elektronen aus dem Kanal heraus gedrängt, die Leitfähigkeit<br />
des Kanals sinkt folglich ab. Ist das Gate-Potential positiv, so werden weitere Elektronen<br />
in den Kanal gesaugt, die Leitfähigkeit des Kanals steigt an. Im Gegensatz zum<br />
Sperrschicht-FET kann dieser MOS-FET folglich sowohl mit negativen als auch positiven<br />
Spannungen gesteuert werden. Da mit der Gate-Spannung die Ladungsträgerzahl im Kanal<br />
variiert, muss auch die Sperrschichtweite mit der Gate-Spannung variieren, da sie von der<br />
Ladungsträgerzahl abhängt (bei geringer Ladungsträgerzahl große Sperrschichtweite). Somit<br />
muss auch die Abschnürspannung mit der Gatespannung variieren. Es ergibt sich somit das<br />
Kennlinienfeld der Abb. 13.2-3.
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 147<br />
Die Steuerkennlinie ist nach rechts<br />
in den positiven Bereich<br />
verschoben. Wir sprechen bei diesem<br />
Feldeffekt-Transistor von<br />
einem selbstleitenden Typ, da bei<br />
U GS =0V schon ein Strom fließt.<br />
Da dieser FET in der Regel mit<br />
negativen Steuerspannungen betrieben<br />
wird, der Kanal also an<br />
Ladungsträgern verarmt, bezeichnen<br />
wir ihn auch als Verarmungstyp.<br />
Abb. 13.2-3<br />
Wie diese Überlegungen gezeigt haben, wird der MOS-FET durch influenzierte Ladungen<br />
gesteuert. Dies führt dazu, dass ein diff<strong>und</strong>ierter Leitungskanal gar nicht notwendig ist für die<br />
Funktion des MOS-FET. Vielmehr kann auch in einem p-Substrat durch Influenzwirkung eine<br />
starke Anreicherung von Elektronen zu einer n-Leitung führen.<br />
Durch Einlagerung von<br />
positiven Ladungen in die<br />
Oxydschicht können<br />
Elektronen unter der<br />
Oxydschicht angesammelt<br />
werden <strong>und</strong> hier eine<br />
Inversionsschicht bilden<br />
(d.h. eine Umkehrung der<br />
durch die Dotierung bedingten<br />
Leitfähigkeit).<br />
Diese Inversionsschicht<br />
wirkt dann als Kanal <strong>und</strong><br />
kann entsprechend gesteuert<br />
werden. Für den n-<br />
Kanal-Verarmungs-MOS-<br />
FET werden beide Technologien<br />
angewandt um<br />
den Kanal zu erzeugen.<br />
Verzichtet man auf die<br />
positiven Ladungen in der<br />
Oxydschicht, so kann die<br />
Inversionsschicht auch<br />
durch ein ausreichend hohes<br />
positives Potential an<br />
Abb. 13.2-4<br />
Abb. 13.2-5
Seite 148 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
der Gate-Elektrode erzeugt werden. Ein solcher MOS-FET würde bei einer Gate-Spannung<br />
von U GS = 0V zunächst sperren, bei höheren positiven Spannungen dann leiten. Wir sprechen<br />
in diesem Fall von einem selbstsperrenden Typ oder einem Anreicherungstyp.<br />
Im Symbol wird dies durch einen unterbrochenen Kanal dargestellt. Der n-Kanal-Anreicherungstyp<br />
kann folglich nur mit positiven Spannungen U GS betrieben werden. Es ergeben sich<br />
folgende Kennlinien:<br />
Es existiert eine Mindestspannung<br />
um den Kanal<br />
leitfähig zu machen. Der<br />
Vorteil dieser MOS-FET-<br />
Technologie ist ein sehr<br />
einfacher Aufbau, da lediglich<br />
die Source- <strong>und</strong><br />
Drain-Bereiche durch Diffusion<br />
hergestellt werden<br />
müssen.<br />
Die elektrischen Daten der<br />
MOS-FET (Steilheit <strong>und</strong><br />
Abb. 13.2-6<br />
differentieller Ausgangswiderstand)<br />
entsprechen dem Sperrschicht-FET. Der Widerstand zwischen Gate-Elektrode<br />
<strong>und</strong> Kanal liegt allerdings um Größenordnungen höher im T-Bereich. Da andererseits die<br />
Kapazität der Gateelektrode recht gering ist, reichen schon wenige Ladungen aus, eine hohe<br />
Spannung am Gateanschluss entstehen zu lassen. Ist der Gateanschluss offen so können solche<br />
Ladungen durch statische Aufladungen bewirkt werden <strong>und</strong> dann zu einem Durchschlag der<br />
Isolierschicht führen. MOS-FET's werden daher mit einem Kurzschlussring um alle Anschlüsse<br />
ausgeliefert. Sie können auch mit integrierten Schutzdioden geliefert werden, diese verschlechtern<br />
allerdings die Kennwerte.<br />
In der nächsten Folie sind nochmal die drei Typen von Feldeffekttransistoren dargestellt mit<br />
ihren Kennlinie:<br />
Folie Nr. 103: Übersicht FET<br />
Bei den entsprechenden p-Kanaltypen werden lediglich die Pfeile umgedreht <strong>und</strong> die Spannungen<br />
<strong>und</strong> Ströme erhalten das jeweils umgekehrte Vorzeichen.<br />
Im folgenden sind nochmal die Symbole der FET's zusammengestellt:
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 149<br />
13.3 Anwendungen der Feldeffekt-Transistoren<br />
Linearer Verstärker in Sourceschaltung mit Sperrschicht-Feldeffekt-Transistor:<br />
Abb. 13.3-1<br />
Der Sperrschicht-Feldeffekttransistor benötigt eine negative Spannung zur Steuerung. Damit<br />
die Schaltung mit einer Betriebsspannung auskommt, wird die Gate-Source-Spannung durch<br />
einen Spannungsabfall am Source-Widerstand erzeugt. Um die Widerstände zu dimensionieren<br />
legt man Betriebsspannung <strong>und</strong> U GS fest, so dass wenige Verzerrungen zu erwarten sind.<br />
Den Arbeitspunkt legt man möglichst weit in den linearen Bereich der Ausgangskennlinie.<br />
Damit liegt auch I D fest. Nun gilt:
Seite 150 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> 11. September 2005<br />
Da mit dem Arbeitspunkt auch U DS festliegt, folgt für R D:<br />
Der Gate-Ableitwiderstand hält das Gatepotential auf Null. Er sollte kleiner sein als der Gatewiderstand,<br />
man wählt ihn in der Regel zu einigen M.<br />
Damit eine Eingangswechselspannung nicht den Arbeitspunkt verschiebt (über den Wechselstromanteil<br />
von I D)<br />
muss der Source-Widerstand wechselstrommäßig kurzgeschlossen werden.<br />
Dies geschieht mit einem großen Kondensator.<br />
Inverterschaltung mit MOS-FET:<br />
Wegen der recht hohen Abschnürspannung<br />
der FET's ergibt<br />
sich bei der einfachen Inverterschaltung<br />
auch im durchgeschalteten<br />
Zustand noch eine recht<br />
hohe Ausgangsspannung QL<br />
(LOW). Die Ausgangsspannung<br />
im gesperrten Zustand Q H entspricht<br />
dagegen der Betriebsspannung<br />
(HIGH). In dieser<br />
Weise lassen sich<br />
Abb. 13.3-2<br />
Logikschaltungen daher schlecht<br />
betreiben. Man verwendet aus diesem Gr<strong>und</strong>e heute die complementary MOS-Technik<br />
(CMOS). Dabei wird an Stelle des Arbeitswiderstandes ein weiterer MOS-FET verwendet,<br />
mit entgegengesetzter Polarität.<br />
Die Ausgangskennlinie des n-<br />
Kanal-FET T 1 entspricht dem<br />
bisherigen, die Kennlinie des p-<br />
Kanal-FET T 2 ist wegen der anderen<br />
Vorzeichen gespiegelt.<br />
Bei Variation des Eingangssignales<br />
folgt jetzt:<br />
Abb. 13.3-3
11. September 2005 <strong>Werkstoffe</strong>, <strong>Bauelemente</strong>, <strong>Halbleiter</strong> Seite 151<br />
E=0V: U GS1=0V T 1 sperrt<br />
U GS2=-5V T 2 leitet Q = Q H = HIGH = 5V<br />
E=5V: U GS1=5V T 1 leitet<br />
U GS2=0V T 2 sperrt Q = Q L = LOW = 0V<br />
Jetzt entspricht die Änderung der Ausgangsspannung der inversen Änderung der Eingangsspannung.<br />
Video: Wie ein Chip entsteht