Landau-Lifshitz - Theoretische Physik - Universität Konstanz
Landau-Lifshitz - Theoretische Physik - Universität Konstanz
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<strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>- und<br />
<strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gilbert-Gleichung mit<br />
Langevin-Dynamik sowie Spin Transfer Torque<br />
Seminar: Numerische Verfahren zur Spindynamik auf der Nanoskala<br />
Phillip Wohlhüter<br />
Vortrag vom 06.07.2010<br />
<strong>Universität</strong> <strong>Konstanz</strong><br />
Betreuerin: Denise Hinzke<br />
1
Inhaltsverzeichnis 2<br />
Inhaltsverzeichnis<br />
1 Einleitung 3<br />
2 Die <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gleichung 3<br />
2.1 Der Präzessionsterm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3<br />
2.2 Der Dämpfungsterm . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />
2.3 Die zusammengesetzte Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 5<br />
3 Die Gilbert- und <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gilbert-Gleichung 6<br />
3.1 Die Gilbert-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />
3.2 Die <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gilbert-Gleichung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 6<br />
4 Langevin-Dynamik 7<br />
5 Spin Transfer Torque 8<br />
5.1 Adiabatischer Spin Transfer Torque . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 9<br />
5.2 Nichtadiabatischer Spin Transfer Torque . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 10<br />
6 Numerische Lösung von stochastischen Differentialgleichungen 11<br />
6.1 Das explizite Euler-Verfahren: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 11<br />
6.2 Das Heun-Verfahren: . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 12<br />
7 Anwendung 13<br />
7.1 Strominduzierte Domänenwandbewegung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />
7.2 Simulationsbedingungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 13<br />
7.3 Simulationsergebnisse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 14<br />
8 Zusammenfassung 15<br />
Literaturverzeichnis 16<br />
2
2 Die <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gleichung 3<br />
1 Einleitung<br />
Bewegungsgleichungen sind nicht nur in der <strong>Physik</strong> von fundamentaler Bedeutung, da<br />
sich mit ihrer Hilfe die Dynamik von Systemen beschreiben lässt. Die erste Gleichung,<br />
die die Bewegung magnetischer Momente beschreibt, wurde 1935 von Lew Dawidowitsch<br />
<strong>Landau</strong> und Jewgeni Michailowitsch Lifschitz für ferromagnetische Materialien formuliert<br />
[1]. Da diese Gleichung für große Dämpfungen jedoch unphysikalische Ergebnisse liefert,<br />
wurde sie 1955 von Thomas L. Gilbert erweitert [2].<br />
Im Zuge der Verbreitung von Computern ist die Nachfrage nach magnetischen Datenspeichern<br />
enorm gestiegen. Um die wachsenden Anforderungen in Bezug auf Speicherkapazität<br />
und Zugriffszeit befriedigen zu können, ist ein Verständnis der zu Grunde liegenden physikalischen<br />
Vorgänge unumgänglich. Ein Beispiel dafür ist der Einfluss der Temperatur,<br />
welche dazu führen kann, dass die einzelnen Bits einer Festplatte ummagnetisiert werden.<br />
Um dies berücksichtigen zu können, ist es notwendig, temperaturbedingte Effekte in<br />
die Bewegungsgleichungen einzubeziehen. Diesem Anspruch trägt die Langevin-Dynamik<br />
Rechnung.<br />
Ein Nachteil moderner Festplatten ist, dass sie mechanische Teile, wie den Schreib-/Lesekopf<br />
besitzen, denn diese können nicht so schnell wie zum Beispiel elektrische Komponenten<br />
geschaltet werden. Stuart Parkin stellte daher das sogenannte Racetrack-Memory [3]<br />
vor, bei dem die Bits mit Hilfe von Spinströmen hin und her verschoben werden. Die Auswirkung<br />
von Spinströmen auf magnetische Domänen wird durch den adiabatischen und<br />
den nichtadiabatischen spin tranfer torque Term beschrieben. Unter einem Spinstrom versteht<br />
man dabei den gerichteten Transport von Spins ohne Netto-Ladungsfluss.<br />
In dieser Arbeit werden die oben genannten Bewegungsgleichungen, nämlich die <strong>Landau</strong>-<br />
<strong>Lifshitz</strong>-Gleichung, die durch Gilbert zur <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gilbert-Gleichung erweitert wurde,<br />
die Langevin-Dynamik, sowie die um die spin transfer torque Terme erweiterte <strong>Landau</strong>-<br />
<strong>Lifshitz</strong>-Gilbert-Gleichung vorgestellt. Des Weiteren wird kurz erläutert, wie solche Differentialgleichungen<br />
numerisch gelöst werden können. Abschließend werden noch Ergebnisse<br />
einer Simulation zur strominduzierten Domänenwanddynamik präsentiert.<br />
2 Die <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gleichung<br />
Die zur Beschreibung der Dynamik magnetischer Systeme etablierten Bewegungsgleichungen<br />
sind die <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gleichung, die Gilbert-Gleichung sowie die <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-<br />
Gilbert-Gleichung. In diesem Abschnitt soll die 1935 erstmals von <strong>Landau</strong> und <strong>Lifshitz</strong><br />
und nach ihnen benannte Gleichung hergeleitet werden.<br />
Die <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gleichung besteht aus zwei Summanden: dem Präzessions- und dem<br />
Dämpfungsterm. Bei dem Dämpfungsterm handelt es sich um einen phänomenologischen<br />
Term, den <strong>Landau</strong> und <strong>Lifshitz</strong> aus Plausibilitätsgründen eingeführt hatten. Der Präzessionsterm<br />
lässt sich hingegen sowohl klassisch als auch quantenmechanisch exakt herleiten.<br />
2.1 Der Präzessionsterm<br />
Die quantenmechanische Herleitung des Präzessionsterms der <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gleichung<br />
soll in diesem Abschnitt kurz skizziert werden. Ausgangspunkt dazu ist die Heisenbergsche<br />
Bewegungsgleichung<br />
<br />
∂ ˆSi(t)<br />
i<br />
∂t<br />
=<br />
<br />
ˆSi(t), ˆ <br />
H<br />
3
2 Die <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gleichung 4<br />
mit dem zeitabhängigen Spinoperator ˆ Si(t) und dem Hamiltonoperator ˆ H. Unter Verwendung<br />
der Vertauschungsregel<br />
<br />
ˆ<br />
sowie zyklische Vertauschung<br />
S x i , ˆ S y<br />
i<br />
= iδi,j ˆ S z i<br />
sowie einer Entwicklung des Kommutators<br />
folgt für das isotrope Heisenbergmodell<br />
<br />
<br />
∂ ˆSi<br />
i = i<br />
∂t<br />
<br />
ˆSi(t), ˆ <br />
H nach und der Annahme ˆ H = − ∂ ˆ H, ˆSi<br />
<br />
ˆSi(t), ˆ <br />
H = i ˆ Si × ∂ ˆ H<br />
∂ ˆ + O(<br />
Si<br />
2 )<br />
ˆSi × ∂ ˆ H<br />
∂ ˆ <br />
+ O(<br />
Si<br />
2 ).<br />
Der Übergang zur klassischen Bewegungsgleichung geschieht, indem → 0, wodurch die<br />
Terme höherer Ordnung<br />
wegfallen. Des Weiteren wird das Ehrenfest Theorems verwendet,<br />
nach dem ˆSi = si und ˆ H = H sind. Dieses besagt also, dass die quantenmechanischen<br />
Erwartungswerte gleich klassischer Vektoren sind und der Hamiltonoperator in die klassische<br />
Hamiltonfunktion übergeht. Daraus folgt<br />
∂ 〈si〉<br />
∂t = si × ∂H<br />
.<br />
∂si<br />
Es ist bekannt, dass das magnetische Moment µ mit dem Spin si über die Relation<br />
µ = −γs<br />
verknüpft ist. γ = gµB/ ist dabei das gyromagnetische Verhältnis mit dem Landé-Faktor<br />
g und dem Bohrschen Magneton µB. Der Spin kann nun noch auf Eins normiert werden:<br />
mit µs = |µi|. Daraus folgt<br />
si = − µi<br />
γ<br />
Si = µi<br />
µs<br />
= −µs<br />
γ Si.<br />
Verwendet man noch die Substitution für das effektive Feld Hi,eff = − ∂H<br />
∂ , erhält man die<br />
Si<br />
ungedämpfte <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gleichung<br />
∂ Si<br />
∂t<br />
= − γ<br />
µs<br />
Si × Hi,eff. (1)<br />
Der Präzessionsterm (1) beschreibt die Präzession des Spinmoments um das effektive Feld<br />
wie in Abbildung 1 dargestellt.<br />
4
2 Die <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gleichung 5<br />
Abb. 1: Präzession eines Spinmoments S um das effektive Feld H [4]<br />
2.2 Der Dämpfungsterm<br />
Wie bereits erwähnt, kann der Dämpfungsterm nicht hergeleitet werden. Er wurde von<br />
<strong>Landau</strong> und <strong>Lifshitz</strong> phänomenologisch eingeführt, um Dissipationseffekte, also Reibung,<br />
zu berücksichtigen. Er hat die Form<br />
Fα = − λ<br />
µs<br />
<br />
Si × Si × <br />
Hi,eff<br />
mit dem phänomenologischen Dämpfungsparameter λ. Dieser Term steht senkrecht zum<br />
Präzessionsterm und führt zur Ausrichtung des Spins in Richtung des effektiven Feldes<br />
(s. Abb. 2).<br />
Abb. 2: Dämpfungsbewegung: Ausrichtung des Spinmoments S in Richtung des effektiven Feldes H [4]<br />
2.3 Die zusammengesetzte Gleichung<br />
Die aus der ungedämpften <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gleichung (1) und dem Dämpfungsterm (Gleichung<br />
(2)) zusammengesetzte Gleichung<br />
∂ Si<br />
∂t<br />
= − γ<br />
µs<br />
Si × Hi,eff − λ<br />
µs<br />
<br />
Si × Si × <br />
Hi,eff<br />
wird <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gleichung genannt. Sie führt zu einer spiralförmigen Ausrichtung<br />
des Spinmoments in Richtung des effektiven Feldes (vgl. Abb. 3).<br />
5<br />
(2)<br />
(3)
3 Die Gilbert- und <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gilbert-Gleichung 6<br />
Abb. 3: Superposition aus Präzessions- und Dämpfungsbewegung (S: Spinmoment; H: effektives Feld)<br />
[5]<br />
3 Die Gilbert- und <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gilbert-Gleichung<br />
3.1 Die Gilbert-Gleichung<br />
20 Jahre nach der ersten Formulierung der <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gleichung stellte Thomas<br />
L. Gilbert jedoch fest [2], dass der Dämpfungsterm für große Dämpfungen (λ → ∞)<br />
zu falschen Ergebnissen führt. Betrachtet man eine homogen magnetisierte Kugel, so<br />
nimmt die Ummagnetisierungszeit für zunehmende Dämpfung (größer werdendes λ) nach<br />
Gleichung (3) ab. Da die magnetischen Momente sich auf Grund der größeren Dämpfung<br />
jedoch langsamer bewegen müssten und die Ummagnetisierungszeit zunehmen sollte, ist<br />
diese Beschreibung unphysikalisch.<br />
Gilbert erweiterte daher den Dämpfungsterm um eine Rayleigh-Dissipationsfunktion [2],<br />
welche die Ankopplung an ein Wärmebad berücksichtigt. Die von ihm erhaltene Gleichung<br />
∂ Si<br />
∂t<br />
= − γ<br />
µs<br />
Si × Hi,eff + α<br />
<br />
Si × ∂ Si<br />
∂t<br />
wird Gilbert-Gleichung genannt und liefert bei Rechnungen auch für große Dämpfungen<br />
physikalisch sinnvolle Ergebnisse. Wie zu erkennen ist, führte Gilbert eine neue Dämpfungskonstante<br />
α ein. Wie bei λ handelt es sich allerdings um eine phänomenologische<br />
Konstante, die die Stärke einer konstanten Energiedissipation beschreibt. Die Effekte, die<br />
zur Energiedissipation führen, sind jedoch noch nicht bekannt.<br />
3.2 Die <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gilbert-Gleichung<br />
Vergleicht man die <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gleichung (3) mit der Gilbert-Gleichung (4), so fällt<br />
auf, dass bei der Gilbert-Gleichung die zeitliche Ableitung sowohl auf der rechten als auch<br />
auf der linken Seite in die Gleichung eingeht. Da dies das Lösen der Differentialgleichung<br />
erschwert, ist es wünschenswert die Gilbert-Gleichung auf eine Form zu bringen, die der<br />
<strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gleichung ähnelt. Dies ist auch möglich, wie im Folgenden gezeigt werden<br />
soll:<br />
Ausgangspunkt ist die Gilbert-Gleichung auf die Siד auf beiden Seiten von links ange-<br />
”<br />
wandt wird:<br />
<br />
Si × ∂ Si<br />
∂t<br />
= − γ<br />
µs<br />
<br />
Si × Si × <br />
Hi,eff + α Si ×<br />
6<br />
<br />
Si × ∂ Si<br />
∂t<br />
.<br />
(4)
4 Langevin-Dynamik 7<br />
Durch Ausnutzen der Leibnitz-Regel a × ( b × c) = b(a ·c) − c(a · b) erhält man<br />
Si × ∂ Si γ<br />
<br />
= − Si × Si ×<br />
∂t <br />
Hi,eff + α <br />
Si<br />
Si · ∂ <br />
Si<br />
− α<br />
∂t<br />
∂ Si<br />
. (5)<br />
∂t<br />
µs<br />
Da der Spin normiert ist ( S 2 i = 1), gilt<br />
Si · ∂ Si<br />
∂t = ∂ S2 i<br />
∂t<br />
Dadurch vereinfacht sich Gleichung (5) zu<br />
Si × ∂ Si<br />
∂t<br />
= − γ<br />
µs<br />
= 0.<br />
<br />
Si × Si × <br />
Hi,eff<br />
− α ∂ Si<br />
∂t .<br />
Durch Einsetzen in die Gilbert-Gleichung (4) erhält man die sogenannte <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-<br />
Gilbert-Gleichung<br />
∂ Si<br />
∂t<br />
γ<br />
= −<br />
(1 + α2 Si ×<br />
)µs<br />
αγ<br />
Hi,eff −<br />
(1 + α2 <br />
Si × Si ×<br />
)µs<br />
<br />
Hi,eff , (6)<br />
welche die Korrektur des Dämpfungsterms durch Gilbert enthält, jedoch die gleiche Einfachheit<br />
wie die <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gleichung besitzt. Zu beachten ist, dass bei der <strong>Landau</strong>-<br />
<strong>Lifshitz</strong>-Gilbert-Gleichung die Dämpfungskonstante α sowohl im Präzessions- als auch<br />
im Dämpfungsterm vorkommt. Für den Fall kleiner Dämpfung α ≪ 1 geht die <strong>Landau</strong>-<br />
<strong>Lifshitz</strong>-Gilbert-Gleichung in die <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gleichung über, da in diesem Fall das<br />
α 2 im Nenner vernachlässigt und αγ = λ identifiziert werden kann.<br />
4 Langevin-Dynamik<br />
Bei den bisherigen Betrachtungen ist der Einfluss der Temperatur immer vernachlässigt<br />
worden. Die Temperatur hat jedoch Auswirkungen auf die magnetischen Momente. Mit<br />
zunehmender Temperatur gewinnt das System thermische Energie, welche dazu führt, dass<br />
die Wahrscheinlichkeit, dass sich ein magnetisches Moment ummagnetisiert, ansteigt. Betrachtet<br />
man ein kleines magnetisches monodomänes Partikel, führt dies dazu, dass die<br />
Magnetisierung dieses Partikels sogar unterhalb der Curie-Temperatur nicht konstant ist.<br />
Dieses Verhalten bezeichnet man als Superparamagnetismus. Vor allem im Bereich magnetischer<br />
Speichermedien, wie Festplatten, stellt dies ein großes Problem dar. Denn dadurch<br />
wird die minimale Größe, die ein Teilchen bzw. ein Bit (vgl. Abb. 4) haben kann, limitiert.<br />
Ein Ummagnetisieren eines Bits würde einen Datenverlust zur Folge haben. Daher ist es<br />
von großem Interesse, die Temperatur in den Bewegungsgleichungen zu berücksichtigen.<br />
William Fuller Brown, Jr. lieferte im Jahr 1963 einen Vorschlag, wie die Temperatur in die<br />
<strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gilbert-Gleichung integriert werden kann [6]. Seine Überlegungen waren<br />
dabei an die Langevin-Gleichung angelehnt, welche eine phänomenologische Beschreibung<br />
der Brownschen 2 Molekularbewegung darstellt. In Anlehnung an die Langevin-Gleichung<br />
erweiterte er das effektive Feld Hi,eff um einen zeitabhängigen Rauschterm ζ(t):<br />
∂ Si<br />
∂t<br />
γ<br />
= −<br />
(1 + α2 <br />
Si × Hi,eff +<br />
)µs<br />
<br />
αγ<br />
ζi −<br />
(1 + α2 <br />
Si × Si × Hi,eff +<br />
)µs<br />
<br />
ζi . (7)<br />
1 http://upload.wikimedia.org/wikipedia/de/a/a2/Perpendicular Recording.svg<br />
2 Der schottische Botaniker Robert Brown, der 1827 die Molekularbewegung beobachtet hat, ist dabei<br />
nicht mit William Fuller Brown, Jr. zu verwechseln, der 1963 Überlegungen zur Ummagnetisierung<br />
eindomäniger Partikel anstellte.<br />
7
5 Spin Transfer Torque 8<br />
Abb. 4: Schreibkopf einer Festplatte mit Perpendicular Magnetic Recording. Zu sehen sind die einzelnen<br />
Bits, sowie das für den Schreibvorgang erzeugte Magnetfeld. Das Magnetfeld ist hierbei an dem<br />
Bit, das ummagentisiert werden soll, am größten. Es entsteht allerdings auch ein Streufeld, das ein<br />
(ungewolltes) Ummagnetisieren weitere Bits begünstigt. Um das Verhalten eines Bits beschreiben<br />
zu können, muss man also Temperatur- und Streufeld-Effekte berücksichtigen. 1<br />
Die thermischen Anregungen haben dabei die Eigenschaft von weißem Rauschen:<br />
<br />
ζi(t) = 0,<br />
ζ ν i (t)ζ κ j (t ′ ) = 2 αµs<br />
γ kBT δi,j δν,κ δ(t − t ′ ),<br />
wobei 〈. . .〉 den Mittelwert darstellt. ν, κ sind kartesische Koordinaten und i, j geben die<br />
Gitterplätze an. kB ist die Boltzmann-Konstante und T die Temperatur.<br />
Das heißt, die thermischen Fluktuationen sind Gauß verteilt, isotrop (also unabhängig<br />
von der Ausrichtung der Koordinatenachsen x, y und z), stationär und nur für Zeiten<br />
korreliert, die kürzer sind, als es dauert, die Magnetisierung signifikant zu ändern. Gleichung<br />
(7) wird als <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gilbert-Gleichung mit Langevin-Dynamik bezeichnet.<br />
Es handelt sich dabei ebenfalls um eine stochastische Differentialgleichung, die mit Hilfe<br />
numerischer Verfahren (vgl. Kapitel 6) gelöst werden kann.<br />
5 Spin Transfer Torque<br />
Bei den aktuell verwendeten magnetischen Festplatten ist nicht nur die Speicherdichte<br />
auf Grund des superparamagnetischen Limits (s. Kapitel 4) beschränkt, auch die Zugriffszeiten<br />
sind wegen der Verwendung mechanischer Bauteile wie dem Schreib-/Lesekopf<br />
begrenzt. Die Schaltung mechanischer Bauteile ist grundsätzlich langsamer als die elektrischer<br />
Teile. Stuart Parkin [3] stellte daher ein Konzept auf, das auf strominduzierter<br />
Domänenwandbewegung beruht: das sogenannte Racetrack-Memory (s. Abb. 5). Beim<br />
Racetrack-Memory handelt es sich um Nanodrähte, in denen die Domänen bzw. Bits<br />
durch einen Strompuls hin und hergeschoben werden können. Die Vorteile gegenüber<br />
einer herkömmlichen Festplatte bzw. SSDs (solid state device) sind eine größere Speicherdichte,<br />
eine erhöhte Lese-/Schreibrate, sowie ein sehr geringer Stromverbrauch. Wie<br />
bereits erwähnt, beruht das Racetrack-Memory auf strominduzierter Domänenwanddynamik,<br />
welche 1984 von Luc Berger [7] vorgestellt wurde. Demnach führt die Wechselwirkung<br />
zwischen einem Spinstrom und der lokalen Magnetisierung einer Domänenwand auf<br />
Grund von Drehimpulserhaltung zu einer Änderung der Magnetisierungsrichtung. Dies<br />
wird heute spin transfer torque genannt. Eine erste Formulierung eines Drehmoments<br />
auf die Magnetisierung, welches durch einen spinpolarisierten Strom hervorgerufen wird,<br />
3 http://www.rhombos.de/imgs/c/NEWS/Festplatte48484.jpg<br />
8
5 Spin Transfer Torque 9<br />
Abb. 5: Links: Bild einer Festplatte mit mechanischem Schreib-/Lesekopf. Mitte: Racetrack-Memory vor<br />
Strompuls. Rechts: Racetrack-Memory nach Strompuls. Es ist zu sehen, dass der Strompuls die<br />
Domänen und somit die einzelnen Bits nach links verschoben hat. 3<br />
stellte Slonczewski 1996 [8] für ein ferromagnetisches Schichtsystem auf.<br />
Es existieren zwei Drehmomentterme: der adiabatische und der nichtadiabatische spin<br />
torque. Diese sollen in den folgenden Abschnitten vorgestellt werden.<br />
5.1 Adiabatischer Spin Transfer Torque<br />
Zur Herleitung des adiabatischen spin torque Terms soll der einfache Fall eines spinpolarisierten<br />
Stroms in x-Richtung (vgl. Abb. 6) betrachtet werden [9]. Des Weiteren wird<br />
angenommen, dass sich die Magnetisierung M entlang der betrachteten Richtung nur langsam<br />
ändert. Dies hat zur Folge, dass die Domänenwandbreite im Verhältnis zu anderen<br />
charakteristischen Längenskalen wie Fermi-Wellenlänge sehr groß ist. Diese adiabatische<br />
Näherung führt zu der Annahme, dass die Spins der Ladungsträger immer in Richtung<br />
der lokalen Magnetisierung zeigen. Da sich die Magnetisierungsrichtung innerhalb einer<br />
Domänenwand ändert, führt dies auf Grund der Austauschwechselwirkung zu einer Änderung<br />
der Spinstromdichte jx in x-Richtung. Durch die Drehimpulserhaltung resultiert ein<br />
Drehmoment auf die Magnetisierung, welches adiabatischer spin torque genannt wird:<br />
Abb. 6: Eindimensionale Spinkette in x-Richtung mit Kopf-an-Kopf Domänenwand [5]<br />
∂ M<br />
∂t<br />
∂<br />
= −jx<br />
S<br />
∂x<br />
= −µBje<br />
e P ∂ S<br />
∂x .<br />
je ist dabei die elektrische Stromdichte, P die Spinpolarisation, µB das Bohrsche Magneton<br />
und e die Elementarladung.<br />
Der adiabatische spin torque ergibt sich somit aus der räumlichen Änderung der Spinstromdichte.<br />
Für den allgemeinen Fall einer beliebigen Stromflussrichtung betrachtet man<br />
den effektiven Spinstrom<br />
u = µBP<br />
je,<br />
eMs<br />
9
5 Spin Transfer Torque 10<br />
wobei Ms die Sättigungsmagnetisierung ist. u hat die Einheit einer Geschwindigkeit. Für<br />
das Drehmoment auf eine Domänenwand auf Grund des adiabatischen spin torque folgt:<br />
∂ S<br />
∂t<br />
<br />
= − u · <br />
∇ S.<br />
Wie in Abbildung 7 zu erkennen ist, führt der adiabatische spin transfer torque zu einer<br />
Bewegung der Domänenwand in Richtung des angelegten Stromes.<br />
Abb. 7: Adiabatischer spin transfer torque. Abgebildet ist eine eindimensional lineare Spinkette entlang x<br />
zu verschiedenen Zeiten t. Durch einen Spinstrom ux > 0 wird die Kopf-an-Kopf Domänenwand<br />
in positive x-Richtung verschoben. [5]<br />
5.2 Nichtadiabatischer Spin Transfer Torque<br />
Wie sich jedoch herausstellte, reicht der adiabatische spin torque Term allein nicht zur<br />
Beschreibung strominduzierter Domänenwandbewegung aus. Denn die von Thiaville et<br />
al. [10] vorausgesagten Werte für die kritische Stromdichte und Domänenwandgeschwindigkeit<br />
stimmen nicht mit denen im Experiment von Yamaguchi et al. [11] gemessenen<br />
überein. Wegen dieser Diskrepanzen wurde ein weiterer Drehmomentterm, der sogenannte<br />
nichtadiabatische spin transfer torque, eingeführt.<br />
Dieser hat die Form:<br />
∂ S<br />
∂t = β <br />
S × u · <br />
∇ S<br />
und steht senkrecht auf dem adiabatischen Term. Die Größe wird durch den Nichtadiabatizitätsfaktor<br />
β festgelegt.<br />
Thiaville et al. [10] führten diesen Term ursprünglich phänomenologisch ein und identifizierten<br />
β = <br />
Jexτsp<br />
mit der Austauschkonstanten Jex und der Spin-Flip-Zeit τsp. Zhang und Li [12] kamen<br />
auf Grund anderer Überlegungen jedoch auch auf den gleichen Ausdruck, so dass dieser<br />
als korrekt angenommen wird. Allerdings ist bis heute immer noch nicht geklärt, welche<br />
Größenordnung und welche physikalischen Effekte β bestimmen. Des Weiteren ist der<br />
Zusammenhang zwischen der Dämpfungskonstanten α und β ebenfalls noch nicht beantwortet.<br />
Abbildung 8 zeigt die Auswirkung des nichtadiabatischen spin transfer torques auf eine<br />
Domänenwand. Diese wird durch das Drehmoment aus der Ebene ausgelenkt und präzediert<br />
um die x-Achse.<br />
Um strominduzierte Effekte in den Bewegungsgleichungen zu berücksichtigen, kann die<br />
Gilbert-Gleichung (4) um die spin transfer torque Terme erweitert werden. Man erhält<br />
dann die erweiterte Gilbert-Gleichung [13]:<br />
∂ S<br />
∂t<br />
= − γ<br />
µs<br />
Si × Hi,eff + α Si × ∂ Si<br />
∂t −<br />
<br />
u · <br />
∇ Si + β <br />
Si × u · <br />
∇ Si .<br />
10
6 Numerische Lösung von stochastischen Differentialgleichungen 11<br />
Abb. 8: Nichtadiabatischer spin transfer torque. Abgebildet ist eine eindimensional lineare Spinkette entlang<br />
x zu verschiedenen Zeiten t. Durch einen Spinstrom ux > 0 und für α > β präzediert die<br />
Kopf-an-Kopf Domänenwand um die x-Achse in negative z-Richtung. [5]<br />
Da auch hier die zeitliche Ableitung auf beiden Seiten der Gleichung steht, wird diese meist<br />
in eine Form analog zur <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gilbert-Gleichung gebracht. Diese Gleichung wird<br />
erweiterte <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gilbert-Gleichung genannt:<br />
∂ S<br />
∂t<br />
= −<br />
−<br />
γ<br />
(1 + α2 Si ×<br />
)µs<br />
γ · α<br />
Hi,eff −<br />
(1 + α2 <br />
Si × Si ×<br />
)µs<br />
<br />
Hi,eff<br />
1 + βα<br />
1 + α2 <br />
u · <br />
α − β<br />
∇ Si −<br />
(1 + α2 <br />
Si × u ·<br />
)µs<br />
<br />
∇ Si .<br />
Mit den letzten beiden Termen sind alle Richtungen senkrecht zur Magnetisierung abgedeckt,<br />
so dass alle spin torque Effekte durch diese Terme beschrieben werden.<br />
6 Numerische Lösung von stochastischen<br />
Differentialgleichungen<br />
Alle vorgestellten Bewegungsgleichungen sind Differentialgleichungen, die sich auf Grund<br />
ihrer Komplexität jedoch nicht mehr analytisch lösen lassen. Daher muss auf numerische<br />
Lösungsverfahren zurückgegriffen werden. Das Prinzip solch numerischer Näherungen soll<br />
anhand des expliziten Euler- und des Heun-Verfahrens erläutert werden.<br />
Zu Beginn betrachten wir das Anfangswertproblem<br />
mit<br />
˙<br />
φ(t) = f (t, φ(t))<br />
φ(t0) = φ0.<br />
F (t) bezeichne die eindeutige Lösung und φn die angenäherten Werte von F (tn) mit<br />
tn = t0 + nh (n = 0, 1, 2, . . .). h = tn+1 − tn ist die Schrittweite.<br />
6.1 Das explizite Euler-Verfahren:<br />
Das einfachste Verfahren, eine Differentialgleichung numerisch zu lösen, ist das 1768 von<br />
Leonhard Euler vorgestellte, nach ihm benannte explizite Euler-Verfahren. Die iterierten<br />
Werte werden, wie folgt, berechnet:<br />
φn+1 = φn + hf(tn, φn).<br />
Wie man in Abbildung 9 erkennen kann, wird beim expliziten Euler-Verfahren das Integral<br />
über ein Rechteck genähert.<br />
4 http://www.wissenschaft-online.de/spektrum/projekt2/gaes4.htm<br />
11<br />
(8)
6 Numerische Lösung von stochastischen Differentialgleichungen 12<br />
6.2 Das Heun-Verfahren:<br />
Abb. 9: Explizites Euler-Verfahren 4 mit y ′ = ˙ φ<br />
Ein im Vergleich zum expliziten Euler-Verfahren verbessertes Näherungsverfahren ist das<br />
Heun-Verfahren. Hierbei wird das Integral über ein Trapez genähert (s. Abb. 10). Es wird<br />
Abb. 10: Heun-Verfahren 5<br />
somit auch die Mitte zwischen den beiden Eckpunkten des Rechtecks berücksichtigt, was<br />
eine genauere Angleichung an die Funktion zur Folge hat. Die iterierten Werte lassen sich<br />
wie folgt berechnen:<br />
φn+1 = φn + h<br />
<br />
f<br />
2<br />
<br />
tn, φn + f tn + h, φn + hf[tn, φn] <br />
. (9)<br />
Wie bei jedem numerischen Näherungsverfahren wird die Näherung umso genauer, je kleiner<br />
die Schrittweite h ist. Eine kleinere Schrittweite hat jedoch mehr Rechenschritte und<br />
somit eine längere Rechenzeit zur Folge, um dieselbe ” Strecke“ auf der t-Achse zurückzulegen.<br />
Das heißt, man muss bei der Wahl der Schrittweite immer zwischen Genauigkeit<br />
und Rechenaufwand abwägen.<br />
Die Entscheidung, welches numerische Verfahren man zur Lösung einer stochastischen<br />
Differentialgleichung nimmt, ist nicht so einfach, wie es auf den ersten Blick scheint.<br />
Auf Grund unterschiedlicher Integraldefinitionen existieren nämlich zwei unterschiedliche<br />
theoretische Ansätze, der nach Itô und der nach Stratonovich [14], welche auch zu verschiedenen<br />
Ergebnissen führen. So konvergiert die numerische Integration mit Hilfe des Euler-<br />
Verfahrens gegen die Itô-Lösung der stochastischen Differentialgleichung, wogegen das<br />
5 http://www.wissenschaft-online.de/spektrum/projekt2/gaes4.htm<br />
12
7 Anwendung 13<br />
Heun-Verfahren auf die Stratonovich-Lösung führt. Da die Lösung der <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-<br />
Gilbert-Gleichung gegen die Stratonovich-Lösung konvergiert, wird bei der in Kapitel 7<br />
vorgestellten Simulation das Heun-Verfahren benutzt.<br />
7 Anwendung<br />
7.1 Strominduzierte Domänenwandbewegung<br />
In diesem Kapitel sollen von Schieback et al. durchgeführte numerische Simulationen der<br />
erweiterten <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gilbert-Gleichung (8) zur strominduzierten Domänenwanddynamik<br />
[13] vorgestellt werden.<br />
Grundlage ist das klassiche Heisenberg-Model<br />
H = − J <br />
Si <br />
<br />
<br />
Sj −<br />
(10)<br />
− w<br />
2<br />
i,j<br />
<br />
i<br />
i=j<br />
dx<br />
i<br />
S 2 x,i + dy<br />
3( Si · ei,j)(ei,j · Sj) − Si · Sj<br />
r 3 i,j<br />
i<br />
S 2 y,i<br />
− µs B · <br />
Si.<br />
Die magnetischen Momente sind dabei auf einem kubischen Gitter mit ferromagnetischer<br />
Nächste-Nachbar-Wechselwirkung angeordnet. Si = µi/µs mit µs = |µi| bezeichnet das<br />
normierte Spinmoment, J ist die ferromagnetische Austauschkonstante (J > 0), dx und<br />
dy sind die Anisotropiekonstanten. Für dx > dy > 0 ist die x-Achse die magnetisch ” leichte“<br />
Achse und die y-Achse die magnetisch ” mittlere“ Achse. w = µ0µ 2 s/(4πa 2 ) gibt die<br />
Stärke der Dipol-Dipol-Wechselwirkung an, ri,j den Abstand zwischen zwei magnetischen<br />
Momenten i und j, wobei i und j in Einheiten der Gitterkonstanten a angegeben ist. ei,j<br />
sind die Einheitsvektoren in ri,j-Richtung und B steht für das äußere Magnetfeld.<br />
Der erste Term der Hamiltonfunktion H beschreibt die isotrope Austauschwechselwirkung<br />
zwischen benachbarten magnetischen Momenten. Die ferromagnetische Austauschwechselwirkung<br />
führt dazu, dass sich die Spins parallel ausrichten. Der zweite und dritte Term<br />
stehen für die Anisotropie. Da dx > dy > 0, richten sich die magnetischen Momente bevorzugt<br />
in der xy-Ebene aus. Der vierte Term der Hamiltonfunktion H beschreibt die<br />
langreichweitige Dipol-Dipol-Wechselwirkung. Diese drei Wechselwirkungen bestimmen<br />
die magnetische Ordnung des Systems. Der letzte Term in Gleichung (10) berücksichtigt<br />
den Einfluss eines externen Magnetfeldes (Zeeman-Term).<br />
7.2 Simulationsbedingungen<br />
In der Simulation wurde der einfachste Fall einer eindimensionalen Kette entlang der<br />
x-Achse betrachtet. Da die Temperatur auf T = 0 K gesetzt wurde, können temperaturbedingte<br />
Effekte vernachlässigt werden. Die ferromagnetische Austauschwechselwirkung<br />
und die Anisotropien betrugen dx/J = 0, 01 sowie dy/J = 0, 005 und die Gilbert-Dämpfung<br />
hatte einen Wert von α = 0. Da w = 0 und B = 0, gibt es keine Dipol-Dipol-<br />
Wechselwirkung und keine Wechselwirkung mit einem äußeren Magnetfeld. Das heißt,<br />
der vierte und fünfte Term in Gleichung (10) fallen weg.<br />
Als Anfangsmagnetisierung wurde eine planare Domänenwand in der xy-Ebene gewählt.<br />
Der Strom wurde in x-Richtung angelegt. Des Weiteren wurde angenommen, dass β über<br />
das gesamte System konstant ist.<br />
13<br />
i
7 Anwendung 14<br />
7.3 Simulationsergebnisse<br />
Die Ergebnisse der Simulation sind in Abbildung 11 dargestellt. Zu sehen ist die Domänenwandgeschwindigkeit<br />
〈v〉 in Abhängigkeit von der angelegten Stromdichte ux. Für kleine<br />
Stromdichten ux und für β = 0 läuft die Domänenwand den Draht entlang, bis sie ein<br />
Maximum erreicht und dann stoppt. Gleichzeitig werden die magnetischen Momente der<br />
Domänenwand bis zu einem maximalen Winkel aus der Ebene herausgedreht. Dieser Effekt<br />
kann erklärt werden, wenn man die erweiterte <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gilbert-Gleichung (8)<br />
betrachtet.<br />
Die spin torque Terme werden von einem ” inneren“ Drehmoment auf Grund des Anisotropie-<br />
Beitrages zum effektiven Feld kompensiert. Die Verschiebung in der x-Richtung ist durch<br />
den dritten Term der <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gilbert-Gleichung gegeben und wird durch den<br />
Präzessionsterm ausgeglichen, welcher in die entgegengesetzte Richtung zeigt. Die vierte<br />
Term, der die magnetischen Momente aus der Ebene herausdreht, wird durch Relaxationsterm<br />
kompensiert.<br />
Abb. 11: Simulationsergebnisse der Domänenwandgeschwindigkeit 〈v〉 in Abhängigkeit der angelegten<br />
Stromdichte ux für verschiedene Werte von β und α = 0.02. Die gestrichelten Linien stellen Fits<br />
an analytische Vorhersagen [10] dar. Die nicht gefüllten Symbole zeigen an, dass die Domänenwand<br />
um die x-Achse rotiert. [13]<br />
Wie in Abbildung 11 zu sehen ist, wird für kleine Stromdichten in der Langzeitbetrachtung<br />
keine kontinuierliche Domänenwandbewegung beobachtet. Für größere Stromdichten<br />
kann die spin torque Terme nicht mehr von den ” inneren“ Drehmomenten auf Grund von<br />
Anisotropie-Effekten kompensiert werden. Zusätzlich zur Domänenwandbewegung erfolgt<br />
eine Präzession der magnetischen Momente um die x-Achse.<br />
Für den Fall β = 0 erhält man einen kritischen Wert für die Stromdichte uc. Für β = α<br />
verschwindet der letzte Term der <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gilbert-Gleichung. Die magnetischen<br />
Momente werden somit nicht aus der Ebene herausgedreht und es wirkt kein Drehmoment<br />
auf Grund des Präzessions- und Relaxationsterms auf sie. Nur der dritte Term<br />
der <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-Gilbert-Gleichung ist wirksam. Dieser führt zu einer Verschiebung<br />
der Domänenwand entlang des Drahtes, es findet allerdings keine Transformation bzw.<br />
Präzession der Domänenwand um die x-Achse statt.<br />
14
8 Zusammenfassung 15<br />
Für Stromdichten ux < uWalker ist eine kontinuierliche Domänenwandbewegung zu sehen.<br />
Für größere Stromdichten ux > uWalker rotieren die magnetischen Momente der Domänenwand<br />
kontinuierlich um die x-Achse. Dies resultiert in einer niedrigeren Domänenwandgeschwindigkeit.<br />
Für sehr viel größere Stromdichten nimmt die Geschwindigkeit wieder<br />
zu.<br />
8 Zusammenfassung<br />
In diesem Bericht wurden die zur Beschreibung der Dynamik magnetischer Systeme wichtigen<br />
Bewegungsgleichungen vorgestellt. Es handelt sich dabei um die <strong>Landau</strong>-<strong>Lifshitz</strong>-<br />
Gleichung (3), welche von Gilbert verändert wurde (4), um unphysikalische Ergebnisse für<br />
hohe Dämpfungen zu korrigieren. Eine weitere Ergänzung führte zur Langevin-Dynamik<br />
(7), die Temperatureinflüsse berücksichtigt. Des Weiteren wurden die durch einen spinpolarisierten<br />
Strom hervorgerufenen spin transfer torque Terme (8) vorgestellt. Mit Hilfe<br />
strominduzierter Domänenwanddynamik lassen sich in Zukunft Lese- und Schreibvorgänge<br />
in Festplatten wesentlich beschleunigen (Racetrack-Memory).<br />
Außerdem wurde gezeigt, wie solche Differentialgleichungen numerisch gelöst werden können.<br />
Dazu kann entweder das explizite Euler- oder das Heun-Verfahren verwendet werden.<br />
Welches numerische Verfahren benutzt wird, hängt dabei von der verwendeten Differential-Gleichung<br />
ab (Itô-Stratonovich-Dilemma). Zum Schluss wurden noch die Ergebnisse<br />
einer Simulation über strominduzierte Domänenwanddynamik präsentiert.<br />
15
Literaturverzeichnis 16<br />
Literaturverzeichnis<br />
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16