Der Zweite Weltkrieg und der Vietnamkrieg aus der Sicht der ...

ABSTRACT
Der Zweite Weltkrieg und der Vietnamkrieg aus der Sicht der “Verlierer” –
Ein Vergleich bundesdeutscher und amerikanischer Nachkriegsliteratur
Jonas Strecker
Die USA und Deutschland sind zweifellos zwei der einflußreichsten Länder der Welt,
sowohl politisch als auch wirtschaftlich und kulturell. Historisch haben sie ebenfalls einiges
gemeinsam, so zum Beispiel einen verlorenen Krieg, der die jeweilige Nation in eine tiefe Krise
stürzte. Doch während für Deutsche im In- und Ausland der Zweite Weltkrieg mehr als 50 Jahre
danach immer noch allgegenwärtig ist, spricht man in den USA kaum noch vom Vietnamkrieg,
obwohl der weniger als 30 Jahre zurückliegt. Woran liegt das? Waren die beiden Kriege so
verschieden, daß man den einen schneller vergessen kann als den anderen? Wurden die
grausamen Kriegserfahrungen in Deutschland nicht genug verarbeitet, so daß die heutige
Generation noch immer damit fertigwerden muß? Verdrängt man in den USA das Vietnam-
Trauma nur, anstatt es aufzuarbeiten? Was hat die jeweilige Literatur zu den
Verarbeitungsprozessen beigetragen? Mit solchen Fragen wird sich diese Arbeit anhand einiger
ausgewählter Bücher der Nachkriegsliteratur der Bundesrepublik Deutschland und der USA
beschäftigen. Lothar Günther Buchheims Das Boot und Wolfgang Borcherts Draußen vor der
Tür werden mit Dispatches von Michael Herr und Born on the Fourth of July von Ron Kovic
verglichen. Ich werde der Frage nachgehen, inwieweit sich die genannten deutschen Werke von
den amerikanischen in Bezug auf die Ausmaße und Effektivität der Aufarbeitung der Ereignisse
unterscheiden. Diese Arbeit wird zeigen, daß deutsche Soldaten, die im Zweiten Weltkrieg
kämpften, den amerikanischen GIs in Vietnam sehr ähnlich waren und auch in der Literatur
ähnlich dargestellt werden. Die Frage dabei bleibt, ob–und wenn ja, warum–eine Literatur mehr
und erfolgreicher zu dem oben genannten Verarbeitungsprozeß in beiden Ländern beigetragen
hat als die andere.