sogenannte Wirtschaftsdemokratie - der Gruppe Arbeiterpolitik
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1. Ist <strong>Wirtschaftsdemokratie</strong> überhaupt möglich?<br />
Der Hamburger Kongreß des allgemeinen deutschen Gewerkschaftsbundes<br />
(ADGB.) war beherrscht von dem Bestreben, die schon seit längerem von den<br />
Gewerkschaftsleitungen ausgegebene Losung <strong>der</strong> <strong>sogenannte</strong>n Wirtschafts-<br />
demokratie zu klären, ihr einen bestimmten Inhalt zu geben und sie zur Zentral-<br />
achse <strong>der</strong> gewerkschaftlichen Propaganda zu machen. Dieses Bestreben <strong>der</strong><br />
Gewerkschaften ist ein höchst wichtiges Symptom. Zeigt es doch, daß eine Lage<br />
entstanden ist, in <strong>der</strong> die Leitungen <strong>der</strong> wirtschaftlichen Massenorganisationen<br />
<strong>der</strong> Arbeiterklasse sich nicht mehr damit begnügen können, nur um die unmittel-<br />
barsten For<strong>der</strong>ungen, wie Lohn und Arbeitszeit, zu kämpfen o<strong>der</strong> sich ganz all-<br />
gemein zum Sozialismus zu bekennen, son<strong>der</strong>n in <strong>der</strong> sie genötigt sind, den<br />
Millionen Gewerkschaftsmitglie<strong>der</strong>n einen konkreten Weg aus <strong>der</strong> gegenwärti-<br />
gen kapitalistischen in die zukünftige sozialistische Wirtschaftsweise zu zeigen.<br />
Die Tatsache, daß die Gewerkschaftsführer, die sonst die Neigung haben, in<br />
den unmittelbaren kleinen und kleinsten Tagesaufgaben des Gewerkschafts-<br />
kampfes sich zu verlieren, genötigt sind, jetzt ein weiteres und größeres Ziel<br />
ins Auge zu fassen, das des Weges zum Sozialismus, zeigt zum mindesten Eines:<br />
daß die Frage des Kampfes um den Sozialismus reifer und dringlicher geworden<br />
ist als je, daß sie bereits eine Frage geworden ist, die Millionen von Arbeitern<br />
aus ihrer Lage heraus stellen.<br />
Um so notwendiger ist es, die Antwort, die darauf <strong>der</strong> Gewerkschaftskon-<br />
greß gegeben hat, indem er die Losung <strong>der</strong> ,,<strong>Wirtschaftsdemokratie</strong>" ausgab,<br />
auf das gründlichste daraufhin zu prüfen, ob sie wirklich ein gangbarer Weg<br />
zum Sozialismus ist - o<strong>der</strong> vielleicht nur eine Täuschung, eine Luftspiegelung.<br />
Es muß jeden klassenbewußten Arbeiter schon stutzig machen, daß die<br />
Kapitalisten die Losung <strong>der</strong> Wirtschafts<strong>der</strong>nokratie ohne Aufregung, ja mit<br />
Wohlwollen aufgenommen haben; ja, daß so ein ausgesprochener Vertreter und<br />
Beauftragter kapitalistischer Interessen wie <strong>der</strong> Reichswirtschaftsminister Curtius<br />
sich selbst als Anhänger <strong>der</strong> <strong>Wirtschaftsdemokratie</strong> dem Kongreß vorstellte<br />
und bestimmte gesetzgeberische Schritte in Aussicht stellte, die auf dem Wege<br />
<strong>der</strong> <strong>Wirtschaftsdemokratie</strong> liegen sollten. Es ist aber kaum anzunehmen, daß<br />
ein so klassenbewußter kapitalistischer Vertreter die Losung <strong>der</strong> Wirtschafts-<br />
demokratie begrüßen würde, wenn er in ihr eine ernste Gefahr für den Bestand<br />
<strong>der</strong> kapitalistischen Ausbeutung und die Existenz seiner Klasse erblicken würde.<br />
Ja, es ist umgekehrt anzunehmen, daß er von dieser Losung gewisse Vorteile<br />
für seine Klasse erwartet. Welches diese Vorteile sind, das ist in einem Artikel<br />
von E. Nölting, des Direktors <strong>der</strong> Staatlichen Wirtschaftsschule Berlin über<br />
die <strong>Wirtschaftsdemokratie</strong>, <strong>der</strong> in <strong>der</strong> ,,Vossischen Zeitung" vom 7. September<br />
erschien, deutlich ausgesprochen.<br />
Er sagt hier, zwar sei ,,noch keine Wirtschafts<strong>der</strong>nokratie als erreichter und<br />
abgeschlossener Zustand" vorhanden, wohl aber sei ,,vorhanden und in Fluß<br />
ein Prozeß <strong>der</strong> Wirtschaftsdemokratisierung, eine Entwicklung zur Wirtschafts-<br />
demokratie (Reichswirtschaftsrat, Reichskohlenrat, Reichskalirat, Zentralaus-<br />
schuß <strong>der</strong> Reichsbank, Reichswassentraßenbeirat, Beirat für das Branntwein-