Islam In Baden-WürttemBerg - Robert Bosch Stiftung
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Bei Ihrer Vereidigung zur badenwürttembergischen<br />
<strong>In</strong>te grationsministerin haben Sie auf den Zusatz verzichtet:<br />
„So wahr mir Gott helfe.“ Warum?<br />
Bilkay Öney: Wie Sie wissen, stamme ich aus der Türkei und<br />
bin Muslimin. Ich bin durchaus ein gläubiger Mensch, aber ich<br />
wollte mir die Diskussion ersparen, die dann mit Sicherheit<br />
entstanden wäre: Welchen Gott meint sie denn nun? Es gibt<br />
eben unterschiedliche Zugänge zu ein und demselben Gott.<br />
Wenn man von <strong>In</strong>tegration spricht, meint man ja meist<br />
Menschen mit muslimischem Hintergrund. Bedeutet<br />
das Thema <strong>In</strong>tegration für Türken etwas anderes als<br />
beispielsweise für Italiener?<br />
Öney: <strong>In</strong>tegration ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe.<br />
Die Migranten sollen, können und dürfen sich integrieren.<br />
Politik muss dafür sorgen, dass ihnen dabei keine Steine in<br />
den Weg gelegt werden. Selbstverständlich spielen kulturelle<br />
Unterschiede dabei eine große Rolle, und die sind nun<br />
mal größer zwischen Türken und Deutschen als zwischen<br />
Italienern und Deutschen.<br />
Fast so groß wie zwischen <strong>Baden</strong>ern und Württembergern?<br />
Öney (lacht): Auch ich als Berlinerin musste mich erst einmal<br />
in <strong>Baden</strong>Württemberg integrieren. Aber im Ernst:<br />
Die Migranten in <strong>Baden</strong>Württemberg sind in der komfortablen<br />
Lage, dass es anders als in Berlin Vollbeschäftigung<br />
gibt. Arbeit ist der Schlüssel zur <strong>In</strong>tegration. Wenn wir es<br />
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„Wir sollten<br />
Andersgläubige<br />
als Bereicherung<br />
begreifen“<br />
<strong>In</strong>tegration heißt nicht, seine Herkunft abzulegen.<br />
Der Schlüssel zum Zusammenleben der Kulturen und<br />
Religionen sind Bildung und Arbeit: Ein Gespräch<br />
mit <strong>In</strong>tegrationsministerin Bilkay Öney<br />
schaffen, Sprach und Bildungsdefizite abzubauen, die Erwerbstätigkeit<br />
unter Migranten zu steigern, die Akademikerquote<br />
zu erhöhen, dann haben wir viel erreicht. Aber zu<br />
einer gelungen <strong>In</strong>tegration gehört auch ein aktiver Beitrag<br />
der Migranten: Sie müssen die Angebote, beispielsweise im<br />
Bildungsbereich, auch annehmen.<br />
<strong>Baden</strong>Württemberg hat schon vor Jahren bundesweit<br />
Schlagzeilen gemacht, als das Kopftuch in öffentlichen<br />
Einrichtungen verboten wurde. Wie stehen Sie dazu?<br />
Öney: Ich war und bin der Auffassung, dass das Kopftuch<br />
im öffentlichen Dienst nichts verloren hat. Ich kann aber<br />
die Frage verstehen: Wollen wir den Musliminnen, die aus<br />
religiösen Gründen und mit Überzeugung ein Kopftuch tragen,<br />
den Weg in die Emanzipation und in die Arbeitswelt<br />
verschließen, oder wollen wir ihnen den Weg ebnen?<br />
Wo sehen Sie für die nächsten Jahre die größten Heraus<br />
forderungen bei der <strong>In</strong>tegration muslimischer Migranten?<br />
Öney: Ganz klar im Bildungsbereich, um Migrantenkindern<br />
die gleichen Ausgangschancen für das Berufsleben zu<br />
ermöglichen. Leider ist die Zahl der Arbeitslosen mit ausländischem<br />
Hintergrund auch in <strong>Baden</strong>Württemberg noch<br />
viel zu hoch. Das liegt vor allem am schlechten Ausbildungsniveau<br />
mancher Migranten. Dazu kommen dann noch<br />
Sprachdefizite, Probleme mit der Religion und die Distanz<br />
vieler Migranten zur Mehrheitsgesellschaft.