10.10.2013 Aufrufe

Islam In Baden-WürttemBerg - Robert Bosch Stiftung

Islam In Baden-WürttemBerg - Robert Bosch Stiftung

Islam In Baden-WürttemBerg - Robert Bosch Stiftung

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

VERBOTEN<br />

Manchmal bekommt sie Ärger, wenn sie hier<br />

so rumläuft. Enge schwarze Hose und ein T-<br />

Shirt, tief ausgeschnitten. Die langen schwarzen<br />

Haare hat sie zu einem Pferdeschwanz<br />

zurückgebunden. Die dunklen Augen liegen hinter einer<br />

großen Sonnenbrille.<br />

Hier, das ist das muslimische Gräberfeld des Hauptfriedhofes<br />

in Stuttgart-Bad Cannstatt. Und sie, das ist Fatma Gül,<br />

deren Vater hier liegt und dessen Grab sie alle zehn Tage<br />

besucht. Sie gießt dann die Pflanzen und wischt mit einem<br />

feuchten Lappen über den großen weißen Marmorstein. Es<br />

ist ein Tag im Frühsommer, und die Sonne scheint schon<br />

kräftig aus dem blauen Himmel. Gül erzählt, und sie schwäbelt<br />

dabei. „Manchmal werde ich angesprochen, dass ich einen<br />

Tschador anziehen soll und dass ich sündige, so wie ich<br />

herumlaufe”, sagt sie. Fatmas Familie gehört zu den Aleviten,<br />

einer Minderheit im <strong>Islam</strong>.<br />

Die Geschichte ihres Vaters ist die eines typischen Einwanderers<br />

aus den 1960er Jahren – aber mit einem ungewöhnlichen<br />

Ende: Er kam aus Anatolien nach Deutschland und<br />

schuftete auf dem Bau. Dann fand er eine bessere Arbeit bei<br />

42<br />

Die deutsche Friedhofsordnung<br />

macht es Muslimen schwer, ihre Toten<br />

zu beerdigen<br />

VERBOTEN<br />

der Bahn und holte seine Familie nach, die Frau und vier<br />

Kinder – zwei weitere kamen in Stuttgart zur Welt, auch Fatma.<br />

Vor einigen Jahren wurde er krank, und seine Tochter<br />

saß oft im Krankenhaus an seinem Bett. Eines Tages sagte er<br />

ihr, dass er in seiner Heimat beerdigt werden wolle, lächelte<br />

und fügte hinzu: „<strong>In</strong> Stuttgart.“<br />

Immer mehr Angehörige von eingewanderten Familien<br />

sehen das so, und das ist der Moment, in dem Michael Elsas<br />

ins Spiel kommt. Elsas ist Aufseher des Hauptfriedhofes,<br />

des einzigen Ortes in Stuttgart, wo sich Angehörige<br />

nicht-christlicher Religionen bestatten lassen können. Seit<br />

1982 ist das so, bislang wurden rund 440 Muslime hier<br />

begraben.<br />

Vom Eingang aus gesehen liegen die Muslime ganz hinten<br />

rechts, es sieht dort alles ein bisschen anders aus: nur wenige<br />

Blumen auf den Gräbern, ein Grabstein hat die Form<br />

einer Pyramide, ein anderes Grab schmücken dünne Holzscheiben.<br />

„Sieht stellenweise aus wie Kraut und Rüben. Die<br />

Angehörigen pflegen die Gräber nicht so intensiv, wie man<br />

es hierzulande gewöhnt ist”, sagt Elsas.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!