Islam In Baden-WürttemBerg - Robert Bosch Stiftung
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VERBOTEN<br />
Manchmal bekommt sie Ärger, wenn sie hier<br />
so rumläuft. Enge schwarze Hose und ein T-<br />
Shirt, tief ausgeschnitten. Die langen schwarzen<br />
Haare hat sie zu einem Pferdeschwanz<br />
zurückgebunden. Die dunklen Augen liegen hinter einer<br />
großen Sonnenbrille.<br />
Hier, das ist das muslimische Gräberfeld des Hauptfriedhofes<br />
in Stuttgart-Bad Cannstatt. Und sie, das ist Fatma Gül,<br />
deren Vater hier liegt und dessen Grab sie alle zehn Tage<br />
besucht. Sie gießt dann die Pflanzen und wischt mit einem<br />
feuchten Lappen über den großen weißen Marmorstein. Es<br />
ist ein Tag im Frühsommer, und die Sonne scheint schon<br />
kräftig aus dem blauen Himmel. Gül erzählt, und sie schwäbelt<br />
dabei. „Manchmal werde ich angesprochen, dass ich einen<br />
Tschador anziehen soll und dass ich sündige, so wie ich<br />
herumlaufe”, sagt sie. Fatmas Familie gehört zu den Aleviten,<br />
einer Minderheit im <strong>Islam</strong>.<br />
Die Geschichte ihres Vaters ist die eines typischen Einwanderers<br />
aus den 1960er Jahren – aber mit einem ungewöhnlichen<br />
Ende: Er kam aus Anatolien nach Deutschland und<br />
schuftete auf dem Bau. Dann fand er eine bessere Arbeit bei<br />
42<br />
Die deutsche Friedhofsordnung<br />
macht es Muslimen schwer, ihre Toten<br />
zu beerdigen<br />
VERBOTEN<br />
der Bahn und holte seine Familie nach, die Frau und vier<br />
Kinder – zwei weitere kamen in Stuttgart zur Welt, auch Fatma.<br />
Vor einigen Jahren wurde er krank, und seine Tochter<br />
saß oft im Krankenhaus an seinem Bett. Eines Tages sagte er<br />
ihr, dass er in seiner Heimat beerdigt werden wolle, lächelte<br />
und fügte hinzu: „<strong>In</strong> Stuttgart.“<br />
Immer mehr Angehörige von eingewanderten Familien<br />
sehen das so, und das ist der Moment, in dem Michael Elsas<br />
ins Spiel kommt. Elsas ist Aufseher des Hauptfriedhofes,<br />
des einzigen Ortes in Stuttgart, wo sich Angehörige<br />
nicht-christlicher Religionen bestatten lassen können. Seit<br />
1982 ist das so, bislang wurden rund 440 Muslime hier<br />
begraben.<br />
Vom Eingang aus gesehen liegen die Muslime ganz hinten<br />
rechts, es sieht dort alles ein bisschen anders aus: nur wenige<br />
Blumen auf den Gräbern, ein Grabstein hat die Form<br />
einer Pyramide, ein anderes Grab schmücken dünne Holzscheiben.<br />
„Sieht stellenweise aus wie Kraut und Rüben. Die<br />
Angehörigen pflegen die Gräber nicht so intensiv, wie man<br />
es hierzulande gewöhnt ist”, sagt Elsas.