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MO-Schema O

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11. Sauerstoff (II) und Oxide<br />

Die Beschreibung der Bindungsverhältnisse im Disauerstoff O2 (Doppelbindung) und des<br />

diradikalischen Charakters dieses Moleküls erlaubt die <strong>MO</strong>-Theorie.<br />

Das Einfüllen der Elektronen in die <strong>MO</strong>s erfolgt nach den für den Aufbau der Elektronenhüllen der<br />

Atome geltenden Aufbau-Regeln. Die beiden letzten der insgesamt vierzehn Elektronen gehen danach<br />

mit gleichem Spin (parallelem Spin) in die zweifach entarteten π*-<strong>MO</strong>s (Diradikalcharakter,<br />

Spinmultiplizität M = 2S + 1 [S = s + s = ½ + ½ = 1] M = 2 ⋅ 1 +1 = 3 → Triplettsauerstoff 3 O2). Die<br />

Bindungsordnung errechnet sich gemäß ½ (Zahl der bindenden – Zahl der antibindenden Elektronen)<br />

zu 2.<br />

Energie<br />

2p<br />

2s<br />

1s<br />

<strong>MO</strong>-<strong>Schema</strong> O 2<br />

AO(O) <strong>MO</strong>(O2 ) AO(O)<br />

Diradikalischer<br />

σ*<br />

px<br />

Charakter<br />

π* pz<br />

π b p z<br />

σ b p x<br />

σ* 2s<br />

b<br />

σ2s σ* 1s<br />

b<br />

σ1s π* py<br />

π b p y<br />

2s<br />

2p<br />

π-Molekülorbitale<br />

Knotenfläche in der<br />

Kernverbindungsachse<br />

σ-Molekülorbitale<br />

rotationssymmetrisch um<br />

Kernverbindungsachse<br />

1s<br />

Bindungsordnung (BO)<br />

1 (10-6) = 2<br />

Beim Singulett-Sauerstoff 1 O2 handelt es sich um kurzlebige, energiereiche Zustände des O2-<br />

Moleküls, bei denen die beiden π*-Elektronen antiparallelen Spin besitzen.<br />

2<br />

93


Elektronenanordnungen und Energieniveaus von Singulett- und Triplett-Sauerstoff:<br />

155 kJ/mol<br />

92 kJ/mol<br />

π * 2. angeregter Zustand<br />

(Lebensdauer < 10 -9 s)<br />

π * 1. angeregter Zustand<br />

(Lebensdauer < 10 -4 s)<br />

π * Grundzustand<br />

Singulett-Sauerstoff 1 O 2<br />

Triplett-Sauerstoff 3 O 2<br />

Singulett-Sauerstoff ist diamagnetisch. Er ist reaktionsfähiger als Triplett-Sauerstoff, ein<br />

wirkungsvolles Oxidationsmittel und er wird besonders in der organischen Chemie für selektive<br />

Oxidationen benutzt. Er kann photochemisch oder chemisch erzeugt werden.<br />

Chemisch entsteht er z. B. durch Abspaltung von O2 aus Verbindungen, die Peroxogruppen enthalten.<br />

Versuch: Umsetzung von H2O2 mit ClO -<br />

+ ClO<br />

H O O H Cl O O H<br />

-<br />

- OH -<br />

schnell<br />

- HCl<br />

Die freiwerdende Energie bei der Umwandlung von 1 O2 in 3 O2 wird als Lichtenergie abgegeben. Man<br />

beobachtet ein rotes Leuchten. Aus zwei 1 O2-Molekülen entstehen durch Elektronenaustausch ohne<br />

Spinumkehr zwei 3 O2-Moleküle.<br />

1O2 (↑↓) + 1 O2 (↑↓) 3 O2 (↑↑) + 3 O2 (↓↓) ∆H = -184 kJ/mol<br />

Dabei wird eine Lichtquant mit der Wellenlänge λ = 633 (orangerot) abgestrahlt.<br />

1 O2<br />

94


Der grüne Blattfarbstoff Chlorophyll liefert bei der Photosynthese Sauerstoff im elektronischen<br />

Grundzustand, Triplettsauerstoff. Zugleich wirkt das Chlorophyll als Photosensibilisator, der einen<br />

Übergang vom Triplettzustand in den ersten angeregten Singulettzustand bewirkt. Dieser<br />

Singulettsauerstoff aber vermag Chlorophyll oxidativ zu zerstören. Die Zellen der Pflanzen enthalten<br />

daher auch das gelbrote β-Carotin, das als Quencher den gebildeten Singulettsauerstoff permanent<br />

wieder deaktiviert. Im Herbst stellen die grünen Pflanzen jedoch ihre β-Carotin-Synthese ein, so dass<br />

nun das Blattgrün oxidativ zerstört wird. Die sonst vom Chlorophyll überdeckten anderen<br />

Blattpigmente wie Carotinoide und Xanthophylle treten nun zu Tage und bewirken die prächtige<br />

Färbung des herbstlichen Laubes.<br />

Das <strong>MO</strong>-<strong>Schema</strong> auf S. 93 zeigt, dass man Elektronen entfernen oder hinzufügen kann. Man kommt<br />

so zu den folgenden Teilchen.<br />

O2 +<br />

Bezeichnung<br />

Bindungsordnung O-O-Abstand [pm] Beispiele<br />

Dioxigenyl 2,5 112 O2[PtF6]<br />

O2 Dioxigen 2,0 121<br />

O2 -<br />

O2<br />

Hyperoxid 1,5 133 RbO2<br />

2-<br />

Peroxid 1,0 149 Na2O2, H2O2<br />

Fügt man mehr als drei Elektronen ein, so kommt es zum Bruch der O-O-Bindung; man erhält Oxide<br />

mit dem Ion O 2- (z. B. Li2O).<br />

Wasserstoffperoxid (H2O2)<br />

Vorkommen<br />

H2O2 wird in Oberflächenwasser, Grundwasser oder in der Atmosphäre unter Einwirkung von Licht<br />

und/oder katalytisch wirkenden Substanzen wie Mineralien oder Metallen aus Sauerstoff über<br />

radikalische Reaktionsmechanismen gebildet. Die natürliche Konzentration von H2O2 in Meerwasser<br />

liegt zwischen 0,5 und 14µg/l, in Süßwasser zwischen 1-30 µg/l. In der Luft variieren die Werte in<br />

einem Bereich von 0,1-1 ppb. Alle aerob lebenden Zellen, von photosynthetisierenden Pflanzen zu<br />

sauerstoffatmenden Lebewesen enthalten H2O2, das kontinuierlich im Stoffwechselprozess aus<br />

Sauerstoff gebildet wird. Da es in höheren Konzentrationen aber als Zellgift wirkt, hat die Natur<br />

Schutzmechanismen in Form von H2O2-zersetzenden Enzymen (Katalasen) entwickelt, die eine<br />

Spaltung in Wasser und Sauerstoff bewirken. Die menschliche Atemluft enthält<br />

300-1000 µg/H2O2/m 3 . Auch organische Peroxide kommen in der Natur vor. Beispiele sind Ascaridol,<br />

Quinghaosu und das Prostagladinperoxid (s. Abb.). Als Kuriosität sei noch angemerkt, dass der<br />

Bombardierkäfer in einer Art Blase im Hinterleib H2O2 in einer Konzentration von bis zu 28,5 %<br />

erzeugen kann, um damit seine Feinde abzuwehren.<br />

95


1) Natürlich vorkommende<br />

organische Peroxide<br />

O COOH<br />

O<br />

H3C<br />

OOH<br />

Prostaglandinperoxid<br />

H3C<br />

O O<br />

O<br />

O<br />

O<br />

Quinghaosu<br />

O O CH3<br />

H3C CH3<br />

Ascaridol<br />

CH3<br />

2) Bombardierkäfer<br />

H2O2 ist eine sirupöse, fast farblose, in dicker Schicht bläuliche Flüssigkeit (Sdp. 150°C, Smp –0,4°C).<br />

Im Handel kommt eine 30%-ige Lösung (Perhydrol).<br />

H 2O 2 hat die Konstitutionsformel H O O H.<br />

Die O–O-Bindung ist schwach. H2O2 ist daher eine metastabile Verbindung. Es zeigt ein starkes<br />

Bestreben, unter großer Wärmeentwicklung in Wasser und Sauerstoff zu zerfallen.<br />

2H2O2 2H2O + O2 ∆H = - 196,2 kJ/mol<br />

Bei Zimmertemperatur ist die Zerfallgeschwindigkeit allerdings unmessbar klein, so dass H2O2 sowohl<br />

in reinem wie in gelöstem Zustande praktisch beständig (metastabil) ist. Durch Katalysatoren<br />

(Schwermetallionen, Fe 3+ , Cu 2+ , MnO2; Pt, alkalisch reagierende Stoffe) wird die<br />

Zersetzungsgeschwindigkeit des Wasserstoffperoxids stark erhöht. Da es bei Lagerung, Transport und<br />

Handhabung von H2O2 zu Kontamination mit Zersetzungskatalysatoren kommen kann, werden<br />

geringe Mengen (ca. 100-1000 ppm) an Stabilisatoren zugesetzt. Stabilisatoren sind z. B.<br />

Chelatbildner (Phosphate), die Metallionen komplexieren und somit die Zersetzungsreaktion hemmen.<br />

96


Struktur des H2O2-Moleküls:<br />

Die vier Atome des H2O2-Moleküls bilden eine verdrillte Kette. Durch die Verdrillung wird die<br />

Abstoßung der freien Elektronenpaare der Sauerstoffatome verringert. Die noch vorhandene<br />

Abstoßung ist die Ursache für die geringe Bindungsenergie der O–O-Bindung.<br />

Die charakteristische Eigenschaft des Wasserstoffperoxids ist seine oxidierende Wirkung. Weniger<br />

ausgeprägt ist die reduzierende Wirkung, die nur gegenüber ausgesprochenen Oxidationsmitteln<br />

auftritt.<br />

Versuche:<br />

a) als Oxidationsmittel<br />

I - + 2H + -I -I 0 -II<br />

+ H<br />

1<br />

2O2 I2 + 2H<br />

2<br />

2O<br />

b) als Reduktionsmittel<br />

Nachweis durch Iod-Stärke Reaktion (blau)<br />

-<br />

2MnO4 + 5H2O2 + 6H + Mn 2+ +VII -I +II 0<br />

+ 5O2 + 8H2O violett farblos Glimmspanprobe<br />

Nachweis: Mit Titanylsulfat entsteht unter Gelbfärbung Peroxotitanylsulfat<br />

TiO(SO4) + H2O2 + H2SO4 TiO2(HSO4)2 + H2O<br />

gelb<br />

Darstellung im Labor:<br />

H2O2 ist eine schwache Säure, deren Salze die Peroxide, schon durch Wasser praktisch vollständig zu<br />

Wasserstoffperoxid und Metallhydroxid hydrolysiert werden.<br />

BaO2 + H2SO4 BaSO4 + H2O2<br />

Bariumperoxid<br />

97


Großtechnische Herstellung nach dem Anthrachinon-Autoxidationsprozess (AO-Verfahren):<br />

Wasserstoff (H2) und Sauerstoff (O2) sind die beiden Ausgangsstoffe bei der großtechnischen<br />

Herstellung von H2O2 nach dem AO-Verfahren. Als O2-Quelle verwendet man Luft. H2 fällt als<br />

Nebenprodukt bei verschiedenen chemischen Prozessen oder bei der Erdölraffination an bzw. wird<br />

gezielt vor Ort aus Erdgas in einer Spaltgasanlage erzeugt.<br />

Das Verfahren geht aus von alkylierten Hydrochinonen, die durch Sauerstoff zu den entsprechenden<br />

Chinonen oxidiert werden. Dabei wird quantitativ Wasserstoffperoxid gebildet. Das Chinon kann mit<br />

Wasserstoff und einem Katlaysator (z. B. Palladiummohr) wieder in das Edukt überführt werden.<br />

Neben dem eigentlichen Reaktionsträger braucht man ein geeignetes Lösungsmittelsystem, um die<br />

Reaktanten homogen in Lösung zu halten.<br />

Herstellung von Wasserstoffperoxid<br />

OH<br />

OH<br />

R<br />

+ O 2; - H 2O 2<br />

+ H 2 (Pd)<br />

2-Alkyl-anthrahydrochinon 2-Alkyl-anthrachinon<br />

O<br />

O<br />

R<br />

98


Verwendung:<br />

Ein Großteil des H2O2 wird für die Herstellung von Perboraten und Persalzen und für organischchemische<br />

Synthesen eingesetzt. Fast 70 % finden wegen der Oxidationswirkung Verwendung in den<br />

Bereichen Bleichen und Umwelt. Das stärkste Verbrauchswachstum gab es in den letzten 20 Jahren in<br />

der Papier- und Zellstoffindustrie, wo chlorhaltige Bleichchemikalien (Chlor, Chlordioxid) sukzessive<br />

durch H2O2 ersetzt werden. Im Hinblick auf den Umweltschutz ist H2O2 ein ideales Oxidationsmittel,<br />

da es keine belastenden Nebenprodukte bildet. Überschüssiges H2O2 zerfällt schnell in Wasser und<br />

Sauerstoff.<br />

99

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