Entmischung von Polymerlösungen
Entmischung von Polymerlösungen
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<strong>Entmischung</strong> <strong>von</strong> <strong>Polymerlösungen</strong><br />
Betreuerin: Dr. V. Strehmel<br />
Arbeitskreis: Prof. Dr. A. Laschewsky<br />
Tel.: 5224<br />
e-mail: vstrehme@rz.uni-potsdam.de<br />
1
Im Gegensatz zu ihren niedermolekularen Analoga sind Polymere nur in wenigen Lösemitteln<br />
löslich, und dass auch nur in einem engen Temperaturbereich. Während z.B. ein Wachs der<br />
Formel H-(CH2)n-H sich in vielen Lösemitteln auflöst, finden sich für Polyethylen kaum<br />
welche. Die empirische Regel, dass sich "Gleiches in Gleichem" löst, ist für Polymere nur<br />
sehr beschränkt gültig, und wird im Falle <strong>von</strong> Mischungen zweier Polymere sogar völlig<br />
hinfällig. Diese stark eingeschränkte Löslichkeit bzw. Mischbarkeit <strong>von</strong> Polymeren ist für den<br />
praktischen Einsatz <strong>von</strong> Polymermaterialien sehr wichtig und ist ein direkter Effekt der Größe<br />
<strong>von</strong> Makromolekülen.<br />
Theoretische Grundlagen<br />
In Analogie zu Mischungen niedermolekularer Komponenten geht man zur Beschreibung <strong>von</strong><br />
isobar-isothermen Mischungsvorgängen <strong>von</strong> Polymeren mit einem Lösungsmittel <strong>von</strong> der<br />
Gibbs’schen Gleichung (1) aus.<br />
∆ G = ∆H<br />
− T∆S<br />
(1)<br />
∆G molare Gibbs’sche Mischungsenthalpie<br />
∆H molare Mischungsenthalpie<br />
∆S molare Mischungsentropie<br />
T Temperatur in Kelvin<br />
Bei idealen Lösungen sind definitionsgemäß die Kräfte zwischen den Lösungsmittel-<br />
molekülen und den Kettensegmenten gleich groß. Für ideale Mischungen ist die<br />
Mischungsenthalpie daher gleich Null und somit gilt:<br />
G T S<br />
ideal<br />
∆ = − ∆<br />
(1a)<br />
Die Mischungsentropie wird durch die statistische Thermodynamik gegeben (Zustands-<br />
summe). Translationsentropie, innere Rotationsentropie und Vibrationsentropie bleiben beim<br />
Mischen konstant.<br />
Die Abweichungen vom idealen Verhalten werden durch sogenannte Excessgrößen („E“)<br />
beschrieben. Damit definiert man die molare Gibbs’sche Mischungsenthalpie für eine reale<br />
Mischung (∆G) als Summe aus der Gibbs’schen Mischungsenthalpie für die ideale Mischung<br />
(∆G ideal ) und einer molaren freien Excessmischungsenthalpie (∆G E ):<br />
ideal E<br />
∆ G = ∆G<br />
+ ∆G<br />
(2)<br />
2
Gemäß Gleichung (1) und (1a) lässt sich die Excessmischungsenthalpie mit Gleichung (3)<br />
beschreiben:<br />
E<br />
E<br />
∆ G = ∆H<br />
− T∆S<br />
(3)<br />
Je nach dem Anteil und dem Vorzeichen des idealen Gliedes (∆G ideal ) und des Excess-Terms<br />
(∆G E ) werden Lösungen in folgende vier Typen eingeteilt: ideale, athermische, reguläre und<br />
reale Lösungen. Bei der idealen Lösung wird die Gibbs’sche Mischungsenthalpie<br />
ausschließlich durch die ideale Mischungsentropie bestimmt. Bei der athermischen Lösung ist<br />
die Mischungsenthalpie zwar immer noch gleich Null. Die Mischungsentropie weicht jedoch<br />
bei der athermischen Lösung <strong>von</strong> der idealen Mischungsentropie ab. Bei der regulären Lösung<br />
ist dagegen die Mischungsentropie noch ideal, aber die Mischungsenthalpie ist <strong>von</strong> null<br />
verschieden. Reale Lösungen werden dagegen durch eine Mischungsenthalpie und eine<br />
Excess-Mischungsentropie beschrieben. Bei <strong>Polymerlösungen</strong> handelt es sich immer um reale<br />
Lösungen.<br />
Ein Spezialfall der realen Lösung ist die sogenannte Theta-Lösung. Eine verdünnte Lösung<br />
verhält sich bei einer bestimmten Temperatur, der Theta-Temperatur, wie eine ideale Lösung,<br />
da sich bei dieser Temperatur die Mischungsenthalpie und die Excess-Mischungsentropie<br />
kompensieren. Eine Theta-Lösung ist also pseudoideal .<br />
Die Fähigkeit eines Makromoleküls, sich in einem Lösungsmittel zu lösen, wird sowohl durch<br />
enthalpische als auch durch entropische Effekte bedingt (siehe Gleichungen (1)-(3)).<br />
Theoretische Betrachtungen zeigen, dass ohne spezifische Wechselwirkungen (also bei<br />
Berücksichtigung nur der van-der-Waals und London-Kräfte) die Mischung zweier<br />
verschiedener Stoffe immer eine positive Mischungsenthalpie aufweist, also enthalpisch<br />
gesehen ungünstig ist. Im Normalfall sorgt nur eine ausreichend hohe Mischungsentropie für<br />
eine Mischbarkeit. Der Bedarf an Mischungsentropie ist um so kleiner, je weniger sich die<br />
Stoffe abstoßen. Daher sind Makromoleküle am ehesten in den Lösungsmitteln löslich , die<br />
ihren Grundbausteinen möglichst ähnlich sind („Gleiches löst Gleiches“). Da die<br />
Molekülsegmente im Kristall besonders gut miteinander wechselwirken (und somit die<br />
Mischungsenthalpie besonders ungünstig wird), lösen sich amorphe Polymere deutlich besser<br />
als kristalline. Entsprechend lösen sich kristalline Polymere im Extremfall nicht einmal mehr<br />
in ihren eigenen Monomeren (Polyacrylnitril ist z.B. in Acrylnitril unlöslich) oder in<br />
chemisch eng verwandten Lösungsmitteln (während Amylose in Wasser stark quillt und sich<br />
z.T. löst, ist Cellulose in Wasser unlöslich).<br />
3
Traditionell wird die Mischungsentropie <strong>von</strong> Lösevorgängen als ideal angenommen. Dies<br />
setzt u.a. voraus, dass die beiden Komponenten in der binären Mischung annähernd gleich<br />
sind. Da bei einer Polymerlösung die Größe des Makromoleküls deutlich <strong>von</strong> der des<br />
Lösungsmittels verschieden ist, sind die für niedermolekulare binäre Mischungen abgeleiteten<br />
Zusammenhänge nicht ohne weiteres anwendbar. Außerdem wird bei den Makromolekülen<br />
die Beweglichkeit der Molekülketten durch den Aufbau bestimmt.<br />
Flory und Huggins entwickelten daher auf der Basis des Gittermodells einer Flüssigkeit ein<br />
Modell für eine binäre Lösung eines Polymeren in einem niedermolekularen Lösungsmittel.<br />
Bei diesem Modell wird das Makromolekül in Segmente zerlegt, die miteinander verbunden<br />
sind. Die Segmente werden so gewählt, dass diese in ihrer Größe und Geometrie<br />
(kugelförmige Gestalt) mit den Lösungsmittelmolekülen vergleichbar sind. Die Gitterplätze<br />
werden bei diesem Modell <strong>von</strong> Lösungsmittelmolekülen oder <strong>von</strong> Segmenten des<br />
Makromoleküls besetzt (Abb. 1). Bei gleichem Platzbedarf <strong>von</strong> Lösungsmittelmolekülen und<br />
Polymerkettensegmenten ergibt sich die Anzahl der Segmente (N) in einem Makromolekül<br />
aus Gleichung (4), wobei V1 das Molvolumen des Lösungsmittels ist und V2 das Molvolumen<br />
eines Polymerkettensegmentes.<br />
V<br />
V<br />
2<br />
N = (4)<br />
1<br />
Abb. 1: Anordnung <strong>von</strong> Lösungsmittelmolekülen ( ) und <strong>von</strong> Segmenten eines Makro-<br />
moleküls ( )in einem zweidimensionalen Gitter<br />
Die Segmente eines Makromoleküls und die Lösungsmittelmoleküle können in dem zwei-<br />
dimensionalen Gitter in Abb. 1 auf verschiedenen Plätzen angeordnet sein. Aus der Vielzahl<br />
der möglichen Kombinationen resultiert unter der Voraussetzung, dass die Molvolumina der<br />
beiden Komponenten gleich groß sind, eine Entropie (∆Scomb), die auch als Konfigurations-<br />
4
entropie bezeichnet wird (Gleichung (5)). Der Index „comb“ (kombinatorisch) weist dabei auf<br />
die statistischen Annahmen hin, auf denen die Ableitung der Mischungsentropie basiert.<br />
− ∆S<br />
comb = −R<br />
x ⋅ lnφ<br />
+ x ⋅ lnφ<br />
)<br />
(5)<br />
gesamt<br />
( 1 1 2 2<br />
N1 ⋅ X 1 N 2 ⋅ X 2<br />
φ 1 = und φ 2 =<br />
(6)<br />
N<br />
N<br />
gesamt<br />
In Gleichung (5) stehen x1 für den Stoffmengenanteil des Lösungsmittels und x2 für den<br />
Stoffmengenanteil der Polymerkettensegmente. Die Volumenbrüche (Ν) der Komponenten<br />
sind mit Gleichung (6) gegeben, wobei N1 und N2 der Zahl der Moleküle der jeweiligen<br />
Komponente entsprechen. Die Anzahl der Segmente in einem Molekül wird mit X1 im Fall<br />
der Lösungsmittelmoleküle (X1 = 1) und mit X2 im Fall der Polymermoleküle bezeichnet.<br />
Der in Gleichung (5) dargestellte Zusammenhang gilt unter der Voraussetzung, dass keine<br />
Änderung der Enthalpie und keine Volumenänderung auftritt. Die Mischung eines amorphen<br />
Polymeren mit einem Lösungsmittel erfolgt somit unter isobaren und isothermen Bedin-<br />
gungen, und das Gesamtvolumen setzt sich additiv zusammen. Unter der Voraussetzung, dass<br />
der Platzbedarf eines Lösungsmittelmoleküls und eines Polymerkettensegmentes gleich ist,<br />
können anstelle der Molvolumina die Stoffmengenanteile des Lösungsmittels und der<br />
Polymerkettensegmente einbezogen werden.<br />
Die Mischungsenthalpie ∆H ergibt sich aus der Differenz der Enthalpien der Lösung (H12)<br />
und H11 bzw. H22 der reinen Komponenten (Gleichung (7)).<br />
∆ H = H − H + H )<br />
(7)<br />
12<br />
( 11 22<br />
Unter der Annahme, dass die Stoffmengenanteile und die Volumenanteile identisch sind und<br />
unter Berücksichtigung des mittleren Energiegewinns (∆ε) bei Kontakt eines Lösungsmittel-<br />
moleküls mit einem Polymerkettensegment ergibt sich für die Mischungsenthalpie Gleichung<br />
(8):<br />
∆ 1 X 1 2<br />
H = z ⋅ N ⋅ ⋅φ<br />
⋅ ∆ε<br />
(8)<br />
N 2 ⋅ X 2 N 2 ⋅ X 2<br />
φ 2 ≡ = (Volumenbruch der Polymerkettensegmente)<br />
N + N N<br />
1<br />
2<br />
gesamt<br />
z = Zahl der Nachbarn<br />
N1X1 Bausteine aller Lösungsmittelmoleküle<br />
N2X2 Bausteine aller Polymerkettensegmente<br />
∆ε = Maß für die Gibbs-Energie<br />
Der Flory-Huggins-Wechselwirkungsparameter (χ) ist definitionsgemäß ein Maß für die<br />
Wechselwirkungsenergie (Gleichung 9).<br />
5
z ⋅ X 1 ⋅ ∆ ∈<br />
χ ≡<br />
(9)<br />
k ⋅T<br />
Der χ -Parameter enthält einen Enthalpie- und einen Entropiebeitrag, wobei der<br />
Entropiebeitrag konzentrationsabhängig ist und in erster Näherung als lineare Funktion des<br />
Volumenbruches des Gelösten (Φ2) beschrieben werden kann (Gleichung 10).<br />
χ = χ + σ ⋅φ<br />
(10)<br />
0<br />
2<br />
Durch Einsetzen der Gleichungen (9) und (10) in Gleichung (8) erhält man Gleichung (11).<br />
∆H = k ⋅T<br />
⋅ N ⋅φ<br />
⋅ χ + σ ⋅φ<br />
)<br />
(11)<br />
1<br />
2<br />
( 0 2<br />
Durch Kombination der Gleichungen (1), (5) und (11) ergibt sich für die Gibbs’sche<br />
Mischungsenergie Gleichung (12).<br />
∆<br />
G m<br />
R ⋅T<br />
=<br />
1<br />
X<br />
1<br />
2<br />
X<br />
⋅ φ1<br />
⋅φ<br />
2 ⋅ χ 0 + φ1<br />
⋅φ<br />
2 ⋅σ<br />
+ φ1<br />
⋅ lnφ1<br />
+<br />
X<br />
6<br />
1<br />
2<br />
⋅φ<br />
⋅ lnφ<br />
Durch Differentiation <strong>von</strong> Gleichung (12) ergeben sich unter Berücksichtigung der in den<br />
Gleichungen (13) und (14) dargestellten Zusammenhänge Gleichung (15) für das chemische<br />
Potential des Lösungsmittels (µ1) und Gleichung (16) für das chemische Potential des<br />
gelösten Polymeren (µ2).<br />
φ + φ = 1<br />
(13)<br />
1<br />
2<br />
∂G<br />
µ i ≡<br />
(14)<br />
∂n<br />
i<br />
T , p,<br />
n<br />
j ≠i<br />
2<br />
X 1<br />
∆µ 1 = RT ( χ 0 − σ + 2 ⋅σ<br />
⋅φ<br />
2 ) φ2<br />
+ ln(<br />
1−<br />
φ2<br />
) + 1−<br />
φ2<br />
(15)<br />
X<br />
X 2<br />
∆µ 2 = RT ⋅ ( χ 0 ⋅φ1<br />
+ 2 ⋅σ<br />
⋅φ<br />
2 ⋅φ1<br />
−1)<br />
⋅ ⋅φ1<br />
+ φ1<br />
+ lnφ<br />
2<br />
(16)<br />
X<br />
1<br />
Tritt bei einer Polymerlösung Phasentrennung auf, so müssen die chemischen Potentiale der<br />
einzelnen Komponenten in jeder Phase gleich sein (Gleichungen (17) und (18)).<br />
' ''<br />
µ = µ und µ = µ<br />
(17)<br />
'<br />
1<br />
'<br />
1<br />
''<br />
1<br />
'<br />
1<br />
0<br />
1<br />
2<br />
''<br />
1<br />
2<br />
∆ µ = µ − µ = µ − µ = ∆µ<br />
und ∆ µ = µ − µ = µ − µ = ∆µ<br />
(18)<br />
0<br />
1<br />
''<br />
1<br />
'<br />
2<br />
Durch Gleichsetzen der chemischen Potenziale lässt sich die Grenze zwischen der stabilen<br />
'<br />
2<br />
Polymerlösung und dem Bereich, in dem Phasentrennung erfolgt, beschreiben. Diese Grenze<br />
wird als Binodale bezeichnet. Die Berechnungen sind jedoch sehr kompliziert, da die<br />
Gleichungen (17) und (18) für jeden Polymerisationsgrad aufgestellt werden müssten.<br />
0<br />
2<br />
2<br />
2<br />
''<br />
2<br />
2<br />
0<br />
2<br />
''<br />
2<br />
(12)
Der nicht-stabile Bereich wird weiterhin in einen metastabilen und einen instabilen Bereich<br />
aufgeteilt. Die Grenze zwischen dem metastabilen und dem instabilen Bereich ist durch die<br />
Spinodale gegeben.<br />
Im metastabilen Bereich gilt die folgende Bedingung:<br />
2<br />
∂ ∆G<br />
∂φ<br />
2<br />
2<br />
m<br />
> 0<br />
Das System ist im metastabilen Bereich gegen Phasen mit verschwindend kleinen<br />
Unterschieden in der Zusammensetzung noch stabil, da hier die in der Ungleichung (19)<br />
beschriebene Bedingung gültig ist. Bei größeren Unterschieden in der Zusammensetzung<br />
erfolgt dagegen eine spontane Phasentrennung.<br />
Die Spinodale ist durch die Wendepunkte der Funktion G f φ )<br />
m ∆ = charakterisiert<br />
(Gleichung (20)).<br />
2<br />
∂ ∆G<br />
∂φ<br />
2<br />
2<br />
m<br />
∂µ<br />
1<br />
= = 0<br />
∂φ<br />
2<br />
Unter Berücksichtigung der in Gleichung (20) formulierten Bedingung ergibt sich aus<br />
Gleichung (15) für X1=1 und σ = 0 für die Spinodale der in Gleichung (21) formulierte<br />
Zusammenhang.<br />
∂∆µ<br />
1<br />
1<br />
= RT 2 ⋅ χ 0 ⋅φ<br />
2 −<br />
∂φ<br />
1−<br />
φ<br />
2<br />
2<br />
+<br />
1<br />
1−<br />
X<br />
2<br />
Der kritische Punkt ist als derjenige Volumenbruch des Polymeren definiert, bei dem<br />
Maximum, Minimum und Wendepunkt der Funktion ∆ µ = f φ ) zusammenfallen.<br />
( 1−<br />
φ )<br />
= 0<br />
2<br />
∂ ∆µ<br />
1<br />
1<br />
= RT 2 ⋅ χ 0 − = 0<br />
(22)<br />
2<br />
2<br />
∂φ<br />
2<br />
2<br />
Auflösung der Gleichungen (21) und (22) nach χ0 ergibt unter Berücksichtigung <strong>von</strong><br />
Gleichung (23) und einem negativen Vorzeichen der Wurzel<br />
Punkt den in Gleichung (24) formulierten Zusammenhang.<br />
0,<br />
5<br />
0,<br />
5<br />
( 1 X ) ⋅ ( 1−<br />
X ) = ( 1−<br />
X )<br />
2<br />
2<br />
2<br />
7<br />
1<br />
( 2<br />
( 2<br />
X<br />
2<br />
( 1− X )<br />
2<br />
2<br />
0,<br />
5<br />
(19)<br />
(20)<br />
(21)<br />
für den kritischen<br />
+ (23)<br />
1<br />
φ (24)<br />
1+<br />
X<br />
( 2 ) = crit<br />
0,<br />
5<br />
2<br />
Wie aus Gleichung (24) erkennbar ist, nimmt der kritische Volumenbruch umso niedrigere<br />
Werte an, je höher der Polymerisationsgrad des Gelösten ist.
Das Mischungsverhalten eines Polymeren in einem Lösungsmittel ist <strong>von</strong> der Temperatur<br />
abhängig. Liegt oberhalb einer bestimmten Temperatur eine vollständige Lösung vor, so<br />
spricht man <strong>von</strong> einer UCST („upper critical solution temperature“). Ist dagegen das<br />
Polymer-Lösungsmittel-Gemisch unterhalb einer bestimmten Temperatur einphasig und zeigt<br />
dieses Polymer-Lösungsmittel-Gemisch oberhalb dieser Temperatur eine <strong>Entmischung</strong>,<br />
spricht man <strong>von</strong> einer LCST („lower critical solution temperature“).<br />
Die LCST entspricht einer entropisch induzierten <strong>Entmischung</strong> und die UCST einer<br />
enthalpisch induzierten <strong>Entmischung</strong>. Je nach Vorzeichen <strong>von</strong> Mischungsenthalpie und -<br />
entropie sollte man also völlige Mischbarkeit ( H < 0 und S > 0), eine untere<br />
Mischungslücke ( H > 0 und S > 0), eine Mischungslücke bei hohen Temperaturen ( H < 0<br />
und S < 0) oder völlige Unmischbarkeit ( H > 0 und S < 0) erwarten. In Wahrheit sind die<br />
Verhältnise komplizierter, da sowohl H wie auch S selber Funktionen der Temperatur sind,<br />
und das in nicht monotoner Weise. Aus komplexeren theoretischen Behandlungen ergibt sich,<br />
dass prinzipiell jedes Polymer-Lösungsmittel-Gemisch sowohl eine UCST als auch eine<br />
LCST aufweisen sollte, obwohl nicht immer beide kritischen <strong>Entmischung</strong>stemperaturen<br />
experimentell bestimmbar sind. Je nach der Lage der beiden <strong>Entmischung</strong>stemperaturen wird<br />
entweder ein „Stundenglas“-Diagramm (Abb. 2a) oder eine geschlossene Mischungslücke<br />
beobachtet. Dabei wird das konkrete Mischungsverhalten der Polymere durch die Wahl des<br />
Lösungsmittels bestimmt.<br />
8
a) b)<br />
Abb. 2: <strong>Entmischung</strong>stemperaturen (LCST und UCST) als Funktion der Zusammensetzung<br />
(φPS = Volumenbruch an Polystyren, wPVA = Massenbruch an Polyvinylalkohol) für das<br />
Polymer-Lösungsmittel-System<br />
a) Polystyren/Aceton für folgende Molmassen: 4800 ( ), 10300 ( ) und 19800 ( )<br />
b) Polyvinylalkohol (Mn = 140000g/mol -1 )/Wasser<br />
Aufgabenstellung<br />
Für das binäre System Poly(N-acryloyl-pyrrolidin)/Wasser sind die<br />
<strong>Entmischung</strong>stemperaturen in Abhängigkeit <strong>von</strong> der Konzentration des Gelösten mit der<br />
Ampullenmethode experimentell zu ermitteln. Die Trübungspunkte sind zu bestimmen und<br />
die <strong>Entmischung</strong>stemperatur als Funktion der Konzentration aufzutragen.<br />
Chemikalien: Wasser<br />
Poly(N-acryloyl-pyrrolidin)<br />
9
Versuchsdurchführung<br />
Poly(N-acryloyl-pyrrolidin)-Wasser-Gemische unterschiedlicher Konzentrationen werden<br />
unter sehr sparsamer Verwendung des Polymeren hergestellt. Dabei ist eine Stammlösung<br />
herzustellen und weitere Konzentrationen durch Verdünnen dieser Stammlösung.<br />
Folgende Konzentrationen sind einzustellen: 10 g/l; 5 g/l; 2 g/l und 1g/l. Die Lösungen<br />
werden bei Raumtemperatur in Reagenzgläser (Ampullen) gefüllt und unter Rühren und unter<br />
Verwendung eines Wasserbades bis zu einer Temperatur <strong>von</strong> 70°C aufgeheizt. Dabei ist die<br />
Temperatur in den Reagenzgläsern zu kontrollieren und die Temperatur zu notieren, bei der<br />
eine Trübung auftritt. Anschließend sind die Proben auf Raumtemperatur abzukühlen und die<br />
Temperatur zu notieren, bei welcher die Polymerlösung wieder klar wird. Ein genaues<br />
Beobachten und ein schnelles Registrieren der Temperaturen ist notwendig.<br />
Die <strong>Entmischung</strong>stemperatur wird in Abhängigkeit <strong>von</strong> der Konzentration in einem<br />
Diagramm aufgetragen. Anschließend wird das Experiment mit denselben Proben mindestens<br />
noch einmal wiederholt und die erhaltenen Messwerte wiederum aufgetragen. Das<br />
Experiment sollte erst beendet werden, wenn sich die <strong>Entmischung</strong>stemperaturen<br />
reproduzieren lassen.<br />
Das Experiment wird mit einer der folgenden Poly(N-acryloyl-pyrrolidin)proben<br />
durchgeführt: Mn: ca. 50000g/mol; ca. 56000g/mol; ca. 45000g/mol<br />
Ergebnisdiskussion<br />
Die Abhängigkeit der <strong>Entmischung</strong>stemperatur für Poly(N-acryloyl-pyrrolidin)/Wasser<br />
Gemische <strong>von</strong> der Konzentration des Gelösten ist zu diskutieren.<br />
Weiterführende Fragen<br />
1. Wie wird Polyvinylalkohol hergestellt?<br />
2. Welche Größe kann als Maß für die Wechselwirkung zwischen einem Polymer und<br />
einem Lösungsmittel herangezogen werden?<br />
3. Welche anderen Polymere zeigen auch in Wasser ein <strong>Entmischung</strong>sverhalten?<br />
Literatur<br />
1. Hans-Georg Elias „Makromoleküle Struktur-Eigenschaften-Synthesen Stoffe-<br />
Technologie“, Hüthig & Wepf Verlag Basel Heidelberg<br />
2. J. M. G. Cowie „Polymers: Chemistry & Physics of Modern Materials“, Blackie and Son<br />
Ltd. Glasgow London<br />
10