Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
der SED von der DEFA in die Kinos gebracht,<br />
fand zwar nicht die gleiche große Resonanz wie<br />
der Vorgängerfilm, dennoch gehörte die<br />
Sympathie des Publikums dem widerborstigen<br />
Individualisten, der mit Kritik an ideologischen<br />
Phrasen nicht hinter dem Berg hält. Und so wurde<br />
Manfred Krug sowohl 1962 als auch 1963 bei der<br />
Umfrage der DDR-Zeitschrift "Filmspiegel" zum<br />
beliebtesten Schauspieler des Jahres gekürt.<br />
Als der DEFA-Regisseur <strong>Frank</strong> <strong>Beyer</strong> (1932 -<br />
2006) sich 1966 sich daran machte, Erik<br />
Neutschs Bestseller "Spur der Steine"<br />
(DDR) zu verfilmen, glaubte er sich innerhalb der<br />
Grenzen zu bewegen, die für Kulturschaffende<br />
der besten DDR aller Zeiten galten: Hatte nicht<br />
die SED-Führung selbst zur Gestaltung<br />
konfliktreicher Gegenwartsstoffe aufgerufen? Und<br />
erfüllte nicht gerade und ganz besonders<br />
Neutschs literarische Vorlage alle diese<br />
Voraussetzungen? Der Plot des Dramas: Auf der<br />
sozialistischen Großbaustelle Schkona arbeitet<br />
der Zimmermann Hannes Balla (Manfred Krug)<br />
mit seiner Brigade. Es wird viel gearbeitet, damit<br />
das Geld stimmt und man steigt auf die<br />
Barrikaden, wenn Sand im Getriebe ist. Um<br />
fehlendes Material zu beschaffen, geht die<br />
Zimmermannsbrigade oft eigene anarchistische<br />
Wege. Von dieser rauen Truppe sieht der neue<br />
Parteisekretär Horrath (Eberhard Esche) seine<br />
Autorität untergraben. Die beiden Kontrahenten<br />
verbindet eine Mischung aus Respekt und<br />
Rivalität. Neu auf der Baustelle ist auch die<br />
Bauingenieurin Kati (Krystyna Stypulkowska), in<br />
die sich sowohl Balla als auch Horrath verlieben.<br />
Sie ist, was die Probleme auf der Baustelle<br />
angeht, gleicher Meinung mit Balla, ihre Liebe<br />
aber gehört Horrath, von dem sie ein Kind<br />
erwartet. Der Parteisekretär gerät in<br />
Schwierigkeiten, denn er hat bereits Frau und<br />
Kinder. Den Wildwest-Manieren der Ballaschen<br />
Truppe folgend, gestattete sich Regisseur <strong>Beyer</strong><br />
bei der Inszenierung seines Films inszenatorische<br />
Anleihen bei John Sturges' "Die glorreichen<br />
Sieben", der nach nur kurzem Einsatz in den<br />
5<br />
DDR-Kinos zurückgezogen wurde. Noch kürzer,<br />
nämlich ganze drei Tage, währte die öffentliche<br />
Existenz von "Spur der Steine". Dabei hatte der<br />
Film, dessen Planung und Herstellung von<br />
langwierigen Änderungsdiskussionen sowohl mit<br />
der Studioleitung als auch mit dem<br />
Kulturministerium begleitet worden war, seine<br />
erfolgreiche Voraufführung während der<br />
Arbeiterfestspiele zu Pfingsten 1966 erlebt - mit<br />
Riesenapplaus und ausverkauften Häusern. Die<br />
DEFA-Direktion schlug das staatliche Prädikat<br />
"Besonders wertvoll" vor und der Film sollte gar<br />
als Wettbewerbsbeitrag beim Internationalen<br />
Filmfestival in Karlový Varý laufen. Nachdem<br />
jedoch zur Premiere des Films im (Ost-) Berliner<br />
Kino "International" von der SED bestellte Störer<br />
den Film ausgebuht hatten, welchen man dann<br />
"wegen der aufgebrachten Reaktionen des<br />
Publikums angesichts der Verunglimpfung des<br />
Sozialismus" aus dem Verleih nahm, bekamen<br />
die "Verantwortlichen" die Willkür der SED-<br />
Entscheidungsträger mit voller Wucht zu spüren:<br />
Hans Bentzien wurde als Kulturminister<br />
abberufen, Klaus Wischnewski, der<br />
Chefdramaturg der DEFA, verlor seinen Posten,<br />
während <strong>Frank</strong> <strong>Beyer</strong>, der Regisseur des Films,<br />
in die Provinz, an ein Dresdner Theater,<br />
abgeschoben wurde, was praktisch einem<br />
Berufsverbot gleichkam. Der Grund: Das XI.<br />
Plenum des ZK der SED hatte die Parole "Keine<br />
Fehlerdiskussion!" ausgegeben und so<br />
verschwand fast eine komplette Jahresproduktion<br />
der DEFA im ideologischen Gift-Archiv.<br />
Den berühmtesten aller DEFA-"Kellerfilme"<br />
bekam das DDR-Publikum erst nach der "Wende"<br />
zu sehen. Allerdings mahnte Hauptdarsteller<br />
Manfred Krug, man müsse achtgeben, das der<br />
Mythos des Films, der inzwischen zum Kultfilm<br />
geworden ist, nicht größer werde als der Film<br />
selbst.