Professor Dr. Jörn Kruse - DICE
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Marktplatz Internet:<br />
Anforderungen an Wettbewerbspolitik und Regulierung<br />
Düsseldorf 20. Juni 2011<br />
Ökonomische Grundlagen des<br />
Wettbewerbs im Internet<br />
<strong>Jörn</strong> <strong>Kruse</strong><br />
Joern.<strong>Kruse</strong>@HSU-HH.de<br />
<strong>Kruse</strong> Wettbewerb im Internet, Düsseldorf, 20. Juni 2011<br />
1
Herausragender Erfolgsfaktor des Internet :<br />
Eine universelle Infrastruktur (Übertragungswege, Router,<br />
Server etc.)<br />
für zahlreiche Dienste, Anwendungen und Inhalte (Emails,<br />
Websurfen, Downloads, interaktive Spiele, Onlien-<br />
Banking etc)<br />
mit zahlreichen Darstellungsarten (Texte, Zahlen, Bilder,<br />
Grafiken, Sprache, Musik, Videos etc.)<br />
Möglich durch äußerlich homogene Transporteinheiten,<br />
Datenpakete, aufgrund sehr früher Standardisierung<br />
(Analogie : Container im Güterverkehr)<br />
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2
Die einzelnen Datenpakete werden separat versandt (oft<br />
über verschiedene Transportwege und Trägermedien<br />
und beim Empfänger wieder zusammengesetzt.<br />
Keine dienstespezifische Infrastruktur bewirkt<br />
* Starke Skaleneffekte und Kostendegressionen<br />
* Keine dienstespezifischen Investitionen der<br />
Netzbetreiber (→ geringeres Investitions-Risiko)<br />
* Keine Netz-Investitionen der Dienste- und Inhalte-<br />
Anbieter nötig (→ geringeres Investitions-Risiko<br />
und geringere Markteintrittsbarrieren)<br />
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3
Internet ist eine zweiseitige Plattform<br />
Seite 1 : Nutzer, Konsumenten etc<br />
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(vereinfacht)<br />
Seite 2 : Anbieter von Diensten, Anwendungen und<br />
Inhalte<br />
Nutzen auf beiden Seiten<br />
Welche Seite soll wieviel der Netzleistungen zahlen ?<br />
4
Ist irgend etwas Besonderes (anders als woanders) an der<br />
ökonomischen Funktionsweise des Internet ?<br />
Ist irgend etwas Besonderes am Wettbewerb im Internet ?<br />
Gibt es ein besonderes Wettbewerbspolitisches Problem?<br />
Führt es evtl. zu Ineffizienzen?<br />
Führt es evtl. zu anderen, relevanten gesellschaftlichen<br />
Zielverletzungen<br />
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5
Soll der Staat etwas tun?<br />
evtl. Wettbewerbsbehörden, Regulierungsbehörden,<br />
Medienbehörden ?<br />
Oder ist alles US-amerikanische Hysterie?<br />
Madison River Fall<br />
Comcast Fall<br />
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6
Im Kern der Diskussion:<br />
Eingriffe der Netzbetreiber etc. in den Datenverkehr<br />
Sollte der Staat das verbieten / regulieren ?<br />
Unstrittig: Eingriffe der Netzbetreiber oder anderer<br />
Institutionen (incl. Staat) wegen<br />
* inhaltlicher Zensur<br />
* Benachteiligung substitutiver Dienste<br />
sollten verboten sein<br />
und sind es auch. Oder ?<br />
siehe juristische Session<br />
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7
1 Einleitung<br />
Gliederung<br />
2 Engpässe / Überlast im Internet<br />
3 Netzneutralität und ihre Folgen<br />
4 Overprovisioning (Überdimensionierte Kapazität)<br />
5 Volumentarife (Abkehr von Flatrates)<br />
6 Marktliche Priorisierung (Priority Pricing)<br />
7 Netzwerkmanagement<br />
8 Fazit<br />
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8
2<br />
Engpässe / Überlast<br />
im Internet<br />
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9
Eigentliches Kernproblem der „Internet-Politik“:<br />
Umgang mit Überlast (Stau)<br />
Def. Überlast / Kapazitätsengpass :<br />
Die Zahl der an einem Router ankommenden Datenpakete<br />
ist höher als dessen Kapazität (relevante sehr-kurze<br />
Zeitslots in Millisekunden), so dass nicht alle sofort<br />
weitergeleitet werden können.<br />
Zunächst nur kurzfristige Betrachtung<br />
d.h. Kapazität ist vorgegeben<br />
Optimaler Preis vor und nach der Kapazitätsgrenze ?<br />
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10
GK<br />
ME<br />
P Z<br />
P C<br />
P 0<br />
N *<br />
Preis (Flatrates) = GK = 0 ist O.K. (Nicht-Rivalität)<br />
J C<br />
GK > 0 , Preis (Flatrates) = 0 ist nicht O.K.<br />
(partielle Rivalität)<br />
IGK C<br />
MSE C<br />
0 X 3 X C X 7 X 9 X<br />
E C<br />
C 7<br />
IGK C<br />
SDK C<br />
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11
Gründe für Überlast<br />
1. Kapazitätsinduzierte Überlast<br />
durch Katastrophen, techn. Störungen<br />
Beispiel: Seebeben vor Taiwan<br />
2. Nachfrageinduzierte Überlast (hier im Vordergrund)<br />
zufällige Nachfragespitzen (z.T. sehr kurzfristig)<br />
insb. bei daten-intensiven Diensten mit Flatrates<br />
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12
Bei Überlast<br />
erst Zwischenspeicherung (Buffer), dann Datenverlust<br />
Folgen auf der Datenebene:<br />
Datenverzögerung (Delay, Latency)<br />
Jitter (diff. Reihenfolgen und Abstände)<br />
Verlust von Datenpaketen (Loss)<br />
Folgen auf der Anwendungsebene (Diensteebene)<br />
→ Qualitätsminderungen<br />
... allerdings sehr unterschiedlich nach einzelnen Diensten<br />
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13
Spezifikum 1: Sehr-kurzfristige Lastschwankungen<br />
Spezifikum 2: Datenpaket-Menge oberhalb Kapazität<br />
bei längeren Zeitslots (Sekunden, Minuten)<br />
möglich (Buffer, Resending etc)<br />
Folgen auf DP-Ebene : mehr Latency, Jitter, Paketverlust<br />
Folgen auf Dienste-Ebene : Qualitätsminderungen<br />
Aber: Sehr unterschiedlich bei den einzelnen Diensten<br />
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14
(a) Qualitätssensitivität<br />
Relativ gering z.B. bei „elastischen“ Diensten<br />
E-mail, Webbrowsing, Downloads, incl. Filesharing<br />
Hoch bei „inelastischen“ Diensten<br />
insb. interaktive Dienste<br />
z.B. VoIP, IP-TV (Internet-TV), Online-Spiele<br />
viele Business Dienste, E-Health<br />
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15
ei zunehmender Verkehrslast (Datenstau) im Internet ist die<br />
Qualitätsminderung der Dienste sehr unterschiedlich<br />
Bei einigen ist die Qualitätsminderung<br />
hoch<br />
Dies sind oft hochwertige Dienste<br />
(z.B. Interaktive Dienste, VoIP, IP-TV),<br />
P<br />
100<br />
X S<br />
D2<br />
X Z<br />
D1<br />
Daten-Menge<br />
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Bei anderen ist sie<br />
… sehr gering / null<br />
Dies sind oft geringwertige<br />
Dienste mit zum Teil hoher<br />
Datenrate<br />
z.B. Downloads, P2P<br />
Filesharing (Video, Musik)<br />
16
(b) Wirtschaftlicher Wert (staufreien Transports)<br />
Wirtschaftlich hochwertig<br />
* VoIP<br />
* viele Business-Dienste<br />
* E-Health<br />
* IP-TV<br />
Wirtschaftlich geringwertig<br />
* Downloads (ins. P2P)<br />
Zahlungsbereitschaft pro Datenpaket<br />
* Video Streaming, YouTube<br />
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17
insbesondere, weil …<br />
(c) Datenrate (Zahl der Datenpakete) stark differierend<br />
(wichtig, da alle Effekte und Preise pro Datenpaket)<br />
hohe Datenrate<br />
* Download, P2P-Filesharing (Video, Music)<br />
* Video Streaming (YouTube)<br />
geringe Datenrate<br />
* E-mail,<br />
* Web browsing<br />
* VoIP<br />
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18
3<br />
Netzneutralität<br />
und ihre Folgen<br />
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19
Die Verwendung des Begriffs<br />
„Netzneutralität“<br />
suggeriert implizit etwas Positives für die Konsumenten<br />
(und soll es auch).<br />
Dies ist jedoch irreführend,<br />
wenn damit „strikte Netzneutralität“ gemeint ist<br />
<strong>Kruse</strong> Wettbewerb im Internet, Düsseldorf, 20. Juni 2011<br />
20
Definiton vieler Diskutanten :<br />
Netzneutralität bedeutet, dass sämtliche Datenpakete<br />
aller Dienste und Nutzer immer strikt gleich behandelt<br />
werden.<br />
Alle Datenpakete sollen die gleiche Chance haben, sofort<br />
weitergeleitet zu werden.<br />
Dies soll auch dann gelten, wenn bei Überlast die<br />
Kapazitäten im Einzelfall nicht ausreichen, alle<br />
Datenpakete verzögerungsfrei weiterzuleiten.<br />
Diese strikte (oder blinde) Netzneutralität<br />
* führt zur Nicht-Diskriminierung<br />
* jedoch zu ökonomischer Ineffizienz<br />
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21
Alternative Definition von Netzneutralität :<br />
Alle Datenpakete werden gleich behandelt, die den<br />
gleichen Preis für den Transport zahlen,<br />
vorausgesetzt, jeder Nutzer kann nicht-diskriminierend<br />
selbst frei entscheiden, welche Priorität er wählt.<br />
Diese adäquate Definition von Netzneutralität .<br />
* führt ebenfalls zur Nicht-Diskriminierung<br />
* jedoch zu ökonomischer Effizienz<br />
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22
Als Folge<br />
* einer strikten Netzneutralität<br />
* und der Flatrates<br />
erfolgt eine Schädigung / Verdrängung<br />
ökonomisch hoch-wertiger Dienste<br />
durch gering-wertige,<br />
bezeichnet als „Crowding-Out“<br />
Also: Ökonomische Ineffizienz durch<br />
reduzierte/verdrängte hochwertige Dienste<br />
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23
Qualitätssensitivität<br />
D 1<br />
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D 3<br />
sehr gering hoch<br />
Datenrate hoch gering oder hoch<br />
Ökonomischer<br />
Wert<br />
gering hoch<br />
Beispiele: Download, P2P Interactive services,<br />
Filesharing VoIP, IP-TV<br />
(Video, Music) Business Services<br />
YouTube<br />
24
100 Z<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
4<br />
0<br />
Nachfrage D 3<br />
D<br />
20 40 60 80 100<br />
= Hoher ökon. Wert<br />
(z.B. Interaktive Businessdienste, VoIP, IP-TV)<br />
Nachfrage D 1 = Geringer<br />
Wert (z.B. P2P Filesharing)<br />
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25
P D<br />
Zab<br />
4 Z<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
1<br />
2<br />
P W<br />
D 1 Filesharing-Platform<br />
(supported by advertising)<br />
W 1<br />
W 2<br />
Hypothetische Konsumentenrente in T 1<br />
N W<br />
Konsumentenrente der<br />
Werbetreibenden<br />
Filesharing user price (P U = 0)<br />
N11 N12<br />
X1 Y 1<br />
100<br />
N 13<br />
X 2<br />
Y 2<br />
150<br />
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N 14<br />
X 3<br />
Y 3<br />
200<br />
Werbeerlöse der Filesharing-Plattform<br />
(Ad-Preis P W = 1)<br />
26
Zab<br />
D 3 Interaktiver Business-Dienst, VoIP<br />
100 Z<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Z 2<br />
Z 3<br />
N 34<br />
N 35<br />
N 33<br />
N 32<br />
Konsumentenrente N 31 , P B = 20 , in T 1<br />
N 31=N 3*<br />
M 5 M 4 M 3 M 2 M 1<br />
20 40 60 80 100<br />
Nachfrage N 31 , in T 1 (keine Überlast)<br />
D<br />
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Erlös for N 31 , P = 20 in T 1<br />
27
P D<br />
4 Z<br />
3<br />
2<br />
1<br />
0<br />
1<br />
2<br />
P W<br />
D 1 Filesharing-platform (supported by advertising)<br />
W 1<br />
W 2<br />
N W<br />
Dienst<br />
- nicht qualitätssensitiv<br />
- hohe Datenrate<br />
- geringer Wert<br />
T 1 → T 2 → T 3 → T 4 → …<br />
N 11<br />
X 1<br />
Y 1<br />
100<br />
N 12<br />
N 13<br />
X 2<br />
Y 2<br />
150<br />
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N 14<br />
X 3<br />
Y 3<br />
200<br />
…. ansteigender „geringwertiger internet traffic“<br />
N 11 → N 12 → N 13 → N 14 → … → Überlast<br />
28
D 3 Interaktiver Dienst, VoIP<br />
100 Z<br />
80<br />
60<br />
40<br />
20<br />
0<br />
Z 2<br />
Z 3<br />
N 34<br />
N 35<br />
N 33<br />
Qualitätssensitiver, hochwertiger Dienst.<br />
Ergebnis der Überlast<br />
* geringe Qualität → geringe Nachfrage<br />
* geringe Erlöse<br />
* geringe Konsumentenrente<br />
N 32<br />
N 31=N 3*<br />
M 5 M 4 M 3 M 2 M 1<br />
20 40 60 80 100<br />
Schädigung / Verdränung<br />
* hochwertiger Dienste<br />
* durch geringwertige Dienste<br />
Crowding-Out<br />
als Folge der Netzneutralität<br />
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29
4 Lösungsperspektiven:<br />
Kap. 4 Kapazitäts-Overprovisioning<br />
Kap. 5 Volumen-Tarife (Abkehr von Flatrates)<br />
<strong>Kruse</strong> Wettbewerb im Internet, Düsseldorf, 20. Juni 2011<br />
Rationale Priorisierung<br />
Kap. 6 Marktliche Priorisierung : Priority Pricing<br />
Kap. 7 Priorisierung durch Netzwerkmanagement<br />
30
4<br />
Kapazitäts-Overprovisioning<br />
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31
Theoretisch könnte man die Internet-Kapazität immer<br />
weiter erhöhen,<br />
(so dass auch das letzte Video noch in HD-Qualität<br />
zwischen 2 oder mehr Nutzern in Windeseile<br />
ausgetauscht werden kann).<br />
= Overprovisioning, bewusste Überkapazität<br />
Dies wirft die Frage nach der optimalen Kapazität des<br />
Internet auf (langfristige Fragestellung)<br />
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32
LGN(Y)<br />
LN(Y)<br />
LGK(Y)<br />
LN max<br />
LGN(Y)<br />
Optimale<br />
Internet-<br />
Kapazität<br />
Overprovisioning ist<br />
1. Volkswirtschaftlich nicht effizient, da der<br />
Ressourcenaufwand durch den Nutzen nicht<br />
zu rechtfertigen ist.<br />
2. Keine Invest-Anreize der Netzbetreiber, da<br />
diese Investitionen nicht amortisierbar sind<br />
(Fass ohne Boden)<br />
LGK(Y)<br />
0 Y opt Y M Kapazität Y<br />
LN(Y)<br />
„ideales“ Overprovisioning<br />
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33
Overprovisioning<br />
würde dennoch nicht gegen große Netzausfälle<br />
(kapazitätsinduzierte Überlast) helfen,<br />
d.h. man bräucht trotzdem eine Priorisierung<br />
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34
5<br />
Volumen-Tarife<br />
(Abkehr von Flatrates)<br />
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35
Flatrates sind ein Teil des Problems<br />
Ist ihre Abschaffung eine Lösung ?<br />
* Ersetzung durch volumenbasierte Tarife<br />
* Mengen-Caps<br />
vor allem zur Prime Time.<br />
Preis = Grenzkosten = 0 ?? (vor und nach<br />
Kapazitätsgrenze)<br />
Reduziert zwar die Menge (und damit kurzfristig die<br />
Überlast),<br />
aber …..<br />
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36
… es existieren (mindestens) zwei gravierende Gründe,<br />
warum dies in der Praxis nicht optimal ist.<br />
1 Mangelnde Lenkungswirkung der Preise<br />
Spitzenlast-Preise, Prognosefähigkeit<br />
2 Stark unterschiedliche Toleranz für Verzögerung, d.h.<br />
Wartezeit (einige können problemlos warten)<br />
Bei pauschalen Transportpreisen für alle Datenpakete<br />
würde mehr geringwertiger Verkehr (Zab < P C)<br />
eliminiert als ökonomisch effizient (=Ineffizienz).<br />
Latency-Toleranz<br />
Besser: Priorisierung der Datenpakete<br />
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37
GK<br />
ME<br />
P Z<br />
P C<br />
N *<br />
J C<br />
Überlast und Optimale Internet-Nutzung<br />
R 2<br />
Optimale<br />
Internetnutzung ?<br />
X C<br />
0 X 3 X 4 X C X 7 X 9 X<br />
R 1<br />
R 3<br />
E C<br />
Nichtrivalität partielle Rivalität<br />
C 7<br />
IGK C<br />
MSE C<br />
IGK C<br />
SDK C<br />
NQ C<br />
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Alle Dienste mit<br />
Zab < P C pro Paket<br />
würden eliminiert.<br />
38
Rationale Priorisierung<br />
Wenn Zahl der Datenpakete größer ist als die Kapazität<br />
wird immer eine Rationierung vorgenommen.<br />
(Einige Datenpakete müssen warten, andere evtl. nicht).<br />
Auch bei strikter Netzneutralität würde bei Überlast eine<br />
Rationierung vorgenommen werden.<br />
= „Rationierung durch Zufall“<br />
ohne Rücksicht auf Wert einer verzögerungsfreien<br />
Weiterleitung verschiedener Datenpakete.<br />
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39
Problem : Adäquate Priorisierung der Datenpakete.<br />
Aufgabe: Priorisierung möglichst effizient gestalten, d.h.<br />
(a) Datenpakete qualitätssensitiver, höherwertiger Dienste<br />
sofort, und<br />
(b) Datenpakete nicht-qualitätssensitiver, geringerwertiger<br />
Dienste nachrangig.<br />
folgt:<br />
6. Rationale Priorisierung I : Priority Pricing<br />
7. Rationale Priorisierung II : Netzwerkmanagement<br />
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40
6<br />
Marktliche Priorisierung<br />
(Priority Pricing)<br />
<strong>Kruse</strong> Wettbewerb im Internet, Düsseldorf, 20. Juni 2011<br />
41
Priority Pricing = Priorisierung durch den Markt<br />
Priority Pricing<br />
= Preissetzung für das Recht, vorrangig bedient zu werden,<br />
falls Angebotsengpässe bestehen sollten.<br />
* Premium Service (evtl. verschiedene Klassen)<br />
vorrangig<br />
* Best Effort Service (E-mails, Web, Downloads)<br />
evtl. nachrangig (d.h. nur zu Überlast-Zeiten)<br />
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42
Wahl der Anbieter/Nutzer<br />
Premium Service: qualitätssensitive, höherwertige Dienste<br />
* höhere Erlöse der NB durch Premium Service<br />
* geringere Preise für Konsumenten (best effort)<br />
Best-effort-Qualität sinkt nicht<br />
* Wettbewerb<br />
* Best-Effort ist Kundenbasis für Premium Service<br />
* Premium Service erfordert hohe Kapazität<br />
Leerkapazität nutzbar durch Best-effort<br />
<strong>Kruse</strong> Wettbewerb im Internet, Düsseldorf, 20. Juni 2011<br />
43
LMU(Y)<br />
LU(Y)<br />
LMC(Y)<br />
LU max<br />
LU 2<br />
Kapazitätsersparnis<br />
LU 1<br />
Nutzengewinn durch Priorisierung<br />
über alle Lastperioden<br />
bei konstanter Infrastruktur<br />
0 Y 1 Y 2 Y M Capacity Y<br />
LU(Y)<br />
<strong>Kruse</strong> Wettbewerb im Internet, Düsseldorf, 20. Juni 2011<br />
44
7<br />
Netzwerkmanagement<br />
<strong>Kruse</strong> Wettbewerb im Internet, Düsseldorf, 20. Juni 2011<br />
45
Netzwerkmanagement<br />
ist eine diskretionäre Priorisierung durch Netzbetreiber<br />
… im Idealfall so, dass die Datenpakete aller<br />
qualitätssensitiven Dienste im Überlastfall Priorität<br />
erhalten, damit die Dienste gut funktionieren und bei den<br />
Nutzern Akzeptanz finden.<br />
erfolgt schon bei VoIP<br />
Kann funktionieren …<br />
wenngleich second best zu Priority Pricing<br />
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Potentielle Nachteile von nicht-pretialem (diskretionären)<br />
Netzwerkmanagement<br />
* NWM ist grundsätzlich diskriminierend<br />
* Mißbrauch der Priorisierung denkbar,<br />
aber durch Transparenzregeln zu beherrschen<br />
* Es entstehen keine zusätzlichen Erlöse der<br />
Netzbetreiber für Investitionen, Quality of Service,<br />
niedrige Konsumentenpreise<br />
* Gefahr politischer Eingriffe<br />
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47
8<br />
Fazit<br />
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48
Priority-Pricing<br />
(Quality-of-Service-Klassen zu diff. Preisen)<br />
besser als<br />
Nicht-pretiales (diskretionäres), transparentes<br />
Netzwerkmanagement<br />
besser als<br />
Strikte Netzneutralität<br />
besser als<br />
Willkürliche Eingriffsmöglichkeiten<br />
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Wichtig:<br />
* Wettbewerb<br />
* Nicht-Diskriminierung<br />
* Transparenz (Konsumenten-Info)<br />
Das allgemeine Wettbewerbsrecht ist ausreichend<br />
Keine besondere staatliche Regulierung nötig.<br />
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50
Literatur download : http://www.hsu-hh.de/kruse<br />
Brenner, Walter; M. Dous; R. Zarnekow, J. <strong>Kruse</strong> (2007), Qualität im<br />
Internet. Technische und wirtschaftliche Entwicklungsperspektiven,<br />
Studie, Universität St. Gallen, März 2007 (auch in Englisch verfügbar)<br />
<strong>Kruse</strong>, <strong>Jörn</strong> (2008), Internet-Überlast, Netzneutralität und Service-<br />
Qualität, in: Wirtschaftsdienst, Februar 2008, S. 188-194<br />
<strong>Kruse</strong>, <strong>Jörn</strong> (2008), Network Neutrality and Quality of Service, in:<br />
Intereconomics, Review of European Economic Policy, Vol 43, No.<br />
1, January/February, pp. 25-30<br />
<strong>Kruse</strong>, <strong>Jörn</strong> (2009), Crowding-Out bei Überlast im Internet, in: <strong>Kruse</strong>,<br />
<strong>Jörn</strong> und Ralf Dewenter (Hrsg.), Wettbewerbsprobleme im Internet,<br />
Schriftenreihe HFM, Baden-Baden (Nomos Verlag), pp.. 117-140<br />
Fortsetzung →<br />
<strong>Kruse</strong> Wettbewerb im Internet, Düsseldorf, 20. Juni 2011<br />
51
download : http://www.hsu-hh.de/kruse<br />
<strong>Kruse</strong>, J. (2010), Priority and Internet Quality, in: Falch, M. and J.<br />
Markendahl (editors), Promoting New Telecom Infrastructures.<br />
Markets, Policies and Pricing, Cheltenham and Northampton<br />
(Edward Elgar) 2010, pp. 160-174<br />
<strong>Kruse</strong>, <strong>Jörn</strong> (2011), Netzneutralität. Soll die Neutralität des Internet<br />
staatlich reguliert werden? Diskussionspapier (auch in Englisch<br />
verfügbar)<br />
Berger-Kögler, Ulrike and J. <strong>Kruse</strong> (2011), Net Neutrality Regulation of<br />
the Internet ?, erscheint in: International Journal of Management and<br />
Network Economics<br />
<strong>Kruse</strong> Wettbewerb im Internet, Düsseldorf, 20. Juni 2011<br />
52
Danke<br />
für Ihre Aufmerksamkeit<br />
<strong>Kruse</strong> Wettbewerb im Internet, Düsseldorf, 20. Juni 2011<br />
53
Backup<br />
<strong>Kruse</strong> Wettbewerb im Internet, Düsseldorf, 20. Juni 2011<br />
54
Beispielhaftes Klassenkonzept mit vier unterschiedlichen<br />
Qualitätsklassen (aus Brenner/Zarnekow/<strong>Kruse</strong>)<br />
Qualitätsklasse Beispielhafte Dienste Technische QoS-Parameter<br />
Interaktiv Voice Telephony/Conferencing Bandwidth: 16 - 500 Kbps<br />
Video Telephony/Conferencing Delay (one way): 100 - 200 ms<br />
Online-Gaming Jitter: < 30 ms<br />
Interactive TV Feedback Packet Loss: < 1 %<br />
Multimedia Broadcast TV Bandwidth: 384 Kbps - 14 Mbps<br />
Video on Demand Delay (one way): 400 - 1000 ms<br />
Streaming Audio Jitter: < 1000 ms<br />
Internet Radio Packet Loss: < 0,1 %<br />
Voice Messaging<br />
Critical Business Applications Bandwidth: 16 Kbps - 16 Mbps<br />
e.g. SAP, eHealth Delay (one way): 100 - 200 ms<br />
Jitter: < 100 ms<br />
Packet Loss: < 0,1 %<br />
Best Effort E-Mail Bandwidth: up to line rate<br />
Web-Browsing Delay (one way): < 2000 ms<br />
P2P Jitter: n.a.<br />
Internet Downloads Packet Loss: n.a.<br />
<strong>Kruse</strong> Wettbewerb im Internet, Düsseldorf, 20. Juni 2011<br />
55
Qualitätssensitivität<br />
VoIP<br />
e-mail<br />
Online-<br />
Spiele<br />
Webbrowsing<br />
eHealth/<br />
eLearning<br />
<strong>Kruse</strong> Wettbewerb im Internet, Düsseldorf, 20. Juni 2011<br />
.<br />
Interactive TV<br />
Videotelefonie<br />
IPTV<br />
VoD<br />
File Sharing<br />
(Download)<br />
Datenrate<br />
56