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Infoblatt 1/2009, Nr. 52 - Dienststelle für Personen mit Behinderung

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habe man sich angewöhnt, feste<br />

<strong>mit</strong> dem Fuß auf den Parkettboden<br />

zu stampfen, wenn man Sylvains<br />

Aufmerksamkeit wecken möchte<br />

und er z.B. gedankenversunken im<br />

Wohnzimmer spielt: „Er spürt dann<br />

die Vibrationen des Bodens und<br />

schaut zu uns rüber.“ Bestimmte<br />

hohe und tiefe Frequenzen bleiben<br />

manchmal nach einer Cochlea-<br />

Implantation weiterhin unhörbar:<br />

„Ähnlich wie bei der Katze ist das<br />

beim Start eines Flugzeugs. Sylvain<br />

sagt dann, dass er es hört.“<br />

Träger eines Cochlea-Implantats<br />

haben dieselben Schwierigkeiten<br />

wie Träger von herkömmlichen<br />

Hörgeräten: Sprechen mehr als<br />

zwei <strong>Personen</strong> in einem Raum,<br />

dann verstehen sie außer lauten<br />

Nebengeräuschen nichts mehr.<br />

„Aus diesem Grunde nutzt Sylvains<br />

Kindergärtnerin auch ein FM-<br />

System, das vom Unterrichtsministerium<br />

finanziert wurde“, sagt Julie<br />

Souren, Familienbegleiterin der<br />

DPB. Die Kindergärtnerin trägt<br />

während des Unterrichts ein Gerät<br />

in Größe eines MP3-Players um<br />

den Hals. Dieses Gerät überträgt<br />

die Stimme der Kindergärtnerin<br />

auf den Empfänger, den Sylvain an<br />

seinem Hörgerät angeschlossen<br />

hat. So<strong>mit</strong> kann das Kind die<br />

Stimme seiner Kindergärtnerin<br />

sehr gut verstehen – selbst wenn<br />

mehrere Kinder im selben Raum<br />

sprechen.<br />

Dass Sylvain so gut <strong>mit</strong> seinen<br />

Implantaten zurecht kommt, ist<br />

auch ein Verdienst der Fachleute in<br />

Montegnée: „Zweimal pro Woche<br />

fahren wir zum ´Centre audiologique<br />

de Montegnée´. Die Hörgeräte werden<br />

dort regelmäßig überprüft,<br />

nachjustiert und auf Sylvains Bedürfnisse<br />

eingestellt. Sylvain und wir<br />

fühlen uns dort sehr<br />

gut aufgehoben“, sagt<br />

Martina Ehnimb.<br />

„Je früher eine Hörschwäche erkannt<br />

und behandelt wird, umso größer<br />

sind die Chancen, dass sich das Kind<br />

sprachlich gut und normal entwickelt“,<br />

sagt Doris Falkenberg, Leiterin<br />

des Dienstes <strong>für</strong> Kind und Familie<br />

(DKF) im Ministerium der DG.<br />

Die europäische Epidemiologie<br />

zeigt, dass eine permanente Schwerhörigkeit<br />

bei Babys stabil und überall<br />

gleich ist. Sie liegt zwischen 1,2<br />

und 3,14 pro 1000 Geburten. Insofern<br />

ein Erkennen der Hörschwäche<br />

vor dem 6. Lebensmonat erfolgt,<br />

kann <strong>mit</strong>tels Behandlung die<br />

<strong>Behinderung</strong> soweit gemindert<br />

werden, dass die Kinder später ein<br />

nahezu unbeeinträchtigtes Leben<br />

führen können und ihre sprachliche<br />

Entwicklung ganz oder fast<br />

ganz der eines normal hörenden<br />

Kindes entspricht. „Es war uns sehr<br />

wichtig, dass neben Flandern und<br />

der Wallonie auch die DG ein Hörscreening<br />

einführt. Bisher war es so,<br />

dass eine Hörschädigung bei Kindern<br />

oft erst viel später, manchmal erst im<br />

Alter von drei bis fünf Jahren entdeckt<br />

wurde“, erzählt Doris Falkenberg.<br />

Seit Januar 2007 wird das Hörscreening<br />

bei allen Kindern, die in<br />

den beiden Krankenhäusern der<br />

Deutschsprachigen Gemeinschaft<br />

geboren werden, systematisch am<br />

5. Tag nach der Geburt durch die<br />

Hebammen des jeweiligen Kranken-<br />

NEWS & BACKGROUND<br />

Hörscreening macht’s<br />

möglich: Wird die<br />

Hörschädigung<br />

rechtzeitig<br />

erkannt, können<br />

Hilfs<strong>mit</strong>tel wie<br />

Hörgeräte und<br />

Implantate eine<br />

Beeinträchtigung<br />

minimieren<br />

ERKENNEN EINER HÖRSCHÄDIGUNG<br />

Kostenloses Hörscreening vermeidet schwere<br />

Folgeschäden<br />

hauses durchgeführt: „Das hat den<br />

Grund, dass beim Test auf keinen<br />

Fall mehr Fruchtwasser im Gehörgang<br />

sein darf“, erklärt Doris Falkenberg.<br />

Kinder, die außerhalb der<br />

DG geboren werden, werden beim<br />

ersten Hausbesuch durch die DKF-<br />

Beraterin getestet, insofern das<br />

Krankenhaus kein Gehörscreening<br />

vorgenommen hat. Der DKF hat<br />

den Ankauf der Screeninggeräte<br />

finanziell unterstützt. Die Kliniken<br />

und der DKF nutzen die Geräte<br />

nach Absprachen gemeinsam.<br />

Positiv getestete Kinder werden an<br />

einen Hals-Nasen-Ohnen-Arzt weitergeleitet.<br />

Dieser führt eine erweiterte<br />

Diagnose durch. Falls sich der<br />

Verdacht auf eine Hörstörung erhärtet,<br />

leitet der Arzt zwecks vertiefter<br />

Diagnoseverfahren an eine Referenzklinik<br />

(Citadelle in Lüttich oder<br />

Universitätsklinikum Aachen) weiter.<br />

Auch das Kindertherapiezentrum<br />

KITZ (siehe Artikel auf Seite 12)<br />

ist eine Anlaufstelle, um Kinder <strong>mit</strong><br />

Hörschädigung zu begleiten.<br />

Seit 2007 ist bei zwei Kindern eine<br />

Hörauffälligkeit festgestellt worden,<br />

die eine Behandlung erforderlich<br />

machte. Bei einem Kind ist die<br />

Behandlung erfolgreich abgeschlossen,<br />

das zweite Kind ist weiterhin<br />

beim Facharzt in Behandlung. Im<br />

Krankenhaus St.Vith wurden in<br />

2007 258 Kinder getestet, in Eupen<br />

337. Der Test ist kostenlos.<br />

DPB <strong>Infoblatt</strong> <strong>52</strong> | 1-<strong>2009</strong> [ 11

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