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Das Schwerpunktthema

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<strong>Das</strong> <strong>Schwerpunktthema</strong><br />

M O B B I N G<br />

Der Begriff „to mob“ kommt aus dem Englischen und bedeutet: angreifen, anpöbeln. Seit<br />

etwa den 90er Jahren des letzten Jahrhunderts hat sich das daraus abgeleitete Wort „Mobbing“<br />

relativ schnell in Deutschland verbreitet und zwar insbesondere für Probleme am Arbeitsplatz,<br />

obwohl Mobbing natürlich auch in anderen Situationen wie in der Schule auftreten kann. In<br />

diesem Artikel soll es schwerpunktmäßig um den –wie es manchmal auch ausgedrückt wird –<br />

„ Psychoterror am Arbeitsplatz“ gehen.<br />

Mobbing bedeutet das fortgesetzte, systematische Anfeinden, Diskriminieren oder<br />

Schikanieren einer Person durch Kolleg/-innen und/oder Vorgesetzte und Arbeitgeber, meist<br />

mit dem Ziel, diese von ihrem Arbeitsplatz zu vertreiben.<br />

Wichtig sind dabei die Kriterien fortgesetzt und systematisch, denn nicht jede<br />

Konfliktsituation, jede Stichelei am Arbeitsplatz oder auch schlechte Beurteilung durch einen<br />

Vorgesetzten sollte gleich als Mobbing verstanden und bezeichnet werden! In der<br />

Zusammenarbeit mit Kollegen/innen kommt es immer wieder einmal zu Spannungen und<br />

Problemen. Gerade in Zeiten von zunehmender Arbeitsbelastung bleibt das nicht aus.<br />

Überforderung, Zeitdruck, unterschiedliche Auffassungen, vielleicht zusätzlich Konflikte im<br />

familiären Bereich: schon kommt es zu Vorwürfen, Kränkungen, unbedachten und<br />

ungerechten Äußerungen. Wer dann sofort mit dem Vorwurf Mobbing argumentiert, verhärtet<br />

die Auseinandersetzung und löst oft erst gravierendere Probleme aus. Der Begriff des<br />

Mobbing wird durch einen solchen übereilten Gebrauch auch verwässert und in seiner<br />

Bedeutung nicht mehr richtig wahr- und ernst genommen wenn er denn tatsächlich zutrifft.<br />

Fortgesetztes, also längerfristig andauerndes, ständiges und systematisches Tyrannisieren und<br />

Ausgrenzen einer Person am Arbeitsplatz stellt ein sehr ernst zu nehmendes Problem mit oft<br />

weitreichenden Folgen für die Betroffenen dar. Mobbing hat es schon immer gegeben, aber<br />

leider nimmt dieses Problem in unserer Gesellschaft seit etwa 15 Jahren stetig zu. Der<br />

verstärkte Leistungsdruck und steigende Arbeitslosigkeit führen zu vermehrter Konkurrenz,<br />

die manchmal in einen regelrechten Kampf um den Arbeitsplatz oder die Karriere ausartet.<br />

Ein betroffener Mensch hat aus eben diesem Grund auch nur noch sehr begrenzt die<br />

Möglichkeit notfalls die Arbeitsstelle zu wechseln, wenn Probleme überhand nehmen oder die<br />

schlechte Behandlung vom Vorgesetzten/Arbeitgeber ausgeht, wie dies in früheren<br />

Jahrzehnten noch machbar war.<br />

Nach einer Studie der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin werden aktuell<br />

etwa 3 von 100 Beschäftigten gemobbt, das entspricht über einer Million Menschen. Dazu<br />

kommen diejenigen, die in der Vergangenheit betroffen waren, so dass man von einer Zahl<br />

von 11% der Erwerbstätigen sprechen kann, die bereits einmal in ihrem Arbeitsleben Opfer<br />

derartiger Angriffe waren.<br />

Neben dem persönlichen Leid, den oft gravierenden Folgen für die betroffene Person und ihre<br />

Angehörigen ist dies auch ein großes gesellschaftliches Problem. Der volkswirtschaftliche<br />

Schaden durch Arbeitsausfälle, medizinische Behandlungen oder auch Arbeitslosigkeit ist<br />

ganz enorm und wird auf viele Milliarden jährlich geschätzt.


Was sind typische Mobbing-Handlungen ?<br />

• soziale und/oder räumliche Isolation/Kontaktverweigerung: Gespräche verstummen, wenn<br />

das Opfer den Raum betritt, es wird bei Einladungen zur Weihnachtsfeier oder am<br />

Schreibtisch regelmäßig „vergessen“, wenn die anderen z.B. in die Kantine gehen usw.<br />

• ständige Beleidigungen, Beschimpfungen, Verleumdungen, Verbreitung von Gerüchten,<br />

Lächerlichmachen oder sich lustig machen über das Aussehen oder auch eine<br />

Behinderung<br />

• ständige unberechtigte Kritik an der Arbeitsleistung, Sabotage der Arbeitsleistung<br />

(wichtige Dateien oder Unterlagen „verschwinden“)<br />

• Zuweisung von sinnlosen, kränkenden, gesundheitsschädlichen oder ständig besonders<br />

problematischen Aufgaben oder auch starke Unterforderung<br />

• ständige sexuelle Annäherungen, verbale sexuelle Angebote<br />

• Gewaltandrohung in Worten oder schlimmstenfalls Taten<br />

Welche Gründe führen zum Mobbing?<br />

Begünstigend sind oft ein allgemein schlechtes Betriebsklima, starker Druck,<br />

Arbeitsplatzabbau und Führungskräfte, die Probleme mit Mitarbeiterführung haben. Teilweise<br />

wird Mobbing gezielt eingesetzt, um Personalabbau zu betreiben.<br />

Aber auch ohne diese Faktoren kommt es zu Mobbing. Betroffen sind oft durchaus gute,<br />

leistungsstarke Mitarbeiter/-innen, die schlicht Neid auslösen oder als Konkurrenz empfunden<br />

werden.<br />

Auslöser können auch Langeweile oder Frust sein, die ihr Ventil dann in „Spielchen“ mit<br />

einem Kollegen, einer Kollegin finden.<br />

Je länger der Zustand dauert, um so mehr Mitarbeiter/innen machen oftmals mit, man<br />

„schießt“ sich regelrecht auf jemanden ein und verstärkt sich gegenseitig auch in verzerrten<br />

Wahrnehmungen über die Gründe für dieses Handeln. Es gibt meist keinerlei<br />

Schuldbewusstsein auf Seiten der Mobber.<br />

Welche gesundheitlichen Folgen hat Mobbing für die Betroffenen?<br />

<strong>Das</strong>s Mobbing so gravierende Folgen für die Gesundheit hat, liegt oftmals an der<br />

Ausweglosigkeit und Ohnmacht, die gemobbte Menschen empfinden. Sie sehen keine<br />

Möglichkeit, sich zu wehren, alle Versuche werden meist abgeschmettert und mit<br />

Unverständnis und neuen Vorwürfen quittiert oder gar nicht erst angehört. So beginnen die<br />

Opfer an sich selbst zu zweifeln, suchen die Schuld bei sich. Fragen, ob die anderen vielleicht<br />

im Recht sind mit ihren Vorwürfen, ob man der Arbeit nicht gewachsen ist, tauchen immer<br />

häufiger auf.<br />

Unsicherheit, Nervosität und Ängst sind die Folgen, was natürlich auch Auswirkungen auf<br />

das private Umfeld hat und möglicherweise neue Konfliktherde eröffnet, statt ausgleichend zu<br />

wirken.<br />

Nach einiger Zeit kommt es häufig zu Kopfschmerzen, Schlafstörungen, die Betroffenen<br />

werden antriebslos, Konzentration und Leistungsfähigkeit lassen nach. Als Folge wird die<br />

Arbeitsleistung schlechter, es schleichen sich Fehler ein: ein fataler Kreislauf wird in Gang<br />

gesetzt, der Druck ständig erhöht.


Am Ende stehen oft ernsthafte Erkrankungen im Magen/Darmbereich oder auch<br />

Herz/Kreislaufsystem. Nicht selten treten psychische Störungen bis hin zu schweren<br />

Depressionen auf. Langwierige Behandlungen und Krankheitszeiten im schlimmsten Falle<br />

Erwerbsunfähigkeit bis hin zu Frühverrentungen können die Folge sein.<br />

Wer hilft in dieser Situation?<br />

Am Anfang steht meist der Versuch einer persönlichen Konfliktlösung durch Gespräche mit<br />

dem Angreifer/-in. Dies sollte möglichst bereits im Anfangsstadium versucht werden, bevor<br />

sich die Situation zugespitzt und verfestigt hat.<br />

Hilfreich kann es dabei sein, sich Unterstützung zu suchen, z.B. durch unbeteiligte Kollegen.<br />

Manchmal wird diesen erst durch ein Gespräch bewusst, was unterschwellig abläuft und wie<br />

ernst sich die Situation für den Betroffenen darstellt. So kann es vielleicht gelingen,<br />

„Verbündete“ zu gewinnen. Dies führt alleine schon zu einer psychischen Entlastung und<br />

wieder steigendem Selbstwertgefühl, kann mancher Situation die Schärfe nehmen und lässt<br />

viele „Mobber“ vorsichtiger werden. Sollte die Situation weiter eskalieren, können Zeugen<br />

und schriftliche Aufzeichnungen sehr wichtig für die Durchsetzung der eigenen Rechte sein.<br />

Zu einem frühen Zeitpunkt sollte das Gespräch mit dem Vorgesetzten/Arbeitgeber gesucht<br />

werden, dabei kann man sich Unterstützung durch den Betriebs- oder Personalrat holen, auch<br />

eine evtl. im Betrieb vorhandene Sozialberatung oder der Betriebsarzt sind Ansprechpartner.<br />

Auch außerhalb der Arbeitsstelle gibt es eine Vielzahl an möglichen Anlaufstellen: Hausarzt,<br />

Beratungsstellen, Krankenkassen, Gewerkschaften, Rechtsanwälte, spezielle Mobbing-<br />

Beratungsstellen und natürlich Mobbing-Selbsthilfegruppen. Es ist von großer Bedeutung,<br />

sich derartige Hilfe und Unterstützung von verschiedenen Seiten frühzeitig zu holen und nicht<br />

erst mühsam alleine zu versuchen mit allem fertig zu werden. Gespräche mit anderen<br />

entlasten und bieten notwendige seelische Unterstützung. Beides ist unabdingbar für den<br />

Erhalt der eigenen Gesundheit und entspannt manchmal die Situation schon entscheidend. Die<br />

Betroffenen können wieder selbstbewusster und gelassener reagieren. In diesem<br />

Zusammenhang sei auch die Bedeutung der positiven Unterstützung durch die Familie und<br />

die eigenen Bemühungen um Entspannung, Ablenkung und Stressabbau genannt. Dies alles<br />

verhindert, dass die Mobbing-Situation zum alles beherrschenden Faktor im Leben wird.<br />

Die erhaltenen Informationen von hilfreichen Tipps bis zu konkreter Rechtsberatung helfen<br />

bei der Einschätzung der eigenen Situation und geben eine Grundlage für die Entscheidung,<br />

wie man weiter vorgehen kann und will, welche Möglichkeiten der vielleicht noch<br />

rechtzeitigen Intervention man hat oder welche Aussichten eine gerichtliche<br />

Auseinandersetzung bietet.<br />

Viele Dinge müssen bedacht, viele Gespräche geführt werden, es gibt keine schnelle Lösung<br />

und auch Rückschläge müssen eingeplant werden. Je stärker die Rückendeckung und<br />

Unterstützung desto eher gelingt es den Betroffenen diese schwierige Zeit durchzustehen und<br />

mit möglichst heiler Haut aus ihr herauszukommen.<br />

Informationen über bereits bestehende Mobbing-Selbsthilfegruppen oder Beratungsstellen<br />

erhalten Sie über die Selbsthilfe-Kontaktstellen. Diese unterstützen Sie auch beim Aufbau<br />

einer neuen Selbsthilfegruppe.


Sehr informativ ist eine Broschüre, die von der Bundesanstalt für Arbeitsschutz und<br />

Arbeitsmedizin herausgegeben wurde: “Wenn aus Kollegen Feinde werden. Der Ratgeber<br />

zum Umgang mit Mobbing.“ Die Broschüre kann kostenlos unter Tel.:0231/9071-306<br />

bestellt werden. Sie ist allerdings trotz Nachdruck meist vergriffen und daher nicht immer<br />

vorrätig, aber auch als PDF-Datei unter www.baua.de zu finden.<br />

Ebenfalls hilfreich und mit vielen Informationen gefüllt ist die Internetadresse<br />

www.mobbing-web.de . Auf dieser Seite finden Sie unter anderem auch einen direkten<br />

Link zur oben genannten Broschüre.<br />

(Beide Quellen wurden bei der Erstellung des Artikels herangezogen.)<br />

Christel Schmahl-Ruhz<br />

DRK-Landesverband S-H e. V.<br />

Mobbing-Selbsthilfegruppe im Kreis Dithmarschen<br />

Seit November 2002 gibt es in Heide wieder eine Selbsthilfegruppe für Mobbing-Betroffene.<br />

Menschen aus den unterschiedlichsten Berufen und Bereichen treffen sich unter fachkundiger<br />

Begleitung und erfahren hier eine Stärkung ihrer eigenen Situation. Die Gruppe ist<br />

grundsätzlich offen für jeden, es sollte aber vorher eine persönliche Beratung stattgefunden<br />

haben.<br />

Die persönliche Beratung führt der Kirchliche Dienst in der Arbeitswelt (KDA) in Heide<br />

durch. Ansprechpartner ist Diakon Jochen Papke, Markt 27 in Heide, Telefon 0481/689175.<br />

Die Mobbing-Selbsthilfegruppe in Heide trifft sich an jedem dritten Dienstag des Monats von<br />

19.00 bis 21.00 Uhr im Haus des DRK-Kreisverbandes Dithmarschen, Hamburger Str. 73.<br />

Jochen Papke, Heide


Selbsthilfegruppe für Mobbing-Opfer in Neumünster<br />

Erstes Treffen der Gruppe war bereits am 2. Juni 1994 in den Räumen des DRK Neumünster,<br />

mit der Zielsetzung, den Betroffenen ein Forum zum Erfahrungsaustausch zu bieten und<br />

gemeinsame Strategien zu entwickeln, wie dem Psychoterror am Arbeitsplatz zu begegnen ist.<br />

Wir wollen moralisch unterstützen, den Betroffenen ihre Würde, die den meisten genommen<br />

wurde wieder zurückgeben, ihnen ein schützendes Dach bieten, ihre Kräfte bündeln für die<br />

eigene Abwehr.<br />

Der Anlass, die Gruppe zu gründen ist entstanden aus meinem persönlichen Erlebnis.<br />

Ich war 21 Jahre bei einem privaten Wohnungsunternehmen beschäftigt. 17 Jahre waren mit<br />

allen Höhen und Tiefen versehen – wie in jedem Berufsleben zu finden.<br />

Dann kam der Junior-Chef und alles änderte sich schlagartig. Vier Jahre musste ich die<br />

schlimmsten Schikane-Attacken meines Vorgesetzten ertragen. Vollkommen psychisch<br />

geschädigt, verzweifelt, krank, von Selbstmordgedanken gepeinigt, wurde ich arbeitsunfähig<br />

und prompt kam meine fristlose Kündigung. Nach demütigendem Arbeitsprozess verlor ich<br />

jegliche Hoffnung, ein normales Leben wieder aufnehmen zu können. Dank der Hilfe meiner<br />

Familie und Freunde bin ich aus diesem Loch wieder herausgekommen und habe die Kraft<br />

gefunden, anderen zu helfen.<br />

Inzwischen gibt mir der Erfolg recht, den richtigen Weg zu gehen. Der enorme Zulauf zeigt,<br />

wie weit verbreitet der Psychoterror am Arbeitsplatz ist. Wir schreiben an Arbeitgeber, bitten<br />

um ein Schlichtungsgespräch, begleiten unsere Schützlinge zu den Gerichtsverhandlungen.<br />

Können inzwischen als positives Ergebnis aussagen, dass wir bei rund 60 Prozent unserer<br />

Mitglieder eine psychische Stabilisierung erreichen. Sie kommen mit der Situation besser<br />

zurecht und können im Betrieb bleiben.<br />

Wir sind dabei, eine Mobbing-Beratungsstelle für Schleswig-Holstein aufzubauen.<br />

Mobbingvorgänge stellen nicht nur ein gravierendes Problem dar, sie verursachen auch<br />

enorme Kosten für Wirtschaft, soziale Sicherungssysteme und Staat. Die Folgekosten von<br />

Krankheit, Rehabilitation, Frühverrentung bzw. –pensionierung usw. werden von mit<br />

Mobbing befassten Fachleuten aus Medizin, Wirtschaft, Psychologie, Soziologie, Pädagogik<br />

u. a. auf zweistellige Milliardenbeträge geschätzt. Jeder 5. Selbstmord – so die Studien des<br />

TÜV-Rheinland – findet sein Motiv für den Suizid im Mobbing.<br />

Die Gruppe trifft sich zur Zeit unregelmäßig. Bei Interesse bitte Näheres über die ZKS<br />

(Zentrale Kontaktstelle für Selbsthilfe) erfragen (04321/4191-19).

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