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ensuite<br />

Nr. 51 März 2007 | 5. Jahrgang<br />

k u l t u r m a g a z i n<br />

Wenn die letzte<br />

Hoffnung zerbricht Seite 4<br />

Die 3. Kulturstrategie und die Kritik<br />

Festival Ouest-Est Seite 12<br />

Endlich Kultur in der Hauptstadt<br />

Global Jazz City Seite 17<br />

Viktoria Tolstoy und Joe Zawinul in Bern<br />

Auftakt Literaare:<br />

M<strong>art</strong>in Walser Seite 86<br />

Von Gefühlsidioten, lebenslang


Ensemble Paul Klee – Fokus IV «Warhol»<br />

So, 18. März 2007, 14 Uhr Film, 16 Uhr Konzert<br />

Auditorium, Zentrum Paul Klee, Bern.<br />

Mit Dégustation Soupe Campbell.<br />

A) 14 Uhr, Andy Warhol (1928-1987): «Empire» (1965), Stummfilm<br />

B) 16 Uhr, Konzert Teil I: Werke von Steve Reich, Lou Reed, John Cale<br />

C) 17.15 Uhr, Pause mit Dégustation «What’s for dinner tonight?»<br />

D) 18 Uhr, Konzert Teil II: «Westen» Werke von<br />

Mauricio Kagel<br />

<br />

<br />

www.zpk.org<br />

Oscar Wiggli<br />

Körper – Raum – Klang<br />

Eine Werkübersicht<br />

Im Kunstmuseum Bern und im Zentrum Paul Klee<br />

bis 13. Mai 2007<br />

Chinafenster<br />

Ji Dachun, Liu Ye<br />

bis 1. April 2007<br />

Im Graphischen Kabinett<br />

Louise Bourgeois – Fugue<br />

bis 8. April 2007<br />

Kunstmuseum Bern<br />

Hodlerstrasse 8–12 | 3000 Bern 7 | T 031 328 09 44<br />

www.kunstmuseumbern.ch | info@kunstmuseumbern.ch<br />

Öffnungszeiten: Di 10-21h | Mi-So 10-17h<br />

Spitalgasse 4 / 3. UG / CH-3011 Bern<br />

Vorverkauf 031 311 61 00<br />

Mo.- Fr. 16.00 -19.30 Sa . 14.30 - 16.30 Uhr<br />

www.theater-am-kaefi gturm.ch<br />

«SEXSWISSWELL»<br />

1. Schweizer Doppelbettkongress<br />

Lachen kann Ihre Gesundheit fördern. «Sexswisswell» ist<br />

für Singles und Longplayers, Entfesselte, Verletzte,<br />

Aphrodisierte und Aufschnaubende. Sinnlich, verrückt,<br />

erotisch, entrückt. Soloprogramm mit Rosetta Lopardo,<br />

bekannt aus dem Komikerduo Fatal Dö.<br />

1. bis 3. März, jeweils 20 Uhr<br />

«WÄR RASCHTET – ROSCHTET»<br />

Lustspiel in drei Akten von Elsa Bergmann.<br />

Theater (nicht nur) für Senioren von 25 - 99.<br />

«WILLKOMMEN AN BORD»<br />

Ein weiteres Mund<strong>art</strong>stück derselben Schweizer Autorin<br />

Elsa Bergamann.<br />

7. und 10. März um 14.30 und 16.00 Uhr /<br />

Doppelvorstellungen<br />

«CABARET DUO – DIVERTIMENTO»<br />

Wegen grosser Nachfrage Zusatzvorstellungen<br />

Inzwischen ist das Schweizer Trend-Cabaretduo nominiert<br />

für den Prix Walo 2007. Erfrsichend - witzig - schräg und<br />

Jung! Ein Cabaret mit grosser Zukunft.<br />

13. bis 15. März, jeweils 20 Uhr<br />

«SWISS TENORS»<br />

Mit dem neuen Erfolgsprogramm «Granata»<br />

Ein prickelndes Feuerwerk zwischen Arie, Schlager und<br />

Musical. Die drei von der Gesangsstelle sind Tenöre der<br />

Spitzenklasse, welche keinen Humor haben wollen und wohl<br />

gerade deshalb so unterhaltend sind.<br />

16. und 17. März, jeweils 20 Uhr


impressum<br />

Herausgeber: Verein WE ARE, Bern Redaktion: Lukas Vogelsang<br />

(vl); Stephan Fuchs (sf); Anna Vershinova (av) // Claudia Badertscher<br />

(cb), Andrea Baumann (ab), Peter J. Betts (pjb), Jean-Luc<br />

Froidevaux (jlf), Till Hillbrecht (th), Michael Imoberdorf (mi), Sonja<br />

Koller (sk), Andy Limacher (al), Belinda Meier (bm), Monique<br />

Meyer (mm), Eva Mollet (ev), Magdalena Nadolska (man), M<strong>art</strong>a<br />

Nawrocka (mn), Eva Pfi rter (ep), Nicolas Richard (nr), Caroline<br />

Ritz (cr), Benedikt S<strong>art</strong>orius (bs), Monika Schäfer (ms), Anne-<br />

Sophie Scholl (ass), Karl Schüpbach (ks), Sarah Stähli (ss), Tabea<br />

Steiner (ts), Kathrina von W<strong>art</strong>burg (kvw), Simone Wahli (sw),<br />

Sonja Wenger (sjw) C<strong>art</strong>oon: Bruno Fauser, Bern; Telefon 031 312<br />

64 76 Kulturagenda: kulturagenda.ch; ensuite - kulturmagazin,<br />

Bewegungsmelder AG, allevents, Biel; Abteilung für Kulturelles<br />

Biel, Abteilung für Kulturelles Thun, interwerk gmbh. Korrektorat:<br />

Monique Meyer (mm)<br />

Abonnemente: 58 Franken für ein Jahr / 11 Ausgaben. Abodienst:<br />

031 318 60 50<br />

ensuite – kulturmagazin erscheint monatlich. Aufl age: 10‘000<br />

Anzeigenverkauf: anzeigen@ensuite.ch Layout: interwerk gmbh:<br />

Lukas Vogelsang Produktion & Druckvorstufe: interwerk gmbh,<br />

Bern Druck: Fischer AG für Data und Print Vertrieb: Gratisaufl age<br />

an 350 Orten im Kanton Bern; passive attack, Telefon 031 398<br />

38 66 Web: interwerk gmbh<br />

Hinweise für redaktionelle Themen (nicht Agendaeinträge!)<br />

erwünscht bis zum 11. des Vormonates. Über die Publikation<br />

entscheidet die Redaktion. Bildmaterial digital oder im Original<br />

beilegen.<br />

Agendahinweise bis spätestens am 18. des Vormonates. Redaktionsschluss<br />

der Ausgabe ist jeweils am 18. des Vormonates.<br />

(siehe auch www.ensuite.ch - menü: veranstalter)<br />

Die Redaktion ensuite - kulturmagazin ist politisch, wirtschaftlich<br />

und ethisch unabhängig und selbständig. Die Texte repräsentieren<br />

die Meinungen der Autoren/innen, nicht jene der Redaktion.<br />

Copyrights für alle Informationen und Bilder liegen beim Verein<br />

WE ARE in Bern und der edition ■ ensuite.<br />

Redaktionsadresse:<br />

Bild Titelseite und rechts:<br />

Jazz Classics Bern: Viktoria Tolstoy<br />

Freitag, 23. März 2007 im<br />

Theater National Bern<br />

Fotos: zVg.<br />

ensuite – kulturmagazin<br />

Sandrainstrasse 3<br />

3007 Bern<br />

Telefon 031 318 6050<br />

mail: redaktion@ensuite.ch<br />

www.ensuite.ch<br />

Eigentlich, eigentlich...<br />

■ Das dritte Kulturkonzept liegt vor. In drei Jahren<br />

wurden drei Konzepte geschrieben für die<br />

Jahre 2008 – 2011, also für nur vier Jahre Berner<br />

Kultur. Welch ein Aufwand. Schlussendlich hat dieses<br />

Konzept nur den einen Nutzen: Den Politikern<br />

zu erklären, wo das Geld hinfl iessen soll. Mit Kunst<br />

oder Kultur hat das alles nichts zu tun, denn darüber<br />

wird nicht debattiert. Für das Publikum und<br />

die KünstlerInnen ändert sich mit einem neuen<br />

Konzept also wenig. Denn wenn kein Geld vorhanden<br />

ist, so wird eine Institution oder KünstlerIn ein<br />

Projekt nicht durchführen oder man sucht sich seine<br />

eigene Finanzierungsmöglichkeit. Die Besucher<br />

werden, wenn eine Veranstaltung nicht stattfi ndet,<br />

eine andere Stadt oder einfach eine andere Veranstaltung<br />

besuchen. Das ist wie das Schaf auf der<br />

Weide, wenn’s kein Gras mehr hat, sucht es sich<br />

einen anderen Ort. Politisch kann ein Konzept nur<br />

Türen öffnen oder schliessen – nicht aber zusperren.<br />

Der kulturelle Inhalt ist weit weg davon. Und<br />

somit geht’s in der Kulturstrategie um Steuergeld<br />

und um die Verteilung davon. Und es ist verständlich,<br />

dass wenn es «gratis» Geld gibt, ein Gerangel<br />

herrscht. Von der politischen, wie von der kulturellen<br />

Seite. Mehr zum neuen Kulturkonzept, mit einigen<br />

interessanten Beobachtungen, gibt’s in dieser<br />

Ausgabe.<br />

Trotzdem, es klingt für mich alles wie die Service-Public–Diskussion<br />

der Fernsehstationen vor<br />

ein paar Jahren. Was an Kultur und an Kunst wirklich<br />

wertvoll ist, das haben wir schon längst vergessen<br />

oder winken gelangweilt ab. Bern ist wieder<br />

eine riesige kulturelle Baustelle geworden. Und mit<br />

dem Frühling erwachen in den Menschen die Neandertalerhormone<br />

und das Schneeglöckchen steckt<br />

sein Köpfchen wegen eines Lastwagenpneus japsend<br />

in den Boden zurück.<br />

Lukas Vogelsang<br />

INHALT<br />

KULTUR & GESELLSCHAFT<br />

wenn das joch die zukunft prägt 4 | das kornhausforum<br />

stellt sich selber vor 5 | 10. märz - tag der<br />

chinesischen schande 11 | «es geht nicht darum,<br />

wer in der schweiz ja stimmt und wer nein.» 12<br />

| die ceos blicken alle 29<br />

LITERATUR<br />

urs augstburger, thomas lang, rory stew<strong>art</strong> 9 | literaturfestival<br />

literaare: gefühlsidioten, lebenslang<br />

86<br />

BÜHNE<br />

kabarett lebt 7 | ausblick bühne 7 | filosofenecke 8 |<br />

zwei fäuste für eine inszenierung 8<br />

KINO / FILM<br />

wir basteln uns eine komödie 23 | «sind filme<br />

wichtiger als das leben?» 23 | fi lmkritik 24 | la<br />

môme - la vie en rose 24 | notes on a scandal 25 |<br />

das andere kino 26<br />

MUSIK<br />

vom staunen 14 | der füssli-zyklus 15 | jazz mit<br />

heissem atem 17 | jazz in bern 17 | zwei feen auf<br />

besuch in bern 18 | verfrühtes frühlingserwachen<br />

mit cibelle 19 | spotlight 19 | «coca-cola schmeckt<br />

nun mal besser als rivella» 20 | «am anfang war<br />

das wort, aber davor wurde gehustet» 21 | das<br />

spiel mit den etiketten 22<br />

LIFESTYLE<br />

insomnia 21 | clubbing: phönix aus dem wasser 33<br />

| stadt und land: «wohl um den glauben sein / da<br />

hat man ihn gefangen h<strong>art</strong>...» 34 | reiseziel hotel:<br />

einfach ins easyhotel basel 35<br />

DIVERSES<br />

stadtläufer 15 | digitalkultur 22 | tratschundlaber<br />

25 | leserbriefe 30 | von menschen und medien /<br />

fauser c<strong>art</strong>oon 31 | berner kulturmenschen: kreativ<br />

in berlin und anderswo 32<br />

KULTUR-PUBLIREPORTAGE<br />

indian music festival 57 | museumsnacht 07 63 |<br />

selbst die traurigsten geschichten machen nicht<br />

traurig, sondern tun einfach angenehm weh 66 |<br />

18.3.2007: hommage à warhol - konzert, film und<br />

campell soup 69<br />

KULTURAGENDA<br />

kulturagenda bern 53 | biel 82 | thun 87<br />

Kunstbeilage:<br />

Neu mit mehr inhaltlichen Seiten:<br />

<strong>art</strong>ensuite ab Seite 37<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07 3


fokus<br />

KULTUR & GESELLSCHAFT<br />

wenn das joch die zukunft prägt<br />

Von Lukas Vogelsang – Die obligate, polemische Kritik zum dritten Kulturkonzept der Stadt Bern<br />

■ In einem Interview in der «Weltwoche» (Ausgabe<br />

Nummer 6 / 2007) mit Michael Schindhelm, ehemaliger<br />

Intendant des Theaters Basel, äusserte sich<br />

dieser mit der Aussage: «Wir haben viel Kultur, weil<br />

wir dafür viel Geld ausgeben, in Form von Steuern.<br />

Das ist nicht nur gut, sondern auch bedenklich. Man<br />

kann sich fragen, ob man das Geld der Kultur gibt,<br />

weil man ein schlechtes Gewissen oder weil man<br />

ein Interesse daran hat. Man ärgert sich zwar über<br />

diese Subventionsempfänger, aber gleichzeitig will<br />

ja auch niemand fordern, die Subventionen ganz zu<br />

streichen.» Ein denkwürdiges Statement. Die neuste<br />

Kulturstrategie aus der Abteilung Kulturelles bietet<br />

diesbezüglich viel Diskussionsfl äche. Mutig, so wie<br />

sie Alexander Tschäppät an der Pressekonferenz<br />

vom 20. Februar dargestellt hatte, ist sie allerdings<br />

nicht. Am auffallendsten ist sicher, dass das Kornhausforum<br />

kein Geld mehr erhalten und ab 2008<br />

deswegen leer stehen soll (sprich, die Miet-Forderungen<br />

würden sich einfach in ein anderes Kässeli<br />

verlagern…). Die Stadtgalerie, welche auch nicht<br />

mehr fi nanziert würde, ist jetzt zumindest dem<br />

PROGR angeschlossen und kann sich über andere<br />

Gelder und ein neues Konzept (Artists in residence)<br />

fi nanzieren. Doch eine Institution wie das Kornhaus<br />

zu schliessen, ist kurzsichtig – schon nur wenn man<br />

bedenkt, dass es nicht klar ist, was ab 2009 mit dem<br />

PROGR und seinen Bühnen geschehen wird.<br />

Nach den utopischen Forderungen von fast neun<br />

Millionen Franken mehr Kulturgeld kam es innerhalb<br />

von fünf Monaten zum Verlust einer ganzen Million<br />

für die Berner Kulturszene. Dabei war bereits vor<br />

letztem Sommer klar, dass die Stadt nicht mehr Geld<br />

für die Kultur zur Verfügung stellen kann, ausser<br />

den vertraglich gesicherten 3,35 Millionen für die<br />

fünf grossen Kulturinstitutionen (1,35 Millionen) und<br />

den zwei Millionen für die kulturellen Institutionen<br />

und Organisationen. An einem BeKult-Gespräch mit<br />

Alexander Tschäppät und Christoph Reichenau im<br />

ONO-Keller erörterte dies Tschäppät bereits. Doch<br />

es blieb anscheinend ungehört.<br />

Es ist nichts entschieden Bis zum 12. März<br />

ist noch nichts entschieden, denn weder der Gemeinderat<br />

noch der Stadtrat haben eine offi zielle<br />

Entscheidung getroffen, ob das Kornhaus geschlossen<br />

werden soll. Es ist erst ein Vorschlag, und der<br />

kommt aus dem ersten und zweiten ‹Runden Tisch›<br />

der Vertretungen der Stadtratsfraktionen und dem<br />

Gemeinderat, welche ein Sparpaket «zur Diskussion»<br />

vorgestellt hatten – ein kleines, aber brisantes<br />

Detail. Eine Verabschiedung des Geschäftes<br />

hat also noch nicht stattgefunden. Und noch vor<br />

4<br />

Weihnachten versprach die Abteilung Kulturelles,<br />

für das Kornhaus Lösungen zu suchen, doch nach<br />

dem zweiten ‹Runden Tisch› vom 17. Januar und in<br />

einem Artikel vom «Bund» (vom 17. Januar!) war<br />

plötzlich die Rede davon, dass Christoph Reichenau<br />

und Alexander Tschäppät diejenigen waren, welche<br />

das Kornhaus über die Klippe stossen. Komisch.<br />

Im Gespräch mit Stadtrat Simon Glauser (SVP)<br />

und Stadtrat Christoph Berger (SP) wurde es deutlicher:<br />

Beide Stadträte haben in der Stadtratskommission<br />

für Soziales, Bildung und Kultur am 19. Februar<br />

die neuste Kulturstrategie zurückgewiesen<br />

und eine zweite, vorabklärende Sitzung verlangt.<br />

Die SVP ist dabei genauso gegen eine Schliessung<br />

des Kornhauses, wie die SP – ein klares Signal. Was<br />

aber für beide Fraktionen gilt, ist der Fakt, dass die<br />

Stadt für das Kornhaus nicht Extra-Geld aufwerfen<br />

kann, dieses also durch eine Umverteilung Gelder zu<br />

retten sei. Der Vorschlag allerdings, dass das Kornhausforum<br />

mit weniger Subvention auskommen<br />

soll, stösst im Kornhausforum selber vorerst auf<br />

wenig Gegenliebe. Störend ist auch, dass die Abteilung<br />

Kulturelles keine Alternative für die bisherige<br />

Forumplattform aufgezeigt hat. Das ist strategisch<br />

sehr ungeschickt. Erstaunt ist man erst recht über<br />

die Taktik, wenn man sich kurz an den Vorfall des<br />

museums franz gertsch erinnert. Nach dem Eklat<br />

dort im letzten November wurden grosse Worte in<br />

Diskussionsrunden gesprochen - doch gelernt hat<br />

man anscheinend nichts.<br />

Spätestens jetzt stellt sich die Frage, ob eine<br />

mögliche Finanzspritze von den fünf Grossen helfen<br />

könnte: Kunstmuseum, Zentrum Paul Klee, Bernisches<br />

Historisches Museum, Berner Symphonie-Orchester<br />

und Stadttheater - bei diesen Institutionen<br />

könnte man irgendwo sparen, schliesslich baut fast<br />

jede dieser Institutionen irgendwo einen Anbau -<br />

ob alles gleichzeitig umgesetzt werden muss? Hier<br />

muss man allerdings die Funktion der RKK (Regionale<br />

Kulturkonferenz) in der Städtischen Kulturförderung<br />

sehen und verstehen. Es ist nicht leicht,<br />

Geld von den grossen Institutionen zur Rettung<br />

des Kornhauses abzuzweigen, denn die Agglomerationsgemeinden<br />

haben vertraglich ein Budget<br />

gesprochen, zu vorgegebenen Budgetzahlen dieser<br />

Häuser – diese Verträge wieder aufzubrechen,<br />

wäre ein Alptraum für die gesamte Stadt, Region<br />

und Kanton. Doch das ist keine Entschuldigung und<br />

zeigt höchstens Planungs- und Konzeptfehler auf.<br />

Klar ist, dass diese Kulturstrategie von der Abteilung<br />

Kulturelles viel zu spät erfasst und verstanden<br />

wurde. Entstanden ist ein Flickwerk und das Opfer<br />

in Form des Kornhausforums ist zu gross. Das Kornhausforum<br />

hat immerhin eine nationale Ausstrahlung,<br />

was die wenigsten mittleren Institutionen<br />

von sich behaupten können - und die Eliminierung<br />

davon als mutig zu bezeichnen, ist ein schlechtes<br />

Verkaufsargument.<br />

Zum dritten Mal Bei der dritten Fassung der<br />

Kulturstrategie 2008 – 2011, welche in vielen Bereichen<br />

wieder frisch geschrieben wurde, erstaunt<br />

deshalb, dass ein neues Kapitel «7.4 Weshalb keine<br />

Finanzierung des Kornhausforums ab 2008?» bereits<br />

eingefügt ist. Übel wird es dann mit der Erklärung:<br />

«Ein Einschnitt dieser Art tut weh. Er trifft die<br />

Angestellten h<strong>art</strong>. Und er bedeutet einen Verlust<br />

für die Berner Kulturlandschaft, da jede Institution<br />

mit ihrem Angebot zur hohen Lebensqualität in der<br />

Stadt beiträgt. Der Gemeinderat trifft diese schwierige<br />

Entscheidung, um grösseren Schaden für eine<br />

Vielzahl kultureller Einrichtungen zu verhindern<br />

(…).» Hier wird wieder klar eine Entscheidung des<br />

Gemeinderates vorgezogen, die noch gar nicht gefällt<br />

ist.<br />

Bundesgeld Der Bundesbeitrag von 960‘000<br />

Franken wird zu 75 Prozent für die fünf grössten<br />

Institutionen eingesetzt, die ihrerseits 75 Prozent<br />

des städtischen Kulturbudgets beanspruchen. Eine<br />

öffentliche Rettung von aussen ist also nicht möglich<br />

– solange die Abteilung Kulturelles nicht den<br />

wirklich mutigen Schritt unternimmt, diese fantastischen<br />

fünf Grossen ein wenig zu beuteln. Das Stadttheater<br />

zum Beispiel muss bis Ende 2007 ein neues<br />

Konzept vorlegen. Die Finanzierung dieses Konzeptes<br />

wurde aber mit 40‘000 Franken dem Budget<br />

2006 der Abteilung Kulturelles angerechnet – anzunehmen,<br />

dass 2007 noch mehr Geld fl iesst. Es ist<br />

eine merkwürdige Praxis.<br />

Fragwürdiger Kurs Die Idee und der Slogan<br />

der Stadt «Mit den erhöhten Kulturmitteln den<br />

fünf grossen und den kleineren Institutionen eine<br />

sichere Grundfi nanzierung bieten und Entwicklung<br />

ermöglichen» scheinen sich zu einseitig für die<br />

Grossen entschieden zu haben. Es riecht förmlich<br />

nach Denkmalpfl ege - schon nur, wenn Tschäppät<br />

über das Buskers-Festival schwärmt (dieses erhält<br />

neu 100‘000 Franken). Viele weitere Vorschläge zur<br />

Förderung der Kultur sind fraglich, so zum Beispiel<br />

das «Tanzbüro» welches mit 200‘000 Franken jeden<br />

Rekord bricht. Wir haben in Bern und im Kanton<br />

gleich mehrere Tanzorganisationen, die sich sehr<br />

gut selbst organisiert haben. Ebenfalls unschön ist<br />

die Finanzierungslösung der Jazzveranstalter in<br />

Bern, die sich nach eifrigen Diskussionen nicht eini-<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07


gen konnten (BeJazz und bee-fl at). Schlussendlich<br />

hat’s eine unfaire Verteilung gegeben und gestraft<br />

werden vor allem die lokalen und regionalen Jazzmusiker.<br />

Dass aber die Pop-/Rockmusik neu mit<br />

100‘000 Franken gefördert werden soll, ist zwar<br />

toll, aber im Konzept fehlt jegliche Grundlage oder<br />

Erklärung, wohin dieses Geld fl iessen wird. Denn<br />

hier gibt es im Gegensatz zu anderen Sp<strong>art</strong>en keine<br />

wirklich aktive Organisationsstruktur. Und die Musikkommission<br />

wird mit drei Musiksp<strong>art</strong>en überfordert<br />

sein.<br />

Und jetzt? Die neue Kulturstrategie ist zu sehr<br />

auf Institutionen fokussiert. Kunst und Kultur werden<br />

politisch nur als Ereignis, als Event gesehen - es<br />

gibt den einzelnen Künstler nicht mehr. Der erste<br />

Schritt zu einer kulturellen Bratwurststadt ist damit<br />

gelegt. Das künstlerische Schaffen in Bern ist aber<br />

um vieles wichtiger als die Institutionalisierung davon.<br />

Durch die Zusammenarbeitklausel, zu welchen<br />

sich die Institutionen verpfl ichten müssen, wird zudem<br />

der Kultur ein Joch hingestellt – von Freiheit ist<br />

hier keine Rede mehr, das ist pure Beamtenkultur.<br />

Entscheidungen werden über Geld und die Politik,<br />

nicht aber durch die Kulturverantwortlichen und<br />

-schaffenden gefällt. Das zeigt schön das Beispiel<br />

mit BeJazz: Sie erhalten ab 2008 keine Geld mehr<br />

für die Konzerte (ausser Festivals), organisieren<br />

aber die SwissJazzSchool und die Berner Szene,<br />

während bee-fl at für ihre Konzerte mit allen nationalen<br />

und ausländischen Musikern subventioniert<br />

wird. Da lohnt es sich als Berner Musiker mit Tanzen<br />

zu beginnen und über den überdimensionalen<br />

Förderbeitrag des Berner Tanzes die Gage abzuholen...<br />

Was Bern schon lange bräuchte und was uns<br />

andere Städte weit voraus sind, ist eine Organisation<br />

für kulturelle Institutionen, welche genau die<br />

fehlende Kommunikationsbrücke zur öffentlichen<br />

Hand bilden würde. Der einzige Versuch in diese<br />

Richtung war «Bekult» - und genau dieser wurde<br />

jetzt mit dem Kornhausforum abgewürgt. Ein<br />

schlechtes Spiel.<br />

Zum Schluss hinterlässt die Tatsache, dass der<br />

verantwortliche Kultursekretär, Christoph Reichenau,<br />

die Umsetzung dieser Kulturstrategie nur noch<br />

am Rande mitbekommen wird, einen fahlen Nachgeschmack.<br />

2008 will er sich frühzeitig pensionieren<br />

lassen und seine Nachfolge, die Kulturschaffenden<br />

und die Institutionen müssen sich bis 2011 mit dieser<br />

Strategie herumschlagen. Manchmal holt einen die<br />

Vergangenheit wieder ein. Wir sollten schon jetzt<br />

mit der übernächsten Strategie beginnen.<br />

das kornhausforum<br />

stellt sich selber vor<br />

■ Das Kornhausforum wurde im November 1998<br />

eröffnet. Auf diesen Zeitpunkt wurde das alte Kornhaus,<br />

einstiges Lager- und Handelshaus, für<br />

knapp 15 Millionen Franken saniert und umgebaut.<br />

Die Stimmbürgerinnen und Stimmbürger hatten die<br />

vielfältige, öffentliche Nutzung gutgeheissen und<br />

die Stadt schuf mit dem Einzug der Bibliotheken,<br />

Restaurant und Café und der Gründung des Kornhausforums<br />

ein Haus für Medien und Gestaltung, das<br />

schnell zu einem lebendigen Treffpunkt im Herzen<br />

der Stadt geworden ist. Viele hundert Menschen gehen<br />

hier jeden Tag ein und aus. Das Kornhausforum<br />

erreicht mit seiner Präsenz und seinem Programm<br />

neben den an spezifi schen Themen interessierten<br />

Leuten ein vielschichtiges Publikum – Passantinnen<br />

und Passanten, Bibliotheksbesucherinnen und<br />

Besucher, Familien mit Kindern, Jugendliche ebenso<br />

wie Geschäftleute fi nden den Weg ins Forum. Nun will<br />

der Gemeinderat in seiner Kulturstrategie neue Prioritäten<br />

setzen und das Kornhausforum schliessen.<br />

In den acht Jahren seiner Existenz hat sich das<br />

Kornhausforum ein Profi l in den Bereichen Gestaltung<br />

und Gesellschaftspolitik geschaffen. Es präsentiert<br />

Ausstellungen und Projekte aus den Sp<strong>art</strong>en<br />

Architektur, Design, angewandte Kunst, Fotografi e,<br />

Video und Neue Medien und ergänzt diese durch<br />

Rahmenveranstaltungen, Programmreihen, Führungen,<br />

Vorträge, Diskussionen und Angebote für Schulen.<br />

Das Kornhausforum greift mit Ausstellungen, in<br />

fokus<br />

Vorträgen, Diskussionen und Podiumsgesprächen<br />

gesellschaftspolitische Fragen auf, die für Bern als<br />

politisches Zentrum der Schweiz und der Region relevant<br />

sind und sich an ein breites Publikum richten.<br />

Die meisten Ausstellungen und Projekte werden<br />

im Sinne des Forumscharakters mit P<strong>art</strong>nerinstitutionen<br />

und Dritten in Form von Koproduktionen<br />

oder Übernahmen von bereits konzipierten Projekten<br />

realisiert. Nur so kann das Kornhausforum mit<br />

vergleichsweise bescheidenen Mitteln eine Vielzahl<br />

an Ausstellungen und Projekten präsentieren. Es<br />

fl iessen also diverse externe Budgets bereits in den<br />

laufenden Betrieb. P<strong>art</strong>nerinstitutionen wie das Architekturforum<br />

Bern leisten zudem viele Stunden<br />

Freiwilligenarbeit. Mit den 320 Stellenprozenten<br />

und rund 250‘000 Franken Betriebsmitteln werden<br />

sozusagen eine Basisinfrastruktur, eine Betreuung<br />

der Veranstaltungen und eine gemeinsame Werbung<br />

geboten. Den Luxus, ein eigenes Konzept umzusetzen,<br />

hat sich das Kornhausforum letztes Jahr<br />

mit der national vielbeachteten Ausstellung «Spielwitz<br />

und Klarheit – Schweizer Architektur, Grafi k<br />

und Design 1950 – 2006» aufgrund von Rückstellungen<br />

erstmals leisten können. Das jährliche Budget<br />

beträgt seit 2003 ca. 1,25 Millionen Franken. Davon<br />

erwirtschaftet das Forum jedes Jahr 250‘000<br />

Franken durch Vermietungen, Mitglieder- und Sponsoringbeiträge.<br />

Die Stadt Bern unterstützt das Kornhausforum<br />

mit jährlich 980‘000 Franken, wovon<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07 5


fokus<br />

jedoch 410‘000 Franken an Miete wieder zurück in<br />

die Stadtkasse fl iessen.<br />

Bis Ende 2006 fanden im grossen Saal 47<br />

Ausstellungen wie ATU Prix 00, 03, 06, Adrian Frutigers<br />

«Read me», «Plakate» von Stephan Bundi<br />

und Claude Kuhn über «Food Design», «Globi»,<br />

«Design Preis Schweiz 05», «Helvetia hält Hof»,<br />

«L’Historie c’est moi», bis hin zu den Fotoausstellungen<br />

von Michael von Graffenried und Sebastião<br />

Salgados «Workers» und «Migration» statt. Auf<br />

der Galerie waren es 71 Projekte, zumeist kleinere<br />

Wanderaustellungen. Über 700 öffentliche und über<br />

1300 geschlossene Veranstaltungen ergänzen bis<br />

Ende 2006 das dichte Programm. Rund 45‘000<br />

Besucherinnen und Besucher zählt das Kornhausforum<br />

jährlich.<br />

6<br />

Auf die drohende Schliessung haben viele unserer<br />

P<strong>art</strong>nerinnen und P<strong>art</strong>ner mit Briefen an<br />

den Gemeinde- und Stadtrat reagiert. Das ideelle,<br />

fi nanzielle und oft persönliche Engagement unserer<br />

P<strong>art</strong>nerinnen und P<strong>art</strong>ner und vieler externer<br />

Veranstalterinnen und Veranstalter ist für das Kornhausforum<br />

zentral. Diese vielen Reaktionen sowie<br />

die Leserbriefe in «Bund» und «Berner Zeitung»<br />

fassen wir als deutliches Zeichen auf, dass das Kornhausforum<br />

einen wichtigen Platz auf dem kulturellen<br />

Stadtplan einnimmt. DANKE.<br />

Sollte das Kornhausforum geschlossen werden,<br />

hätte im Veranstaltungskalender der Bundesstadt<br />

der Programmbereich Gestaltung, insbesondere<br />

die Architektur und die Refl exion über das Bauen<br />

mit dem P<strong>art</strong>ner Architekturforum Bern, keinen ei-<br />

genen Ort mehr. Im Bereich der Gestaltung stünden<br />

beispielsweise der Bernischen Stiftung für angewandte<br />

Kunst und Gestaltung, der HKB, BFF, AHB<br />

und GIBB kein Ausstellungs- und Veranstaltungsort<br />

im Zentrum der Stadt zur Verfügung. Wanderausstellungen<br />

auf der Galerie – viele davon national<br />

wichtige Projekte – fehlte vor der Eröffnung des<br />

Kornhausforums ein geeigneter Ort. Die Bundesstadt<br />

würde wieder in diesen alten Zustand zurück-<br />

versetzt. Im Kornhausforum fi nden regelmässig<br />

wiederkehrende Veranstaltungen wie das Altersforum<br />

der Stadt Bern, das Forum für Migrantinnen<br />

und Migranten, die Lehrmittelausstellung, das WiSo-<br />

Fest oder das Scambio-Fest statt.<br />

Auch für Veranstaltungen und Feste mit experimentellem<br />

und sp<strong>art</strong>enübergreifendem Charakter<br />

eignet sich der wandelbare Stadtsaal. Die Räume<br />

mit variablen Grössen von 390 qm, 510 qm oder<br />

630 qm sind eine ideale zentrale Ergänzung zu<br />

den anderen Orten im Zentrum der Stadt wie Kulturcasino<br />

oder Kursaal. Schliesslich würde dem gesamten<br />

Kornhaus, das als offenes Haus, als «Bildungs-<br />

und Kulturhaus» (Vortrag GR an SR 1995),<br />

für die Berner Bevölkerung gegründet wurde und<br />

heute zu einem Anziehungspunkt geworden ist,<br />

das «Herz des Kornhauses» (Abstimmungsvorlage<br />

1996) mit den kulturellen Veranstaltungen fehlen.<br />

Wir erw<strong>art</strong>en gespannt den Entscheid des<br />

Stadtrats vom 22. März. Natürlich werden wir in<br />

diesem alles entscheidenden Moment auf den<br />

Tribünen des Rathauses die Daumen drücken und<br />

freuen uns über alle Mitmenschen, die uns dabei<br />

Gesellschaft leisten. Bis dahin setzen wir alle Hebel<br />

in Gang, um das Damoklesschwert über unserem<br />

Kopf abzuwenden und das Kornhausforum den<br />

Bürgerinnen und Bürgern dieser Stadt zu erhalten.<br />

Leserbriefe und weitere Statements an den Gemeinde-<br />

und Stadtrat von Bern bestärken uns im<br />

Durchhaltewillen. Denn 2007 stehen einige Highlights<br />

auf dem Programm und auch für 2008 hätten<br />

wir schon das eine oder andere Bijoux im Köcher.<br />

Wir hoffen und freuen uns auf Frühlingsgefühle<br />

– wie Schmetterlinge im Bauch.<br />

Ihr Team vom Kornhausforum<br />

Programm<br />

2. – 25. März 2007<br />

BESTFORM 07<br />

Das «Beste» im Bereich Design und Gestaltung<br />

aus dem Kanton Bern<br />

1. Juni – 1. August 2007<br />

Sexarbeit (Bild Seite 5)<br />

Eine Ausstellung zum Thema Prostitution<br />

17. August – 16. September 2007<br />

PONG.mythos<br />

Ein Spiel und seine Folgen<br />

30. November 2007 – 13. Januar 2008<br />

Michael von Graffenried<br />

Fotoausstellung<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07


BÜHNE<br />

kabarett lebt<br />

Von Michael Imoberdorf - Der schweizerische Kleinkunstpreisträger 2007,<br />

Joachim Rittmeyer, tritt im La Cappella auf. (Bild: zVg.)<br />

■ Gestern setzte ich mich vor den Fernsehapparat<br />

– Chips und Bier griffbereit – und begann gemütlich<br />

vor mich hinzuzappen. Irgendwann blieb<br />

ich hängen: Comedy. Nicht weiter verwunderlich.<br />

Denn Comedy hat TV-Hochkonjunktur. Die Sendung<br />

erinnert irgendwie an das Jüngste Gericht<br />

für Witze: Anhäufungen totgelachter Pointen, aus<br />

der Versenkung ausgegraben, wiederbelebt und<br />

geistlos aneinandergereiht. Das Saalpublikum, das<br />

sowohl optisch als geistig auch Talkshow-tauglich<br />

wäre, klatschte und lachte als hätte der Witzbold<br />

auf der Bühne gleichsam die platonische Idee jeglicher<br />

Komik überhaupt aus dem Reich der Ideen<br />

entführt und würde nun deren wahres Wesen enthüllen.<br />

Zwischen zwei kräftigen Schlucken Bier<br />

seufzte ich leise «ach früher».<br />

Die unoriginellen und konformistischen Comedyformate<br />

der Fernsehstationen lassen Zuschauer<br />

oft vergessen, dass es auch im «post-emilschen»<br />

Zeitalter herausragende Komiker gibt. Auch in der<br />

Schweiz bietet die Szene weit mehr als «Edelmais<br />

& Co.», «Punkt CH» usw. vermuten lässt. Joachim<br />

Rittmeyer, einer der bedeutendsten Schweizer<br />

Kabarettisten der Gegenw<strong>art</strong>, zeigt im La Cappella<br />

in Bern sein aktuelles Bühnenprogramm «Orientierungsabend».<br />

Dies ist für «Kabarettmuffel»<br />

eine gute Gelegenheit, eines der schönsten Theatergenres<br />

überhaupt, das Kabarett, wiederzuentdecken.<br />

Und Liebhaber der zehnten Muse dürften<br />

sich den Termin von Rittmeyers Gastspiel ohnehin<br />

schon lange vorgemerkt haben.<br />

Orientierungsabend Restriktiver Umgang mit<br />

Requisiten und eine (relativ) leere Bühne bilden<br />

den Rahmen für den «Orientierungsabend». Die<br />

Schlichtheit der Produktion lenkt die Konzentration<br />

der Zuschauer auf die handelnden Figuren.<br />

Die Zuschauer sind nicht abgelenkt und die Büh-<br />

nenfi guren müssen also nicht von Pointe zu Pointe<br />

springen, um die Aufmerksamkeit aufrecht zu<br />

erhalten, sondern können die Pointen kunstvoll<br />

entwickeln. Denn bei Rittmeyer ist der Weg (zur<br />

Pointe) das Ziel. Das Spiel ist mehr als Mittel zum<br />

Zweck. Und aufs Spielen versteht sich Rittmeyer.<br />

Geistreich und feinfühlig entwickelt und verwickelt<br />

er seine Figuren, spielt mit der Sprache, singt,<br />

«verzaubert».<br />

Alle vier Bühnenfi guren werden von Rittmeyer<br />

dargestellt. Dank seinem schauspielerischen Talent<br />

gelingt es ihm, jeder Figuren eine eigene Identität<br />

zu geben. Rittmeyer «destillierte» aus verschiedenen<br />

spezifi sch-schweizerischen Charakterzügen<br />

archetypische Verhaltensmuster, die er auf seine<br />

Bühnenfi guren überträgt. Die Figuren wirken so<br />

einerseits wie unnatürlich-<strong>art</strong>ifi zielle Karikaturen,<br />

andererseits aber menschlicher und natürlicher<br />

als «konventionelle» Bühnenfi guren. Während<br />

des gesamten Programms schweben die Figuren<br />

zwischen künstlich-ideeller und alltäglich-realer<br />

Welt, lassen sich aber weder in der einen noch der<br />

anderen festmachen. Die «Heimatlosigkeit» der<br />

Figuren und das Driften zwischen theatraler und<br />

natürlicher Welt lädt die Zuschauer ein, Personen<br />

aus dem eigenen Umfeld in die Bühnenfi guren<br />

«hineinzulesen». Die Evokation des Alltäglichen<br />

gepa<strong>art</strong> mit <strong>art</strong>ifi ziellen Übertreibungen gibt dem<br />

Theaterabend eine ironischen Grundstimmung.<br />

Übrigens Anfangs dieses Jahres wurde Joachim<br />

Rittmeyer von einer Fachjury mit dem Schweizer<br />

KleinKunstPreis 2007 (Goldener Thunfi sch)<br />

ausgezeichnet.<br />

Spieldaten und Informationen zum Stück: Ausblick<br />

Bühne in dieser Ausgabe von ensuite - kulturmagazin<br />

oder www.joachimrittmeyer.ch.<br />

veranstaltungen<br />

AUSBLICK BÜHNE<br />

La Cappella Theater in Bern<br />

Orientierungsabend<br />

Joachim Rittmeyer<br />

■ Die Interessegemeinschaft «Freunde des<br />

müssigen Experiments» kommt nach Bern. Theo<br />

Metzler, geistiger Vater und treibende Kraft des<br />

Vereins verspricht eine zeitechte Schlafwandlung<br />

auf die Bühne zu bringen. Wird das Experiment<br />

gelingen? Böse Zungen behaupten, der<br />

introvertierte Proband Bauchle werde auf der<br />

Bühne keinen Schlaf fi nden. Metzler zweifelt<br />

aber nicht an den Fähigkeiten seines Probanden<br />

- hat aber sicherheitshalber schon mal Baldriantee<br />

eingekauft. (mi)<br />

Text und Schauspiel: Joachim Rittmeyer<br />

Coaching und Supervision: Felix Kündig<br />

Endregie: Christoph Haering<br />

Spieldaten: Mittwoch, 28. März bis Samstag, 31.<br />

März täglich um 19:30h.<br />

Schlachthaus Theater Bern<br />

Gasthof zum erweiterten Suizid<br />

Von Sandra Forrer, Matto Kämpf, Nicolette Kretz<br />

und Ariane von Graffenried<br />

■ Das Schlachthaustheater hat keine Leichen<br />

im Keller vergraben. Noch nicht. Dies könnte sich<br />

aber bald ändern; der Gasthof zum erweiterten<br />

Suizid ist dort eingezogen. Im Februar wurde noch<br />

nicht gemordet; man hat sich mit einem Lotto an<br />

die Kellerluft akklimatisiert. Jetzt konzentrieren<br />

sich die «Suizidler» aber wieder auf ihre Kernkompetenzen:<br />

Suizid (im erweiterten Sinne) und<br />

Theater. Eine einzigen Maxime gilt: «Keine Texte<br />

die älter sind als dreissig Tage auf die Bühne!»<br />

Regie: Caroline Schenk und Dirk Vittinghoff<br />

Musik: Sandra Künzi<br />

Mit: Sandra Utzinger, Dominique Müller, N.N.<br />

Aufführungsdatum: 16. März, 22:30 h<br />

Sie wissen<br />

nicht wohin?<br />

abo@ensuite.ch<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07 7


veranstaltungen<br />

FILOSOFENECKE<br />

Von Alther&Zingg<br />

«ES IST UNMÖGLICH,<br />

EINEN MIT NICHTS<br />

ZUSAMMENHÄNGENDEN<br />

GEDANKEN ZU<br />

DENKEN.» Ted Honderich (1993)<br />

■ Wer Darüber nachdenkt, ist verloren. Wer Darüber<br />

nachdenkt, braucht mehr Zeit als andere,<br />

entscheidet langsamer, kommt später ans Ziel<br />

oder realistischerweise gar nicht. Wer Darüber<br />

nachdenkt, bringt die Welt nie aufs Taschenformat,<br />

kann sie nicht handlich einstecken, richtig<br />

in diese Ecke, falsch in jene stellen. Wer Darüber<br />

nachdenkt, kommt zu kurz, verpasst das Leben,<br />

zumindest als Dasein in der wohligen Illusion<br />

von «Alles klar Leute!». Wer Darüber nachdenkt,<br />

steht nie abgehoben und der Erkenntnis gewiss<br />

auf dem höchsten Berg; sieht bestenfalls nach<br />

dem Aufstieg in hügeligem Gelände den Horizont<br />

tatsächlich zurückweichen. Wer Darüber nachdenkt,<br />

kommt ins Zweifeln. Greift an der Lösung<br />

vorbei. Wird sich bewusst: Ein einziger verstohlener<br />

Apfelbiss vom Baum der Erkenntnis ist wenig<br />

Grundlage und Wissen auf dünnem Eis. Ein ungemütlicher<br />

Zustand. Wer Darüber nachdenkt und<br />

sagt, was er denkt, macht sich zum Störenfried,<br />

ist Sand im Getriebe welcher Effi zienz auch immer.<br />

Macht scheut den Zweifel wie der Teufel die<br />

PUK. Was sonst bringt ihn an seine Grenzen – die<br />

im Übrigen auch die Machtlosen nicht wahrhaben<br />

mögen, wollen sie doch eines Tages selber... Nur<br />

den Resignierten ist alles bedeutungslos.<br />

Wenig spricht dafür, Darüber nachzudenken.<br />

Warum sollen wir es nicht einfach schön haben.<br />

Und sicher. Auf festem Boden stehen, uns fraglos<br />

mit den alltäglichen Erfolgen im Wettbewerb des<br />

Zeitdiktats befrieden? Verlierer gibt es immer und<br />

Fluchtwege aus der zunehmend rascher vergänglichen<br />

Enge des negativen Gewinns sowieso.<br />

Alther&Zingg haben keine Antwort(en) darauf.<br />

Unerklärlicherweise eine ungezähmte Lust, Darüber<br />

nachzudenken. Will man sie für ihr Tun behaften,<br />

behaupten sie, Denken sei Zweifeln ohne zu<br />

resignieren. Deshalb machen wir (Alther, Jungökonom<br />

auf die Dreissig / Zingg, Altethiker einer<br />

Hochschule) einmal im Monat (Tonus Labor, Kramgasse<br />

10, 28. März 2007, 19:00 h) den zweifelhaften<br />

Versuch, das Denken im offenen Gespräch<br />

eine gute Stunde lang zu wagen. Dies jeweils zu<br />

einem vorgegebenen Zitat (vgl. oben). Spielen Sie<br />

ein Instrument? Bringen Sie es ohne Bange mit<br />

– in der verfehlten musischen Harmonie wird der<br />

Widerspruch im Denken verständlich.<br />

8<br />

BÜHNE<br />

zwei fäuste für eine inszenierung<br />

Von Magdalena Nadolska – Über «Goethes Urfaust – Lenaus Traum», Eindrücke<br />

von einem Gespräch mit dem Regisseur und einem Probenbesuch (Bild: zVg.)<br />

■ Die Bühne weiss in weiss. Ein Musiker mit Akkordeon.<br />

Kerzen an der Rampe. In dieses Ambiente<br />

stellt der Regisseur Norbert Klassen seinen Faust<br />

– einen Gelehrten, der einem Gemälde von Jan Vermeer<br />

entspringen könnte. «Hab nun, ach! die Philosophey,<br />

/ Medizin und Juristerey / Und leider auch<br />

die Theologie / Durchaus studirt mit heisser Müh. /<br />

Da steh ich nun, ich armer Thor, / Und binn so klug<br />

als wie zuvor», so die berühmten Worte des unzufriedenen<br />

Wissenschaftlers, der an seine Grenzen<br />

gerät. Er möchte jedoch weiterkommen und lässt<br />

sich deshalb auf den Pakt mit dem Teufel ein. Klassen<br />

liest Mephisto am Anfang des Stücks als Fausts<br />

Unterleib, als die andere, triebgesteuerte Seite, die<br />

ein Mensch auch braucht. In der Reibung der zwei<br />

Seiten entsteht der erste Konfl ikt. Doch der Fauststoff<br />

birgt noch weitere Themen in sich. So unter<br />

anderem die Existenzkrise, die Liebe, den Kindesmord,<br />

das Streben nach Erkenntnis. Norbert Klassen<br />

nimmt all diese Themen in seiner Inszenierung<br />

auf und fügt noch weitere ein. Doch alles dezent.<br />

«Mir ist es wichtig, Leerstellen zu schaffen, damit<br />

die Zuschauer mit ihrer Phantasie mitarbeiten können.<br />

Ich sehe das Publikum nicht als einen passiven<br />

Konsumenten, sondern als einen aktiven créateur»,<br />

sagt der in Bern wohnhafte Regisseur, wenn er seine<br />

Arbeitsweise beschreibt.<br />

Die Stückfassung dieses Projektes an der Effi ngerstrasse<br />

stammt von Norbert Klassen. «Es sind<br />

Elemente des Lenaus Faust in den Urfaust hineinmontiert<br />

worden, um das Geschehen ein bisschen<br />

geschlungener, nicht so direkt zu lassen. Im Gegensatz<br />

zu Goethes Faust I ist der Urfaust fragmentarisch<br />

und weist Lücken auf. Zum Beispiel fehlt das<br />

Erscheinen des Mephisto und Fausts Verjüngung.»<br />

Diese wird in Klassens Inszenierung mit einer Tanzchoreographie<br />

dargestellt – Faust und Mephisto<br />

streifen in einem feurigen Tango über die Bühne.<br />

Passender für das Faustsche Thema könnte die Musik<br />

nicht gewählt sein, vereint sie doch Melancholie<br />

und Weichheit mit einer gewissen Aggressivität.<br />

Passend ebenfalls zu Mephisto, der auch neben<br />

dem Tanz sehr körperbetont agiert. Ausserdem ist<br />

dieser Teufel witzig und ironisch. Mephistos Auftauchen<br />

auf der Bühne wird das Theaterpublikum nicht<br />

so schnell vergessen. Doch es soll an dieser Stelle<br />

nicht zu viel verraten werden. Zurück zum Regisseur.<br />

Klassens Augen leuchten, wenn er von seinem<br />

Ensemble spricht: «Ich habe tolle Leute, da bin ich<br />

sehr stolz drauf.» Mit den meisten Schauspielern<br />

und Schauspielerinnen aus dem Ensemble hat er<br />

bereits zusammengearbeitet. «Ich versuche nicht,<br />

mich als Regisseur mit meinen Ideen in den Vordergrund<br />

zu drängen. An sich komme ich vom experimentellen<br />

Theater und mache viele Performances.<br />

Als Regisseur lasse ich mich jedoch nicht mit originellen<br />

Ideen aus – also, dass plötzlich das Gretchen<br />

einen Kopfstand steht oder so. Das Ensemble<br />

verwirklicht nicht meine Konzepte. Wir sind eine<br />

Gruppe. Das Konzept ist auch aus der Gruppe gewachsen.<br />

Ich komme nicht mit einer Idee und pfropf<br />

sie auf die Leute auf, ich entwickle sie mit ihnen.»<br />

Dem fügt er bescheiden hinzu: «Es steht da mein<br />

Name unter Inszenierung. Nun, irgendwo muss er ja<br />

stehen. Ich könnte mich aber auch unter Ensemble<br />

schreiben. Ich betrachte mich als den Primus inter<br />

Pares und bin nicht der, der alles weiss. Natürlich<br />

mache ich trotzdem meinen Job.» Sechs Tage vor<br />

der Premiere bedeutet dies noch den Feinschliff in<br />

Rhythmus und Diktion und in den Übergängen der<br />

Szenen, welche oft von der Musik geleitet werden.<br />

Der Rest steht. Zum Beispiel ein märchenhafter Moment,<br />

in dem der Geist aus dem Off als Fausts Vision<br />

hörbar gemacht und mit Akkordeongeräuschen<br />

begleitet wird. Ein solches Arrangement passt zu<br />

Norbert Klassen, der über seine künstlerische Sprache<br />

Folgendes sagt: «Im Endeffekt geht es um das,<br />

was man nicht sagen kann. Das ist überall so in der<br />

Kunst. Sei es in der Musik oder Malerei – es geht um<br />

das nicht Sagbare, das Unerklärliche.»<br />

«Goethes Urfraust – Lenaus Traum»<br />

im Theater an der Effi ngerstrasse<br />

Ein Projekt von Norbert Klassen<br />

Mit: Mario Batkovic, Brigitte Bissegger, David Imhoof,<br />

Yeliz K<strong>art</strong>al, Christina Kraft, Oliver Stein, Peter<br />

Zumstein<br />

Aufführungen:<br />

1.-3. / 5.-17. / 19.-24. März, jeweils um 20:00 h<br />

Weitere Informationen und Reservationen:<br />

www.dastheater-effi ngerstr.ch oder 031 382 72 72<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07


Von Quatemberkindern und anderen Booze (Geistern)<br />

Urs Augstburger: Graatzug. Ein Bergroman.<br />

■ Urs Augstburger, der bislang als Autor vor allem<br />

mit seinem Bergdrama «Schattwand» (2001,<br />

erschienen im Bilgerverlag) von sich reden machte,<br />

legt mit «Graatzug. Ein Bergroman» nun den zweiten<br />

Teil seiner «Bergler»-Triologie vor.<br />

Ähnlich wie dem Dokumentarfi lmer Erich Langjahr<br />

– dessen neustes Werk «Das Erbe der Bergler»<br />

(2006), ein Wildheuerfi lm, einer der Publikumsmagnete<br />

an den diesjährigen Solothurner Filmtagen<br />

war – ist es ihm ein Anliegen, den Paradigmenwechsel,<br />

welcher sich durch die Technisierung des bäuerlichen<br />

Lebens in den Bergen vollzieht, zu dokumentieren.<br />

Hierbei scheint zwar nicht alles in der<br />

Vergangenheit besser gewesen zu sein, den Bedürfnissen<br />

der Natur wurde jedoch zumindest besser<br />

Rechnung getragen.<br />

So bedeutet die Stauung des Plonersees und<br />

damit die Flutung des Bauerngutes Seegut der<br />

alteingessenen Familie Rothen im Wallis der 60er<br />

Jahre des 20. Jahrhunderts auch nur einen vordergründigen<br />

Fortschritt. Als vierzig Jahre später ein<br />

Taucher durch den versunkenen Hof schwimmt und<br />

das sich dort befi ndliche Kruzifi x in Stücke bricht,<br />

scheinen die Geister der Vergangenheit endgültig<br />

zurückgekehrt und die Frage, was es mit dem geheimnisvollen<br />

Merkhammer und der Mazza auf sich<br />

hat, beschäftigt nicht nur den Erben des Dorfkönigs,<br />

Silvan Bohrer, sondern auch die Umweltaktivistin<br />

Lena Amherd. Beinahe zu spät werden die Zeichen,<br />

insbesondere durch Hilfe der weisen Selma Bohrer,<br />

richtig gedeutet und die Ausmasse des Unglücks<br />

können wenigstens abgeschwächt werden.<br />

Augstburger schafft den Spagat zwischen Jetztzeit<br />

und Vergangenheit ausnehmend gut, auch<br />

wenn sich seine Beschreibungen des bäuerlichen<br />

Lebens im Wallis der 60er Jahre zuweilen wie<br />

Darstellungen aus längst vergangener Zeit ausnehmen.<br />

Die Bergwelt von einst wird zum Ort der<br />

Sehnsucht, dessen Faszination nicht einmal durch<br />

die geschilderten Entbehrungen des täglichen Lebens<br />

durchbrochen wird. Trotz dieser an manchen<br />

Stellen etwas einseitigen Sichtweise ist «Graatzug»<br />

ein echter Alpkrimi, von dem man sich kaum mehr<br />

loszureissen vermag. (sw)<br />

Augstburger, Urs: Graatzug. Ein Bergroman. Bilgerverlag.<br />

Zürich 2007. ISBN 978-3-908010-84-5.<br />

Die Enge des ewig Unverbindlichen<br />

Thomas Lang: Unter Paaren. Roman.<br />

■ Der Autor Thomas Lang, welcher 2005 für<br />

seinen Roman «Am Seil» mit dem Ingeborg-Bachmann-Preis<br />

ausgezeichnet wurde, schildert in seinem<br />

neusten Roman «Unter Paaren» keinen Vater-Sohn-Konfl<br />

ikt, sondern ein Beziehungsdrama,<br />

welches sich letztendlich als Kritik an der Generation<br />

der Ewig-Adolszenten entpuppt.<br />

Per empfängt in seinem neu renovierten Landhaus<br />

mit seiner langjährigen Freundin Rafa ihren<br />

gemeinsamen Jugendfreund Pascal. Dieser erscheint<br />

in Begleitung der deutlich jüngeren Spanierin<br />

Reginita, welche er als seine Bekannte vorstellt,<br />

wenn auch für alle Beteiligten deutlich ist, dass die<br />

beiden ein Verhältnis haben.<br />

Das Spinnennetz an Beziehungen bekommt<br />

durch die Tatsache, dass die einstige Anziehung<br />

zwischen Rafa und Pascal sich nicht gänzlich gelegt<br />

hat, zusätzlichen Auftrieb. Zwischen ihnen kumuliert<br />

sich das Ungesagte von damals. Und auch Per<br />

kann sich dem spröden Reiz und den geistreichen<br />

Bemerkungen der für einmal nicht «feurigen» Spanierin<br />

kaum entziehen.<br />

Die erzählte Zeit beschränkt sich lediglich auf<br />

ein Wochenende, eines jedoch, das die fünfzehn<br />

Jahre Zusammenleben von Per und Rafa mehr als<br />

in Frage stellt und den Zufall als Mittler ihrer Beziehung<br />

darstellt.<br />

Die Lebenswelt, die Reginita personifi ziert, ist<br />

eine andere. Sie, die bereits mit sechsundzwanzig<br />

Jahren kurz vor Abschluss ihrer Doktorarbeit steht,<br />

kritisiert den Hedonismus ihrer Gastgeber sowie<br />

Pascals. Die Spanierin verschwindet jedoch von<br />

Freitag- auf Samstagnacht und auch ein Junge von<br />

einem Nachbarhof wird noch eine Rolle spielen.<br />

«Unter Paaren» wurde von verschiedenen Seiten<br />

als das Werk eines Dramaturgen bezeichnet, da<br />

Lang die Einheit des Ortes wie der Zeit wahrt und<br />

viele seiner Beschreibungen wie Regieanweisungen<br />

zu lesen sind. Und tatsächlich erinnert der Wechsel<br />

zwischen Erzählung und Selbstrefl exion der einzelnen<br />

Charaktere stellenweise an die Welt des Theaters,<br />

häufi ger jedoch noch an die Couch des Psychiaters.<br />

(sw)<br />

Lang, Thomas: Unter Paaren. Roman. C.H. Beck Verlag.<br />

München 2007. ISBN 978 3 406 55610 4.<br />

literatur<br />

Fernab der üblichen Wanderwege<br />

Rory Stew<strong>art</strong>: The places in between. Englisch.<br />

■ Rory Stew<strong>art</strong> hat schon in jungen Jahren viel<br />

von der Welt gesehen. Knapp Mitte dreissig, in Hong<br />

Kong geboren und in Malaysia aufgewachsen, prädestinierte<br />

ihn den Besuch des Elitecolleges Eton<br />

sowie sein späteres Studium der Geschichte und<br />

Philosophie in Oxford geradezu für eine spätere<br />

Laufbahn beim Foreign Offi ce.<br />

Nebst Stellen in Indonesien und Montenegro bekleidete<br />

er von 2003 bis 2004 das Amt eines Senior<br />

Advisors in Nasiyriah im Irak.<br />

Von 2000 bis 2002 durchwanderte er Teile Pakistans,<br />

Irans, Afghanistans, Indiens sowie Nepals.<br />

Das vorliegende Buch beschreibt seine Wanderung<br />

durch Zentral- und Nordafghanistan im Jahr 2002.<br />

Hier folgt er der Route Baburs, eines usbekischen<br />

Prinzen des 15. Jahrhunderts, von Herat nach Kabul,<br />

und lässt sich weder von den Ereignissen nach<br />

9/11 noch von den unwirtlichen Wintern in der Bergregion<br />

Ghor von seinem Vorhaben abhalten. Ursprünglich<br />

wollte er allein in Herat st<strong>art</strong>en, dies wird<br />

jedoch von seinem Begleit-Service, bestehend aus<br />

Sicherheitsleuten von Ismail Khan, verhindert. Obwohl<br />

Stew<strong>art</strong> sie auf der Wanderung immer wieder<br />

mit Geld zu bestechen versucht, damit sie ihn alleine<br />

ziehen lassen, gewinnen seine Schilderungen<br />

der Reise insbesondere durch die Charakterisierung<br />

seiner «Mitstreiter» an Tiefe. Immer wieder zitiert<br />

er auch aus dem Tagebuch Baburs und verknüpft so<br />

die Vergangenheit mit der Gegenw<strong>art</strong>. Hierbei wird<br />

der Kontrast der einst blühenden Landschaft wie<br />

auch der von Handel geprägten Städte besonders<br />

krass, insofern als sich das heutige Afghanistan von<br />

einer ganz anderen Seite zeigt.<br />

Auf halber Wegstrecke fi ndet er in einem zahnlosen<br />

Hund, dessen Futter aus Nan besteht, einen<br />

Wandergefährten ganz nach seinen Wünschen,<br />

auch wenn die Afghanen die herzliche Zuwendung<br />

Stew<strong>art</strong>s, die dieser einem unreinen Tier zukommen<br />

lässt, mit Skepsis betrachten.<br />

Rory Stew<strong>art</strong> ist ein exzellenter Beobachter, der<br />

versucht, in seinen Beschreibungen nicht zu werten.<br />

Dieses Talent macht «The places in between»<br />

so wertvoll. (sw)<br />

Stew<strong>art</strong>, Rory: The places in between. Englisch. A<br />

Harvest Original. Orlando u.a. 2006. ISBN-13: 978-<br />

0-15-603156-1.<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07 9


Viktoria<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

<br />

TOLSTOY<br />

<br />

<br />

<br />

VORVERKAUF: www.allblues.ch • Tel. 0900 800 800 (CHF 1.19/min.),<br />

alle Ticketcorner, Manor, SBB, Die Post • BERN: Olmo Ticket, Chop Records, Der Bund,<br />

Thalia, Globus • FRIBOURG: Office du Tourisme<br />

VERANSTALTER: Groovesound GmbH und All Blues Konzert GmbH in Zusammenarbeit mit BeJazz<br />

lorenz jaggi, www.consign.ch<br />

DENN BERN<br />

IST ÜBERALL!<br />

www.ensuite.ch<br />

Musik in Interaktion mit<br />

Videokunst<br />

Film<br />

Performance<br />

Malerei<br />

Lichtinstallationen<br />

Programm: www.wimbern.ch


veranstaltungen<br />

POLITISCHE KULTUR<br />

10. märz - tag der chinesischen schande<br />

Von Urs Haller – Zum 48. Jahrestag des tibetischen Volksaufstands in Lhasa (Bild: zVg.)<br />

■ Jedes Jahr am 10. März gedenken die weltweit<br />

im Exil lebenden Tibeterinnen und Tibeter<br />

des Volksaufstands von Lhasa. Am 10. März 1959<br />

und in den folgenden Tagen ermöglichten 30‘000<br />

Protestierende in Tibets Hauptstadt die Flucht des<br />

Dalai Lama nach Indien und damit die Entstehung<br />

von Exiltibet. Die Niederschlagung des Aufstands<br />

durch die chinesische Armee bezahlten danach<br />

rund 87’000 Tibeterinnen und Tibeter mit dem<br />

Leben. Man schätzt, dass ein Fünftel aller sechs<br />

Millionen Tibeter in den folgenden Jahrzehnten<br />

zu Tode gekommen sind: durch Exekutionen, in<br />

Gefängnissen, Arbeitslagern, durch Kämpfe und<br />

durch Hungersnot. Fast alle der 6000 Klöster sind<br />

durch die Kulturrevolution zerstört worden. Heute<br />

leben über 130’000 Tibeter/-innen ausserhalb ihres<br />

Landes, die meisten in Indien und rund 2500<br />

in der Schweiz. Für sie alle ist der 10. März ein Tag<br />

der Trauer, des Widerstands und der Hoffnung; der<br />

Hoffnung darauf, dass Tibet wieder die Selbstbestimmung<br />

erhält, sei es als unabhängiges Land<br />

oder als autonomer Teil Chinas. Für China ist der<br />

10. März ein Tag der Schande, wie der Gedenktag<br />

des Massakers am Tienanmen-Platz in Peking (4.<br />

Juni 1989).<br />

Zu Hoffnung besteht derzeit nur wenig Anlass.<br />

Ihre wichtigste Stütze ist der feste und selbst<br />

durch Folterungen nicht zu brechende Wille vieler<br />

Tibeterinnen und Tibeter, sich zum Dalai Lama als<br />

Oberhaupt zu bekennen, ihre Religion, Sprache<br />

und Kultur zu erhalten und sie in ihrer Heimat zu<br />

leben. Es gibt zwar seit fünf Jahren Gespräche<br />

zwischen Vertretern des Dalai Lama und chinesischen<br />

Unterhändlern. Greifbare Resultate sind<br />

jedoch ausgeblieben. Mehr und mehr wird vermutet,<br />

dass China mit den folgenlosen Gesprächen<br />

die Tibeter ruhig stellen und die Weltöffentlichkeit<br />

glauben machen will, es bewege sich etwas. Nichts<br />

bewegt sich, ausser dass der Dalai Lama von den<br />

chinesischen Behörden noch systematischer verunglimpft<br />

wird. Auch hat die Repression in Tibet<br />

in den letzten Jahren zugenommen. Trotz grosser<br />

Risiken fl iehen jedes Jahr rund 2500 Menschen<br />

über den Himalaya nach Nepal und Indien. Die<br />

Zahl der tibetischen Asylsuchenden in der Schweiz<br />

ist 2006 massiv gestiegen. Diese Zahlen sind ein<br />

Spiegel dessen, was sich in Tibet tatsächlich ereignet.<br />

Besonders schwerwiegend ist die stetig zunehmende<br />

chinesische Zuwanderung und Zivilisation,<br />

die den tibetischen Charakter des Landes platt<br />

zu walzen droht. Für diese Entwicklung steht u.<br />

a. die Eisenbahn nach Lhasa, die letzten Sommer<br />

in Betrieb ging. Offi ziell dient sie zum Nutzen der<br />

«westlichen Schatzkammer» (Übersetzung des<br />

chinesischen Namens für Tibet), in Tat und Wahrheit<br />

verfolgt sie strategische und ökonomische<br />

Zwecke: Sie transportiert tibetische Bodenschätze<br />

nach China sowie chinesisches Militär, Han-Siedler<br />

und Touristen. Kommerzieller Nutzen kommt<br />

praktisch ausschliesslich Chinesen in China oder<br />

in Tibet zugute. Eine verarmende tibetische Bevölkerung<br />

steht einem durch Zuwanderung wachsenden,<br />

ökonomisch besser gestellten chinesischen<br />

Bevölkerungsteil gegenüber.<br />

Viele Tibeterinnen und Tibeter haben unter der<br />

chinesischen Diktatur eine unbeugsame Widerstandskraft<br />

und tief verwurzelte Treue zu Religion<br />

und Kultur bewiesen. Dies nötigt uns Anerkennung<br />

und Respekt ab. Und Solidarität! Jeder 10.<br />

März schafft Gelegenheit, diese Solidarität öffentlich<br />

zu zeigen und das Unrecht klar zu benennen,<br />

welches die Kolonialmacht China Tibet angetan<br />

hat und täglich antut.<br />

Musik der Welt in Bern präsentiert<br />

Tibetabend zum Gedenktag des 10. März. In<br />

Zusammenarbeit mit der GSTF (Gesellschaft<br />

Schweizerisch-Tibetische Freundschaft):<br />

Samstag, 10. März 2007<br />

La Cappella, Allmendstr. 24, Bern<br />

16:00 Film: Widerstand des Geistes von Clemens<br />

Kuby<br />

18:00 tibetisches Essen<br />

18:30 Konzert:<br />

Loten Namling (dranyen, vocal)<br />

Gilbert Päffgen (perc., santoor)<br />

20:00 Podiumsgespräch: Mit Dr. Bernhard Müller,<br />

alt Nationalrat, Projektleiter in Asien;<br />

Wangpo Tethong, ehem. Präsident GSTF;<br />

Urs Haller, Redaktor. Gesprächsleitung:<br />

Thomas Künzi, Radiojournalist.<br />

21:00 Konzert:<br />

Ani Choying Drolma (voc). Die bekannte<br />

Sängerin aus Nepal / Tibet. Buddhistische<br />

Lieder der tibetischen Chö-Tradition.<br />

Vorverkauf<br />

Transa Travel & Outdoor, Aarbergergasse 21 und<br />

Kalisha, Rathausgasse 47, Bern<br />

Abendkasse 16:00 h / 18:00 h<br />

Abendk<strong>art</strong>en nach Kategorie: 28.-, erm. 18.- /<br />

35.-, 25.- / 50.-, 35.-<br />

Reservation und Info: www.musikderwelt.info<br />

Zusatzkonzerte Ani Choying<br />

Sonntag, 11. März, Kirche Erlach BE, 19:30 h (in<br />

Zusammenarbeit mit der Kirchgemeinde Erlach-<br />

Tschugg). www.musikderwelt.info<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07 11


veranstaltungen<br />

KULTUR & GESELLSCHAFT<br />

«es geht nicht darum, wer in der<br />

schweiz ja stimmt und wer nein.»<br />

Interview von Till Hillbrecht - Ouest-Est 07: Theater, Tanz, Performance / Konfrontation, Verbund, Gegensatz.<br />

■ Frischer Westwind aus der Romandie weht im<br />

März durch die Dampfzentrale und das Schlachthaus.<br />

Nicht, dass er dort wie bisher am Festival<br />

Ouest-Est alles alleine umfegen würde. Die frühe<br />

Wetterprognose wird sich für einmal mit Garantie<br />

bewahrheiten: Ein guter Teil des Kulturgewitters<br />

zieht dieses Jahr nämlich auch aus der Deutschschweiz<br />

auf. Was sich vom 21. bis 25. März am Festival<br />

für Theater, Tanz, Performance und Musik zusammenbraut,<br />

ist eine Mischung zweier Kulturen.<br />

Oder besser gesagt, zweier Kulturen, die je eine<br />

Vielzahl an Kulturen mitbringen. Weite Kreise werden<br />

gezogen, Schnittfl ächen gebildet, gemeinsame<br />

Nenner gefunden oder aber verworfen.<br />

Wer glaubt, es drehe sich dabei nur um die Gegenüberstellung<br />

des frankophonischen Landesteils<br />

mit der deutschsprachigen Schweiz hat weit gefehlt.<br />

Es geht um vieles mehr, wie das Gespräch<br />

mit Roger Merguin, Co-Leiter des Festivals, zeigt.<br />

Der Leiter der Bereiche Tanz und Performance der<br />

Dampfzentrale erklärt das ambitionierte Projekt<br />

und dessen organisches Wachstum. Und weshalb<br />

an einem der Festivalabende auch die Ouest-Est-<br />

Leitung nur zuschauen kann und keine Ahnung hat,<br />

was auf der Bühne geschehen wird.<br />

Roger Merguin, wird in 100 Jahren in den<br />

Geschichtsbüchern stehen: «Und dann kam das<br />

Festival Ouest-Est und der Röschtigraben wurde<br />

für immer übersprungen»?<br />

Roger Merguin: Der Röschtigraben ist ganz<br />

klar ein Thema. Aber den Graben zu überwinden,<br />

ist nicht unser einziges Ziel. Und es ist eigentlich<br />

auch nicht klar, ob man ihn grundsätzlich überwinden<br />

soll oder den Graben vielleicht sogar noch ein<br />

wenig vertiefen will. Denn in dieser Unterschiedlichkeit<br />

liegt ja eventuell Qualität verborgen. Differenzen<br />

und Übereinstimmungen herauszufi nden,<br />

das ist das spannende am Ganzen. Darüber hinaus<br />

sind die Unterschiede nicht generell gleich in den<br />

verschiedenen Kunstsp<strong>art</strong>en; Musik, Theater, Performance,<br />

Tanz... es ist möglich, zu differenzieren<br />

zwischen Romandie und Deutschschweiz, die Grenzen<br />

können aber auch verwischt werden.<br />

Wir springen mit dem Festival ganz klar über<br />

den Röschtigraben, wir benutzen ihn. Den Graben<br />

zu schliessen, soll jedoch nicht die Aufgabe des<br />

Festivals sein.<br />

Man kann also die geografi schen Wurzeln von<br />

Produktionen herauslesen, vielleicht aber auch<br />

darüber staunen, dass es gar keine Unterschiede<br />

gibt.<br />

Sicherlich. Ich denke, es läuft gewissermassen<br />

auch auf die individuelle Wahrnehmung hinaus: Ob<br />

ein Unterschied gross ist, ob man stolz auf diesen<br />

12<br />

Unterschied sein soll... Das Festival ist ein Beitrag<br />

zur Diskussion über Kulturen und Unterschiede<br />

zwischen Romandie und Deutschschweiz – alleine<br />

in Bern aber gibt es so viele verschiedene Kulturen.<br />

Und diese Unterschiede zwischen der französischen<br />

und der deutschen Schweiz sind nur die<br />

Spitze des Eisberges.<br />

Man könnte auch dies Diskussion «Romandie /<br />

Deutschschweiz» vertiefen und die Herkunft der<br />

Künstler noch genauer betrachten, denn diese<br />

defi niert sich ja nicht nur über «Romandie» oder<br />

«Deutschschweiz». Die Kunstszene ist heute sehr<br />

nomadisch und weltoffen. Die Wurzeln, die Herkunft<br />

und der Arbeitsort der Künstler spiegeln<br />

sich in deren Arbeiten. Wir diskutieren wohl über<br />

eine Ästhetik aus der Romandie und der Deutschschweiz.<br />

Massimo Furlan zum Beispiel ist ein Lausanner<br />

– aber in seiner Arbeit sieht man auch klar<br />

eine «Italianità» – oder wie war das schon wieder<br />

mit der Bernerin Anna Huber, als sie noch in Berlin<br />

arbeitete, bevor sie wieder nach Bern kam, oder der<br />

Züricherin, die eigentlich aus Neuseeland kommt<br />

und mit einer Berlinerin auf der Bühne steht?<br />

Dies steht schlussendlich auch für unsere Kultur:<br />

Sie ist nicht rein fassbar, es geht nicht um eine<br />

reine Kultur der Romands oder eine reine Deutschschweizerkultur.<br />

Genau da wird die Diskussion um<br />

den Röschtigraben ein wenig tiefer, interessant und<br />

zeitgemäss.<br />

Im Gegensatz zu den ersten zwei Ausgaben<br />

des Festivals Ouest-Est – als nur Künstler aus<br />

der französischen Schweiz eingeladen wurden<br />

– sind in der dritten Ausgabe Artisten aus der<br />

gesamten Schweiz im Programm. Eine bilaterale<br />

Angelegenheit.<br />

Diese Konfrontation wird das Spannende sein<br />

am diesjährigen Festival, das heisst wir reden nicht<br />

nur davon, den Röschtigraben zu überwinden,<br />

sondern wir tun es. Mit Anna Huber zum Beispiel<br />

gibt’s einen Abend «Bern – Frankreich». Oder ist<br />

es jetzt «Bern - Berlin – Frankreich»? Man weiss<br />

es nicht genau. Aber kulturelle und künstlerische<br />

Unterschiede sind da. Und die gilt es zu entdecken.<br />

Die Programmation ist aber aufgrund der Qualität<br />

gefällt worden und die Gegenüberstellung soll ein<br />

spannendes zusätzliches Element sein.<br />

Konfrontation wird in der Idee des Ateliers<br />

– Musical 2008 – geübt...<br />

Genau. Wir haben 14 Choreographen, Musiker<br />

und Theaterschaffende aus der Romandie und der<br />

Deutschschweiz angefragt, für welche die ganze<br />

Dampfzentrale ein Wochenende vor Festivalbeginn<br />

zur Verfügung stehen wird. Sie haben den<br />

Auftrag, ein Konzept für ein Musical zu entwickeln.<br />

Drei Tage lang werden diese Künstler zusammen<br />

arbeiten, Ideen präsentieren, Ideen vertiefen und<br />

Synergien nutzen. Das Kennenlernen und das zusammen<br />

Arbeiten im Rahmen dieses Ateliers ist<br />

ein Schritt dazu, dass sich die KünstlerInnen aus<br />

der Deutschschweiz und der Romandie inspirieren<br />

oder im besten Fall zum Teil sogar fusionieren können.<br />

Am Samstagabend des Festivals werden diese<br />

Konzepte präsentiert. Danach wird eines der Konzepte<br />

für das Festival Ouest-Est 2008 ausgewählt<br />

und realisiert.<br />

Das Musical wird eine Produktion für 2008.<br />

Allein die Konzeptpräsentation am diesjährigen<br />

Festival dürfte sich aber schon zur Inszenierung<br />

heraufschaukeln.<br />

Das kann durchaus geschehen. Es wird vielleicht<br />

spielerisch, vielleicht kurz inszeniert mit den<br />

Künstlern, wir lassen den 14 Personen freie Hand<br />

und absolute künstlerische Freiheit. Ich bin selbst<br />

sehr gespannt, was da geschieht. Alle Beteiligten<br />

arbeiten überaus professionell, daher können wir<br />

auf ein hohes Niveau zählen.<br />

Und es ist auch ein Schritt Richtung Publikum:<br />

Jene, die sich an diesen Abend heranwagen, werden<br />

uns auch bei der Konzeptwahl beeinfl ussen,<br />

denn wir werden versuchen die Stimmung des Publikums<br />

aufzufangen.<br />

Dieses Jahr steht uns ein – im Vergleich zum<br />

Vorjahr – überaus transdisziplinäres Festival bevor.<br />

Es gibt viel Musik.<br />

Ich würde sagen, die Musik oder die Konzerte<br />

sind anders verteilt. Letztes Jahr hatten wir eine<br />

grosse Kiste mit den Young Gods, dieses Mal haben<br />

wir mehrere, eher kleinere Acts verteilt über das<br />

Programm. Ansonsten glaube ich, dass die Gewichtung<br />

dem Vorjahr entspricht.<br />

Die Verteilung von Konzerten über mehrere<br />

Tage spricht aber vielleicht auch Leute an, die<br />

mit Tanz und Performance nichts am Hut haben,<br />

in Kombination der Kunstsp<strong>art</strong>en aber an diesem<br />

Festival einmal eine Vorstellung besuchen und Gefallen<br />

fi nden. Damit wollen wir niemand zu Tanz<br />

und Performance zwingen – aber wir können die<br />

Möglichkeit des Kennenlernens anbieten.<br />

Es wird dieses Jahr ein Festival, an dem man<br />

kommen und gehen kann, sogar mal ein bisschen<br />

herumhängen kann. Nicht überdreht, nicht mit der<br />

Einstellung: Achtung Kunst! Dort jene Vorstellung<br />

besuchen, dann ein wenig an die Bar, dann später<br />

noch an jenes Konzert...schau vorbei und such dir<br />

das heraus was dir gefällt!<br />

Eine Neuigkeit dieses Jahr ist auch der Blick<br />

nach Frankreich. Der geografi sche Standort<br />

scheint nicht im Vordergrund zu stehen...<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07


Foto: Till Hillbrecht<br />

Sagen wir es so: Er ist sicher nicht nur auf die<br />

Schweiz bezogen. Er ist ein Indikator von vielen.<br />

Im Vordergrund steht ganz klar die Qualität. Aber<br />

wenn man sich fragt, weshalb Kunst aus der Romandie<br />

anders ist als jene aus der Deutschschweiz,<br />

dann gibt es eine logische Konsequenz: Es ist ein<br />

über die Sprache defi nierter Kulturkreis, der sich<br />

über die Schweizer Grenze nach Frankreich zieht.<br />

Deshalb macht diese Erweiterung durchaus Sinn<br />

und ist legitim. Und: Sie schafft die Möglichkeit,<br />

grösser und weiter zu denken. Es geht nicht darum,<br />

wer in der Schweiz Ja stimmt und wer Nein. Es<br />

geht um Kultur aus einem französischen und einem<br />

deutschen Sprachraum.<br />

Wie wichtig ist der Standort Bern als Schauplatz<br />

für das Festival Ouest-Est? Bern bietet ja<br />

einen gewissen Schnittbereich der beiden Kulturkreise.<br />

Ich denke, er ist wichtig und gut. Bern ist in der<br />

Mitte und als Bundeshauptstadt trifft hier einiges<br />

aufeinander. In Zukunft wollen wir aber unsere<br />

P<strong>art</strong>nerschaft mit dem Théatre Arsenic in Lausanne<br />

ausbauen und egal welche Gräben auch immer<br />

überwinden – sogar ins ferne Ausland...<br />

Die erwähnten Atelier-Konzepte für 2008 beispielsweise<br />

werden co-produziert mit Lausanne.<br />

Das gleiche Projekt würde dann auch dort stattfi nden.<br />

Dann haben wir defi nitiv auch den Austausch<br />

Ouest Est und Est Ouest.<br />

Ouest Est ist inzwischen auch ein wichtiger<br />

Pfeiler des «Tanzhauses» Dampfzentrale....<br />

Es ist dabei, sich weiterhin zu etablieren. Wir<br />

werden durch das Festival und unsere Jahresprogrammation<br />

national wahrgenommen und auch<br />

international. Bern und die Dampfzentrale werden<br />

auf einmal ein Begriff auf der Tanz/Performance-<br />

Landk<strong>art</strong>e. Für mich ist es etwas Normales, dass<br />

diese Künstler und das Publikum das Haus als das<br />

Ihre betrachten, die Dampfzentrale nutzen, die<br />

Räume belegen und somit der Dampfzentrale eine<br />

Berechtigung geben und vor allem, dass hier gedacht<br />

und kreativ gearbeitet wird. Und das Festival<br />

Ouest Est ist ein Teil davon.<br />

Auf welchen Ouest-Est-Abend freut sich Roger<br />

Merguin am meisten?<br />

Natürlich auf alles! Was ich mit grösster Spannung<br />

erw<strong>art</strong>e und wo wir auch das grösste Risiko<br />

tragen, ist diese Atelier-Geschichte. Die Spannung,<br />

das Risiko und die Ungewissheit weckt grosses Interesse<br />

bei mir. Die drei Tage hinter geschlossener<br />

Türe und dann die Präsentation des Resultates<br />

wird ein Nervenkitzel. Auf alles andere freue ich<br />

mich auch. Ich weiss, es wird funktionieren – weil:<br />

wir haben es gesehen und wissen, dass es gut ist.<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07 13


musik<br />

KLASSIK<br />

vom staunen<br />

Von Hanspeter Renggli - Musikfestival Bern – Veress 07 (Bild: zVg.)<br />

Vom Staunen I - Veress’ Präsenz Es war ein einzig<strong>art</strong>iges<br />

Ambiente im grossen Konzertsaal des<br />

Konservatoriums Bern, als am 1. Februar 2007 um<br />

17:30 h das Musikfestival Bern – Veress 07 eröffnet<br />

wurde: Die Stimme des vor hundert Jahren in Kolozsvár<br />

(heute Cluj-Napoca, Rumänien) geborenen<br />

ungarisch-schweizerischen Komponisten und Musikpädagogen,<br />

Ethnologen und Pianisten Sándor<br />

Veress führte das Publikum in zeitlich wie räumlich<br />

weit zurückliegende Sphären. Hier sprach eine Persönlichkeit,<br />

die viele Anwesende gekannt hatten,<br />

persönlich, als Lehrer, als Kollege, als Freund, als<br />

leiser wie aufmerksamer Gesprächsp<strong>art</strong>ner, und<br />

sie sprach von künstlerischer Freiheit. Sie tadelte<br />

eine Sicht der Kunst, die Verbote und Gebote ausspricht,<br />

die Unfreiheit und Begrenzungen schafft:<br />

«Das ist die grosse Sache: dass die Kunst so wunderbar<br />

frei ist» - und manch einer und eine wird<br />

sich gefragt haben, wie weit es heute mit dieser<br />

künstlerischen Freiheit her ist! Das Gespräch zwischen<br />

Veress und dem deutschen Musikredaktor<br />

und Dirigenten Clytus Gottwald beim deutschen<br />

Südwestfunk von 1982, mit dem das Musikfestival<br />

Bern – Veress 07 nun ein Vierteljahrhundert später<br />

eröffnet worden ist, erfasste noch einmal den Kern<br />

all dessen, was Veress in seinem Musikerleben als<br />

Botschaft weitergeben wollte: Veress sprach mit<br />

grossem Ernst und zugleich kaum merklichem Augenzwinkern<br />

von seinen Wanderungen, von schönen<br />

Spaziergängen im Universum der Töne und<br />

Klänge, in dem er sich ohne Krücken, d. h. ohne<br />

irgendwelche Systemgebote völlig frei bewegen<br />

könne.<br />

Die angespannten Zuhörenden, die sassen oder<br />

standen – der 300-Personen-Saal vermochte das<br />

Publikum kaum zu fassen – erlebten einen beinahe<br />

irrealen Moment. Die Präsenz des Menschen und<br />

Komponisten Veress mit dessen hohem moralischen<br />

und künstlerischen Anspruch war spürbar. Er<br />

war spürbar in den höchst authentischen Erinnerungen<br />

des Schülers Roland Moser, er war spürbar<br />

in den Interpretationen des «Memento» für Viola<br />

und Kontrabass und in der Solosonate für Violine,<br />

14<br />

die Gabriella Marffy hinreissend spielte, auf einer<br />

Geige notabene, die der Berner Geigenbauer Olivier<br />

Krieger aus jenem Karpatenholz baute, dessen<br />

Duft der junge Musikethnologe Veress auf seinen<br />

musikalischen Sammelreisen eingeatmet hatte ...<br />

Vom Staunen II - Hohe Qualität der Musik Mit<br />

grosser Genugtuung nehmen die Verantwortlichen<br />

des ersten Musikfestivals Bern nach dem ersten Zyklus<br />

vom 1. bis 4. Februar 2007 wahr, dass das Berner<br />

Publikum die Musik von Veress heute über alle<br />

Entwicklungen der Avantgarde hinweg als unverbraucht<br />

und spannend empfi nden. Seine schönste<br />

und anregendste Erfahrung sei, so Roman Brotbeck,<br />

Fachbereichsleiter Musik der Hochschule der<br />

Künste Bern, welch bemerkenswert hohe Qualität<br />

diese Musik habe. Und er nennt zum Beispiel das<br />

Klarinettenkonzert, das am Samstagabend von<br />

Ernesto Molinari und dem Bieler Symphonieorchester<br />

unter der Leitung von Thomas Rösner zur<br />

Aufführung gelangt ist. «Kaum in einem anderen<br />

Werk», schrieb Victor Ravizza gleichentags in einem<br />

Veress-Portrait in der «NZZ», «verdichtet sich<br />

des Komponisten Personalstil in der<strong>art</strong> charakteristischer<br />

Weise wie im späten Meisterwerk des 1982<br />

uraufgeführten zweisätzigen Klarinettenkonzerts.<br />

Ähnlich wie schon Brahms diente auch ihm der sonore,<br />

etwas eingedunkelte Gesangston der sowohl<br />

in der Kunst- wie in der Volksmusik verwendeten<br />

Klarinette zu gleichsam letzten, in einem späten<br />

Licht nochmals aufglühenden eigenen Klängen.»<br />

Vom Staunen III - Die Schüler und Enkelschüler<br />

«Ich verdanke ihm alles. Er hat mich gelehrt,<br />

dass das Komponieren mit einem moralischen Anspruch<br />

verbunden ist: Es ist eine Sünde, eine Note<br />

aufs Papier zu bringen, die man nicht mit seiner<br />

ganzen Person vertreten kann. Er ist für mich immer<br />

noch ein grosses Vorbild, auch in menschlicher<br />

Hinsicht.» Was Heinz Holliger, 1955 bis 1958<br />

Schüler von Veress und einer der profi liertesten<br />

Schweizer Komponisten und Interpreten, eben in<br />

einem Gespräch mit der Aargauer Zeitung von<br />

seinem ersten Kompositionslehrer sagte, könnten<br />

wohl alle unterstreichen, die ihn gekannt hatten.<br />

Im zweiten Zyklus des Musikfestival Bern<br />

– Veress 07, vom 1. bis 4. März 2007, werden nebst<br />

Veress mit zentralen Orchester-, Chor- und Kammermusikwerken<br />

und seinen Lehrern insbesondere<br />

auch seine Schüler und seine Enkelschüler zu<br />

«Wort», respektive Ton kommen (siehe ensuite<br />

kulturmagazin Nr. 50, Februar 2007, S. 16, 17 und<br />

20). Das Erstaunen über die Aktualität von Veress’<br />

Musik ist vielfältig: Wer es nicht allein den andern<br />

überlassen möchte, erhält eine weitere Chance.<br />

Ein ausserhalb des Festival-Zyklus stehendes<br />

Konzert von Chor und Orchester des Gymnasiums<br />

Neufeld am 27. und 28. März in der Halle<br />

des Gymnasiums stellt in einem ebenfalls weitgefassten<br />

Programmfeld Musik von Veress‘ Lehrern<br />

und Schülern vor. In vier kleinen Uraufführungen<br />

erklingen Stücke von Jürg Wyttenbach, Heinz<br />

Hollger, Heinz M<strong>art</strong>i und Urs Peter Schneider, die<br />

das Gymnasium Neufeld in Auftrag gegeben hat.<br />

Von besonderem Reiz dürfte aber auch ein Stück<br />

sein, das Sándor Veress 1958 zum 100. Geburtstag<br />

des Berner Konservatoriums geschrieben hatte:<br />

«Laudatio Musicae. Ein Ohren-Vergnügendes und<br />

Gemüthergötzendes Tafelconfect» nach Texten<br />

aus einem Liederbuch aus dem Jahre 1733 von Valentin<br />

Rathgeber für Sopran, gemischten Chor und<br />

Kammerorchester.<br />

Staunen IV - BeACHTUNG also! Das Festival<br />

für Jung- und Altgierige, das so viele Sinne öffnet,<br />

geht von Donnerstag, 1. März, bis Sonntag, 4. März,<br />

in seine «zweite Runde»: mit dem Berner Symphonie-Orchester<br />

unter der Leitung seines Chefdirigenten<br />

Andrey Boreyko, mit den Klavierklassen<br />

der Musikschule Konservatorium Bern, mit einer<br />

langen Nacht der Internationalen Gesellschaft<br />

für Neue Musik, dem fantastischen Mondrian Ensemble<br />

und dem SWR Chorensemble Stuttg<strong>art</strong>,<br />

einem der herausragendsten Chöre unserer Zeit,<br />

und mit einer Bescherung der besonderen Art<br />

durch die Geigerin Patricia Kopatchinskaja und das<br />

Berner Kammerorchester.<br />

www.musikfestivalbern.ch<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07


KLASSIK<br />

der füssli-zyklus<br />

Von Katharina von W<strong>art</strong>burg<br />

■ Ein aussergewöhnliches Konzert ist dieser Tage<br />

im Schlachthaus zu hören: Der Füssli-Zyklus - das<br />

sind vier Auftragskompositionen zu Bildern des<br />

Schweizers Johann Heinrich Füssli (1741-1825). In<br />

allen vier Werken geht es um Sprachlosigkeit und<br />

um rasend-verzweifelte, vorsichtig-tastende oder<br />

sinnlos-autistische Berührungsversuche einer<br />

Frauenfi gur mit der Aussenwelt. Geschrieben wurden<br />

die Werke für die Flötistin Barbara «Balba»<br />

Weber, die damit ganz neue Welten in der Querfl ötenmusik<br />

betritt. Die vier Stücke sind:<br />

Helmut Oehring (D, geb. 1961), «FUESSLI-Musik»<br />

Aus mehreren übereinandergelagerten Text-<br />

und Musikschichten entwickelt sich ein grosser<br />

Monolog. Die Perfomerin bedient sich dafür eines<br />

selbstentwickelten Systems von Laptop, Mikrofonen<br />

und Fusspedalen und mischt vorproduzierte<br />

Elemente mit Live-Performance. Als Live-Instrument<br />

wird eine verstärkte, fast spieluntaugliche<br />

Bass-Querfl öte und die eigene Stimme gebraucht.<br />

Michael Wertmüller (CH, geb. 1966), «Lolita»<br />

Die gebrochene Stimme der Solistin versucht, sich<br />

durch kaum unterbrochene, virtuose Klangkaskaden,<br />

rhythmisch hochkomplexe Abläufe und penetrante<br />

Musterwiederholungen der Flöte durchzukämpfen.<br />

Verbunden mit der maschinellen,<br />

ständig im Hintergrund anwesenden bedrohlichen<br />

Geräuschkulisse des Zuspiels entsteht ein düsteres,<br />

bedrängendes Bild menschlicher Unzulänglichkeit.<br />

Natalia Pschenitschnikowa (UdSSR), «Das<br />

Schweigen» Das Stück ist frei nach Texten von<br />

John Milton, Sigmund Freud, Michel Houellebecq<br />

und Eminem geschrieben, wobei Texte ausgewählt<br />

wurden, die auf verschiedene Art den Zustand der<br />

Melancholie berühren. Die Texte selbst kommen<br />

aber nicht zu Gehör, sie sind nur in die Klänge<br />

hineinchiffriert, als Botschaften, die man manchmal<br />

fast zu verstehen glaubt, aber doch nicht richtig<br />

entziffern kann. So kommt der Zustand der Melancholie<br />

in dem Performer selbst zum Klingen<br />

Barbara Balba Weber (CH, geb. 1967), «Turm»<br />

Mit einem einzigen zwölfminütigen Ton wird eine<br />

Flötistin bis an den Rand des psychisch und physisch<br />

Möglichen getrieben. Mittels minimalistischer<br />

Techniken sowohl für die Musik als auch<br />

für die Choreographie formt sich aus diesen allerkleinsten<br />

Bewegungen (klanglich und bewegungsmässig<br />

eine Studie über den Schwalbenfl ug und<br />

den Schwalbengesang) im Verlauf des Werks eine<br />

einzige grosse Geste.<br />

In dem einstündigen Zyklus wird der Flötistin<br />

abgefordert, was weit über die gängigen Vorstellungen<br />

einer «Flöten-Musik» hinausgeht. In jedem<br />

der vier Werke wird mit den Möglichkeiten von<br />

Instrument, Stimme, Bewegung, Elektronik und<br />

Text bis an die Grenzen des bisher für ein einzelnes<br />

Solo-Instrument Gemachten experimentiert.<br />

Einerseits werden damit die beschränkten Möglichkeiten<br />

des Instruments gesprengt und die<br />

Möglichkeiten einer bestimmten Musikerin gezielt<br />

ausgelotet. Andererseits werden mehrere junge<br />

radikale KomponistInnen in einem einzigen Zyklus<br />

vereinigt, die eine neue Generation verkörpern<br />

und die (nebst dem Inhaltlichen) vor allem eines<br />

verbindet: Ablehnung jeglicher Dogmatik, unverkrampfter<br />

Umgang mit Tradition, mit verschiedenen<br />

Musikgenres, mit Sprache und mit Technik.<br />

Füssli-Zyklus:<br />

So, 11. März, 17:00 h, Schlachthaustheater Bern<br />

ARCHITEKTURKULTUR BERN<br />

■ Die Ortsgruppe Bern des Bundes Schweizer Architekten<br />

BSA lädt ein zur festlichen Buchvernissage:<br />

Freitag, 30. März 2007, Kornhaus Bern, ab<br />

19:00 h im Stadtsaal.<br />

Apéritif prolongé, mit künstlerischen Interventionen<br />

von Chantal Michel und Jürg Halter. Eintritt frei,<br />

die Weine werden offeriert – nix wie hin…<br />

STADTLÄUFER<br />

Von Andy Limacher<br />

musik<br />

■ nr. 29 // berauschend. Letztens spazierte ich<br />

dem Uferweg entlang bis zum Kraftwerk Engehalde.<br />

Dort schaute ich eine Weile lang Schwänen<br />

und Enten zu und bewunderte die Wintersonne,<br />

die sich im Wasser spiegelte. Von allen<br />

Geräuschen der Natur ist mir dasjenige des Wassers<br />

am liebsten, vor allem, wenn es über einen<br />

Abgrund hinausschiesst, und sei dieser noch so<br />

klein.<br />

Als ich den Wasservögeln beim Nichtstun<br />

zuschaute, fragte ich mich, wieviel Strom dieses<br />

kleine Flusskraftwerk eigentlich produziert,<br />

und dies wiederum führte zum Entschluss, einen<br />

Stadtläufer über die Berner Stromproduktion zu<br />

schreiben. Das Thema ist ja im Hinblick auf den<br />

neuen IPCC-Bericht brandaktuell.<br />

Auf der Website von Energie Wasser Bern<br />

erfuhr ich, dass nur fünf Prozent der gesamten<br />

Energieerzeugung für die Bundeshauptstadt aus<br />

eigenen Anlagen stammen. Der grösste Anteil<br />

entfällt dabei auf das Flusskraftwerk Felsenau,<br />

das Schlusslicht bilden die Engehalde und das<br />

Solarkraftwerk Neufeld.<br />

Knapp zwei Drittel des Berner Stroms liefern<br />

sogenannte P<strong>art</strong>neranlagen, zu denen auch die<br />

Kernkraftwerke Gösgen und Fessenheim (F) gehören,<br />

die verbleibenden 35 Prozent führt die<br />

EWB unter dem etwas undurchsichtigen Posten<br />

«Drittbezüge» auf. Diese Erkenntnis hat dazu<br />

geführt, dass ich seit dem 1. Januar 2007 das<br />

Stromprodukt ewb.BERNER.kraft beziehe. Da<br />

sind zwar auch Speicherkraftwerke dabei, aber<br />

immerhin keine Kernkraftwerke.<br />

Doch zurück zu den Schwänen und Enten und<br />

unserem Spaziergang. Wenn Sie denjenigen Ort<br />

besuchen möchten, an dem der Löwenanteil des<br />

Berner Stroms produziert wird, folgen Sie der<br />

Aare Richtung Olten bis Gösgen (dabei handelt<br />

es sich um ungefähr drei bis vier Tagesmärsche).<br />

Ansonsten können Sie getrost hier bleiben: Vom<br />

Engekraftwerk kommt zwar nicht der meiste<br />

Strom, aber sicherlich der schönste.<br />

www.ensuite.ch<br />

Ein Abo macht Sinn.<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07 15


Michael Brenner and Freddy Burger in association with Queen Theatrical Productions, Phil McIntyre Entertainments and Tribeca Theatrical Productions present:<br />

AB NACH ZÜRICH:<br />

HAUPTSTADT DER CHAMPIONS!<br />

© WWRY Musical 2007<br />

TICKETCORNER 0900 800 800 (CHF 1.19/MIN)<br />

+++ WWW.WEWILLROCKYOU.CH +++<br />

WWRY<br />

2


JAZZ<br />

jazz mit heissem atem<br />

Von Benedikt Güntert (Bild: zVg.)<br />

■ Joe Zawinul, geboren in Wien 1932, ist trotz seines<br />

Alters nicht zu einer Legende des Jazz mutiert:<br />

Frisch wie ein Sportsmann führt er noch immer seine<br />

Band wie eine Akademie und treibt sie auf Tour<br />

zu Höchstleistungen.<br />

Seine Herkunft ist schon aussergewöhnlich für<br />

einen europäischen Jazz-Musiker: Zawinul wuchs<br />

auf zwischen Vaters Akkordeonklängen in einem<br />

Wiener Arbeiterviertel und Grossmutters kinderreichem<br />

Kleinbauerngut in Stadtnähe. Die zweite<br />

Grossmutter ist eine Sintiza aus Ungarn. Das Leben<br />

war h<strong>art</strong> und arm, die Musik jedoch das starke Band,<br />

das die Familie verknüpfte. So griff auch Josef früh<br />

zum Akkordeon, stimmte in die Volkslieder ein, und<br />

wurde mit seinem Gefühl für Rhythmen bald zu einem<br />

Leader der Stubenmusik. Am Konservatorium,<br />

kurz nach den Kriegsjahren, hörte er erstmals, was<br />

aus den Vereinigten Staaten kam. Dank den neuen<br />

Tönen von Fats Waller fi ng er Feuer für schwarzen<br />

Jazz, der ja auch im armen Milieu entstand. Er übte<br />

ihnen nach, spielte in europäischen Bands, doch<br />

Ende der fünfziger Jahre zog es ihn nach den USA,<br />

wo er sich bald dem grossen Canonball Adderley anschliessen<br />

sollte.<br />

Eine neue Schule begann für ihn. Bis er eines Tages<br />

- war es im wilden Umbruchjahr 68? – befand,<br />

er wolle nie mehr so tönen wie seine Lehrmeister. Er<br />

schweisste alle seine LPs ein und begann von vorn<br />

mit Spielen und Komponieren. Das war der Beginn<br />

einer gross<strong>art</strong>igen Epoche, die Geburt des Fusion-<br />

Jazz. Er war mitten in der kreativen jungen schwarzen<br />

New Yorker Jazz-Szene, begleitete Dizzy und<br />

Miles Davis. Der befand einmal zu seinen Rhythmen:<br />

«it’s not black, it’s not white, but it grooves harder<br />

than anything», zu seinen Bassläufen meinte er, niemand<br />

schreibe solche wie Zawinul. Der begann nach<br />

einer ersten Solo-LP («Zawinul» 1970) mit Trompeter<br />

Wayne Shorter und Bassist Jaco Pastorius zu<br />

spielen. Kurz darauf entdeckte die Welt hinter psychedelischen<br />

Plattenhüllen der Gruppe «Weather<br />

Report» eine neue Art von impulsivem Jazz. Fusion?<br />

Ja, da war Rock dabei, Psycho, Ethno… und der unbe-<br />

kannte, prägende Klang von Zawinuls elektrischem<br />

Keyboard, welcher den Stücken einen wilden Atem<br />

verlieh. «Weather Report» wurde zur ersten Jazzformation,<br />

die in Pop-Gefi lden Anklang fand, sogar<br />

deren Ch<strong>art</strong>s erklomm, mit Zawinuls Komposition<br />

«Birdland», einer Ode an New Yorks umstrittensten<br />

Club. Fast zwanzig Jahre später sollte er in Wien sein<br />

eigenes, neues Birdland eröffnen. (Ein heisser Tipp<br />

für Wien-Reisende!)<br />

Zawinul, den viele wie die übrigen Weather Reporter<br />

für einen Schwarzen hielten, und die meisten<br />

für den schwärzesten aller weissen Musiker, hatte<br />

den Jazz revolutioniert, hatte mit einem neuen<br />

Instrument, dem Keyboard, neue Phrasen und Energien<br />

eingeführt. Und war einer der wenigen europäischen<br />

Jazzer, die sich in der amerikanischen<br />

Jazzwelt durchsetzen konnten.<br />

Bei alledem pfl egte der starke Kerl noch ein anderes<br />

Leben, sein liebstes Hobby war und ist nämlich<br />

der Boxsport. Was der mit Musik zu tun hätte? «Beides<br />

braucht vollste Konzentration und Intelligenz.»<br />

Zwischen den Welten war er zeitlebens: zwischen<br />

Stadt und Land, zwischen Wien und New York und<br />

heute Kalifornien, zwischen Sport und Musik. Zwischen<br />

seiner Familie und Musikern aller erdenklichen<br />

Herkünfte fühlte er sich am wohlsten. Nach der<br />

Aufl ösung von «Weather Report» begann er denn,<br />

junge Talente aus aller Welt um sich zu scharen. CDs<br />

wie «Mi Gente» oder «Lost Tribes» in den neunziger<br />

Jahren zeigten, welch wundervoll originelle, funkige<br />

Welt-Musik er mit seiner gescheiten, humorvoll<br />

strengen Führung zu verdichten vermochte.<br />

75 wird Zawinul dieser Tage, noch immer ist er<br />

stämmig wie ein Boxer, und diese zweite Natur ist<br />

die Saftwurzel dieses Mannes, der noch lange nicht<br />

seine Legende zelebrieren will. Auf jede Tournee<br />

bringt er neue Jungtalente aus seiner Kaderschmiede<br />

mit, gewissermassen der Zawinul-Akademie. Auf<br />

der Bühne wird er sie zum Äussersten treiben und<br />

den Wahn ihrer Improvisationen geniessen.<br />

Joe Zawinul & The Zawinul Syndicate spielt in<br />

der Mühle Hunziken am 13.3.2007, 21:00 h<br />

JAZZ IN BERN<br />

musik<br />

VIKTORIA TOLSTOY<br />

IM THEATER NATIONAL<br />

■ Jazz-Puristen rümpfen die Nase, sobald eine<br />

nordische Jazzsängerin, dazu noch «blond», auf<br />

die Bühne steigt. Den einen ist es zu poppig, den<br />

anderen zu wenig hitverdächtig, weitere schreien:<br />

«Das ist alles nur Marketing.» Sicher, das Publikum<br />

wurde in den letzten Jahren überfl utet, die<br />

Musikindustrie hatte einen Markt entdeckt. Trotzdem<br />

sind es immer nur wenige, die überleben –<br />

und Viktoria Tolstoy steht erfolgreich mitten drin.<br />

Ihr Urgrossvater war der Sohn des berühmten<br />

Leo Tolstoi im noch russischen Zarenland – doch<br />

das wird sich auf die Musik nicht auswirken. Er<br />

Bild: zVg.<br />

heiratete eine Schwedin und sie blieben seit dem<br />

Ende des 19. Jahrhunderts in Schweden sesshaft.<br />

Viktoria ist also Schwedin und 1974 in Sigtuna, in<br />

der Nähe von Stockholm geboren – vielleicht deswegen<br />

blond. Auch dies hat mit der Musik nicht<br />

viel zu tun.<br />

Ihr Vater, ebenfalls ein schwedischer Jazzmusiker,<br />

führte sie in die Jazzwelt ein und gab ihr die<br />

musikalische Ausbildung gleich selber. Entdeckt<br />

wurde sie Mitte der 90er Jahre in einem Stockholmer<br />

Club und erhielt darauf einen Plattenvertrag.<br />

Der St<strong>art</strong> glückte, zwei Jahre später folgte ein<br />

pop-orientiertes weiteres Album und dies katapultierte<br />

sie an die Spitze der Hitlisten. Weitere Alben<br />

folgten, diesmal produziert und mitgeschrieben<br />

vom Landesmann Esbjörn Svensson. Mit dessen<br />

Formation e.s.t. war sie dann auch gleich auf<br />

Tournee. Von da an war sie mit den grossen auf<br />

der Bühne: Zum Beispiel Ray Brown oder McCoy<br />

Tyner. Und dies zu Recht: Die Frau kann singen<br />

und hat ziemlich Feuer in der Musik. Ihr Jazz ist<br />

poppig, aber nicht «blond». Empfohlen sei hier ihr<br />

letztes Album: «Pictures Of Me».<br />

Die Jazz-Organisation BeJazz bringt Viktoria<br />

Tolstoy am 23. März, im Rahmen der Jazz Classics<br />

Bern, um 20:00 h ins Theater National. (vl)<br />

Infos: www.bejazz.ch / Telefon 031 311 25 94<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07 17


musik<br />

POPMUSIK<br />

zwei feen auf besuch in bern<br />

Von Caroline Ritz - Anna Ternheim aus Stockholm und Eleni Mandell aus Kalifornien kommen ins ISC Bern (Bild:<br />

zVg.)<br />

■ Es waren einmal zwei Feen – die eine aus Los<br />

Angeles, der «Stadt der Engel», stammend, während<br />

die andere in Vila unter dem mystischen<br />

Nordlicht Schwedens geboren wurde. Geografi sch<br />

Welten auseinander, schlägt beider Herz schon in<br />

frühreifer Heftigkeit für die Musik, entdecken sie<br />

doch fast simultan die Liebe zum z<strong>art</strong>en Saiteninstrument<br />

Gitarre, machen Zwischenhalt bei einem<br />

Kunststudium, bevor sie sich endgültig der hohen<br />

Kunst des Songwritings zuwenden und von den<br />

Grössen des Genres entdeckt und gefördert werden.<br />

Die Rede ist von den zwei reizenden Melusinen<br />

Anna Ternheim und Eleni Mandell. So zwillingshaft<br />

die beiden auf den ersten Blick scheinen mögen, so<br />

gegensätzlich und spannend sind doch ihre Ausdruckformen.<br />

Die lieben Nöte mit den Männern,<br />

von durchzechten und durchweinten Nächten und<br />

vermeintlichen Schicksalsbegegnungen mit dem<br />

anderen Geschlecht handeln ihre Texte. Liebevoll<br />

und akribisch erzählen die Damen von skurrilen<br />

Erlebnissen und lamentablen Details ihrer Vergangenheit.<br />

Anna Ternheim mit z<strong>art</strong>er, unterkühlter<br />

Stimme und trockener, barscher Ausdrucksweise,<br />

die zeitweise an eine Suzanne Vega erinnert.<br />

Eleni Mandell in der raffi nierten und verruchten<br />

Variante. Lasziv und «anbieterisch» klingen die bizarren<br />

Wortspiele und Songtexte. Beide wohl vom<br />

Feenreich beauftragt, den Weg der unerträglichen<br />

Leichtigkeit des Seins zu gehen. Stimmungen und<br />

Texte schwanken zwischen schalen Liebesabschieden<br />

und versöhnlichen Zukunftsaussichten. Da<br />

hört man Passagen wie: «Sounds like darkness in<br />

the sky. Death-like, calm comes creeping by. There<br />

are not tears falling from my eyes. Just little birds<br />

singing. Miss me, miss me, miss me» oder «Salt<br />

truck clear my path. All my dreams have frozen<br />

fast. I want roads that I can drive on. I want a love<br />

I can rely on.» In aller Sehnsucht und suchender<br />

Zerrissenheit, bewahren die Musen Witz und eine<br />

naive Berührtheit. Dies setzt wahres Können voraus.<br />

Nur die Nächte sind kalt in Schweden Anna<br />

Ternheim wurde 1978 in Stockholm geboren und<br />

begann mit zehn Jahren das Gitarrenspiel zu erlernen<br />

und erste Stücke zu komponieren. Die eigene<br />

Band liess jedoch auf sich w<strong>art</strong>en. Erst als sie<br />

18<br />

mit siebzehn nach Atlanta ging, gründete sie dort<br />

die Band «Sova». Zurück in Schweden, widmete<br />

sie sich fortan intensiver ihrem Musikschaffen.<br />

Es folgten Studienjahre in Lausanne. «Es scheint,<br />

dass ich viel in der Welt herumkommen bin. Ich<br />

schätze jedoch die Zurückgezogenheit, ungebunden<br />

an einen Ort, besinne mich gerne auf die Musik,<br />

auf meine Texte. Die Stille inspiriert mich», so<br />

Anna über ihre Weltenbummelei. Der Name Anna<br />

Ternheim wurde in der Stockholmer Szene immer<br />

mehr zu einem Begriff. Der unerw<strong>art</strong>ete Erfolg in<br />

ihrer Heimatstadt ermutigte Anna, ein eigenes Album<br />

aufzunehmen. «Somebody Outside» wurde<br />

2004 vorerst nur in Schweden, 2006 dann europaweit<br />

auf den Markt gebracht Aufgenommen<br />

wurde das Album in aller Abgeschiedenheit auf<br />

der schwedischen Insel Gotland, in einer alten Sägemühle.<br />

Der Klang der Aufnahmen ist sehr charakteristisch,<br />

hört man doch zuweilen das Meer<br />

und das Rauschen des Windes durch die Songs<br />

geistern. Im Februar dieses Jahres ist nun ihr zweites<br />

Werk «Separation Road» erschienen, wobei die<br />

limitierte Edition mit den «Naked Versions» absolut<br />

zu empfehlen ist. Die Soundaufnahme ist direkt<br />

und klar, erinnert teils an Filmmusik – darum auch<br />

die aufwendigeren Arrangements. Die Gewinnerin<br />

des schwedischen Grammy als «Newcomerin des<br />

Jahres» wird am 18. März im ISC auftreten. Nicht<br />

vergessen, dies dick in der Agenda einzutragen.<br />

Nur ein bisschen Hollywood Die Liedermelodien<br />

von Eleni Mandell sind unspektakulär und roh,<br />

als ob sie anstelle des musikalischen Glamours die<br />

sprachliche Wucht bevorzuge. Diese trifft umso<br />

heftiger den Zuhörer mitten ins Herz. Vielfältig<br />

sind die Stationen in Mandells Leben. Im Teenageralter<br />

feuriger Fan der legendären L.A.-Punkband<br />

X, lernt sie Jahre später über Chuck E. Weiss ihr<br />

grosses Vorbild Tom Waits kennen. Dieses Treffen<br />

bestärkte sie in ihrem Vorhaben, sich im Songwriting<br />

zu versuchen. Mandell über Tom Waits: «Ich<br />

hatte so eine morbide Neugier, das Leben dieses<br />

selbstzerstörerischen Charakters zu ergründen!<br />

Ich wollte wie Tom Waits sein. Ja, ich bin mir nicht<br />

sicher warum. Ich verehre ihn immer noch, heute<br />

bevorzuge ich aber, ich selbst zu sein. Diese Phase<br />

gehörte zwingend zu meinem Leben.» Dem<br />

Rat Waits’ folgend, bricht sie ihr Kunststudium ab<br />

und widmet sich ausschliesslich ihrer Musikkarriere.<br />

Nach zwei Jahren mühsamer Arbeit gelingt<br />

ihr der erste Wurf «Wishbone», der ihr zu einem<br />

Vertriebsdeal verhilft. Es folgen «Thrill» und 2001<br />

«Snakebite», das sich stark an Bob Dylans Sound<br />

anlehnt. Kaum wollte die Musikpresse Mandell in<br />

eine Sp<strong>art</strong>e pressen, überraschte sie 2003 mit einem<br />

lupenreinen Country-Album namens «Country<br />

for True Lovers». Mandell meint: «Ich liebe<br />

die Country-Musik, wie sie vor dreissig, fünfzig,<br />

ja sogar sechzig Jahren gespielt wurde. Damals<br />

war sie noch absolut soulful, mit wunderschönen<br />

Texten, Melodien, Instrumenten, gespielt von<br />

tollen Musikern. Ich liebe Hank Williams, Tammy<br />

Wynette, Willie Nelson oder eine Merle Haggard.»<br />

2004 erscheint dann ihre nächste und fünfte Platte<br />

«Afternoon». Ein Gemisch aus Country, Blues,<br />

Soul und Rock’n’Roll. Diese Platte zelebriert das<br />

Schrammlige des Blues, trägt die Klarheit des Folk<br />

und die Güte des Countrys in sich. Sechster und<br />

neuster Streich ist das im Februar 2007 erschienene<br />

Album «Miracle of Five». Die zwölf Country/<br />

Songwriter-Songs kommen leichtfüssiger und unbeschwerter<br />

daher. Schmerz und Enttäuschungen,<br />

die auf den früheren Alben büsserhaft verarbeitet<br />

wurden, werden heute sachlich und überlegt in<br />

den Texten abgehandelt. Das Album wirkt ausgeglichen<br />

und animiert zu wohligem Mitschwingen<br />

bei den Songs. Am 15. März wird das ISC für einmal<br />

zum Saloon, Cowboys und -girls sind eingeladen.<br />

Feenwünsche aus der Jukebox Was würden<br />

sich wohl Feen wünschen, wenn sie einen Wunsch<br />

frei hätten? Wer die Antwort sucht, fi ndet sie unverblümt<br />

und wahr auf den neusten Alben der Frauen<br />

oder Live im ISC. Schöner kann ein Schlusswort<br />

wohl kaum mehr sein, Miss Mandell: «Moonglow,<br />

lamp low. All I need is a rainbow. And true love just<br />

like sugar in my coffee. Moonbeam, sleeping. All I<br />

need is a sweet dream. And true love just like honey<br />

in my tea.»<br />

Konzerte:<br />

Anna Ternheim spielt am 18.3.2007, 21:00 h,<br />

Eleni Madell spielt am 15.3.2007, 21:00 h im ISC<br />

Bern.<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07


POPMUSIK<br />

verfrühtes frühlingserwachen<br />

mit cibelle (Bild:<br />

■ Normaleweiser beginnt der astronomische<br />

Frühling ja erst am 21. März – dieses Jahr macht<br />

der Kosmos für einmal eine Ausnahme. Das<br />

kleine Städtchen Bern wird am 18. März Zeuge<br />

von unerklärlichen Rhythmen, Melodien, die<br />

an zärtliches Satellitengefl üster erinnern, und<br />

sphärischen Tonfetzen, die einem erregten<br />

Zusammentreffen der Himmelsgestirne nahe<br />

kommen. Eine Stimme, elektrisierend, spannungsgeladen,<br />

das kosmische Einläuten des Lenz<br />

zelebrierend. Cibelle ist die diesjährige Botschafterin<br />

des Berner Frühlings. Und um nichts<br />

dem Zufall zu überlassen, nimmt sie neben einer<br />

erstklassigen Band Gerätschaften wie Loopgeräte,<br />

Sampler und weitere elektronische Spielzeuge mit.<br />

Ihre Musik einfach mit einem Bossa-Nova-Stempel<br />

zu versehen, wäre bedauerlich und würde ihrem<br />

vielfältigen Talent nicht gerecht. Der Himmel hat<br />

es gut gemeint mit dem Mädchen. Es besitzt das<br />

feine Gespür für den Jazz. Piano- und Gitarrenspiel<br />

werden jovial von Cibelle in ihre elektronischen<br />

Klangteppiche eingefl ochten, um dann zwinkernd<br />

von dannen zu fl iegen. Nicht selten nehmen sie das<br />

Herz eines Zuhörers kurzerhand mit.<br />

Wir alles begann Begonnen hat alles im «Glitter»,<br />

einer Bar in São Paolo. Cibelle w<strong>art</strong>ete dort genervt<br />

auf ihren immer zu spät kommenden Freund. Gereizt<br />

rauchte sie eine Zigarette nach der anderen, wobei<br />

ihr unentwegt ein schwarz gekleideter Mann Feuer<br />

gab. Dieser Herr war Suba, Schöpfer von «Sao Paolo<br />

Confessions», wohl eines der wichtigsten Alben für<br />

die neue, junge lateinamerikanische Musik. Cibelle<br />

über ihren Förderer und Freund Suba: «Als ich<br />

zum ersten Mal seine elektronischen Sounds hörte,<br />

war ich sprachlos. Der Samba veränderte sich,<br />

die Musik begann für Momente stillzustehen, ich<br />

hörte eine ganz andere Klangarchitektur heraus.<br />

Mich durchzuckte es und ich dachte nur: Yeah! Auf<br />

diesen Sound habe ich ein Leben lang gew<strong>art</strong>et. Den<br />

zVg.)<br />

Von Caroline Ritz - Warmes Winterende mit Brasiliens spannendster Stimme<br />

Typ muss ich kennenlernen.» Ihr damaliger Freund<br />

drängte sie auf die Bühne und Suba drückte ihr ein<br />

Mikro in die Hand. Das war der Anfang einer der für<br />

Cibelle tiefsten und kreativsten Freundschaften, die<br />

allerdings jäh durch den plötzlichen Tod von Suba zu<br />

Ende ging, bevor sie erst richtig angefangen hatte.<br />

Eine gemeinsame Tournee war schon fi x geplant,<br />

und frische Songs waren in Arbeit. Der Schock und<br />

die Trauer sassen tief. Sie nahm sich eine Auszeit,<br />

um dann passenderweise ein Jobangebot in der Bar<br />

«Grazie a Dio» zu bekommen. Cibelle konnte den<br />

Freitagabend nach freiem «Gusto» gestalten. Sie<br />

organisierte Jam-Sessions, bei denen sie selber aktiv<br />

mitwirkte. Zu Beginn wurde noch planlos gejammt,<br />

mit der Zeit unterlegten Cibelles eigene Gedichte<br />

die Stücke – da fehlte nicht mehr viel zum nächsten<br />

Schritt, diesen Gedichten ein musikalisches Gesicht<br />

zu geben. Sie entwickelte stetig ihren eigenen,<br />

ganz persönlichen Sound. Heute lebt die junge<br />

Frau in London. Ihr aktuelles Album «The Shine of<br />

Dried Electric Leaves» nahm sie in London und São<br />

Paolo auf. An ihrer Seite hatte sie erfolgreiche Co-<br />

Produzenten und Performer – darunter Apollo Nove<br />

(innovativer Produzent und Künstler aus São Paulo,<br />

der einen Grossteil ihres Debütalbums produzierte),<br />

Yann Arnaud aus Paris (Air), und Gäste wie Seu<br />

Jorge (bekannt aus dem Film «City Of God») und<br />

nicht zur vergessen, Cibelles Freunde Devendra<br />

Banh<strong>art</strong> und Spleen.<br />

Energiequelle fürs Auge und Ohr Durch die<br />

erhöhte Sonneneinstrahlung werden im Frühling<br />

vermehrt Serotonin und Dopamin ausgeschüttet.<br />

Das macht glücklich und euphorisch. Wetterunabhängig<br />

wird Cibelle für einen heissen Abend<br />

sorgen. Serotonin fürs Auge und Dopamin fürs Ohr<br />

– die Dosis ist noch unklar.<br />

bee-fl at, Turnhalle PROGR in Bern, 18. März 2007,<br />

21.00 h - www.bee-fl at.ch<br />

SPOTLIGHT<br />

musik<br />

Brazilian Girls<br />

■ Dieses hippe Qu<strong>art</strong>ett stammt weder aus<br />

Brasilien noch besteht es aus Mädchen und vor<br />

allem klingt es nicht nach Latin. Soundtechnisch<br />

schwingt klar New York durch, woher die<br />

Brazilian Girls mit der Sängerin Sabina Sciubba<br />

auch kommen. In nicht weniger als fünf Sprachen<br />

(englisch, deutsch, französisch, italienisch,<br />

spanisch) – zum Teil im gleichen Satz – singt sie<br />

unwiderstehlich erotisierend auf dem aktuellen<br />

Album «Talk to la Bomb». Auf dem renommierten<br />

Jazz-Label «Verve» erschienen, treiben die<br />

Brazilian Girls mit ihrer aktuellen zweiten Platte<br />

in Richtung Neo Wave, Electro-Pop-Punk, Dance-<br />

Rock. Kunst und Zukunftsmusik – Heiss. (cr)<br />

7.3.2007 Bad Bonn, Düdingen<br />

CD-Tipp: Voodoo Galore Vol. 2<br />

■ Jérémie Malisz ist King Automatic und bleibt<br />

auch mit seiner zweiten Platte «I Walk My Murderous<br />

Intentions Home» der wahre König der One-<br />

Man-Bands. Es fi epen die Orgeln, die Mörder-Gitarren<br />

durchqueren den schweren Rock’n’Roll,<br />

die Blues-Harp keucht, während das Schlagzeug<br />

malträtiert wird. Die Mensch-Maschine Malisz variiert<br />

die Tempi, prescht nicht mehr nur stur nach<br />

vorne wie auf dem noch abgefuckter klingenden<br />

Vorgänger «Automatic Ray» und lacht diabolisch<br />

im listigen «Here Comes The Terror», hinkt im<br />

grossen «The Sinner», tönt nach Unterwelt, nach<br />

B-Movies, watet in einem einzigen Sündenpfuhl<br />

und bereitet schlicht wohllüstiges Vergnügen.<br />

Freundlich gestaltet sich das mittlerweile<br />

dritte Album von The Watzloves. Die Lust am Archaischen,<br />

an Zydeco, Cajun und Polka bestimmt<br />

«Catch Me A Possum». Liebenswürdig sind in<br />

erster Linie die Duos zwischen der Sängerin/<br />

Akkordeonistin Silky und ihrem P<strong>art</strong>ner DM Bob<br />

sowie das sehnende «You’re On My Mind» ausgefallen.<br />

Simpel gestrickt enthält «Catch Me A<br />

Possum» vierzig Minuten Musik zum geselligen<br />

Trinken, nicht mehr und nicht weniger. (bs)<br />

Beide Platten erschienen auf Voodoo Rhythm<br />

(im Vertrieb von RecRec).<br />

The Watzloves spielen am 16. März im Café<br />

Kairo.<br />

Festival für Musik und visuelle<br />

Kunst: SEHNSOHR<br />

■ Vom 29. - 31. März fi ndet in der Dampfzentrale<br />

ein äusserst spannendes Festival der WIM<br />

Bern (Werkstatt für improvisierte Musik) statt:<br />

SEHNSOHR. Das Programm verspricht experimentelle<br />

Highlights und konfrontierende Spontanität.<br />

Gleichzeitig feiert die WIM Bern ihr 25jähriges<br />

Jubiläum. Wir gratulieren! (vl)<br />

Infos: www.wimbern.ch<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07 19


musik<br />

«coca-cola schmeckt<br />

nun mal besser als rivella»<br />

Interview von Claudia Badertscher - Die Berner Pistol-Rock Band: The Makagulay Culkins (Bild: zVg.)<br />

■ Derjenige, der das von den Schweizern erfundene<br />

Getränk nicht mag und US-amerikanisches<br />

Kulturgut hochschätzt, heisst Georg Schlunegger<br />

und ist Sänger der Berner Pistol-Rock Band The<br />

Makagulay Culkins. Seine Band trinkt nicht nur<br />

amerikanische Tropfen, sie gewinnt auch ihre Inspiration<br />

aus Übersee: Johnny Cash und Bruce<br />

Springsteen sind die Idole der fünf Musiker. Soeben<br />

haben die Makagulays ihre erste zwar kurze,<br />

aber vielversprechende CD «Uhhh-Ahhh» aufgenommen.<br />

Im Interview erzählen Schlunegger, Gitarrist<br />

Dr. Schlürd, Bassist Matthias Christen und<br />

Drummer Christian «Riis» Rosser von ihrer Band<br />

und ihrer Vorliebe für Amerikanisches.<br />

«The Makagulay Culkins» – ein sehr merkwürdiger<br />

Bandname.<br />

Dr. Schlürd: Der Name ist, wie so vieles in unsrer<br />

Band, eine Spontangeburt. Riis und ich sahen<br />

im Fernsehprogramm, dass «Kevin allein zu Haus»<br />

gezeigt wird. Zwischen uns entbrannte daraufhin<br />

die wohl jedem unserer Generation bekannte Diskussion<br />

über den Namen des Kevin-Darstellers. Ich<br />

pochte auf «Makagulay Culkin». Riis antwortete, er<br />

hiess zwar anders, aber: wir haben einen Bandnamen.<br />

Das «The» fügten wir hinzu, weil es alle guten<br />

Bands im Namen tragen.<br />

Auf Eurer CD wechseln Countrylieder mit rockigen<br />

Songs. Eine klare Linie ist nicht erkennbar.<br />

20<br />

Dr. Schlürd: Die verschiedenen Stile sind musikalisches<br />

Abbild der Anatomie unserer Band. Sie<br />

setzt sich aus fünf Individuen mit ebenso vielen<br />

Musikgeschmäckern zusammen.<br />

Schlunegger: Ich schreibe vor allem romantische<br />

Lieder, Riis Satirisches wie den Song «Electric<br />

Chair». Unsere Skala reicht von Country bis<br />

Rock – «Pistol Rock» eben.<br />

Nicht gerade die Musik, die man sonst von<br />

der jungen Berner Szene hört.<br />

Schlunegger: Uns gefällt die Ehrlichkeit und<br />

Einfachheit des amerikanischen Roots-Rock. Viele<br />

Musiker wollen das Rad neu erfi nden, unsere Songs<br />

hingegen müssen weder innovativ noch fancy sein,<br />

sondern schön. Für einen Song, der berührt, reichen<br />

manchmal zwei Akkorde. Wir machen Musik,<br />

die uns und unserem Publikum gefällt.<br />

Das Schweizer Publikum mag gemäss Verkaufszahlen<br />

von Plüsch und Co. einheimische<br />

Bands mit Mund<strong>art</strong>texten. Ihr singt ausschliesslich<br />

Englisch.<br />

Dr. Schlürd: Zu unserer Musik passen englische<br />

Texte besser. Und wir wollen uns nicht künstlich<br />

gegen den Einfl uss der amerikanischen Kultur auflehnen.<br />

Schlunegger: Stimmt. Schliesslich schmeckt<br />

Coca Cola einfach besser als Rivella.<br />

Christen: Überdies sind unsere Motivation ja<br />

auch nicht Verkaufszahlen, wir müssen nicht in<br />

zwei Jahren das Hallenstadion füllen.<br />

Wünscht sich nicht jeder Musiker insgeheim<br />

grossen Erfolg?<br />

Christen: Wir wollen unser Projekt nicht hochgestochenen<br />

Ambitionen unterordnen.<br />

Schlunegger: Wichtiger ist uns die musikalische<br />

Freiheit, das Ziel der Band sind daher kleinere Konzerte<br />

und CD-Produktionen in Eigenregie.<br />

Riis: Was zudem zählt, ist das Gefühl am Samstagnachmittag<br />

im Bandraum. Musik machen ist<br />

gut für die Seele. Nicht in allen Lebensbereichen<br />

sollen Ehrgeiz und Leistung den Ton angeben.<br />

Welch gutschweizerische Bescheidenheit.<br />

Riis: Nun, wenn uns der Organisator der Superbowl-Pause<br />

anruft, spielen wir, aber nicht unter<br />

500 Franken plus Spesen.<br />

Konzerte<br />

2. März, 21:00 h<br />

Ono, Bern: Plattentaufe<br />

15. März, 22:00 h<br />

Mescalero, Grindelwald: Konzert mit Kandlbauer<br />

Hörproben<br />

http://www.myspace.com/themakagulayculkins<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07


POPMUSIK<br />

«am anfang war das wort,<br />

aber davor wurde gehustet.»<br />

Von Benedikt S<strong>art</strong>orius (Bild: zVg.)<br />

■ «Folgende Versuchsanordnung: Ich kippe eine<br />

Art sprachlichen Müll in die rotierende Trommel,<br />

und wenn ich dann genug einzelne kleine Teile da<br />

hineingegeben habe und die Kraft, die das Ganze<br />

am Rotieren hält, sie so weit an die Wand drückt,<br />

dass diese Teile dann gezwungen sind, miteinander<br />

Händchen zu halten, dann ergibt sich entweder eine<br />

Art alpine Landschaft oder Zuckerwatte.» Mit diesen<br />

Worten beschreibt Blixa Bargeld seine Performance<br />

«Rede/Speech». Der «sprachliche Müll» besteht<br />

aus Worten, Wortfetzen, markerschütternden<br />

Schreien, Sprachsequenzen und Geräuschen aus<br />

dem Brustkorb, die Bargeld mit seiner rotierenden<br />

Trommel – nichts anderes als zwei primitive Loop-<br />

Maschinen – überlagern, wiederholen und verfremden<br />

lässt.<br />

Faustisch Bargeld amtet im schwach ausgeleuchteten<br />

Bühnenraum als Conférencier, als Professor,<br />

der pseudo-wissenschaftlich auf Basis eines<br />

veralteten Konversationslexikons den Aufbau des<br />

Sonnensystems erklärt und in faustischer Manier,<br />

zusammen mit dem mephistophelischen Toningenieur,<br />

den Menschen mit einer Strassentaube kreuzt.<br />

«Was die Welt im Innersten zusammenhält»: Ist es<br />

das formatierte «Sunshine Radio», das Bargeld zur<br />

Techno-Parodie «Hey Cosmic Baby, Do You Wanna<br />

Dance» treibt? Ist es das Husten und Räuspern des<br />

soignierten Publikums, die den wichtigsten Teil des<br />

kosmischen Hintergrunds bilden? Ist das «Staunen»<br />

oder der «Zweifel» die wichtigere Komponente im<br />

Universum, wer behält im philosophischen Begriffs-<br />

Ringkampf die Oberhand? Schliesslich: Ist Bargeld<br />

der Demiurg, der Schöpfer, oder doch nur ein abgetakelter,<br />

komischer Dandy?<br />

Rollenmodelle Jedenfalls beherrscht Blixa Bargeld<br />

die beiden längst nicht mehr antagonistischen<br />

Rollenmodelle Pop und Hochkultur virtuos. Als Totengräber<br />

arbeitete er im alten Berlin, gründete die<br />

Industrial-Blaupause «Einstürzende Neubauten»,<br />

die in den frühen 80er Jahren mit Bohrmaschinen<br />

als Bühnenaccessoires den Krieg in die Städte<br />

brachte und mit ihrem letzten Migrations-Album<br />

«Perpetuum Mobile», unbändig und elegisch zugleich,<br />

zu neuer Stärke aufblühte. Im Nebenamt war<br />

Bargeld bis 2003 als Gitarrist von Nick Caves Bad<br />

Seeds beschäftigt, sorgte mit dem rudernden Auftritt<br />

in Caves Video zu «The Weeping Song» für einen<br />

urkomischen Moment in der Clipgeschichte und<br />

war eigentlich als Lustmörder für Kylie Minogues<br />

P<strong>art</strong> in «Where The Wild Roses Grow» vorgesehen.<br />

Und wenn Zeit fürs Theater sowie zum Bücher<br />

schreiben blieb, nur zu! Dass Bargeld in einer Szene<br />

in der «Rede/Speech»-DVD den Tonmischer einen<br />

«Experimentalfatzke» schimpft, darf so durchaus<br />

selbstironisch verstanden werden.<br />

Seit 2000 führt Blixa Bargeld «Rede/Speech»<br />

immer wieder auf. Ein Programm, das eher für die<br />

Stephen Hawkings als die Screaming Jay Hawkins<br />

gemacht zu sein scheint und das Publikum im Ungewissen<br />

lässt, was es denn eigentlich sein will und<br />

sein soll. Sicher ist, «dass es jedes Mal anders raus<br />

kommt. Das ist so lose alles. Manchmal kommt einfach<br />

irgendwas raus. Schauen wir mal. Manchmal<br />

kommt halt nichts raus.»<br />

Blixa Bargeld führt «Rede/Speech» am 6. März in<br />

der Dampfzentrale auf.<br />

Eine Aufzeichnung der Performance, aufgenommen<br />

am 23. Mai 2003 in Berlin, ist auf DVD erhältlich.<br />

INSOMNIA<br />

BERN, MEIN BERN<br />

Von Eva Pfi rter<br />

musik<br />

■ Man kann an der Stadt, in der man lebt, immer<br />

etwas auszusetzen haben. Manchmal wirkt<br />

das eigene Zuhause eng und klein und langweilig.<br />

Die immer gleichen P<strong>art</strong>ies, die, kaum haben<br />

sie begonnen, wieder enden, können nerven.<br />

Die Strassen und Häuser der eigenen Stadt können<br />

grau und öde wirken. Manchmal aber hat<br />

man Glück und fi ndet eine Heimat, in die man<br />

richtig verliebt ist. Die man auch nach Jahren<br />

noch am allerschönsten fi ndet, in deren Gassen<br />

man Schönheit fi ndet, die für andere scheinbar<br />

unsichtbar ist. Eine Stadt, die unendlich viele<br />

kleine Geheimnisse birgt, Geheimnisse, die noch<br />

entdeckt, Orte, die gefunden werden wollen.<br />

Das macht sie wohl aus, die Schönheit: die Möglichkeit,<br />

irgendwo da draussen etwas zu fi nden,<br />

nach dem man vielleicht gar nicht gesucht hat.<br />

Kann sein, dass einem das mit irgendeiner Stadt<br />

passiert. Aber keine Stadt ist wie Bern - glaubt<br />

mir, die ihr schon immer hier lebt! Keine Stadt ist<br />

wärmer, origineller und liebenswerter als Bern.<br />

Kürzlich war ich am frühen Abend in Zürich.<br />

Welche Hektik, welche Ungemütlichkeit herrschte<br />

rund um die Bahnhofsstrasse! Ich fl üchtete mich<br />

in den nächstbesten Intercitiy, der nach Bern<br />

fuhr und vertiefte mich in Zeitungen, während<br />

der Aargau an mir «verbi gfl oge isch». Kurz vor<br />

Bern legte ich alles lesbare weg und betrachtete<br />

die Stadt: ihre Brücken, die in gräulich-dämmrigen<br />

Abstufungen vor uns lagen; die schönen<br />

roten Trämmli, die wie Spielzeugzüge darüber<br />

hinweg rollten; weit unten die Aare; das stolz<br />

über allem thronende und leuchtende Münster.<br />

Ich kenne keine andere Stadt, die einen so begrüsst.<br />

Keine. Auf jeder Zugfahrt, die zu Hause<br />

endet, überkommt mich ein grosses Glücksgefühl.<br />

Kennt ihr das? Und auf jeder Zugfahrt<br />

kurz vor der Berner Brücke, über die der Zug in<br />

Schiefl age dahinrattert, bin ich die einzige, die<br />

den Kopf nach dem Fenster reckt, die Schönheit<br />

Berns betrachtet und nicht anders kann, als zu<br />

lächeln. Manchmal lassen andere Reisende kurz<br />

ihre Fachmagazine sinken, heben den Kopf und<br />

schauen mich verwundert an. Warscheinlich<br />

denken sie, ich sei Touristin und sähe zum ersten<br />

Mal das Berner Münster. Dann stecken die<br />

Mitfahrenden den Kopf wieder zwischen die mit<br />

Werbung bedruckten Seiten und lesen, bis sie im<br />

betongrauen Bahnhof ankommen - ohne etwas<br />

von der Magie des Moments bemerkt zu haben.<br />

Und ich – ich wundere mich jedes Mal aufs Neue,<br />

dass niemand sieht, was ich sehe. So ist das,<br />

wenn man verliebt ist.<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07 21


musik<br />

DIGITALKULTUR<br />

GESPRÄCH MIT<br />

URS, DEM BÄR<br />

Von Claudia Badertscher<br />

■ Letztlich bin ich der Web 2.0-Gesellschaft beigetreten.<br />

Was das ist, bleibt gemäss TeleBärn weiterhin<br />

unklar, aber es scheint auf alle Fälle wichtig<br />

zu sein, so versicherte mir Urs, der Bärengraben-<br />

Bär, der, obwohl im Graben hockend, oder gerade<br />

deshalb, die Welt besser kennt als ich.<br />

Nun, er erzählte, dass das Geschnatter über<br />

Youtube, Flickr, MySpace und was es sonst noch<br />

gibt kein Ende nehmen wolle: Das Web 2.0 sei das<br />

Ende der Zeitung! Der Beginn einer total neuen<br />

Kommunikation und Vernetzung! Endlich werde<br />

Andy Warhols These, wonach jeder in seinem<br />

Leben 15 Minuten berühmt sein werde, wahr!<br />

Solche Gesprächsfetzen seien in letzter Zeit so<br />

oft über seinen Kopf hinweggedonnert wie die<br />

Flugzeugkolosse über Züri Süd. Ihm, so Urs weiter,<br />

sei diese ganze Aufregung ein Rätsel. Nützten<br />

die Leute das Web 2.0 doch in erster Linie zum<br />

Herunterladen von eindeutigen Filmchen, und in<br />

zweiter zum Austausch von noch eindeutigeren.<br />

Wieso deswegen gleich die herkömmlichen Medien<br />

aussterben sollen, begreife ich nicht, sagte der<br />

Bär und wackelte seinen Kopf hin- und her. Und<br />

sowieso: dass unser Stadtpräsident auf Youtube<br />

mit Mädchen fl irtend zu beobachten sei, das habe<br />

aller Web 2.0- Hysterie zum Trotz erst die konventionelle<br />

Zeitung «Der Bund» bekannt gemacht.<br />

Von selbst wäre ja doch keiner draufgekommen,<br />

auf der Video-Seite nach den Stichworten «Mayor<br />

of the City of Berne» und «Girls» zu suchen<br />

– aber das liege wohl daran, dass niemand ein<br />

eindeutiges Filmchen mit diesen Komponenten<br />

sehen möchte.<br />

Ich unterbrach den geschwätzigen Bären, um<br />

ihm zu erzählen, dass ich nun ebendieser Web<br />

2.0-Community auch beigetreten bin. Das heisst:<br />

Ich habe einen MySpace-Account aufgeschaltet.<br />

In der Rubrik «Persönliches» musste ich eintragen,<br />

wen ich gerne träfe auf MySpace, Freunde<br />

oder Beziehungen. Meine Urgrosseltern würde<br />

ich gerne mal kennenlernen, schrieb ich. Aber ob<br />

die auch auf MySpace sind? Nun, Hauptsache, ich<br />

bin jetzt ein Teil von jener Kraft, die die Zukunft<br />

schafft, schloss ich. Toll, meinte Urs, du würdest<br />

besser mal wieder joggen gehen. Denn, dass das<br />

Web 2.0 die Welt verändern werde, das sei genauso<br />

wahrscheinlich, wie dass er noch einmal heirate.<br />

Er jedenfalls falle da nicht drauf rein. Sagte es,<br />

seufzte und ging ab, um seinen Blog upzudaten.<br />

22<br />

«PUNK / EMO / EXPERIMENTAL»<br />

das spiel mit den etiketten<br />

Von Benedikt S<strong>art</strong>orius (Bild: zVg.)<br />

■ «Punk / Emo / Experimental» lautet die Stilbezeichnung<br />

auf der My-Space-Homepage zu Marc<br />

Ribots neuester Gruppe Ceramic Dog. Beliebiger<br />

geht’s kaum noch, denken sich Freunde von eindeutig<br />

gezogenen Genregrenzen. Und ja, natürlich<br />

verwirren solch allgemeine Etiketten die Erw<strong>art</strong>ungshaltungen<br />

des Publikums und natürlich<br />

dienen sie auch zum Flunkern, genauso wie die<br />

ebenfalls genannten Einfl üsse «Dreck, Schönheit,<br />

Flugzeugessen, Pferderennen». Das Konzept aber<br />

ist klar: Ribot kennzeichnet mit den Sprachgirlanden<br />

den sehr weiten Spielraum, den sich der Gitarrist<br />

für sein Trio wie auch generell für sein Werk<br />

ausbedungen hat und zementiert gleichzeitig sein<br />

Image als Nichteinzuordnender, als Heimatloser in<br />

der Musikwelt, der bisher auf zahllosen, grundverschiedenen<br />

und kaum beliebigen Alben mitgewirkt<br />

hatte.<br />

Variabilität Ribots Arbeiten für Tom Waits stellen<br />

in seinem Œuvre sicherlich seine bekanntesten<br />

dar, doch verkürzen sie ihn – nimmt man den Waits-<br />

Prototyp «Rain Dogs» zum Massstab – zu sehr auf<br />

das windschief und dilettantisch anmutende Spiel.<br />

Kaum verwunderlich, dass er diesen, seinen «klassischen»<br />

Ton, nicht mehr benutzt und nun, auch bei<br />

Waits, variabler spielt. Die Solo-Projekte dokumentieren<br />

die Variabilität des 47-jährigen Amerikaners<br />

mit jüdischen Wurzeln am besten: Die berührende,<br />

mit akustischer Gitarre eingespielte Interpretation<br />

des Werkes von Ribots haitianischem Lehrer Frantz<br />

Casseus steht neben der Aneignung des Freejazz-<br />

Mystikers Albert Ayler, die Tanzband «Los Cubanos<br />

Postizos» war sein saloppes Statement zum Boom<br />

der kubanischen Musik, die Solo-Alben «Don’t Bla-<br />

me Me» und «Saints» enthalten uralte Traditionals<br />

und Beatles-Kompositionen und mit der Amok-<br />

Band Shrek zertrümmerte Ribot in den frühen<br />

90ern die Trommelfelle der Zuhörerschaft.<br />

Power-Trio Ceramic Dog knüpft nun dort an,<br />

wo Shrek aufhörten. Das Trio ist laut Website kein<br />

Projekt, sondern eine richtige Band, die neben Ribot<br />

den Schlagzeuger Ches Smith sowie den Bassisten<br />

und Elektroniker Shazad Ismaily präsentiert.<br />

Ceramic Dog verschränkt – nicht zum ersten Mal<br />

– den nie versiegenden New Yorker Downtown-<br />

Musikerpool mit der freien kalifornischen Rockszene,<br />

die durch Kollektive wie Secret Chiefs 3, Mr.<br />

Bungle oder Sleepytime Gorilla Museum auf sich<br />

aufmerksam machte. Lustvoller Lärm steht im<br />

Vordergrund, wenn die drei im h<strong>art</strong>en Funk von<br />

«P<strong>art</strong>y Intellectuals» Elektronik irrlichtern lassen<br />

oder Ribot «Midost» mit einem tiefschürfenden<br />

und rohen Riff eröffnet. Stille, melancholische<br />

Töne schlägt das Lied «When We Were Young» an:<br />

Marc Ribots gebrochener Sprechgesang begleitet<br />

seine wehmütige Gitarre, feine Elektronik und fragile<br />

Perkussion ergänzen karg und erschaffen ein<br />

berührendes Stimmungsbild. Die drei Titel schüren<br />

die Vorfreude auf das erste Album des Trios, dessen<br />

Veröffentlichungstermin noch in der Schwebe<br />

liegt. Bei der Nennung von Ceramic Dog dürften<br />

sich in Bälde die Assoziationen weg vom ultimativen<br />

Kitsch-Objekt und hin zu Marc Ribots furchtlosem<br />

Power-Trio bewegen. Genauer: hin zu einem<br />

«free/punk/funk/experimental/psychedelic/postelectronica»-Trio.<br />

Konzert: 10. März im Dachstock, Bern<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07


FILM<br />

wir basteln uns eine komödie<br />

Von Sarah Stähli (Bild: zVg.)<br />

■ Lars von Trier hat es wieder einmal geschafft.<br />

Er hat die Erw<strong>art</strong>ungen der Cinéphilen, der Kritiker<br />

und der von-Trier-Gelehrten dieser Welt mit<br />

seinem neuen Film gezielt nicht erfüllt.<br />

«The Boss of it All» beginnt mit der Stimme des<br />

Regisseurs aus dem Off. In ironischem Tonfall teilt<br />

er uns schulmeisterlich mit, es handle sich im Folgenden<br />

um eine harmlose Komödie, über die der<br />

Zuschauer nicht weiter zu refl ektieren brauche. So<br />

bricht er gleich in der ersten Einstellung mit der<br />

Illusion Film, indem er uns mitteilt, was wir von<br />

seinem Werk halten sollen und wir uns so automatisch<br />

von der Geschichte distanzieren.<br />

Dies sei der erste Film, den er vollständig in einem<br />

Genre-Kontext – dem der Komödie – gedreht<br />

habe, meinte der Däne in einem Interview. Dass<br />

ihm die Arbeit Spass gemacht hat, ist offensichtlich.<br />

Entstanden ist ein politisch unkorrekter Befreiungsschlag,<br />

der überdies grandios unterhält.<br />

Selbstverliebte Schauspieler Die Geschichte<br />

ist denkbar einfach und ausgeklügelt zugleich. Sie<br />

spielt in der unendlich öden Bürowelt, die bereits<br />

die britische Komödie «The Offi ce» inspiriert hat.<br />

Ravn (Peter Gantzler) ist der von allen Mitarbeitern<br />

geschätzte Boss einer Informatikfi rma. Um<br />

sich aus schwierigen Situationen herauszuziehen,<br />

hat er einen «Über-Boss» erfunden, der für alles<br />

verantwortlich und an allem Schuld ist: «The Boss<br />

of it All». Dieser hält sich immer, wenn nach ihm<br />

verlangt wird, gerade in den USA auf. Als ein isländischer<br />

Geschäftsmann sich nicht abwimmeln<br />

lässt, heuert Ravn einen Schauspieler an, der<br />

den imaginären Boss spielen soll. Der Schauspieler<br />

Kristoffer (Jens Albinus) stellt sich als selbstverliebter<br />

Egomane heraus, der dauernd seine<br />

«Figur» konsultieren muss, «meine Figur stört<br />

es», sagt er dann jeweils, zum Ärger Ravns. Weder<br />

die Ausdrücke «Transaktionshierarchie» noch<br />

«Human Resources» sind dem verklärten Theatermann<br />

ein Begriff und der Unterschied zwischen<br />

«outsourcing» und «offshoring» schon gar nicht.<br />

Trotzdem muss er Sitzungen leiten, Personalpolitik<br />

betreiben und sich auch mal um sechs Jahre alte<br />

Kundenbeschwerden kümmern. Dies geht so lange<br />

gut, bis ihm jemand ein Glaubwürdigkeitsproblem<br />

unterstellt – was gibt es Schlimmeres für einen<br />

Schauspieler? – oder ihm «Improvisationstheater»<br />

vorwirft. Und er kann sich nicht einmal mit den<br />

schlecht geschriebenen Dialogen entschuldigen.<br />

Einmal meint er zu einem Versöhnungsakt Ravns,<br />

man könne doch nicht einfach direkt von der Hölle<br />

zum Happy End übergehen und kritisiert damit<br />

eigentlich von Triers Drehbuch. Um sein Ansehen<br />

unter den Mitarbeitern zu retten, die alles andere<br />

als umgänglich sind, erfi ndet Kristoffer kurzerhand<br />

«The Boss of the Boss of it All».<br />

Publikumsbeschimpfungen Eine technische<br />

Spielerei konnte sich von Trier, Dogma-Bruder und<br />

Meister der Reduktion fi lmischer Mittel, natürlich<br />

auch hier nicht verkneifen. Der Film ist mit «Automavision»<br />

gedreht. Diese computergesteuerte Kamera<br />

wählt nach dem Zufallsprinzip Einstellungen<br />

aus, die sich innerhalb eines vorprogrammierten<br />

Umfelds befi nden. Von Trier stellte zusätzlich das<br />

Gebot auf, dass die Aufnahmen nicht nachträglich<br />

bearbeitet werden dürfen, etwa wenn Licht oder<br />

Ton nicht ideal waren oder nachträglich Farbkorrekturen<br />

gemacht werden mussten. Merkwürdige<br />

Bildausschnitte und ein unstimmiger Schnitt sind<br />

das Resultat. Das aussergewöhnliche Aufnahmekonzept<br />

erzeugt eine aufregende Filmsprache, die<br />

jedoch nie über die Geschichte dominiert.<br />

Der Film trägt eindeutig von Triers Handschrift.<br />

Die Welt, die er mit «The Boss of it All» kreiert,<br />

erinnert an seine früheren Ausfl üge ins Komödienfach,<br />

an seinen Dogma-Film «Idioterne» und die<br />

grandiose Krankenhaus-Serie «The Kingdom».<br />

Von Triers Filme sind immer in erster Linie Experimente<br />

und ein ewiges Spiel mit dem Publikum.<br />

Die charmant widerspenstige Komödie endet mit<br />

den verschmitzten Worten des Regisseurs: «Bei all<br />

denen, die mehr und denen, die weniger erw<strong>art</strong>et<br />

haben, möchte ich mich entschuldigen. Die, die bekommen<br />

haben, was sie wollten, haben den Film<br />

auch verdient.»<br />

«The Boss of it All» von Lars von Trier st<strong>art</strong>et am<br />

29. März in den Kinos.<br />

cinéma<br />

«SIND FILME WICHTIGER<br />

ALS DAS LEBEN?»<br />

Von Sarah Stähli<br />

■ Die Türkin vermisst ihren Wodka mit Zitrone,<br />

der Ire kann Gratis-Drinks niemals widerstehen.<br />

Der schüchterne Singapurer, dessen Namen immer<br />

noch niemand von uns aussprechen kann,<br />

hat sich in ein Notizbuch seitenweise Informationen<br />

aufgeschrieben und führt uns durchs Gewühl,<br />

als sei Berlin seine Heimatstadt, dabei ist er zum<br />

ersten Mal in Europa. Wir sind die «chosen ones»<br />

der «Berlinale Talent Press», einer Masterclass für<br />

junge Filmjournalisten und Teil des «Talent Campus»,<br />

eines Forums für junge Filmemacher. Eine<br />

gross<strong>art</strong>ige Gelegenheit, um Berufserfahrungen<br />

zu sammeln und Kontakte zu knüpfen.<br />

Es gibt da einen peinlichen Lieblingssport unter<br />

Filmfreaks und der geht so: Es gewinnt der, dessen<br />

Land die besten Regisseure vorzuweisen hat.<br />

Schweizer Filme kennt jeweils niemand. Manchmal<br />

kommt noch jemand mit Godard. Obwohl, ist der<br />

wirklich Schweizer? Punkte sammeln kann auch,<br />

wer bizarre Lieblingsregisseure hat. Apichatpong<br />

Weerasethakul aus Thailand zum Beispiel. À propos<br />

unbekannte Regisseure: Es kann vorkommen,<br />

dass du als «Press-Talent» innerhalb von fünf<br />

Minuten zu einem Interview mit einem indischen<br />

Dokumentarfi lmer geschickt wirst, von dem du<br />

noch nie zuvor gehört hat. Dieser stellt sich als<br />

Extrem-Filmer heraus, der für seine Arbeit sein<br />

Leben riskiert. Seine DVDs verschenkt er, wenn<br />

man verspricht, sie fünf Mal zu kopieren und zu<br />

verschenken. Mir verkauft er sie dann doch lieber<br />

für zwanzig Euro.<br />

Auf diesen Tag haben alle weiblichen «Talents»<br />

gew<strong>art</strong>et: Gael García Bernal, der mexikanische<br />

Frauenschwarm aus «Motorcycle Diaries», besucht<br />

den Campus. Um elf Uhr morgens begrüsst er uns<br />

charmant mit: «Good evening» und auf die Frage,<br />

wo seine Heimat sei, antwortet er verlegen, Heimat<br />

sei für ihn kein Ort, sondern eine Person; dazu<br />

zeichnet er die Rundungen einer Frau in die Luft.<br />

Fünf inspirierende Tage Berlinale und der Festivalkoller<br />

macht sich langsam bemerkbar. Das<br />

erste Anzeichen dafür ist ein seltsames Zucken in<br />

den Augenwinkeln. Ein anderes, dass sogar Kurzfi<br />

lme unendlich lange dauern. Sich den 14-stündigen<br />

Fassbinder-Marathon «Berlin Alexanderplatz»<br />

anzutun, erübrigt sich. Wie überleben also? Der<br />

Brasilianer setzt sich selber die strengste Deadline<br />

und mutiert plötzlich zum Turbo-Schreiber: Bis<br />

zur nächsten P<strong>art</strong>y müssen die Texte geschrieben<br />

sein. Die Polin meint mit todernster Miene: «Einfach<br />

nicht mehr schlafen!» Langsam wird es Zeit,<br />

sich über das Lieblings-Truffaut-Zitat der Türkin<br />

Gedanken zu machen: «Sind Filme wichtiger als<br />

das Leben?»<br />

www.berlinale-talentcampus.de<br />

www.talentpress.org<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07 23


cinéma<br />

FILMKRITIK<br />

CITY WALLS – MY OWN<br />

PRIVATE TEHERAN<br />

Von Sonja Wenger<br />

■ Von Zeit zu Zeit gibt es Dokumentarfi lme, die<br />

gehörig aufräumen mit Klischees und h<strong>art</strong>näckigen<br />

Vorstellungen. Afsar Sonia Shafi es Film<br />

«City Walls – My own private Teheran» gehört<br />

dazu. Ihr Film handelt dann auch nicht von Teheran,<br />

sondern um die Frauen in Shafi es Familie,<br />

die in Teheran leben. Um ihre Grossmutter,<br />

Mutter, Schwester und die Tanten, die nicht nur<br />

Shafi es Leben geprägt haben, sondern auch jede<br />

für sich mit ihren Geschichten und Erfahrungen<br />

eine lebende Anklage gegen die schreiende Ungleichheit<br />

der Geschlechter ist.<br />

Doch geht es hier weder um den Islam noch<br />

die Geschlechterfrage, sondern darum, wie sich<br />

die Wertvorstellungen einer ganzen Gesellschaft<br />

direkt auf das Leben der einzelnen Menschen<br />

auswirken. So ist «City Walls – My own private Teheran»<br />

mehr ein Zusammentragen von persönlichen<br />

Erinnerungen und Familiengeschichten,<br />

die man sich immer wieder erzählt – mit dem einzigen<br />

Unterschied, dass eine Kamera mit dabei<br />

war.<br />

Shafi e, die in Teheran aufgewachsen ist und<br />

dort Philosophie und Film studierte, lebt seit mehreren<br />

Jahren in der Schweiz. Doch nicht nur ihr<br />

gleichzeitiger Blick von innen und aussen macht<br />

den Film zu einem besonderen Erlebnis, sondern<br />

das Teilen von persönlichen und oft schmerzhaften<br />

Erinnerungen, die Shafi e die Frauen ihrer<br />

Familie ungeschminkt und unzensiert sprechen<br />

lässt. Sei es die Grossmutter, die ihrem Mann vor<br />

laufender Kamera seine Verfehlungen vorwirft,<br />

sei es die Mutter, die vom Überlebenskampf mit<br />

zwei Kindern erzählt oder Shafi e selbst, die ihren<br />

langen Weg zu einer emanzipierten und selbstbewussten<br />

Frau noch einmal aufzeigt.<br />

«City Walls – My own private Teheran» ist ein<br />

Film mit hoher technischer Qualität und einer<br />

ruhigen, souveränen Kamera, die ganz nah an<br />

den Menschen ist und doch niemals aufdringlich<br />

wirkt. Durch seinen angenehmen Erzählrhythmus,<br />

der Zeit und Raum zum Verweilen und Verstehen<br />

lässt, regt Shafi es Dokumentarfi lm nicht<br />

nur zum Nachdenken an, sondern relativiert das<br />

limitierte Bild, das durch die täglichen politischen<br />

Machtspiele entsteht. Statt dessen geht man mit<br />

der Regisseurin auf eine Reise zurück nach Hause.<br />

Was bleibt sind Erzählungen der Liebe und die<br />

Aufopferung eigener Bedürfnisse, die Generationen<br />

von Müttern für ihre Kinder auf sich nehmen<br />

und die sich auf der ganzen Welt ähneln.<br />

Der Film dauert 87 Minuten und kommt am 1.<br />

April ins Kino.<br />

24<br />

FILM<br />

la môme – la vie en rose<br />

Von Sonja Wenger (Bild: zVg.)<br />

■ Edith Piaf, der Spatz von Paris, mauserte sich<br />

in nur wenigen Jahren vom rotzfrechen Mädchen<br />

mit einer grossen Klappe und einer noch grösseren<br />

Stimme von den Strassen von Paris zu einem<br />

internationalen Star, dessen Lieder bis heute eine<br />

Gänsehaut verursachen. Doch ihr Leben war auch<br />

geprägt von Extremen und einem Übermass an Tragik.<br />

Ihr Ruhm konkurrierte stets mit ihrem von Verlusten<br />

und Krankheit überschatteten Privatleben,<br />

und ihre zierliche Gestalt stand in einem paradoxen<br />

Gegensatz zu der Kraft ihrer Stimme, zu ihrer charismatischen<br />

Präsenz auf der Bühne.<br />

Bunt zusammengewürfelt und scheinbar ohne<br />

grosse Chronologie erzählt «La Vie en Rose» das<br />

Leben von Edith Piaf, 1915 als Tochter einer Strassensängerin<br />

und eines Zirkusakrobaten geboren.<br />

Die Mutter vernachlässigt sie und der Vater bringt<br />

das kleine Mädchen im Bordell der Grossmutter<br />

unter. Dort wird sie von den Prostituierten (unter<br />

anderen Emmanuelle Seigner) als Kindersatz angenommen<br />

und umsorgt. Das Milieu, die Gewalt und<br />

der Alkohol prägen Edith für den Rest ihres Lebens,<br />

sie wird den rauen Umgangston nie ganz ablegen.<br />

Als sie mit fünfzehn nach Paris geht, wird sie beim<br />

Singen auf der Strasse vom Nachtclubbesitzer Louis<br />

Leplée (Gérard Depardieu) entdeckt, der ihr auch<br />

den Künstlernamen «La Môme Piaf», der kleine<br />

Spatz, verleiht. Ihr unaufhaltsamer Siegszug durch<br />

die Konzertsäle beginnt. Ein Siegeszug, von dem<br />

man gerne mehr gesehen hätte, denn leider sind im<br />

Film immer wieder gewissen Längen spürbar.<br />

Doch es ist der wunderbaren Interpretation von<br />

Marion Cotillard («A Good Year») zu verdanken,<br />

die jene ruppige, und gleichzeitig hochsensible<br />

Frau wieder zum Leben erweckt, dass diese kurzen<br />

Momente mehr als kompensiert werden. Cotillard<br />

vollbringt eine wahre Parforceleistung. Obwohl sie<br />

die Lieder nicht selbst singt, hat sie die Mimik, die<br />

Sprechweise und die typische Bühnensprache der<br />

Piaf perfekt übernommen. Es ist ein grosser Verdienst<br />

des Films, dass er den Eindruck zu vermitteln<br />

vermag, wie es wohl gewesen sein muss, die Piaf<br />

live gehört zu haben.<br />

Piafs Bekanntschaften mit den Berühmtheiten<br />

ihrer Zeit, dass Jean Cocteau ihr ein eigenes Theaterstück<br />

widmete oder sie selbst zeit ihres Lebens<br />

immer wieder junge Künstler wie Charles Aznavour<br />

und Yves Montand förderte, bleiben Randgeschichten.<br />

Der Film konzentriert sich stark auf die privaten<br />

Aspekte von Piafs Leben und ihrer grossen Liebe<br />

zum Boxweltmeisters Marcel Cerdan. Sein Unfalltod<br />

1949 stürzt sie in einen depressiven Abgrund. Doch<br />

sind es gerade jene Szenen, die einen bewusst werden<br />

lassen, woher jener melancholische Schmerz<br />

in ihrer Stimme herrührt, mit dem sie so viele ihrer<br />

Lieder und Balladen erfüllte.<br />

Achtzehn Chansons von Piaf - davon elf neu bearbeitet<br />

und acht von Jil Aigrot interpretiert – werden<br />

in «La Vie en Rose» eingespielt. Regisseur Olivier<br />

Dahan («Rivières pourpres II») sp<strong>art</strong> das Lied<br />

«Je ne regrette rien» bewusst bis zum Ende auf und<br />

stilisiert es gezielt als ein letztes Aufbäumen der<br />

Piaf, als das Ende ihrer Kraft und ihrer Karriere.<br />

Und was für ein Ende uns Dahan und Cotillard<br />

bieten. Die Schauspielerin hat diese durch Krebs,<br />

Alkohol und Drogen vorzeitig gealterte Frau vollständig<br />

verinnerlicht. Und herzzerreissend jener<br />

Moment, als eine zusammengesunkene und völlig<br />

erschöpfte Piaf in ihrer Wohnung die ersten Takte<br />

jenes Liedes hört – und noch einmal aus ihrem<br />

Dämmerzustand erwacht. Ohne den Hauch von<br />

Selbstmitleid sagt sie zu dem jungen Komponisten:<br />

«Das bin ich, das beschreibt mein Leben», und jeder<br />

Mensch, der schon einmal die Nähe von Glück und<br />

Leid erlebt hat versteht, was sie damit meint.<br />

Der Film dauert 140 Minuten und ist seit dem 22.<br />

Februar im Kino.<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07


FILM<br />

notes on a scandal<br />

Von Sonja Wenger (Bild: zVg.)<br />

■ Zwei der besten Schauspielerinnen der Welt,<br />

Judi Dench («Casino Royale») und Cate Blanchett<br />

(«Babel»), stehen sich in «Notes on a Scandal»,<br />

einer düsteren und verzwickten Erzählung um verdrängte<br />

Bedürfnisse, Lebenslügen und weibliche<br />

Intimität, gegenüber. «Der Fehler der einen ist der<br />

Vorteil der anderen», heisst es in diesem Thriller,<br />

der einen nicht nur amüsiert, sondern immer auch<br />

mit jener kribbelnden Vorahnung in Atem hält, die<br />

das Markenzeichen intelligenter Geschichten ist.<br />

Dench ist Barbara Covett, eine verbitterte alte<br />

Jungfer, die ihr Wissen über andere zu ihren eigenen<br />

Vorteilen anwendet. Barbara ist auch die<br />

konservative Lehrerin einer leicht heruntergekommenen<br />

Londoner Mittelschule. Ihre Haltung<br />

gegenüber der Gesellschaft lässt sich bestenfalls<br />

als desillusioniert bezeichnen. Die Welt ist ihr persönliches<br />

Beobachtungsfeld, und akribisch notiert<br />

sie ihre Gedanken in einem Tagebuch. Die ätzende<br />

Präzision, mit der Barbara das Verhalten der Menschen<br />

zu defi nieren vermag, kann nur einer rasiermesserscharfen<br />

Beobachtungsgabe und einer<br />

hochstehenden Intelligenz entspringen.<br />

Als eines Tages die neue Kunstlehrerin Sheba<br />

H<strong>art</strong> (Blanchett) in der Schule auftaucht, entsteht<br />

zwischen den Frauen schnell eine Freundschaft.<br />

Sheba ist das pure Gegenteil der abweisenden<br />

und verhärteten Barbara und strahlt eine attraktive,<br />

naive Jugendlichkeit aus. Mit ihren blonden<br />

Locken wirkt sie wie ein transparentes Feenwesen<br />

und Barbara notiert sich amüsiert und spöttisch<br />

überrascht, dass ihr Sheba offenbar ihr ganzes<br />

Herz ausschütten will. Shebas Erscheinung und<br />

Charakter nimmt mit Wucht von Barbaras einsamer<br />

Seele Besitz - so sehr, dass schon die leichte<br />

Berührung von Shebas Haar sie in verbales Entzücken<br />

versetzt.<br />

Auch nach aussen hin scheint Shebas Leben<br />

perfekt. Ihr liebevoller, viel älterer Ehemann<br />

Richard (Bill Nighy) umsorgt sie und die beiden<br />

Kinder – und doch empfi ndet sie ein überwältigendes<br />

Bedürfnis, ihre verloren geglaubte Jugend<br />

nachholen zu wollen. Als Sheba ihrer neuen besten<br />

Freundin gesteht, sich verliebt und eine Affäre mit<br />

einem der Schüler begonnen zu haben, gibt sie damit<br />

unwissentlich die Kontrolle über ihr Leben in<br />

die Hand einer Frau, die mehr als nur eine Leiche<br />

im Keller hat. Denn Barbara entpuppt sich mehr<br />

und mehr als ein zerstörerisches Element für Sheba,<br />

und schreckt auch nicht davor zurück, sie aus<br />

Eifersucht mit ihrem Wissen zu erpressen. Nach<br />

und nach isoliert Barbara die junge Frau erfolgreich<br />

von allen, bis sie glaubt, zum letzten Schlag<br />

ausholen zu können.<br />

«Beide Frauen haben die Kontrolle verloren<br />

– wie wir alle, wenn wir uns verlieben», sagt der<br />

Regisseur. So wollte Eyre keinen reinen Psychothriller<br />

drehen, sondern einen Film, der sowohl<br />

lustig ist, wie auch «furchteinfl össend, schockierend<br />

und traurig», denn «Barbaras Einbildung,<br />

eine leidenschaftliche Freundschaft mit Sheba zu<br />

haben, ist komisch, abstossend und doch zutiefst<br />

menschlich zugleich». Es ist ihm mit einer subtilen<br />

Regieführung gelungen, das Auseinanderbrechen<br />

der Lebenslügen der Charaktere von allen Seiten<br />

zu betrachten, ohne jemals wertend zu sein. Weder<br />

Barbara noch Sheba bleiben als schlecht oder<br />

gut in Erinnerung. Vielmehr entwickeln alle Charaktere,<br />

auch die Nebenfi guren, in überraschenden<br />

Wendungen ihre ganz eigene Sicht der Dinge. So<br />

wie auch das Leben nicht nur aus schwarz oder<br />

weiss besteht, werden hier sämtliche Graustufen<br />

ausgeleuchtet - ein Umstand, der «Notes on a<br />

Scandal» zu einem wahren Meisterwerk macht.<br />

Der Film dauert 92 Minuten und ist seit dem 22.<br />

Februar in den Kinos.<br />

cinéma<br />

TRATSCHUNDLABER<br />

Von Sonja Wenger<br />

■ Da war doch gerade erst der Opernball! Wir<br />

schreiben 2007 und noch immer rennen Weiber<br />

rum, die es toll fi nden, sich ein Krönchen auf das<br />

Köpfchen zu pappen. Souverän war da in Wien<br />

nur Paris – nämlich professionell gelangweilt –,<br />

auf der Strasse dagegen die Fans – professionell<br />

verdummt - mit selbstgebastelten «We love you<br />

Paris»-Schildern. Aber glücklicherweise dürfte<br />

bald nichts mehr übrigbleiben von der globalen<br />

Hohlheit, denn die Paris ist ja so dürr.<br />

Apropos dürr: Nach Keira Knightley will nun<br />

auch Kate Winslet klagen, weil ihr eine Zeitung<br />

unterstellte, sie habe einen Diätdoktor besucht.<br />

Und dabei konnte man sich mit ihr immer so<br />

schön identifi zieren. Dafür ist der ehemalige<br />

Chefredaktor der «Schweizer Illustrierten», Marc<br />

Walder, nun endlich, wo er sich so richtig wird<br />

austoben können, nämlich beim «Sonntagsblick».<br />

Noch mehr kritische Fragen zu Ausländern und<br />

der Schweizer Jugend, noch bunter, noch blöder,<br />

noch mehr Pseudopromis – ja Marc, gib es uns!<br />

Hoffentlich schicken die Ägypter nicht mehr so<br />

schnell ein Fax.<br />

Doch wo lachende, da auch weinende Gesichter,<br />

denn nun bleibt die «SI» in ihrer Hilfl osigkeit<br />

zurück. Bestes Beispiel: «2007 wird das Jahr der<br />

starken Frauen». Oho! Erst jetzt! Aber stimmt,<br />

man muss schon stark sein, um solchen Stuss immer<br />

wieder zu lesen. Als Beweis gab es 50 Porträts<br />

aus der Liste von Forbes «World’s 100 most<br />

Powerful Women”, unter anderen Hilary Clinton.<br />

Da wird ihre Kandidatur fürs US-Präsidentenamt<br />

einfach mal so gutgeheissen, weil sie ne Frau ist<br />

– ok, alles ist besser als GeorgiePorgie, trotzdem<br />

– die grösste Leistung der genannten Frauen<br />

– von Politikerinnen wie Sonia Gandhi, über die<br />

CEOs einiger globalen Konzerne bis hin zur britischen<br />

Queen – ist: dass «fast (fast!) alle Job und<br />

Familie unter einen Hut bringen». Toll! Das könnt<br />

ich auch mit soviel Schmutz an den Händen.<br />

Aber unsereins will ja sauber bleiben und<br />

schaut sich lieber die Saubermänner für die<br />

nächste Mister-Schweiz-Wahl am 14. April an -<br />

natürlich in der «SI». Da sind also die üblichen<br />

Clowns, pardon, Klons des Vorjahrgewinners, einer<br />

des Vorvorvorjahrgewinners, und sonst nur<br />

Pepsodent. Und bevor sie abgeht und wir hier<br />

die amtierende Miss Schweiz fast erfolgreich mit<br />

Nichtbeachtung belohnt haben, nun doch noch:<br />

Der «Coop-Zeitung» erzählt Christa Rigozzi (23):<br />

«Ich koche zur Entspannung», und: «Ich liebe<br />

beides, Gemüse und Früchte. Mir schmecken vor<br />

allem Erdbeeren, Aprikosen, Kirschen und Mandarinen.»<br />

Wow!<br />

www.ensuite.ch<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07 25


das andere kino<br />

26<br />

www.cinematte.ch / Telefon 031 312 4546 www.kellerkino.ch / Telefon 031 311 38 05 www.kinokunstmuseum.ch / Telefon 031 328 09 99<br />

■ Haarsträubend - Tierische Filmreihe Knurren,<br />

muhen, wiehern, zwitschern - Tiere verständigen<br />

sich auf unterschiedliche Arten miteinander. Wenn<br />

Hyänen ihre Nackenhaare sträuben, Wölfe ihre<br />

Ohren anlegen, Wale singen und Glühwürmchen<br />

leuchten, dann werden eindeutige und lebenswichtige<br />

Botschaften gesendet, manchmal auch von<br />

Tier zu Mensch. Die Ausstellung «haarsträubend»<br />

im Museum für Kommunikation und im Naturhistorischen<br />

Museum Bern geht der Kommunikation<br />

von Tier und Mensch auf den Grund (www.mfk.ch).<br />

Im Filmzyklus zur Ausstellung sind Animations-,<br />

Spiel- und Dokumentarfi lme versammelt, in denen<br />

Tiere die Hauptrolle spielen, sei es der putzige<br />

Fisch in Finding Nemo, seien es die Berggorillas in<br />

Gorillas in the Mist oder die Wildgänse in Das Geheimnis<br />

der Zugvögel. Manchmal steht auch der<br />

Mensch im Mittelpunkt und sein Versuch, mit Tieren<br />

zu sprechen wie etwa im Spielfi lm The Horse<br />

Whisperer, dessen Hauptfi gur von einem realen<br />

Pferdefl üsterer inspiriert ist.<br />

Lubitsch Touch Es gibt den Ausdruck «Lubitsch<br />

Touch» - damit wurde das Markenzeichen<br />

von Ernst Lubitschs Gesellschaftskomödien beschrieben,<br />

nicht alle Details der Handlung zu zeigen,<br />

sondern es dem Zuschauer zu überlassen, die<br />

Handlung zu vervollständigen, etwa in Bluebeard’s<br />

Eighth Wife von 1938. Damit reagierte der Regisseur<br />

auf die Zensur im damals noch sittenstrengen<br />

Amerika. Ausserdem im Programm: die Zeit- und<br />

Charakterkomödie Ninotchka mit Greta Garbo in<br />

ihrer einzigen gelungenen komischen Rolle und die<br />

herrliche Anti-Nazi-Komödie To Be or Not To Be.<br />

Der Musikfi lmzyklus Song & Dance Men präsentiert<br />

sechs Filme, die die Vielfalt einer zersplitterten,<br />

undefi nierbaren Popkultur aufzeigen. Namhafte<br />

Musikjournalisten führen die in der Schweiz<br />

kaum je gezeigten Filme ein. Im März zeigen wir<br />

The Devil & Daniel Johnston von Jeff Feuerzeig mit<br />

einer Einführung von Albert Kuhn (Weltwoche).<br />

■ SHOOTING DOGS (Von Michael Caton-Jones,<br />

GB 2006, 114’, Englisch/d/f, Spielfi lm) Für Pater Michael<br />

Thomas und seinen jungen Lehrerkollegen<br />

Joe Connor scheint die Ermordung des Präsidenten<br />

von Ruanda am 6. April 1994 nur ein weiterer<br />

kleiner Aufruhr im turbulenten Afrika zu sein. Aber<br />

innerhalb nur weniger Stunden überschlagen sich<br />

die Ereignisse, in deren Folge unzählige Tutsi von<br />

den Hutus brutal abgeschlachtet werden. Mittendrin<br />

befi ndet sich eine kleine Missionsschule, in<br />

der die Blauhelmsoldaten der UN untergebracht<br />

sind. Sie wird zum letzten Zufl uchtsort für Flüchtlinge,<br />

die verzweifelt versuchen dem Massaker zu<br />

entkommen.<br />

ZEIT DES ABSCHIEDS (Von Mehdi Sahebi, CH<br />

2006, 63’, Dialekt, Dokumentarfi lm) Der dokumentarische<br />

Porträtfi lm schildert dramaturgisch sensibel<br />

die letzte Lebensphase des 2003 im Zürcher<br />

Lighthouse-Hospiz verstorbenen, damals 44-jährigen,<br />

HIV-infi zierten Krebskranken Giuseppe Tommasi.<br />

In einem vom Autor feinfühlig angeregten<br />

Gespräch fi ndet der Todkranke zu einer erstaunlich<br />

differenzierten Selbstrefl exion. Der Protagonist<br />

lässt seine von schweren Schicksalsschlägen<br />

geprägte Lebensgeschichte Revue passieren, berichtet<br />

von seinen Krankheitsleiden und nimmt<br />

Stellung zu seiner emotionalen, seelischen und<br />

körperlichen Befi ndlichkeit.<br />

MITTENDRIN (Von Salomé Pitschen, CH 2006,<br />

89‘, Dokumentarfi lm) MITTENDRIN ist eine poetische<br />

Studie über das Lebensgefühl von fünf Frauen<br />

aus dem Raum Zürich. Alle sind zwischen dreissig<br />

und vierzig und gehören zur ersten Generation, die<br />

von den Errungenschaften der Frauenbewegung<br />

der 70er Jahre kampfl os profi tieren kann.<br />

FAUSTRECHT (Von Bernard Weber und Robi<br />

Müller, CH 2006, 84‘, Dialekt, Dokumentarfi lm)<br />

FAUSTRECHT ist eine Langzeitbeobachtung von<br />

zwei gewalttätigen Jugendlichen. Tim ist ein introvertierter<br />

Jugendlicher, der zu unkontrollierten<br />

Gewaltausbrüchen neigt. Gibran hingegen ist ein<br />

extrovertierter Charmeur, der Gewalt einsetzt, um<br />

seine Ziele zu erreichen.<br />

Die Spieldaten entnehmen Sie bitte unserer Homepage<br />

www.kellerkino.ch.<br />

■ Ingmar Bergman - Operationen am offenen<br />

Herzen Fast vierzig Jahre, von 1944 bis 1982, hat<br />

die Filmkarriere des Schwedischen Regisseurs Ingmar<br />

Bergman gedauert. 1952 erregte er grosses<br />

Aufsehen mit der Freizügigkeit seiner Liebesgeschichte<br />

Ein Sommer mit Monika, in der Mitte jenes<br />

Jahrzehnts wurde er u.a. mit Wilde Erdbeeren<br />

zum neuen Fixstern am internationalen Kunstkinohimmel.<br />

In den 60er Jahren legte Bergman mit seiner<br />

Glaubens- und seiner Fårö-Trilogie sowie mit<br />

dem Meisterwerk Persona einige seiner kühnsten<br />

Arbeiten vor. In den frühen 70er Jahren sorgte<br />

Bergman mit der Fernsehserie Szenen einer Ehe<br />

für einen Strassenfeger. Der Abschied vom Kino<br />

mit der vierfach Oscar-gekrönten Familiensaga<br />

Fanny und Alexander (1982) fi el triumphal aus. 3.<br />

März bis 1. Mai.<br />

Kunst und Film 1: Touching Politics Kuratiert<br />

vom Künstler Florian Wüst. Die fünfteilige Filmreihe<br />

präsentiert eine Auswahl von internationalen<br />

Kurzfi lmen aus dem Archiv der Freunde der Deutschen<br />

Kinemathek: politisch und experimentell.<br />

Programm 1 und 2, Abbildungsverhältnisse und<br />

Radikale Körper, am 10., Programm 3, Aufklärung<br />

und Widerstand, am 11., Programm 4, Jenseits<br />

der Worte, am 12. und der letzte Teil, Ökonomie<br />

der Moderne, am 13. März.<br />

Kunst und Film 2: Knut Åsdam Im Rahmen<br />

der Jubiläumsausstellung «Critical Mass - Kritische<br />

Masse» in der Kunsthalle Bern präsentiert Philippe<br />

Pirotte zwei Filme des dänischen Künstlers, beide<br />

Bestandteile der Stiftungssammlung: Filter City<br />

und Blissed am 31. März.<br />

Teenage-Eltern in Filmproduktionen der letzten<br />

zwei Jahre In den letzten zwei Jahren haben<br />

gleich mehrere RegisseurInnen Spiel- und Dokumentarfi<br />

lme über Teenager, die Eltern werden,<br />

realisiert. Dabei sind die unterschiedlichsten Werke<br />

entstanden, von denen wir vier Beispiele - zwei<br />

Schweizer Premieren und zwei Wiederaufnahmen<br />

- zeigen: Meninas (Minderjährige Mütter), Lucy,<br />

L’enfant und Palindromes. 17. März bis 3. April.<br />

Wir zeigen die Neufassung von Portrait eines Planeten:<br />

Friedrich Dürrenmatt (Schweiz 1984) von<br />

Charlotte Kerr. 4. und 25. März.<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07


KI O<br />

i n d e r R e i t s c h u l e<br />

N<br />

Für das Tagesprogramm die Tageszeitung oder das Internet www.bernerkino.ch<br />

LICHTSPIEL<br />

www.reitschule.ch / Telefon 031 306 69 69 www.lichtspiel.ch / Telefon 031 381 15 05 www.pasqu<strong>art</strong>.ch / Telefon 032 322 71 01<br />

■ Erwin Wagenhofer Erwin Wagenhofer ist in der<br />

Schweiz durch seinen Film We Feed the World bekannt<br />

geworden. Im März sind neben diesem globalisierungskritischen<br />

Film auch zwei Berner Filmpremieren<br />

von Wagenhofer zu entdecken: Limes zeigt<br />

die Absurdität der europaweiten Einwanderungs-<br />

und Abschottungspolitik auf und Der Gebrauch des<br />

Menschen ist eine Hommage an den serbischen Romancier<br />

Aleksander Tisma. Wagenhofer setzt sich<br />

in diesem Film, der den gleichen Namen trägt, wie<br />

Tismas 1994 erschienener Roman, mit den Themen<br />

auseinander, die Tisma in allen seinen Romanen<br />

(u.a. Treue und Verrat, Die wir lieben) bewegen:<br />

Faschismus, Gewalt, Holocaust, Krieg und Vertreibung.<br />

Daten: We Feed the World / Limes: 1./3./9.3; Der Gebrauch<br />

des Menschen: 2./10.3.<br />

Hommage an die Frauenfi lmtage Am 14. März<br />

erscheint das Buch KINO FRAUEN EXPERIMEN-<br />

TE, herausgegeben von Esther Quetting, einer ehemaligen<br />

FrauenFilmTage-Frau. Ausgehend von der<br />

Rekonstruktion der Geschichte des Kinoprojekts<br />

FrauenFilmTage Schweiz werden darin die Bedeutung<br />

geschlechterbewusster Kinoarbeit und der<br />

Stellenwert von Frauenkinoprojekten diskutiert.<br />

Esther Quetting hat in diesem Buch Autorinnen<br />

zu Wort kommen lassen, die aus ihrer jeweiligen<br />

Perspektive als Filmkritikerin, Filmkuratorin, Historikerin,<br />

Filmemacherin oder Kinogängerin, ihre<br />

persönliche Auseinandersetzung mit Kino und feministischen<br />

Positionen darlegen.<br />

Aus Anlass dieser Buchtaufe zeigt das Kino in<br />

der Reitschule, Filme, die in der weiblichen Filmgeschichte<br />

Spuren hinterlassen haben: Anna Göldin<br />

von Gertrud Pinkus (15./16.3.), Orlando von Sally<br />

Potter (17.3.), Katzenball von Veronika Minder<br />

(23./24.3.) Ein Wiedersehen gibt es am 29./30./31.3.<br />

mit der rotzfrechen tschechischen Filmsatire Sedmikrasky<br />

- Tausendschönchen – Ein Märchen oder<br />

auch Die kleinen Margariten genannt von Vera Chytilová.<br />

Esther Quetting wird am Freitag, den 16. März<br />

ihr Buch im Kino in der Reitschule präsentieren und<br />

am 23. März ist Veronika Minder, eine der Gründerinnen<br />

der FrauenFilmTage, im Kino anwesend.<br />

8. und 22.3.: UNCUT mit Gazon maudit und<br />

Beautiful Boxer<br />

■ In Crustacés et coquillages (F 2005) zerbröckelt<br />

das traute Ferienglück einer Pariser Familie,<br />

weil es unter der heilen Fassade gehörig brodelt.<br />

(Mo 5.3., 20:00 h)<br />

Elektrifi kation der Schweizerischen Eisenbahnen<br />

(CH, 1921-26) zeigt in einer Fülle von<br />

visuellen Details, unter welchen Bedingungen<br />

Staumauer und Druckleitung im Tal der Barberine<br />

gebaut wurden, wie ArbeiterInnen in den Lokomotivfabriken<br />

Akkordarbeit leisteten und wie bereits<br />

in den 20er-Jahren Reisende aus aller Welt mit<br />

elektrischen Zügen durch die Schweizer Bilderbuchlandschaft<br />

fahren. Stumm mit Livebegleitung<br />

von W. Pipczynski. (Mo 12.3., 20:00 h)<br />

Eisensteins Strike (Russl., 1924) bildet den<br />

Auftakt zum Propagandafi lmzyklus des Filmclubs<br />

der Uni Bern. Unter Streikandrohung versuchen<br />

Fabrikarbeiter ihre Rechte geltend zu machen.<br />

Ihre Wut wird durch den Selbstmord eines von der<br />

Direktion des Diebstahls beschuldigten Arbeiters<br />

entfesselt (Mi 21.3., 20:00 h). Okraina von Piotr<br />

Luzik (Russl., 1998) ist eine Parabel über das Verhältnis<br />

von Macht, Gehorsam und Totalitarismus:<br />

In Sachen Ausbeutung hat sich weder unter dem<br />

Zaren, noch im Kommunismus, noch in der Zeit<br />

von Glasnost viel verändert. (Mi 28.3., 20:00 h)<br />

Das Lichtspiel hat das fi lmische Werk des vor<br />

rund einem Jahr verstorbenen Fotografen und Filmemachers<br />

Kurt Blum aufgearbeitet und von vier<br />

bedrohten Filmen neue Kopien hergestellt. Diese<br />

Werke werden nun in einer Hommage vorgeführt<br />

und zusammen mit einem Gespräch, welches David<br />

Landolf und Kurt Blum in den letzten Wochen<br />

vor dem Tod des Künstlers geführt haben, auf einer<br />

DVD veröffentlicht. (Mo 26.3., 20:00 h)<br />

In CinemAnalyse moderiert Prof. Dr. A. Wildbolz<br />

vom Sigmund-Freud-Zentrum Bern Werke aus<br />

der Filmgeschichte. Die Reihe st<strong>art</strong>et mit G.-W.<br />

Pabsts Geheimnisse einer Seele (D 1926): Ein von<br />

Eifersucht geplagter Chemiker wird von grotesken<br />

Träumen heimgesucht, die ihn beinahe dazu bringen,<br />

seine Frau zu erstechen. Entsetzt über sein<br />

Verhalten konsultiert er einen Psychoanalytiker.<br />

Wie ein Puzzle fügen sich Erinnerungen und Ängste<br />

zusammen, bis es gelingt, zum Kern der Probleme<br />

vorzudringen. (Do 29.3., 20:00 h)<br />

■ Neue Filme von Frauen: Sehnsucht (2.3.-5.3):<br />

Der Spielfi lm von Valeska Grisebach erzählt eine<br />

ungewöhnliche Liebesgeschichte in einer realistischen,<br />

manchmal dokumentarisch anmutenden<br />

Weise. Grbavica (9.3.-12.3.): Der systematische<br />

sexuelle Missbrauch während des Bosnienkrieges<br />

steht im Mittelpunkt des Films von Jasmila Zbaniè.<br />

Ihr ist ein beeindruckender, feinfühliger Film über<br />

das Lieben und Leben von leidgeprüften Familien<br />

Jahre nach dem Krieg gelungen. Den internationalen<br />

Tag der Frau am 8. März feiert das Filmpodium<br />

zusammen mit dem Frauenplatz Biel: Ousmane<br />

Sembenes Film Moolaadé über eine mutige Frau,<br />

die sich gegen die Beschneidung zur Wehr setzt,<br />

wird umrahmt mit afrikanischer Musik und einer<br />

kulinarischen Überraschung!<br />

transformer 2 vom 16.3. - 2.4.: Mit Ausstellungen,<br />

Performances und Filmen begeben sich<br />

die OrganisatorInnen von transformer 2 auf eine<br />

neue Reise in das Reich der sich aufl ösenden Geschlechtergrenzen.<br />

Travestie, Metamorphose und<br />

Transformation: Seit es das Kino gibt haben sich<br />

Filmschaffende mit diesen Themen auseinandergesetzt.<br />

Allen voran Pasolini, dessen wunderbarverstörender<br />

Film Teorema den Auftakt zum diesjährigen<br />

Festival im Filmpodium macht. Auch Sally<br />

Potters sinnlich-leichtfüssiger Transgender Orlando,<br />

der mal als Frau mal als Mann durch die Jahrhunderte<br />

wandelt, ist wieder einmal zu sehen.<br />

Neue Werke im transformer 2 sind u.a. Beautiful<br />

Boxer des Thailänders Ekachai Uekrongtham<br />

und Thomas W<strong>art</strong>manns Between the Lines - Indiens<br />

drittes Geschlecht. Beautiful Boxer erzählt<br />

neben dem Aufstieg im Kickbox-Ring auch die Geschichte<br />

eines anderen Kampfes - nämlich jene<br />

von einem Mann, der davon träumt eine Frau zu<br />

sein. In Between the Lines begibt sich der Regisseur<br />

in das Reich des Dritten Geschlechts. Thomas<br />

W<strong>art</strong>manns Dokumentarfi lm ist eine scharfe Beobachtung<br />

über ein in unseren Gesellschaften immer<br />

noch tabuisiertes Phänomen. Sein Film über die<br />

Hijras, die Eunuchen Indiens, ist einfühlsam, nie<br />

moralisierend und frei von falscher Betroffenheit.<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07 27


werbung<br />

28<br />

Wir machen<br />

aus Gedanken<br />

SONG & DANCE MEN Musikfilme in der Cinématte 1<br />

Musikfilme in der Cinématte 1<br />

telefon 031 720 51 11<br />

www.fischerprint.ch<br />

Alther&Zingg<br />

Ein filosofisches Gespräch:<br />

Druck(kult)sachen. «ES IST UNMÖGLICH,<br />

EINEN MIT NICHTS<br />

ZUSAMMENHÄNGENDEN<br />

GEDANKEN ZU DENKEN.»<br />

Ted Honderich (1993)<br />

Mittwoch, 28. März 2007 // 19:00 Uhr<br />

tonus-labor, Kramgasse 10<br />

Der Musikfilmzyklus «Song&Dance Men» präsentiert Filme, die die Vielfalt<br />

einer zersplitterten, undefinierbaren Popkultur aufzeigen. Die Filmauswahl<br />

versucht, verschiedene Anknüpfungspunkte innerhalb der popmusikalischen<br />

Genres und über diese Grenzen hinweg aufzuzeigen. Namhafte Musikjournalisten<br />

führen die in der Schweiz kaum je gezeigten Filme ein.<br />

Mittwoch, 28. März 2007, 20.00h<br />

The Devil & Daniel Johnston<br />

Regie: Jeff Feuerzeig; Dokumentarfilm;<br />

USA/2005, DVD, OV ohne UT, 110 Min.<br />

Der Film porträtiert den manisch-depressiven<br />

Singer/Songwriter Daniel Johnston. Von zahlreichen<br />

Musikerkollegen (u.a. Kurt Cobain,<br />

David Bowie) als einer der begabtesten Songschreiber<br />

bezeichnet, bestechen Johnstons<br />

rudimentär aufgenommene Lieder durch eine<br />

schmerzliche Nähe. Der Film beschreibt das<br />

Phänomen Daniel Johnston, für den Musik, fern<br />

von jeglichen kommerziellen Hintergedanken,<br />

den einzigen Fluchtpunkt aus seinem von der<br />

Krankheit bestimmten Alltag darstellt.<br />

Einführung: Albert Kuhn (Weltwoche)<br />

Vorschau<br />

18. April: The Fearless Freaks – The Wondrously, Highly Improbable Story of the Flaming Lips<br />

Einführung: Christian Gasser<br />

30. Mai: Hardcore Chambermusic – Koch Schütz Studer<br />

27. Juni: Wattstax Einführung: Bänz Friedli<br />

Konzept, Programmation: Benedikt S<strong>art</strong>orius, Sarah Stähli<br />

wasserwerkgasse 7, bern Reservationen: Tel. 031 312 45 46 oder www.cinematte.ch<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07


KULTUR & GESELLSCHAFT<br />

die CEOs blicken alle<br />

Von Peter J. Betts<br />

■ «Die CEOs blicken alle optimistisch in die Zukunft:<br />

der Gewinnoptimierung seien auch künftig<br />

keine Grenzen gesetzt» - dies eine Aussage aus<br />

einer Nachrichtenmeldung zur Eröffnung des WEF,<br />

des sogenannten Welt-Wirtschafts-Forums. Heute,<br />

wo es hier endlich (mit Ausnahme des Industrieschnees,<br />

natürlich) zu schneien begonnen hat:<br />

gegen Ende Januar. Im Flachland. Der Bericht des<br />

«Club of Rome» ist allerhöchstens noch Makulatur?<br />

Etwas wehmütig blicke ich zwei Postk<strong>art</strong>en in meiner<br />

Hand an: mir sehr liebe Erinnerungen an eines<br />

der kulturellen Projekte (ohne städtische Subvention)<br />

einer freien Gruppe in Bern (Perspektiven nach<br />

Davos): Eine hervorragende Performance, die viel<br />

zu reden und – vielleicht – zu denken gegeben hat.<br />

Zwei hochprofessionelle Fotos scheinbar – also für<br />

nicht Lesegewohnte (die Mehrzahl? immer mehr<br />

die Mehrzahl?) – vorerst völlig harmlosen Inhaltes<br />

(So hatten es erst auch die Verantwortlichen<br />

der Allgemeinen Plakat Gesellschaft gesehen:<br />

Wer LIEST schon, was auf Plakaten geschrieben<br />

steht???) Und dann kam sehr bald der Ruf aller<br />

rechten Leute nach Law and Order. Aber das hat ja<br />

Naegeli (nein, ich meine nicht den mit «ä», mit der<br />

Gasse oder der Eroberung der Waadt) mit seinen<br />

KiöR-Projekten in Zürich auch erleben müssen. In<br />

beiden Fotos sind Welt(!)formatplakate auf ordnungsgemässen<br />

Plakatständern in ordnungsgemässer<br />

Bernerplakatlandschaft abgelichtet. Beim<br />

ersten Foto, vor einem übervollen Berner Abfallkübel,<br />

mit umgestülptem McDonalds Pappbecher<br />

(auch rot – gelb, aber anstatt mit schwarz eben mit<br />

weiss, was jede Farbe spiegelt, statt alle zu schlucken)<br />

zuoberst, prangt auf dem Plakat gross der<br />

Satz: «Freiheit für Investoren!» Das zweite Foto<br />

vor neutralerem Hintergrund: «Zuviel Demokratie<br />

ist schlecht für das Geschäft.» Unten rechts auf<br />

beiden Plakaten, als tête carrée gewissermassen,<br />

das offi zielle quadratische blau-weisse Logo von<br />

«World Economic Forum» und unten links Tatort<br />

und Tatzeit: «WEF Annual Meeting 21 –25 January<br />

2004 Davos Switzerland». Heute hat es im Flach-<br />

land erstmals geschneit, heute habe ich erfahren,<br />

dass die Führer in Davos überzeugt sind, der Gewinnoptimierung<br />

seien keine Grenzen gesetzt, und<br />

dann auch noch, dass Herr Bush in seiner Rede zur<br />

Nation erstmals über Klimaerwärmung geschwafelt<br />

haben soll, und darüber, dass die Entwicklung<br />

von Maschinen mit «anderen» Energiequellen gefördert<br />

werden solle - damit die USA nicht mehr<br />

von ausländischen Erdöllieferanten und deren Terroristen<br />

abhängig sein müssten (der Querbezug<br />

zur Umweltproblematik eine unverbindlich beiläufi<br />

ge Garnitur am Schluss)... Während die Schneefl<br />

ocken trieben, las ich, wie der «Bund» sich im<br />

Titel zu Bushs Worten geäussert hat: «Rede eines<br />

Verlierers». CEOs sind keine Verlierer. Nie. CEOs<br />

setzen die Erhaltungssätze der Physik ausser<br />

Kraft? Einfach so? Obwohl die Thermodynamik<br />

lehrt, dass, wenn sich die Gesamtentropie eines<br />

geschlossenen Systems bei einem Prozess erhöht,<br />

dieser nicht umkehrbar, also irreversibel ist?<br />

Auch in der «Welt» (als abgeschlossenem System)<br />

wächst die Entropie. Der Endwert dieses Wachstums<br />

wäre beispielsweise dann erreicht, wenn sich<br />

sämtliche Temperaturunterschiede ausgeglichen<br />

hätten: Wärmetod. Anders ausgedrückt: wenn der<br />

Gewinnoptimierung keine Grenzen gesetzt sind:<br />

Wo müssen Prozesse begrenzt werden, damit in<br />

unserem geschlossenen System der Endwert des<br />

Entropiewachstums, der Zustand grösstmöglicher<br />

Unordnung, nicht erreicht wird? Ich blättere<br />

im Schlusstext von «Grenzen des Wachstums»,<br />

wo die Initianten ihren Bericht, im Lichte der Reaktionen<br />

darauf, kritisch würdigen (S. 165-176):<br />

«... sind wir davon überzeugt, dass eine rasche<br />

und grundlegende Besserung der gegenwärtigen<br />

gefährlich unausgewogenen und sich verschlechternden<br />

Weltlage die Hauptaufgabe ist, vor der die<br />

Menschheit steht... ... Dies setzt ein gemeinsames<br />

Bemühen ohne Rücksicht auf ihre Kultur, ihr Wirtschaftssystem<br />

oder ihren Entwicklungsstand voraus.<br />

Die Hauptverantwortung liegt dabei bei den<br />

industriell entwickelten Nationen, nicht weil diese<br />

magazin<br />

ein besseres Verständnis für die Erfordernisse<br />

eines wahrhaft humanen Lebens haben, sondern<br />

weil sie das Wachstumssyndrom erzeugt haben<br />

und noch immer auf der Spitze des Fortschrittes<br />

stehen, auf dem das Wachstum beruht... ... Wir sind<br />

schliesslich überzeugt, dass jeder vernünftige Versuch,<br />

einen dauerhaften Gleichgewichtszustand<br />

durch geplante Massnahmen herbeizuführen,<br />

letztlich grundsätzlicher Änderung der Wert- und<br />

Zielvorstellungen des Einzelnen, der Völker und<br />

auf Weltebene von Erfolg gekrönt sein wird...»<br />

1972. Indikativ. Makulatur? Das Umsetzen des Not-<br />

Wendigen eine Frage des kulturellen Bewusstseinsstandes?<br />

Eine andere wunderbare Performance<br />

geht mir durch den Kopf. Auch KiöR. Noch (!) steht<br />

beim Bollwerk auf der Passarelle «der Rettungsring»,<br />

Betonplastik von Claude Kuhn. Der Künstler<br />

hat hier ein Forum gestaltet, das jeder Passantin,<br />

jedem Passanten bei Bedarf Geistesnahrung geboten<br />

hat. Sie konnten sich beispielsweise fragen:<br />

«Wohin komme ich, wenn ich mir beim Schwimmen<br />

in der Aare, in Not geraten, einen Betonrettungsring<br />

über den Kopf stülpe?» Claude hätte vermutlich<br />

lediglich fein gelächelt; vielleicht hätte er in<br />

besonders kommunikativer Stimmung gesagt:<br />

«Eben.» War am Ende sein Beitrag zum kulturellen<br />

Bewusstseinsstand hier folgende kleine Gedankenkette:<br />

«Bei diesem ständigen Verkehrsfl uss<br />

hier unten wirkt jeder Rettungsring wie in der Aare<br />

ein Betonklotz um den Hals. Wenn wir dieser Art<br />

von Mobilität nicht wirkungsvoll begegnen...» Mit<br />

der neuen Gestaltung des Bahnhofplatzes könnte<br />

formal – und dadurch vielleicht doch ein bisschen<br />

wirkungsvoll? - die Grundproblematik in Gang<br />

kommen. Die Gestaltung der Überlebensaussichten:<br />

eine Frage des kulturellen Bewusstseinsstandes?<br />

Ein Forum für solche Gestaltung überfl üssig?<br />

Draussen inzwischen eine dünne Schneedecke:<br />

Weiss, das alle Farben spiegelt. Und in den kommenden<br />

Tagen ist mit zunehmender Kälte zu rechnen.<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07 29


magazin<br />

LESERBRIEFE / FORUM<br />

leserbrief@ensuite.ch<br />

Berns Kulturförderer<br />

blamieren sich<br />

■ Staatliche Kulturförderung ist ein schwieriges<br />

Thema. Auf welch schiefe Bahnen sie geraten kann,<br />

selbst wenn – oder gerade wenn – dem Buchstabe<br />

des Gesetzes nachgelebt wird, zeigt eine Episode<br />

aus dem Kanton Bern, die der ganzen Schweiz ein<br />

Lehrstück sein sollte.<br />

Berner Musikliebhaber ohne stilistische Scheuklappen<br />

wissen: Die etwas ausserhalb der Stadt<br />

auf dem Gemeindegebiet von Rubigen stehende<br />

Mühle Hunziken ist seit mehr als dreissig Jahren<br />

ein europaweit einzig<strong>art</strong>iges Konzertlokal. Schon<br />

auf manchem Gebiet ist in dem ein wenig an ein<br />

Shakespeare-Theater erinnernden Lokal Geschichte<br />

geschrieben und für Sternstunden gesorgt<br />

worden. Weltstars, die anderswo Fussballstadien<br />

füllen, gaben hier immer mal wieder unvergessliche<br />

Klubkonzerte, und Musikjournalisten auf der<br />

ganzen Welt staunten wohl regelmässig, wenn sie<br />

Tourneepläne angesagter Stars in die Hände bekamen,<br />

in denen die Liste europäischer Gigs London,<br />

Paris, Mailand, Wien, Berlin, Rom ... und «Mühle<br />

Hunziken» listeten.<br />

Das Erstaunlichste am Ganzen: All die Jahrzehnte<br />

wurde die Kulturmühle von ihrem Leiter<br />

Peter Burkh<strong>art</strong> ohne Inanspruchnahme von Steuergeldern<br />

betrieben. Erst nach dreissig (!) Jahren<br />

wandte sich Burkh<strong>art</strong> an seine Standortgemeinde<br />

– mit der Bitte, die Gelder, welche diese gemäss<br />

kantonalem Kulturförderungsgesetz (KFG) für<br />

Kulturleistungen an die Stadt abzuliefern hatte,<br />

doch für einmal in die Mühle umzuleiten. Schliesslich<br />

rekrutierte sich das Publikum der Mühle seit<br />

jeher aus der ganzen Region und mit ihrem urbanen<br />

Programm, das Downtown London alle Ehre<br />

machen würde, weitaus mehr aus der Stadt Bern<br />

als aus Rubigen selber. Auf die Mühle Hunziken<br />

wirkt sich überdies mehr und mehr die Tatsache<br />

aus, dass städtische Konzertlokale im Gegensatz<br />

zu ihr selber aus staatlichen Fördertöpfen gespiesen<br />

werden – im Prinzip auch aus dem Geld, das<br />

von Rubigen via Regionale Kulturkonferenz in die<br />

Stadt fl iesst. Diese konnten in den letzten Jahren<br />

dadurch Burkh<strong>art</strong> immer mehr attraktive Künstler<br />

abwerben – auch solche, die er vor Jahrzehnten<br />

einmal selber aufgebaut hatte.<br />

Die Absage kam zunächst prompt. Leider sei<br />

eine Umleitung der Gelder nicht machbar. Nun<br />

scheint vier Jahre nach der ersten Anfrage plötzlich<br />

doch noch zu gehen, was bislang unmöglich<br />

schien. Es hat sich nämlich herausgestellt, dass die<br />

Berner Landgemeinden und damit auch Rubigen<br />

schon immer die Gelegenheit gehabt hätten, ihre<br />

Kulturbeiträge an die Stadt zu reduzieren, «wenn<br />

sie sich selber wesentlich an der Finanzierung<br />

wichtiger kultureller Institutionen von mindestens<br />

30<br />

regionaler Bedeutung im Sinne von Art. 11 KFG beteiligen,<br />

die auf ihrem Gemeindegebiet domiziliert<br />

sind.»<br />

Ab 2008 soll die Mühle Hunziken nun also einen<br />

Beitrag erhalten – 25‘000 Franken jährlich,<br />

einen Franken pro Besucher, wie Peter Burkh<strong>art</strong><br />

Ende Januar in einem Interview mit der Berner Tageszeitung<br />

«Der Bund» vorrechnete. Das Stattheater<br />

Bern werde demgegenüber mit 240 Franken<br />

pro Besucher unterstützt, kommentierte Burkh<strong>art</strong><br />

nüchtern.<br />

Dass das Geld spät und bloss spärlich fl iesst,<br />

mag der «Mühli-Pesche», wie Peter Burkh<strong>art</strong> von<br />

Publikum und Musikern liebevoll genannt wird, mit<br />

milder Ironie kommentieren. Was ihn auf die Palme<br />

(notabene das Wahrzeichen der Mühle) bringt, ist<br />

hingegen die Begründung eines Vertreters des kantonalen<br />

Amtes für Kultur. Man habe, so der Funktionär,<br />

die gesetzlich mögliche Höchstgrenze des<br />

Beitrages – 33‘500 Franken – nicht ausgeschöpft,<br />

weil die 25’000 Franken «entsprechend der Wichtigkeit<br />

der Kulturmühle angemessen» seien. Das<br />

sei zugegebenermassen ein subjektiver Entscheid,<br />

die Mühle Hunziken sei aber nicht vergleichbar mit<br />

Institutionen wie dem Historischen Museum in der<br />

Stadt.<br />

Den Bildungsbürgern, die zu solch unsinnigen<br />

Vergleichen greifen, kann man nur in einer<br />

Sprache antworten, die sie möglicherweise verstehen:<br />

O, sancta simplicitas!<br />

Die Moral des Ganzen? Mag sein, dass da alles<br />

mit rechten bürokratischen Dingen zugegangen<br />

und allen föderalistischen und regionalen Ansprüchen<br />

formal Recht getan worden ist. Menschlich<br />

und kulturpolitisch ist das Ganze aber eine unwürdige<br />

Schildbürgerei ahnungsloser Funktionäre. In<br />

der Kulturförderung geht es nicht (nur) ums Geld.<br />

Es geht auch – und vor allem – um Wertschätzung,<br />

Stil und einen respektvollen Umgang mit denjenigen,<br />

die verhindern, dass unsere Welt im Mittelmass<br />

versinkt. Auch und gerade mit den Peter<br />

Burkh<strong>art</strong>s unseres Landes darf nicht so umgesprungen<br />

werden.<br />

Wolfgang Böhler, 8808 Pfäffi kon, Musikphilosoph<br />

und Chefredaktor des Codex fl ores Onlinemagazins<br />

www.codexfl ores.ch<br />

Playboy light? (Heft Nr. 50 / Seite 45)<br />

■ Was soll denn das? Playboy light? Mag ja sein,<br />

dass ich prüde bin. Ok! Wenn das «gefragt» ist und<br />

sexy sein soll, auch ok. Wenn dem so ist, so erw<strong>art</strong>e<br />

ich, dass Sie auch Fotos von Männern bringen: so<br />

pfannenfertige, unterwürfi ge Verfügsamkeit (...).<br />

Zu 50 Prozent bitte!<br />

Wenn nun aber dabei die Frage auftaucht, wie<br />

Sie das bewerkstelligen könnten, zeigt das deutlich<br />

an, wie einseitig und verzerrt Ihr Blickwinkel<br />

ist, auf Frauen. Kein Mann will sich als unterwürfi -<br />

gen Gebrauchsgegenstand, der allzeit zur beliebigen<br />

Verfügbarkeit bereit ist, sehen. Zu Recht!<br />

Und wir als Frauen sollen das für uns wünschen?<br />

Ich glaube, Sie machen Witze. Dann kommt<br />

noch diese lächerliche Bekleidung. Ich meine diese<br />

doofen Strümpfe - schwarz!? Zu weissen Pumps?<br />

Total bescheuert.<br />

So ganz allgemein ist mir schon länger aufgefallen<br />

und hat mich gestört: Bei den Bildern unten<br />

in der Agenda überwiegt die Darstellung von Männern.<br />

Wie wär‘s mit halbe halbe?<br />

A. Disqué, 3532 Zäziwil<br />

Anmerkung der Redaktion:<br />

1. Das besagte Bild kommt von Malu Barben, einer<br />

begnadeten Fotokünstlerin, und wurde für eine<br />

Inseratekampagne mit drei verschiedenen Sujets<br />

von ihr selbst angefertigt.<br />

2. Unsere Bildauswahl in der Agenda wird seit<br />

zweieinhalb Jahren von einer Frau - ohne Männerregie<br />

- erstellt.<br />

www.ensuite.ch<br />

Leserbriefe<br />

Wir freuen uns über Ihre Zuschriften. Je kürzer<br />

ein Brief, umso grösser ist die Möglichkeit für<br />

eine Veröffentlichung. Es ist nicht nötig, dass<br />

der Inhalt sich nur auf Artikel bezieht, welche<br />

im ensuite - kulturmagazin erschienen sind -<br />

aber es wird die Veröffentlichung fördern. Die<br />

Redaktion behält sich vor, Artikel zu kürzen. Es<br />

werden nur Zuschriften publiziert, welche mit<br />

Name und Wohnort versehen sind. Einsendungen<br />

an: ensuite - kulturmagazin, Leserdienst,<br />

Sandrainstrasse 3, 3007 Bern oder per Email:<br />

leserbrief@ensuite.ch<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07


CARTOON<br />

www.fauser.ch<br />

magazin<br />

VON MENSCHEN UND MEDIEN<br />

kommunikationsnotstand in der hauptstadt<br />

Von Lukas Vogelsang<br />

■ Wir heben die weisse Flagge für Bern. Der Angriff<br />

der FACTS-Redaktion (Ausgabe vom 15. Februar<br />

07/07) kam unvorhergesehen und zielte heimtückisch,<br />

gemein, minuziös und strategisch korrekt<br />

ziemlich unter die Gürtellinie. Und wäre man nicht<br />

eher friedliebend, so müsste man applaudieren.<br />

Ich spreche von der Attacke gegen die Stadtkanzlei<br />

und deren Stadtschreiberein Irène Maeder –<br />

die mächtigste Frau in Bern. Dagegen ist Tschäppät<br />

ein lustiger und netter Kumpel – ok, so präsentiert<br />

er sich uns ja immer. Immerhin pokerte er im Berner<br />

Casino im StarPoker von TeleBärn. Aber neben der<br />

Maeder hat der Stadtpräsident nichts mehr zu bieten.<br />

Aufgefl ogen ist die Chefbeamtin in der Presse<br />

vor allem, weil die Abteilung Kommunikation in der<br />

Stadt Bern bereits nach einem Jahr wieder einen<br />

Wechsel zu verzeichnen hat. Bei den Recherchen<br />

zu den Gründen, die zu der Trennung von Beatrice<br />

Born und der Stadt geführt haben, fi ndet man<br />

sich unweigerlich in einen Beamtenfi lz verstrickt.<br />

Da quillen Aussagen und Gerüchte, Anschuldigungen<br />

und sabbernde Eifersuchtsdramen nur so über<br />

den Stadtrand hinaus. Ein Beispiel aus dem besagten<br />

FACTS-Artikel und wohl das Treffendste: «Ihre<br />

Maxime, lästern Verwaltungsangestellte, laute in<br />

Anlehnung an Franz Josef Strauss: ‹Mir ist egal,<br />

wer unter mir Stadtpräsident ist.›» Hübsch, nicht?<br />

Ui, Bern hat ein richtiges Kommunikationsproblem<br />

– die Nation lacht über die Patrizierstadt.<br />

Doch das ist nicht der einzige Faux-pas der Berner<br />

Kommunikation. Auch die RKK (Regionale Kulturkonferenz)<br />

liess bei mir selber einen hübschen<br />

PR-Triller über den Bildschirm. Als ich eine Anfrage<br />

an die RKK mailte, erhielt ich von der Geschäftsführerin<br />

Isabelle Meyer folgende Antwort: «Wir haben<br />

über ensuite diskutiert und gehen davon aus, dass<br />

wir die Kulturagenda unterstützen, ... (...) Wir wünschen<br />

ihnen weiterhin viel Erfolg und hoffen, dass<br />

Sie bei Ihrer Berichterstattung auch die journalistischen<br />

Regeln anwenden und jeweils Gelegenheit<br />

geben, dass beide Seiten einer Medaille dargestellt<br />

werden können... ;-).» Dabei meinte sie den offenen<br />

Brief von Peter Burkh<strong>art</strong>, welchen wir in der<br />

Februar-Ausgabe unkommentiert wiedergegeben<br />

haben. Nun, ich habe nach mehrmaligem Klopfen<br />

zum Schluss die gewünschten Informationen erhalten<br />

und wir konnten den Dialog wieder retten.<br />

Jedoch ein Interview wollte sie mir nicht geben, einen<br />

Leserbrief nicht schreiben und sie meinte nur:<br />

«Für uns ist das Thema (RKK und Mühle Hunziken<br />

/ Anmerkung) gegessen, wir werden uns nicht weiter<br />

um Publizität bemühen.» Dass eine öffentliche<br />

Stelle Medienbetriebe bevorzugt und andere deswegen<br />

nicht informieren will, stelle ich hier einfach<br />

mal hin. Aber warum die Rüge an uns, dass wir<br />

journalistisch nicht korrekt waren? Wir waren das<br />

einzige Medium, welches den Brief von Peter Burkh<strong>art</strong><br />

(er hatte uns angefragt) unkommentiert ab-<br />

druckte – damit die LeserInnen eine Ahnung haben,<br />

worum es eigentlich ging. Der Einführungssatz, der<br />

dies erklärte, war das einzige Beigemüse von uns,<br />

sonst haben wir keine Stellung bezogen. Was war<br />

denn falsch daran? Der Pesche wurde schliesslich<br />

im gesamten Februar zum medialen «enfant terrible»<br />

gestempelt - man wollt doch wissen, wieso...<br />

Das dritte Beispiel nur noch ganz unbedeutend:<br />

An der Pressekonferenz über die neue Kulturstrategie<br />

wurde den Journalisten einen Papierberg von<br />

mindestens 5cm vorgelegt. Nach den Referaten von<br />

Tschäppät und Reichenau blieb es verdächtig still.<br />

Wer hätte in der halben Stunde nur einen Bruchteil<br />

der Information so verarbeiten können, dass man<br />

eine einigermassen vernünftige Frage zustande<br />

gebracht hätte? Diese Presseshow hätte dringend<br />

verschoben werden müssen – das grenzte bereits<br />

an Missbrauch der öffentlichen Medien, wenn man<br />

als Journalist nur noch als Sprachrohr gesehen<br />

wird und keine Recherchemöglichkeit mehr hat.<br />

Denn es ist klar, dass am nächsten Tag etwas in der<br />

Zeitung stehen muss und es nicht unbedingt das<br />

Einzige ist, was man im Leben zu tun hat. Und das<br />

Angebot, DANACH für die Journalisten da zu sein,<br />

war nicht befriedigend.<br />

Fazit: In Bern brauchen wir dringend neue KommunikatorInnen.<br />

Sonst werden wir, wenn das so<br />

weitergeht, zum Schluss nur noch über uns selber<br />

lachen...<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07 31


magazin<br />

BERNER KULTURMENSCHEN<br />

kreativ in berlin und anderswo<br />

Von Eva Mollet (Bild: Eva Mollet)<br />

■ Die Bernerin Claudia Rohner arbeitet als freischaffende<br />

Szenografi n und Bühnenbildnerin im<br />

deutschsprachigen Raum. Seit sechs Jahren lebt<br />

sie in Berlin, dem Mekka der europäischen Kulturschaffenden.<br />

Sie arbeitet da gerade am Bühnenbild<br />

für das neue Stück von Lukas Bärfuss «Die Probe».<br />

In Bern inszeniert sie zum zweiten Mal einen Event<br />

im Münster, anlässlich der Museumsnacht 07.<br />

Claudia trägt ihr schulterlanges Haar zu einem<br />

Pferdeschwanz gebunden. Der Jeansjupe wird zu<br />

braunen Stiefeln kombiniert. Sie klappt die Sonnenbrille<br />

zur Stirn hoch, was zwei lebhafte, braune Augen<br />

freilegt.<br />

Wenn sie in die Schweiz kommt, geht sie gerne<br />

in den Supermarkt mit den orangen Ms einkaufen.<br />

Nebst Familie und Freunden, vermisst sie den Mokka-Joghurt.<br />

Von der Requisiteurin zur Szenografi n und<br />

Bühnenbildnerin Nachdem Claudia drei Jahre als<br />

Requisiteurin im Berner Stadttheater gearbeitet<br />

und gleichzeitig das Studium der Theater- und<br />

Medienwissenschaften begonnen hat, besteht sie<br />

überraschend die Aufnahmeprüfung für einen<br />

damals neuen Studiengang an der hgkz. Sie lernt<br />

«Szenisches Gestalten». Wer etwas in Szene setzt,<br />

braucht ein Konzept, zum Beispiel für Licht und Ton.<br />

«Das war ein sehr anstrengendes Jahr. Ich war die<br />

Jüngste, das strampelnde Nesthäkchen. Mein Glück<br />

war, dass der Initiant dieses Studiengangs ehemaliger<br />

Intendant des Neumarkt Theaters war. Dank Peter<br />

Schweiger gab es viele Bezüge zum Theater.»<br />

32<br />

Nach der Ausbildung bekommt Claudia eine Anstellung<br />

als Bühnenbildassistentin am schauspielfrankfurt.<br />

Die Bernerin zieht um. Zur selben Zeit formieren<br />

sich die Diplomierten des oben genannten<br />

Studiengangs zu einer Gruppe namens «aggregat».<br />

Zusammen gewinnen sie eine Ausschreibung der<br />

Expo 02. Sie gestalten den Heiratspavillon «Oui»<br />

in Yverdon. Dieser Erlebnisparcours ermöglicht es<br />

zwei beliebigen Personen, sich für vierundzwanzig<br />

Stunden zu verheiraten. Die Paare lassen sich registrieren,<br />

ziehen eine Nummer und werden durch<br />

den Parcours geleitet. Im Heiratsraum werden die<br />

Verbindungen mit einem ansteckbaren Knicklicht,<br />

das nach vierundzwanzig Stunden erlöscht, sichtbar<br />

gemacht.<br />

Von Frankfurt nach Berlin Nach Berlin führt<br />

Claudia die Anstellung als Bühnenbildassistentin<br />

am Deutschen Theater, wo sie später als Bühnenbildnerin<br />

und Hausdesignerin eingestellt wird. Sie<br />

baut Bühnen-Modelle und zeichnet am Computer<br />

die Pläne, die später in den theaterinternen Werkstätten<br />

umgesetzt werden. Während fünf Jahren<br />

realisiert Claudia dreissig verschiedene Bühnenbilder<br />

und erarbeitet Vorschläge für das Merchandising<br />

des Theaters. «Ich habe ein Höllenpensum<br />

absolviert und bin an die Grenzen des Machbaren<br />

gestossen.» Es fehlt so die Zeit zum Auftanken.<br />

Claudia beschliesst, sich selbstständig zu machen.<br />

Als Freischaffende ist sie viel unterwegs im ganzen<br />

deutschsprachigen Raum, dafür kann sie zwischen<br />

den Projekten Pausen einplanen. «In Berlin lässt<br />

sich im Vergleich zu anderen deutschen Grossstädten<br />

unglaublich günstig leben. Ich geniesse<br />

die spürbaren Freiheiten und Möglichkeiten. Es ist<br />

leicht, etwas Neues auszuprobieren. Galerien und<br />

Lokale werden schnell eröffnet, aber auch schnell<br />

wieder geschlossen, wenn sie sich nicht durchsetzen<br />

können.»<br />

Zwei Münsterprojekte Die Diplomarbeit «Szenisches<br />

Gestalten» von Claudia Rohner und Michael<br />

Hollstein lädt 1999 zu einer inszenierten Begehung<br />

des Berner Münsters ein. «Es ist bis heute eine<br />

meiner Lieblingsarbeiten. Wir haben alles selbst<br />

gemacht: das Konzept, den Aufbau und den Umbau<br />

des Estrichs im Münster.» Dank der Mithilfe vieler<br />

Freunde und Freundinnen konnte das Projekt mit<br />

minimalen fi nanziellen Mitteln realisiert werden.<br />

Das neue Projekt heisst «Rosa Lauschen» und fi ndet<br />

am 23. März 07 während der Museumsnacht<br />

statt. Claudia wird vom Pfarrer des Münsters angefragt,<br />

die bestehende Idee des Münster-Organisten<br />

in Szene zu setzen: Der Organist improvisiert während<br />

acht Stunden zusammen mit acht Musikern<br />

und Musikerinnen. Das bewährte Team, Michael und<br />

Claudia, will eine ruhige Oase schaffen nebst dem<br />

Trubel der Bars und P<strong>art</strong>ys der Museumsnacht. Nur<br />

so viel darf noch verraten werden: Licht und Ton<br />

werden wichtige Funktionen übernehmen.<br />

Museumsnacht: 23.3.07. «Rosa Lauschen» im<br />

Münster von 18:00 bis 02.00 h<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07


CLUBBING<br />

phönix aus dem wasser<br />

Von Jean-Luc Froidevaux - Der Wasserwerk Club, eine Rehabilitation (Bild: Jean-Luc Froidevaux)<br />

■ Freitag Nacht. In der schummrigen Strasse<br />

klatscht der Klang kratzender Schritte an die Backsteinwand.<br />

Neben einem plakatbeklebten Container<br />

posieren drei Türsteher am Absperrgitter, vom<br />

h<strong>art</strong>en Licht des Deckenfl uters in kantige Konturen<br />

zerschnitten. Face Control. Ein stereotypes Bild globalisierter<br />

Clubkultur, wie es auch in Detroit oder<br />

Berlin aufgenommen sein könnte. Vom überdimensionierten<br />

Garderobebereich führt die Treppe am<br />

WW-Logo vorbei nach oben in den langgezogenen<br />

Industrieraum. In dessen vorderen Teil lässt sich<br />

auf quadratischen Sitzkissen herumfl äzend auf favorisierte<br />

Geschlechtsp<strong>art</strong>ner einreden. Noch machen<br />

erst Einzelne davon Gebrauch. «Gegen Mitternacht<br />

wissen wir, ob wir fi nanziell rausgekommen<br />

sind», meint Dave Marshal, der zusammen mit Arci<br />

Friede seit Herbst 2004 den Wasserwerk Club betreibt.<br />

Angefragt wurden sie von Gomi, dem einzigen<br />

der Gründerväter, der noch immer dabei ist.<br />

Ihr Anspruch, Neues nach Bern zu holen und die<br />

Musik ins Zentrum zu stellen, zahle sich selten aus.<br />

Die Berner seien wenig risikofreudig und hielten<br />

sich lieber an Altbewährtes: «Drum’n’Bass etwa<br />

füllt hier noch Säle, international hat es kaum noch<br />

Bedeutung.» - wenn die Leute denn überhaupt der<br />

Musik wegen kommen und nicht bloss sich selbst<br />

feiern wollen.<br />

Es gab einmal eine Zeit, da spielten Faithless,<br />

Moby und Prodigy im «Wasi» , bevor sie jeder kannte.<br />

Mit dem 99er Hochwasser ging das dann alles<br />

den Bach runter – die Betreiber meldeten Konkurs<br />

an und deren Nachfolger setzten auf Kurze mit verlustgefährdetem<br />

Beinkleid, die ihr Taschengeld den<br />

Göttern des HipHop opfern. Ein Image, das Dave,<br />

Arci und Gomi seit zweieinhalb Jahren loszukriegen<br />

versuchen. Trotzdem behielt das Wasserwerk<br />

seinen Namen - ergänzt mit dem Zusatz «Club»<br />

– bei, schliesslich steht der ja auch für die glorreiche<br />

frühe Phase, an die man anknüpfen will. Geld<br />

war ja eh nur für geringe bauliche Veränderungen<br />

da: Ob die Berner durch die neuen schallisolierten<br />

Fenster besser sehen, was hier abgeht? Die lange<br />

neonbeleuchtete Theke führt zur Bühne, wo die<br />

Jungs des DJ-Kollektivs «Round Table Knights» an<br />

den Knöpfen schrauben als gälte es, eine Reaktorkatastrophe<br />

abzuwenden. Die Luft wird vom Floor<br />

getanzt. Über den epileptisch zuckenden Spiegellichtern<br />

fl immern optische Schlieren. Arci und Dave<br />

erprobten schon in anderen Lokalen neue Formate,<br />

Dancep<strong>art</strong>ies etwa, wo zu später Stunde noch<br />

eine Band auftritt. Sie zeichneten auch vorher im<br />

Wasi schon für regelmässige, erfolgreiche Events<br />

verantwortlich, die weitergeführt würden, um das<br />

speziellere Programm querzufi nanzieren.<br />

Schall ohne Grenzen Berner Club-Kultur von<br />

Welt wollen die Wasserwerktätigen bieten; angesagte<br />

Produzenten aus dem Underground der internationalen<br />

Metropolen. Als nicht zu vernachlässigender<br />

Nebeneffekt ermögliche man damit auch<br />

Berner DJs den Sprung über die Grenze. Wenn diese<br />

zusammen mit ausländischen Acts aufl egen und<br />

es gut läuft, folgt schon mal eine Einladung nach<br />

London oder Berlin. So spielten die Resident DJs<br />

Audioporno letzthin im «Le Paris Paris», dem zurzeit<br />

heissesten Club in....na wo wohl. Viele innovative<br />

Musiker seien zudem in die Kunst- und Modeszene<br />

hinein vernetzt, wo sich ebenfalls interessante<br />

Kontakte ergäben. Für die Veranstalter. Für Bern.<br />

Devlin & Darko hüpfen auf die Bühne, um mit wummerndem<br />

US-Baltimore Bass auch die etwas morscheren<br />

Knochen zu bewegen, die sich neuerdings<br />

hier anhäufen. «Ich will nichts machen, was andere<br />

magazin<br />

auch schon gemacht haben», erklärt Dave seine<br />

Ehre als Veranstalter und um so mehr wurmt es<br />

ihn, dass sich andere nicht zu schade dafür seien,<br />

erfolgreiche Acts und Formate zu übernehmen. Vor<br />

allem, wenn es sich um subventionierte Kulturlokale<br />

handle, die auf einen Namen aufspringen, der zuerst<br />

mit hohem Risiko von den selbstfi nanzierten<br />

Lokalen wie dem Wasserwerk Club in Bern eingeführt<br />

wurde. Nicht ganz von der – hohlen – Hand zu<br />

weisen, die Klage dieses Mannes. Dave nennt Beispiele,<br />

wo auch die Medien erst aufmerksam wurden,<br />

als dieselben Acts später im PROGR oder in<br />

der Dampfzentrale spielten. Und wenn im «de:bug»<br />

und «spex» die Künstler, die im doppelten Double-U<br />

an der Aare auftreten, öfters erwähnt werden als<br />

in einheimischen Schriften, dann müssen wir uns<br />

wohl selbst am restlichen Haupthaar nehmen...und<br />

uns daran in Münchhausenscher Manier aus dem<br />

Mainstream ziehen. Weniger stille Wasser gründen<br />

manchmal innovativ.<br />

Das Programm im März:<br />

10.3. Buraka Som Sistema (Lisboa) bringen Kuduro<br />

in die Schweiz, eine Mischung aus der angolanischenTanzmusik<br />

Kizomba und westlicher<br />

Dancemusik<br />

16.3. Goldie Locks (Grime-Pop aus LONDON) &<br />

Kazey (Elektro / Ghettotech aus Paris)<br />

23.3. Museumsnacht Late Night Event mit Poney<br />

Poney (Paris) & Eelectric Guitar DJ-Team<br />

(DJ Coop & DJ Dennis Ratzlaff / Berlin)<br />

24.3. Patchwork mit Dave Ghetto, Hezekiah &<br />

Mystic (USA)<br />

Weitere Infos: www.wasserwerkclub.ch<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07 33


magazin<br />

STADT UND LAND<br />

«wohl um den glauben sein / da hat man<br />

ihn gefangen h<strong>art</strong>...»<br />

Von Anne-Sophie Scholl (Bild: zVg.)<br />

34<br />

«Wohl um den Glauben sein,<br />

Da hat man ihn gefangen h<strong>art</strong>,<br />

Führt ihn gen Bern wohl in die Stadt»<br />

■ In Bern wurde er umgebracht: Hans Haslibacher,<br />

vom Haslibacher Hof bei Summiswald, war der letzte<br />

Täufer, der in Bern am 20. Oktober 1571 für seinen<br />

Glauben das Leben lassen musste. Er war aber nicht<br />

der einzige. Bis zu jenem Datum sind 39 Hinrichtungen<br />

von Angehörigen der neuen Glaubensbewegung<br />

mit Quellenmaterial belegbar, die Dunkelziffer dürfte<br />

viel höher liegen. Auch in der Folge waren die Täufer<br />

nachhaltiger Verfolgung ausgesetzt. Zwar wurden<br />

sie nicht mehr umgebracht, doch sie wurden<br />

zwangskonvertiert, gebüsst, gefoltert, vertrieben<br />

oder in den Untergrund gezwungen und enteignet.<br />

Der Glaube war nicht der Hauptgrund für die<br />

Verfolgungen. Bedrohlich für die Obrigkeit war vor<br />

allem der gesellschaftliche Widerstand der Täufer.<br />

Mit der Wiedertaufe, der Taufe bei Mündigkeit,<br />

wurde das freie Bekenntnis zum Glauben versinnbildlicht:<br />

Die Täufer verweigerten sich der in der<br />

Säuglingstaufe vollzogenen automatisierten religiös-sozialen<br />

Einordnung. Sie entzogen sich dem<br />

Zusammenspannen von weltlicher und geistlicher<br />

Macht in der Auslegung des Christentums. Den Täufern<br />

war einzig die Heilige Schrift Autorität. In dem<br />

von unbekannter Hand nach seinem Tod verfassten<br />

Lied werden Haslibacher die folgenden Worte in<br />

den Mund gelegt:<br />

«Von mein’m Glaub thu ich nicht abstahn,<br />

Das Göttlich Wort ich selber kann,<br />

Mein Sach befehl ich Gott,<br />

Es ist mein’m Herz ein ringe Buss,<br />

Wann ich unschuldig sterben muss.»<br />

Hervorgegangen waren die Täufergemeinschaften<br />

aus den reformatorischen Bewegungen<br />

zu Beginn des 16. Jahrhunderts. Enttäuscht über<br />

die Entwicklung in den reformatorischen Lagern<br />

suchten sie als dynamische gesellschaftliche Erneuerungsbewegung<br />

eine neue Glaubensgemeinschaft<br />

nach selbstgewählten Gesetzmässigkeiten<br />

und Überzeugungen zu leben. Mit den 1527 in den<br />

sogenannten Schleitheimer Artikeln formulierten<br />

Glaubensbekenntnissen konstituierten sich<br />

die Täufer auf schweizerischem Gebiet als erste<br />

Freikirche. Sie bekannten sich zum Prinzip der Gewaltlosigkeit,<br />

waren Pazifi sten und Kriegsdienstverweigerer.<br />

Durch die Repression seitens der<br />

Obrigkeit wurden sie zu Märtyrern. Um der ihnen<br />

entgegengebrachten Sympathie keinen weiteren<br />

Boden zu geben, stellte die Obrigkeit die Hinrichtungen<br />

schliesslich ein:<br />

«Die Herren sprachen imsgemein,<br />

Kein Täufer wir mehr richten wend,<br />

Da sprach ein alter Herr:<br />

Wär es nach meinem Willen gahn,<br />

Den Täufer hätt man leben lahn.»<br />

Unterdrückt und verfolgt wurden die Täufer weiterhin,<br />

teilweise sogar mittels Kopfprämien. Häufi g<br />

fanden sie dennoch Schutz und Unterstützung bei<br />

der Bevölkerung, ein letztes heute noch erhaltenes<br />

Täuferversteck auf dem Hof Hinter Hütten bei<br />

Fankhaus zeugt davon. Viele aber fl ohen vor der<br />

Repression, die im Bernischen besonders rigoros<br />

war, und zogen in abgelegene Täler im Jura, in<br />

die Pfalz oder in die toleranteren Niederlande und<br />

USA. Im 18. Jahrhundert, als sich mit den Neutäufern<br />

jüngere Glaubensgemeinschaften mit anderen<br />

Wurzeln von den Mennoniten, den Alttäufern,<br />

abspalteten, lassen sich von ursprünglich fünfzehn<br />

Emmentaler Gemeinden nur noch in Langnau,<br />

Trub und Trachselwald täuferische Aktivitäten<br />

nachweisen.<br />

Täuferjahr 2007 «Die Wahrheit soll bezüget<br />

werden». Offi zielle Eröffnungsfeier Samstag, 24.<br />

März, Reformierte Kirche Langnau im Emmental.<br />

Kein eigentliches Jubiläum, sondern der<br />

Wunsch, ein dunkles Kapitel der Vergangenheit<br />

ins Licht des öffentlichen Interesses zu rücken, begründet<br />

die Organisation eines Täuferjahres. Ziel<br />

ist insbesondere, den Dialog zwischen einstigen<br />

Verfolgern und Verfolgten zu pfl egen. Nach den<br />

Themenjahren zum Bauernkrieg und zu Gotthelf<br />

begeht das Emmental mit dem Täuferjahr zum<br />

dritten Mal einen Grossanlass.<br />

Getragen wird das Täuferjahr 2007 von Pro<br />

Emmental, der Tourismus- und Wirtschaftsorganisation<br />

für die Region. Das Patronatskomitee<br />

vereint Persönlichkeiten aus Politik, alt- und<br />

neutäuferischen Freikirchen, Landeskirchen, Burgergemeinde<br />

und Kultur sowie Vertretungen der<br />

Niederländischen Botschaft und der Botschaft der<br />

USA.<br />

Das ganze Jahr hindurch fi nden von verschiedenen<br />

Interessensgemeinschaften veranstaltete<br />

Anlässe im Emmental, Seeland, Jura, Berner<br />

Oberland und in Bern statt. Im Vorfeld des offi -<br />

ziellen Eröffnungsfestaktes waren bereits erste<br />

Veranstaltungen zu besuchen. So zum Beispiel<br />

eine Ringvorlesung an der Universität Bern über<br />

Berner Täufer in Geschichte und Gegenw<strong>art</strong>. Die<br />

einzelnen Referate werden diesen Frühling in Form<br />

einer Publikation erscheinen.<br />

Weitere Informationen: www.anabaptism.org<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07


REISEZIEL HOTEL<br />

einfach ins easyhotel basel<br />

Von Andrea Baumann (Bild: zVg.)<br />

■ Die Tage werden länger und wärmer – Zeit die<br />

Höhlen zu verlassen und nach Luftveränderung<br />

Ausschau zu halten. Im Süden Europas, so etwa<br />

in der easyJet-Destination Malaga, kann man sich<br />

bestimmt bereits am Strand bräunen. Oder vielleicht<br />

doch eher ein Kulturwochenende in einer<br />

mitteleuropäischen City verbringen? Die Qual<br />

der Wahl, denn die Flugtarife von easyJet locken<br />

mit Schnäppchenpreisen. Zu schade, dass die<br />

preiswärtesten Flüge öfters um 6:00 Uhr früh abheben,<br />

und so eine Anreise mit der Bahn nach Basel<br />

selten möglich ist. Entweder hat man Glück und<br />

Freunde offerieren eine Übernachtungsmöglichkeiten,<br />

ansonsten wird man um eine Hotelbuchung<br />

nicht drum herum kommen.<br />

Der griechisch-britische Unternehmer Stelios<br />

Haji-Ioannou, der unter dem Easy-Logo schon verschiedene<br />

Dienstleistungen betreibt, dachte sich<br />

wohl: was im Reisesektor klappt, müsste in der Hotellerie<br />

ebenfalls Erfolg haben und eröffnete 2005<br />

das erste easyHotel in London. Nur wenige Monate<br />

folgte die Einweihung des ersten kontinentaleuropäischen<br />

easyHotel im Basler Messequ<strong>art</strong>ier.<br />

Nicht nur der nahe gelegene easyJet-Flughafen<br />

Basel/Mühlhouse/Freiburg war ausschlaggebend<br />

für den Standort, auch die Tatsache, dass Basel die<br />

Schweizer Messestadt schlechthin ist und dadurch<br />

viele Übernachtungen pro Jahr aufzuweisen hat,<br />

begünstigte die Wahl.<br />

Aufgebaut nach dem ähnlichem Konzept wie<br />

der Billigfl ieger easyJet besticht das Motto: Je<br />

früher man bucht, desto billiger; so sind die kleinen<br />

Zimmer bereits ab 45 Franken zu haben. Gebucht<br />

wird ebenfalls über das Internet. Alle 24 Zimmer<br />

verfügen über ein Toilette-Dusche-Modul, einen<br />

Spiegel mit Kleiderhacken und einen Fernseher,<br />

der in der Zimmerecke hängt. Einzelzimmer gibt<br />

es übrigens nicht und die Grösse der Doppelzimmer<br />

weist zwischen 9 und 17 Quadratmetern auf.<br />

Gäste mit kaustrophobischen Neigungen sollten<br />

sich deshalb vergewissern, ein grösseres Zimmer<br />

mit Fenster zu reservieren. Ja genau, es gibt auch<br />

winzige Zimmer ohne Tageslicht. Nur wenige Fusslängen<br />

Distanz sind zwischen Bett, Nasszone und<br />

Türe auszumachen. Insbesondere Reisende mit<br />

viel Gepäck werden zu mathematischen Aufgaben<br />

gezwungen, wenn es darum geht, die Koffer und<br />

Taschen zu verstauen. Denn einen Schrank, Tisch,<br />

Stuhl, Nachttisch oder Regal sucht man vergebens.<br />

Manch Brillenträger wird sich vor dem Lichterlöschen<br />

fragen, wo lege ich meine Brille hin? Oder<br />

wo positioniere ich den Wecker? Und die Kleider<br />

- einfach auf den Fussboden? Da würden sich die<br />

Geister wohl über die Frage streiten, was eine<br />

Übernachtungsmöglichkeit alles enthalten muss,<br />

um als Hotelzimmer klassifi ziert zu werden. Halb<br />

so schlimm, wird sich der Begründer sagen: denn<br />

die easyHotel-Gäste sind nicht Urlauber im klassischen<br />

Sinn und bleiben in der Regel nicht länger<br />

als ein bis zwei Nächte. Während den grossen Messen<br />

pilgern Tausende von Geschäftsleuten und Besuchern<br />

ans Rheinknie, so dass eine Dürreperiode<br />

in Sachen Schlafgelegenheiten ausgerufen wird.<br />

Dann tut es eine saubere Schlafkoje alleweil.<br />

magazin<br />

Ach ja, die Übernachtungspreise verstehen sich<br />

ohne Frühstück. Tja, irgendwie müssen sich die<br />

günstigen Preise rechnen. So werden die Zimmer<br />

und die Wäsche nur jeden dritten Tag gereinigt.<br />

Nur unter diesen Bedienungen schafft es der Chef<br />

des Basler easyHotels den 24-Stunden-Betrieb mit<br />

minimalem Personalaufwand zu führen. Gegen<br />

Aufpreis sind jedoch verschiedene Dienstleistungen<br />

wie Reinigung, Wäschewechsel, Zimmerservice<br />

oder Benutzung eines Konferenzzimmers<br />

erhältlich. Ausstattung und Leistungen sind dem<br />

Konzept getreu auf das Notwendigste reduziert:<br />

eben einfach easy, funktional, sauber und sicher.<br />

Orange ist übrigens auch bei den easyHotels die<br />

dominante Farbe, wie könnte es anders sein.<br />

Adresse<br />

EasyHotel Basel<br />

Riehenring 109<br />

4058 Basel<br />

info@easyHotelbasel.ch<br />

www.easyHotel.com<br />

Tel: +41 0900 327 927 (CHF 1.50 / min.)<br />

Preise ab CHF 45.00 (je nach Nachfrage und<br />

Zeitpunkt Buchungsdatum)<br />

Ab Bahnhof SBB mit der Tram Nr. 2 Richtung Eglisee<br />

und bei der Station Messeplatz aussteigen.<br />

Von da sind es noch 5 Minuten zu Fuss Richtung<br />

Musical Theater.<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07 35


werbung<br />

36<br />

KLEINANZEIGEN<br />

YOGA<br />

Kundalini Yoga Seit 10 Jahren, jeden Dienstag,<br />

20:00-22:00h. Dieser Kurs ist für Anfänger wie für<br />

Fortgeschrittene. Schnuppern erwünscht und gratis.<br />

Bitte vorher anmelden. Kursort: DAO - Raum<br />

der Zeit; Gesellschaftsstrasse 81a; 3012 Bern. Infos,<br />

Kurs-/ Schnupperstunden: Telefon 031 318<br />

6050 (Büro)<br />

KULTUR / MUSIK<br />

Wechselgesänge: Dienstag Abend in Bern, Perkussion<br />

und Kleinperkussion: Freitag Abend in<br />

Bern - Kontakt: Ruth Krähenbühl Telefon 031<br />

372 64 33<br />

les sirènes - das Frauen-Vokalensemble aus Bern<br />

- und Pianistin Marlis Walter präsentieren im März<br />

rund um Bern GOLDEN GIRLS! Von Janis Joplin<br />

über Edith Piaf bis Tina Turner sind alle grossen<br />

Frauen der letzten 100 Jahre dabei. Freuen Sie<br />

sich auf einen Abend voller Glitzer, Glamour und<br />

tollen Stimmen. Konzertdaten unter<br />

www.les-sirenes.ch.<br />

ensuite k u l t u r m a g a z i n<br />

Sie<br />

DENN<br />

BERN IST<br />

ÜBERALL!<br />

KURSRAUM ZUM MIETEN<br />

DAO - Raum der Zeit an der Gesellschaftsstrasse<br />

81a; 3012 Bern, hat wieder Abende frei (Dienstag).<br />

Schöner Raum mit viel Komfort und durchaus bezahlbar.<br />

Infos: www.taichidao.ch oder Beat Hänsli,<br />

Tel. 031 302 55 65<br />

<br />

<br />

im ABONNEMENT<br />

❑ Abonnement Fr. 58.00<br />

❑ Abo für Studierende / AHV / IV Fr. 32.00<br />

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❑ ...im ensuite - kulturmagazin inserieren<br />

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Alles weitere steht da geschrieben...<br />

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den Kanton neu entdecken. Und: Ein Abonnement unterstützt unsere Arbeit!<br />

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ensuite - kulturmagazin // Sandrainstrasse 3 // 3007 Bern // Tel. 031 318 60 50 - www.ensuite.ch<br />

03/07<br />

ensuite - kulturmagazin Nr. 51 | März 07


ar <strong>art</strong>ensuite nsuite<br />

nr. 03 / 2007<br />

Titelseite: Liu Ye<br />

Yellow, 2001, Acryl und Öl auf Leinwand,<br />

100 x 80 cm, Privatbesitz / weiter Seite 38<br />

Grell / pastell 38 | Eine Verführung zum genauen Schauen 40 | Kunst im Buch 41 | Galerienseiten 42/43 | Die Zeichnung<br />

und ihr Weg in die Moderne 45 | Augenschmerz und Grenzerfahrung 46 | Berner Galerien 47 | Augenspiel 50<br />

| Impressum 50 | Berner Museen Bern / Biel / Thun 51


38<br />

<strong>art</strong>ensuite<br />

Chinafenster.<br />

Ji Dachun und<br />

Liu Ye<br />

Kunstmuseum<br />

Bern, Hoderstrasse<br />

8-12. Geöffnet<br />

Dienstag<br />

10:00-21:00 h,<br />

Mittwoch bis<br />

Sonntag 10:00-<br />

17:00 h.<br />

Bis 1. April.<br />

Grell / pastell<br />

■ «Jööö, das ist süss…», entfährt es<br />

einer Besucherin vor Liu Yes «Little<br />

Match Seller», einem in Pastellfarben<br />

gehaltenen, grossformatigen Gemälde.<br />

Es zeigt ein vom Eiswind gebeuteltes<br />

Mädchen, das behutsam inmitten<br />

von puderzuckrigem Schneegestöber<br />

ein Lichtlein zwischen seinen Hän-<br />

Sylvia Mutti<br />

den vor dem Verlöschen schützt. Aus<br />

der gegenüber liegenden Wand wird<br />

das Mädchen mit den Schwefelhölzern<br />

aus einem Portrait seines geistigen<br />

Vaters, Hans Christian Andersen,<br />

beäugt. Wunderschöne Kinderbuchillustrationen,<br />

die mit ihrem gewinnenden<br />

Kindchenschema mit grossen<br />

Kulleraugen und z<strong>art</strong>en Farben jeden<br />

in ihren Bann ziehen. Doch der Kontrapunkt<br />

im gleichen Raum lässt mehr<br />

erahnen als blosse Ästhetik: Vor tiefdunklem<br />

Blau hängt eine z<strong>art</strong>e Figur<br />

mit alabasterfarbener Haut mitten im<br />

Gemälde. Die kindlich wirkende Frau<br />

mit anmutigen langen Gliedmassen<br />

hat nichts an ausser einem weissen<br />

Slip und blutroten High-heels, während<br />

sich ihr Pendant in einem anderen<br />

Gemälde ebenso nackt doch<br />

mit einer Gerte ausgerüstet dem Betrachter<br />

präsentiert. Hier herrschen<br />

zweifellos die Waffen der Frau. Diese<br />

Diskrepanz zwischen niedlich und<br />

verstörend abgründig in den vier Gemälden<br />

des ersten Raumes durchzieht<br />

die gesamte Präsentation von Liu Yes<br />

Arbeiten.<br />

Gemeinsam mit Ji Dachun bildet<br />

er einer der beiden Flügel des<br />

«Chinafensters» im Kunstmuseum<br />

Bern. In der von Bernhard Fibicher<br />

kuratierten Schau zeigen zwei Maler<br />

aus Peking ihre Werke, die auf den<br />

ersten Blick kaum Gemeinsamkeiten<br />

aufweisen. Bindeglied ist jedoch<br />

das mehrschichtig Hintergründige,<br />

das sich nach dem ersten, flüchtigen<br />

Blick offenb<strong>art</strong> und das kunterbunte<br />

Œuvre Liu Yes in die Nähe der zu-<br />

rückhaltend z<strong>art</strong>en Feinmalerei von Ji<br />

Dachun rückt. Zitiert Ye mit Vorliebe<br />

Ikonen der westlichen Kunst wie<br />

beispielsweise die geometrischen Abstraktionen<br />

Mondrians und vermengt<br />

sie mit kitschig greller Farbgebung<br />

und stereotypen, comic<strong>art</strong>igen Figuren,<br />

dann erinnert dies sehr an chinesische<br />

Propaganda-Kunst. Dachun<br />

hingegen interpretiert die traditionelle,<br />

fernöstliche Malerei neu: Vor<br />

einfarbigem, hellem Hintergrund und<br />

vertikaler Signatur in chinesischer<br />

Schrift entfalten sich beispielsweise<br />

Blumen und Vögel. So verletzlich sie<br />

scheinen, so versehrt sind sie tatsächlich.<br />

Rote Farbe entpuppt sich als blutige<br />

Spur. Was zuvor noch z<strong>art</strong>e Verästelungen<br />

einer Pflanze waren, gerät<br />

aus der Nähe zu bizarrer Knochen-<br />

und Organornamentik, während sich<br />

eine grün geschwungene Schnecke<br />

in einen Kothaufen verwandelt. Nicht<br />

alles ist in Wahrheit so wie es scheint.<br />

Ein Credo, das auch Lui Ye befolgt,<br />

dessen Figuren wie Schauspieler auf<br />

einer Bühne der heilen Welt agieren,<br />

übertrieben gute Miene zum bösen<br />

Spiel machen, doch stets vor dem<br />

Hintergrund farbintensiver Malerei,<br />

die dort ins Zentrum rückt, wo sich<br />

das mutige Nichts aufhält.<br />

Vier Fragen an Bernhard Fibicher,<br />

Kurator des «Chinafensters»<br />

im Kunstmuseum Bern<br />

Das «Chinafenster» präsentiert<br />

mit Ji Dachung und Liu Ye zwei<br />

Maler mit hintergründigen, aber<br />

auch humorvollen Arbeiten. Wie<br />

ist es zur Auswahl gerade dieser<br />

beiden Künstler gekommen?<br />

Das «Chinafenster» im KMB ist ja<br />

eine Folgeerscheinung der Ausstellung<br />

«Mahjong» und geht immer von<br />

Beständen der Sammlung Sigg aus.<br />

Im Falle des jetzigen «Chinafensters»<br />

könnte man von einem typisch chinesischen<br />

Kompromiss sprechen: Herr<br />

Sigg hat Liu Ye vorgeschlagen, ich den<br />

anderen Maler. Wir haben uns darauf<br />

geeinigt, dass es sich dieses Jahr<br />

– nach «Guangzhou» mit den Medien<br />

Fotografie, Video und Installation im<br />

Jahr 2006 – um zwei malerische Positionen<br />

handelt. Beide Maler stammen<br />

aus Peking, wo ja die Malerei immer<br />

noch eine sehr grosse Rolle spielt. So<br />

haben wir ein Gegengewicht zu Kanton<br />

(Guangzhou) geschaffen.<br />

Beide Künstler provozieren<br />

und öffnen in ihren Werken teilweise<br />

spielerisch Abgründe. Wie<br />

werden ihre Arbeiten in ihrer Heimat<br />

wahrgenommen? Beide arbeiten<br />

ja noch in Peking. Erleben sie<br />

so etwas wie Zensur?<br />

Beide Künstler arbeiten relativ<br />

frei in China und verkaufen auch an<br />

chinesische Privatsammler. Beide haben<br />

im letzten Jahr an Auktionen in<br />

Hongkong sehr hohe Preise erzielt.<br />

Der liberal orientierte Markt reagiert<br />

allerdings anders als die «Offizialität».<br />

Es kann schon sein, dass gewisse<br />

Gemälde von Liu Ye und Ji Dachun<br />

keine Chance haben, in eine staatliche<br />

Sammlung oder Ausstellung aufgenommen<br />

zu werden.<br />

China erlebt momentan einen<br />

Boom in der Kunstszene. Was<br />

macht Deiner Meinung nach die<br />

Faszination fernöstlicher Kunst<br />

aus? Inwiefern spielen die Interessen<br />

des westlichen Kunstmarktes<br />

eine Rolle?<br />

Chinesische Kunst erlebt heute<br />

einen weltweiten Boom. Das hängt<br />

ganz klar mit der Attraktivität dieses<br />

wachstumsstarken Landes zusammen.<br />

China ist ein Eldorado. Jeder erhofft<br />

sich, dort einen «Coup» zu landen,<br />

nicht nur die westlichen Firmen und<br />

Investoren, sondern auch die Kunsthändler,<br />

Galeristen und Sammler. In<br />

China kann man einen Künstler oder<br />

eine Künstlerin «entdecken», in die<br />

westliche Szene einführen und innert<br />

<strong>art</strong>ensuite März 03 | 07


zwei Jahren die Preise vervielfachen.<br />

Nicht nur der westliche Kunstmarkt<br />

spielt eine Rolle, sondern seit ein paar<br />

Jahren nun auch der chinesische. Es<br />

gibt neue Sammler, die immens reich<br />

sind und dazu bereit, jeden Preis für<br />

ein Bild zu zahlen. Dadurch entsteht<br />

eine künstliche Situation, die fern jeglicher<br />

Realität und Qualitätskriterien<br />

ist.<br />

Wird das «Chinafenster» nach<br />

Deinem Weggang aus dem Kunstmuseum<br />

Bern nun endgültig geschlossen?<br />

Diese Frage kann ich nicht beantworten.<br />

Es müssen zunächst Gespräche<br />

zwischen den Herren Frehner<br />

und Sigg stattfinden. Es ist auch noch<br />

nicht klar, ob das China-Atelier der<br />

Stiftung GegenwART für Schweizer<br />

Künstler/innen nach meinem Weggang<br />

weitergeführt wird.<br />

Das Gespräch führte Sylvia Mutti.<br />

Ji Dachun, He doesn‘t<br />

love me, 2004, Acryl auf<br />

Leinwand, 150 x 110 cm,<br />

Privatbesitz<br />

<strong>art</strong>ensuite März 03 | 07<br />

<strong>art</strong>ensuite 39


40<br />

<strong>art</strong>ensuite<br />

Nadin Maria Rüfenacht,<br />

Werkgruppe «Nature Morte»,<br />

aus der Serie «Helden»,<br />

2005, Lambda-Print auf<br />

Alum gerahmt, 125 x<br />

100,5 cm<br />

Nadin Maria Rüfenacht,<br />

Werkgruppe «Nature<br />

Morte»/«Helden», 2005,<br />

Lambda-Print auf Alum<br />

gerahmt, 154 x 121 cm<br />

Nadin Maria<br />

Rüfenacht<br />

– Arche Noah<br />

– instant. Tafelbilder<br />

Galerie Béatrice<br />

Brunner, Nydeggstalden<br />

26.<br />

Geöffnet Mittwoch<br />

bis Freitag<br />

14:00-18:00 h.<br />

Samstag 11:00-<br />

16:00 h.<br />

Bis 24. März.<br />

Eine Verführung zum genauen Schauen<br />

■ Nein, es sind keine Tafelbilder, die<br />

man in der Galerie Béatrice Brunner<br />

zu sehen bekommt, auch wenn der<br />

Titel der Ausstellung dies nahezulegen<br />

scheint. Nadin Rüfenacht, 1980 in<br />

Burgdorf geboren und aufgewachsen,<br />

ist mit Leib und Seele Fotografin. Ihrem<br />

Interesse folgend hat sie schon<br />

früh die Schweiz in Richtung Leipzig<br />

Sylvia Rüttimann<br />

verlassen, wo sie an der Hochschule<br />

für Grafik und Buchkunst den<br />

Studiengang Fotografie absolvierte.<br />

Seit 2005 ist sie Meisterschülerin<br />

von Tim Rautert am selben Institut<br />

und vervollkommnet bei ihm was einer<br />

Vervollkommnung fast gar nicht<br />

mehr bedarf: Denn, obwohl für viele<br />

junge Künstler heutzutage so gut wie<br />

Schimpfwörter, hat Nadin Rüfenacht<br />

eine auffällige Affinität zu den Qualitäten<br />

Perfektion und Meisterschaft<br />

entwickelt. Man ist überrascht, ein<br />

wenig perplex sogar, und dann hingerissen<br />

von der – man wagt es kaum<br />

zu schreiben – Schönheit und Makellosigkeit<br />

ihrer Bilder.<br />

Verführerisch sind diese, mit ihren<br />

reifen Früchten und Tieren, exotischen<br />

wie Kakadus, Affen und Makaken,<br />

und immer wieder Windhunde,<br />

einzeln und zu zweit, präsentiert auf<br />

einem kunstvoll drapierten blau glänzenden<br />

Tuch vor tiefschwarzem Hintergrund.<br />

Nicht von ungefähr kommt<br />

also die Assoziation mit Tafelbildern,<br />

denn man ist sofort an holländische<br />

Stillleben erinnert, an die Laszivität<br />

und Üppigkeit dieser glänzenden<br />

Oberflächen. Und wie den Holländern<br />

geht es der Künstlerin um die<br />

Vergänglichkeit der Dinge und um<br />

deren Überwindung durch das Festhalten<br />

im Bild. Mit einem kleinen<br />

Unterschied: Wozu die umständliche<br />

Technik der Ölmalerei Tage und Wochen<br />

benötigte, braucht es nur den<br />

Bruchteil der Sekunde, den die Verschlusszeit<br />

der Kamera vorschreibt.<br />

Und schon ist konserviert, was dem<br />

Zahn der Zeit nach und nach anheimfallen<br />

würde.<br />

Ja, das Konservieren, das Festhalten,<br />

das ist in der Tat ein grosses Thema<br />

von Nadin Rüfenacht. Schaut man<br />

ihre Bilder genau an, merkt man nach<br />

und nach, dass gewisse Dinge schon<br />

vor ihrer fotografischen Aufbereitung<br />

haltbar gemacht wurden, denn einige<br />

der Tiere sind ausgestopft. Tatsächlich<br />

spielt Rüfenacht mit uns ein kleines<br />

Spiel, ein Rätselraten was denn<br />

hier zu sehen ist. Echt? Künstlich?<br />

Tot? Lebendig? Sind die Hunde ausgestopft?<br />

Die Eule? Nein, der Hund<br />

sieht uns an, nicht? Wie steht es um<br />

diesen Blumenstrauss auf dem Tisch<br />

– fake? Was bedeutet das ganze eigentlich?<br />

Hat es eine Bedeutung? Es<br />

ist nicht einfach zu entscheiden und<br />

gehört zum Konzept ihrer Arbeiten,<br />

die schön und einfach erscheinen,<br />

aber der Irritation nicht entbehren.<br />

In letzter Instanz geht es der Künstlerin<br />

nicht nur um das Konservieren<br />

von Objekten, sondern vor allem um<br />

die Frage, wie Gesehenes fixiert wird<br />

– um die Frage, was wir überhaupt<br />

sehen, wenn wir blicken.<br />

<strong>art</strong>ensuite März 03 | 07


Kunst im Buch<br />

Nordstern<br />

Eine riesige Welle türmt sich auf, wie<br />

mit Schnee überzogen zeigt sich die<br />

Gischt, darunter drei Ruderboote, die<br />

von der Welle beinahe verschlungen<br />

werden, schliesslich fern im Hintergrund<br />

das Hauptmotiv der ganzen<br />

Szene: der Berg Fuji. Der Holzschnitt<br />

«Die Grosse Welle» wurde zum Inbegriff<br />

der japanischen Kunst. Die Welle<br />

ist Teil der «Sechsunddreissig Ansichten<br />

des Berges Fuji», einem ersten Höhepunkt<br />

im Schaffen von Katsushika<br />

Hokusai (1760 –1849). Was seit je faszinierte,<br />

ist nicht nur die Gewalt der<br />

enormen Welle, sondern die eigen<strong>art</strong>ige<br />

Komposition und Perspektive.<br />

Bereits mit 14 oder 15 Jahren tritt<br />

Hokusai in die Lehre eines Holzschnittmeisters<br />

ein. 1798 gründet Hokusai<br />

sein eigenes Studio, das er «Studio<br />

des Nordsterns» nennt. Er wird<br />

damit zum unabhängigen Künstler.<br />

Seine Bildthemen bleiben sich über<br />

seine lange Schaffenszeit (74 Jahre)<br />

ähnlich: das alltägliche Leben in Japan,<br />

Bauern, Fischer, Kaufleute und<br />

natürlich die Natur. Jedoch ist Hokusai<br />

stets auf der Suche nach neuen<br />

Stilen und Ausdrucksformen. Er war<br />

natürlich der virtuose Holzschneider,<br />

aber auch Maler, Zeichner, verfertigte<br />

Lehrbücher, Erotisches und so genannte<br />

Mangas.<br />

Die Bedeutung der japanischen<br />

Kunst und insbesondere derjenigen<br />

von Hokusai im ausgehenden 19.<br />

Jahrhundert ist allgemein bekannt.<br />

Künstler wie van Gogh, Gauguin<br />

oder Seurat liessen sich inspirieren.<br />

Was oftmals vergessen wird, ist, dass<br />

Hokusai bereits früh Elemente des<br />

westlichen Illusionismus in seine<br />

Holzschnitte aufgenommen hat.<br />

Die Publikation umfasst über 700<br />

hervorragende Abbildungen. In verschiedenen<br />

Essays werden einzelne<br />

Aspekte von Hokusais Schaffen beleuchtet.<br />

Der Hauptteil umfasst sechs<br />

Kapitel, in denen die verschiedenen<br />

Lebens- und Schaffensabschnitte von<br />

Hokusai beschrieben sind, jeweils ergänzt<br />

durch Abbildungen der Werke<br />

aus der entsprechenden Phase. (di)<br />

Gian Carlo Calza, Hokusai, Phaidon,<br />

2006, 518 Seiten, Fr. 152.00.<br />

<strong>art</strong>ensuite März 03 | 07<br />

Reizend<br />

Bereits das Cover der Publikation<br />

«Reiz & Risiko» ist ein Risiko und reizt<br />

gehörig: ein tränenüberströmtes Frauengesicht<br />

in Nahaufnahme, gerötete<br />

Haut, aufgelöster Blick – berührend in<br />

seiner Authentizität und Leidenschaft.<br />

Es gibt kein Ausweichen für den Betrachter/Leser,<br />

die vom Weinen gerötete<br />

Nase wird ihm unmittelbar ins<br />

Angesicht gestreckt. Es ist das ideale<br />

Cover für die Publikation zur gleichnamigen<br />

Ausstellung, die letzten<br />

Sommer/Herbst im Haus der Kunst<br />

Uri gezeigt wurde. Die holländische<br />

Künstlerin Helen Bonajo (1978), Erzeugerin<br />

des Coverbildes, verbindet<br />

darin Reiz und Risiko. Sie zeigt in ihrer<br />

Fotoserie «Pearl in the Pain» (2005)<br />

sich selbst, fotografiert während einer<br />

schwierigen Lebensphase, nutzte sie<br />

ihre damalige Gemütslage, um daraus<br />

Kunst zu machen: Einerseits ein Risiko,<br />

sie könnte sich in ihrer Entblössung<br />

(gleich manch einem «Big Brother»-Kandidaten)<br />

lächerlich machen<br />

und allzu viel von sich Preis geben;<br />

sie könnte verletzt- und verwundbar<br />

werden. Doch gleichzeitig reizt<br />

Bonajo gerade durch diese kaum zu<br />

übertreffende Authentizität, die auch<br />

ohne Kenntnis des Betrachters über<br />

die Befindlichkeit der Künstlerin bzw.<br />

des Modells spürbar bleibt.<br />

Wie die Gegenw<strong>art</strong>skunst mit den<br />

beiden Themen Reiz und Risiko umgeht,<br />

dies verdeutlichen die Autoren<br />

Peter Stohler und Sylvia Rüttimann<br />

in zwei Essays. Die beiden Themen<br />

sind natürlich nicht neu, mit Reizen<br />

versucht die Kunst wohl seit eh und<br />

je den Betrachter zu fesseln. In der<br />

Kunst der Gegenw<strong>art</strong> wurde diese<br />

Strategie aber immer offensichtlicher.<br />

Und als Reaktion auf unsere Risikogesellschaft<br />

aber auch unsere reizüberflutete<br />

Eventgesellschaft sind Reiz<br />

und Risiko auch bei jungen Künstlern<br />

wichtiger Gegenstand wie Publikation<br />

und Ausstellung zeigten. (di)<br />

Reiz & Risiko, hrsg. v. Peter Stohler<br />

und Sylvia Rüttimann, Arnoldsche<br />

Verlagsanstalt, 2006, 160 Seiten, Text<br />

in Deutsch und Englisch, Fr 49.80.<br />

Alchemie<br />

Irgendwo zwischen physikalischem<br />

Experiment und Naturschauspiel,<br />

zwischen Architektur und Design,<br />

zwischen Laboranordnung und künstlerischer<br />

Installation, zwischen Event<br />

und Meditation sind Olafur Eliassons<br />

Arbeiten aufzuspüren. Sein Atelier in<br />

Berlin ist genauso alchemistische Zauberbude<br />

wie auch wissenschaftliches<br />

Labor. Eliasson (1967, Kopenhagen)<br />

fotografiert die isländische Landschaft,<br />

befasst sich aber zeitgleich in komplexen<br />

technischen Installationen mit<br />

Phänomenen der Wahrnehmung und<br />

Physik. Immer wieder sind es grundlegendste<br />

Elemente wie Licht oder Wasser,<br />

die er untersucht. Und in beiden<br />

findet er Wellenlängen, Frequenzen<br />

und Vibrationen, die er wie ein Magier<br />

für sein Publikum aufbereitet.<br />

«Your engagement has consequences»<br />

lautet der Titel des bei Lars<br />

Müller Publishers erschienen Buches.<br />

Drei Ausstellungen von Eliasson in Tokyo,<br />

Rotterdam und Malmö bilden die<br />

Ausgangslage der reich bebilderten<br />

Publikation. In einem längeren Text<br />

führt uns Eliasson sein Schaffen, seine<br />

Kunst- und Welttheorie vor Augen.<br />

Seine Arbeit ist ein intensiver Versuch,<br />

nicht einfach Kunstwerke zu kreieren,<br />

sondern einen Raum, indem Kunstwerk,<br />

Raum und Betrachter aufeinander<br />

wirken. Es ist ein Engagement sich<br />

als Betrachter in einem Ausstellungsraum<br />

aufzuhalten. Eine Engagement<br />

mit Konsequenzen. Und Eliasson ist<br />

davon überzeugt, dass durch Kunst<br />

wichtige Aspekte der Gesellschaft und<br />

des Lebens untersucht, herausgefordert<br />

und neu verhandelt werden.<br />

Neben Eliassons Text, enthält die<br />

Publikationen einen kurzen Essay des<br />

italienischen Schriftstellers Italo Calvino<br />

sowie zwei Gespräche mit Eliasson<br />

über Wahrnehmung und die Farbe<br />

Weiss im Ausstellungsdesign. Damit<br />

ist die Publikation ein nachdrücklicher<br />

und überzeugender Einblick in Eliassons<br />

faszinierendes Schaffen! (di)<br />

Your Engagement has Consequences.<br />

Olafur Eliasson, Lars Müller Publishers,<br />

2006, 304 Seiten, Englisch, Fr.<br />

64.90.<br />

<strong>art</strong>ensuite 41


42<br />

<strong>art</strong>ensuite<br />

<strong>art</strong>ensuite März 03 | 07


Raumahnungen<br />

■ Als ob das Gelb sich nicht so recht<br />

getraute, zum Vorschein zu kommen,<br />

verbirgt es sich hinter dicken Schichten<br />

von Schwarz. Doch es macht sich<br />

bemerkbar und deutet an, dass hinter<br />

dem dunklen Schleier ein erdachter<br />

Farbraum existiert, der sich dem Betrachter<br />

in einem imposanten Gemälde<br />

verschliesst. Und tatsächlich:<br />

Direkt daneben zeigt sich, wie dieser<br />

aussehen könnte. Weiss, Gelb- und<br />

Blautöne flackern über ein weiteres<br />

Bild, auf dem einzelne Spuren des<br />

Schwarz zwar immer noch vorhanden<br />

sind, doch mutet es hier wie beiseite<br />

gewischt an und gibt ein helllichtes<br />

Farbenspiel preis. Nebeneinander an<br />

die grösste Wand der Galerie Halde-<br />

Mysteriöse Zauberwelten<br />

■ Ihr Hund heisst Nikki – zwar nicht<br />

de Saint Phalle, doch wundern würde<br />

es einen angesichts der leuchtenden<br />

Farbenpracht in Esther-Lisette Ganz’<br />

Bildern kaum, wenn die berühmte<br />

Künstlerin Patin für Bellos Namen<br />

gestanden hätte. Ganz’ Gemälde sind<br />

auffällig und vereinnahmend, ohne<br />

allerdings schön sein zu wollen: Zu<br />

linkisch unbeholfen wirken ihre Figuren,<br />

zu naiv und abstrakt die Sujets,<br />

als dass sie einen über ihre Ästhetik<br />

emotional vereinnahmen könnten.<br />

Und doch sprechen sie den Betrachter<br />

in ihrer sonderbaren Art an.<br />

Esther-Lisette Ganz’ Vater war<br />

Flachmaler und hat unter anderem<br />

Tapeten kreiert. Seine Werkzeuge hat<br />

Step by step...<br />

…in die Treppenhausgalerie. Zu Beginn<br />

nicht weniger Ausstellungsbiographien<br />

von Künstlerviten wird sie<br />

genannt – und vielleicht genauso oft<br />

verschwiegen: Die Treppenhausgalerie<br />

des Berner Traditionswarenhauses<br />

Loeb. Viele der heute namhaften Kunstschaffenden<br />

der Region haben einst<br />

dort ihre Werke präsentiert. Doch diesen<br />

Ort der Anfänge zu finden, ist gar<br />

nicht so einfach. Wer naiv die Treppe<br />

neben der Confisérie Beeler erklimmt,<br />

defiliert im dritten Stock an der Poster-<br />

Abteilung vorbei, nicht ohne sich vorher<br />

ob der vermeintlichen Ausstellung<br />

schaudernd zu erschrecken und im<br />

Anschluss erleichtert weiterzukraxeln.<br />

Doch spätestens im vierten Stock lan-<br />

<strong>art</strong>ensuite März 03 | 07<br />

mann gehängt wirken diese beiden<br />

Malereien wie gegensätzliche Pole und<br />

erzeugen eine Spannung, die sich auch<br />

immer wieder innerhalb der einzelnen<br />

Bilder Heinz Eggers aufbaut. «Die Farbe<br />

ist gekommen», bemerkte einer der<br />

Vernissagebesucher und tatsächlich<br />

unterscheiden sich die aktuellen Arbeiten<br />

von den sonst eher düsteren Sujets<br />

in Grau, Schwarz, Blau und Braun.<br />

Ja, die Farbe hat ihn, aber Maler war er<br />

schon lange zuvor: Taktil winden sich<br />

Spuren der Pinselarbeit. Sie teilen die<br />

Leinwände in Horizontale und Vertikale<br />

und lassen das Betrachterauge dem<br />

Farbauftrag folgen. Der Strich genügt,<br />

definiert sowohl Raum wie Oberfläche<br />

und hält den Blick konstant in Bewe-<br />

die ausgebildete Graphikerin jahrelang<br />

aufbewahrt, bis sie begann, mit<br />

Musterrollern und Stempel aus seiner<br />

Werkstätte, ornamental repetitive, teilweise<br />

verschnörkelte Hintergründe zu<br />

gestalten. Diese organischen Strukturen<br />

werden immer übermalt, beispielsweise<br />

mit bunten Hunden, die<br />

rosa gepunktet oder orange bedreieckt<br />

treuherzig wie Comic-Wesen aus<br />

den Bildern blicken. Schablonenhaft,<br />

praktisch ohne Binnengliederung sind<br />

sie umrissen, so wie die seltsame, androgyne<br />

Figur, die immer wieder als<br />

eine der Protagonisten aus Esther-Lisette<br />

Ganz’ Bildvokabular auftaucht.<br />

Puppenhaft schematisch und trotzdem<br />

freundlich strahlend und offen<br />

det der Ahnungslose am Schalter des<br />

Kundendienstes, wo einem kompetent<br />

der richtige Weg gewiesen wird.<br />

Dass sich Kunst und Kommerz<br />

nicht widersprechen, davon zeugen<br />

nicht nur die horrenden Preise auf<br />

dem Kunstmarkt, sondern auch die<br />

Tatsache, dass sich manche Warenauslage<br />

mit musealer Präsentation vergleichen<br />

lässt und dass Kunstschaffende<br />

seit Beginn des 20. Jahrhunderts industriell<br />

produzierte Gegenstände in<br />

ihre Werke integrieren. Kunst verliess<br />

sogar den White Cube und ist längst<br />

nicht mehr als unschuldig zu betrachten,<br />

auch im Museum nicht, wo sich<br />

in die Ausstellungsfläche integrierte<br />

Museumsshops anbieten, die ganzen<br />

gung, führt ihn von links nach rechts,<br />

von oben nach unten und wieder zurück<br />

in die Mitte der Leinwand, so<br />

dass die stets menschenleeren Räume<br />

durch den Betrachtenden zum Leben<br />

erweckt werden. Heinz Eggers Bilder<br />

lassen ahnen, dass sich hinter der<br />

Oberfläche noch viel mehr verbergen<br />

muss. Sie trotzen der verschlossenen<br />

Oberfläche und animieren in ihrer tiefen<br />

Sinnlichkeit dazu, für eine längere<br />

Zeit zu verweilen.<br />

Bis zum 20. Mai sind zudem Papierarbeiten<br />

von Heinz Egger im Kunstmuseum<br />

Solothurn zu sehen. Ausserdem<br />

erschien im richter verlag die reich<br />

bebilderte Monografie «Gehzeiten /<br />

Strange Tidings». (sm)<br />

integriert sie sich immer wieder in<br />

die traumhaften Musterlandschaften,<br />

transzendente Nicht-Orte, deren Tiefenwirkung<br />

sich einzig aus dem Arrangement<br />

der unterschiedlichen Farben<br />

ergibt.<br />

Gemeinsam mit fünf weiteren Bieler<br />

Kulturinstitutionen beteiligt sich die<br />

Galerie gq3 ab der zweiten Monatshälfte<br />

an der Ausstellung «Transformer 2».<br />

Weibliche Fetischbilder der Zürcherin<br />

Ursula Rodel, narrative Zeichnungsfolgen<br />

von Tom de Pekin sowie das<br />

diskrete Aufeinandertreffen von Bourgeoisie<br />

und Exhibitionismus bei José<br />

Cueno umkreisen die Themen Sexualität,<br />

Körperlichkeit und überschreiten<br />

Geschlechtergrenzen. (sm)<br />

visuellen Reize, die man angesichts<br />

der Kunst empfängt – ohne diese aber<br />

berühren zu dürfen – in einen taktilen<br />

Reiz des Kaufens und Besitzens umzuwandeln.<br />

Schon seit mehr als zwanzig Jahren<br />

betreibt Loeb mäzenatisch einen<br />

off space ohne Gewinnabsichten. In<br />

der imposanten Treppenhausschnecke<br />

aus dem Jahre 1957 flaniert der Besucher<br />

derzeit an den impulsiv abstrakten<br />

Kompositionen des Berner Malers<br />

Beat E. Siegenthaler vorbei. Übrigens:<br />

Die Treppenhausgalerie befindet sich<br />

im vierten Stock «diräkt hinger em<br />

Frottée links» oder ist im Erdgeschoss<br />

im Anschluss an die Taschenabteilung<br />

rechts zugänglich. (sm)<br />

Heinz Egger<br />

Galerie Haldemann,Brunngasse<br />

14, Bern.<br />

Geöffnet Mittwoch<br />

bis Freitag<br />

14:00-18:00 h,<br />

Samstag 11:00-<br />

16:00 h. Bis 17.<br />

März.<br />

Esther-Lisette<br />

Ganz<br />

Bis 10. März.<br />

Transformer 2<br />

Vernissage:<br />

Sonntag, 18. März,<br />

16:00 h. Ausstellung:<br />

18. März - 1.<br />

April.<br />

Galerie gq3,<br />

Quellgasse 3, 2502<br />

Biel. Geöffnet Di<br />

bis Fr 14:00-18:00<br />

h, Sa 10:00-16:00<br />

h («Transformer»<br />

auch So 10:00-<br />

16:00h).<br />

Beat E. Siegenthaler,«Ungesehenes»,<br />

Loeb<br />

Bern, Treppenhausgalerie.Geöffnet<br />

während den<br />

Ladenöffnungszeiten.<br />

Bis 31.<br />

März.<br />

<strong>art</strong>ensuite 43


Die Zeichnung und<br />

ihr Weg in die Moderne<br />

■ Es gehört zum Wesen der Zeichnung<br />

in ihrer meist studienbedingten<br />

Funktion, ein besonders sensibles<br />

Messinstrument für Veränderungen<br />

von Kunstströmungen und stilistischen<br />

Nuancen zu sein. Ihr Stellenwert<br />

in der Ausbildung eines Künstlers<br />

wie in der Entwicklung seiner<br />

<strong>art</strong>ensuite März 03 | 07<br />

Nicola Schröder<br />

malerischen Kompetenzen war über<br />

Jahrhunderte unbestritten. Dabei<br />

blieb die Zeichnung ihrer Rolle als<br />

Skizze, Studie oder Entwurf jedoch<br />

stets treu, ohne den Anspruch auf<br />

den Rang eines autonomen Kunstwerks<br />

zu erheben.<br />

Unter diesen Vorzeichen entstanden<br />

Arbeiten wie jene von Kauffmann,<br />

Carstens oder Koch, die das<br />

Kunstmuseum Basel nun als Eingangswerke<br />

einer Ausstellung zur<br />

Position der Zeichnung im 19. Jahrhundert<br />

aufw<strong>art</strong>et. Der<strong>art</strong>ige Studien<br />

dienten zur Aneignung überlieferter<br />

Stilistika anhand von Aktstudien oder<br />

zur Ausarbeitung von Gemälden mit<br />

historischen Inhalten. Neben klassizistischen<br />

Skizzen antikisierten Stils,<br />

finden sich in den neu eröffneten<br />

Räumen des Kupferstichkabinetts insbesondere<br />

Arbeiten der Nazarener,<br />

einer Gruppe deutschstämmiger Maler<br />

in Italien, die einen Schwerpunkt<br />

der ausschliesslich aus Beständen<br />

des Museums bestückten Ausstellung<br />

bilden. Religiös verklärte Szenen in<br />

streng durchkonstruierten Bildräumen<br />

eines Overbeck oder Steinle<br />

sind Beispiele für die eigentümlich<br />

süsslich naive Stilistik dieser Künstler.<br />

Mit Landschaften, die zunächst mit<br />

heroischen Merkmalen wie antiken<br />

Gebäuden und Figuren und später<br />

in Ruinen bestückt sind, setzt sich<br />

der Rundgang fort. Die deutlich veränderte<br />

Landschaftsauffassung des<br />

Romantikers Friedrichs äussert sich<br />

in einem extrem tief liegenden Horizont.<br />

Durch unterlegte Rasterlinien<br />

verweisen seine ausgestellten Arbeiten<br />

auf die Funktion der Zeichnung<br />

als Kompositionsskizze. In Nachbarschaft<br />

zu diesen eher technischen Studien<br />

finden sich erzählerische Blätter<br />

von Schwind, die durch altdeutsche<br />

Detailtreue charakterisiert sind. Mit<br />

seinem «Der Tod und der Holzbauer»<br />

oder «Genoveva in der Wildnis»<br />

schafft Schwind vollständige Kompositionen<br />

zu komplexen Bildmotiven,<br />

die in ihrem Entwurfscharakter<br />

als eigenständige Arbeiten aufgefasst<br />

werden könnten. Doch das autonome<br />

Wesen einer Handzeichnung ist offiziell<br />

nur für eine Porträtzeichnung<br />

Ingres’ von M. Pyrame Thomegeaux<br />

aus dem Jahr 1821 verbrieft, die nicht<br />

als Studie für ein Gemälde diente,<br />

sondern als selbständiges Werk zu<br />

betrachten ist.<br />

Ein beachtenswertes Blatt mit einem<br />

Plädoyer für die Möglichkeiten<br />

der Zeichnung stellt die Nachtszene<br />

«Streit vor einem Freudenhaus in London»<br />

von Doré aus dem Jahr 1872 dar.<br />

Doré gelingt es, mit tonalen Mitteln<br />

eine Szene aus Licht- und Schattenspielen<br />

von grosser Bewegung aus<br />

einem dunklen Untergrund wachsen<br />

zu lassen. Der Gegenstand seiner<br />

Zeichnung vermittelt dabei die Mode<br />

der Zeit, alltägliche Szenen des Strassenlebens<br />

in die Kunst einzubeziehen.<br />

Eine Reihe von Pferdedarstellungen<br />

verschieden bekannter Künstler<br />

wie Delacroix, Géricault, Marées und<br />

Guys zeigt die Annäherungswege<br />

unterschiedlicher Künstlerpersönlichkeiten<br />

an ein gemeinsames Motiv.<br />

Neben der schemenhaft überlegten<br />

Strichführung eines Guy nimmt sich<br />

der kraftvoll zupackende Strich eines<br />

Géricault als suchende Umkreisung<br />

aus. Darin zeigen sich zugleich Nähe<br />

und Ferne des als frühen Romantikers<br />

gehandelten Géricault wie auch seines<br />

jüngeren Landmannes Delacroix<br />

hinsichtlich der umrissverliebten Stilistik<br />

der sogenannten Klassizisten.<br />

Sie vermochten es, die Gegenstände<br />

ohne sentimentale Aura in realistischer<br />

Greifbarkeit wiederzugeben.<br />

Der Wille um die Aneignung des Sujets<br />

stand hier, wie eine weitere Skizze<br />

einer Löwin von Delacroix zeigt,<br />

im Vordergrund. Betrachtet man<br />

demgegenüber die flächenhaften<br />

Zeichnungen von Pissarro, die in ihrem<br />

Verzicht auf Linien den Vorstoss<br />

der Freilichtmalerei markieren, wird<br />

deutlich, welche rapiden Umbrüche<br />

die Kunst im 19. Jahrhundert vollzog.<br />

Werke von Cézanne verdeutlichen<br />

diese Entwicklung in Richtung einer<br />

von Stimmungen und subjektiven<br />

Einflüssen geprägten Darstellungsform,<br />

die im Rahmen der Ausstellung<br />

in frühe Auseinandersetzungen Picassos<br />

mit der menschlichen Figur mündet.<br />

So vermag die Ausstellung mit Werken<br />

von rund 50 Künstlern aus verschiedenen<br />

Ländern einen Eindruck<br />

von der Wandlung der Kunst des 19.<br />

Jahrhunderts auf dem Weg zum modernen<br />

Stilpluralismus und der damit<br />

einhergehenden Funktionsbandbreite<br />

der Zeichnung zu vermitteln.<br />

Klassizismus<br />

bis frühe Moderne.ZeichnerischePositionen<br />

des 19.<br />

Jahrhunderts<br />

Kunstmuseum<br />

Basel, St. Alban-<br />

Graben 8. Geöffnet<br />

Dienstag,<br />

Donnerstag bis<br />

Sonntag 10:00-<br />

17:00 h. Bis 24.<br />

Juni.<br />

<strong>art</strong>ensuite 45


46<br />

<strong>art</strong>ensuite<br />

Rémy Zaugg, Vom<br />

Tod II, 27 Bilder,<br />

1999/2002//8.2004-Nr. 13,<br />

Getreide, 2001/2002<br />

© der Simultation, Michèle<br />

Zaugg-Röthlisberger<br />

Rémy Zaugg<br />

– Nachbar Tod<br />

und die Wahrnehmung<br />

Zentrum Paul<br />

Klee, Monument<br />

im Fruchtland 3.<br />

Geöffnet Dienstag<br />

bis Sonntag<br />

10:00-17:00 h,<br />

Donnerstag<br />

10:00-21:00 h.<br />

Bis 3.Juni.<br />

Augenschmerz und Grenzerfahrung<br />

■ Unbarmherzig grell ist der Ausstellungssaal<br />

für die Werke von Rémy<br />

Zaugg im Untergeschoss des Zentrums<br />

Paul Klee ausgeleuchtet; kalt<br />

und klinisch ist der Empfang: die grosse<br />

Leere, das viele Weiss und wenig<br />

Farbe, die hervorlugt, lässt Schaudern<br />

aufkommen. Hier wird ausgeleuch-<br />

Nathalie Jacqueline Ritter<br />

tet, was in der Kunst verschwindet:<br />

in Rémy Zauggs Auseinandersetzung<br />

mit dem Tod und der Wahrnehmung<br />

wird kein Zentimeter dem Schatten<br />

oder dem Unsichtbaren überlassen.<br />

Die als Theaterstück inszenierte<br />

Ausstellung zeigt die Auseinandersetzung<br />

mit dem Vergänglichen und<br />

Unsichtbar-Werdenden. In ihrer karnevalesken<br />

Grelle und Exzessivität<br />

sind der Tod und die Wahrnehmung<br />

zentral, doch behält die Ausstellung<br />

eine gewisse «Neutralität» und blendet<br />

das Vergehen in der Überbelichtung,<br />

ähnlich zur Tabuisierung in der Gesellschaft,<br />

aus. Sich mit Rémy Zaugg<br />

auseinanderzusetzen, erfordert Entschlusskraft<br />

und Mut zur Begegnung<br />

mit sich selbst. So wie dies auch die<br />

Werke von Paul Klee in subtiler Weise<br />

tun. Doch Paul Klee ist in weiches<br />

Licht gepackt und fordert im Stillen.<br />

Gemeinsam ist beiden der Gebrauch<br />

von Sprache, die Reduktion und der<br />

Ausdruck im Einfachen, die das Nachdenken<br />

beim Betrachter auslösen.<br />

Michèle Zaugg-Röthlisberger hat<br />

zusammen mit der Tochter Pascale<br />

die Werke ihres 2005 verstorbenen<br />

Mannes in zwei Sektoren eingeteilt:<br />

Auf einem Rundgang um eine Art Zelle<br />

sind die Weiss in Weiss und Weiss<br />

in Grau gehaltenen Bildtafeln aufgereiht<br />

– pikant dazwischen zwei Bilder<br />

mit gleissend gelbem Hintergrund,<br />

die sich ins Sehfeld einbrennen: Die<br />

Wahrnehmung und die Augen des<br />

Betrachters werden das erste Mal<br />

strapaziert. Die Bildtafeln, in Form<br />

eines Frieses nebeneinandergehängt,<br />

schlagen mit Worten dem Besucher<br />

entgegen. Mit zusammengekniffenen<br />

Augen müssen die Ton in Ton gehaltenen<br />

Buchstaben entziffert werden<br />

– existenzielle, einfache Dinge und<br />

Fakten geben Rätsel auf: «SCHMILZT<br />

DER SCHNEE, WO BLEIBT DAS<br />

WEISS.» Jetzt sind nicht nur die Augen,<br />

sondern auch der Geist des Betrachters<br />

gefordert.<br />

Rémy Zaugg beschäftigte sich als<br />

Künstler, Kurator und Architekturexperte<br />

mit dem Tod, der das Ende der<br />

Wahrnehmung ist. Eine schwierige<br />

Aufgabe an der Grenze zur Kunst.<br />

Neben dem Verlöschen des Sichtbaren<br />

interessierte ihn die Frage, wie<br />

man das Wahrnehmen wahrnimmt<br />

und wie man wahrnimmt. Die Suche<br />

nach dem Bild, das kein Abbild ist,<br />

beschäftigte bereits Paul Cézanne, der<br />

das malte, was das Auge erkennt.<br />

Pulsierendes Herzstück im Zen-<br />

trum der Ausstellung ist der Zyklus<br />

«Vom Tod II». 27 Bildtafeln in furiosen,<br />

tanzenden Farben stellen eine<br />

kontrastreiche Herausforderung für<br />

den Betrachter und seine Sehfähigkeit<br />

dar. Von der Wahrnehmung<br />

werden Höchstleistungen gefordert.<br />

Die in hellem Blaugrünton gehaltene<br />

und wiederkehrende Sentenz «UND<br />

WENN / DER TOD / ICH WÄRE»<br />

flimmert mal auf komplementärem<br />

roten, ins Orange tendierendem,<br />

schrillem Hintergrund, ergänzt mit<br />

Wortpaaren menschlicher Körperteile<br />

«LIPPEN FINGER». Auf anderen Tafeln<br />

mit h<strong>art</strong>en und weicheren Kontrasten<br />

werden die Entwicklungsetappen<br />

der Erde aufgelistet: Gesteins<strong>art</strong>en,<br />

Bäume, Getreide, Pflanzen- und<br />

Blumennamen. Giftiges Grün schreit<br />

dazwischen. Die opulent-aggressive<br />

Farbigkeit macht klar, dass diese<br />

Kunst nicht leicht konsumierbar ist.<br />

Eine Übersättigung und ein Unbehagen<br />

über den Worten des Vergehens<br />

und Werdens macht sich breit. Die<br />

Bilder drängen und brennen sich mit<br />

ihren Worten in den Kopf. Die von<br />

Rémy Zaugg intendierte Provokation<br />

zieht den Besucher in seinen Bann.<br />

Die Ausstellung, die die Grenzen der<br />

Wahrnehmung und den Tod in seinen<br />

zahlreichen Facetten auf Wort-Tafeln<br />

zeigt, lässt eine Resonanz nachklingen<br />

und irritiert anhaltend.<br />

<strong>art</strong>ensuite März 03 | 07


BERNER<br />

GALERIEN<br />

Galerieneintrag:<br />

Auf den Seiten «Galerien in Bern» werden nur<br />

noch Galerien publiziert, welche unsere jährliche<br />

Publikationsgebühr bezahlt haben. Wer<br />

sich hier eintragen lassen möchte, melde sich<br />

bei der Redaktion: Telefon 031 318 6050 oder<br />

redaktion@ensuite.ch.<br />

Altes Schlachthaus<br />

Metzgergasse 15, Burgdorf<br />

T 034 422 97 86<br />

Sa&So jeweils 11:00-17:00 h<br />

annex14 - Galerie für zeitgenössische<br />

Kunst<br />

Junkerngasse 14, 3011 Bern<br />

T 031 311 97 04 / www.annex14.ch<br />

Mi-Fr 14:00-18:00 h / Sa 11:00-16:00 h, oder<br />

nach Vereinbarung<br />

Lisa Oppenheim<br />

Comoving Observers<br />

3.3. - 14.4.<br />

Vernissage: Fr, 2.3., ab 18:00 h<br />

Am Ostersamstag, 7.4., bleibt die Galerie geschlossen<br />

Art-House<br />

Mittlere Strasse 3A, 3600 Thun<br />

T 033 222 93 74 7 www.<strong>art</strong>-house.ch<br />

Mi&Fr 14:00-17:30 h / Do 16:00-19:30 h / Sa<br />

11:00-16:00 h und nach Vereinbarung<br />

Roland Adatte – Malerei<br />

Vernissage: 3.3., ab 16:00 h, es spricht der<br />

Schriftsteller und Kunstliebhaber Andreas<br />

Urweider, Stadtpfarrer Biel<br />

3. - 31.3.<br />

Art + Vision<br />

Junkerngasse 34, 3011 Bern<br />

T 031 311 31 91<br />

Di-Fr 14:00-19:00 h / Do 14:00-21:00 h /<br />

Sa & So 11:00-16:00 h<br />

Bärtschihus Gümligen<br />

Dorfstrasse 14, 3073 Gümligen<br />

Mary Poppins!<br />

superkalifragilistigexpialigetisch<br />

<strong>art</strong>ensuite März 03 | 07<br />

Kornhausforum Bern, BESTFORM 07,<br />

Sabine Portenier, Cinderella’s Sisters, 2.-25.3.07<br />

ESPACE Indigo<br />

Stauffacher Buchhandlung, 3011 Bern<br />

T 0844 88 00 40<br />

Ladenöffnungszeiten<br />

Fri-Art<br />

22 Petites Rames, 1700 Fribourg<br />

T 026 323 23 51 / www.fri-<strong>art</strong>.ch<br />

Di-Fr 14-18:00 h / Sa&So 14:00-17:00 h<br />

Nocturne Do 18:00-20:00 h<br />

Exposition 1 l‘age critique<br />

Nicolas Savary en collaboration avec :<br />

Christian Bovey, Happypets, Genêt Mayor,<br />

Daniel Ruggiero<br />

bis 11.3.<br />

Exposition 2<br />

Stella Capes<br />

Christina Hemauer & Roman Keller<br />

Vernissage: Fr, 30.3., 18:00 h<br />

bk Galerie Bernhard Bischoff & P<strong>art</strong>ner<br />

Speichergasse 8, 3011 Bern<br />

T 031 312 06 66<br />

www.bernhardbischoff.ch<br />

Mi-Fr 14:00-18:00 h / Sa 11:00-16:00 h oder<br />

nach Absprache<br />

Galerie 25 Regina Larsson<br />

2577 Siselen / T 032 396 20 71<br />

www.galerie25.ch<br />

Fr-So 14:00-19:00 h oder nach<br />

tel. Vereinbarung<br />

Marianne Eigenheer - Neue Arbeiten<br />

bis 25.3.<br />

Finissage: 25.3., ab 14:00 h<br />

Galerie 67<br />

Belpstrasse 67, 3007 Bern / T 031 371 95 71<br />

www.galerie67.ch<br />

Mo 14:00-18:30 h / Di-Fr 9:00-12:00 h &<br />

14:00-18:00 h / Sa 10:00-12:00 h<br />

Hans-Jörg Moning<br />

Öl auf Leinwand<br />

März / April 2007<br />

Vernissage: 2.3., 18:00-20:00 h<br />

Galerie 849 MüM<br />

Gurtenpark im Grünen, 3084 Wabern<br />

Täglich von 9:00-18:00 h<br />

Galerie Artdirekt<br />

Herrengasse 4, 3011 Bern / T 031 312 05 67<br />

www.<strong>art</strong>direkt.ch<br />

Zeige deine Wunden - befreiende Kunst<br />

In Zusammenarbeit mit dem Psychiatrie-Museum<br />

Bern und der Deutschen Bundesregierung<br />

für die Belange behinderter Menschen<br />

bis 3.3.<br />

Rittiner & Gomez & Nick Röllin<br />

Malerei, Skulpturen<br />

17.3. - 14.4.<br />

Galerie Artraktion<br />

Hodlerstrasse 16, 3011 Bern<br />

T 031 311 63 30 / www.<strong>art</strong>raktion.ch<br />

Do&Fr 15:00-18:00 h / Sa 11:00-16:00 h<br />

oder nach Vereinbarung<br />

Denise Felber, Bildobjekte<br />

Gabi Kopp, Bilder und Objekte<br />

Ausstellung verlängert bis 17.3.<br />

Galerie bis Heute<br />

Amtshausgasse 22, 3011 Bern<br />

T 031-311 78 77 / www.galerie-bisheute.ch<br />

Do-Fr 14:00-18:30 h / Sa 11:00-16:00 h &<br />

nach Vereinbarung<br />

Judith Schönenberger<br />

Début<br />

bis auf weiteres verlängert<br />

Galerie Beatrice Brunner<br />

Nydeggstalden 26, 3011 Bern<br />

T 031 312 40 12 / www.beatricebrunner.ch<br />

Mi-Fr 14:00-18:00 h / Sa 11:00-16:00 h<br />

<strong>art</strong>ensuite 47


<strong>art</strong>ensuite 48<br />

Galerie Silvia Steiner - ANDY WILDI (alle Bilder auf dieser Seite)<br />

bis 17.3. Apéro mit dem Künstler: So, 4.3., 11:00-13:00 h<br />

Nadin Maria Rüfenacht<br />

Arche Noah - Instant<br />

Tafelbilder<br />

bis 24.3.<br />

Galerie Duflon & Racz<br />

Gerechtigkeitsgasse 40, 3011 Bern<br />

T 031 311 42 62<br />

Do 14:00-20:00 h, Sa 12:00-17:00 h oder<br />

nach tel. Vereinbarung.<br />

Michel Dave (Belgien) & n.n. (Österreich)<br />

Zeigen Arbeiten mittels Anwendung von<br />

Schrift / Schriftzeichen<br />

Vernissage: 17.3., ab 16:00 h<br />

Galerie Henze & Ketterer<br />

Kirchstrasse 26, 3114 Wichtrach<br />

T 031 781 06 01 / www.henze-ketterer.ch<br />

Di-Fr 10:00-13:00 h & 14:00-18:00 h / Sa<br />

10:00-16:00 h<br />

60 Jahre «Bewegte Bilder» vom Expressionismus<br />

zur Videokunst<br />

bis 17.3.<br />

Galerie I Ebene 3:<br />

Expressionismus, insbesondere Brücke<br />

Galerie I Ebene 2:<br />

Abstraktion nach 1945<br />

Galerie I Ebene 1:<br />

Neue Figuration nach 1960<br />

Galerie II kunst Depot. Videokunst 2002-<br />

2006 <strong>art</strong>_clip.ch performativ<br />

Ariane Andereggen, Erik Dettwiler, Lori<br />

Hersberger, Franticek Klossner, Heinrich<br />

Lüber, Chantal Michel, Victorine Müller, RE-<br />

LAX, Rudolf Steiner.<br />

verlängert bis 30.6.<br />

Galerie im Graben<br />

Waldeckstrasse 12, 3052 Zollikofen<br />

T 031 911 96 06<br />

Fr 17:00-19:00 h / Sa 16:00-19:00 h & So<br />

11:00-17:00 h<br />

Galerie Margit Haldemann<br />

Brunngasse 14, Brunngasshalde 31<br />

T 031 311 56 56 margithaldemann@bluewin.<br />

ch, www.<strong>art</strong>galleries.ch/haldemann<br />

Mi-Fr 14:00-18:00 h / Sa 11:00-16:00 h<br />

Saison 2006/07: 25 Jahr Jubiläum<br />

Ausstellung 4/5<br />

Heinz Egger: «Gehzeiten - Strange Tidings»<br />

bis 17.3.<br />

So, 4.3., 11:00 h: Stefan Suske liest Texte von<br />

Bernhard, Walser u. a.<br />

Galerie M<strong>art</strong>in Krebs<br />

Münstergasse 43, 3011 Bern<br />

T 031 311 73 70 / www.krebs.<strong>art</strong>galleries.ch/<br />

Di-Fr 14:30-18:30 h / Sa 10:00-14:00 h<br />

Urs Dickerhof, Jürg Häusler & Franz<br />

Anatol Wyss<br />

Vernissage: So, 4.3., 11:30-14.00 h<br />

Finissage: Sa, 14.4., 11:30-14:00 h<br />

Galerie Kornfeld<br />

Laupenstrasse 41, 3001 Bern<br />

T 031 381 46 73 / www.kornfeld.ch<br />

Mo-Fr 14:00-17:00 h<br />

Ernst Ludwig Kirchner<br />

Lithographien<br />

Neue Erkenntnisse<br />

bis 10.3.<br />

Galerie Ramseyer & Kaelin<br />

Junkerngasse 1, 3011 Bern<br />

T 031 311 41 72<br />

Mi-Fr 16:00-19:00h / Sa 13:00-16:00h<br />

Marie-Claire Ackermann<br />

Malerei<br />

Rosmarie Reber<br />

Impressionen<br />

6. - 24.3.<br />

Galerie Rigassi<br />

Münstergasse 62, 3011 Bern<br />

T 031 311 69 64 / www.swiss<strong>art</strong>.net/rigassi<br />

Di-Fr 11:30-13:30 h & 15:30-19:00 h / Sa<br />

10:30-16:00 h<br />

Galerie Silvia Steiner<br />

Seevorstadt 57, 2502 Biel / T 032 323 46 56 /<br />

www.silviasteinergalerie.ch<br />

Mi-Fr 14:00-18:00 h / Sa 14:00-17:00 h oder<br />

nach Vereinbarung<br />

ANDY WILDI<br />

bis 17.3.<br />

Apéro mit dem Künstler:<br />

So, 4.3., 11:00-13:00 h<br />

Galerie Tom Bleass<br />

Uferweg 10b 3013 Bern / T 079 222 46 61<br />

Do, Fr, Sa 14:00-18:00 & So 12:00-17:00h<br />

www.tomblaess.ch<br />

Cuba<br />

Zeichnungen von der Cuba-Reise 2006. 2<br />

Mappen mit 16 oder 9 Lithographien<br />

Vernissage: 4.3., 11:00-17:00 h<br />

Finissage: 25.3., 11:00-17:00 h<br />

Kabinett Bern<br />

Gerechtigkeitsgasse 72-74, 3011 Bern<br />

T 031 312 35 01 www.kabinett.ch<br />

Do & Fr 14:00-19:00 h & Sa 11:00-16:00 h<br />

Gabi Hamm & Nikolaus List<br />

bis 10.3.<br />

Kornhausforum -<br />

Forum für Medien und Gestaltung<br />

Kornhausplatz 18, 3011 Bern<br />

T 031 312 91 10 / www.kornhausforum.ch<br />

Di-Fr 10:00-19:00 h / Do 10:00-20:00 h / Sa<br />

10:00-16:00 h<br />

Shaxi Rehabilitation Project<br />

bis 3.3.<br />

BESTFORM 07<br />

<strong>art</strong>ensuite März 03 | 07


Galerie Tom Bleass - Cuba - Zeichnungen von der Cuba-Reise 2006 W<strong>art</strong>saal 3 - Perido: «Artarche» vom 22.03. - 25.03 W<strong>art</strong>saal 3 - Perido: «Artarche» vom 22.03. - 25.03<br />

Vernissage: 1.3., 18:00 h<br />

bis am 25.3.<br />

Mit den Augen des Anderen<br />

Vernissage: 7.3., 19:00 h<br />

bis 17.3.<br />

NEAT – Eine Schweizer Pionierleistung<br />

Vernissage: 21.3., 19:00 h<br />

bis 28.4.<br />

Kunstreich<br />

Gerechtigkeitsgasse 76, 3011 Bern<br />

T 031 311 48 49 / www.kunstreich.ch<br />

Mo-Fr 09:00-18:30 h / Do 09:00-20:00 h / Sa<br />

09:00-16:00 h<br />

M<strong>art</strong>in C. Stucki<br />

8.3. - 9.4.<br />

Kunstraum Oktogon<br />

Aarstrasse 96, 3005 Bern<br />

Fr 16:00-19:00 h / Sa 11:00-15:00 h<br />

KunstQuelle<br />

Brunngasse 14, 3011 Bern<br />

T 079 818 32 82 / www.kunstquelle.ch<br />

Mi 15:30-18:00h Do 16-19:00h, Fr 14:30-<br />

18:00 h & Sa 13:00-16:00h<br />

Überlagerungen<br />

Silvia Bongard<br />

Zeichnungen<br />

bis 15.3.<br />

ONO Bühne Galerie Bar<br />

Kramgasse 6, 3011 Bern<br />

T 031 312 73 10 www.onobern.ch<br />

Nachtgalerie Fr&Sa 22:00-24:00 h oder nach<br />

telefonischer Vereinbarung / bei allen ONO-<br />

Veranstaltungen<br />

Multiethnische Gruppenausstellung aus<br />

Ex-Jugoslawien<br />

19.3. - 30.4.<br />

<strong>art</strong>ensuite März 03 | 07<br />

PROGR Zentrum für Kulturproduktion<br />

Speichergasse 4, 3011 Bern www.progr.ch<br />

Diplomausstellung 2007<br />

HKB-Studiengang Visuelle Kommunikation<br />

bis 10.3.<br />

1. Nationaler Offoff Tag<br />

Ort: Marks Blond Project / loge im PROGR<br />

Fr, 16.3., 18:00 h<br />

Bern - Kairo retour<br />

Video, Fotografie und Musik<br />

aus den Gastateliers in Kairo und Bern<br />

Mo, 5.3., 19.00 h<br />

No place like home<br />

Andrea Dojmi (I)<br />

Vernissage: 16.3., 19:00h<br />

17.3. - 14.4.<br />

Videokunst.ch: Thomas G<br />

«Murder», 2002<br />

17.3. - 14.4.<br />

Präsentation: «Material Matters»<br />

Architekturstudie<br />

Vernissage: Mi, 28.3., 18:30 h<br />

Do, 29. - Sa, 31.3., 14:00-17:00 h<br />

R A U M<br />

Militärstrasse 60, 3014 Bern<br />

www.kulturraum.ch<br />

Mi-Fr 16:00-19:00 h / Sa 12:00-16:00 h<br />

Kathrin Fröhlin<br />

Zeitspuren<br />

Ölbilder, Zeichnungen, Farbkopien<br />

bis 2.3<br />

Weisser als weiss<br />

Fotografien<br />

Francisco Paco Carrascosa, Zürich<br />

Vernissage: Fr, 9.3., 18:00-20:00 h<br />

Finissage: Fr, 30.3., 18:00- 20:00 h<br />

9.3. - 30.3.<br />

Schloss Hünigen<br />

3510 Konolfingen<br />

Täglich von 8:00-21:00 h<br />

www.schlosshuenigen.com<br />

Janeric Johansson<br />

Permanente Bilder-Ausstellung im Neubau<br />

SLM Kunstausstellung<br />

Dorfplatz 5, 3110 Münsingen<br />

T 031 724 11 11<br />

Mo-Do 8:00-12:00 h & 13:30-17:00h / Fr<br />

8:00-12:00 h & 13:30-18:00 h<br />

Stadtgalerie<br />

Speichergasse 4, 3001 Bern<br />

T 031 311 43 35 7 www.stadtgalerie.ch<br />

Di 14:00-20:00 h & Di-Fr 14:00-17:00 h<br />

VALIART KulturRaum<br />

Bundesgasse 26, 3001 Bern<br />

www.vali<strong>art</strong>.ch<br />

Täglich 9:00-18:30 h / Do bis 21:00 h / Sa<br />

bis 16:00 h / So geschlossen<br />

Eva Borner und M<strong>art</strong>in Bircher<br />

Interaktives Dilemma der Einsamkeit<br />

Vernissage: Fr, 2.3., 18:00-21:00 h<br />

W<strong>art</strong>saal 3<br />

Helvetiaplatz 3, 3005 Bern<br />

T 031 351 33 21 www.w<strong>art</strong>saal3.ch<br />

Perido: «Artarche»<br />

Eisenskulpturen, Zeichnungen - Eine Hommage<br />

an die Aerchologie<br />

Vernissage: Do, 22.3., 17:00 - 22:00 h, 19:30<br />

h Lesung,. Performance<br />

22.3. – 25.3. , 12:00 – 19:00 h<br />

Temporäre Austellungsräume<br />

Heiliggeistkirche Bern<br />

Di bis Fr, 11:00-18:30 h<br />

«Heilung von innen nach aussen» Esther<br />

Quarroz<br />

Vernissage: Mi, 7.3., 19:00 h<br />

<strong>art</strong>ensuite 49


<strong>art</strong>ensuite 50<br />

Augenspiel<br />

Von Dominik Imhof<br />

■ Nach etwas mehr als einem Jahr als Leiter<br />

der Abteilung Gegenw<strong>art</strong> am Kunstmuseum<br />

Bern geht Bernhard Fibicher. Überraschend<br />

– selbst für Kunstmuseumsdirektor<br />

Matthias Frehner – wechselt Fibicher nach<br />

Lausanne. Bereits ab Juni wird er dort als<br />

Direktor das Musée des Beaux-Arts übernehmen.<br />

Mit «Mahjong» hat er die chinesische<br />

Gegenw<strong>art</strong>skunst nach Bern gebracht<br />

und diese mit dem «Chinafenster» auch in<br />

Bern behalten. Was aus diesem langfristigen<br />

Projekt wird, werden erst noch anstehende<br />

Gespräche zwischen Frehner und<br />

dem Sammler Sigg zeigen. Die Stelle in<br />

Lausanne macht Fibicher nach seiner Tätigkeit<br />

an der Kunsthalle Bern von 1994-2005<br />

wieder zum Herrn eines Hauses, womit<br />

natürlich weitaus mehr Möglichkeiten und<br />

Verantwortlichkeiten verbunden sind, denn<br />

als Kurator einer Gegenw<strong>art</strong>sabteilung, als<br />

einer unter mehreren Kuratoren. Gemäss<br />

«Bund» vom 15. Februar herrscht am Kunstmuseum<br />

Bern eine strikte hierarchische<br />

Struktur unter Frehner, was Eigenverant-<br />

wortlichkeit und Entscheidungsgewalt stark<br />

einschränkt. Zudem ist in Lausanne einiges<br />

in Planung. In Ouchy soll ein Neubau mit<br />

1000 Quadratmetern Ausstellungsfläche<br />

entstehen. Also wieder ein Museumsbauprojekt<br />

mit dem Fibicher vetraut würde. In<br />

Bern war es der Anbau für die Abteilung<br />

Gegenw<strong>art</strong>skunst, die unter seinen Fittichen<br />

gedieh. Ein Projekt ist ausgewählt, nur entspricht<br />

es nicht den Ideen des Denkmalschutzes<br />

(wusste man so was nicht schon<br />

lange vorher!)!<br />

Und nun zu etwas ganz anderem. Das<br />

Wochenende vom 16. und 17. März wird<br />

zum Wochenende der unabhängigen Kunsträume<br />

der Schweiz – off Räume oder off<br />

space genannt. Mit www.offoff.ch wird am<br />

16. März eine gemeinsame Internetplattform<br />

der<strong>art</strong>iger Kunsträume lanciert. Am Samstag<br />

17. März findet im PROGR ein Symposium<br />

zur Relevanz, Notwendigkeit und den Perspektiven<br />

der unabhängigen Kunsträume<br />

statt. Zwischen und neben Galerien und<br />

Kunstmuseen und -hallen sind die unabhängigen<br />

Räume sicher ein wichtiger Faktor<br />

für eine lebendige Kunstszene.<br />

Impressum<br />

<strong>art</strong>ensuite erscheint monatlich als Beilage<br />

im ensuite - kulturmagazin.<br />

Herausgeber: edition ■ ensuite, Bern<br />

Redaktion: Dominik Imhof (di); Monique<br />

Meyer (mm), Sylvia Mutti (sm), Nicola<br />

Schröder (ns), Sylvia Rüttimann (sr), Monika<br />

Schäfer (ms)<br />

Die Redaktion <strong>art</strong>ensuite ist politisch,<br />

wirtschaftlich und ethisch unabhängig<br />

und selbständig. Die Texte repräsentieren<br />

die Meinungen der Autoren/innen, nicht<br />

jene der Redaktion.<br />

Copyrights für alle Informationen und Bilder<br />

liegen beim Verein WE ARE in Bern<br />

und der edition ■ ensuite.<br />

Redaktionsadresse:<br />

<strong>art</strong>ensuite<br />

Sandrainstrasse 3<br />

3007 Bern<br />

Telefon 031 318 6050<br />

mail: <strong>art</strong>@ensuite.ch<br />

www.<strong>art</strong>ensuite.ch<br />

<strong>art</strong>ensuite März 03 | 07


BERNER MUSEEN<br />

BERN / BIEL / THUN<br />

Abegg-Stiftung<br />

Werner Abegg-Strasse 67, 3132 Riggisberg<br />

täglich 14:00-17:30 h<br />

Winterpause bis April<br />

Antikensammlung Bern<br />

Hallerstrasse 12, 3012 Bern<br />

Mi 18:00-20:00 h<br />

Die Antikensammlung beherbergt nebst<br />

den Abgüssen (rund 230 Exponate antiker<br />

Skulpturen von den Anfängen der griechischen<br />

Archaik bis zur römischen Spätantike)<br />

auch eine kleine Sammlung mit originalen<br />

Fundstücken aus der griechisch-römischen<br />

Antike.<br />

Bernisches Historisches Museum<br />

Helvetiaplatz 5, 3005 Bern<br />

Di-So 10:00-17:00 h<br />

So, 4.3., 11:00 h Die Berner Familie von Mülinen:<br />

Ritter, Magistraten, Diplomaten; mit<br />

Quirinus Reichen<br />

So, 11.3., 11:00 h Seidenstrasse und Gewürzinseln.<br />

Handelswege in Asien, mit Thomas<br />

Psota<br />

So, 18.3., 11:00 h Geld – Preise – Löhne<br />

Einblicke in die Berner Wirtschaftsgeschichte,<br />

mit Daniel Schmutz<br />

So, 25.3., 11:00 h Keltischer Adel in Münsingen.<br />

Das Neueste aus der Erforschung eines<br />

alten Keltenfriedhofs, mit Felix Müller<br />

Centre Dürrenmatt<br />

Chemin du Pertuis-du-Sault 74, 2000<br />

Neuchâtel<br />

Mi-So 11:00-17:00 h<br />

Dürrenmatt und die Mythen Zeichnungen<br />

und Manuskripte<br />

Sammlung Charlotte Kerr Dürrenmatt<br />

bis 30.4<br />

Einstein-Haus<br />

Kramgasse 49, 3011 Bern<br />

1.10.-16.12., Di-Fr 10:00-17:00 h / Sa 10:00-<br />

16:00 h<br />

Führungen jederzeit nach Absprache<br />

Heilsarmeemuseum<br />

Laupenstrasse 5, 3001 Bern<br />

Di-Do 9:00-12:00 h & 14:00-17:00 h<br />

Dokumente, Zeitschriften, Bilder, Fotos,<br />

Grammophonplatten, Kassetten, Musikinstrumente<br />

und andere Sammelobjekte.<br />

<strong>art</strong>ensuite März 03 | 07<br />

Institut für Archäologie der<br />

Universität Bern<br />

Länggassstrasse 10, 3012 Bern<br />

Montag - Freitag, 8 - 17 Uhr<br />

Das Pantheon in Rom<br />

Ergebnisse des Bern Pantheon Digital Projects<br />

bis 31.3.<br />

Kunsthaus Centre Pasqu’<strong>art</strong><br />

Seevorstadt 71-75, 2502 Biel<br />

Mi-Fr 14:00-18:00 h / Sa&So 11:00-18:00 h<br />

Selected by... Ankäufe 2003-2006 der<br />

Kunstsammlung der Stadt Biel<br />

bis 18.3.<br />

Claudia Di Gallo, Trailblazer<br />

bis 18.3.<br />

Photoforum<br />

Christian Vogt<br />

Photographic Essays on Space<br />

bis 4.3.<br />

Transformer II<br />

18.3. - 22.4.<br />

Kunsthalle Bern<br />

Helvetiaplatz 1, 3005 Bern<br />

Mi-So 10:00-17:00 h / Di 10:00-19:00 h<br />

Jutta Koether<br />

bis 11.3.<br />

Critical Mass 20 Jahre Stiftung Kunsthalle<br />

Bern<br />

23.3. - 20.5.<br />

Kunstmuseum Bern<br />

Hodlerstrasse 8-12, 3007 Bern<br />

Di 10:00-21:00 h / Mi-So 10:00-17:00 h<br />

Serge Spitzer – Installation<br />

»Re/Search (Alchemy and/or Question<br />

Marks with Swiss Air)”, 1996-2002<br />

bis Ende 2007<br />

Im Graphischen Kabinett<br />

Louise Bourgeois – Fugue<br />

bis 8.4.<br />

Chinafenster: Ji Dachun, Liu Ye<br />

bis 1.4.<br />

Eine Ausstellung gemeinsam mit dem<br />

Zentrum Paul Klee:<br />

Oscar Wiggli. Körper - Raum - Klang<br />

Eine Werkübersicht<br />

bis 13.5.<br />

MUSEUMSNACHT 2007<br />

«Express!»<br />

Fr, 23.3., 18:00-02:00 h<br />

Kunsthaus Langenthal<br />

Marktgasse 13, 4900 Langenthal<br />

Mi & Do 14:00-17:00, Fr 14:00-19:00 h, Sa&<br />

So 10:00-17:00 h<br />

Il faut cultiver notre jardin<br />

bis 15.4.<br />

Kunstmuseum Thun<br />

Hofstettenstrasse 14, 3602 Thun<br />

Di-So 10:00-17:00 h / Mi 10:00-21:00 h<br />

Projektraum enter: Cristian Andersen<br />

bis 11.3.<br />

Gegenlicht<br />

Werke aus der Sammlung des Kunstmuseums<br />

Thun, erweitert um neue Arbeiten von<br />

Adrian Schiess, Alex Silber und Erik Steinbrecher<br />

bis 9.4.<br />

museum franz gertsch<br />

Platanenstrasse 3, 3401 Burgdorf<br />

Di-Fr 11:00-19:00 h / Sa&So 10:00-17:00 h<br />

Unter Sternen. Aus der Sammlung Willy<br />

Michel. Fotografie<br />

Franz Gertsch - Schottische Aquarelle<br />

bis 24.6.<br />

Museum für Kommunikation<br />

Helvetiastrasse 16, 3000 Bern<br />

Wechselausstellung «haarsträubend».<br />

Tier-Mensch-Kommunikation.<br />

Gemeinsam mit dem Naturhistorischen Museum<br />

Bern (beidseitig zugänglich)<br />

bis 1.7.<br />

Dauerausstellung «Abenteuer Kommunikation»<br />

Di, Do-So 10:00-17:00 h, Mi 10:00-19:00 h<br />

Führungen jeden Sonntag<br />

11:00 h «haarsträubend» Tier-Mensch-Kommunikation<br />

13:00 h «Top Secret - Von Hieroglyphen, Hackern<br />

und Codetalkers»<br />

15:00 h «Abenteuer Kommunikation im<br />

Überblick»<br />

Museum Neuhaus Biel<br />

Schüsselpromenade 26, 2501 Biel<br />

Di-So 11:00-17:00 h / Mi 11:00-19:00 h<br />

Bürgerlicher Lebensstil im 19. Jahrhundert:<br />

Wohnen und Haushalten<br />

Die Stiftung Sammlung Robert präsentiert<br />

eine neu gestaltete permanente Ausstellung<br />

im Museum Neuhaus.<br />

Die Welt der Vögel<br />

<strong>art</strong>ensuite 51


<strong>art</strong>ensuite 52<br />

Werke von Léo-Paul (1851-1923) und Paul-<br />

André Robert (1901-1977)<br />

Museum Schwab / Museum<br />

für Archäologie<br />

Seevorstadt 50, 2502 Biel<br />

Di-Sa 14:00-18:00 h / So 11:00-18:00 h<br />

Permanente Ausstellung<br />

Das archäologische Fenster der Region<br />

Eine Zeitreise zu wichtigen archäologischen<br />

Fundstellen rund um den Bielersee, Berner<br />

Jura und Stadt Biel. Unsere Themen: Geschichte<br />

der Archäologie, Leben und Überleben,<br />

Gräber und Riten<br />

Röstigraben - Unterschiede<br />

zum Auskosten<br />

Der Röstigraben – die Romands nennen ihn<br />

«Rideau de rösti», Röstivorhang - ist nicht nur<br />

eine Sprachgrenze. Dass sich dahinter mehr<br />

verbirgt seit der Zeit der ersten Bauern bis<br />

heute, zeigt diese Ausstellung.<br />

bis 1.4.<br />

Kulturparcours 2. Alle anders - alle einzig<strong>art</strong>ig.<br />

Junge setzen Zeichen<br />

Konzerte, Theater, Ausstellungen, Film, Begegnungen<br />

bis 4.3.<br />

Transformer 2. Verwandlung zwischen<br />

Mann und Frau<br />

16.3 - 2.4.<br />

Naturhistorisches Museum der<br />

Burgergemeinde Bern<br />

Bernastrasse 15, 3005 Bern<br />

Mo 14:00-17:00 h / Di/Do/Fr 9:00-17:00 h<br />

Mi 9:00-18:00 h, Sa&So 10:00-17:00 h<br />

«haarsträubend: Tier – Mensch – Kommunikation»<br />

bis 1.7.<br />

Wasserwelten<br />

Fotografien von Michel Roggo<br />

bis 19.4.<br />

Psychiatrie Museum Bern<br />

Bolligenstrasse 111, 3060 Bern<br />

Mi 14:00-16:00 h<br />

Neben historisch wichtigen Gegenständen<br />

und Dokumenten beherbergt das Museum<br />

auch eine Sammlung bildnerischer Patientenarbeiten,<br />

die mehrheitlich auf jener Morgenthalers<br />

beruht. Sie umfasst über 2500<br />

Bilder (Zeichnungen, Aquarelle, Ölbilder<br />

und Collagen), rund 1500 Textblätter sowie<br />

viele Stoffarbeiten, Objekte aus Holz, Ton,<br />

Keramik und anderen Materialien.<br />

Schloss Landshut<br />

Schweizer Museum für Wild & Jagd<br />

3427 Utzenstorf<br />

Di-Sa 14:00-17:00 h<br />

Das Schloss ist bis und mit 12.5. geschlossen<br />

Schloss Münsingen<br />

Schlossstrasse 13, 3110 Münsingen<br />

jeweils am Sonntag, 14.00 - 17.00 Uhr oder<br />

nach Vereinbarung<br />

Das Schlossgut<br />

Von der Twingherrschaft über den kantonalen<br />

Gutsbetrieb zum Kulturzentrum der Gemeinde<br />

bis 1.4.<br />

Schlossmuseum Thun<br />

Schlossberg 1, 3600 Thun<br />

Im März 13:00-16:00 h<br />

Das historische Museum mit einmaliger<br />

Aussicht auf Stadt, See und Alpen.<br />

Schweizerische Landesbibliothek<br />

Hallwylstrasse 15, 3003 Bern<br />

Mo-Fr 9:00-18:00 h, Mi bis 20:00 h / Sa<br />

9:00-16:00 h / So 12:00-17:00 h<br />

Exzellenzen: Botschafter und Diplomaten in<br />

der Schweiz<br />

Vernissage: 27.3., 18:30 h<br />

28.3. - 5.5.<br />

Schweizerisches Alpines Museum<br />

Helvetiaplatz 4, 3005 Bern<br />

Mo 14:00-17:00 h / Di-So 10:00-17:30 h<br />

«Gletscher im Treibhaus. Ernste Signale<br />

aus der alpinen Eiswelt»<br />

Vom gewaltigen Eisstrom des Rhônegletschers,<br />

der auf der Postk<strong>art</strong>e von 1900 hinter<br />

dem Hotel Belvédère ins Tal gleitet, ist<br />

auf der aktuellen Aufnahme nichts mehr zu<br />

sehen. Stattdessen nackter grauer Fels, ein<br />

Bach und die zurückgezogene Gletscherzunge<br />

weit oberhalb des Hotels.Ein einzig<strong>art</strong>iges<br />

Landschaftsbild droht verloren zu<br />

gehen. Gehören wir zur letzten Generation,<br />

die die gross<strong>art</strong>igen Eisriesen bewundern<br />

kann?<br />

bis 25.3.<br />

Schweizerisches<br />

Schützenmuseum Bern<br />

Bernastrasse 5, 3005 Bern<br />

Di-Sa 14:00-17:00 h / So 10:00-12:00 h &<br />

14:00-17:00 h<br />

Universitätsbibliothek Bern<br />

Münstergasse 61-63, 3011 Bern<br />

Mo-Fr 8:00-19:00 h / Sa 8:00-12:00 h<br />

Stiftung Historisches Erbe SBB<br />

Bollwerk 12, 3000 Bern 65<br />

Mo-Fr 9:00-12:00 h & 13:30-17:00 h<br />

Die Infothek der Schweizer Bahngeschichte<br />

zum Nachlesen und Ansehen.<br />

Unsere öffentlich zugängliche Infothek bietet<br />

Ihnen u. a. folgende Dienstleistungen<br />

an: regelmässige Publikation ausgewählter<br />

Neuerscheinungen. Beratung in Dokumentationsfragen<br />

und bei Recherchen. Leseplätze<br />

mit Internetarbeitsplatz, Lexika usw.<br />

Konsultationsmöglichkeit für aktuelle Zeitschriften,<br />

Wörterbücher, Nachschlagewerke<br />

und aktuelle Fahrpläne ausländischer Bahnunternehmungen.<br />

Zentrum Paul Klee<br />

Monument im Fruchtland 3, 3031 Bern<br />

Di-So 10:00-17:00 h / Do 10:00-21:00 h<br />

Kindermuseum Creaviva 10:00-17:00 h, Do<br />

bis 21:00 h<br />

Rémy Zaugg – Nachbar Tod und die<br />

Wahrnehmung<br />

bis 3.6.<br />

Oscar Wiggli – Körper – Raum – Klang<br />

bis 13.5.<br />

Sämtliche Führungen und Aktivitäten finden<br />

Sie in der ensuite - kulturmagazin-agenda<br />

und unter www.zpk.org<br />

<strong>art</strong>ensuite März 03 | 07

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