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02.03.2011<br />
Der "Maler der Farben"<br />
Der Renaissancekünstler Tizian ist bis heute für seine ausgeprägte Farbigkeit berühmt<br />
Der Begriff "Tizianrot", hinter dem sich ein rötlich-brauner Farbton verbirgt, ist heute geläufig. Doch wer hat ihn geprägt? Dahinter steckt<br />
ein Künstler, der im 16. Jahrhundert in Norditalien tätig war. Sein Werk zeichnet sich durch seine Farbigkeit aus, die anfangs<br />
kontrastreich und leuchtend, später dunkel und brauntonig ist, aber immer zur Bildaussage beiträgt. Die Rede ist von dem italienischen<br />
Renaissancekünstler Tizian – auch bekannt <strong>als</strong> der "Maler der Farben".<br />
Zinnober- und Karmesinrot, Magenta, Rosa, Bordeaux, Blau, Grün,<br />
Orange, Violett, Weiß und Gold: In vielfältigen, leuchtenden Farben<br />
dargestellt, agieren die mythologischen Figuren Bacchus und Ariadne. Von<br />
Ocker bis Schlammbraun mit wenig Farbakzenten: In der Komposition, die<br />
Christus ‘ Dornenkrönung zeigt, dominieren dunkle und dumpfe Töne.<br />
Beide Gemälde stammen von Tizian, dessen Farbpalette im Laufe seiner<br />
etwa 80-jährigen Schaffenszeit von einem großen Wandel geprägt war.<br />
Tiziano Vecellio wurde im Norden des venezianischen Staatsgebietes um<br />
1477 oder um 1488 geboren. Sein Geburtsdatum ist umstritten und lässt<br />
sich nur indirekt aus Quellenangaben erschließen. Als Neunjähriger kam er<br />
in Venedig in die Lehre des Mosaizisten Sebastiano Zuccato. Später<br />
wechselte er in das Atelier des berühmten Malers Giovanni Bellini. Seine<br />
künstlerische Entwicklung begann jedoch mit einer starken Beeinflussung<br />
durch den bedeutenden venezianischer Maler Giorgione, dessen Werke<br />
von Vielfarbigkeit geprägt sind.<br />
Wissenschaftler unterteilen sein Werk in vier Schaffensphasen: Am Ende<br />
seiner ersten und zu Beginn seiner zweiten Schaffensphase entstand<br />
zwischen 1516 und 1518 sein berühmtes Altarbild "Himmelfahrt Maria". Es<br />
zeichnet sich durch eine strahlende, leuchtende und nuancenreiche<br />
Farbgebung sowie den starken Gegensatz von Hell und Dunkel und eine<br />
ausgeprägte, fast dramatische Bewegtheit aus. Diesen Stil<br />
Die intensive Farbigkeit im Werk von Tizian ist berühmt, wie hier in einer<br />
zwischen 1520 und 1523 entstandenen Darstellung von Bacchus und<br />
Ariadne. Repro: public domain<br />
vervollkommnete er in den nächsten Jahren. Die Auswahl an Farben hing zu dieser Zeit auch von der Verfügbarkeit ab. Tizian hatte in<br />
Venedig den Vorteil, dass ihm durch den regen Fernhandel auch seltene Farbstoffe zur Verfügung standen, darunter beispielsweise der<br />
blaue Lapislazuli.<br />
In seiner dritten Schaffensphase von etwa 1530 bis 1550 trat Tizian besonders <strong>als</strong> Bildnismaler hervor und zählte auch sonst zu den<br />
bekanntesten und vornehmsten Adressen in der zeitgenössischen Malerei. Er begann seine Tätigkeit für Karl V. und den Kaiserhof, dann<br />
für den Hof von Urbino und schließlich für den Habsburger Philipp II. Mit diesen Auftraggebern erlangte das Porträt in seinem<br />
Gesamtwerk eine ebenso hohe Bedeutung wie die Werke mit religiösen und mythologischen Themen, denen er sich bisher gewidmet<br />
hatte. Beherrschten vorher farbliche Schwerpunkte und Kontraste das Sujet, waren seine Gemälde nun von einer harmonischen<br />
Farbgebung mit vielfältigen, subtilen Nuancierungen und einem hohen Detailvorkommen geprägt. Es entwickelte sich sein Ruf <strong>als</strong><br />
überragender Kolorist.<br />
Die um 1570 entstandene "Dornenkrönung" zählt zum<br />
Spätwerk Tizians. Repro: public domain<br />
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In seiner vierten Schaffensphase, ab den 1550ern bis zu seinem Tod durch die Pest<br />
1576, wendete sich Tizian wieder den großen Kompositionen zu, die sich vor allem<br />
durch die Anwendung von Licht-Schatten-Gegensätzen auszeichnen. Von der<br />
leuchtenden Farbgebung der frühen Arbeiten ist nichts geblieben, die Gemälde sind<br />
oft in einem dumpfen Braunton gehalten und einzig durch eine kleine Lichtquelle<br />
erhellt.<br />
In seiner Spätzeit pflegte Tizian einen besonderen Umgang mit der Farbe: Er<br />
verwendete sie nicht zum Füllen von vorher festgelegten Umrissen, sondern er<br />
gestaltete mit Farbe, und die Umrisse entstanden <strong>als</strong> Ergebnis ihres Auftrags. Da<br />
Ölfarbe nur langsam trocknet, konnte Tizian während des Malvorgangs seine<br />
Komposition und Farben korrigieren oder erst entwickeln. Auch nach dem Trocknen<br />
kann die Farbe jederzeit abgekratzt und übermalt werden. Berichtet wird, wie Tizian<br />
nicht nur mit kräftigen Pinselstrichen die Farbe pastos und dickflüssig auftrug,<br />
sondern auch mit den Händen nachhalf. Diese wie hingeworfen aussehende<br />
Pinselschrift lässt seine Werke erst aus einer gewissen Distanz gut erkennbar<br />
werden. Konturen lösen sich auf, Licht und Farbe bestimmen die Bildform. Tizian<br />
nahm damit die Gestaltungsmittel moderner Malerei vorweg.<br />
Es gibt mehrere Zeugnisse von Zeitgenossen, die diese besondere Malweise dem<br />
hohen Alter des Malers zuschreiben, denn <strong>als</strong> Tizian starb, war er etwa Ende achtzig.<br />
Er sehe nicht mehr gut und seine Hände zitterten, lauten die Diagnosen. Doch es<br />
gab auch andere, die seine späten Werke schätzten, unter ihnen jüngere Kollegen,<br />
die ihm in seiner Malerei zu folgen suchten wie Tintoretto, Bassano, Veronese und El<br />
Greco. Diese Tendenz setzt sich mit Velazquez, Rubens und Rembrandt im 17.<br />
Jahrhundert fort und findet auch mit den Malern Watteau, Turner, Géricault,<br />
Delacroix des 18. und 19. Jahrhunderts sowie den Expressionisten im 20.<br />
Jahrhundert ihre Nachahmung.<br />
Übrigens inspirierte den Maler das gefärbte Haar der Kurtisanen Venedigs, die ihm<br />
Modell standen. Daraus entwickelte sich der Begriff "Tizianrot". (an)<br />
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Von kalt und dunkel zu warm und flirrend<br />
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