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20 DIE BLAUE COUCH Ein PR-Mann mit Fan-Herz Heute im Interview: Andreas Trautmann, Pressesprecher des FC Carl Zeiss Jena „Die blaue Couch“ – unter dieser Rubrik gibt es im Stadionmagazin „Anpfiff“ des FC Carl Zeiss Jena regelmäßige Interviews mit einer ausgeprägten persönlichen Note. Als 14. Gast nach Carsten Nulle, Carsten Sträßer, Sebastian Hähnge, René van Eck, Peter Schreiber, Tim Petersen, Torsten Ziegner, Niels Hansen, André Schembri, Stephan Lehmann, Marc Fascher, Mario Röser und Marco Lohmann nahm Pressesprecher Andreas Trautmann auf der Couch Platz und plauderte mit Ulrich Klemm über Fußball, Gott und die Welt. Viele Pressesprecher von Fußballvereinen haben zuvor beim Radio oder bei Zeitungen gearbeitet. Du bist gelernter Bänker, hattest ein Zeitungsabonnement und warst Radiohörer. Wie hat es Dich trotzdem auf Deinen jetzigen Posten verschlagen? Ohne dass das jemals von mir angestrebt wurde, hat es sich letztlich fast zwangsläufig ergeben. Als Sprecher der damaligen Initiative „Fans für Jena“, aus der später der Supporters Club hervorging, sammelte ich meine ersten vorsichtigen Medienerfahrungen. Später bat mich mein damaliger Bankchef, irgendetwas zu initiieren, das sympathisch wäre und der Bank Aufmerksamkeit brächte. Ich schob nun kur- zerhand ein TV-Magazin für den lokalen Fernsehsender an, das ich selbst moderierte. Später engagierte ich mich dafür, dass mein Arbeitgeber Sponsor beim Club wurde. In meiner früheren Bankfiliale moderierte ich zum ersten Mal einen Sponsorenabend. Ich wurde dann immer öfter vom FCC angefragt und bin über die Jahre Stück für Stück hineingeschlittert und auch gewachsen. Als dann die Frage kam, ob ich mir vorstellen könnte, Pressesprecher beim Club zu werden, habe ich nicht lange überlegt. Das ist die Erfüllung eines Kindheitstraums. Wie sieht der Tagesablauf eines Pressesprechers aus? Stimmen die Klischees des Spätaufstehers und Frühzubettgehers? Sollte das Klischee stimmen, mache ich etwas falsch. Meine Mutter fragt mich das jedenfalls auch immer. Natürlich verschaffe ich mir und den Entscheidungsträgern im Verein eine Übersicht darüber, was und wie über den FCC berichtet wird. Zu wissen, was draußen läuft, ist ein zentraler Punkt meiner Arbeit. Darüber hinaus wollen die PR-Termine wie Pressekonferenzen, Autogrammstunden, Interviews oder Sponsorenveranstaltungen nicht nur durchgeführt, sondern auch gut koordiniert sein. Es gibt strenge Medienrichtlinien des DFB, die eingehalten werden müssen. Die Vereinsmedien wie Homepage, Programmheft, FCC-TV und Fanmagazin wollen mit Inhalten gefüllt, Anfragen von Medienvertretern und von Fans beantwortet, Beschwerden bearbeitet, TV- Übertragungen abgesichert und neue Medien wie Mobile Services gepflegt werden. Darüber hinaus gibt es zahlreiche Schnittstellen zum Marketing. Außerdem muss ich den Drahtseilakt verrichten, die Medien so nahe wie nötig heranzulassen und sie gleichzeitig zu Verein und Mannschaft so weit wie möglich auf Distanz zu halten. Ich bin quasi ein Ringrichter, der ab und zu von beiden Seiten einen auf die Lichter bekommt. Welche Zeiten sind für Dich die unruhigeren: Wenn sportlicher Erfolg herrscht oder wenn es auf dem Platz einmal nicht so läuft wie gewünscht? Ich bin jetzt im vierten Jahr beim FCC. An ruhige Zeiten kann ich mich kaum erinnern. Und letztlich habe ich darauf auch keine Lust. Ich mag Stress und Action – aber natürlich bevorzuge ich positiven Stress. Aktuell leide ich genau so wie jeder andere, dem der Verein am Herzen liegt. Für den Klassenerhalt würde ich alles tun und im Zweifel sogar im Erfurter Dom eine Kerze anzünden. An Spieltagen herrscht Hektik, jeder Medienvertreter hat seine ganz persönlichen Bewerbchen. Würdest Du Dir wünschen, ab und zu einen Journalisten auf den Mond schießen zu können? Aber natürlich! Jedoch behalte ich meine Animositäten für mich. Ich kann mich recht gut beherrschen und habe auch ein dickes Fell. Bevor ich bei ungeliebten Anrufern an das Telefon gehe, schreie ich. Man ahnt ja gar nicht, wie freundlich man danach am Telefon sein kann! Meine schlechte Laune oder Wut muss dann leider meine Freundin zu Hause ertragen. Beim Club bin ich hingegen brav und belastbar... Weiß ein Pressesprecher eigentlich alles, was im Verein passiert, oder gibt es Geheimnisse aus der Mannschaft und dem Vorstand,
DIE BLAUE COUCH Pressesprecher Andreas Trautmann stand „Anpfiff” Rede und Antwort. Foto: Poser von denen Du überhaupt nichts oder vielleicht sogar erst aus der Zeitung erfährst? Das Wesen des Geheimnisses ist ja, das man von ihm keine Kenntnis hat. Insofern reicht die nachfolgende Fähigkeit: Vortäuschen von Kompetenz bei gleichzeitiger absoluter Ahnungslosigkeit. Im Ernst: Ich muss nicht immer alles wissen, gleichwohl natürlich auch ich neugierig bin. Dennoch kannst Du davon ausgehen, dass ich gut informiert bin. Die Kunst in dem Job ist allerdings nicht das Wissen, sondern das Fürsichbehalten. Darüber hinaus schafft Nichtwissen Freizeit und im Falle einer Indiskretion ein reines Gewissen. Fußballer sind ja teilweise recht sensible Zeitgenossen. Eignest Du Dich als Kummerkastenonkel für Profis mit Problemen? Mit manchem Spieler bin ich fast befreundet. Da spricht man natürlich auch über die Sorgen, die einen so umtreiben. Wenn es um persönliche Dinge, also um wirkli- che Probleme geht, dann habe ich für jeden Spieler ein offenes Ohr. Ich helfe gern und unterstütze, wo es möglich ist. Ich denke, dass die Spieler das auch wissen. Wie viel Fan darf man als Pressesprecher eigentlich noch sein? Wenn die Leidenschaft ein Ausschlusskriterium für einen Job im Fußball ist, habe ich offenbar vom Fußball nichts begriffen. Emotionalität und Professionalität müssen einander nicht ausschließen. Natürlich kannst Du in dem Job auch Fan sein! Man muss doch für seinen Verein durch das Feuer gehen, wenn dies verlangt wird. Und wer geht durch das Feuer für seinen Club? Doch wohl in erster Linie der Fan! Warum sollte also jemand, der mit dem Herzen am FCC hängt und ursprünglich aus der Kurve kommt, kein guter PR- Mann sein? Solange man sich professionell verhält, ist das für mich kein Widerspruch, sondern vielmehr eine Philosophie. Ich liebe meinen Club, und ich liebe das, was ich mache. Nur so kannst Du in Deinem Job authentisch sein. Nie im Leben würde ich Pressesprecher eines anderen Vereins sein können. Es mag sein, dass das nun wiederum keine sonderlich professionelle Einstellung für einen PR-Mann ist – aber vielleicht ist es ja eine für den Pressesprecher im Paradies. Und nur Letzteres ist für mich wichtig! 21
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