Geschlechtergerecht formulieren
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<strong>Geschlechtergerecht</strong>e Sprache – sprachliche Gleichbehandlung von Frauen<br />
und Männern<br />
§ 62 GO NRW(Gesetz) - Landesrecht Nordrhein-WestfalenAufgaben und Stellung des<br />
Bürgermeisters<br />
(1) „Der Bürgermeister ist kommunaler Wahlbeamter. Der Bürgermeister ist verantwortlich für die<br />
Leitung und Beaufsichtigung des Geschäftsgangs der gesamten Verwaltung. Er leitet und verteilt<br />
die Geschäfte. Dabei kann er sich bestimmte Aufgaben vorbehalten und die Bearbeitung<br />
einzelner Angelegenheiten selbst übernehmen.“ (Justizportal Nordrhein Westfalen, 21.02.2012)<br />
Welche Vorstellungen assoziieren wir mit dieser Formulierung?<br />
Sprachstudien zeigen immer wieder, dass eine Maskulinform die Vorstellung einer männlichen<br />
Person fördert. Sprache spiegelt unser Denken und Bewusstsein und verändert dieses.<br />
<strong>Geschlechtergerecht</strong>es Formulieren dient dazu, Frauen überall dort anzusprechen, wo sie gemeint<br />
sind oder gemeint sein könnten.<br />
Nachfolgend finden Sie Informationen und Beispiele für geschlechtergerechte Sprache<br />
zusammengestellt.<br />
Die deutsche Grammatik bezeichnet maskuline Personenbezeichnungen in verallgemeinernder<br />
Bedeutung als generische Maskulina. Mit dem geschlechtsneutralen Gebrauch können entweder nur<br />
Männer oder eine Gruppe von Männern und Frauen angesprochen werden.<br />
Ein Beispiel hierfür wäre das Wort „Bürger“. Dieses kann auf zwei Arten gedeutet werden:<br />
- Ein Mann<br />
- Alle Bürgerinnen und Bürger<br />
Das generische Maskulinum wird besonders dort verwendet, wo das Geschlecht nebensächlich oder<br />
nicht bekannt ist.<br />
Texte lassen sich prinzipiell über Feminisierung oder Neutralisierung geschlechtergerecht verändern.<br />
Feminisierungen sind Formen, die das Gemeint-Sein von Frauen explizit machen. Neutralisierungen<br />
hingegen machen das Geschlecht unsichtbar.<br />
Möglichkeiten, Texte geschlechtergerecht zu <strong>formulieren</strong><br />
Generell ist es wichtig, dass die Klarheit und Eindeutigkeit von Formulierungen nicht unter den<br />
Formulierungen der sprachlichen Gleichbehandlung von Frauen und Männern leiden. Dies ist die<br />
Hauptschwierigkeit beim geschlechtergerechten Verfassen von Texten.<br />
Paarformulierungen<br />
Mit Paarformulierungen sind maskuline und feminine Personenbezeichnungen gemeint.<br />
statt<br />
Paarformulierung<br />
Eheleute M. Hoffmann Frau Giesela Hoffmann / Herrn Martin Hoffmann<br />
Teilnehmer Teilnehmerinnen und Teilnehmer<br />
Bewerber der Bewerber / die Bewerberin<br />
Angestellte der oder die Angestellte<br />
Frau Professor / Herr Professor Frau Professorin / Herr Professor
In vielen Fällen lässt sich die feminine Form nach den allgemeinen grammatikalischen Regeln mit der<br />
Endung -in bilden.<br />
Beispiel: Berufsbezeichnungen wie Ärztin, Ingenieurin, Kanzlerin, Präsidentin, Dekanin usw.<br />
Paarformulierungen können auch in Form von Sparschreibungen dargestellt werden.<br />
Beispiel: Schüler/innen, SchülerInnen, Student(inn)en, Teilnehmer_in, Akademiker*in<br />
entweder<br />
oder<br />
Antragsteller/Antragstellerin Den Antrag stellt:<br />
Antragsteller/in Der Antrag wird gestellt von<br />
Bearbeiter/in Auskunft erteilt<br />
Ich-Form<br />
Über die Ich-Form in Vordrucken können maskuline Personenbezeichnungen vermieden werden:<br />
statt<br />
eher<br />
Erfahrungen des Bewerbers Ich verfüge über folgende Erfahrungen<br />
Gebrauch des Plurals<br />
Singular<br />
Plural<br />
Student und Studentin Studierende<br />
Stellvertreterinnen und Stellvertreter die Stellvertretenden<br />
der Beschäftigte und die Beschäftigte<br />
der oder die Beschäftigte<br />
die Beschäftigten<br />
Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin, der oder Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die ihre<br />
die ihre oder seine Unterlagen<br />
Fürwörter:<br />
Unterlagen…<br />
der, die, das die<br />
derjenige, diejenige, dasjenige diejenigen<br />
welcher, welche, welches<br />
rückbezogene Fürwörter:<br />
welche<br />
„Für den Bürger oder die Bürgerin, dem oder der Für Bürgerinnen und Bürger, denen die<br />
die juristische Fachsprache nicht geläufig ist…“ juristische Fachsprache nicht geläufig ist…“<br />
Bildungen auf –kraft und –person<br />
-kraft oder –person<br />
Lehrer / Lehrerin die Lehrperson<br />
die Lehrkraft<br />
der Helfer / die Helferin die Hilfskraft<br />
Führungskraft<br />
Vollzeitkraft<br />
Teilzeitkraft<br />
Schreibkraft<br />
Reinigungskraft
Passivformulierungen<br />
aktiv<br />
„Besteht der Student oder die Studentin die<br />
jeweilige Prüfung nicht, so…“<br />
Tätigkeitswort anstelle einer Bezeichnung<br />
passiv<br />
alt neu<br />
„Als Zeuge oder Beteiligter eines Unfalls müssen<br />
Sie…“<br />
Unbestimmtes Fürwort „wer“<br />
alt neu<br />
„Der Mitarbeiter, der sich mit den Aufgaben der<br />
Gleichstellung beschäftigt, kommt relativ schnell<br />
zu dem Ergebnis…“<br />
Unbestimmtes Fürwort „alle“<br />
alt neu<br />
„Wir wünschen allen Freunden, Förderern und<br />
Mitgliedern alles Gute.“<br />
Direkte Anrede<br />
alt neu<br />
„Die Bibliothek steht den Benutzern und<br />
Benutzerinnen in der Zeit von___bis___ zur<br />
Verfügung.“<br />
Sachbezeichnung anstelle von Personenbezeichnung<br />
„Wird die jeweils vorgeschriebene Prüfung nicht<br />
bestanden, so…“<br />
„Sind Sie Zeugin bzw. Zeuge eines Unfalls oder<br />
daran beteiligt, müssen Sie…“<br />
„Wer sich mit den Aufgaben der Gleichstellung<br />
beschäftigt, kommt relativ schnell zu dem<br />
Ergebnis…“<br />
„Wir wünschen allen, die im vergangenen Jahr<br />
mit uns zusammengearbeitet haben alles Gute.“<br />
„Die Bibliothek steht Ihnen in der Zeit<br />
von___ bis___zur Verfügung.“<br />
statt besser<br />
„Zu besetzen ist die Stelle eines Professors…“ „Zu besetzen ist eine Professur…“<br />
Adjektive anstelle von Personenbezeichnungen<br />
alt neu<br />
„Aus Sicht des Psychologen…“ „Aus psychologischer Sicht…“
Geschlechtsneutral verwendete Substantive<br />
Substantive, die nur geschlechtsneutral verwendet werden:<br />
der Gast<br />
der Mensch<br />
das Mitglied<br />
die Person<br />
der Prüfling<br />
Beispiel: „Der Prüfling muss einen gültigen Personalausweis und…“<br />
Unbestimmte Fürwörter<br />
Beispiel: „jemand, niemand, alle, man“ als Stellvertreter von Substantiven<br />
Das Fürwort „man“ ist der zum unbestimmten Fürwort der 3. Person gewordene Nominativ Singular<br />
des Substantives Mann, bedeutet also ursprünglich: irgendein Mensch<br />
Welche sprachlichen Schwierigkeiten können sich ergeben?<br />
Bei der Verwendung von Paarformulierung ist darauf zu achten, dass dann nicht zusätzlich generische<br />
Maskulina verwendet werden. Denn es ist wahrscheinlich, dass die maskulinen Formen dann als<br />
Bezeichnungen für Männer gelten.<br />
statt besser<br />
„Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sollten<br />
sich im Vorfeld beim zuständigen Sachbearbeiter<br />
über…“<br />
„Die Teilnehmer und Teilnehmerinnen sollten<br />
sich im Vorfeld in der zuständigen Abteilung<br />
über…“<br />
Paarformulierungen können zu weitschweifigen und umständlichen Texten führen und lenken<br />
dadurch von der eigentlichen Aussage des Textes ab.<br />
statt besser<br />
„Der Lehrbeauftragte oder die Lehrbeauftragte,<br />
der oder die den Lehrauftrag übernimmt, …“<br />
„Der Lehrbeauftragte oder die Lehrbeauftrage<br />
hat im Zuge dieser Tätigkeit…“<br />
Der Wechsel in der Reihenfolge der Personenbezeichnungen verdeutlicht, dass die Nennung an<br />
erster Stelle nicht wesentlich ist.<br />
statt besser<br />
„Forscherinnen und Forscher arbeiteten intensiv<br />
an dieser Aufgabe. [… ] Trotzdem fanden die<br />
Ergebnisse der Professorinnen und<br />
Professoren…“<br />
„Forscherinnen und Forscher arbeiteten intensiv<br />
an dieser Aufgabe. [… ] Trotzdem fanden die<br />
Ergebnisse der Professoren und<br />
Professorinnen…“<br />
Durch Sparschreibungen in zusammenhängenden Texten wird der Lesefluss gehemmt.<br />
statt besser<br />
„Gesucht wird ein(e) bewegliche(r) für die<br />
Sachgebiete aufgeschlossene(r) Mitarbeiter(in),<br />
der/die…“<br />
„Für die anfallenden Aufgaben in den<br />
Sachgebieten sollten Sie aufgeschlossen und<br />
beweglich sein.“
Die Konjunktion und kann nur verwendet werden, wenn mindestens zwei Personen angesprochen<br />
sind.<br />
Beispiel: „Liebe Kolleginnen und Kollegen“<br />
Die Konjunktion oder wird für Einzelpersonen benutzt, deren Geschlecht nicht bekannt ist.<br />
Beispiel: „Der Praktikant oder die Praktikantin verpflichtet sich…“<br />
Weitere Beispiele finden Sie in den Richtlinien für einen nicht-sexistischen Sprachgebrauch der<br />
Deutschen UNESCO-Kommission.<br />
Seien Sie selbst kreativ beim Verfassen von geschlechtergerechten Texten.<br />
Quellen:<br />
BBB-Merkblatt M 19 „Sprachliche Gleichbehandlung von Frauen und Männern“, 2. Auflage, 2002, Herausgeber:<br />
Bundesverwaltungsamt – Bundesstelle für Büroorganisation und Bürotechnik<br />
Deutsche UNESCO-Kommission, Bonn 1993, ISBN 3-927907-32-4<br />
Leitfaden zur geschlechtergerechten Formulierung „Mehr Frauen in der Sprache“, Dezember 2000, Herausgeber:<br />
Ministerium für Justiz, Frauen, Jugend und Familie des Landes Schleswig-Holstein<br />
http://www.lexsoft.de/lexisnexis/justizportal_nrw.cgi?xid=146702,63