Aufbauschema Verpflichtungsklage - Fh-guestrow.de
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GUTACHTEN ZUR PRÜFUNG EINER VERPFLICHTUNGSKLAGE<br />
A. Zulässigkeit <strong>de</strong>r <strong>Verpflichtungsklage</strong><br />
I. Eröffnung <strong>de</strong>s Verwaltungsrechtsweges<br />
1. aufdrängen<strong>de</strong> Spezialzuweisung (z.B. § 54 I BeamtStG) o<strong>de</strong>r<br />
2. a. keine abdrängen<strong>de</strong> Spezialzuweisung und<br />
b. Vorliegen <strong>de</strong>r Voraussetzungen <strong>de</strong>r Generalklausel (§ 40 I VwGO):<br />
aa. Öffentlich-rechtliche Streitigkeit<br />
bb. nichtverfassungsrechtlicher Art<br />
II. Statthaftigkeit (§ 42 I Alt. 2 VwGO)<br />
Begehren: Erlass eines Verwaltungsakts (§ 35 VwVfG)<br />
III. Klagebefugnis (§ 42 II Alt. 2 VwGO)<br />
Klagebefugnis liegt vor, wenn <strong>de</strong>r Kläger geltend macht, durch die Ablehnung o<strong>de</strong>r Unterlassung<br />
eines Verwaltungsakts in seinen Rechten verletzt zu sein. Dies ist dann <strong>de</strong>r Fall, wenn er mögli-<br />
cherweise einen Anspruch auf <strong>de</strong>n Erlass <strong>de</strong>s beantragten VA bzw. auf ermessensfehlerfreie Ent-<br />
scheidung hat und dieser Anspruch nicht erfüllt wur<strong>de</strong>, was voraussetzt, dass die möglicherweise<br />
verletzte Rechtsvorschrift auch zum Schutz <strong>de</strong>s Klägers erlassen wur<strong>de</strong>. (Möglichkeitstheorie)<br />
IV. Vorverfahren<br />
1. Entbehrlich bei Ausschluss <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rspruchsverfahrens (§ 68 II, I 2 VwGO):<br />
a. kraft beson<strong>de</strong>rer gesetzlicher Vorschrift (§ 68 I 2 Alt. 1 VwGO; z.B. § 11 AsylVfG, §§ 13 a, b<br />
AGGSG M-V),<br />
b. VA von oberster Bun<strong>de</strong>s- o<strong>de</strong>r Lan<strong>de</strong>sbehör<strong>de</strong> (§ 68 I 2 Nr. 1 VwGO; Ausn.: § 54 II 1, 2 Be-<br />
amtStG),<br />
c. erstmalige Beschwer durch einen Wi<strong>de</strong>rspruchsbescheid (§ 68 I 2 Nr. 2 VwGO).<br />
2. a. Versagungsgegenklage nach ordnungsgemäßer Durchführung eines Vorverfahrens; Ver-<br />
fristung wird beim Adressatenwi<strong>de</strong>rspruch durch Entscheidung in <strong>de</strong>r Sache geheilt.<br />
b. Untätigkeitsklage (§§ 68 II, I, 75 VwGO): Klage auch ohne vorherige Durchführung eines<br />
Vorverfahrens.<br />
V. Ordnungsgemäße Klageerhebung<br />
1. Form (§ 81 VwGO): schriftlich o<strong>de</strong>r mündlich zur Nie<strong>de</strong>rschrift <strong>de</strong>s Verwaltungsgerichts<br />
2. Inhalt (§ 82 VwGO): Kläger, Beklagter, Gegenstand<br />
3. Frist (Berechnung nach § 57 II VwGO, § 222 I ZPO, §§ 187 ff. BGB):<br />
a. Grundsatz: 1 Monat ab Zustellung <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rspruchsbeschei<strong>de</strong>s bzw. ab Bekanntgabe <strong>de</strong>s<br />
Verwaltungsakts (§ 74 II, I VwGO)<br />
b. bei fehlen<strong>de</strong>r o<strong>de</strong>r unrichtiger Rechtsbehelfsbelehrung: 1 Jahr (§ 58 VwGO)<br />
c. bei fehlerhafter Bekanntgabe: keine Frist, aber Heilung möglich (§ 8 VwZG).<br />
VI. Richtige Auswahl <strong>de</strong>s Beklagten<br />
§ 78 I Nr. 2 VwGO i.V.m. § 14 II AGGSG M-V: Ausgangsbehör<strong>de</strong><br />
VII. Partei- und Prozessfähigkeit, ordnungsgemäße Vertretung <strong>de</strong>r Beteiligten<br />
1. Parteifähigkeit (§ 61 VwGO): Behör<strong>de</strong>n nach § 61 Nr. 3 i.V.m. § 14 I AGGSG M-V<br />
2. Prozessfähigkeit (§ 62 VwGO)<br />
3. Vertretung (§ 67 I, II, IV, VI VwGO)<br />
Vpflkl-Üb.doc Dr. Freund 23.09.2010
Dr. Thomas Freund AVR-HS: <strong>Verpflichtungsklage</strong> Seite 2<br />
B. Begrün<strong>de</strong>theit <strong>de</strong>r <strong>Verpflichtungsklage</strong><br />
Obersatz: Die <strong>Verpflichtungsklage</strong> ist begrün<strong>de</strong>t, soweit die Ablehnung o<strong>de</strong>r Unterlassung <strong>de</strong>s be-<br />
antragten VA rechtswidrig und <strong>de</strong>r Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist (§ 113 V VwGO).<br />
I. Anspruchsgrundlage<br />
● Gesetz (Parlamentsgesetz / Rechtsverordnung / Satzung)<br />
● Verwaltungspraxis (Art. 3 I GG)<br />
● Zusicherung gem. § 38 VwVfG M-V, soweit die Zusicherung im Erlass eines begünstigen<strong>de</strong>n<br />
Verwaltungsaktes besteht<br />
● öffentlich-rechtlicher Vertrag gem. §§ 54 ff. VwVfG M-V, soweit die vertraglich von <strong>de</strong>r Behör<strong>de</strong><br />
zugesagte Leistung im Erlass eines begünstigen<strong>de</strong>n Verwaltungsaktes besteht<br />
II. Formelle Voraussetzungen <strong>de</strong>s Anspruchs<br />
1. Antragstellung durch <strong>de</strong>n Kläger bzw. <strong>de</strong>ssen Bevollmächtigten<br />
2. bei <strong>de</strong>r für <strong>de</strong>n Erlass <strong>de</strong>s begehrten VA sachlich und örtlich zuständigen Behör<strong>de</strong><br />
3. ggf. unter Beachtung beson<strong>de</strong>rer formeller Anfor<strong>de</strong>rungen (z.B. § 82 I AufenthG, § 68 LBauO<br />
M-V)<br />
III. Materielle Voraussetzungen <strong>de</strong>s Anspruchs<br />
1. Tatbestandsvoraussetzungen <strong>de</strong>r Anspruchsgrundlage<br />
Vorliegen von Anspruchsvoraussetzungen (z.B. § 6 I BImSchG) bzw. Nichteingreifen von Ver-<br />
sagungsgrün<strong>de</strong>n (z.B. §§ 2 I 1, 4 I GastG; § 33 a I 1, II GewO).<br />
2. Rechtsfolge<br />
a. Gebun<strong>de</strong>ne Entscheidung Anspruch auf Erlass <strong>de</strong>s beantragten VA<br />
o<strong>de</strong>r<br />
b. Ermessensentscheidung:<br />
aa. Liegt Ermessensreduzierung auf Null vor: Anspruch auf Erlass <strong>de</strong>s beantragten VA<br />
bb. Liegt keine Ermessensreduzierung auf Null vor: Prüfung auf Ermessensfehler (§ 40<br />
VwVfG, insbes. Interessenabwägung unter Berücksichtigung <strong>de</strong>r Grundrechte <strong>de</strong>s An-<br />
tragstellers)<br />
Beachte: Keine Prüfung <strong>de</strong>r Ablehnungsentscheidung nach allgemeinen Grundsätzen (Ver-<br />
hältnismäßigkeit, Bestimmtheit u.ä.)!<br />
IV. Verletzung subjektiver Rechte <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rspruchsführers<br />
Die Rechtswidrigkeit <strong>de</strong>r Ablehnung verletzt <strong>de</strong>n Wi<strong>de</strong>rspruchsführer in eigenen Rechten.<br />
⌦ Hinweis: Maßgeblicher Zeitpunkt<br />
1. Maßgeblich ist grds. <strong>de</strong>r Zeitpunkt <strong>de</strong>r letzten mündlichen Verhandlung vor <strong>de</strong>m VG.<br />
Abweichungen ergeben sich ausnahmsweise bei:<br />
a. Prüfungsentscheidungen Zeitpunkt <strong>de</strong>r Entscheidung,<br />
b. zeitabschnittsweise zu gewähren<strong>de</strong>n Leistungen (z.B. Sozialhilfe) Zeitabschnitt.<br />
2. Das Ergänzen von Grün<strong>de</strong>n ist im Verwaltungsprozess - auch bei Ermessensentscheidungen<br />
- möglich (§ 114 S. 2 VwGO n.F.)<br />
Vpflkl-Üb.doc Dr. Freund 23.09.2010