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Gaffer am Einsatzort

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Brandschutzgesetz. Bei der Bewertung der zu beobachtenden Verhaltensweisen sind<br />

phänomenologische Unterschiede zwingend zu berücksichtigen. So gibt es (1) ängstliche,<br />

hilflose und unsichere Personen, (2) Schaulustige, Neugierige oder Katastrophentouristen,<br />

(3) Sensationsjournalisten und Handyreporter, (4) strafrechtlich relevante Verweigerer und<br />

(5) passiv oder sogar aktiv Hilfe leistende Sympathisanten. Die Anwesenden an einem<br />

Unglücksort dürfen also niemals in einen Begriff gepresst werden.<br />

Prof. Dr. Monika Frommel, Direktorin des Institutes für Sanktionsrecht und<br />

Kriminologie an der Christian-Albrechts-Universität zu Kiel<br />

In der heutigen Gesellschaft gibt es <strong>Gaffer</strong>, weil wir nicht mehr geübt sind, zu helfen. Wir sind<br />

es in unserer spezialisierten Welt gewöhnt, dass Fachleute die Aufgaben übernehmen und<br />

besser sind. Hinzukommt, dass in der modernen Handygesellschaft Hemmschwellen<br />

abgebaut wurden. Es ist zur Gewohnheit geworden in allen möglichen Situationen Bilder zu<br />

machen, je schockierender, desto besser passen sie in die Mediengesellschaft. Eine<br />

Verschärfung von strafrechtlichen Normen kann keine Lösung sein – sehr wohl aber eine<br />

konsequentere Durchsetzung von zivilrechtlichen Schadensersatzforderungen, besonders<br />

gegen die Presse. Darüber hinaus ist es wichtig, Einsicht zu schaffen, dass Bilder verwerflich<br />

sein können und die Folgen für Opfer und Helfer aufzuzeigen. Die Handlungskompetenz in<br />

Erste-Hilfe-Situationen sollte erhöht werden.<br />

Heiner Backer, Psychosoziale Notfallversorgung Schleswig-Holstein<br />

Die Schaulustigen lassen sich nach dem moralischen Wert ihres Handelns in vier Gruppen<br />

einteilen: (1) Diejenigen, die erstarrt und hilflos sind und deswegen selbst Hilfe benötigen,<br />

(2) Neugierige, die durch ihre Anwesenheit Einsatzkräfte behindern, (3) professionelle<br />

<strong>Gaffer</strong>, die Filmaufnahmen machen und so die moralische Grenze deutlich überschreiten<br />

und (4) Katastrophentouristen, die die schwersten Minuten anderer für die eigene<br />

Unterhaltung nutzen. Eine Lösung könnte die Veränderung des bestehenden Wertesystems<br />

hin zur Nächstenhilfe sein. Schon bei Kindern müsste in der Erziehung vermittelt werden, wie<br />

anderen Menschen geholfen werden kann. Ziel muss es sein, zu erreichen, dass die<br />

Menschen, die auf einen schwierigen Einsatz zukommen, umdrehen und sich entfernen,<br />

anstatt sich durchzudrängeln und zu gaffen.<br />

Peter Wüst, Journalist<br />

Problematisch <strong>am</strong> Ort des Geschehens sind selten die professionellen Journalisten. Durch<br />

hohe Preise, die von der Boulevardpresse für interessante Laienbilder gezahlt werden,<br />

werden Menschen aufgefordert, hinzusehen und Bilder zu machen. Als Lösung des<br />

Problems sollte die Polizei die Presseausweise überprüfen und Platzverweise für<br />

Schaulustige und Laien aussprechen. Ein Abschirmen des Geschehens mit Sichtsperren ist<br />

nicht sinnvoll, da es die Neugier der Umstehenden verstärkt und die Phantasie beflügelt.<br />

Hilfreich ist es, wenn professionelle Pressevertreter die <strong>Gaffer</strong> filmen oder fotografieren, da<br />

diese dann ein schlechtes Gewissen bekommen.<br />

1 POM Martin Schardt, PKA Tim Kohzer und POM`in Corinna Steinmetz studieren zurzeit im<br />

Fachbereich Polizei der FHVD Schleswig-Holstein und stehen im 6. Semester unmittelbar vor<br />

ihrem Abschluss „Bachelor of Arts – Polizeivollzugsdienst“.

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