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Die wehrhafte Demokratie - FHVD - Fachhochschule für Verwaltung ...

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POM`in Kerstin Mudder, Altenholz 1<br />

Altenholzer Thesen (7)<br />

<strong>Die</strong> <strong>wehrhafte</strong> <strong>Demokratie</strong><br />

Am 12.5.2010 fand im Fachbereich Polizei der <strong>Fachhochschule</strong> <strong>für</strong> <strong>Verwaltung</strong> und <strong>Die</strong>nstleistung<br />

Schleswig-Holstein (<strong>FHVD</strong>) vor zahlreichen Besuchern eine Sonderlehrveranstaltung<br />

zu dem Thema „<strong>Die</strong> <strong>wehrhafte</strong> <strong>Demokratie</strong>“ statt. Es war die letzte Veranstaltung zu der<br />

Veranstaltungsreihe „60 Jahre Grundgesetz“, an der mehr als 2.000 Gäste teilnahmen. 2 <strong>Die</strong><br />

Veranstaltung wurde von dem Präsidenten der <strong>FHVD</strong> Karl Wagner mit viel lobenden Worten<br />

eröffnet. Nach einem kurzen Rückblick auf die vorangegangenen Veranstaltungen der Reihe<br />

vom Dekan des Fachbereichs Polizei Hartmut Brenneisen folgten Referate in denen nachfolgende<br />

Thesen vertreten wurden:<br />

Dr. Susanne Kischewski, Dozentin an der <strong>FHVD</strong>:<br />

Frau Dr. Kischewski regte mit folgenden Zitaten das Publikum zum Nachdenken an.<br />

Joseph Goebbels (1928): „Wir gehen in den Reichstag hinein, um uns im Waffenarsenal<br />

der <strong>Demokratie</strong> mit deren eigenen Waffen zu versorgen. Wir werden Reichstagsabgeordnete,<br />

um die Weimarer Gesinnung mit ihrer eigenen Unterstützung lahm zu legen.<br />

Wenn die <strong>Demokratie</strong> so dumm ist, uns <strong>für</strong> diesen Bärendienst Freifahrkarten und<br />

Diäten zu geben, so ist das ihre Sache […] Uns ist jedes gesetzliche Mittel recht, den<br />

Zustand von heute zu revolutionieren.“<br />

Dr. Emil Julius Gumbel (1924): „Der Nationalsozialismus ist nur gefühlsmäßig verständlich.<br />

Er widerspricht schon den primitivsten rationalen Ansprüchen. Er ist eine<br />

Leidenschaft, entstanden aus der wirtschaftlichen Not und der dadurch herbeigeführten<br />

seelischen Verbitterung. Mit den Formen einer realen Politik hat er nichts zu tun...<br />

<strong>Die</strong>se Idee eines rassereinen Staates lässt sich natürlich unmöglich in der Praxis<br />

durchführen, und die diesbezüglichen Forderungen sind natürlich Phrasen, aber sie<br />

finden in der Jugend Anhang.“<br />

Dr. Kurt Graulich, Richter am Bundesverwaltungsgericht, zum Thema „Der Schutz der<br />

öffentlichen Sicherheit im demokratischen Rechtsstaat“:<br />

Der Verfassungsschutz ist in der Verfassung selbst niedergeschrieben. Somit ist es<br />

auch unsere Aufgabe, die Verfassung zu schützen.<br />

Souverän ist nicht derjenige der im Ausnahmezustand entscheidet, sondern vielmehr<br />

derjenige, der im Alltag mit konstitutionellen Mitteln Sicherheit schafft. Denn die Gesellschaft<br />

steht jeden Tag vor der Herausforderung neuer Gefahren.<br />

<strong>Die</strong> wichtigste Widerstandslinie gegen verfassungsfeindliche/terroristische Übergriffe<br />

ist die Gelassenheit der Bevölkerung. Solange weder Furcht noch Schrecken entstehen,<br />

ist das Ziel der Terroristen nicht erreicht.<br />

<strong>Die</strong> Methoden der Terroristen und anderer Straftäter dürfen von einem Staat wie der<br />

Bundesrepublik nicht übernommen werden. Es dürfen nur die rechtlichen möglichen<br />

Mittel zur Bekämpfung von Kriminalität genutzt werden.<br />

Auch wenn die so genannte Rettungsfolter in der Bevölkerung auf weites Verständnis<br />

stößt, darf der Staat von ihr keinen Gebrauch machen.


Es gibt in einigen Bereichen der Bundesrepublik Probleme mit Rechtsextremismus.<br />

<strong>Die</strong>ses Problem darf jedoch nicht auf ganz Deutschland gemünzt werden.<br />

Der Einsatz der Bundeswehr im Innern darf nur in Ausnahmefällen, am Beispiel von<br />

Naturkatastrophen und Unglücksfällen, möglich sein.<br />

<strong>Die</strong> größte Gefahr unserer <strong>wehrhafte</strong>n <strong>Demokratie</strong> ist die mangelnde Wahlbeteiligung.<br />

Klaus Schlie, Innenminister des Landes Schleswig-Holstein, zum Thema „Rockerunwesen<br />

– Bedrohung <strong>für</strong> die freiheitliche <strong>Demokratie</strong>?“:<br />

<strong>Die</strong> Straße gehört dem Bürger und nicht den Rockern und die Straße wird von der Polizei<br />

überwacht.<br />

„Man darf nicht alle Motorradclubs unter einen Begriff fassen. Es gibt auch Gruppen,<br />

die einfach nur ihrem Hobby nachgehen und gemeinsam Motorrad fahren, ohne dabei<br />

Straftaten zu begehen.<br />

Es gibt aber auch Rockergruppen wie die „Hells Angels“ und „Bandidos“, die nicht nur<br />

ihr Einzugsgebiet vergrößern wollen, sondern auch eigene Regeln (Gesetze) aufstellen<br />

und ihre Mitglieder danach sanktionieren. <strong>Die</strong> genannten Rockergruppen sind vor allem<br />

in den Bereichen von BtM-Delikten, Menschen- und Waffenhandel, Prostitution und<br />

Schutzgelderpressung aktiv. Dazu kommt die mangelnde Bereitschaft an der Mitwirkung<br />

im Strafverfahren. Alle diese Punkte geben Hinweise darauf, dass sich die Rocker<br />

gegen unser Rechtssystem stellen, was eine Bedrohung <strong>für</strong> die freiheitlich demokratische<br />

Grundordnung darstellt. Aber zumindest sind sie Schwerstkriminelle, die<br />

nicht einmal vor Morden zurückschrecken.<br />

Um diesen Gruppen Einhalt zu gebieten, müssen alle ermittelnden Behörden einen<br />

langen Atem, eine hohe Einsatzbereitschaft und Professionalität zeigen.<br />

Für den bisherigen Einsatz der schleswig-holsteinischen Landespolizei, in Bezug auf<br />

die Rockerkriminalität, spricht Innenminister Schlie seinen Dank und Respekt aus.<br />

Für die Zukunft ist in Bezug auf die Bekämpfung der Rockerkriminalität die konsequente<br />

Anwendung der Strafgesetze, die Ausnutzung aller möglichen strafrechtlichen Instrumente<br />

und eine „Null-Toleranz-Strategie“ zu führen.<br />

Um jedoch alle Instrumente (Vereinsverbot; Versagung der Grundrechte gemäß Art. 18<br />

GG pp.) ausnutzen zu können, muss sorgfältig gearbeitet werde. Es wäre eine Bestärkung<br />

<strong>für</strong> die Gruppen, wenn ihnen vor Gericht zum Beispiel rechtgegeben werden würde.<br />

Dr. Thilo Weichert, Datenschutzbeauftragter des Landes Schleswig-Holsteins zum<br />

Thema „<strong>Die</strong> Entscheidung des BVerfG zur Vorratsdatenspeicherung – Schwächung<br />

der <strong>wehrhafte</strong>n <strong>Demokratie</strong>?“:<br />

Das Grundrecht Sicherheit gibt es in der konkreten Form nicht. Für Sicherheit zu sorgen<br />

ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, <strong>für</strong> die nicht die Rechtspositionen aller<br />

Bürger eingeschränkt werden dürfen.<br />

Jeder Bürger hat das Recht vom Staat in Ruhe gelassen zu werden.<br />

Wenn eine Vorratsdatenspeicherung gesetzlich wieder aufgenommen wird, was aufgrund<br />

der europäischen Richtlinien sehr wahrscheinlich ist, müssen strenge Regeln zur<br />

Verwendung dieser Daten aufgestellt werden.<br />

Es gibt die Handlungsmöglichkeit des so genannten „Quick-Freeze“, was bedeutet,<br />

dass die Daten nicht <strong>für</strong> sechs Monate gespeichert werden müssten sondern direkt<br />

nach einer Straftat erhoben und abgespeichert werden. <strong>Die</strong>ses Verfahren wäre verfassungsrechtlich<br />

akzeptabel.


Es fehlen nicht die rechtlichen Möglichkeiten zur Bekämpfung von Straftaten sondern<br />

zumeist Personal und Technik.<br />

Das gemeinsame Ziel lautet „Sicherheit“, aber nicht um jeden Preis. Es muss eine enge<br />

Zusammenarbeit aller Beteiligten geben, um das Spannungsfeld zwischen Freiheit<br />

und Sicherheit zu lösen.<br />

1<br />

POM`in Kerstin Mudder ist Angehörige der Studiengruppe P 1 – 2010/A und studiert zurzeit im<br />

1. Semester im Fachbereich Polizei der <strong>FHVD</strong> Schleswig-Holstein.<br />

2<br />

Am 12.5.2010 wurde auch die Buchdokumentation der Reihe vorgestellt, die von Hartmut<br />

Brenneisen, Dirk Staack und Dr. Susanne Kischewski im wissenschaftlichen LIT Verlag (Reihe<br />

„Polizei und Sicherheitsmanagement“) herausgegeben worden ist und den Titel „60 Jahre<br />

Grundgesetz“ trägt.

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