MÄRCHENLAND Babelsberg - Filmmuseum Potsdam
MÄRCHENLAND Babelsberg - Filmmuseum Potsdam
MÄRCHENLAND Babelsberg - Filmmuseum Potsdam
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<strong>MÄRCHENLAND</strong> <strong>Babelsberg</strong><br />
Ausstellung und Filme für Kinder und Erwachsene<br />
Eine Ausstellung des <strong>Filmmuseum</strong>s <strong>Potsdam</strong><br />
bis 11. Febraur 2007 täglich geöffnet von 10–18 Uhr<br />
Eintritt: 3,50 €, erm. 2,50 €, Familienticket: 10 €<br />
Informationen: T (0331) 27181-18, F -28,<br />
E-Mail: exhibition@filmmuseum-potsdam.de<br />
«Das echte Märchen erschließt mit seinem Kinderton und<br />
dem Spielen mit dem Wunder eine Gegend unseres Gemütes,<br />
in welche die übrige Kunst und Poesie nicht hineinreicht.<br />
Unsre ersten und heiligsten Verhältnisse zur Natur und<br />
der unsichtbaren Welt, die Basis unsres Glaubens, die Elemente<br />
unsres Erkennens, Geburt und Grab, die Schöpfung um uns her,<br />
die Bedürfnisse unsres Lebens, alles dies ist wie Märchen und<br />
Traum und lässt sich nicht in das auflösen, was wir vernünftig<br />
und folgerecht nennen. Darum die Heiligkeit und das Wunderliche,<br />
Unbegreifliche aller alter Sagen.»<br />
Ludwig Tieck: Das alte Buch, Schriften, 1835<br />
Die Idee<br />
Die Kinderfilmproduktion der DEFA ist legendär. Ihre Märchenadaptionen liegen in der Gunst von Kindern und Erwachsenen noch<br />
immer weit vorn. Es mag Nostalgie mitschwingen, wenn Eltern ihren Kindern DEFA-Märchen zeigen, mit denen sie selbst aufgewachsen<br />
sind, Begeisterung stellt sich bei ihren Sprösslingen damit nicht zwangsläufig ein. Doch Kinder, so beweisen es die Besucherund<br />
Verkaufszahlen, lieben DEFA-Märchen auch heute noch. Die einfache Erzählweise der Filme und für heutige Begriffe altmodisch<br />
anmutende Szenerie ist ihr Vorteil, denn vor allem kleinere Kinder finden sich in den geradlinig erzählten und bildlich überschaubaren<br />
Geschichten eher zurecht als in aufwändigen Fantasy-Märchen aktuelleren Datums. In der Regel kennen sie die Figuren und<br />
deren Schicksale bereits aus Büchern und genießen die Wiedererkennung.<br />
Wie wichtig Märchen für Kinder sind, ist oft und ausführlich beschworen worden. Eine Kindheit ohne Märchen erscheint uns unvorstellbar.<br />
Dass die schier unüberschaubare, vielgestaltige Welt eine elementare Ordnung besitzt, die Gut und Böse voneinander scheidet,<br />
gehört zu den allerersten Erfahrungen der Sozialisation in der frühen Kindheit. Wie könnten wir existentielle Erfahrungen<br />
machen, ohne Schaden zu nehmen, wenn es keine Märchen gäbe? Sie geben Kindern Orientierung, Hoffnung, Trost und<br />
Selbstvertrauen - kostbare ideelle Schätze, die Erwachsene oft genug entbehren müssen.<br />
Weil wohl beinahe jeder Erwachsene irgendwann einmal selbst Märchenwelten betreten und Kinder auf ihrer Reise durch ein<br />
Märchenland begleitet hat, richtet sich unsere Ausstellung an die ganze Familie. Das eigentliche Zielpublikum sind Kinder im Alter<br />
von 5 bis 10 Jahren, in dem sie für Märchen besonders empfänglich sind. Damit die Ausstellung für sie überschaubar und beherrschbar<br />
bleibt, haben wir uns auf sieben Märchenadaptionen der DEFA beschränkt, um die sich die Ausstellung rankt. Es sind Filme, die<br />
seit Jahrzehnten in der Publikumsgunst weit oben stehen:<br />
«Die Geschichte vom kleinen Muck» (1953),<br />
«Das singende, klingende Bäumchen» (1957),<br />
«Das Feuerzeug» (1959),<br />
«Schneewittchen» (1961),<br />
«Rotkäppchen» (1962),<br />
«König Drosselbart» (1965),<br />
«Drei Haselnüsse für Aschenbrödel» (1974).<br />
Der Gang durch die Ausstellung soll Kindern das Wesen von Märchen emotional nahe bringen. Durch die Identifikation mit einem<br />
Helden tauchen sie in die Filmgeschichten ein und folgen ihm durch die Märchenwelt.<br />
Der Gang durch die Ausstellung gliedert sich in drei Kapitel, die der Erzählstruktur eines klassischen Märchens folgen: Aufbruch bzw.<br />
Flucht der Helden aus ihrem Zuhause - ihre existentielle Gefährdung und Herausforderung, die sie mit zauberischer Hilfe oder aus<br />
eigener Kraft meistern - ihre Belohnung mit einem Leben voller Glück und Zufriedenheit. Die Besucher wandern durch ein Märchenland<br />
und können dabei das Schicksal der sieben Helden verfolgen. Jüngeren genügt es vielleicht, den Spuren ihres Lieblingshelden<br />
nachzugehen; ältere erfahren durch Reihung der sieben Helden-Schicksale spielerisch das den Märchen innewohnende Erzählprinzip.
I. ES WAREN EINMAL ...<br />
Ein Städtchen bildet den Auftakt der Ausstellung, denn alles beginnt daheim. Weil Märchen in tiefer Vergangenheit wurzeln, haben<br />
die Märchensammler der Romantik den Schauplätzen eine mittelalterliche Anmutung gegeben - Realität, jedoch fern, nicht<br />
nachprüfbar. Die Helden leben in einem stark stilisierten sozialen Umfeld, das jedem Kind verständlich ist, sie kommen aus bäuerlichem,<br />
städtischem, königlichem Milieu, sie sind arm oder reich. Das Innere von sieben Häuschen ist an die Filmsets angelehnt, um<br />
ein Wiedererkennen zu ermöglichen. Diese Ausstellungsräume spiegeln das Lebensumfeld der Märchenhelden; Bildtafeln, Märchenbücher,<br />
Guckkästen und Hörstationen vermitteln, vor welchen Konflikten und Herausforderungen die Helden im Einzelnen stehen.<br />
Aus ihren Lebensumständen entspringen Konflikte, die sie dazu bringen, ihr Heim zu verlassen. Sie gehen mitunter freiwillig fort<br />
wie Rotkäppchen, das seiner kranken Großmutter helfen möchte. Oft jedoch vertreibt sie schiere menschliche Bosheit: Der kleine<br />
Muck muss vor habgieriger Verwandtschaft fliehen, Schneewittchen vor der bösen Stiefmutter... Auf einem Monitor erzählen Filmausschnitte,<br />
wie die Helden in Not geraten und fortgehen, um ihr Glück anderswo zu suchen, oder wie sie sich Herausforderungen<br />
gegenüber sehen, die sie meistern müssen. über die Filmgeschichten hinaus vermitteln Grafiktafeln an den Außenwänden der sieben<br />
Häuschen Wissenswertes zum jeweiligen Film und zum Märchen, bieten Spielangebote und Rätsel. Der Besucher verlässt das Städtchen<br />
und folgt den Wegen der Helden. Auf seinem weiteren Gang durch das Märchenland weisen ihm sieben Icons den Weg ...<br />
II. SO KAMEN SIE IN EINEN TIEFEN, FINSTEREN WALD...<br />
Im Wald erwartet die Märchenhelden eine existentielle Begegnung, bei der sie ganz auf sich allein gestellt sind. Der tiefe Wald ist<br />
das berühmteste Motiv für eine existentielle Bedrohung, hier stoßen die Helden auf ihren bösen Widersacher, begegnen den eigenen<br />
inneren Abgründen. Nicht immer geraten die Märchenhelden tatsächlich in einen finsteren Wald, oft aber in Situationen, die<br />
zunächst ausweglos erscheinen wie undurchdringliches Dickicht. Nicht selten nimmt das Böse freundliche Gestalt an und macht die<br />
arglosen Helden zu Opfern seiner hinterhältigen Pläne. Die Situation eskaliert und viele Märchenhelden ziehen zunächst den Kürzeren:<br />
Der kleine Muck wird als Betrüger verleumdet und aus dem Land gejagt, Rotkäppchen wird gefressen, Schneewittchen von der<br />
Stiefmutter überlistet ... Doch im Augenblick höchster Not und wenn das Böse allzu übermächtig ist, erhalten viele Helden<br />
magischen Beistand: durch Zauberpantoffeln oder Wunderfeigen, durch Zauberfeuerzeuge oder wunderbare Haselnüsse. Haben sie<br />
die eigenen Möglichkeiten erkannt und Selbstvertrauen gewonnen, reichen ihnen Beherztheit, Klugheit und gewonnene Einsichten,<br />
ihre verborgenen Kräfte zu mobilisieren und schwierige Situationen zu meistern.<br />
Auch der Ausstellungsmärchenwald ist (fast) dunkel und (ein bisschen) unheimlich. Kinder sollen die extremen Erfahrungen ihrer<br />
Märchenhelden ansatzweise nachempfinden können, aber auch Spaß haben am Wiedererkennen der im Wald versteckten Sets. Am<br />
Tisch der sieben Zwerge sitzen, als Wolf in Großmutters Bett liegen, die Eule Rosalie in Aschenbrödels Scheune besuchen - im Spiel<br />
lässt sich Furcht prima überwinden. An den Sets liegen Märchenbücher, in denen der Verlauf der Geschichten nachzulesen ist. Auch<br />
Bildertafeln, Guckkästen und Hörstationen, die in Bäumen verborgen sind, führen die Filmmärchen weiter. Hinzu kommen kleine<br />
Ausflüge in die Kulturgeschichte der Märchen. Der Monitor für diesen Raum zeigt Szenen, in denen die sieben Filmgeschichten kulminieren;<br />
sie erzählen vom Moment der ärgsten Bedrohung, aber auch von der helfenden Magie, die tröstend den Ausweg aufzeigt<br />
oder überhaupt erst Mut macht, über den eigenen Schatten zu springen.<br />
Am Ende des Märchenwaldes scheint bereits die Hoffnung auf und spendet wundersamen Trost. Auch die Besucher können neue<br />
Hoffnung schöpfen ...<br />
III. ... UND HERRSCHTEN üBER IHR KöNIGREICH GLüCKLICH UND IN FRIEDEN<br />
Haben die Helden das Böse ist überwunden, ist die Belohnung für ausgestandene ängste oder mit Bravour erfüllte Aufgaben meist<br />
fürstlich: Sie gewinnen Liebe und manchmal ein Königreich dazu, das sie von nun an weise regieren. Mitunter werden sie auch<br />
«nur» mit dem Leben belohnt und mit einer wichtigen Erfahrung - wie Rotkäppchen. Ein Grund zum Feiern ist es allemal, ob nun<br />
der gefangene Wolf aus dem Wald getragen oder Hochzeit gehalten wird. Das Böse ist besiegt, die eigenen Schwächen sind erkannt<br />
und gebannt - ein Platz auf dem Thron ist schönster Ausdruck für das errungene Glück.<br />
Der leuchtende Thronsaal mit Aschenbrödels Hochzeitskleid ist Sinnbild für den Triumph des Guten über das Böse. Der Raum ist in<br />
Gold und Purpur getaucht. Die Taubenschaukel, die der Prinzessin aus dem Film vom singenden, klingenden Bäumchen das Leben<br />
rettet, das Bäumchen selbst, zwei Thronstühle samt Prinz- und Prinzessinnenkostüm - all das sind Requisiten des Glücks und dürfen<br />
benutzt werden. Auch die Schadenfreude über den besiegten Wolf kann ausgelebt werden. Auf festlichen Fahnen werden die Filmmärchen<br />
zu Ende erzählt. In einem großen Märchenbuch und auf dem Monitor sind die glücklichen Filmenden versammelt.<br />
Den Ausstellungsrundgang beschließt ein Märchenraum mit einem großen Sofa, auf dem Kinder Märchenbücher lesen oder sich vorlesen<br />
lassen können. Texte zur Theorie und Geschichte der Märchen liegen für Erwachsene in Materialsammlungen aus. Diejenigen,<br />
die nicht lesen möchten, können die Geschichten über Hörstationen anhören.<br />
In der gesamten Ausstellung stehen ausgewählte Requisiten für ein charakteristisches Motiv des jeweiligen Märchens. Nachbauten<br />
ermöglichen, dass die Kinder vieles anfassen und selbst ausprobieren können. Wenige ausgewählte originale Exponate in Vitrinen<br />
hingegen machen den Sinn eines Museums erfahrbar: Dinge dem Vergessen zu entreißen, alte Stücke zu pflegen, zu behüten und<br />
ihre Geschichte wieder lebendig zu machen. Darüber hinaus erfahren Kinder etwas über den Hintergrund der den Filmen zugrunde<br />
liegenden Märchen, blicken hinter die Filmkulissen, können eigene Fertigkeiten erproben, Rätsel lösen oder kindgemäße Erklärungen<br />
für märchenhafte Wunder erhalten. Die Ausstellung regt zu Interaktionen der kindlichen Besucher mit ihren Begleitern an und<br />
verschafft tätigen Erkenntnisgewinn.<br />
Speziell für Kinder im Alter zwischen 5 und 10 Jahren entwickelt, ist die Ausstellung doch auch für Familien bestens geeignet: Größere<br />
Kinder können ihr Wissen an die jüngeren Geschwister weitergeben, Eltern und Großeltern mit ihren Kindern und Enkeln fachsimpeln.<br />
Wer noch nicht lesen kann, findet genug zum Schauen, ABC-Schützen können so viele Informationen für sich nutzen, wie<br />
sie aufzunehmen vermögen, und wer lesen kann, kann auch vorlesen und damit wiederum die Vorschulkinder erfreuen.<br />
Im Museumskino werden über die gesamte Laufzeit der Ausstellung Märchenfilmreihen und thematische Veranstaltungen angeboten<br />
– auch für Erwachsene. Eine übersicht über das Programm liegt unserer Pressemappe bei. Gruppen können einen der sieben<br />
Märchenfilme vorbestellen und den Ausstellungsbesuch mit einer Filmvorführung abrunden. Für Kitas und Grundschulen wird es ab<br />
30. August 2005 ein regelmäßiges Angebot an Workshops geben, die in bewährter Zusammenarbeit mit dem Institut für Pädagogik<br />
der Uni <strong>Potsdam</strong> entwickelt und betreut werden. Anmeldungen dafür nehmen wir ab Schuljahresbeginn 2005/2006 entgegen. Zu<br />
diesem Zeitpunkt steht entsprechendes Informationsmaterial zu den verschiedenen Angeboten zur Verfügung.
IMPRESSUM<br />
Ausstellungsteam<br />
Kuratorin: Ugla Gräf<br />
Mitarbeit: Guido Altendorf, Uta-Cornelia Bieger, Dr. Bärbel Dalichow, Susanne Hamann, Christine Handke, Renate Schmal, Matthias<br />
Struch<br />
Museumspädagogisches Konzept:<br />
Sina Abraham, Christin Cebula, Celia Schmidt und weitere Studenten des Pädagogischen Instituts der Universität <strong>Potsdam</strong> unter Leitung<br />
von Karin Bartkowski<br />
Ausstellungsgestaltung:<br />
Ausstellungsgestaltung, Lichtkonzept: Dorothée Hauck, Mitarbeit: Katharina Nailis<br />
Szenenbild: Susanne Hopf<br />
Requisite: Heike Pfeiffenberger<br />
Grafik: h neun, Berlin<br />
Plakat/Icons: Ludvik Glazer-Naudé<br />
Zeichnungen: Renate Schmal<br />
Ausstellungsbau: Studio <strong>Babelsberg</strong> GmbH, Art Department; G.U.T. Sportstättenservice<br />
Requisiten und Kostüme: Requisitenfundus und Maskenstudio der Studio <strong>Babelsberg</strong> GmbH, Barrandov Studio, Prag; Joost van der<br />
Velden; Jana Kühnel; Ottmar Bleske; Klaue & Henderkes<br />
Druck und Grafikproduktion: camera obscura, Berlin<br />
Beleuchtung: XXLight, Berlin<br />
Medientechnik: Plannet Media, Berlin<br />
Ton: Raimund von Scheibner<br />
Schnitt: René Schmal, Karin Geiß<br />
Tricktechnik: Andreas Marckscheffel, Gerald Narr, Margit Hoffmann, Tatjana Hefendehl, Bernd Schulz<br />
Rechteinhaber Film: Progress Film-Verleih, Transit Film<br />
Nicht in allen Fällen konnten die Bildrechteinhaber ermittelt werden. Wir bitten unberücksichtigte Rechtsnachfolger, sich an das<br />
<strong>Filmmuseum</strong> <strong>Potsdam</strong> zu wenden.<br />
Das <strong>Filmmuseum</strong> <strong>Potsdam</strong> bedankt sich herzlich beim Amt für Kultur und Denkmalschutz der Kreisverwaltung Merseburg-Querfurt für<br />
die Dauerleihgabe des Steinschlossfeuerzeuges.<br />
Wir danken Eckhard Wolf vom Requisitenfundus der Studio <strong>Babelsberg</strong> GmbH für sein Engagement.<br />
Unser besonderer Dank gilt den Mitarbeitern des Art Departments der Studio <strong>Babelsberg</strong> GmbH für die umfangreiche Unterstützung<br />
beim Zustandekommen der Ausstellung!