pdf-download Teil 2 - Magazin Freiheit für Tiere
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Warum sollten Wölfe keinen Schutzengel haben? Meiner kam in Gestalt einer Wölfin. Bei einem Streifzug durch ihr<br />
Revier, in dem ich Schutz gesucht hatte, war sie auf meine Spur - die Blutspur - gestoßen.<br />
Dass es nicht so weit kam, verdanke ich einem Schutzengel<br />
Warum sollten Wölfe keinen Schutzengel haben? Meiner kam<br />
in Gestalt einer Wölfin. Bei einem Streifzug durch ihr Revier, in<br />
dem ich Schutz gesucht hatte, war sie auf meine Spur - die Blutspur<br />
- gestoßen. Im Morgengrauen fand sie mich. Ich lag mehr tot als<br />
lebendig auf meinem Farnlager. Wie sie es fertigbrachte, dass ich<br />
nach drei Tagen wieder zu mir kam, bleibt ihr Geheimnis. Ich glaubte<br />
an Fieberträume, als ich das dunkle Gesicht mit den hellen<br />
Augen erblickte. Und ich brauchte eine ganze Weile, bis ich begriff,<br />
wem ich meine Rettung zu verdanken hatte. Die Ähnlichkeit war<br />
verblüffend. Der dunkle Pelz, die bersteinfarbenen Augen, die<br />
schlanke Gestalt. Und dennoch war sie es nicht, die kleine Zoo-<br />
Wölfin. Es war ihre freiheitsliebende Mutter! Die Ausbrecherin.<br />
Eine mit allen Wassern gewaschene Einsiedlerin, deren geheimes<br />
Leben durch mein Unglück eine unverhofte glückliche Wendung<br />
nehmen sollte.<br />
Ich will nicht vorgreifen. Zunächst war ich überhaupt nicht<br />
erfreut, dass sie mich zwang, mein Krankenlager zu verlassen. Doch<br />
sie hatte sich in den Kopf gesetzt, mich schnellstens in ihre eigene<br />
Höhle zu bringen. In diesem Punkt war sie unerbittlich. So knuffte,<br />
schob und traktierte sie mich so lange, bis ich tatsächlich wieder auf<br />
die Beine kam. Auf drei wohlgemerkt. Die verletzte Hinterhand<br />
schonte ich so gut es ging. Was <strong>für</strong> ein Mühe! Die Strecke, <strong>für</strong> einen<br />
gesunden Wolf ein Katzensprung, zog sich elend in die Länge.<br />
Schließlich erreichte ich völlig erschöpft den Unterschlupf meiner<br />
Retterin. Ich hätte ihn gar nicht bemerkt, so gut versteckt war er.<br />
Hinter dem Gewirr von Ästen und Zweigen, die den Einschlupf<br />
tarnten, hätte kein Mensch eine so geräumige Höhle vermutet,<br />
geschweige denn die Wohnung einer Wölfin.<br />
Kaum hatte ich es mir ächzend und stöhnend bequem gemacht,<br />
da schoss die Schwarze mit einem wütenden Aufschrei wieder ins<br />
Freie. Gleich darauf erklang ein erbärmliches Jaulen, so erbärmlich,<br />
dass es nur von einem Ringelschwanz stammen konnte. Ein<br />
Schnüffler! Er war mir auf der Spur! Und wo sich Schnüffler herumtreiben,<br />
sind ihre zweibeinigen Führer auch nicht weit.<br />
Das war also der Grund <strong>für</strong><br />
ihre Ungeduld. Sie kannte das<br />
Leben. Sie wusste aus Erfahrung,<br />
wovor man sich in Acht<br />
nehmen muss, wenn man auf<br />
der Flucht ist. Sie ahnte, dass<br />
der Kerl, dem ich entwischt<br />
war, nach mir suchen würde.<br />
Kein Zweifel, ohne ihre Hilfe<br />
wäre ich verloren gewesen.<br />
Als die Schwarze wieder am<br />
Höhleneingang erschien und<br />
verächtlich ein Büschel heller<br />
Hundehaare ausspuckte, <strong>für</strong>chtete<br />
ich schon, sie sei einen<br />
Schritt zu weit gegangen. Sie<br />
schüttelte sich vor Abscheu.<br />
Nein, sie hatte den Kläffer<br />
nicht kalt gemacht - nur einen<br />
Denkzettel verpasst. Er würde<br />
nicht noch einmal wagen, in<br />
ihrem Revier herumzuschnüffeln,<br />
dieser Helfershelfer seines<br />
niederträchtigen Herren. Wie<br />
sie so dastand, bebend vor<br />
Zorn, mit gesträubten Nackenhaaren<br />
und feuersprühenden<br />
Augen - ein Bild von einer<br />
Wölfin...<br />
Nach diesem Zwischenfall<br />
kehrte Ruhe ein. Sie tat mir<br />
gut. Ich konnte mich erholen<br />
und wieder zu Kräften kommen.<br />
Meine Verletzung heilte<br />
aus. Dass ich auf der Hinterhand<br />
etwas lahme, muss ich<br />
wohl in Kauf nehmen. Eine<br />
kleine Behinderung, nichts<br />
weiter. Es hätte schlimmer<br />
kommen können. Viel schlimmer.<br />
Die schwarze Wölfin ... ach<br />
was, ich will kein Geheimnis<br />
daraus machen. Jeder, der mich<br />
kennt, kann es sich denken.<br />
Die schöne Schwarze ist natürlich<br />
meine Gefährtin geworden.<br />
Sie trägt bereits schwer an<br />
unserem Nachwuchs. In ein<br />
paar Tagen ist es so weit. Dann<br />
werden nach langer Zeit hier<br />
wieder Wölfe geboren. In<br />
<strong>Freiheit</strong> geboren!<br />
Damit unser kleines Rudel<br />
in Frieden leben kann, eine<br />
Bitte an unsere Freunde:<br />
Nehmt uns in Schutz vor<br />
unseren Feinden!<br />
Ihr Hass auf Wölfe ist unausrottbar.<br />
Achtet besonders<br />
auf jene, die sich ein Vergnügen<br />
daraus machen, <strong>Tiere</strong><br />
zu jagen. Obwohl sie kein<br />
Recht haben, uns Wölfen auch<br />
nur ein Haar zu krümmen,<br />
traue ich ihnen nicht über den<br />
Weg.<br />
Und sollte euch eines Tages<br />
ein hinkender Wolf begegnen,<br />
lasst euch nichts anmerken.<br />
Wir kennen uns nicht! Wir<br />
haben uns nie gesehen!<br />
<strong>Freiheit</strong> <strong>für</strong> <strong>Tiere</strong> - Natur ohne Jagd 123