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Einführung in die Publizistikwissenschaft - Thomas N. Friemel

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He<strong>in</strong>z Bonfadelli<br />

Otfried Jarren<br />

Gabriele Siegert<br />

(Hrsg.)<br />

<strong>E<strong>in</strong>führung</strong> <strong>in</strong> <strong>die</strong> <strong>Publizistikwissenschaft</strong><br />

3., vollständig überarbeitete Auflage<br />

Haupt Verlag<br />

Bern · Stuttgart · Wien


Bonfadelli, He<strong>in</strong>z, Prof. Dr., Studium der Sozialpsychologie, Soziologie und <strong>Publizistikwissenschaft</strong> an<br />

der Universität Zürich; Promotion 1980 mit e<strong>in</strong>er Arbeit zur Sozialisationsperspektive <strong>in</strong> der Massenkommunikationswissenschaft;<br />

1981/82 Forschungsaufenthalt an der Stanfort University <strong>in</strong> Kalifornien<br />

USA. Nachher wissenschaftlicher Mitarbeiter am Sem<strong>in</strong>ar für <strong>Publizistikwissenschaft</strong> der Universität<br />

Zürich. 1992 Habilitation <strong>in</strong> <strong>Publizistikwissenschaft</strong> mit e<strong>in</strong>er Stu<strong>die</strong> zur Wissenskluft-Forschung. Seit<br />

W<strong>in</strong>ter 1994 Extraord<strong>in</strong>arius und seit W<strong>in</strong>ter 2000 Ord<strong>in</strong>arius für <strong>Publizistikwissenschaft</strong> an der Universität<br />

Zürich. Forschungsschwerpunkte: Me<strong>die</strong>nnutzung und Me<strong>die</strong>nwirkungen; K<strong>in</strong>der, Jugendliche und<br />

Me<strong>die</strong>n; Onl<strong>in</strong>e-Kommunikation; Wissenschafts-/Umwelt-/Risikokommunikation.<br />

Jarren, Otfried, Prof. Dr., Studium Universität Münster (1974–1978); Wiss. Ass. Institut für <strong>Publizistikwissenschaft</strong><br />

der Freien Universität Berl<strong>in</strong> (1979–1987); Geschäftsführer Journalisten-Weiterbildung<br />

Fachbereich KommWiss der FU Berl<strong>in</strong> (1987–1989); o. Professor für Journalistik am Institut für Journalistik<br />

Universität Hamburg (1995–2001); seit 1997 Ord<strong>in</strong>arius am IPMZ – Institut für <strong>Publizistikwissenschaft</strong><br />

und Me<strong>die</strong>nforschung der Universität Zürich, Forschungsschwerpunkte: Me<strong>die</strong>n und sozialer<br />

Wandel; Me<strong>die</strong>nstruktur und Me<strong>die</strong>norganisation; Me<strong>die</strong>npolitik; Politische Kommunikation; PR/Organisationskommunikation.<br />

Siegert, Gabriele, Prof. Dr., Studium der Wirtschafts- und Sozialwissenschaften (1982–1987). Wissenschaftliche<br />

Assistent<strong>in</strong> am Lehrstuhl für Soziologie und empirische Sozialforschung, Universität Augsburg<br />

(1987–1995), dort Promotion 1992. Universitätsassistent<strong>in</strong> am Institut für Kommunikationswissenschaft,<br />

Universität Salzburg (1995–2001), dort Habilitation 2001. Vertretungsprofessor<strong>in</strong> im Bereich<br />

Me<strong>die</strong>nwissenschaft der Universität Jena (1999) und am Institut für Journalistik und Kommunikationsforschung<br />

der HMT Hannover (2000). Seit 2001 Ord<strong>in</strong>aria für <strong>Publizistikwissenschaft</strong> mit dem Schwerpunkt<br />

Me<strong>die</strong>nökonomie am IMPZ – Institut für <strong>Publizistikwissenschaft</strong> und Me<strong>die</strong>nforschung der Universität<br />

Zürich. Forschungsschwerpunkte: Me<strong>die</strong>nökonomie; Me<strong>die</strong>nmanagement; Werbung.<br />

1. Auflage: 2001<br />

2. Auflage: 2005<br />

3. Auflage: 2010<br />

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:<br />

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet <strong>die</strong>se Publikation <strong>in</strong> der Deutschen Nationalbibliografie;<br />

detaillierte bibliografische Daten s<strong>in</strong>d im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.<br />

ISBN 978-3-8252-2170-6<br />

Alle Rechte vorbehalten.<br />

Copyright © 2010 by Haupt Berne<br />

Jede Art der Vervielfältigung ohne Genehmigung des Verlages ist unzulässig.<br />

Pr<strong>in</strong>ted <strong>in</strong> Germany<br />

www.haupt.ch<br />

UTB-Bestellnummer: 978–3-8252–2170–6


Inhalt<br />

KApitel 1<br />

MEta-PErsPEktIVEn<br />

He<strong>in</strong>z Bonfadelli / Otfried Jarren / Gabriele Siegert<br />

Publizistik- und kommunikationswissenschaft –<br />

e<strong>in</strong> transdiszipl<strong>in</strong>äres Fach . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 3<br />

Frank Esser<br />

komparative Publizistik- und<br />

kommunikationswissenschaft . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 19<br />

Werner Wirth / Benjam<strong>in</strong> Fretwurst<br />

Zur Bedeutung der empirischen Methoden <strong>in</strong> der<br />

Publizistik- und kommunikationswissenschaft . . . . . . . . . . 57<br />

KApitel 2<br />

GrundlaGEn, thEorIEn und ModEllE<br />

Edzard Schade / Matthias Künzler<br />

kommunikations- und Me<strong>die</strong>ngeschichte . . . . . . . . . . . . . . 77<br />

He<strong>in</strong>z Bonfadelli<br />

Was ist öffentliche kommunikation?<br />

Grundbegriffe und Modelle . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 111<br />

Patrick Donges / Mart<strong>in</strong>a Leonarz / Werner A. Meier<br />

theorien und theoretische Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . 143<br />

VII


VIII<br />

Patrick Donges / Kurt Imhof<br />

Öffentlichkeit im Wandel . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 183<br />

KApitel 3<br />

sYstEME und strukturEn<br />

Matthias Künzler / Otfried Jarren<br />

Me<strong>die</strong>nsysteme – Me<strong>die</strong>norganisationen . . . . . . . . . . . . . . 215<br />

Werner A. Meier / Josef Trappel / Gabriele Siegert<br />

Me<strong>die</strong>nökonomie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 239<br />

Manuel Puppis / Michael Latzer / Otfried Jarren<br />

Me<strong>die</strong>n- und kommunikationspolitik . . . . . . . . . . . . . . . . . 271<br />

Rolf H. Weber<br />

Me<strong>die</strong>n- und kommunikationsrecht . . . . . . . . . . . . . . . . . . 307<br />

KApitel 4<br />

aktEurE und ProZEssE<br />

V<strong>in</strong>zenz Wyss / Guido Keel<br />

Journalismusforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 337<br />

Ulrike Röttger<br />

Public relations . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 379<br />

Patrick Donges / Otfried Jarren<br />

Politische kommunikation – akteure und Prozesse . . . . . 405


KApitel 5<br />

MEdIEn und InhaltE<br />

Urs Dah<strong>in</strong>den / Josef Trappel<br />

Me<strong>die</strong>ngattungen und Me<strong>die</strong>nformate . . . . . . . . . . . . . . . . 433<br />

Frank Marc<strong>in</strong>kowski / Mirko Marr<br />

Me<strong>die</strong>n<strong>in</strong>halte und Me<strong>die</strong>n<strong>in</strong>haltsforschung . . . . . . . . . . . 477<br />

Gabriele Siegert / Werner A. Meier / Josef Trappel<br />

auswirkungen der Ökonomisierung<br />

auf Me<strong>die</strong>n und Inhalte . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 519<br />

KApitel 6<br />

nutZunG, rEZEPtIon, WIrkunG<br />

Mirko Marr / He<strong>in</strong>z Bonfadelli<br />

Me<strong>die</strong>nnutzungsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 549<br />

Werner Wirth / Holger Schramm<br />

Me<strong>die</strong>nrezeptionsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 579<br />

He<strong>in</strong>z Bonfadelli / <strong>Thomas</strong> N. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 609<br />

Verzeichnis der Autor<strong>in</strong>nen und Autoren . . . . . . . . . . . . . . . . . . 661<br />

Register . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 667<br />

IX


He<strong>in</strong>z Bonfadelli / <strong>Thomas</strong> N. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

MEdIEnWIrkunGsForschunG<br />

1 Me<strong>die</strong>nwirkungen als gesellschaftliches Problem . . . . . . . . . . 611<br />

2 Me<strong>die</strong>nwirkungen als Gegenstand<br />

der <strong>Publizistikwissenschaft</strong> . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 613<br />

2.1 Methodische und theoretische Probleme . . . . . . . . . . . . 613<br />

2.2 Was wird unter „Me<strong>die</strong>nwirkungen“ verstanden? . . . . . . 614<br />

2.3 Wirkungsphänomene und Fragestellungen . . . . . . . . . . 614<br />

2.4 Entwicklung der Me<strong>die</strong>nwirkungs forschung . . . . . . . . . 616<br />

2.5 Fazit: Me<strong>die</strong>nwirkungen als komplexes Phänomen . . . . . 622<br />

3 Ansätze der Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung <strong>in</strong> der dritten Phase . 623<br />

3.1 Uses-and-Gratifications-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 624<br />

3.2 Agenda-Sett<strong>in</strong>g-Theorie . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 629<br />

3.3 Me<strong>die</strong>n-Fram<strong>in</strong>g-Ansatz . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 634<br />

3.4 Wissenskluft-Perspektive . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 637<br />

3.5 Kultivierungsanalyse . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 641<br />

3.6 Schweigespiralen-Modell . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 644<br />

4 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 647<br />

4.1 Qualitativ vs. quantitativ? . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 648<br />

4.2 Medium vs. Me<strong>die</strong>n<strong>in</strong>halt . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 648<br />

4.3 Normativität: Integration vs. Des<strong>in</strong>tegration . . . . . . . . . 649<br />

4.4 Wandel von Gesellschaft und Me<strong>die</strong>n . . . . . . . . . . . . . . 650<br />

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 653<br />

609


Die Frage nach den Wirkungen der Massenme<strong>die</strong>n und ihrer Inhalte<br />

hat nicht nur <strong>die</strong> Publizistik- und Kommunikationswissenschaft, sondern<br />

ebenso <strong>die</strong> Öffentlichkeit beschäftigt. Geklärt werden muss darum,<br />

was überhaupt unter dem Begriff „Me<strong>die</strong>nwirkungen“ verstanden<br />

wird, mit welchen Wirkungsphänomenen sich <strong>die</strong> Forschung befasst<br />

und welche Fragen sie zu beantworten versucht. Die Fragestellungen,<br />

wie <strong>die</strong> zu ihrer Beantwortung formulierten Theorien, aber auch <strong>die</strong><br />

zugrunde liegenden Paradigmen haben sich im Verlauf der Entwicklung<br />

der Wirkungsforschung stark gewandelt.<br />

1 Me<strong>die</strong>nwirkungen als<br />

gesellschaftliches Problem<br />

Wenn wir über Wirkungen der Massenme<strong>die</strong>n sprechen, bewegen wir<br />

uns <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Feld der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft,<br />

das zum<strong>in</strong>dest auf den ersten Blick wie ke<strong>in</strong> anderes durch monokausales<br />

und l<strong>in</strong>eares Denken meist <strong>in</strong> Kategorien der Massenpsychologie<br />

sowie durch kulturpessimistische Vorurteile bestimmt zu se<strong>in</strong> sche<strong>in</strong>t.<br />

Die Frage nach den Me<strong>die</strong>nwirkungen wird <strong>in</strong> der Öffentlichkeit Wirkungs-<br />

immer wieder höchst kontrovers und emotionalisiert diskutiert, wobei spekulationen<br />

<strong>die</strong> Me<strong>in</strong>ungen über das Wirkungspotenzial der Me<strong>die</strong>n zwischen den<br />

Polen „Allmacht“ und „Ohnmacht“ schwanken:<br />

Es gibt immer wieder neue Beispiele, <strong>die</strong> starke Effekte der Me<strong>die</strong>n Me<strong>die</strong>nallmacht<br />

dokumentieren: Kritische Berichte <strong>in</strong> der Presse oder <strong>in</strong> TV-Konsumentenmagaz<strong>in</strong>en<br />

über Umweltskandale, wie der R<strong>in</strong>derwahns<strong>in</strong>n<br />

BSE und SARS oder umstrittene neue Technologien, wie <strong>die</strong> Grüne<br />

Gentechnik, führen immer wieder zu spürbarer Konsumverweigerung.<br />

Der Watergate-Skandal stürzte US-Präsident Nixon, TV-Berichte<br />

beschleunigten den Umsturz der kommunistischen Regimes <strong>in</strong> Osteuropa,<br />

und <strong>die</strong> Berichterstattung über <strong>die</strong> Katastrophen von Seveso<br />

oder Tschernobyl verängstigten grosse Teile der Bevölkerung <strong>in</strong> ganz<br />

Europa. Und als Paradebeispiel wird nach wie vor <strong>die</strong> Panik zitiert, <strong>die</strong><br />

1938 durch das Radio-Hörspiel „Invasion from Mars“ von H. G. Wells<br />

unter der Regie von Orson Welles <strong>in</strong> den USA ausgelöst wurde (Cantril<br />

1985). Indes: S<strong>in</strong>d <strong>die</strong>se Beispiele tatsächlich typisch für das, was<br />

Me<strong>die</strong>n auszulösen vermögen bzw. tagtäglich bewirken?<br />

611


612 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Spekulationen<br />

über Wirkungen<br />

evozieren<br />

Me<strong>die</strong>nkritik<br />

Third-Person-<br />

Effekt<br />

Interesse der<br />

Praxis an angewandterWirkungsforschung<br />

Die Beweislage zur These der Me<strong>die</strong>nmacht ist so e<strong>in</strong>deutig auch<br />

wieder nicht. Es lassen sich ebenso Beispiele für Me<strong>die</strong>nohnmacht<br />

f<strong>in</strong>den, <strong>die</strong> demonstrieren, dass auch bei konzentriertem Me<strong>die</strong>ne<strong>in</strong>satz<br />

<strong>die</strong> beobachtbaren Effekte relativ bescheiden bleiben können.<br />

Trotz <strong>in</strong>tensiver Berichterstattung vor Wahlen und Abstimmungen<br />

zeigen Umfragen, dass <strong>die</strong> Informiertheit der Bürger eher ger<strong>in</strong>g ist.<br />

Und von den TV-Nachrichten bleiben den meisten Zuschauern nur<br />

wenige Meldungen im Gedächtnis haften. Ebenso vermögen aufwendige<br />

Kommunikationskampagnen oft nur bescheidene Anstösse <strong>in</strong><br />

Richtung gesundheits- und umweltbezogener Verhaltensweisen zu<br />

geben. Aber auch gegenüber der Werbung erweisen sich <strong>die</strong> Konsumenten<br />

als erstaunlich resistent, nicht zuletzt darum, weil e<strong>in</strong> Grossteil<br />

davon gar nicht zur Kenntnis genommen wird.<br />

Vielleicht oder gerade weil Me<strong>die</strong>nwirkungen flüchtig und im<br />

Gegensatz zu Me<strong>die</strong>n<strong>in</strong>halten wenig fassbar s<strong>in</strong>d, führen sie vielfach<br />

zu Spekulationen über Wirkungen zu Kontroversen. Meist ist es dabei<br />

so, dass das Nichtwissen der Laien zusammen mit zu e<strong>in</strong>fachen Vorstellungen<br />

über direkte Manipulationsmöglichkeiten der Me<strong>die</strong>n zu<br />

Vorwürfen und Schuldzuweisungen führt: Me<strong>die</strong>n als Sündenböcke.<br />

H<strong>in</strong>zu kommt, dass selbst Spekulationen über verme<strong>in</strong>tliche Effekte<br />

verhaltenswirksam werden können, wenn etwa Politiker nach Zensur<br />

rufen, weil sie dem TV vorab negative Folgen zuschreiben. Dieser <strong>in</strong>direkte<br />

Me<strong>die</strong>neffekt wird <strong>in</strong> der Wirkungsforschung als Third-Person-<br />

Phänomen bezeichnet (vgl. Huck/Brosius 2007): Man perzipiert bei<br />

„den anderen“ − „third person“ – bzw. bei der Bevölkerung oder bei der<br />

Jugend starke Effekte, etwa von Me<strong>die</strong>ngewalt, während man sich selbst<br />

als nicht durch <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n manipulierbar betrachtet.<br />

Durch <strong>die</strong> zentrale Rolle der Me<strong>die</strong>n <strong>in</strong> unserer Gesellschaft <strong>in</strong>teressieren<br />

sich alle wichtigen Teilsysteme für Befunde zu den Wirkungen<br />

der Me<strong>die</strong>n (Bonfadelli 2004b). So <strong>in</strong>teressiert sich z. B. <strong>die</strong> Wirtschaft<br />

für <strong>die</strong> Wirkung von Werbung (vgl. Schenk/Donnerstag/Höflich 1990;<br />

Bongart 2000), <strong>die</strong> Politik für Propaganda- und Wahleffekte (vgl. Perloff<br />

2008; Schulz 2008), <strong>die</strong> Kultur und staatliche Behörden für <strong>die</strong> Wirkung<br />

von Me<strong>die</strong>ngewalt (vgl. Merten 1999; Kunczik/Zipfel 2006) sowie<br />

Informationskampagnen (Rice/Atk<strong>in</strong> 2001), und auch <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n<br />

selbst setzen sich mit den Erkenntnissen der praxisorientierten Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

ause<strong>in</strong>ander (vgl. Hasebr<strong>in</strong>k 2002; Schweiger 2007;<br />

Bonfadelli/<strong>Friemel</strong> 2010; Beitrag Me<strong>die</strong>nnutzungsforschung, i. d. B.).


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

In jüngster Zeit s<strong>in</strong>d verschiedene Reader (Schorr 2000; Bryant/<br />

Zillmann 2002) und Monografien (Sparks 2002; Brosius 2003; Jäckel<br />

2005; Schenk 2007; Bonfadelli/<strong>Friemel</strong> 2010) sowohl <strong>in</strong> den USA als<br />

auch im deutschen Sprachraum erschienen, <strong>die</strong> den aktuellen Stand<br />

der Kommunikationswissenschaft im Bereich der theorieorientierten<br />

Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung bzw. <strong>die</strong> Beiträge der Me<strong>die</strong>npsychologie<br />

dazu (Six/Gleich/Gimmler 2007; Bat<strong>in</strong>ic/Appel 2008) dokumentieren.<br />

2 Me<strong>die</strong>nwirkungen als Gegenstand<br />

der <strong>Publizistikwissenschaft</strong><br />

2.1 Methodische und theoretische probleme<br />

Praktiker fragen also <strong>die</strong> Publizistik- und Kommunikationswissenschaft:<br />

Was ist <strong>die</strong> Wirkung des Fernsehens oder der Me<strong>die</strong>n? Sie<br />

erwarten dabei e<strong>in</strong>e klare Antwort: Me<strong>die</strong>nallmacht bzw. Me<strong>die</strong>nohnmacht.<br />

Die Wissenschaft sperrt sich aber aus guten Gründen gegen zu<br />

e<strong>in</strong>fache und holzschnittartige Antworten (vgl. Bonfadelli 2004a: 14 ff.).<br />

Aus methodischen Gründen ist es schwierig, Me<strong>die</strong>nwirkungen<br />

e<strong>in</strong>deutig nachzuweisen, weil <strong>in</strong> der heutigen Me<strong>die</strong>ngesellschaft praktisch<br />

alle vielerlei Me<strong>die</strong>n nutzen und zudem von anderen Menschen<br />

bee<strong>in</strong>flusst werden. E<strong>in</strong> Vergleich zwischen Sehern und Nichtsehern<br />

ist kaum noch möglich; Hörer und Seher s<strong>in</strong>d daneben auch noch<br />

Leser der Pr<strong>in</strong>tme<strong>die</strong>n oder Nutzer des Internets. Sche<strong>in</strong>bare Me<strong>die</strong>nwirkungen,<br />

z. B. <strong>die</strong> Behauptung „Fernsehen bee<strong>in</strong>trächtige <strong>die</strong> schulischen<br />

Leistungen“ (Bonfadelli 1998), können ebenfalls durch nicht<br />

mediale Faktoren wie das Familienmilieu, verursacht se<strong>in</strong>; und tatsächlich<br />

vorhandene Wirkungen können u. U. übersehen werden, weil sie<br />

schwierig zu messen s<strong>in</strong>d (z. B. emotionale Effekte) oder vielleicht erst<br />

längerfristig bemerkt werden.<br />

In theoretischer H<strong>in</strong>sicht ist es zwar selbstverständlich, dass Kommunikation<br />

immer mit Wirkungen verbunden ist. Anspruchsvoll<br />

jedoch ist <strong>die</strong> Analyse der <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er konkreten Situation wirksamen Rahmenbed<strong>in</strong>gungen<br />

und Wirkungsprozesse, <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>neffekte mediatisieren,<br />

d. h. abschwächen oder verstärken.<br />

Me<strong>die</strong>neffekte entstehen eben meist durch das Zusammentreffen<br />

von vielen Faktoren (Massenme<strong>die</strong>n und <strong>in</strong>terpersonale Kommunika-<br />

Methodische<br />

Probleme<br />

Theoretische<br />

Probleme<br />

613<br />

Komplexer<br />

Wirkungszusammenhang


614 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Unterschiedliche<br />

Wirkungsphänomene<br />

Def<strong>in</strong>ition<br />

Vielfältige<br />

Wirkungsphänomene<br />

Auslöser<br />

tion), also auch <strong>in</strong>direkt, sodass sie kaum e<strong>in</strong>fach durch Rückführung<br />

auf nur e<strong>in</strong>e e<strong>in</strong>zige Ursache zu erklären s<strong>in</strong>d (vgl. Wirth/Lauf/Fahr<br />

2004). Das bed<strong>in</strong>gt komplexe multifaktorielle und longitud<strong>in</strong>ale Untersuchungsdesigns<br />

(McLeod/Reeves 1980; McLeod/Kosicki/Pan 1991).<br />

2.2 Was wird unter „Me<strong>die</strong>nwirkungen“<br />

verstanden?<br />

E<strong>in</strong>e weitere theoretische Schwierigkeit für <strong>die</strong> Erforschung von Me<strong>die</strong>nwirkungen<br />

besteht dar<strong>in</strong>, dass es ganz unterschiedliche Wirkungsphänomene<br />

gibt, <strong>die</strong> jeweils anders erklärt werden müssen, obwohl<br />

im öffentlichen Diskurs unter „Me<strong>die</strong>nwirkungen“ meist verengt und<br />

negativ konnotiert nur <strong>die</strong> <strong>in</strong>ten<strong>die</strong>rte, kurzfristige Bee<strong>in</strong>flussung<br />

von Me<strong>in</strong>ungen und Verhaltensweisen bei e<strong>in</strong>zelnen Personen durch<br />

bestimmte, vorab persuasive Me<strong>die</strong>nbotschaften verstanden wird.<br />

Im Unterschied dazu versteht W<strong>in</strong>fried Schulz, Leiter e<strong>in</strong>es grossen<br />

DFG-Programms (1992) zur Erforschung von Me<strong>die</strong>nwirkungen<br />

<strong>in</strong> Deutschland, unter Me<strong>die</strong>nwirkungen Folgendes: „Der Begriff<br />

Me<strong>die</strong>nwirkungen umfasst <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em weiten S<strong>in</strong>ne alle Veränderungen,<br />

<strong>die</strong> – wenn auch nur partiell oder <strong>in</strong> Interaktion mit anderen Faktoren –<br />

auf Me<strong>die</strong>n, bzw. deren Mitteilungen zurückgeführt werden können.<br />

Diese Veränderungen können sowohl direkt <strong>die</strong> Eigenschaften von<br />

Individuen, Aggregaten, Systemen, Institutionen betreffen, wie auch<br />

den auf andere Weise <strong>in</strong>duzierten Wandel <strong>die</strong>ser Eigenschaften“ (vgl.<br />

Bonfadelli 2004a: 19 ff.).<br />

2.3 Wirkungsphänomene und Fragestellungen<br />

Me<strong>die</strong>nwirkungen s<strong>in</strong>d also äusserst vielschichtig, wobei man sich oft<br />

zu wenig darüber im Klaren ist, welche Wirkungseffekte im konkreten<br />

Fall erklärt werden sollen, was als Wirkungsursache vermutet wird<br />

und welche Wirkungsmechanismen postuliert werden. Die e<strong>in</strong>zelnen<br />

Wirkungsphänomene lassen sich dabei aufgrund unterschiedlicher<br />

Gesichtspunkte oder Dimensionen klassifizieren.<br />

Auslöser von Effekten: Zum e<strong>in</strong>en s<strong>in</strong>d es konkrete Me<strong>die</strong>n<strong>in</strong>halte<br />

(was wirkt?), <strong>die</strong> Wirkungen zeitigen, wie Nachrichtensendungen,<br />

Wahlpropaganda, Werbung, Kommunikationskampagnen, Unterhaltung<br />

oder Me<strong>die</strong>ngewalt. Zum anderen können aber auch formal-


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

gestalterische Aspekte, wie rasche Schnitte, Musik oder Bilder z. B.<br />

emotionale Effekte auslösen. Obwohl <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

sich schwerpunktartig mit den Wirkungen konkreter Me<strong>die</strong>n<strong>in</strong>halte<br />

beschäftigt, muss beachtet werden, dass ganze Programme (wie <strong>die</strong><br />

TV-Unterhaltung) oder <strong>die</strong> Neue<strong>in</strong>führung e<strong>in</strong>es Mediums (wie das<br />

Internet), signifikante Auswirkungen auf <strong>die</strong> Gesellschaft als Ganzes<br />

oder Teilbereiche davon, wie Politik oder Familie, haben können (vgl.<br />

Schulz 1998).<br />

Phasen im Kommunikationsprozess:<br />

a) Präkommunikativ: Wer nutzt <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n wie? Aus welchen Motiven<br />

wendet man sich den Me<strong>die</strong>n zu? Welche Bedürfnisse oder kommunikationsrelevanten<br />

Probleme stehen h<strong>in</strong>ter der Me<strong>die</strong>nzuwendung?<br />

(vgl. Beitrag Me<strong>die</strong>nnutzungsforschung, i. d. B.);<br />

b) Kommunikativ: Was geschieht während der Me<strong>die</strong>nnutzung? Hier<br />

<strong>in</strong>teressieren Prozesse der Aufmerksamkeit, des Verstehens und der<br />

Interpretation (vgl. Beitrag Me<strong>die</strong>nrezeptionsforschung, i. d. B.);<br />

c) Postkommunikativ: Was geschieht nach der Nutzung, d. h. wie äussert<br />

sich <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>nnutzung im Wissen, den Me<strong>in</strong>ungen und E<strong>in</strong>stellungen<br />

oder Verhaltensweisen der Rezipienten?<br />

Effektebenen:<br />

a) Kognitiv: Me<strong>die</strong>n machen Themen dr<strong>in</strong>glich (Agenda-Sett<strong>in</strong>g);<br />

Me<strong>die</strong>n vermitteln Informationen über <strong>die</strong> Umwelt (Me<strong>die</strong>nwirklichkeit);<br />

und <strong>die</strong> je spezifische Me<strong>die</strong>nwirklichkeit bee<strong>in</strong>flusst <strong>die</strong><br />

Wahrnehmung der Alltagsrealität (Fram<strong>in</strong>g-Effekte); das immer<br />

grösser werdende Informationsangebot der Me<strong>die</strong>n kann <strong>die</strong> Rezipienten<br />

überfordern (wachsende Wissensklüfte); aber Wissenserwerb<br />

führt meist nicht automatisch zu Verhaltensänderungen.<br />

b) E<strong>in</strong>stellungen: Neubildung, Bestätigung und Verstärkung be stehender<br />

E<strong>in</strong>stellungen s<strong>in</strong>d häufiger als <strong>die</strong> Änderung von E<strong>in</strong>stellungen<br />

(Aktivierung und Re<strong>in</strong>forcement).<br />

c) Affekte: Gerade beim Fernsehen s<strong>in</strong>d emotionale Wirkungen fast<br />

wichtiger als <strong>die</strong> Informationsvermittlung selbst: Entspannung<br />

und Regeneration oder Spannung, Erregung und Abenteuer, aber<br />

Eskapismus oder Angst-Lust-Erfahrungen.<br />

d) Soziale Effekte: Me<strong>die</strong>nthemen erlauben es, Kontakte zu knüpfen<br />

oder führen zu Gesprächen: soziale Netzwerke. Schliesslich struk-<br />

Phasen<br />

Ebenen<br />

615


616 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Modalitäten<br />

Drei Entwicklungsphasen<br />

turieren Me<strong>die</strong>nangebote auch den Tagesablauf. Und der Umgang<br />

mit bestimmten Me<strong>die</strong>n kann <strong>die</strong> Zugehörigkeit zu e<strong>in</strong>er sozialen<br />

Gruppe signalisieren und so als dist<strong>in</strong>ktives Element zu e<strong>in</strong>em<br />

Lebensstil gehören und e<strong>in</strong>e ganz bestimmte soziale Identität markieren.<br />

Wirkungsmodalitäten: Wirkungsphänomene können <strong>in</strong> zeitlicher<br />

H<strong>in</strong>sicht <strong>in</strong> kurzfristige bzw. langfristige Effekte differenziert werden.<br />

Zudem s<strong>in</strong>d direkte, <strong>in</strong>ten<strong>die</strong>rte von vermittelten, unbeabsichtigten<br />

Wirkungsphänomenen zu unterscheiden (z. B. Propaganda vs. Sozialisation).<br />

Auch spielt es e<strong>in</strong>e Rolle, ob Rezipienten sich aktiv e<strong>in</strong>em<br />

Medium (z. B. Internet) zuwenden und dort selektiv bestimmte Informationen<br />

suchen oder ob sie eher passiv durch Me<strong>die</strong>nbotschaften<br />

manipuliert werden: Grad der Involviertheit. Im öffentlichen Diskurs<br />

dom<strong>in</strong>ieren zudem Phänomene von starken Me<strong>die</strong>neffekten (Brosius/<br />

Esser 1998), wie etwa Nachahmungstaten im Gefolge von Me<strong>die</strong>ngewalt<br />

(sog. Werther-Effekt). Davon muss <strong>die</strong> Frage nach der Verbreitung von<br />

nur wenig <strong>in</strong>tensiven Effekten aber bei besonders vielen Leuten (z. B.<br />

Me<strong>die</strong>nevents oder Aufklärungskampagnen) unterschieden werden.<br />

2.4 entwicklung der Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Die grosse Vielfalt unterschiedlichster Wirkungsphänomene zusammen<br />

mit den oben skizzierten methodischen wie theoretischen Schwierigkeiten<br />

der Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung haben dazu geführt, dass auch<br />

<strong>die</strong> Wissenschaftler selbst <strong>die</strong> Frage nach der All- bzw. Ohnmacht der<br />

Me<strong>die</strong>n nicht immer gleich beantwortet haben (Lowery/DeFleur 1995;<br />

Brosius/Esser 1998). Es lassen sich grob drei Phasen der Entwicklung<br />

der Wirkungsforschung unterscheiden.


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

Abbildung 1: Phasen der Wirkungsforschung und ihre Gesellschafts- und Menschenbilder<br />

Dimensionen: 1. Phase<br />

1930er-Jahre<br />

Gesellschaftskonzeption<br />

und<br />

Menschenbild<br />

Masse von sozial isolierten<br />

und <strong>in</strong>st<strong>in</strong>ktgesteuerten<br />

Menschen<br />

2. Phase<br />

1950er-/1960er-Jahre<br />

Kle<strong>in</strong>gruppen mit<br />

Konformitätsdruck<br />

3. Phase<br />

ab 1970<br />

Differenzierte Bedürfnisbefriedigung<br />

durch aktive<br />

Individuen<br />

Effektebene Verhalten E<strong>in</strong>stellungen Motive und Kognitionen,<br />

(später auch Affekte)<br />

Wirkungsprozesse Imitation und<br />

Manipulation<br />

Me<strong>die</strong>neffekte gross,<br />

homogen<br />

Quelle: Bonfadelli 2004a: 27<br />

negative Selektion,<br />

Konsonanz<br />

kle<strong>in</strong>,<br />

Verstärkung<br />

positive Selektion,<br />

aktive Konstruktion<br />

mittel bis gross,<br />

differenzierend<br />

Erste Phase: Propaganda und Me<strong>die</strong>nallmacht<br />

Massenme<strong>die</strong>n gelten als mächtig und e<strong>in</strong>flussreich. Diese Ansicht ist Me<strong>die</strong>nallmacht<br />

bee<strong>in</strong>flusst durch <strong>die</strong> Propagandafeldzüge des 1. Weltkriegs (Harold<br />

Lasswell); e<strong>in</strong> weiteres Beispiel ist das Hörspiel „Invasion from Mars“.<br />

Aus <strong>die</strong>sem Grunde versuchte <strong>die</strong> Wissenschaft (Carl I. Hovland an der<br />

Yale University) e<strong>in</strong>e sog. wissenschaftliche Rhetorik zu entwickeln: Wie<br />

können Merkmale der Me<strong>die</strong>nbotschaft, wie Kommunikator (Glaubwürdigkeit),<br />

Inhalt (e<strong>in</strong>- vs. zweiseitige Argumentation) oder Form<br />

(Angstappelle), so gestaltet werden, dass ihre Wirkungen optimal s<strong>in</strong>d<br />

(vgl. Klapper 1960)?<br />

Diesem Stimulus-Response-Modell (S-R-Modell) unterliegt e<strong>in</strong>er- S-R-Modell<br />

seits <strong>die</strong> soziologische Prämisse von der Massengesellschaft aus sozial<br />

isolierten, vere<strong>in</strong>zelten Menschen, anderseits <strong>die</strong> psychologische Inst<strong>in</strong>kt-,<br />

später <strong>in</strong>strumentelle Lerntheorie: Menschliches Verhalten ist<br />

uniform und wird von wenigen Grund<strong>in</strong>st<strong>in</strong>kten bzw. Basisbedürfnissen<br />

gelenkt, <strong>die</strong> gezielt angesprochen werden können, z. B. Sex, Angst,<br />

soziale Anerkennung etc. Die Folge ist, dass auf <strong>die</strong> uniformen und<br />

omnipräsenten Me<strong>die</strong>nbotschaften ähnliche Reaktionen zu erwarten<br />

s<strong>in</strong>d.<br />

617


618 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Me<strong>die</strong>nohnmacht<br />

S-O-R-Modell<br />

Zweite Phase: Me<strong>die</strong>nohnmacht – Selektion und Konsonanz<br />

Aber schon <strong>die</strong> noch im Rahmen e<strong>in</strong>es S-R-Modells von der Hovland-<br />

Gruppe durchgeführten Labor-Untersuchungen deuten darauf h<strong>in</strong>,<br />

dass Me<strong>die</strong>neffekte immer durch den Me<strong>die</strong>nnutzer vermittelt s<strong>in</strong>d,<br />

was zur Entwicklung des S-O-R-Modells (O steht für Organismus)<br />

führte. Dabei s<strong>in</strong>d grundsätzlich zwei Forschungsrichtungen zu unterscheiden:<br />

<strong>die</strong> psychologisch orientierten Konsistenz-Theorien auf<br />

der Basis des E<strong>in</strong>stellungskonzeptes und <strong>die</strong> soziologisch orientierten<br />

Ansätze auf der Basis von Konzepten wie Gruppe, sozialer Vergleich,<br />

Konformität.<br />

Bei beiden Wirkungsperspektiven ist <strong>die</strong> E<strong>in</strong>sicht zentral, dass<br />

wegen der psychischen und sozialen Mechanismen (selektive Aufmerksamkeit,<br />

Interpretation und Behalten) aufgrund der vorhandenen<br />

Prädispositionen und Gruppenbeziehungen <strong>die</strong> Hauptwirkung<br />

der Me<strong>die</strong>n nicht so sehr <strong>in</strong> der Änderung, sondern vielmehr <strong>in</strong> der<br />

Bestätigung und Verstärkung schon bestehender Me<strong>in</strong>ungen und E<strong>in</strong>stellungen<br />

besteht. So lautete jedenfalls das oft zitierte Fazit von Joseph<br />

Klapper <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er 1960 erschienenen Forschungsübersicht „The Effects<br />

of Mass Communication“.<br />

So wurde <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Survey (Bonfadelli/Meier 2010) gefragt: „Hat<br />

<strong>die</strong> Me<strong>die</strong>nberichterstattung e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss auf Ihre E<strong>in</strong>stellung zur<br />

grünen Gentechnologie gehabt? Und wenn ja: eher <strong>in</strong> Richtung dafür<br />

oder dagegen?“ Die Befunde dazu zeigen (vgl. Abb. 2), dass sich etwa<br />

e<strong>in</strong> Viertel der Befragten durch <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n bee<strong>in</strong>flusst fühlten. E<strong>in</strong>e<br />

Ausdifferenzierung nach der persönlichen E<strong>in</strong>stellung gegenüber der<br />

grünen Gentechnologie zeigt e<strong>in</strong>e Me<strong>in</strong>ungsdynamik auf der Basis von<br />

selektiver Me<strong>in</strong>ungsbestätigung bzw. Me<strong>in</strong>ungsverstärkung: Befragte,<br />

welche der Gentechnologie positiv gegenüberstehen, haben sich nach<br />

eigenen Angaben durch <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>nberichterstattung vor allem <strong>in</strong><br />

Richtung Akzeptanz bee<strong>in</strong>flussen lassen; umgekehrt ten<strong>die</strong>rten Gegner<br />

der grünen Gentechnologie noch stärker <strong>in</strong> Richtung Ablehnung. Die<br />

Netto-Effektstärke ist bei beiden Gruppen etwa gleich stark.


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

Abbildung 2: Selektive Bee<strong>in</strong>flussung am Beispiel der grünen Gentechnologie<br />

E<strong>in</strong>stellung<br />

zur grünen<br />

Gentechno logie<br />

Prozentanteile<br />

N=1‘097<br />

ke<strong>in</strong><br />

E<strong>in</strong>fluss<br />

E<strong>in</strong>flussrichtung Effektstärke<br />

dafür dagegen<br />

<strong>in</strong>sgesamt 74 12 15 –3 %<br />

dafür (32 %) 77 19 4 +15 %<br />

unentschieden<br />

(35 %)<br />

Quelle: Bonfadelli/Meier (2010: 225)<br />

76 8 16 –8 %<br />

dagegen (33 %) 68 8 24 –16 %<br />

Psychologische Perspektive: Auf der Basis des E<strong>in</strong>stellungsbegriffs entwickelten<br />

sich <strong>in</strong> den 1960er-Jahren verschiedenste Konsistenz-Theorien,<br />

wobei Leon Fest<strong>in</strong>ger (1978) mit se<strong>in</strong>er Kognitiven-Dissonanz- Psychologische<br />

Theorie zu den bekanntesten Vertretern zählt. Folgende Aspekte des Perspektive:<br />

E<strong>in</strong>stellungen und<br />

E<strong>in</strong>stellungskonzepts s<strong>in</strong>d von Relevanz:<br />

Selektivität<br />

• E<strong>in</strong>stellungen basieren auf den Erfahrungen e<strong>in</strong>er Person mit<br />

Objekten (Personen, Institutionen, Ideen etc.) ihrer Umwelt. Sie<br />

s<strong>in</strong>d gelernt und können sich durch neue Erfahrungen (direkte vs.<br />

<strong>in</strong>direkte, me<strong>die</strong>nvermittelte) ändern und vere<strong>in</strong>facht als soziales<br />

Gedächtnis verstanden werden. Mittels E<strong>in</strong>stellungen kann der<br />

Mensch se<strong>in</strong>e Umweltbeziehungen vere<strong>in</strong>fachen, d. h. überhaupt<br />

erst verarbeiten und stabil halten. Dementsprechend wirken sie<br />

motivierend und steuernd auf künftiges Verhalten. Weil E<strong>in</strong>stellungen<br />

nicht direkt beobachtet werden können, haben sie den<br />

Status e<strong>in</strong>es hypothetischen Konstrukts und müssen via Operationalisierungen<br />

meist über Befragung erschlossen werden.<br />

• E<strong>in</strong>stellungen bestehen aus drei Komponenten: Die kognitive<br />

Komponente umfasst das subjektive (Me<strong>in</strong>ungen) wie das faktische<br />

Wissen über e<strong>in</strong> E<strong>in</strong>stellungsobjekt. Die affektive Komponente<br />

bezieht sich darauf, ob man für oder gegen das E<strong>in</strong>stellungsobjekt<br />

ist, und <strong>die</strong> konative Verhaltenskomponente umfasst <strong>die</strong><br />

latente Verhaltensbereitschaft.<br />

• Die E<strong>in</strong>stellungskomponenten, aber auch E<strong>in</strong>stellungen untere<strong>in</strong>ander,<br />

s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Systemen organisiert und bee<strong>in</strong>flussen sich gegenseitig.<br />

Prämisse aller Konsistenz-Theorien ist, dass Menschen<br />

619


620 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

ELM-Modell<br />

Soziologische<br />

Perspektive:<br />

soziale Gruppen<br />

und Me<strong>in</strong>ungsführer<br />

bestrebt s<strong>in</strong>d, Konsistenz bzw. Konsonanz <strong>in</strong> ihren E<strong>in</strong>stellungen<br />

aufrechtzuerhalten. Falls Inkonsistenzen bzw. Dissonanzen (etwa<br />

durch neue Erfahrungen oder dissonante Me<strong>die</strong>n<strong>in</strong>formation)<br />

auftreten, entsteht e<strong>in</strong> psychisch empfundener Stress.<br />

• Me<strong>die</strong>n<strong>in</strong>formation, <strong>die</strong> zu Dissonanzen führt, wird dementsprechend<br />

selektiv vermieden oder selektiv so <strong>in</strong>terpretiert (Donsbach<br />

1989; Knobloch-Westerwick 2007), dass mögliche Dissonanzen<br />

verr<strong>in</strong>gert werden; Rezipienten ten<strong>die</strong>ren zu konsonanter Me<strong>die</strong>nzuwendung<br />

und damit e<strong>in</strong>hergehender Bestätigung bzw. Verstärkung<br />

der bestehenden Me<strong>in</strong>ungen und E<strong>in</strong>stellungen (vgl. Abb. 2).<br />

• Als Weiterentwicklung betonen <strong>die</strong> kognitiven Reaktanz-Ansätze<br />

stärker, dass Rezipienten aktiv auf persuasive Me<strong>die</strong>nbotschaften<br />

reagieren, <strong>in</strong>dem unterstützende bzw. ablehnende kognitive Argumente<br />

gebildet werden. Dies geschieht z. B. nach dem Elaboration-<br />

Likelihood-Modell (ELM) situativ unterschiedlich (Petty/Priester<br />

1994, Petty/Priester/Briñol 2002): Bei hoher Involviertheit ist der<br />

Rezipient motiviert, sich kognitiv mit den Argumenten der Botschaft<br />

ause<strong>in</strong>anderzusetzen (zentrale Route), während <strong>die</strong>s bei<br />

ger<strong>in</strong>ger Involviertheit nicht geschieht (periphere Route). Effekte<br />

über Schlüsselreize, <strong>die</strong> Emotionen ansprechen, s<strong>in</strong>d aber trotzdem<br />

möglich.<br />

Soziologische Perspektive: Die Wahlforschungen der Forschergruppe<br />

um Paul Lazarsfeld (1969) von der Columbia University dokumentierten<br />

aufgrund der Panelstu<strong>die</strong> <strong>in</strong> Erie County 1940 eigentliche E<strong>in</strong>stellungsänderungen<br />

nur bei gut zehn Prozent aller Wähler. Der Wahlkampf<br />

hatte bei der Mehrheit nur zu e<strong>in</strong>er Kristallisierung, Verstärkung<br />

und Bestätigung der schon vorher bestehenden politischen Prädispositionen<br />

(<strong>in</strong> Abhängigkeit von sozialem Status, Religion, Wohnort)<br />

geführt. Erklärungen dafür s<strong>in</strong>d:<br />

• Die Stabilität der E<strong>in</strong>stellungen (Wahlabsicht) wird durch e<strong>in</strong>en<br />

„Schutzschild“, der als Filter wirkt, ermöglicht. Wähler setzen sich<br />

tendenziell nur derjenigen Propaganda aus, mit der sie sowieso<br />

übere<strong>in</strong>stimmen. Erklärt wird <strong>die</strong>s durch kognitive Mechanismen,<br />

wie selektive Wahrnehmung, Interpretation und Behalten der<br />

Me<strong>die</strong>nbotschaften.<br />

• Indem Wähler ihre E<strong>in</strong>stellungen stabil halten, s<strong>in</strong>d sie imstande,<br />

Konflikte und Une<strong>in</strong>igkeiten mit Personen ihrer sozialen Umge-


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

bung, welche <strong>die</strong>selben E<strong>in</strong>stellungen teilen, zu vermeiden. Personen<br />

s<strong>in</strong>d also nach wie vor <strong>in</strong> soziale Gruppen e<strong>in</strong>gebunden, <strong>die</strong><br />

ihr Verhalten bee<strong>in</strong>flussen. Zugleich bekräftigen <strong>die</strong> Kontakte mit<br />

den Mitgliedern der Gruppe <strong>die</strong> <strong>in</strong> der Gruppe geteilten E<strong>in</strong>stellungen.<br />

• Änderungen sche<strong>in</strong>en nur dort vorzukommen, wo Wähler entgegengesetzten<br />

Kräften ausgesetzt s<strong>in</strong>d: sog. „cross pressures“.<br />

• Die Funktion der Me<strong>die</strong>n im Wahlkampf besteht primär nicht <strong>in</strong><br />

der Änderung bestehender Wahlabsichten, sondern <strong>in</strong> der Aktivierung<br />

latenter Prädispositionen: Propaganda verstärkt Interesse;<br />

steigendes Interesse führt zu stärkerer Aufgeschlossenheit; Aufmerksamkeit<br />

ist selektiv; Stimmen kristallisieren sich.<br />

• E<strong>in</strong>e weitere Me<strong>die</strong>nfunktion ist der Verstärkereffekt. Es geht<br />

weniger darum, neue Wähler zu gew<strong>in</strong>nen, als <strong>die</strong> Abwanderung<br />

zu verh<strong>in</strong>dern, und zwar durch Lieferung von Argumenten und<br />

<strong>die</strong> Perzeption von Bestätigung.<br />

• Lazarsfeld postulierte darauf den Zwei-Stufen-Fluss der Massenkommunikation:<br />

Me<strong>die</strong>n<strong>in</strong>formation fliesst zunächst zu den sog.<br />

„Me<strong>in</strong>ungsführern“ („op<strong>in</strong>ion leader“) und erreicht erst über <strong>die</strong>se<br />

<strong>die</strong> übrigen Wähler.<br />

Die Kritik am zu e<strong>in</strong>fachen Zwei-Stufen-Fluss-Modell hat zu weiteren Kritik und Weiter-<br />

Forschungsrichtungen geführt: Die Diffusionsforschung (DeFleur entwicklung<br />

1987) untersucht <strong>die</strong> Verbreitung von Nachrichten, während sich <strong>die</strong><br />

Innovationsforschung (Rogers 2003) mit der Übernahme von Neuerungen<br />

beschäftigt. Die Netzwerk-Theorie (Schenk 1995) wiederum<br />

analysiert <strong>die</strong> <strong>in</strong>terpersonalen Interaktionen und Kommunikationen<br />

im Zusammenhang mit Me<strong>die</strong>ne<strong>in</strong>flüssen. Und <strong>in</strong> den 1970er-Jahren<br />

griff Elisabeth Noelle-Neumann (1974, 1982) mit ihrer Theorie der<br />

Schweigespirale wichtige Konzepte von Lazarsfeld wieder auf.<br />

Dritte Phase: Motivationale, kognitive und affektive Perspektiven<br />

In den 1970er-Jahren veränderten sich <strong>die</strong> Fragestellungen, und neue<br />

Wirkungsphänomene kamen <strong>in</strong> den Fokus der Forschung: Anstelle<br />

von E<strong>in</strong>stellungswandel wurde nun verstärkt auch der Wissenserwerb<br />

untersucht. Seither <strong>in</strong>teressieren der Rezipient und se<strong>in</strong> Me<strong>die</strong>numgang<br />

und nicht mehr nur der Kommunikator mit se<strong>in</strong>er persuasiven<br />

Botschaft. Me<strong>die</strong>nwirkungen werden nicht nur als Resultat, sondern<br />

Neue Ansätze<br />

621


622 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Aktiver Rezipient<br />

Komplexes<br />

Wirkungsmodell<br />

als Prozess betrachtet: Was machen <strong>die</strong> Menschen mit den Me<strong>die</strong>n?<br />

Im Zusammenhang damit stehen weitere Merkmale <strong>die</strong>ser (noch<br />

andauernden) Phase: Langfristige Wirkungsprozesse (Faktor „Zeit“)<br />

und Effekte auf der Makroebene erhalten e<strong>in</strong>e grössere Priorität.<br />

Zunehmend werden auch affektive Prozesse untersucht (Input aus der<br />

Me<strong>die</strong>npsychologie). Schliesslich werden quantifizierende Methoden<br />

(Experiment und Survey) durch qualitative Methoden der Rezeptionsforschung<br />

ergänzt.<br />

2.5 Fazit: Me<strong>die</strong>nwirkungen als komplexes<br />

phänomen<br />

Im Verlauf der Entwicklung der Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung haben<br />

sich nicht nur Gegenstand und Fragestellungen, sondern auch <strong>die</strong><br />

theoretischen Prämissen und Ansätze zur Erklärung von Me<strong>die</strong>nwirkungen<br />

geändert. Von e<strong>in</strong>er aussagen-zentrierten Perspektive hat<br />

e<strong>in</strong> Wechsel h<strong>in</strong> zu e<strong>in</strong>er rezipientenzentrierten Orientierung stattgefunden.<br />

Aber erst e<strong>in</strong>e dynamisch-transaktionale Integration (Früh<br />

2001) beider Perspektiven, <strong>die</strong> von e<strong>in</strong>er komplexen Inter- bzw. Transaktion<br />

zwischen den Faktoren sowohl der Me<strong>die</strong>numwelt als auch des<br />

Rezipienten ausgeht, ist dem Me<strong>die</strong>nwirkungsgeschehen angemessen<br />

(vgl. Abb. 3). Me<strong>die</strong>neffekte kommen so nur <strong>in</strong>teraktiv zustande, wenn<br />

sich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er bestimmten sozialen Situation <strong>die</strong> direktiven Aspekte der<br />

Me<strong>die</strong>nangebote, wie Inhaltsauffälligkeit, <strong>in</strong>haltliche Konsonanz und<br />

Kumulation, mit den motivationalen und kognitiven Aspekten der<br />

Rezipienten überlagern. – Dementsprechend können Me<strong>die</strong>n je nach<br />

spezifischer Situation schwache, moderate oder gar starke Effekte hervorrufen.


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

Abbildung 3: Inter-/Transaktion von Me<strong>die</strong>nbotschaft und Me<strong>die</strong>nnutzer<br />

Kommunikatoren<br />

• Intention und Ziele<br />

• Manipulationsabsicht<br />

• Status, Prestige, Macht<br />

• Glaubwürdigkeit<br />

Zuwendung<br />

Access<br />

• Probleme<br />

• Zuwendungsmotive<br />

• Betroffenheit<br />

• Prädisposition<br />

Motivation<br />

Quelle: Bonfadelli 2004a: 35<br />

Me<strong>die</strong>nangebot<br />

Me<strong>die</strong>n<br />

• Zielgruppe<br />

• Grad an Interaktivität<br />

• AV- vs. Pr<strong>in</strong>tme<strong>die</strong>n<br />

• Funktionen<br />

Aufmerksamkeit<br />

Attention<br />

• Vorwissen<br />

• Schemata/Frames<br />

• Bildung<br />

• Me<strong>die</strong>nkompetenz<br />

Kompetenz<br />

Me<strong>die</strong>nnutzer<br />

Rezeption<br />

Reception<br />

Aussagen<br />

• Frequenzen<br />

• Auffälligkeit/Vividness<br />

• Inhaltliche Konsonanz<br />

• Verständlichkeit<br />

Akzeptanz<br />

Acceptance<br />

• Effekhierarchie: Wissen,<br />

E<strong>in</strong>stellung, Verhalten<br />

• Involvement<br />

• mentaler Aufwand<br />

Situation<br />

3 ansätze der Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

<strong>in</strong> der dritten Phase<br />

Man kann <strong>die</strong> im Folgenden dargestellten „neueren“ Ansätze der Wie s<strong>in</strong>d Me<strong>die</strong>n-<br />

Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung dah<strong>in</strong> gehend befragen, ob sie davon auswirkungen zu<br />

bewerten?<br />

gehen, dass <strong>die</strong> Wirkungen der Me<strong>die</strong>n gesamtgesellschaftlich eher differenzierend<br />

oder homogenisierend s<strong>in</strong>d, und ob <strong>die</strong> prognostizierten<br />

Effekte als funktional oder eher dysfunktional angesehen werden (vgl.<br />

Abb. 4).<br />

623


624 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Abbildung 4: Moderne Ansätze der Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Bewertungsdimension: Wirkungsdimension:<br />

Funktionalität Uses-and-Gratifications-Ansatz<br />

(Jay Blumler/Elihu Katz)<br />

Dysfunktionalität<br />

Quelle: Bonfadelli 2004a: 167<br />

Menschen als<br />

aktive Nutzer<br />

Visualisierter<br />

Nutzenansatz<br />

Differenzierung Homogenisierung<br />

Dynamisch-transaktionales Modell<br />

(Werner Früh/Klaus Schönbach)<br />

Wissenskluft-Perspektive<br />

(Philipp Tichenor/George Donohue/<br />

Clarice Olien)<br />

3.1 Uses-and-Gratifications-Ansatz<br />

Agenda-Sett<strong>in</strong>g-Theorie<br />

(Maxwell McCombs/Donald Shaw)<br />

Kultivierungsanalyse<br />

(George Gerbner)<br />

Schweigespiralen-Modell<br />

(Elisabeth Noelle-Neumann)<br />

Prämissen und Forschungsentwicklung<br />

Der Uses-and-Gratifications-Ansatz (oft mit „Nutzenansatz“ übersetzt)<br />

basiert auf der Konzeption von Me<strong>die</strong>nzuwendung als aktives, s<strong>in</strong>norientiertes<br />

soziales Handeln. Dah<strong>in</strong>ter steht <strong>die</strong> Überlegung, dass sich<br />

<strong>die</strong> Menschen den Me<strong>die</strong>n nur zuwenden, wenn <strong>die</strong>se von Relevanz<br />

s<strong>in</strong>d für <strong>die</strong> Befriedigung kommunikationsbezogener Bedürfnisse bzw.<br />

für <strong>die</strong> Lösung von Problemen. Nicht <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n bewirken also etwas<br />

beim Rezipienten, wie <strong>in</strong> der klassischen Wirkungsforschung postuliert,<br />

sondern der Rezipient benutzt <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n aktiv und funktionsorientiert.<br />

Nach Rosengren (1974) ist <strong>die</strong> Bedeutung der Me<strong>die</strong>n e<strong>in</strong>erseits<br />

abhängig von den vorhandenen funktionalen Alternativen (z. B. Defizit<br />

an realen Interaktionsmöglichkeiten) und andererseits von der persönlichen<br />

Fähigkeit, Bedürfnisse zu befriedigen (z. B. Extrovertiertheit<br />

e<strong>in</strong>er Person).<br />

Renckstorf (1989) visualisiert <strong>die</strong>se Prämissen <strong>in</strong> se<strong>in</strong>er handlungstheoretischen<br />

Interpretation des Nutzungsansatzes (vgl. Abb. 5): Ausgangspunkt<br />

se<strong>in</strong>es publikumszentrierten Modells ist das Handeln von<br />

Menschen <strong>in</strong> konkreten, vorgegebenen Situationen, wobei <strong>die</strong> umgebende<br />

Gesellschaft e<strong>in</strong>erseits und <strong>die</strong> Individualität des Handelnden<br />

(Persönlichkeit und Biografie) andererseits als E<strong>in</strong>flusskonstellationen<br />

<strong>die</strong> Rahmenbed<strong>in</strong>gungen setzen. Die jeweils aktuelle Situation wird vor


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

<strong>die</strong>sem H<strong>in</strong>tergrund wahrgenommen und def<strong>in</strong>iert, und zwar e<strong>in</strong>erseits<br />

als unproblematisch und darum mit Alltagsrout<strong>in</strong>en bewältigbar<br />

(bspw. ritualisiertes Lesen der abonnierten Tageszeitung beim Frühstück)<br />

oder andererseits als Problem, das im Zusammenhang mit empfundenen<br />

Motiven (bspw. Entspannungsbedürfnis) und wahrgenommenen<br />

und zur Verfügung stehenden Problemlösungsstrategien (bspw.<br />

TV-Programm oder Ausgehen mit Freunden) mit erwarteten Gratifikationen<br />

Handlungsentwürfe und konkrete Entscheidungen zwischen<br />

Handlungsalternativen motiviert. Hieraus ergeben sich bestimmte<br />

Muster des Handelns: <strong>die</strong> Zuwendung zu Me<strong>die</strong>n und/oder anderen<br />

nicht medialen Aktivitäten. Die gewählten Verhaltensweisen können<br />

zur Zielerreichung (angestrebte Gratifikation) führen oder auch nicht,<br />

was aufgrund der Evaluation wiederum Rückwirkungen im S<strong>in</strong>ne von<br />

Veränderungen auf Ebene der Persönlichkeit wie auch der Gesellschaft<br />

(Me<strong>die</strong>n und ihre Angebote) haben kann.<br />

Abbildung 5: Handlungstheoretischer Nutzenansatz<br />

Def<strong>in</strong>ition der<br />

Situation<br />

Wahrnehmung<br />

Thematisierung<br />

Diagnose<br />

Quelle: Renckstorf 1989: 332<br />

Umgebende Gesellschaft (e<strong>in</strong>schliesslich der Me<strong>die</strong>n und anderer sozialer,<br />

politischer, kultureller und ökonomischer Institutionen etc.)<br />

problem.<br />

Problem<br />

unprobl. Problem<br />

Motiv<br />

um-zu<br />

Motiv<br />

weil-<br />

Motiv<br />

Alltags-Rout<strong>in</strong>e<br />

Handlung-<br />

Entwurf<br />

externes<br />

Handeln<br />

u.a.:<br />

Me<strong>die</strong>nzuwendung<br />

Individuelle und soziale Merkmale (e<strong>in</strong>schliesslich basaler menschlicher Bedürfnisse,<br />

psychologischer Struktur, sozialer Stellung, <strong>in</strong>dividueller Lebensgeschichte etc.)<br />

E<br />

v<br />

a<br />

l<br />

u<br />

a<br />

t<br />

i<br />

o<br />

n<br />

625


626 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Forschungsentwicklung<br />

Me<strong>die</strong>numgang<br />

und Bedürfnisse<br />

Israel-Stu<strong>die</strong><br />

Folgende Veröffentlichungen markieren wichtige Schritte <strong>in</strong> der Entwicklung<br />

des Ansatzes: 1. Reader von Blumler/Katz: The Uses of<br />

Mass Communications 1974; 2. Themenheft von „Communication<br />

Research“: The Uses and Gratifications Approach to Mass Communications<br />

Research 1979; 3. Reader von Rosengren/Wenner/Palmgreen:<br />

Gratifications Research: Current Perspectives 1985; 4. Übersichtsartikel<br />

von Rub<strong>in</strong>: A Uses-And-Gratifications Perspective of Media Effects<br />

2002 (dt. 2000).<br />

Fragestellungen<br />

Auf folgende Fragestellungen, bezogen auf den Me<strong>die</strong>numgang von<br />

Rezipienten, versucht der Uses-and-Gratifications-Ansatz sowohl<br />

theoretisch als auch empirisch Antwort zu geben:<br />

• Welche Bedürfnisse und Probleme haben verschiedene soziale<br />

Gruppen?<br />

• Wie gut befriedigen <strong>die</strong> e<strong>in</strong>zelnen Me<strong>die</strong>n bzw. <strong>die</strong> <strong>in</strong>terpersonale<br />

Kommunikation <strong>die</strong>se Bedürfnisse?<br />

• Welche Me<strong>die</strong>n werden von welchen Rezipienten vorab zur Befriedigung<br />

welcher Bedürfnisse genutzt?<br />

• Wie bilden sich <strong>die</strong> funktionsbezogenen Erwartungen im Prozess<br />

der Me<strong>die</strong>nsozialisation?<br />

• Wie bee<strong>in</strong>flusst <strong>die</strong> funktionsorientierte Me<strong>die</strong>nnutzung (Informations-<br />

vs. Unterhaltungsorientierung) das postkommunikative<br />

Me<strong>die</strong>nwirkungsgeschehen wie Informationsaufnahme?<br />

Empirische Umsetzung<br />

Katz, Gurevitch und Haas (1973) verwenden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er der ersten und<br />

für <strong>die</strong> Entwicklung des Uses-and-Gratifications-Ansatzes wichtigen<br />

empirischen Untersuchung, der sog. „Israel-Stu<strong>die</strong>“, 35 Bedürfnis<strong>in</strong>dikatoren,<br />

<strong>die</strong> sie wie folgt gruppieren:<br />

• Kognitive Bedürfnisse: Sie beziehen sich nach aussen auf Information,<br />

Wissen, Lernen und Verstehen zur Umweltorientierung und<br />

nach <strong>in</strong>nen auf Identitätsstiftung bzw. Selbsterfahrung.<br />

• Affektive Bedürfnisse: Me<strong>die</strong>nunterhaltung zur Spannung, Entspannung<br />

und Zerstreuung, d. h. Fernsehen als Flucht vor Alltagsproblemen<br />

(Eskapismus) oder Musikhören zur Stimmungsaufhellung<br />

etc.


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

• Interaktive Bedürfnisse: Me<strong>die</strong>nzuwendung stiftet Themen für<br />

Gespräche und erleichtert den Kontakt zu anderen Leuten, wie z. B.<br />

Radiohören als Ersatz für nicht anwesende Personen.<br />

• Integrative Bedürfnisse: Sie beziehen sich auf Stabilität, Vertrauen<br />

und Glaubwürdigkeit. Lokalradio als „medialer Dorfbrunnen“, wo<br />

<strong>die</strong> Welt als noch <strong>in</strong> Ordnung erfahren wird. TV-Nachrichten als<br />

Ritual, das den Tagesablauf strukturiert. Buchlesen, das Sozialprestige<br />

ausweist.<br />

In ähnlicher Weise werden <strong>in</strong> der Langzeitstu<strong>die</strong> „Massenkommunika- Stu<strong>die</strong> Massention“<br />

(Ridder/Engel 2005) aufgrund e<strong>in</strong>er für Deutschland repräsenkommunikation 2000<br />

tativen Stichprobe kommunikationsrelevante Bedürfnisse im Me<strong>die</strong>nvergleich<br />

erhoben, neuerd<strong>in</strong>gs auch unter Mite<strong>in</strong>bezug des Internets<br />

(vgl. Abb. 6). Der Nutzenansatz ist zudem besonders häufig bei K<strong>in</strong>dern<br />

und Jugendlichen empirisch angewendet worden, 1975 erstmals<br />

<strong>in</strong> der Schweiz <strong>in</strong> der sog. Zürcher-Stu<strong>die</strong> bei 9-, 12- und 15-jährigen<br />

Schülern (Bonfadelli 1981) und 2001 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Replikation durch Bucher<br />

(2004: 103 ff.).<br />

Abbildung 6: Funktionsorientierte Nutzung der tagesaktuellen Me<strong>die</strong>n<br />

Kognitive<br />

Funktionen<br />

Affektive<br />

Funktionen<br />

Eskapismus<br />

Soziale<br />

Funktionen<br />

„Trifft am meisten/an zweiter Stelle zu auf“ <strong>in</strong> % Tageszeitung<br />

Fernsehen<br />

Hörfunk Internet Mittel<br />

Weil ich mich <strong>in</strong>formieren möchte 98 90 84 91 91<br />

Weil ich Denkanstösse bekomme 63 54 44 58 55<br />

Weil es hilft, im Alltag zurechtzuf<strong>in</strong>den 49 28 29 43 37<br />

Weil es mir Spass macht 65 83 90 78 79<br />

Weil ich dabei entspannen kann 38 79 78 28 56<br />

Weil ich den Alltag vergessen möchte 7 30 24 11 18<br />

Damit ich mitreden kann 79 62 53 45 60<br />

Weil ich mich dann nicht alle<strong>in</strong> fühle 9 22 32 7 18<br />

Ritual Weil es aus Gewohnheit dazugehört 56 54 67 28 51<br />

Gesamtfunktionalität der e<strong>in</strong>zelnen Me<strong>die</strong>n 52 56 56 43 52<br />

Quelle: Stu<strong>die</strong> Massenkommunikation VII (vgl. Reitze/Ridder 2006: 64 ff.)<br />

627


628 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Onl<strong>in</strong>e-<br />

Kommunikation<br />

Praxisrelevanz<br />

Grundkonzepte,<br />

Tautologien,<br />

Kausalität<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus stimulierte <strong>die</strong> <strong>E<strong>in</strong>führung</strong> neuer Kommunikationstechnologien,<br />

wie <strong>die</strong> Onl<strong>in</strong>e-Kommunikation, <strong>in</strong> den letzten Jahren<br />

neue Forschungsprojekte mit der Fragestellung bezüglich der unterliegenden<br />

Motivationen (Kaye/Johnson 2002) und des Substitutionspotenzials<br />

<strong>die</strong>ser Me<strong>die</strong>n<strong>in</strong>novationen (We<strong>in</strong>reich 1998; Ferguson/<br />

Perse 2000; Scherer/Schlütz 2004).<br />

Praxisrelevanz<br />

Zusammenfassend lassen sich praxisorientiert folgende Befunde aus<br />

der Nutzenforschung generalisieren:<br />

• Me<strong>die</strong>nzuwendung erfolgt oft wegen affektiver oder sozialer und<br />

weniger wegen kognitiver Bedürfnisse: TV und Boulevard-Zeitung<br />

s<strong>in</strong>d als Me<strong>die</strong>n populärer als Elite-Presse und Bücher.<br />

• Unterhaltungsorientierung erschwert Informationsaufnahme.<br />

• Personen mit tiefem Bildungsstand und ger<strong>in</strong>gem politischem<br />

Interesse s<strong>in</strong>d weniger an abstrakten und mehr an ereignishaften,<br />

emotional behafteten, auf das Persönliche zielende Themen <strong>in</strong>teressiert.<br />

• Bei abstrakten, komplexen und „trockenen“ Themen muss Lese-<br />

bzw. Hörmotivation beim Rezipienten aktiv erzeugt werden.<br />

Motivierende Faktoren können se<strong>in</strong>: Ereignishaftes, emotional<br />

Behaftetes, auf das Persönliche zielende Momente, Visualisierung,<br />

Interviews und Statements.<br />

Kritik und Weiterentwicklungen<br />

Trotz se<strong>in</strong>er Popularität ist der Uses-and-Gratifications-Ansatz nicht<br />

ohne Kritik geblieben und <strong>in</strong> der Folge weiterentwickelt worden<br />

(Ruggerio 2000). Aus kulturkritischer Perspektive werden ungenügend<br />

geklärte Grundkonzepte wie Bedürfnisbegriff (Herleitung und<br />

Bewusstheit von Bedürfnissen) sowie Art der Publikumsaktivität<br />

(Welche Dimensionen?) bemängelt und auf <strong>die</strong> Gefahr e<strong>in</strong>es Tautologieschlusses<br />

(Me<strong>die</strong>nnutzung beweist Bedürfnisse und Bedarf legitimiert<br />

darum <strong>die</strong> Angebote) h<strong>in</strong>gewiesen. Aber ebenso wird moniert,<br />

dass das Me<strong>die</strong>nangebot selbst se<strong>in</strong>e Nachfrage schaffe und Bedürfnisse<br />

durch Me<strong>die</strong>nmarket<strong>in</strong>g künstlich erzeugt würden. Kritisiert wird<br />

auch, dass <strong>in</strong> vielen empirischen Stu<strong>die</strong>n <strong>die</strong> konkreten Me<strong>die</strong>n<strong>in</strong>halte<br />

kaum berücksichtigt werden und so ke<strong>in</strong>e Aussagen über <strong>die</strong> Qualität<br />

der effektiven Bedürfnisbefriedigung gemacht werden können. Diesem


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

E<strong>in</strong>wand wird <strong>in</strong> neueren Stu<strong>die</strong>n durch <strong>die</strong> Unterscheidung zwischen Gesuchte vs.<br />

„gratifications sought“ als gesuchte und „gratifications obta<strong>in</strong>ed“ als erhaltene Gratifikationen<br />

tatsächlich erhaltene Gratifikationen Rechnung getragen, wobei bezüglich<br />

der Ansprüche an <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n weiter unterschieden wird zwischen<br />

me<strong>die</strong>nbezogenen Erwartungen e<strong>in</strong>erseits und deren Bewertung als<br />

von persönlicher Wichtigkeit andererseits (Rayburn 1996).<br />

3.2 Agenda-Sett<strong>in</strong>g-theorie<br />

Prämissen, Ansatz und empirische Umsetzung<br />

Bevor Me<strong>in</strong>ungen und E<strong>in</strong>stellungen durch <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n bee<strong>in</strong>flusst und Vom „wie“<br />

allenfalls geändert werden können, muss der Me<strong>in</strong>ungs- bzw. E<strong>in</strong>stel- zum „worüber“<br />

Denken<br />

lungsgegenstand vermittelt werden. Die Me<strong>die</strong>n bestimmen also nicht<br />

nur darüber, wie wir über e<strong>in</strong> Problem oder Thema denken, d. h., ob<br />

wir dafür oder dagegen s<strong>in</strong>d, sondern sie nehmen vorgängig E<strong>in</strong>fluss<br />

darauf, worüber Menschen überhaupt nachdenken (Dear<strong>in</strong>g/Rogers<br />

1996; Eichhorn 1996; Rössler 1997; McCombs 2000; McCombs/Reynolds<br />

2002). Und <strong>die</strong>se Beziehungen zwischen der Me<strong>die</strong>n-Agenda und<br />

den Bildern von der Welt <strong>in</strong> den Köpfen der Menschen, aber auch der<br />

primären, „objektiven“ Realität, stehen im Zentrum der Agenda-Sett<strong>in</strong>g-Forschung,<br />

dem erfolgreichsten Ansatz der jüngeren Wirkungsforschung:<br />

vgl. Abb. 7.<br />

Abbildung 7: Visualisiertes Agenda-Sett<strong>in</strong>g-Modell<br />

Me<strong>die</strong>nwirklichkeit<br />

Inhaltsanalysen:<br />

Themenhäufigkeit<br />

Quelle: Bonfadelli 2004a: 237<br />

objektive Realität<br />

Indikatoren:<br />

Statistiken,<br />

Experten<br />

Agenda-Sett<strong>in</strong>g-Effekt<br />

<strong>in</strong>direkte Erfahrung<br />

Mensch:<br />

soziale Realität<br />

Umfragen zu den<br />

Themenprioritäten<br />

629<br />

Me<strong>die</strong>nagenda<br />

bee<strong>in</strong>flusst<br />

Publikumsagenda


630 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Empirische<br />

Umsetzung<br />

Me<strong>die</strong>nagenda:<br />

Inhaltsanalyse<br />

Publikumsagenda:<br />

Befragung<br />

Me<strong>die</strong>n reduzieren <strong>in</strong> ihrer Berichterstattung <strong>die</strong> Vielfalt möglicher<br />

Ereignisse der Welt durch Gatekeep<strong>in</strong>gprozesse und aufgrund<br />

von Nachrichtenfaktoren. Über bestimmte Themen wird zu e<strong>in</strong>em<br />

gewissen Zeitpunkt viel und prom<strong>in</strong>ent, über andere wenig und nur<br />

unregelmässig berichtet. Me<strong>die</strong>n konstruieren so e<strong>in</strong>e öffentliche<br />

Agenda – Tagesordnung – als Me<strong>die</strong>nrealität. Die Agenda-Sett<strong>in</strong>g-<br />

Theorie behauptet nun bezüglich der Wirkung der Me<strong>die</strong>n, dass<br />

<strong>die</strong> Rezipienten <strong>die</strong>se Me<strong>die</strong>n-Agenda als soziale Wirklichkeit übernehmen:<br />

Themen, über <strong>die</strong> viel und prom<strong>in</strong>ent berichtet wird, werden<br />

vom Publikum als dr<strong>in</strong>gliche Themen wahrgenommen. Die Agenda-<br />

Sett<strong>in</strong>g-Theorie befasst sich damit aus e<strong>in</strong>er me<strong>die</strong>nzentrierten Perspektive<br />

mit dem Transfer von Salienz (engl. salience, meist übersetzt<br />

mit „Relevanz“) durch <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n <strong>in</strong> <strong>die</strong> Gesellschaft (vgl. McCombs<br />

2000: 123): Me<strong>die</strong>n-Agenda Publikums-Agenda.<br />

McCombs und Shaw (1972) testeten <strong>die</strong>sen neuen Ansatz erstmals<br />

empirisch <strong>in</strong> der berühmten Chapel Hill-Stu<strong>die</strong> zu den U.S. Präsidentschaftswahlen<br />

von 1969. Untersucht wurde damals <strong>die</strong> Thematisierungsfunktion<br />

der Tagespresse und der TV-News <strong>in</strong> Chapel Hill, North<br />

Carol<strong>in</strong>a, im Rahmen e<strong>in</strong>es Wahlkampfs. Das Untersuchungsdesign<br />

bestand aus e<strong>in</strong>er Inhaltsanalyse der Gewichtigkeit verschiedener Wahlkampfthemen,<br />

e<strong>in</strong>er Befragung von noch unentschlossenen Wählern<br />

über <strong>die</strong> persönlich perzipierte Wichtigkeit der e<strong>in</strong>zelnen Themen und<br />

aus dem Vergleich von Me<strong>die</strong>n- und Publikums-Agenda über Rang-<br />

Korrelationen. – Seither s<strong>in</strong>d unzählige Untersuchungen zur Agenda-<br />

Sett<strong>in</strong>g-Theorie durchgeführt worden (Wanta/Ghanem 2007).<br />

Konzeptionelle Klärungen und Weiterentwicklungen<br />

a) Me<strong>die</strong>n-Agenda vs. Publikums-Agenda vs. „objektive Realität“:<br />

Inhaltsanalytisch wird <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n-Agenda meist mittels e<strong>in</strong>er Themenfrequenzanalyse<br />

gemessen, wobei unter „Thema“ (engl. „issue“ bzw.<br />

„topic“) gesellschaftlich kontroverse Fragen bzw. soziale Probleme verstanden<br />

werden, wie z. B. Krim<strong>in</strong>alität, Ausländerfrage, Armut, Arbeitslosigkeit,<br />

Umweltschutz etc. Diese öffentlichen Anliegen sollen durch<br />

das politische System gelöst werden. Unklar ist, wie konkret ereignisbezogen<br />

bzw. wie abstrakt oder allgeme<strong>in</strong> solche Themen operationalisiert<br />

werden.<br />

Die Publikums-Agenda wird mittels Befragung erhoben, und zwar<br />

entweder durch e<strong>in</strong>e offene Frage nach den z.Z. als wichtig erachteten


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

Problemen oder mittels e<strong>in</strong>er vorgelegten Themenliste, wobei <strong>die</strong><br />

Themen dann nach Wichtigkeit geordnet werden müssen oder jedes<br />

Thema bezüglich se<strong>in</strong>er Priorität e<strong>in</strong>geschätzt werden muss: „What are<br />

you most concerned about these days?“ oder „In der Schweiz gibt es<br />

viele ungelöste Probleme. Welches ist Ihrer Me<strong>in</strong>ung nach das wichtigste<br />

Problem?“ Je nach Stu<strong>die</strong> liegt der Fokus nur auf e<strong>in</strong>em Problem,<br />

wobei untersucht wird, ob <strong>die</strong> Berichterstattung überhaupt zu e<strong>in</strong>er<br />

Wahrnehmung des Themas führt (Thematisierungs- bzw. Awareness-<br />

Modell) oder auf der perzipierten Dr<strong>in</strong>glichkeit (Wichtigkeits- bzw.<br />

Salience-Modell) übere<strong>in</strong>stimmt. Oder es werden mehrere Themen<br />

bezüglich Berichterstattung und Bevölkerungswahrnehmung mite<strong>in</strong>ander<br />

verglichen (Themenstrukturierungs- bzw. Prioritätsmodell).<br />

Für Vergleiche bzw. zur Abklärung der Frage, wie stark <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n- Welt als primäre<br />

Agenda mit der „objektiven“ Realität übere<strong>in</strong>stimmt, wird auf Statis- Realität<br />

tiken und soziale Indikatoren oder Expertenurteile zurückgegriffen.<br />

b) Methodische Probleme:<br />

Richtung der<br />

Obwohl <strong>in</strong> der ersten Chapel Hill-Stu<strong>die</strong> zur Agenda-Sett<strong>in</strong>g-Wirkung Kausalität<br />

sowohl <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n- als auch <strong>die</strong> Publikums-Agenda nur zu e<strong>in</strong>em<br />

Zeitpunkt gemessen wurde (Querschnittstu<strong>die</strong>), erfordern verlässliche<br />

Wirkungsaussagen Längsschnittstu<strong>die</strong>n, d. h. <strong>die</strong> Erhebung zu verschiedenen<br />

Zeitpunkten. Pr<strong>in</strong>zipiell ist ja denkbar, dass sich sowohl <strong>in</strong> der<br />

Me<strong>die</strong>nberichterstattung als auch <strong>in</strong> den Köpfen der Menschen reale<br />

Entwicklungen (z. B. Wertewandel) spiegeln: Me<strong>die</strong>n als Spiegel der<br />

Welt. Im Unterschied zu Stu<strong>die</strong>n, <strong>die</strong> <strong>in</strong>dividuelle Daten verwenden,<br />

basieren viele Agenda-Sett<strong>in</strong>g-Stu<strong>die</strong>n nur auf aggregierten Daten<br />

(auch <strong>die</strong> Chapel Hill-Stu<strong>die</strong>), d. h., <strong>die</strong> durchschnittliche Berichterstattung<br />

wird mit der durchschnittlichen Bevölkerungsme<strong>in</strong>ung aufgrund<br />

von Rangkorrelationen verglichen.<br />

c) Mediatisierende Faktoren:<br />

Forschungs-<br />

Sehr bald wurde klar, dass es e<strong>in</strong>erseits tatsächlich empirisch nachentwicklungweisbare Agenda-Sett<strong>in</strong>g-Effekte gibt, dass <strong>die</strong>se aber andererseits<br />

durch weitere Faktoren mediatisiert s<strong>in</strong>d. Es stellt sich darum <strong>die</strong> Frage,<br />

unter welchen Bed<strong>in</strong>gungen Agenda-Sett<strong>in</strong>g-Effekte besonders stark<br />

bzw. eher schwach oder nicht existent s<strong>in</strong>d. Themenbezogen spielt<br />

e<strong>in</strong>e Rolle, wie sichtbar bzw. „persönlich erfahrbar“ (engl. „obtrusiveness“)<br />

e<strong>in</strong> Thema ist. Agenda-Sett<strong>in</strong>g-Effekte s<strong>in</strong>d bei wenig sichtbaren<br />

631


632 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Wirkungsverläufe<br />

Prim<strong>in</strong>g-Effekt<br />

Themen wie z. B. der Krim<strong>in</strong>alität stärker als bei persönlich erfahrbaren<br />

Problemen wie z. B. der Inflation. Ähnliches gilt bezüglich nationalen<br />

im Vergleich zu lokalen Themen, wobei im letzteren Fall schwächere<br />

Effekte zu erwarten s<strong>in</strong>d, weil neben der Me<strong>die</strong>nberichterstattung auch<br />

direkte Erfahrungen und Gespräche e<strong>in</strong>en E<strong>in</strong>fluss haben. Medium: Im<br />

Vergleich zwischen Presse und TV sche<strong>in</strong>en Tageszeitungen im politischen<br />

Bereich stärkere Agenda-Sett<strong>in</strong>g-Effekte zu erzeugen als das<br />

Fernsehen, wobei Letzteres bezüglich nationaler und <strong>in</strong>ternationaler<br />

Themen besser abschneidet. Rezipienten: Agenda-Sett<strong>in</strong>g-Effekte s<strong>in</strong>d<br />

zudem bei Personen gross, <strong>die</strong> e<strong>in</strong> Bedürfnis nach Orientierung haben<br />

und/oder Me<strong>die</strong>n <strong>in</strong>tensiv nutzen.<br />

d) Wirkungsverläufe:<br />

Keppl<strong>in</strong>ger et al. (1989) unterscheiden im Zeitverlauf verschiedene<br />

Konstellationen mit je anderen Wirkungsverläufen:<br />

1. Kumulationsmodell: l<strong>in</strong>eare Beziehung zwischen Berichterstattung<br />

und Wirkung;<br />

2. Schwellenmodell: m<strong>in</strong>imale Berichterstattung ist notwendig, damit<br />

überhaupt e<strong>in</strong> Effekt e<strong>in</strong>tritt;<br />

3. Beschleunigungsmodell: bei zunehmender Berichterstattung resultiert<br />

e<strong>in</strong>e überproportionale Effektzunahme;<br />

4. Trägheitsmodell: nach e<strong>in</strong>em bestimmten Ausmass der Berichterstattung<br />

gehen <strong>die</strong> Effekte zurück;<br />

5. Echomodell: Obwohl <strong>die</strong> Berichterstattung ab e<strong>in</strong>em gewissen Zeitpunkt<br />

stark abs<strong>in</strong>kt, bleiben <strong>die</strong> Agenda-Effekte weiter bestehen.<br />

e) Prim<strong>in</strong>g-Effekte:<br />

Iyengar (1992) konnte zeigen, dass <strong>die</strong> Agenda-Sett<strong>in</strong>g-Funktion der<br />

Me<strong>die</strong>nberichterstattung <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Wahlkampf zusätzlich <strong>in</strong>direkte<br />

Effekte auf der affektiven Ebene erzeugt, <strong>die</strong> er mit dem Begriff „Prim<strong>in</strong>g“<br />

(„wichtig machen“) bezeichnete. Je nach dom<strong>in</strong>anter Wahlkampf-Agenda<br />

(z. B. Wirtschaftswachstum vs. soziale Sicherheit)<br />

wird das Image e<strong>in</strong>es Kandidaten unterschiedlich wahrgenommen.<br />

Bestimmte Dimensionen des Kandidaten-Images treten stärker <strong>in</strong> den<br />

Vordergrund, während andere e<strong>in</strong>e ger<strong>in</strong>gere Bedeutung haben. Weil<br />

nicht alle verfügbaren Informationen zur Bewertung herangezogen<br />

werden, ist es u. U. von entscheidender Bedeutung, dass <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n-<br />

Agenda quasi zum Massstab für <strong>die</strong> Bewertung der Kandidaten wird.


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

f) Intermedia Agenda-Sett<strong>in</strong>g:<br />

Die Forschung hat sich zudem nicht nur mit den Agenda-Effekten der<br />

Me<strong>die</strong>nberichterstattung befasst, sondern geht auch der Frage nach,<br />

wieso <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n konzentriert über bestimmte Themen berichten<br />

oder aber nicht, d. h., welche Faktoren E<strong>in</strong>fluss auf <strong>die</strong> Entstehung der<br />

Me<strong>die</strong>n-Agenda haben (engl. Agenda-Build<strong>in</strong>g) wie etwa das Themenmanagement<br />

durch PR von Organisationen. In <strong>die</strong>sem Zusammenhang<br />

ist auch untersucht worden, wie <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n-Agenda von Schlüssel-<br />

oder Leitme<strong>die</strong>n (<strong>in</strong> Deutschland z. B. dem Spiegel ) <strong>die</strong> Agenda der<br />

übrigen Me<strong>die</strong>n bee<strong>in</strong>flusst: Intermedia Agenda-Sett<strong>in</strong>g.<br />

Agenda-Build<strong>in</strong>g<br />

g) Second-Level Agenda-Sett<strong>in</strong>g:<br />

Second-Level<br />

Schliesslich werden <strong>in</strong> jüngster Zeit unter dem Stichwort „Second- Agenda-Sett<strong>in</strong>g<br />

Level Agenda-Sett<strong>in</strong>g“ auch Bezüge zur Fram<strong>in</strong>g-Perspektive (Brosius<br />

1991; Scheufele, D. 1999; Scheufele, B. 2003) diskutiert. Ausgangspunkt<br />

ist <strong>die</strong> Überlegung, dass <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n nicht nur auf e<strong>in</strong>er ersten Ebene<br />

unterschiedlich <strong>in</strong>tensiv über Gegenstände als Themen berichten, sondern<br />

dass auf e<strong>in</strong>er zweiten Ebene je unterschiedliche Charakteristika<br />

bzw. Attribute <strong>die</strong>ser Gegenstände <strong>in</strong> der Berichterstattung hervorgehoben<br />

werden. Wie es e<strong>in</strong>e Agenda der Objekte gibt, so existiert auch<br />

e<strong>in</strong>e Agenda der Attribute für jedes Objekt. Und mit Blick auf <strong>die</strong>se<br />

zweite Ebene wird analog postuliert, „dass <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n uns auch sagen,<br />

wie wir über e<strong>in</strong>en Gegenstand denken sollen (vgl. McCombs 2000:<br />

125). Ganz ähnliche Überlegungen liegen auch der Fram<strong>in</strong>g-Perspektive<br />

zugrunde, <strong>in</strong>dem postuliert wird, dass <strong>in</strong> der Me<strong>die</strong>nberichterstattung<br />

immer gewisse Aspekte der primären Realität selektioniert und<br />

so hervorgehoben werden, dass e<strong>in</strong>e bestimmte Sicht des Sachverhalts<br />

nahegelegt wird, Ursachen identifiziert werden, e<strong>in</strong>e Bewertung erfolgt<br />

und Problemlösungen angeboten werden (Entman 1993).<br />

Zusammenfassend betrachtet, stellt <strong>die</strong> Agenda-Sett<strong>in</strong>g-Theorie<br />

sicher das erfolgreichste Paradigma der neueren Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

dar. Dies spiegelte sich z. B. <strong>in</strong> den Themenheften der Zeitschriften<br />

„Journalism Quarterly“ und „Journal of Communication“,<br />

<strong>die</strong> 1993 zum 25-jährigen Jubiläum des Paradigmas veröffentlicht<br />

worden s<strong>in</strong>d.<br />

633


634 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Me<strong>die</strong>n-Fram<strong>in</strong>g-<br />

Konzept<br />

Me<strong>die</strong>n-Frames<br />

Personen-Frames<br />

3.3 Me<strong>die</strong>n-Fram<strong>in</strong>g-Ansatz<br />

Die Formulierung des Second-Level Agenda-Sett<strong>in</strong>gs erfolgte als Reaktion<br />

auf <strong>die</strong> Entwicklung und den Erfolg des Me<strong>die</strong>n-Fram<strong>in</strong>g-Konzepts<br />

(Scheufele, D. 2000; Dah<strong>in</strong>den 2006; Matthes 2007). Der Fram<strong>in</strong>g-Ansatz<br />

hat se<strong>in</strong>en Ausgangspunkt <strong>in</strong> der Beobachtung, dass Me<strong>die</strong>n nicht<br />

nur Themen auf <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n-Agenda setzen, sondern zudem darüber<br />

entscheiden, aus welcher Perspektive e<strong>in</strong> Thema behandelt wird und<br />

welche Aspekte des Themas hervorgehoben bzw. vernachlässigt werden.<br />

Die Praxisrelevanz der Perspektive liegt dar<strong>in</strong>, dass <strong>in</strong> der Öffentlichkeit<br />

Interessengruppen mit unterschiedlichen Perspektiven und Ansichten<br />

um <strong>die</strong> Deutungshoheit über umstrittene politische oder wirtschaftliche<br />

Themen kämpfen (Pan/Kosicki 2002). Dabei stellt sich nicht<br />

zuletzt <strong>die</strong> Frage, wie Journalisten und Me<strong>die</strong>n damit umgehen und<br />

welche Perspektiven sie ihrer Berichterstattung zugrunde legen. So<br />

kann beispielsweise das Thema „Abtreibung“ <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er Kampagne oder<br />

<strong>in</strong> den Me<strong>die</strong>n aus der Perspektive „Tötung ungeborenen Lebens“ oder<br />

aus der Blickrichtung „freie Entscheidung der Frau“ betrachtet und<br />

bewertet werden.<br />

Während sich e<strong>in</strong> grosser Teil der Fram<strong>in</strong>gforschung <strong>in</strong>haltsanalytisch<br />

damit beschäftigt, <strong>die</strong> von den Journalisten und Me<strong>die</strong>n angebotenen<br />

Interpretationsmuster (Me<strong>die</strong>n-Frames) und ihre Entstehung<br />

etwa aufgrund von gezielter Public Relations zu analysieren und zu<br />

rekonstruieren (Frame-Build<strong>in</strong>g), fragt <strong>die</strong> wirkungsbezogene Forschung<br />

(Scheufele, D. 1999, Scheufele, B. 2003) <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Schritt<br />

danach, <strong>in</strong>wiefern Me<strong>die</strong>nnutzer zur Wahrnehmung ihrer sozialen<br />

Realität überhaupt kognitive Schemata (Personen-Frames) gebrauchen;<br />

<strong>in</strong> e<strong>in</strong>em zweiten Schritt, ob sie den von den Me<strong>die</strong>n angebotenen<br />

Perspektiven folgen und <strong>in</strong> ihre Themen wahrnehmung <strong>in</strong>tegrieren<br />

(Frame-Sett<strong>in</strong>g), und schliesslich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em dritten Schritt, welche Konsequenzen<br />

sich daraus für <strong>die</strong> Me<strong>in</strong>ungsbildung und das Handeln von<br />

Personen ergeben.


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

Abbildung 8: Forschungslogik der Fram<strong>in</strong>g-Perspektive<br />

Ebene der<br />

Fragestellung<br />

Me<strong>die</strong>n-<br />

Frames<br />

Personen-<br />

Frames<br />

Quelle: nach Scheufele, D. (1999: 109)<br />

Frames als …<br />

unabhängige Variable abhängige Variable<br />

Wie bee<strong>in</strong>flussen Me<strong>die</strong>n-<br />

Frames <strong>die</strong> Personen-Frames<br />

von Rezipienten?<br />

Wie bee<strong>in</strong>flussen Personen-<br />

Frames <strong>die</strong> Motivation, sich<br />

so und nicht anders zu<br />

verhalten?<br />

Inwiefern s<strong>in</strong>d Me<strong>die</strong>n-<br />

Frames das Resultat von<br />

journalistischen Rout<strong>in</strong>en?<br />

Inwiefern ist z. B. <strong>die</strong><br />

Attribuierung von<br />

Verantwortung bee<strong>in</strong>flusst<br />

durch spezifische Me<strong>die</strong>n-<br />

Frames?<br />

Abb. 8 illustriert mögliche Fragestellungen <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er forschungslogischen<br />

Perspektive, wobei <strong>in</strong> der Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung meist<br />

gefragt wird, <strong>in</strong>wiefern bestimmte Me<strong>die</strong>n-Frames als unabhängige<br />

Variable <strong>die</strong> Personen-Frames des Me<strong>die</strong>npublikums als abhängige<br />

Variable bee<strong>in</strong>flussen. Die Personen-Frames können darüber h<strong>in</strong>aus<br />

aber ebenfalls als unabhängige Faktoren beispielsweise <strong>in</strong> Bezug auf<br />

mögliche Handlungskonsequenzen untersucht werden.<br />

Umsetzung <strong>in</strong> der Forschung<br />

In der empirischen Forschung wurde anfänglich vorab qualitativ Empirische<br />

gearbeitet, während später experimentelle Stu<strong>die</strong>n dom<strong>in</strong>ieren: Umsetzung<br />

In qualitativen Stu<strong>die</strong>n wird etwa mittels fokussierter Leitfadengespräche<br />

gefragt, wie Personen über e<strong>in</strong> (kontroverses) Thema denken,<br />

welche Gefühle das Thema bei ihnen evoziert, für wie wichtig man das<br />

Thema erachtet und wie sie <strong>die</strong>ses Thema anderen Personen erklären<br />

würden, wobei <strong>die</strong> den Gesprächen zugrunde liegenden Frames nachträglich<br />

mittels qualitativer Inhaltsanalyse herausgearbeitet werden.<br />

Just/Cr<strong>in</strong>gler/Neuman (1996) synthetisierten so auf der Basis von<br />

Gesprächen mit 28 Personen und bezogen auf vier aktuelle Themen<br />

der amerikanischen Politik vier Personen-Frames: 1) Beim „Human<br />

Impact“-Frame wurde das Thema vor allem <strong>in</strong> Bezug auf se<strong>in</strong>e persönlichen<br />

Konsequenzen wahrgenommen und diskutiert. 2) Im Unterschied<br />

dazu standen <strong>die</strong> wirtschaftlichen Konsequenzen beim „Economic“-Frame<br />

im Zentrum. 3) Beim „Us-and-Them“-Frame wurde<br />

635


636 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Politik konfliktiv und polarisiert erlebt. 4) Schliesslich bezog sich das<br />

„Control“-Frame darauf, ob man sich <strong>in</strong> Bezug auf e<strong>in</strong> politisches Problem<br />

als hilflos und ohnmächtig erlebte oder ob Kontrollmöglichkeiten<br />

wahrgenommen wurden.<br />

Bei Experimentalstu<strong>die</strong>n wird den Probanden meist e<strong>in</strong> Thema<br />

vorgegeben, das etwa <strong>in</strong> Form von Zeitungsberichten durch <strong>die</strong> Forscher<br />

vorgängig unterschiedlich geframt wird. In e<strong>in</strong>er frühen Stu<strong>die</strong><br />

fanden Iyengar/Simon (1993) Belege für Fram<strong>in</strong>g-Effekte aufgrund<br />

von Survey-Daten, welche im Umfeld des ersten Golf-Krieges erhoben<br />

wurden. Forschungsleitend war <strong>die</strong> <strong>in</strong>haltsanalytisch basierte Überlegung,<br />

dass <strong>die</strong> Kriegsberichterstattung des US-Fernsehens vor allem<br />

episodisch orientiert war, während H<strong>in</strong>tergrundberichte als sog. thematische<br />

Frames eher <strong>die</strong> Ausnahme bildeten. Als Wirkung der Dom<strong>in</strong>anz<br />

solcher „episodischer“ Frames konnte bestätigt werden, dass <strong>die</strong><br />

Nutzung von TV-News mit der Tendenz korrelierte, den Golf-Konflikt<br />

nicht diplomatisch, sondern militärisch zu lösen. Price/Tewksbury/<br />

Powers (1997) konnten Fram<strong>in</strong>g-Effekte experimentell beim Thema<br />

„mögliche E<strong>in</strong>schnitte bei der staatlichen Subventionierung von Universitäten“<br />

nachweisen. Schuck/de Vreese (2006) wiederum framten<br />

das Thema der EU-Erweiterung e<strong>in</strong>erseits als Chance und andererseits<br />

als Risiko <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er experimentellen Situation, wobei <strong>in</strong> der Opportunity-Situation<br />

e<strong>in</strong> höheres Ausmass an Akzeptanz resultierte als beim<br />

Risiko-Frame. In e<strong>in</strong>em weiteren Experiment von Aday (2006) zeigten<br />

sich Fram<strong>in</strong>g-Effekte derart, dass sog. Advocacy-Frames <strong>in</strong> der Berichterstattung<br />

wirksamer waren als objektivistisch geframte Nachrichten<br />

der Auslandberichterstattung.<br />

Bewertung und Ausblick<br />

Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass sich das Fram<strong>in</strong>g-<br />

Konzept <strong>in</strong> den letzten Jahren sowohl im Bereich der Me<strong>die</strong>nberichterstattung<br />

als auch <strong>in</strong> der Me<strong>die</strong>nwirkungs forschung als vielversprechende<br />

neue theoretische Perspektive hat etablieren können; der<br />

Forschungsbereich ist aber bis heute heterogen geblieben. Nicht zuletzt<br />

verdankt der Fram<strong>in</strong>g-Ansatz se<strong>in</strong>e Popularität zum e<strong>in</strong>en se<strong>in</strong>em<br />

<strong>in</strong>tegrativen theoretischen Anspruch und zum anderen se<strong>in</strong>er breiten<br />

empirischen Anwendbarkeit. Allerd<strong>in</strong>gs zeigt e<strong>in</strong>e kritische Analyse des<br />

aktuellen Forschungsstands (D’Angelo 2002; Matthes 2007), dass das<br />

zentrale Konstrukt „Frame“ <strong>in</strong> theoretischer H<strong>in</strong>sicht nach wie vor klä-


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

rungsbedürftig ist. Aber auch auf empirischer Ebene, etwa bezüglich<br />

Kausalität und E<strong>in</strong>flussrichtung von Fram<strong>in</strong>g-Effekten, bleibt offen, <strong>in</strong><br />

welchen Situationen sog. saliente Merkmale der Me<strong>die</strong>nbotschaft als<br />

Schlüsselreize bzw. Me<strong>die</strong>n-Frames bei den Rezipienten analoge kognitive<br />

Schemata als Personen-Frames aktivieren, oder <strong>in</strong>wiefern allenfalls<br />

bestehende Personen-Frames als Prädispositionen im Rezeptionsprozess<br />

zu selektiver Wahrnehmung und Interpretation von Me<strong>die</strong>nbotschaften<br />

führen können. Neben solchen Aktivierungs-Effekten s<strong>in</strong>d<br />

aber auch Transformations-Effekte anzunehmen, <strong>in</strong>dem wiederholtes<br />

konsonantes Me<strong>die</strong>n-Fram<strong>in</strong>g bestehende Vorstellungen <strong>in</strong> Richtung<br />

des medialen Bezugsrahmens verändern kann. Zudem postuliert<br />

Scheufele, B. (2003, 2004) sog. Etablierungs-Effekte für solche Situationen,<br />

wo es durch Me<strong>die</strong>n-Fram<strong>in</strong>g überhaupt erst zur Herausbildung<br />

von neuen Personen-Frames kommt wie etwa bei neuartigen, der<br />

Bevölkerung vorher noch nicht bekannten Technologien.<br />

3.4 Wissenskluft-perspektive<br />

Die Wissenskluft- bzw. „Knowledge-Gap“-Hypothese, 1970 formu- Information<br />

liert von Tichenor, Donohue und Olien von der M<strong>in</strong>nesota University, garantiert nicht<br />

Informiertheit<br />

basiert auf der E<strong>in</strong>sicht, dass der Wissensstand z. B. bei Wahlen und<br />

Abstimmungen oft sehr tief ist, obwohl <strong>die</strong> meisten Leute <strong>die</strong> Massenme<strong>die</strong>n<br />

<strong>in</strong>tensiv nutzen. Mehr Information alle<strong>in</strong> genügt also nicht,<br />

sondern führt tendenziell eher dazu, dass sich <strong>die</strong> Klüfte zwischen<br />

den schlecht und den gut Informierten verstärken (Bonfadelli 1994;<br />

Gaziano/Gaziano 1996; Viswanath/F<strong>in</strong>negan 1996; Wirth 1997).<br />

Ausgangshypothese und deren Begründung<br />

„Wenn der Informationszufluss <strong>in</strong> e<strong>in</strong> Sozialsystem wächst, ten<strong>die</strong>ren Ausgangs-<br />

<strong>die</strong> Bevölkerungssegmente mit höherem sozioökonomischem Status hypothese<br />

und/oder höherer formaler Bildung zu e<strong>in</strong>er rascheren Aneignung<br />

<strong>die</strong>ser Information als <strong>die</strong> status- und bildungsniedrigeren Segmente,<br />

sodass <strong>die</strong> Wissenskluft zwischen <strong>die</strong>sen Segmenten tendenziell zustatt<br />

abnimmt“ (Tichenor/Donohue/Olien 1970: 159).<br />

Zur Begründung der Ausgangshypothese verweisen <strong>die</strong> Autoren Begründung<br />

auf folgende Faktoren und Prozesse: Die Me<strong>die</strong>n wirken als Trendverstärker,<br />

weil <strong>die</strong> besser Gebildeten<br />

637


638 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Forschungslage<br />

1. vermehrt <strong>die</strong> <strong>in</strong>formationsreichen Pr<strong>in</strong>tme<strong>die</strong>n nutzen,<br />

2. schneller lernen,<br />

3. über mehr themenspezifisches Vorwissen, aber auch über e<strong>in</strong>e bessere<br />

Me<strong>die</strong>nkompetenz verfügen und sie<br />

4. stärker an politischer Information <strong>in</strong>teressiert s<strong>in</strong>d.<br />

Darüber h<strong>in</strong>aus erhalten sie 5. mehr relevante Informationen über<br />

soziale Netzwerke.<br />

Im Gegensatz dazu nutzen <strong>die</strong> weniger Gebildeten vorab das<br />

<strong>in</strong>formationsärmere TV, haben weniger Vorwissen, und ihr Interesse<br />

für öffentliche Belange ist ger<strong>in</strong>ger. Diese Faktoren führen dazu, dass<br />

sich im Wahlkampf oder bei Abstimmungen <strong>die</strong> Information ungleichmässig<br />

ausbreitet. Oder Informationskampagnen erreichen oft nur<br />

jene, <strong>die</strong> eigentlich schon <strong>in</strong>formiert s<strong>in</strong>d.<br />

Abbildung 9: Visualisierte Wissenskluft-Hypothese<br />

Wissensstand Bildungsniveau<br />

t1<br />

Quelle: Bonfadelli 2004a: 253<br />

t2 t3 t4<br />

Me<strong>die</strong>nberichterstattung<br />

hoch<br />

mittel<br />

Empirische Umsetzung<br />

Empirisch angewendet wurde <strong>die</strong> Wissenskluft-Hypothese sowohl bei<br />

Wahlen und Abstimmungen als auch bei Me<strong>die</strong>nereignissen und <strong>in</strong><br />

Feldexperimenten, etwa im Rahmen von Entwicklungskommunika-<br />

tief<br />

Zeit


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

tion, aber besonders häufig auch bei Informationskampagnen (zum<br />

Forschungsertrag vgl. Bonfadelli 1994: 137 ff.). Thematisch konzentrierte<br />

sich <strong>die</strong> Forschung <strong>in</strong> jüngster Zeit unter dem Label „Digital<br />

Divide“ auf <strong>die</strong> bildungsspezifische Adoption wie auch Nutzung des<br />

Internets (Kubicek/Well<strong>in</strong>g 2000; Bonfadelli 2002; Marr 2004). Und<br />

<strong>in</strong> methodischer H<strong>in</strong>sicht wurde <strong>die</strong> Wissenskluft-Perspektive sowohl<br />

<strong>in</strong> Querschnitt- als auch <strong>in</strong> Längsschnittstu<strong>die</strong>n überprüft, wobei bei<br />

Querschnittstu<strong>die</strong>n behelfsmässig meist Vielnutzer mit Wenignutzern<br />

verglichen werden, während <strong>in</strong> Längsschnittstu<strong>die</strong>n <strong>die</strong> Zunahme des<br />

Wissensstandes über Zeit h<strong>in</strong>weg mit e<strong>in</strong>em Panel-Design oder als Vorher-Nachher-Vergleich<br />

im Rahmen von Experimenten untersucht wird.<br />

In vielen empirischen Querschnittstu<strong>die</strong>n zeigt sich e<strong>in</strong>e bildungsQuerschnittabhängige Verteilung des Wissensstandes, aber auch, dass sich Viel- stu<strong>die</strong>n<br />

bzw. Wenigseher <strong>in</strong> ihrem Wissensstand nicht unterscheiden, woh<strong>in</strong>gegen<br />

Zeitungsleser besser <strong>in</strong>formiert s<strong>in</strong>d als Nichtleser. Weniger<br />

Gebildete können durch Zeitungslektüre bis zu e<strong>in</strong>em gewissen Grad<br />

ihren Bildungsnachteil kompensieren. Im Me<strong>die</strong>nvergleich sche<strong>in</strong>t also<br />

<strong>die</strong> Presse bedeutend wirksamer als das TV zu se<strong>in</strong>, und zwar bezüglich<br />

Agenda-Sett<strong>in</strong>g wie auch Bee<strong>in</strong>flussung von E<strong>in</strong>stellungen und politischem<br />

Verhalten.<br />

Abbildung 10: Me<strong>die</strong>numgang, Bildung, Informiertheit bezüglich des EWR-Beitritts der Schweiz<br />

Sich auf dem<br />

Laufenden<br />

halten:<br />

%-Anteile mit<br />

„M<strong>in</strong>imalwissen“<br />

Bildungsniveau: Wissenskluft<br />

<strong>in</strong> Prozent<br />

<strong>in</strong>sg. tief mittel hoch<br />

Insgesamt 63 51 60 85 +34 %<br />

hoch<br />

mittel<br />

tief<br />

88<br />

67<br />

32<br />

Me<strong>die</strong>neffekt <strong>in</strong> % +56 % +52 % +54 % +47 %<br />

Info-Quellen: Zeitung<br />

Fernsehen<br />

77<br />

63<br />

Me<strong>die</strong>nunterschied: +14 % +11 % +10 % +8 %<br />

Quelle: Bonfadelli 1995<br />

77<br />

63<br />

25<br />

63<br />

52<br />

88<br />

61<br />

34<br />

72<br />

62<br />

91<br />

89<br />

44<br />

90<br />

82<br />

+14 %<br />

+26 %<br />

+19 %<br />

+27 %<br />

+30 %<br />

639


640 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Verlaufsstu<strong>die</strong>n<br />

Defizite vs.<br />

Differenzen<br />

Mikro- vs.<br />

Makroebene<br />

Die Befunde von Längsschnittstu<strong>die</strong>n h<strong>in</strong>gegen s<strong>in</strong>d weniger e<strong>in</strong>deutig<br />

(Hwang/Se-Hoon 2009), gibt es doch auch sich verr<strong>in</strong>gernde Wissensklüfte,<br />

z. B. aufgrund von Deckeneffekten bei Informationskampagnen.<br />

Oft äussern sich zudem additive Effekte sowohl von kognitiven (Bildung,<br />

Vorwissen) als auch von motivationalen Faktoren (Themen<strong>in</strong>teresse,<br />

Betroffenheit).<br />

Kritik und Weiterentwicklungen<br />

Die Wissenskluft-Hypothese ist <strong>in</strong> verschiedener H<strong>in</strong>sicht kritisiert<br />

worden: Bezüglich des Wissensbegriffs wird z. T. zu stark mit „Schulbuchwissen“<br />

gearbeitet, was Personen mit e<strong>in</strong>em Mittelschichth<strong>in</strong>tergrund<br />

begünstigt. E<strong>in</strong> solches Wissen ist u. U. für Personen aus der<br />

Unterschicht aber wenig relevant. Die klassische Wissenskluft-Hypothese<br />

ist aus e<strong>in</strong>er Defizit-Perspektive formuliert worden. Im Unterschied<br />

dazu kann aus e<strong>in</strong>er Differenz-Perspektive argumentiert werden,<br />

dass Personen mit tiefem sozioökonomischem bzw. Bildungsstatus<br />

nicht generell benachteiligt s<strong>in</strong>d, sondern nur <strong>in</strong> bestimmten Situationen<br />

weniger motiviert s<strong>in</strong>d, sich <strong>die</strong> me<strong>die</strong>nvermittelte Information<br />

anzueignen. Die beiden rivalisierenden Modelle können synthetisiert<br />

werden, <strong>in</strong>dem von e<strong>in</strong>em multifaktoriellen Zusammenhang<br />

ausgegangen wird: „Motivation und Schulbildung s<strong>in</strong>d […] nicht als<br />

antagonistische Konzepte, ihr E<strong>in</strong>fluss auf den Wissenserwerb nicht<br />

im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>es Entweder-Oder zu verstehen, sondern als <strong>in</strong>e<strong>in</strong>andergreifende,<br />

sich möglicherweise gegenseitig verstärkende Faktoren“ (vgl.<br />

Wirth 1997: 40, Kwak 1999). In der Ausgangshypothese wurde ebenfalls<br />

zu wenig differenziert zwischen Wissensklüften, <strong>die</strong> das Resultat e<strong>in</strong>er<br />

ungleichen Me<strong>die</strong>nnutzung s<strong>in</strong>d, und solchen, <strong>die</strong> dadurch entstehen,<br />

dass im Rezeptionsprozess selbst <strong>die</strong> Informationsverarbeitung und<br />

-aufnahme bildungsspezifisch je unterschiedlich <strong>in</strong>tensiv ist. Nutzungs-<br />

und Rezeptionsklüfte können sich zudem additiv verstärken.<br />

Sowohl <strong>die</strong>se theoretischen Überlegungen als auch empirische Forschungen<br />

haben zu e<strong>in</strong>er Differenzierung der Wissenskluft-Perspektive<br />

geführt, und zwar e<strong>in</strong>erseits <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e mehr psychologische (Wirth 1997),<br />

andererseits <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e mehr soziologische Richtung (Bonfadelli 1994; Viswanath/F<strong>in</strong>negan<br />

1996):<br />

a) Gesellschaftliche Makroebene: Tichenor und se<strong>in</strong>e Mitarbeiter<br />

konnten nachweisen, dass es Mechanismen gibt, <strong>die</strong> auf der Makroebene<br />

des Me<strong>die</strong>n- und Gesellschaftssystems zu e<strong>in</strong>er Homoge-


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

nisierung des Wissens, d. h. zu e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>ebnung bestehender Wissensklüfte<br />

führen können: sozialer Konflikt. In sozialen Systemen,<br />

wo <strong>die</strong> Berichterstattung bezüglich e<strong>in</strong>es Themas konflikthaltiger<br />

ist und <strong>die</strong> Me<strong>in</strong>ungen polarisiert s<strong>in</strong>d, ist <strong>die</strong> Wissensverteilung<br />

homogener im Vergleich zu wenig kontroversen Themen.<br />

b) Auf der psychologischen Mikroebene konnte gezeigt werden, dass<br />

<strong>die</strong> perzipierte Problemrelevanz und das Themen<strong>in</strong>teresse im<br />

Zeitablauf zu e<strong>in</strong>em Ausgleich des Wissens führen können und<br />

bestehende Bildungsnachteile teilweise kompensiert werden. Dies<br />

gilt ebenfalls für <strong>die</strong> Nutzung von <strong>in</strong>terpersonalen Quellen und<br />

Pr<strong>in</strong>tme<strong>die</strong>n, sofern <strong>die</strong>se durch <strong>die</strong> benachteiligten Segmente<br />

genutzt werden.<br />

Praxisrelevanz<br />

Für den Journalismus stellt sich schliesslich praxisbezogen <strong>die</strong> Frage,<br />

wie der Entstehung von Wissensklüften entgegenzuwirken ist: Wie<br />

können schwierige und nicht direkt <strong>in</strong>teressante Themen für den<br />

Zuschauer verständlich und <strong>in</strong>teressant umgesetzt werden, ohne dass<br />

<strong>die</strong>s auf Kosten der Information geschieht? Erfolg versprechende Strategien<br />

bezüglich der Form (z. B. Visualisierung, Redundanz, angepasstes<br />

Vokabular, Personalisierung und Konkretheit), aber auch auf<br />

Ebene der Inhalte (z. B. zielgruppenorientierte Information, Lebensweltbezug,<br />

persönliche Betroffenheit sichtbar machen, Konflikte thematisieren).<br />

Gesamtgesellschaftlich wird schliesslich diskutiert, wie<br />

den Zugangsklüften bei der <strong>E<strong>in</strong>führung</strong> des Internets entgegengewirkt<br />

werden könnte: Stichwort „Digital Divide“ (vgl. Kubicek/Well<strong>in</strong>g 2000;<br />

Marr 2004).<br />

3.5 Kultivierungsanalyse<br />

Quantitative Inhaltsanalysen zeigen, dass das Fernsehen bestimmte<br />

Bilder von der Welt (primäre Realität) als TV-Wirklichkeit (sekundäre<br />

Realität) konsonant, immer wieder stereotyp <strong>in</strong> ähnlich von der Wirklichkeit<br />

abweichender Weise, wie z. B. Fernsehgewalt, Darstellung von<br />

M<strong>in</strong>oritäten, Familienbilder, Geschlechtsrollen-Stereotype etc., vermittelt.<br />

Praxisrelevanz<br />

641<br />

Verzerrte TV-Welt


642 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Vielseher s<strong>in</strong>d<br />

ängstlicher<br />

Empirische<br />

Umsetzung<br />

Theoretische Perspektive und methodische Umsetzung<br />

George Gerbner und se<strong>in</strong> Team von den Annenberg School for Communication<br />

führte seit Ende der 1960er-Jahre nicht nur Inhaltsanalysen<br />

zum Ausmass von TV-Gewalt durch (operationalisiert als „Violence-Index“),<br />

sondern verglich <strong>die</strong>se auch mit Publikumsbefragungen<br />

zur Wahrnehmung der Gewalt im Alltag. Diese Stu<strong>die</strong>n zeigten, dass<br />

Vielseher ihre Umwelt im Vergleich zu Wenigsehern quasi durch e<strong>in</strong>e<br />

„TV-Brille“ verzerrt <strong>in</strong> Richtung der im Fernsehen dargestellten Realität<br />

wahrnehmen. So perzipieren Vielseher ihre Umwelt als gewalttätiger<br />

und s<strong>in</strong>d dementsprechend auch ängstlicher als Wenigseher. Die Weltsichten<br />

der Vielseher s<strong>in</strong>d homogener: Das Fernsehen fungiert als sog.<br />

„Ma<strong>in</strong>stream“-Medium (Gerbner/Gross 1976; Bonfadelli 1983; Signorielli/Morgan<br />

1996; Gerbner 2000; Gerbner u. a. 2002).<br />

Methodisch betrachtet werden <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em ersten Schritt e<strong>in</strong>erseits<br />

sog. „Real-World-Indikatoren“ z. B. aufgrund der Krim<strong>in</strong>alstatistik<br />

und andererseits <strong>die</strong> Strukturen der TV-Realität mittels Inhaltsanalyse<br />

erhoben und mite<strong>in</strong>ander h<strong>in</strong>sichtlich systematischer Abweichungen<br />

verglichen. In e<strong>in</strong>em zweiten Schritt wird <strong>die</strong> Wahrnehmung der Wirklichkeit<br />

durch <strong>die</strong> Zuschauer mittels Befragung gemessen. Beispiele:<br />

„What percent of all males who have a job work <strong>in</strong> law enforcement<br />

and crime detection? 1 % vs. 5 %.“ „Dur<strong>in</strong>g any given week, what are<br />

your chances of be<strong>in</strong>g <strong>in</strong>volved <strong>in</strong> some k<strong>in</strong>d of violence: 1:10 or 1:100?“<br />

Die beiden Antwortvorgaben liegen immer e<strong>in</strong>erseits nah bei der realen<br />

Welt, andererseits bei der TV-Wirklichkeit. Nach der Kultivierungshypothese<br />

müssten <strong>die</strong> Antworten der Vielseher näher bei der TV-Welt<br />

und jene der Wenigseher näher bei der faktischen Wirklichkeit liegen.<br />

Als Wirkung des Fernsehens <strong>in</strong>terpretiert, behauptet George<br />

Gerbner (2000), dass das Fernsehen längerfristig bei den Vielsehern<br />

homogene Realitätsvorstellungen kultiviere. Diese Wirkung beruhe<br />

nicht zuletzt darauf, dass sich das Fernsehen von anderen Me<strong>die</strong>n dah<strong>in</strong><br />

gehend unterscheide, dass se<strong>in</strong>e Orientierung am Massengeschmack<br />

und se<strong>in</strong>e zentralisierte Massenproduktion nicht Vielfalt, sondern e<strong>in</strong><br />

kohärentes System von Bildern und Botschaften zur Folge habe. Und<br />

auch aufseiten der Zuschauer erlaube das Fernsehen nur begrenzte<br />

Wahlmöglichkeiten, d. h., das Fernsehverhalten ist wenig selektiv.


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

Kritik, Weiterentwicklung und Praxisrelevanz<br />

Während <strong>die</strong> Kultivierungsperspektive <strong>in</strong> der Öffentlichkeit sofort auf<br />

grosse Resonanz stiess, reagierte <strong>die</strong> akademische Kommunikationswissenschaft<br />

zunächst reserviert, ja sogar abweisend. Kritisiert wird u. a.<br />

<strong>in</strong> methodischer H<strong>in</strong>sicht, dass Gerbner <strong>die</strong> Begriffe „Viel- bzw. Wenigseher“<br />

unterschiedlich operationalisierte und <strong>in</strong> den meisten Fällen<br />

nur korrelative Querschnittstu<strong>die</strong>n durchgeführt hat. Die Kausalität<br />

und Richtung des E<strong>in</strong>flusses bleibt dementsprechend ungeklärt: Führt<br />

habitualisiertes Vielsehen zu verzerrter Wahrnehmung der Umwelt,<br />

oder ist das Vielsehen u. U. e<strong>in</strong> Persönlichkeitssyndrom ängstlicher<br />

Menschen? Auch wird kritisiert, dass dem E<strong>in</strong>fluss von Dritt-Faktoren,<br />

wie z. B. Wohngegend oder Geschlecht, zu wenig Aufmerksamkeit<br />

geschenkt worden ist. Zudem wird davon ausgegangen, dass sowohl <strong>die</strong><br />

TV-Realität als auch deren Nutzung homogen s<strong>in</strong>d und dass darum <strong>die</strong><br />

Inhalte durch <strong>die</strong> Zuschauer auf ähnliche Weise verstanden und nicht<br />

um<strong>in</strong>terpretiert werden (Potter 1993).<br />

Aus theoretischer Perspektive hat Gerbner als Konsequenz solcher<br />

Kritik das Kultivierungsmodell durch <strong>die</strong> beiden Prozesse „Ma<strong>in</strong>stream<strong>in</strong>g“<br />

und „Resonance“ zu differenzieren versucht: Ma<strong>in</strong>stream<strong>in</strong>g<br />

liegt dann vor, wenn das Fernsehen <strong>die</strong> Ansichten von abweichenden<br />

Gruppen auf <strong>die</strong> Mehrheitsme<strong>in</strong>ung der Bevölkerung h<strong>in</strong> anpasst, d. h.,<br />

bei Wenigsehern liegen <strong>die</strong> Me<strong>in</strong>ungen ause<strong>in</strong>ander (Heterogenität),<br />

während sie bei Vielsehern homogen s<strong>in</strong>d. Resonance me<strong>in</strong>t, dass das<br />

Fernsehen e<strong>in</strong>e Verstärkung der Ansichten vorab bei jenen Gruppen<br />

bewirkt, <strong>die</strong> sich zu Recht betroffen fühlen, z. B. Frauen oder Bewohner<br />

von Grossstädten durch Gewalt. Kritisiert wird, dass dadurch jedes<br />

empirische Forschungsresultat im Nachh<strong>in</strong>e<strong>in</strong> entweder als Ma<strong>in</strong>stream<strong>in</strong>g<br />

oder als Resonance <strong>in</strong>terpretiert werden könne, mith<strong>in</strong> <strong>die</strong> Kultivierungstheorie<br />

gar nicht mehr falsifizierbar sei.<br />

Zusammenfassend betrachtet, liegen mittlerweile viele empirische<br />

Stu<strong>die</strong>n aus unterschiedlichen Ländern und zu verschiedensten<br />

Themen vor, welche Kultivierungsphänomene dokumentieren, allerd<strong>in</strong>gs<br />

auf e<strong>in</strong>em eher ger<strong>in</strong>gen Niveau. Die aktuelle Forschung versucht<br />

darum, <strong>die</strong> den Kultuvierungsprozess mediatisierenden Faktoren<br />

und unterliegende sozial-kognitive Prozesse genauer zu erhellen wie<br />

<strong>die</strong> Sehmotive der Zuschauer, <strong>die</strong> gesehenen Programmgenres, <strong>die</strong><br />

E<strong>in</strong>schätzung der Wirklichkeitsnähe der gesehenen Programme und<br />

Persönlichkeitsaspekte wie Alter, Geschlecht oder Ängstlichkeit (Sig-<br />

Methodische und<br />

theoretische Probleme<br />

Ma<strong>in</strong>stream<strong>in</strong>g<br />

vs. Resonance<br />

643


644 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Praxisrelevanz<br />

Me<strong>die</strong>n s<strong>in</strong>d<br />

doch mächtig<br />

Menschen wollen<br />

sich nicht isolieren<br />

norielli/Morgan 1996; Gerbner 2000), aber auch <strong>die</strong> bei der Beantwortung<br />

von Kultivierungsfragen benutzten kognitiven Heuristiken<br />

(Shrum 2007).<br />

Praxisrelevanz<br />

Die Praxisrelevanz der Kultivierungsanalyse liegt <strong>in</strong> Fragen wie „Wie<br />

werden Ereignisse oder Personengruppen durch <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>n dargestellt?“,<br />

„Welche Aspekte e<strong>in</strong>es Ereignisses bzw. e<strong>in</strong>er Gruppe<br />

werden betont?“, „Welche kognitiven Rahmen bzw. Schemata werden<br />

gebraucht?“, „Wird z. B. bezüglich e<strong>in</strong>er Demonstration der Gewaltaspekt<br />

(Gewalt der Polizei vs. Gewalt der Demonstranten) oder der<br />

Sachaspekt (Thema der Demonstration) <strong>in</strong> den Vordergrund gestellt?“<br />

oder „Wer ersche<strong>in</strong>t als Täter bzw. Opfer?“ Schliesslich fungiert nach<br />

Gerbner das Medium Fernsehen ähnlich wie früher <strong>die</strong> Religion als<br />

gesellschaftliches Kontroll<strong>in</strong>strument, <strong>in</strong>dem solche Realitätsbilder<br />

Ängstlichkeit kultivieren, was letztlich den Status quo stützt bzw. e<strong>in</strong>e<br />

„Law-and Order“-Politik begünstigt.<br />

3.6 Schweigespiralen-Modell<br />

Prämissen und Hypothese<br />

Im Unterschied zu den bis jetzt vorgestellten kognitiven Ansätzen der<br />

neuen Wirkungsforschung knüpft <strong>die</strong> Theorie der Schweigespirale an<br />

<strong>die</strong> klassische Phase der Wirkungsforschung an, <strong>in</strong>dem sie sich mit der<br />

Me<strong>in</strong>ungsdynamik befasst. Gleichzeitig handelt es sich bei dem von Elisabeth<br />

Noelle-Neumann Mitte der 1970er-Jahre entwickelten Ansatz<br />

um e<strong>in</strong>en Paradigmenwechsel, weil er von der Prämisse „Return to the<br />

Concept of Powerful Mass Media“ (Noelle-Neumann 1974) ausgeht,<br />

darum zu den neuen Ansätzen der Wirkungsforschung zählt. Klassisch<br />

ist er wiederum, weil er auf den Grundkonzepten der E<strong>in</strong>stellungs- und<br />

Gruppentheorie basiert und <strong>in</strong> der Tradition der Wahlforschung von<br />

Lazarsfeld steht (Noelle-Neumann 1982; Salmon/Glynn 1996).<br />

a) Prämisse „Mensch“: Die soziale Natur des Menschen veranlasst<br />

<strong>die</strong>sen, se<strong>in</strong>e Umwelt, d. h. auch <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>numwelt, ständig<br />

zu beobachten, und zwar <strong>in</strong>sbesondere bezüglich der vorherrschenden<br />

öffentlichen Me<strong>in</strong>ung: sog. quasi statistische Wahrnehmung<br />

des Me<strong>in</strong>ungsklimas. Gefragt wird z. B. „Welche Partei wird<br />

<strong>die</strong> Wahlen gew<strong>in</strong>nen?“ Besteht Konsonanz zwischen eigener und


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

perzipierter Mehrheitsme<strong>in</strong>ung, kann <strong>die</strong> eigene Me<strong>in</strong>ung öffentlich<br />

geäussert werden, und zwar ohne Gefahr, sich sozial zu isolieren:<br />

Isolationsfurcht und Konformitätsdruck. Bei Dissonanz<br />

wird geschwiegen, was nach Noelle-Neumann e<strong>in</strong>e sog. Schweigespirale<br />

<strong>in</strong> Gang setzen kann: Verme<strong>in</strong>tlich Abweichende schweigen,<br />

was <strong>die</strong> sche<strong>in</strong>bare Mehrheitsposition stärkt und dazu führt, dass<br />

sich <strong>die</strong> Abweichenden (noch stärker) <strong>in</strong> der M<strong>in</strong>derheit fühlen<br />

(vgl. <strong>die</strong> Visualisierung <strong>in</strong> Abb. 11). Die öffentliche Me<strong>in</strong>ung funktioniert<br />

im S<strong>in</strong>ne e<strong>in</strong>er sozialen Kontrolle.<br />

b) Prämisse „Me<strong>die</strong>n“: Die Wirksamkeit e<strong>in</strong>es Mediums ist umso Kumulativ, konso-<br />

stärker, je weniger es den schützenden Mechanismus der selektiven nantes Fernsehen<br />

Wahrnehmung zulässt. Das Fernsehen kann dann e<strong>in</strong>e starke Wirkung<br />

erzeugen, wenn es konsonant, kumulativ und eben öffentlich<br />

sichtbar e<strong>in</strong>e sog. „dom<strong>in</strong>ante Me<strong>in</strong>ung“ verbreitet, z. B. über<br />

<strong>die</strong> Wahlchancen e<strong>in</strong>er Partei. Wenn sich <strong>die</strong>se dom<strong>in</strong>ante Me<strong>in</strong>ung<br />

von der tatsächlichen Mehrheitsme<strong>in</strong>ung <strong>in</strong> der Bevölkerung<br />

unterscheidet, kann <strong>die</strong>s zur Folge haben, dass <strong>die</strong> verme<strong>in</strong>tliche<br />

M<strong>in</strong>oritätsgruppe sich selbst als M<strong>in</strong>derheit perzipiert und<br />

schweigt, d. h. ihre Me<strong>in</strong>ung nicht mehr öffentlich äussert, was <strong>die</strong><br />

Schweigespirale <strong>in</strong> Gang setzt.<br />

Abbildung 11: Visualisiertes Schweigespiralen-Modell<br />

Op<strong>in</strong>ion expressed<br />

as dom<strong>in</strong>ant by<br />

mass media<br />

Quelle: McQuail/W<strong>in</strong>dahl 1993: 117<br />

Amount of people not openly<br />

express<strong>in</strong>g deviant op<strong>in</strong>ion<br />

and/or chang<strong>in</strong>g from deviant<br />

to dom<strong>in</strong>at op<strong>in</strong>ion<br />

Interpersonal<br />

support for<br />

deviant op<strong>in</strong>ion<br />

645


646 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

BRD Wahlen 1976<br />

War TV wahlentscheidend?<br />

Theoretische und<br />

methodische<br />

Kritik<br />

Empirische Umsetzung<br />

Dementsprechend besche<strong>in</strong>igte Noelle-Neumann dem TV, für den Sieg<br />

der SPD/FDP 1976 bei der Bundestagswahl <strong>in</strong> Deutschland wahlentscheidend<br />

gewesen zu se<strong>in</strong>: Übere<strong>in</strong>stimmende politische Orientierungen<br />

der TV-Journalisten hätten zu e<strong>in</strong>er wirklichkeitsverzerrenden<br />

und konsonant <strong>die</strong> L<strong>in</strong>kskoalition begünstigenden Berichterstattung<br />

geführt. Dieses Me<strong>in</strong>ungsklima hat nach demoskopischen Daten des<br />

Allensbacher-Instituts v. a. bei den starken TV-Nutzern dazu geführt,<br />

dass <strong>die</strong>se ihre politische Haltung nicht mehr öffentlich geäussert<br />

haben. Die so <strong>in</strong> Gang gesetzte Schweigespirale habe demnach letztlich<br />

zu e<strong>in</strong>em Umschwung der politischen E<strong>in</strong>stellungen geführt.<br />

E<strong>in</strong>e Folge der Behauptung, dass <strong>die</strong> SPD-orientierte Berichterstattung<br />

des Fernsehens 1972 <strong>die</strong> Wahl entschieden habe, war, dass<br />

seither <strong>die</strong> Parteien das Fernsehen noch mehr zum bevorzugten<br />

Selbstdarstellungsmedium gemacht haben und verstärkt auch zu kontrollieren<br />

versuchten, z. B. über Personalpolitik. Für den Journalismus<br />

ergibt sich zudem als Konsequenz aus der Theorie der Schweigespirale,<br />

dass bei veröffentlichten Stellungnahmen von Interessengruppen,<br />

aber auch bei Berichterstattung über Demonstrationen H<strong>in</strong>weise zur<br />

gesellschaftlichen Relevanz der <strong>in</strong>volvierten Gruppen gegeben werden<br />

sollten.<br />

Kritik<br />

Es erstaunt nicht, dass es <strong>in</strong>sbesondere <strong>in</strong> Deutschland zu heftigen politischen<br />

Kontroversen um <strong>die</strong> Theorie der Schweigespirale gekommen<br />

ist und <strong>die</strong> These vom wahlentscheidenden E<strong>in</strong>fluss des Fernsehens<br />

umstritten geblieben ist (u. a. Merten 1983; Scherer 1990). Kritisiert<br />

wurde <strong>in</strong>sbesondere <strong>die</strong> quasi anthropologische Annahme, aus Isolationsfurcht<br />

würden Menschen nicht zu ihrer Me<strong>in</strong>ung stehen. Nach<br />

Gerhards (1996) gibt es jedoch neben 3,5 % sog. Anpassern auch 5 %<br />

Missionare und ebenso Menschen, <strong>die</strong> <strong>in</strong> allen Situationen ihre Me<strong>in</strong>ung<br />

öffentlich aussprechen (39 %) oder verschweigen (31 %). Methodisch<br />

wurde zudem kritisiert, dass viele der von Noelle-Neumann<br />

publizierten empirischen Analysen nur auf e<strong>in</strong>fachen tabellarischen<br />

Zusammenhängen beruhten und Drittfaktoren nicht mitberücksichtigt<br />

bzw. kontrolliert würden. Auch blieben wahlkampfspezifische<br />

Gegebenheiten weitgehend unberücksichtigt, da kaum Inhaltsanalysen<br />

durchgeführt wurden. – Trotz <strong>die</strong>ser Kritik ist <strong>die</strong> Theorie der Schweige-


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

spirale auch <strong>in</strong> den USA rezipiert worden (Scheufele/Moy 2000), und<br />

zwar mit e<strong>in</strong>em Fokus auf der Frage, ob Menschen ihre Me<strong>in</strong>ung tatsächlich<br />

weniger äussern, wenn sie sich im Gegensatz zur öffentlichen<br />

Me<strong>in</strong>ung wähnen. Allerd<strong>in</strong>gs hat e<strong>in</strong>e Meta-Analyse dazu (Shanahan/<br />

Glynn 2007) nur e<strong>in</strong>e schwache Korrelation festgestellt.<br />

4 ausblick<br />

Die <strong>in</strong> den 1970er-Jahren entwickelten und oben dargestellten, sogenannten<br />

„neueren“ Ansätze der Wirkungsforschung s<strong>in</strong>d <strong>in</strong> Ause<strong>in</strong>andersetzung<br />

mit den Defiziten und <strong>in</strong> Kritik an der klassischen<br />

Wirkungsforschung <strong>in</strong>zwischen weiterentwickelt worden. Neue kognitive<br />

und affektive Wirkungsphänomene rückten <strong>in</strong>s Zentrum der<br />

Forschung. Stärker als vormals werden prozessorientiert längerfristig<br />

ablaufende Effekte wie Kultivierungs- und Agenda-Sett<strong>in</strong>g-Prozesse<br />

stu<strong>die</strong>rt, aber auch Wirkungsphänomene auf der Makroebene wie Wissensklüfte<br />

zwischen sozialen Segmenten werden thematisiert. Gleichzeitig<br />

wird auf der Mikroebene <strong>in</strong>tensiv den h<strong>in</strong>ter den Wirkungen stehenden<br />

Rezeptionsprozessen nachgegangen.<br />

E<strong>in</strong> Forschungsansatz, der sowohl theoretisch wie auch methodisch<br />

versucht, e<strong>in</strong>e Brücke herzustellen zwischen der Ebene der e<strong>in</strong>zelnen<br />

Rezipienten (Mikro), ihrer E<strong>in</strong>bettung <strong>in</strong> soziale Gruppen (Meso)<br />

sowie den sozialen Strukturen und Dynamiken <strong>in</strong> der Gesellschaft<br />

(Makro), ist <strong>die</strong> soziale Netzwerkanalyse (Stegbauer: 2008). Dieser Soziale<br />

Ansatz ermöglicht es, <strong>die</strong> Theorien und Befunde der verschiedenen Netzwerkanalyse<br />

Ebenen verstärkt mite<strong>in</strong>ander <strong>in</strong> Bezug zu setzen, Schwachstellen aufzudecken<br />

aber auch Anknüpfungspunkte zu identifizieren. Bei der<br />

Analyse von dynamischen sozialen Netzwerken wird z. B. deutlich, dass<br />

<strong>die</strong> <strong>in</strong>terpersonale Kommunikation nicht e<strong>in</strong>fach nur e<strong>in</strong>e Weiterführung<br />

der massenmedialen Kommunikation <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em anderen Kanal<br />

ist, wie <strong>die</strong>s <strong>in</strong> der Diffusions- und Persuasionsforschung angedacht<br />

ist (<strong>Friemel</strong> 2010a). Die Nutzung von Massenme<strong>die</strong>n kann auch e<strong>in</strong>en<br />

E<strong>in</strong>fluss auf <strong>die</strong> Ausbildung von Sozialstrukturen haben, <strong>in</strong>dem sich<br />

z. B. Personen mit e<strong>in</strong>er ähnlichen Me<strong>die</strong>nnutzung eher anfreunden als<br />

solche mit unterschiedlichen Nutzungsmustern. Neue netzwerkanalytische<br />

Methoden wie <strong>die</strong> akteursorientierte Modellierung ermöglichen<br />

es, <strong>die</strong>se zwei Prozesse der Bee<strong>in</strong>flussung und Selektion analytisch zu<br />

647


648 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Qualitative Rezeptionsforschung<br />

Wirkt das<br />

Medium oder<br />

se<strong>in</strong>e Inhalte?<br />

trennen und theoretisch <strong>in</strong> der Sozialpsychologie der Me<strong>die</strong>nnutzung<br />

zu verorten (<strong>Friemel</strong> 2010b).<br />

4.1 Qualitativ vs. quantitativ?<br />

Im Gefolge der Rezeption der sog. „Cultural Stu<strong>die</strong>s“ entwickelte sich<br />

seit den 1980er-Jahren e<strong>in</strong>e nach wie vor recht heterogene Tradition<br />

qualitativer Rezeptionsforschung (Jensen/Rosengren 1990; Charlton/<br />

Schneider 1997; Hepp 1999; Rössler/Hasebr<strong>in</strong>k/Jäckel 2001). In kritischer<br />

Abgrenzung wird der empirisch verfahrenden Wirkungsforschung<br />

vorgeworfen, e<strong>in</strong>seitig monokausal, mechanistisch sowie nur<br />

quantifizierend zu se<strong>in</strong> und <strong>die</strong> Me<strong>die</strong>nbotschaften, aber auch <strong>die</strong> konkreten<br />

Rezeptionskontexte zu vernachlässigen. Der Vorwurf zielt freilich<br />

auf e<strong>in</strong>e Wirkungsforschung, <strong>die</strong> zum<strong>in</strong>dest <strong>in</strong> der dritten Phase<br />

kaum noch anzutreffen ist. In den „Cultural Stu<strong>die</strong>s“ wird mittels qualitativer<br />

Methoden wie narratives Interview oder Gruppengespräch<br />

untersucht, wie Rezipienten Informationssendungen (wie Fernsehnachrichten)<br />

oder Unterhaltungsprogramme (wie z. B. Soap Operas<br />

oder Liebesromane) rezipieren oder über Me<strong>die</strong>nthemen <strong>in</strong> (Tisch-)<br />

Gesprächen diskutieren. Aber auch <strong>in</strong> der traditionellen Wirkungsforschung<br />

werden <strong>in</strong>zwischen qualitative Methoden zur explorativen<br />

Ergänzung und Vertiefung e<strong>in</strong>gesetzt.<br />

4.2 Medium vs. Me<strong>die</strong>n<strong>in</strong>halt<br />

Berghaus (1999) unterscheidet im Rahmen ihres Modells zur Systematisierung<br />

von Me<strong>die</strong>neffekten auf e<strong>in</strong>er zweiten Stufe zwischen<br />

a) e<strong>in</strong>zelnen Me<strong>die</strong>n<strong>in</strong>halten und b) Me<strong>die</strong>n als Ganzes, <strong>die</strong> wirken.<br />

Sie kritisiert, dass sich <strong>die</strong> Wirkungsforschung meist nur mit den<br />

Effekten von e<strong>in</strong>zelnen Me<strong>die</strong>n<strong>in</strong>halten befasst. Schwieriger h<strong>in</strong>gegen<br />

s<strong>in</strong>d Wirkungen des Mediums selbst, bspw. des Fernsehens, zu untersuchen.<br />

Nach ihr ist das Medium selbst aber mehr als <strong>die</strong> Summe<br />

se<strong>in</strong>er Inhalte, se<strong>in</strong>e „message“ ist gesellschafts- und kulturprägend.<br />

Man denke etwa an <strong>die</strong> Gesellschaften mit oder ohne Druckme<strong>die</strong>n<br />

oder <strong>die</strong> Zeit vor und nach <strong>E<strong>in</strong>führung</strong> des Fernsehens. E<strong>in</strong> Medium<br />

hat eigene charakteristische und <strong>in</strong>haltsübergreifende Merkmale, <strong>die</strong><br />

wiederum als Rahmenbed<strong>in</strong>gungen für Inhalte fungieren, <strong>die</strong> vorzugsweise<br />

<strong>in</strong> <strong>die</strong>sem Medium präsentiert werden (bspw. <strong>die</strong> Visualität


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

des Fernsehens). Und schliesslich orientieren sich <strong>die</strong> Rezeptionsakte<br />

selbst ebenso am Medium (bspw. TV als Unterhaltungsmedium) wie<br />

an se<strong>in</strong>en Inhalten. E<strong>in</strong>e solche Beschäftigung mit den Effekten des<br />

Mediums selbst geschieht vornehmlich als „Medium-Theorie“ <strong>in</strong> kulturwissenschaftlichen<br />

Diszipl<strong>in</strong>en etwa <strong>in</strong> der Nachfolge von Marshall<br />

McLuhan. Allerd<strong>in</strong>gs müssen sich Versuche wie jene von Neil Postman<br />

(1985) oder Joshua Meyrowitz (1990), <strong>die</strong> Gesellschaft vorab über egalisierende<br />

Effekte des Fernsehens als Medium oder neuer Me<strong>die</strong>ngesellschaft<br />

als geprägt durch Medialisierung beschreiben, den Vorwurf<br />

gefallen lassen, komplexe Wirkungsmechanismen reduktionistisch zu<br />

e<strong>in</strong>fach nur durch Rückgriff auf bestimmte <strong>in</strong>variate Me<strong>die</strong>nmerkmale<br />

erklären zu wollen.<br />

Auch <strong>die</strong> traditionelle Wirkungsforschung beg<strong>in</strong>nt sich mit solchen<br />

Fragen zu beschäftigen, <strong>in</strong>dem untersucht wird, <strong>in</strong>wiefern <strong>die</strong> durch<br />

Digitalisierung und Vernetzung beschleunigte Me<strong>die</strong>nentwicklung –<br />

Stichwort: Onl<strong>in</strong>e-Kommunikation – und <strong>die</strong> damit e<strong>in</strong>hergehende Vervielfachung<br />

und Ausdifferenzierung der Me<strong>die</strong>nangebote, zusammen<br />

mit e<strong>in</strong>er verstärkten Zielgruppenorientierung, zur Fragmentierung der<br />

Publika, zur Auflösung von Öffentlichkeit und zu gesellschaftlicher Des<strong>in</strong>tegration<br />

führen (Hasebr<strong>in</strong>k 2002: 386; Marr 2004).<br />

4.3 Normativität:<br />

<strong>in</strong>tegration vs. Des<strong>in</strong>tegration<br />

McQuail (2000: 72) thematisiert <strong>in</strong> normativer H<strong>in</strong>sicht e<strong>in</strong>e weitere Wie ist <strong>die</strong> Wir-<br />

wirkungsorientierte Fragestellung auf der gesellschaftlichen Ebene: kung der Me<strong>die</strong>n<br />

zu bewerten?<br />

Tragen Me<strong>die</strong>n zur gesellschaftlichen Konformität bei, <strong>in</strong>dem sie <strong>die</strong><br />

soziale Kontrolle unterstützen, oder schwächen Me<strong>die</strong>n eher <strong>die</strong> Sozialisationsfunktionen<br />

der traditionellen Instanzen wie Familie, politische<br />

Parteien, Kirche und Gewerkschaften und wirken tendenziell eher <strong>in</strong><br />

Richtung von Des<strong>in</strong>tegration und Instabilität? Diese Frage kann eher<br />

optimistisch oder aber pessimistisch beantwortet werden. Ergänzt<br />

werden kann sie aber durch e<strong>in</strong>e zweite Dimension, nämlich <strong>die</strong> unterstellte<br />

Wirkungsqualität: Geht man von der Prämisse aus, dass Me<strong>die</strong>n<br />

eher zentrifugal, d. h. differenzierend wirken, wie <strong>die</strong>s der Uses-and-<br />

Gratifications-Ansatz tut, oder postuliert man eher zentripetale,<br />

d. h. homogenisierende Effekte, wie <strong>die</strong>s <strong>die</strong> Kultivierungs- oder <strong>die</strong><br />

Schweigespiralentheorie tun?<br />

649


650 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Von den <strong>in</strong>dividuellen<br />

zu den<br />

gesellschaftlichen<br />

Wirkungen<br />

Abbildung 12: 4er-Typologie gesellschaftlicher Me<strong>die</strong>nwirkungen<br />

1<br />

Freiheit<br />

Vielfalt<br />

Optimistische Vision<br />

Zentrifugaler Effekt Zentripetaler Effekt<br />

Quelle: McQuail 2000: 72<br />

3<br />

Normlosigkeit<br />

Identitätsverlust<br />

Pessimistische Vision<br />

2<br />

Integration<br />

Solidarität<br />

4<br />

Dom<strong>in</strong>anz<br />

Uniformität<br />

4.4 Wandel von Gesellschaft und Me<strong>die</strong>n<br />

Die oben nur angedeuteten Forschungstendenzen lassen sich wie<br />

folgt zusammenfassen: Die moderne Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung versucht<br />

nicht mehr nur, allgeme<strong>in</strong>gültige, kontext- und zeitunabhängige<br />

Gesetzmässigkeiten der Effekte spezifischer Me<strong>die</strong>n<strong>in</strong>halte auf e<strong>in</strong>zelne<br />

Personen theoretisch zu postulieren und empirisch zu belegen, sondern<br />

ist bestrebt, <strong>die</strong> untersuchten Wirkungsprozesse und Effektphänomene<br />

von Me<strong>die</strong>n und ihren Inhalten stärker auch auf Ebene der Gesamtgesellschaft<br />

zu bestimmen, und zwar jeweils bezogen auf zeitlich und<br />

kontextuell spezifizierte Konstellationen: 1) Auf Ebene der Gesellschaft<br />

werden Tendenzen der Individualisierung und Pluralisierung sowie<br />

des Wertewandels <strong>in</strong> Richtung auf postmoderne Gesellschaften h<strong>in</strong><br />

konstatiert, welche 2) auf Ebene des Me<strong>die</strong>nsystems als Tendenzen <strong>in</strong><br />

Richtung von Globalisierung, Ökonomisierung, Beschleunigung und<br />

Konvergenz ihren Ausdruck f<strong>in</strong>den. 3) Diese Veränderungen wiederum<br />

<strong>in</strong>duzieren e<strong>in</strong>en Wandel der Me<strong>die</strong>n<strong>in</strong>halte, <strong>in</strong>dem Mechanismen wie<br />

Personalisierung, Emotionalisierung, Inszenierung und Skandalierung<br />

häufiger benutzt werden. 4) Auf Ebene des Me<strong>die</strong>numgangs wiederum<br />

macht sich <strong>die</strong>ser Me<strong>die</strong>nwandel sowohl <strong>in</strong> abnehmender Me<strong>die</strong>nb<strong>in</strong>dung,<br />

flüchtigerem und passiverem Me<strong>die</strong>nkonsum als auch stärker


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

aktiver, <strong>in</strong>volvierter und <strong>in</strong>teraktiver Me<strong>die</strong>nnutzung bemerkbar. 5)<br />

Schliesslich äussert sich der je spezifische Me<strong>die</strong>numgang <strong>in</strong> je unterschiedlichen<br />

Me<strong>die</strong>neffekten, <strong>die</strong> e<strong>in</strong>erseits eher passiv homogenisierend,<br />

andererseits aber auch aktiv differenzierend ausfallen können. Me<strong>die</strong>n<br />

können darum auf gesellschaftlicher Ebene je nach Wirkungskonstellation<br />

sowohl stabilisierend als Trendverstärker fungieren; sie können<br />

aber auch als Katalysatoren gesellschaftlichen Wandel beschleunigen<br />

oder sogar <strong>in</strong>itiieren.<br />

Abbildung 13: Kontextualisiertes Modell gesellschaftlicher Me<strong>die</strong>neffekte<br />

Effekte: Trendverstärkung & Stabilität vs. Beschleunigung &<br />

Wandel / Homogenität vs. Differenzierung<br />

Quelle: eigene Darstellung<br />

Veränderte Me<strong>die</strong>nnutzung:<br />

extensiv-passiv vs. aktiv-<strong>in</strong>volviert<br />

Me<strong>die</strong>nangebote im Wandel:<br />

Personalisierung, Emotionalisierung, Inszenierung<br />

Me<strong>die</strong>nwandel:<br />

Globalisierung, Ökonomisierung, Beschleunigung, Konvergenz<br />

Gesellschaftswandel:<br />

Individualisierung, Pluralisierung, Wertewandel<br />

Die beiden oben angedeuteten Trends weisen darauf h<strong>in</strong>, dass <strong>die</strong><br />

Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung bestrebt ist, sich sowohl <strong>in</strong> Richtung kontextualisiert-<strong>in</strong>dividualisierte<br />

als auch <strong>in</strong> Richtung me<strong>die</strong>nbezogen-generalisierte<br />

Analysen weiterzuentwickeln.<br />

651


652 Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

Übungsfragen:<br />

Welche Phasen der Entwicklung der Wirkungsforschung werden gängigerweise<br />

unterschieden, und welche Gesellschafts- und Menschenbilder<br />

unterliegen den jeweiligen Phasen?<br />

Welche Faktoren des Me<strong>die</strong>nangebots e<strong>in</strong>erseits und des Me<strong>die</strong>nnutzers<br />

andererseits bee<strong>in</strong>flussen <strong>die</strong> Wirkungen der Me<strong>die</strong>n?<br />

Wie kann man <strong>die</strong> modernen Ansätze der Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung<br />

<strong>in</strong> Bezug auf <strong>die</strong> postulierten gesellschaftlichen Wirkungen typologisieren?<br />

Welche Fragestellungen unterliegen dem Uses-and-Gratifications-Ansatz?<br />

Was ist <strong>die</strong> Ausgangshypothese der Wissenskluft-Perspektive,<br />

und wie lässt sich <strong>die</strong>se begründen?


he<strong>in</strong>z Bonfadelli / thomas n. <strong>Friemel</strong> / Werner Wirth<br />

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VErZEIchnIs dEr autorInnEn<br />

und autorEn<br />

He<strong>in</strong>z Bonfadelli, Dr. phil., geb. 1949, Ordentlicher Professor für <strong>Publizistikwissenschaft</strong><br />

am IPMZ – Institut für <strong>Publizistikwissenschaft</strong> und<br />

Me<strong>die</strong>nforschung der Universität Zürich.<br />

Arbeitsgebiete: Nutzung und Wirkung von Me<strong>die</strong>n, Heranwachsende<br />

und Me<strong>die</strong>n, Me<strong>die</strong>n und ihre Inhalte, Wissenschafts-, Umwelt- und<br />

Risikokommunikation.<br />

E-Mail: h.bonfadelli@ipmz.uzh.ch<br />

Urs Dah<strong>in</strong>den, Dr. habil., geb. 1963, Professor für Informationswissenschaft<br />

an der Hochschule für Technik und Wirtschaft <strong>in</strong> Chur und Privatdozent<br />

an der Universität Zürich.<br />

Arbeitsgebiete: Wissenschafts- und Risikokommunikation, politische<br />

Kommunikation, Gesundheitskommunikation, Neue Informations-<br />

und Kommunikationstechnologien.<br />

E-Mail: urs.dah<strong>in</strong>den@htwchur.ch<br />

Patrick Donges, PD Dr. phil., geb. 1969, Professor für Kommunikationswissenschaft<br />

am Institut für Politik- und Kommunikationswissenschaft<br />

der Ernst-Moritz-Arndt-Universität Greifswald.<br />

Arbeitsgebiete: Politische Kommunikation, Organisationskommunikation,<br />

Me<strong>die</strong>nstrukturen und Me<strong>die</strong>npolitik, Theorien der Kommunikationswissenschaft.<br />

E-Mail: donges@uni-greifswald.de<br />

Frank Esser, Dr. phil., geb. 1966, Professor für International and Comparative<br />

Media Research am IPMZ – Institut für <strong>Publizistikwissenschaft</strong><br />

und Me<strong>die</strong>nforschung der Universität Zürich<br />

Arbeitsgebiete: Politische Kommunikation, Journalismusforschung,<br />

Komparative Kommunikationsforschung.<br />

E-Mail: f.esser@ipmz.uzh.ch<br />

661


662 autorenverzeichnis<br />

Benjam<strong>in</strong> Fretwurst, Dr. phil., geb. 1974, Wissenschaftlicher Mitarbeiter<br />

am IPMZ – Institut für <strong>Publizistikwissenschaft</strong> und Me<strong>die</strong>nforschung<br />

der Universität Zürich.<br />

Arbeitsgebiete: Nachrichtenforschung, Rezeptionsforschung, Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung,<br />

Evaluation von Kommunikationskampagnen,<br />

Zeitreihenanalysen.<br />

E-Mail: b.fretwurst@ipmz.uzh.ch<br />

<strong>Thomas</strong> N. <strong>Friemel</strong>, Dr. phil., geb. 1977, Oberassistent am IPMZ – Institut<br />

für <strong>Publizistikwissenschaft</strong> und Me<strong>die</strong>nforschung der Universität<br />

Zürich.<br />

Arbeitsgebiete: Me<strong>die</strong>nwirkungsforschung, Me<strong>die</strong>nnutzungsforschung,<br />

Kommunikationskampagnen, Soziale Netzwerkanalyse, Onl<strong>in</strong>e-Kommunikation.<br />

E-Mail: th.friemel@ipmz.uzh.ch<br />

Kurt Imhof, Dr. phil., geb. 1956, Ordentlicher Professor für <strong>Publizistikwissenschaft</strong><br />

und Soziologie am IPMZ – Institut für <strong>Publizistikwissenschaft</strong><br />

und Me<strong>die</strong>nforschung der Universität Zürich und am<br />

SUZ – Soziologisches Institut der Universität Zürich. Leiter des fög –<br />

Forschungsbereich Öffentlichkeit und Gesellschaft.<br />

Arbeitsgebiete: Öffentlichkeits- und Me<strong>die</strong>nsoziologie, Gesellschaftstheorie,<br />

Soziologie sozialen Wandels, M<strong>in</strong>derheitensoziologie.<br />

E-Mail: kurt.imhof@foeg.uzh.ch<br />

Otfried Jarren, Dr. phil., geb. 1953, Ordentlicher Professor für <strong>Publizistikwissenschaft</strong><br />

am IPMZ – Institut für <strong>Publizistikwissenschaft</strong> und<br />

Me<strong>die</strong>nforschung der Universität Zürich und Prorektor der Universität<br />

Zürich.<br />

Arbeitsgebiete: Politische Kommunikation, Me<strong>die</strong>nstrukturen und<br />

Me<strong>die</strong>npolitik, Organisationskommunikation.<br />

E-Mail: o.jarren@ipmz.uzh.ch


666 autorenverzeichnis<br />

Werner Wirth, Dr. phil., geb. 1959, Ordentlicher Professor für <strong>Publizistikwissenschaft</strong><br />

am IPMZ – Institut für <strong>Publizistikwissenschaft</strong> und<br />

Me<strong>die</strong>nforschung der Universität Zürich.<br />

Arbeitsgebiete: Rezeption und Wirkung der Me<strong>die</strong>n, Me<strong>die</strong>npsychologie,<br />

Persuasionsforschung, Infota<strong>in</strong>ment, Unterhaltung durch<br />

Me<strong>die</strong>n, Onl<strong>in</strong>e- und Mobilkommunikation.<br />

E-Mail: w.wirth@ipmz.uzh.ch<br />

V<strong>in</strong>zenz Wyss, Dr. phil., geb. 1965, Professor für Journalistik und Forschungsleiter<br />

am Institut für Angewandte Me<strong>die</strong>nwissenschaft (IAM)<br />

der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften.<br />

Arbeitsgebiete: Journalismus- und Redaktionsforschung, Journalistische<br />

Qualität und Qualitätssicherung, Transfer und Anwendungsorientierung<br />

<strong>in</strong> der Me<strong>die</strong>nforschung.<br />

E-Mail: v<strong>in</strong>zenz.wyss@zhaw.ch

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