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MEdIEnnutZunGsForschunG - Thomas N. Friemel

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Mirko Marr / Heinz Bonfadelli<br />

<strong>MEdIEnnutZunGsForschunG</strong><br />

1 Publikumskonzeptionen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 551<br />

2 Mediennutzungsforschung: Forschungstypen,<br />

Zielstellungen und methodische Zugänge . . . . . . . . . . . . . . . 554<br />

2.1 Angewandte Publikumsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . 555<br />

2.2 Akademische Nutzungsforschung . . . . . . . . . . . . . . . . . 559<br />

3 Fragestellungen und Perspektiven . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 560<br />

3.1 Nutzungsvoraussetzungen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 561<br />

3.2 Nutzungsmodalitäten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 564<br />

3.3 Nutzungsdifferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 566<br />

4 Ausgewählte Trends . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 567<br />

4.1 Medienzugang und Medienbesitz . . . . . . . . . . . . . . . . . 567<br />

4.2 Quantitative Nutzung . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 568<br />

4.3 Nutzungspräferenzen . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 570<br />

4.4 Nutzungsgewohnheiten . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 571<br />

5 Ausblick . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 572<br />

Literatur . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . . 574<br />

549


Mirko Marr / heinz Bonfadelli<br />

Massenkommunikation ist ohne Publikum nicht vorstellbar. Dieses<br />

Publikum entsteht durch die Interaktion von Menschen als Rezipienten<br />

mit den massenmedialen Angeboten. Die Merkmale dieses Interaktionsprozesses,<br />

seine Regelmässigkeiten, seine Besonderheiten, seine<br />

Bedingungen und seine Veränderungen bilden den Gegenstand der Gegenstand der<br />

Mediennutzungsforschung, der im Zentrum dieses Beitrags steht. Weil Mediennutzungsforschung<br />

jeder Analyse von Mediennutzung bestimmte Publikumskonzeptionen<br />

zugrunde liegen und diese wiederum die Art der Messung beeinflussen,<br />

wird einführend aufgezeigt, wie sich die Vorstellungen von Publikum<br />

und Mediennutzung gewandelt haben. Danach werden mit der angewandten<br />

Publikumsforschung und der akademischen Nutzungsforschung<br />

zwei komplementäre Forschungstypen vorgestellt und hinsichtlich<br />

ihrer Institutionalisierung, ihrer Forschungsziele und ihrer<br />

methodischen Vorgehensweise charakterisiert. Im dritten Abschnitt<br />

werden schliesslich zentrale Fragestellungen und theoretische Perspektiven<br />

der Mediennutzungsforschung skizziert, bevor im Anschluss<br />

daran ausgewählte Trends in der Nutzung von Medien dargestellt<br />

werden. Der Schlussabschnitt versucht einen Ausblick auf die künftige<br />

Entwicklung der Forschung und ihres Gegenstandes.<br />

1 Publikumskonzeptionen<br />

Die Geschichte der Mediennutzungsforschung ist geprägt durch unter- Publikum: von<br />

schiedliche wissenschaftliche Konzeptionen des Publikums. Da mass- der Masse zum<br />

Individuum<br />

gebliche Einflüsse aus der Psychologie und der Soziologie stammen,<br />

spiegelt sich in den Publikumskonzeptionen das jeweils aktuelle Verständnis<br />

dieser Disziplinen vom Menschen als Untersuchungsgegenstand<br />

(vgl. auch den Beitrag Medienwirkungsforschung, i. d. B.): So war<br />

in den 1950er-Jahren die Vorstellung von Verhalten als Reaktion auf<br />

Reize dominant und erweiterte sich in den 1970er-Jahren zur Analyse<br />

kognitiver Prozesse, die dem Verhalten unterliegen. In den 1980er- und<br />

1990er-Jahren rückten Ansätze in den Vordergrund, welche zudem<br />

die emotionalen und sozialen Seiten des Verhaltens stärker betonten.<br />

Gleichzeitig erfolgte auch ein Wechsel vom Publikum als Masse hin<br />

zum einzelnen Individuum. Mediennutzung als soziales Handeln<br />

bedeutet dabei, dass die Handelnden sinn- und absichtsvoll auf das<br />

Verhalten anderer Bezug nehmen (vgl. Renckstorf 1989: 315). Im<br />

551


552 Mediennutzungsforschung<br />

Medienzentrierte<br />

Perspektive:<br />

Publikumszentrierte<br />

Perspektive:<br />

Perspektive der<br />

Publikumsforschung:<br />

Unterschied zur interpersonalen Kommunikation ist bei der Massenkommunikation<br />

aber kein gegenseitiger, gleichberechtigter Austausch<br />

zwischen Kommunikator und Sender möglich. Das Publikum ist dispers,<br />

offen, unbegrenzt, fluktuierend und wendet sich vorübergehend<br />

einem Medium respektive einem Medieninhalt zu (vgl. Bonfadelli 2004:<br />

53 ff.). „Dispers“ meint, dass das Medienpublikum aus einer räumlich<br />

und zeitlich verstreuten Vielzahl von Personen besteht.<br />

Abbildung 1: Medienzentrierte, publikumszentrierte und wissenschaftliche Perspektive<br />

Quelle: eigene Darstellung<br />

Publikum als<br />

theoretisches<br />

Konstrukt<br />

Medien mit<br />

ihren Angeboten<br />

schaffen sich<br />

soziale Gruppen wie<br />

Familie und Peers<br />

nutzen/integrieren<br />

Publikumsforschung<br />

konstruiert<br />

ihre Medienpublika<br />

z. B. als<br />

Fan-Gemeinschaften<br />

Medienangebote<br />

in ihrem<br />

(Medien-)Alltag<br />

mit Konventionen<br />

und Messsystemen<br />

ihre Medienpublika<br />

Grundsätzlich muss gefragt werden, ob Publika bereits vor der Medienzuwendung<br />

als objektiv beschreibbare Gruppen bestehen oder ob sie<br />

sich erst durch die Mediennutzung für eine kurze oder längere Zeit als<br />

„Gruppe von Individuen mit gemeinsamen Merkmalen“ formieren (vgl.<br />

McQuail 1997). Dabei wird man je nach Forschungsverständnis eher<br />

nach feststehenden Merkmalen von Personen oder nach situational<br />

bedingten Merkmalen von Personen suchen, um die Mediennutzung<br />

zu erklären. Für die erste Gruppe von Merkmalen stehen soziodemografische<br />

Variablen wie Alter, Geschlecht, Bildung, sozioökonomische<br />

Schicht oder soziales Milieu, für die zweite Gruppe etwa die Nutzungssituation<br />

wie Ort, soziale Konstellation der gemeinsam anwesenden<br />

Personen oder emotionale und motivationale Lage der Nutzer zur<br />

Verfügung. Neuere Studien versuchen, das Medienpublikum zu typo-


Mirko Marr / heinz Bonfadelli<br />

logisieren (Lebensstil- bzw. Media-Typen), und zwar auf der Basis vielfältiger<br />

Aspekte wie Lebensstile, Konsumpräferenzen, Erlebnisweisen<br />

oder Mediennutzungsmuster (vgl. Krotz 1991; Jäckel 1996a; Vyncke<br />

2002; Oehmichen/Ridder 2003; Dehm/Storll/Beeske 2004).<br />

Als historischer Trend lässt sich feststellen, dass man von der Sicht Dimensionen des<br />

des Mediennutzers als passivem Opfer oder Konsumenten hin zu der- Publikums<br />

jenigen des aktiven Nutzers mit Absichten und Gestaltungsfreiraum<br />

gelangt ist (vgl. Jäckel 1996b). Während das Publikum zu Beginn der<br />

Nutzungsforschung im Kontext der Massenpsychologie als undifferenzierte<br />

Masse von anonymen, isolierten, manipulierbaren Einzelpersonen<br />

betrachtet wurde, ging die Konzeption im Kontext der sozialpsychologischen<br />

Forschung zu Gruppenprozessen zur Betrachtung<br />

von formell oder informell organisierten Gruppen mit Meinungsführern<br />

über. Es folgten darauf Studien zur Definition des Publikums als<br />

wirtschaftlich oder politisch relevante Zielgruppen und als knappes<br />

Gut im zunehmenden Kampf um Aufmerksamkeit. Die finanziellen<br />

Kosten für den Zugang zu Medien werden immer geringer, der Preis<br />

ist die „Lebenszeit“ des Publikums, das sich Medien zuwendet, die<br />

sich primär als Werbeträger finanzieren. Der Nutzenansatz (Uses-and-<br />

Gratifications-Approach) befasste sich mit den Motiven der Medienzuwendung<br />

respektive mit den erwarteten Bedürfnisbefriedigungen<br />

(vgl. Palmgreen 1984). Aus der Sicht des Publikums als Individuen,<br />

die sich frei und vorübergehend bestimmten Teil-Kulturen zuwenden,<br />

wird das Konzept des „Fans“ (vgl. Vogelgesang 1996) oder allgemeiner<br />

der „Interpretationsgemeinschaften“ (vgl. Lindlof 1988) bedeutsam.<br />

Medien und spezifische Inhalte werden dazu verwendet, sich selbst<br />

oder eine Gruppe, der man sich zugehörig fühlt, zu definieren und sich<br />

nach aussen abzugrenzen (vgl. Vogelgesang 1991; Eckert/Vogelgesang/<br />

Wetzstein 1993; Winter 1993; Klaus 1997). In einer Gesellschaft der<br />

späten Moderne (vgl. Beck/Giddens/Lash 1996), in der traditionelle<br />

Werte und Rollen zunehmend an Bedeutung verlieren, bieten Fan-Gemeinschaften<br />

Orientierungshilfen an, um eine Sinndimension in den<br />

eigenen Alltag und die eigene Biografie zu legen (vgl. Abercrombie/<br />

Longhurst 1998). In diesem Sinn ist jede Mediennutzung in Alltagskontexte<br />

eingebettet, ist Medienumgang immer auch Alltagshandeln,<br />

oder umgekehrt ist das Alltagshandeln moderner Menschen vielfältig<br />

„mediatisiert“, d. h. von Medien wie beispielsweise Handy und Internet<br />

durchdrungen (vgl. Röser 2007).<br />

553


554 Mediennutzungsforschung<br />

Fünf Publikumskonzeptionen<br />

Zusammenfassend lassen sich idealtypisch fünf Konzeptionen<br />

des Publikums unterscheiden (vgl. Abb. 2), die je von anderen Prämissen<br />

ausgehen und ihre jeweiligen Stärken und Schwächen haben<br />

(vgl. Jensen/Rosengren 1990). Bestimmte theoretische Positionen und<br />

empirische Studien können als typisch für die jeweilige Publikumskonzeption<br />

betrachtet werden.<br />

Abbildung 2: Fünf theoretische Konzeptionen des Medienpublikums<br />

Publikumstyp Masse Zielgruppe Individuum Sozialer Akteur Fan-Kultur<br />

Bezugsbereich Gesellschaft Markt Lebenswelt Öffentlichkeit Sinn-Gemeinde<br />

Perspektive zivilisatorisch wirtschaftlich psychologisch politisch kulturell<br />

Rolle sozialer<br />

Charakter<br />

Zusammensetzung<br />

Konsument Individuum Bürger Mensch<br />

uniform homogen pluralistisch heterogen differenziert<br />

Aktivität gering gering mittel mittel hoch<br />

Wirkungsintention<br />

Wirkungsmodus Stimulus-<br />

Response<br />

Wirkungsqualität<br />

Methodischer<br />

Zugriff<br />

Propaganda Kontakt Gratifikation Information Erfahrung<br />

Aufmerk samkeit Media-Use Decoding Ritual<br />

persuasiv anregend selektiv aufklärerisch interpretativ<br />

theoretische<br />

Essays<br />

elektronische<br />

Messung<br />

Theorien Kulturkritik Publikumsforschung<br />

Quelle: nach Bonfadelli (2004: 59)<br />

Leitfragen der<br />

Mediennutzungsforschung<br />

standardisierte<br />

Befragung<br />

Feldstudie, Experiment<br />

verstehende<br />

Methoden<br />

Nutzenansatz Wissenskluft Cultural Studies<br />

2 Mediennutzungsforschung:<br />

Forschungstypen, Zielstellungen<br />

und methodische Zugänge<br />

Nach Hasebrink (1995: 17) soll die Mediennutzungsforschung rezipientenorientiert<br />

folgende Leitfragen beantworten: Wer ist für welche<br />

Medien erreichbar bzw. wer wird erreicht? Wie lange und zu welchen<br />

Zeiten werden Medien genutzt? Was halten die Menschen von den


Mirko Marr / heinz Bonfadelli<br />

Medien, und was erwarten sie von ihnen? Wie werden die verschiedenen<br />

Angebote einzelner Medien genutzt, d. h. wie gehen die Menschen mit<br />

dem Fernsehprogramm, mit der Tageszeitung oder mit dem Internet<br />

um? Aus prognostischer bzw. historischer Perspektive, also bezogen auf<br />

Langfristtrends: Wie verbreiten sich neue Medien als Innovationen?<br />

Werden die bestehenden „alten“ Medien durch die „neuen“ verdrängt?<br />

Beziehungsweise: Welche Funktionsverschiebungen zwischen den<br />

Medien oder zwischen Mediennutzung und anderen Handlungen (insbesondere<br />

Freizeitverhalten) stellen sich ein?<br />

Bearbeitet werden diese Fragestellungen von zwei Forschungstypen<br />

(vgl. Bonfadelli 2004: 53 ff.), die sich hinsichtlich ihrer Institutionalisierung,<br />

ihrer Zielstellung und ihrer Methoden unterscheiden<br />

lassen: die eher deskriptive angewandte Publikums- oder Mediaforschung<br />

(Frey-Vor/Siegert/Stiehler 2008) und die theorieorientierte<br />

akademische Nutzungsforschung, welche sich in jüngster Zeit stärker<br />

zu akzentuieren versucht (Meyen 2004; Schweiger 2007).<br />

2.1 Angewandte publikumsforschung<br />

Die Publikumsforschung wird in der Regel von den Medienanbietern<br />

und der werbetreibenden Wirtschaft in Auftrag gegeben und von kommerziellen<br />

Forschungsinstituten durchgeführt. Die dabei gewonnenen<br />

Befunde dienen in erster Linie zur Herstellung einer „Währung“, mit<br />

der sich die Werbeleistungen einzelner Medienangebote (Werbeträger)<br />

verrechnen lassen. Darüber hinaus werden sie aber auch zur<br />

redaktionellen Erfolgskontrolle und Planung eingesetzt. Ökonomisch<br />

betrachtet, hat die Bedeutung der angewandten Publikumsforschung<br />

in dem Masse zugenommen, in dem die Zahl der Anbieter angewachsen<br />

ist, die im Medienmarkt um die Aufmerksamkeit des Publikums<br />

ringen, sodass man inzwischen von der Publikumsforschung<br />

als eigenständiger Marktmacht sprechen kann (vgl. Frey-Vor/Siegert/<br />

Stiehler 2008: 33 ff.).<br />

Aus wissenschaftlicher Perspektive besteht das Ziel der angewandten<br />

Forschung weniger in der Erklärung der Mediennutzung,<br />

sondern vor allem in deren kontinuierlicher Beschreibung (Deskription),<br />

weshalb theoretische Bezüge nur sporadisch hergestellt werden.<br />

Symptomatisch für diesen Forschungstyp ist ausserdem die Reduktion<br />

des Publikums auf Zielgruppen und jene der Mediennutzung auf<br />

555<br />

Zwei Funktionen<br />

der Publikumsforschung<br />

Angewandte Publikumsforschung:<br />

Schwächen


556 Mediennutzungsforschung<br />

Stärken<br />

Träger und<br />

Methoden<br />

Leserschaftsforschung:<br />

Telefoninterviews<br />

Fernsehforschung:<br />

Metersysteme<br />

die Dimension des Kontaktes (vgl. Hasebrink 2003; Frey-Vor/Siegert/<br />

Stiehler 2008). So gilt etwa das Durchblättern einer Zeitung oder die<br />

Anwesenheit vor dem laufenden TV-Gerät als „Nutzung“. Die eigentliche<br />

„Währung“ entsteht durch die Aggregation der individuellen<br />

Kontakthäufigkeiten zu den sogenannten Ratings (Reichweite, Marktanteil,<br />

Nutzungsdauer), die sich anschliessend nach verschiedenen Zielgruppen<br />

aufschlüsseln und in Kontaktpreise umrechnen lassen. Zu den<br />

Stärken der angewandten Forschung gehören neben der Kontinuität,<br />

der Schnelligkeit (TV-Nutzungsdaten liegen bereits am Tag nach der<br />

Programmausstrahlung vor) und der Genauigkeit der Kontaktmessung<br />

zum einen die Grösse und die Repräsentativität der Stichproben und<br />

zum anderen die zahlreichen Möglichkeiten der Segmentierung des<br />

Publikums nach sozio- oder psychografischen Merkmalen.<br />

Betrieben wird diese Forschung bisher v. a. als Einzelmedia-Forschung<br />

(Buch-, Leserschafts-, Radio- und Fernseh- sowie neu Online-<br />

Forschung), obwohl für die Werbewirtschaft die Intermedia-Forschung,<br />

d. h. die intermedial vergleichende Erfassung von Werbeträgern und<br />

ihrer Beachtung durch Zielpublika, zunehmend wichtiger wird (vgl.<br />

Böhme-Dürr/Graf 1995; Klingler/Roters/Zöllner 1998; Rössler 1998).<br />

Je nach Medientyp kommen bei der angewandten Nutzungsforschung<br />

verschiedene Erhebungsmethoden zum Einsatz. In der Leserschaftsforschung<br />

wird in erster Linie auf das Verfahren des Telefoninterviews<br />

zurückgegriffen. Erfragt wird dabei der Kontakt mit der jeweils letzten<br />

Ausgabe der verschiedenen Printtitel, woraus sich die Reichweite bzw.<br />

die Anzahl der Leser pro Ausgabe (LpA) ermitteln lässt. Darüber<br />

hinaus kommen eher sporadisch als systematisch auch Copy-Tests oder<br />

Blickverlaufsanalysen (z. B. Bucher/Schumacher 2007) zum Einsatz,<br />

mit denen die Aufmerksamkeit für bestimmte Themen oder gestalterische<br />

Elemente erhoben wird. Beim Copy-Test wird mit Probanden jede<br />

Seite einer Zeitungsausgabe vom vorhergehenden Tag durchgegangen<br />

und abgefragt, welche Artikel wie stark beachtet respektive gelesen<br />

oder überflogen wurden. Bei Blickverlaufsanalysen wird dieser Prozess<br />

direkt festgehalten, indem Testpersonen eine spezielle Lesebrille tragen,<br />

welche die Fixationspunkte der Augen auf der Zeitungsseite (oder am<br />

Bildschirm) festhalten können.<br />

In der Fernsehforschung dominierte lange Zeit ebenfalls die<br />

standardisierte Stichtagsbefragung. Diese wurde aber in den 1980er-<br />

Jahren durch technische Messgeräte (Metersysteme) ersetzt, welche


Mirko Marr / heinz Bonfadelli<br />

die Mediennutzung ohne Umweg über die Befragung und ohne Zeitverzögerung<br />

(Problem des Vergessens) erheben. Mittels am Fernseher<br />

angeschlossener Geräte wird in einem repräsentativ zusammengesetzten<br />

Haushaltspanel kontinuierlich erfasst, was von wem wie lange<br />

gesehen wird. Voraussetzung dafür ist, dass jedes Haushaltsmitglied<br />

seine Anwesenheit vor dem Fernseher über eine spezielle Fernbedienung<br />

an- und abmeldet. Darüber hinaus registriert die Technologie<br />

auch die Aufzeichnung und das Abspielen von Videos/DVDs sowie die<br />

Nutzung des Videotextes.<br />

Ein ähnlicher Methodenwechsel wie beim Fernsehen deutet sich<br />

inzwischen auch in der Radioforschung an. Während man in Deutschland<br />

und Österreich nach wie vor auf das Verfahren der Tagesablaufbefragung<br />

vertraut, bei der die Radionutzung an einem Stichtag in<br />

15-Minuten-Intervallen erhoben wird, kommt in der Schweiz seit dem<br />

Ende der Neunziger-Jahre ein sog. „People-Meter“ in Form einer Armbanduhr<br />

zum Einsatz. Diese „Radiowatch“, die von den ausgewählten<br />

Panalteilnehmern jeweils während einer Woche getragen wird, verfügt<br />

über ein Mikrofon, das für je 4 Sekunden pro Minute die Umgebungsgeräusche<br />

aufnimmt. Parallel dazu werden alle Radioprogramme aufgezeichnet.<br />

Als Nutzer eines Senders gilt der Uhrenträger, sobald sich<br />

in einem nachträglichen Abgleichverfahren das Umgebungsgeräusch<br />

einem aufgezeichneten Programm zuordnen lässt. Da die Uhr, anders<br />

als die Technologie der Fernsehforschung, unabhängig vom jeweiligen<br />

Empfangsgerät misst, kann sie auch den beim Radio beträchtlichen<br />

Anteil der Ausserhausnutzung abbilden.<br />

Auch in der Internetforschung konkurrieren Befragungsmethoden<br />

und technische Messsysteme miteinander, wobei derzeit in vielen Ländern<br />

noch beide Verfahren zum Einsatz kommen. Die Erhebung qua<br />

Interview sieht sich bei diesem angebotsreichen Werbeträger mehr als<br />

bei allen anderen mit dem Problem konfrontiert, dass die Angabe von<br />

genutzten Websites sehr hohe Ansprüche an das Erinnerungsvermögen<br />

der Befragten stellt. Die technische Messung, die in der Regel durch<br />

eine im Computer des Panelteilnehmers installierte Registrierungssoftware<br />

erfolgt, kann dieses Problem zwar lösen, muss sich allerdings<br />

meist auf die Nutzung zu Hause beschränken. Der nicht unbeträchtliche<br />

Teil der Internetnutzung, der ausser Haus und hier insbesondere<br />

im schulischen oder beruflichen Kontext stattfindet, bleibt dabei meist<br />

unbeobachtet. Ergänzend wird die Nutzung bestimmter Websites auch<br />

557<br />

Radioforschung:<br />

Telefoninterviews<br />

und Radiowatch<br />

Internetforschung:<br />

verschiedene<br />

Methoden


558 Mediennutzungsforschung<br />

durch die Auswertung der Log-Files auf der Seite des jeweiligen Anbieters<br />

gemessen. Die Beschränkung dieses Verfahrens besteht darin, dass<br />

es nur sehr rudimentäre Angaben über die Zusammensetzung der<br />

Nutzerschaft liefern kann. Abbildung 3 liefert einen Überblick über die<br />

Publikumsforschung in der Schweiz. Eine analoge Zusammenstellung<br />

für die Situation in Deutschland findet sich bei Meyen (2004: 72 ff.)<br />

oder Frey-Vor/Siegert/Stiehler (2008: 147 ff.).<br />

Abbildung 3: Publikumsforschung in der Schweiz<br />

Medium Zeitung/Zeitschrift Radio TV Internet<br />

Studie MACH-Studie<br />

Schweiz<br />

Verantwortung AG für Werbemedienforschung<br />

(WEMF)<br />

Radiopanel der Mediapulse<br />

AG<br />

Methode Befragung Technische Messung<br />

Grundgesamtheit Wohnbevölkerung<br />

CH und FL ab 14<br />

Jahren<br />

Stichprobe ca. 23‘500 Personen<br />

pro Jahr<br />

Fernsehpanel der<br />

Mediapulse AG<br />

NET-Metrix Profile<br />

Mediapulse AG Mediapulse AG NET-Metrix AG<br />

Wohnbevölkerung<br />

CH und FL ab 15<br />

Jahren<br />

ca. 1 000 Personen<br />

täglich<br />

Technische Messung<br />

Wohnbevölkerung<br />

CH und FL ab 3<br />

Jahren in TV-Haushalten<br />

1 900 HH = 4 200 Personen<br />

täglich<br />

Technische Messung<br />

& Befragung<br />

Wohnbevölkerung<br />

CH und FL ab 14<br />

Jahren mit Internetnutzung<br />

ca. 40‘000 Onsite-Interviews<br />

pro Jahr<br />

Erhebung laufend laufend laufend 2 x pro Jahr<br />

Bezugsgrösse Zeitungs-/Zeitschriftentitel<br />

Kennwerte Reichweite (RW)<br />

Leser pro Ausgabe<br />

(LpA)<br />

Sender in 20-Sekunden-Intervallen<br />

Reichweite (RW)<br />

Marktanteil (MA)<br />

Rating<br />

Sender in 30-Sekunden-Intervallen<br />

Reichweite (RW)<br />

Marktanteil (MA)<br />

Rating<br />

Websites und Channels/Rubriken<br />

Page Impressions<br />

(PI)<br />

Unique Users (UU)<br />

Infos wemf.ch publicadata.ch; mediapulse.ch netmetrix.ch<br />

Quelle: eigene Zusammenstellung


Mirko Marr / heinz Bonfadelli<br />

2.2 Akademische Nutzungsforschung<br />

Wie ihr Name schon verrät, wird die akademische Mediennutzungsforschung<br />

vor allem an und von Hochschulen und Universitäten betrieben.<br />

Beteiligt sind dabei neben der Publizistik- und Kommunikationswissenschaft<br />

sowohl andere sozialwissenschaftliche Disziplinen als auch<br />

die Geistes- und Kulturwissenschaften. Die akademische Nutzungsforschung<br />

verfolgt eine doppelte Zielstellung. Zum einen strebt sie analog<br />

zur Publikumsforschung danach, die Mediennutzung beschreibend<br />

zu erfassen. Als Grundlage dient ihr dabei jedoch ein Nutzungsverständnis,<br />

das in seiner Differenziertheit über jenes der angewandten<br />

Forschung hinausgeht, indem es neben der Häufigkeit und Dauer des<br />

Kontaktes mit einem Medienangebot auch qualitative Merkmale wie<br />

Intentionalität, Grad der Aufmerksamkeit, Involviertheit, Ausschliesslichkeit<br />

vs. Parallelhandlungen oder Regelmässigkeit des Kontaktes<br />

mit dem Medium respektive dem Inhalt einbezieht (vgl. Neverla 1992;<br />

Donnerstag 1996; Jäckel 1996b).<br />

Zum anderen erhebt die universitäre Forschung den Anspruch, die<br />

Zuwendung zu Medien und ihren Angeboten nicht nur beschreiben,<br />

sondern auch theoriegeleitet erklären und verallgemeinern zu können<br />

(vgl. McQuail 1997; Abercrombie/Longhurst 1998; Dickinson/Harindranath/Linné<br />

1998; Schweiger 2007). Aus der Perspektive der Nutzer<br />

wird dabei nach den Determinanten der Medienwahl sowie der quantitativen<br />

und qualitativen Mediennutzung gefragt. Von Interesse sind<br />

dabei sowohl Merkmale der Rezipienten wie etwa Bedürfnisse, Interessen<br />

oder Gewohnheiten als auch Merkmale des sozialen Kontextes<br />

der Nutzung wie etwa der Medienzugang, die erworbene Kompetenz<br />

im Medienumgang oder das für Medien zur Verfügung stehende Zeitbudget.<br />

Die Einlösung dieser doppelten Zielstellung zwingt die akademische<br />

Nutzungsforschung in methodischer Hinsicht zum einen zur<br />

Konstruktion geeigneter Indikatoren, die in der Lage sind, sowohl die<br />

quantitativen und qualitativen Dimensionen der Mediennutzung als<br />

auch deren je nach Fragestellung theoretisch hergeleitete Determinanten<br />

abzubilden. Zum anderen ist die Entwicklung von Untersuchungsdesigns<br />

erforderlich, die eine Überprüfung kausaler Verknüpfungen<br />

von abhängigen und unabhängigen Variablen erlauben. Als<br />

Erhebungsmethode wird in der Regel auf verschiedene Formen der<br />

Akademische<br />

Nutzungsforschung:<br />

Träger<br />

und Zielsetzungen<br />

Deskription<br />

Erklärung<br />

Indikatoren der<br />

Mediennutzung<br />

und Untersuchungsdesigns<br />

559


560 Mediennutzungsforschung<br />

Qualitative<br />

Methoden:<br />

„weichere“ Daten<br />

Fragestellungen:<br />

zahlreich und<br />

heterogen<br />

standardisierten Befragung zurückgegriffen. Dabei gilt es festzustellen,<br />

dass es den entsprechenden Studien aus forschungsökonomischen<br />

Gründen nicht nur an Kontinuität, sondern meist auch an Repräsentativität<br />

mangelt. Eine Ausnahme bildet hier die von ARD und ZDF in<br />

Auftrag gegebene Studie „Massenkommunikation“, welche seit 1964 in<br />

Abständen von jeweils fünf Jahren in Deutschland durchgeführt wird<br />

und auf der Basis repräsentativer Befragungen in der Lage ist, massgebliche<br />

Veränderungen in der Nutzung und Bewertung der Medien zu<br />

beschreiben zu können. Die aktuellste Erhebung stammt aus dem Jahr<br />

2005 (vgl. Reitze/Ridder 2006; Ridder/Engel 2005). In der Schweiz wird<br />

ein ähnliches Ziel mit dem Medienmodul der UNIVOX-Befragungen<br />

verfolgt (vgl. zuletzt Bonfadelli 2010). Die entsprechenden Erhebungen<br />

finden seit 1987 im Abstand von zwei Jahren statt, beschränken sich auf<br />

die Deutschschweiz und die Romandie und erfassen deutlich weniger<br />

Indikatoren als die deutsche Langzeitstudie.<br />

Neben der standardisierten Vorgehensweise spielen in der akademischen<br />

Nutzungsforschung neuerdings auch qualitative Erhebungsmethoden<br />

und dazu korrespondierend sog. „weichere“ Daten zum<br />

Nutzungsprozess eine wichtigere Rolle. Diese unter dem Einfluss neuer<br />

Denkschulen, wie z. B. der Cultural Studies, forcierten Herangehensweisen<br />

vermögen der theoretischen Konzeption des aktiven, interpretierenden<br />

Mediennutzers besser gerecht zu werden (vgl. Wagner 1999),<br />

jedoch oft auf Kosten der Generalisierbarkeit ihrer Befunde.<br />

3 Fragestellungen und Perspektiven<br />

Die unterschiedlichen Publikumskonzeptionen der Mediennutzungsforschung,<br />

ihre doppelte Institutionalisierung, ihre Interdisziplinarität<br />

und nicht zuletzt die Komplexität ihres Gegenstandes haben zur Folge,<br />

dass die von ihr bearbeiteten Fragestellungen ausgesprochen zahlreich<br />

und heterogen sind, weshalb ein vollständiger Überblick kaum möglich<br />

ist. Im Sinne einer pragmatischen Lösung sollen im Folgenden<br />

vier Hauptfragestellungen unterschieden werden, denen sich ein nicht<br />

unbeträchtlicher Teil der Forschung zuordnen lässt. Danach beschäftigt<br />

sich die Mediennutzungsforschung erstens mit den Voraussetzungen<br />

der Medienzuwendung, zweitens mit deren Modalitäten und drittens<br />

mit den Differenzen dieser beiden Dimensionen über verschiedene


Mirko Marr / heinz Bonfadelli<br />

Gruppen der Nutzerschaft hinweg. Bei allen drei Fragestellungen ist zu<br />

berücksichtigen, dass die Antworten über die Zeit hinweg sehr unterschiedlich<br />

ausfallen können, weshalb die Nutzungsforschung viertens<br />

nach dem Wandel der Voraussetzungen, der Modalitäten und der Differenzen<br />

fragt.<br />

3.1 Nutzungsvoraussetzungen<br />

Als Nutzungsvoraussetzungen gelten jene Merkmale, die die Nutzung<br />

von Medien vorgängig bedingen. Von Bedeutung sind hierbei der<br />

Zugang zu Medien, die verfügbare Mediennutzungszeit, die Nutzungsbedürfnisse<br />

sowie die Nutzungskompetenz.<br />

a) Verfügbares Medienangebot: Damit Menschen Medien überhaupt Verfügbares<br />

nutzen können, muss zunächst einmal der Zugang zu diesen Medienangebot<br />

gewährleistet sein. Darum muss geklärt werden, inwiefern diese<br />

Voraussetzung als erfüllt angesehen werden kann, d. h., nach welchem<br />

Muster sich Medien über die Zeit und über die Mitglieder<br />

einer Gesellschaft hinweg verbreiten und welche begünstigenden,<br />

aber auch hemmenden Faktoren eine Rolle spielen. Grundsätzlich<br />

ist zwischen dem Zugang zu den Verbreitungstechnologien (Hardware)<br />

einerseits und den medialen Inhalten und Anwendungen<br />

(Software) andererseits zu differenzieren. Um die Beschreibung<br />

und die Erklärung der Verbreitung von Medientechnologien und<br />

-angeboten hat sich vor allem die Diffusions-/Innovationsforschung<br />

verdient gemacht (vgl. Rogers 2003), indem sie nicht nur<br />

zahlreiche Daten über die Implementierung bisheriger Innovationen<br />

zusammengetragen hat, sondern gleichzeitig sowohl makroals<br />

auch mikrotheoretische Modelle bereitstellt, die den Verlauf<br />

künftiger Verbreitungsprozesse prognostizieren können.<br />

b) Verfügbare Zeit: Der Zugang zu den Medien und ihren Angeboten<br />

ist zwar eine notwendige, aber längst keine hinreichende Bedingung<br />

für deren Nutzung. Damit diese stattfinden kann, muss<br />

zusätzlich zum Zugang vorausgesetzt werden, dass den Rezipienten<br />

die für die Mediennutzung erforderliche Zeit zur Verfügung steht.<br />

Grundsätzlich kann hierzu festgestellt werden, dass moderne<br />

Gesellschaften aufgrund sich verändernder Rahmenbedingungen<br />

Verfügbare Zeit<br />

561


562 Mediennutzungsforschung<br />

Bedürfnisse und<br />

Erwartungen<br />

durch eine kontinuierliche Zunahme von frei verfügbarer Zeit<br />

gekennzeichnet sind. Für die Mediennutzungsforschung ist hier<br />

von Interesse, womit diese freie Zeit gefüllt wird, welcher Stellenwert<br />

dabei der Zuwendung zu den Medien zukommt oder inwiefern<br />

das Publikum seine Lebenszeit dem Rhythmus der Medien<br />

anpasst (vgl. Neverla 1992). Zusätzlich Relevanz gewinnen diese<br />

Fragen durch die Tatsache, dass der Umfang des verfügbaren Angebots<br />

etwa durch die Zunahme der Kanäle und der Sendezeit beim<br />

Fernsehen oder die enorme Bereitstellungskapazität des Internets<br />

stetig zunimmt, während die Nutzungszeit ein knappes Gut ist,<br />

dessen Ausweitung an natürliche Grenzen stösst. Als Folge steigt<br />

der Anteil des ungenutzten Angebotes kontinuierlich. Für die<br />

Medienanbieter bedeutet dies eine verschärfte Konkurrenz um die<br />

Zeit des Publikums und zwingt sie u. a. zur Erschliessung restlicher<br />

Zeitinseln, wie etwa der des Arbeitsweges durch die Lancierung<br />

von Pendlerzeitungen. Für das Publikum bedeutet das Missverhältnis<br />

zwischen Angebot und Nutzungszeit je nach Diktion einen<br />

wachsenden Selektionsdruck oder eine erhöhte Wahlfreiheit (vgl.<br />

Jäckel 1996b), was für die Nutzungsforschung die grundsätzliche<br />

Frage aufwirft, wie die Nutzer dieser Situation begegnen (vgl. Eilders<br />

1999).<br />

c) Bedürfnisse und Erwartungen: Die bisherigen Ausführungen haben<br />

deutlich gemacht, dass die Entscheidung für ein Medienangebot<br />

stets eine Entscheidung gegen zahlreiche mediale und nicht<br />

mediale Alternativen einschliesst. Wie diese Entscheidung ausfällt,<br />

hängt vor allem von den Bedürfnissen und den konkreten Zielen<br />

der Nutzerschaft ab, weshalb diese als eine dritte wichtige Voraussetzung<br />

der Mediennutzung gelten können. Die Analyse dieser<br />

Nutzungsbedürfnisse ist das zentrale Forschungsinteresse der<br />

Uses-and-Gratifications-Forschung (vgl. dazu Beitrag Medienwirkungsforschung,<br />

i. d. B.), die als einer der wichtigsten Teilbereiche<br />

der Nutzungsforschung gilt und als solcher bereits auf eine lange<br />

Tradition mit einer umfangreichen Forschungstätigkeit zurückblicken<br />

kann). Ausgehend von der Annahme eines bewussten, aktiven<br />

und zielgerichteten Mediennutzers, wird dabei zunächst einmal<br />

gefragt, welche Medien für die Befriedigung welcher Bedürfnisse<br />

in Anspruch genommen werden und wie sich diese Bedürfnisse


Mirko Marr / heinz Bonfadelli<br />

klassifizieren lassen. Diesbezüglich existiert eine ganze Reihe von<br />

Typologisierungsvorschlägen. So differenziert etwa McQuail (1997:<br />

72) zwischen dem Informationsbedürfnis, dem Unterhaltungsbedürfnis,<br />

dem Bedürfnis nach Integration und sozialer Interaktion<br />

sowie dem nach Stabilisierung der persönlichen Identität. Bonfadelli<br />

(2004: 171 f.) verwendet dagegen eine Unterscheidung von<br />

kognitiven, affektiven, sozial-integrativen und integrativ-habituellen<br />

Bedürfnissen. Welche Medien bzw. welche Medienangebote<br />

zur Befriedigung der verschiedenen Bedürfnisse herangezogen<br />

werden, ist massgeblich von der Einschätzung ihres Gratifikationspotenzials<br />

durch die Nutzer abhängig. Als wichtige Grundlagen<br />

hierfür können einerseits die in der vorangegangenen Nutzung<br />

gewonnenen Erfahrungen mit diesen Angeboten oder andererseits<br />

die zu Images geronnenen Vorstellungen von deren spezifischer<br />

Leistungsfähigkeit gelten. Zu berücksichtigen ist allerdings, dass<br />

Mediennutzung nur bedingt zielgerichtet und bedürfnisorientiert<br />

erfolgt, sondern zu einem nicht unbeträchtlichen Teil unbewusst,<br />

habitualisiert und im Rahmen von wenig reflektierten Nutzungsgewohnheiten<br />

stattfindet (vgl. Schönbach 1997).<br />

d) Medienkompetenz: Neben einem existierenden Zugang, der nötigen Medien-<br />

Nutzungszeit und bestehender Nutzungsbedürfnisse kann schliesskompetenzlich auch die Fähigkeit, Medien sachgerecht und kompetent zu verwenden,<br />

als Voraussetzung der Mediennutzung betrachtet werden.<br />

Aus der Perspektive der Medienpädagogik, die sich vorrangig mit<br />

der Analyse dieser Voraussetzung beschäftigt, wird kompetenter<br />

Medienumgang normativ verstanden als die Fähigkeit, Medien<br />

sinnvoll in den eigenen Alltag zu integrieren, sie bedürfnisorientiert<br />

zu nutzen, ohne unerwünschte Nebeneffekte zu erleben und<br />

die Medien im Rahmen ihrer Produktionsbedingungen verstehen<br />

und kritisieren zu können (vgl. Schell/Stolzenburg/Theunert 1999;<br />

Bonfadelli et al. 2005; Sander/von Gross/Hugger 2008). Für die<br />

Mediennutzung ergeben sich hieraus Fragen nach der Verbreitung<br />

und der Qualität von Medienkompetenz und ihrer Implikationen<br />

für die Zuwendung zu und die Exklusion von bestimmten Angeboten.<br />

563


564 Mediennutzungsforschung<br />

Medienzuwendung:<br />

Frequenz<br />

und Dauer<br />

Grad der Aufmerksamkeit<br />

3.2 Nutzungsmodalitäten<br />

Unter Nutzungsmodalitäten können verschiedene Formen der Medienzuwendung<br />

bzw. der Art und Weise, wie Menschen mit den Medien<br />

umgehen, verstanden werden. Hierzu zählen u. a. die Nutzungsdauer<br />

und die Nutzungsfrequenz, zudem die Medienaufmerksamkeit bzw.<br />

das Involvement sowie die Bewertung des genutzten Angebotes.<br />

Die Zuwendung zu Medien lässt sich zunächst einmal mit den quantitativen<br />

Dimensionen der Dauer und der Frequenz charakterisieren,<br />

die als direkte Funktionen der Nutzungsvoraussetzungen (Zugang,<br />

Zeit und Bedürfnisse) betrachtet werden können. Aus der Perspektive<br />

der Medienanbieter sind wissenschaftliche Befunde zu diesen beiden<br />

Indikatoren wichtige Kriterien, um den Erfolg oder den Misserfolg der<br />

eigenen Produkte auf dem Publikumsmarkt zu bestimmen, wobei die<br />

Dauer etwas über den zeitlichen Umfang der Nutzung aussagt, während<br />

sich mit der Frequenz die längerfristige Bindung des Publikums<br />

an ein Angebot ermitteln lässt. Aus der Perspektive der Mediennutzer<br />

lassen sich die Daten zur Nutzungsdauer heranziehen, um zu klären,<br />

nach welchen Regeln das bereitstehende Medienzeitbudget auf die verschiedenen<br />

Medien und Angebote im Jahres-, Wochen- oder Tagesablauf<br />

verteilt wird. Durch die Aggregation der entsprechenden Daten<br />

lassen sich sogenannte Medienmenüs bestimmen, die darüber Auskunft<br />

geben, nach welchem Muster verschiedene Medienangebote miteinander<br />

kombiniert werden. Befunde zur Nutzungsfrequenz geben<br />

dagegen Auskunft über die Regelmässigkeit und Devianz sowie über<br />

den Grad der Habitualisierung des Nutzungsverhaltens. Jenseits dieser<br />

allgemeinen Fragestellungen findet im Kontext der Diskussion über<br />

mögliche Abhängigkeiten oder Suchtgefahren das Problem des übermässigen<br />

Medienkonsums besondere Beachtung. Im Zentrum stand<br />

vor allem das Fernsehen (vgl. McIlwraith 1991; Finn 1992; Kubey 1996;<br />

McIlwraith 1998), aber in jüngster Zeit auch das Internet (vgl. Young<br />

1998; Greenfield 1999; Hahn/Jerusalem 2001; Beard 2005). Demgegenüber<br />

ist das Phänomen der Medienabstinenz von der Mediennutzungsforschung<br />

vernachlässigt worden (vgl. Sicking 1998; Gerhards/Mende<br />

2004).<br />

Während die Dauer und die Frequenz der Mediennutzung deren<br />

quantitative Grenzen ausdrücken, geben andere Modalitäten Auskunft<br />

über die Qualität des Kontaktes. Zu nennen sind hier etwa der Grad der


Mirko Marr / heinz Bonfadelli<br />

Aufmerksamkeit, den die Nutzer dem Angebot entgegenbringen oder<br />

Angebote umgekehrt bei den Rezipienten erzeugen, sowie die Zielgerichtetheit,<br />

mit der die Nutzung erfolgt. Aus der frühen Radio- oder<br />

Fernsehgeschichte ist bekannt, dass sich die Zuhörer bzw. Zuschauer<br />

fasziniert von der neuen Erfindung den wenigen Sendern und Sendungen<br />

sehr gezielt zuwendeten, ihnen grosse Beachtung schenkten und<br />

konzentriert folgten. Diese Situation hat sich grundsätzlich geändert.<br />

Zwar lässt sich die gebannte Zuwendung zu elektronischen Medienangeboten<br />

etwa bei der Live-Berichterstattung spannender Sportereignisse<br />

auch heute noch beobachten. Doch sind sie eher die Ausnahmen<br />

eines Nutzungsverhaltens, das ansonsten hinsichtlich der investierten<br />

Aufmerksamkeit beträchtlichen Schwankungen unterliegt. Gleichzeitig<br />

ist auch die absichtsvolle und geplante Zuwendung längst nicht mehr<br />

die Regel. Die Nutzungsforschung versucht diese Veränderungen in<br />

der Qualität des Medienkontaktes zu erfassen und fragt nach deren<br />

Ursachen. In den Blick geraten dabei neben Rezipientenmerkmalen<br />

wie Interesse oder Identifikationsbereitschaft und Angebotsmerkmalen<br />

wie Relevanz oder Spannung auch technische Entwicklungen wie das<br />

Kofferradio oder die Fernbedienung sowie die Frage der Kopplung von<br />

Mediennutzung mit parallelen Tätigkeiten (vgl. dazu Beitrag Medienrezeptionsforschung,<br />

i. d. B.).<br />

Schliesslich interessiert sich die Nutzungsforschung auch für die Medien-<br />

Bewertung der genutzten Angebote durch verschiedene Nutzer und zufriedenheit<br />

die daraus resultierende Zufriedenheit mit bzw. Glaubwürdigkeit<br />

von Medien. Sofern Medienanbieter nicht allein nach quantitativen<br />

Erfolgen trachten, liefern ihnen Befunde zur Einschätzung ihres Angebotes<br />

zusätzliche Erfolgskriterien, die ausserdem zur Optimierung der<br />

Produkte herangezogen werden können. Für die Nutzer sind positive<br />

Erfahrungen mit den Medien nicht nur Bestätigung einer richtigen<br />

Medienwahl, sondern bilden kurzfristig eine wichtige Voraussetzung<br />

für eine Wiederholung der getroffenen Entscheidung und tragen damit<br />

langfristig zu einer Bindung an bestimmte Angebote bei. Umgekehrt<br />

kann die Kumulation enttäuschender Medienerlebnisse natürlich auch<br />

eine Abkehr von bestimmten Medien oder Angeboten nach sich ziehen.<br />

Für die Erforschung der Medienzufriedenheit ist es zum einen notwendig,<br />

sich über die Bezugsobjekte der Bewertung Klarheit zu verschaffen.<br />

Nach einer Typologie von Wirth (1999: 55 f.) kann es sich bei<br />

diesen Objekten um Personen, Medieninhalte, Mediensysteme oder<br />

565


566 Mediennutzungsforschung<br />

Soziodemografie<br />

Mediengattungen handeln. Zum anderen gilt es aber auch hinsichtlich<br />

der spezifischen Bewertungskriterien, wie etwa der Glaubwürdigkeit,<br />

der Aktualität oder der Objektivität zu differenzieren.<br />

3.3 Nutzungsdifferenzen<br />

a) Soziodemografie: Weil das Publikum der Massenmedien alles<br />

andere als eine homogene Masse darstellt, sondern lediglich das<br />

Aggregat von in sich sehr heterogenen Gruppen ist, variieren auch<br />

die Merkmale der Nutzungsvoraussetzungen und der Nutzungsmodalitäten<br />

über die Nutzerschaft hinweg beträchtlich. Mit der<br />

Frage nach den Nutzungsdifferenzen trägt die Nutzungsforschung<br />

diesem Umstand Rechnung und richtet einen beträchtlichen Teil<br />

ihrer Aufmerksamkeit auf den Vergleich verschiedener Nutzergruppen.<br />

Als Gruppierungskriterien dienen ihr dabei traditionell<br />

zunächst einmal die einzelnen soziodemografischen Merkmale, die<br />

für ihre Träger je spezifische Lebensweisen und Gestaltungsmöglichkeiten<br />

nach sich ziehen, die wiederum den Ausgangspunkt für<br />

wechselnde Arten der Medienverwendung bilden können. So fragt<br />

etwa die Genderforschung nach dem Zusammenhang zwischen<br />

Geschlechterrollen einerseits und der Aneignung von Medientechnologien<br />

(vgl. Collmer 1997), den Funktionserwartungen<br />

an Medien (vgl. Cornelissen 1998) oder den Programmvorlieben<br />

beim TV-Konsum (vgl. Röser 1998) andererseits. Die Sozialisationsforschung<br />

(vgl. Schorb/Mohn/Theunert 1998; Süss 2004), die<br />

von der Annahme ausgeht, dass sich grundsätzliche Muster der<br />

Mediennutzung im Kinder- und Jugendalter herausbilden, interessiert<br />

sich dagegen vor allem für die Rolle, die verschiedene Medien<br />

für unterschiedliche Generationen übernehmen (vgl. Peiser 1996),<br />

und wie beispielsweise neue Medien angeeignet und domestiziert,<br />

d. h. in den Alltag eingebettet werden (Röser 2007). Altersspezifische<br />

Nutzungsmerkmale erwecken aber auch das Interesse der<br />

angewandten Publikumsforschung, nicht zuletzt aufgrund der<br />

Vorliebe der werbungstreibenden Wirtschaft für das junge Publikum.<br />

Schliesslich sei noch auf jene Forschung verwiesen, die<br />

sich vor allem für mögliche medieninduzierte Benachteiligungen<br />

unterprivilegierter Gruppen interessiert und ihr Augenmerk vor<br />

allem auf bestehende Zugangs- und Nutzungsklüfte von verschie-


Mirko Marr / heinz Bonfadelli<br />

denen Bildungs- oder Einkommensgruppen – Stichwort „Digital<br />

Divide“ – legt (vgl. Norris 2001; Bonfadelli 2002; Marr 2005).<br />

b) Mediennutzer-Typologien: Die genannten demografischen MerkMediennutzermale können zwar viele, aber längst nicht alle Nutzungsdiffe- Typologien<br />

renzen erklären, weshalb in der jüngeren Vergangenheit auch<br />

solche Gruppierungsmerkmale berücksichtigt werden, die weniger<br />

sozial vorgegeben als vielmehr individuell wählbar sind (vgl. Orte<br />

2005). Hierzu zählen etwa Wertorientierungen, Lebensziele, Konsumpräferenzen,<br />

politische Ausrichtungen oder Erlebnisweisen.<br />

Gemeinhin werden diese Merkmale allein oder zusammen mit<br />

demografischen Angaben kombiniert, um Typologien zu entwickeln,<br />

die eine Zuordnung der Menschen zu verschiedenen Lebensstilen<br />

oder Milieus erlauben. Davon ausgehend, lässt sich dann<br />

nach den Differenzen im Medienumgang der einzelnen Typen<br />

fragen (vgl. Krotz 1991). Zu den vor allem in der angewandten<br />

Forschung populärsten Typologien dieser Art sind die Sinus-Milieus<br />

zu zählen (vgl. www.sinus-milieus.de). Den umgekehrten<br />

Weg gehen sogenannte Mediennutzer-Typologien, bei denen ausgewählte<br />

Merkmale der Mediennutzung als Grundlage der Typenbildung<br />

dienen, um diese Typen anschliessend hinsichtlich ihrer<br />

strukturellen oder individuellen Unterschiede zu charakterisieren.<br />

Als Beispiel hierfür kann etwa die Online-Nutzer-Typologie der<br />

ARD/ZDF-Online-Studie gelten (vgl. Oehmichen/Schröter 2004).<br />

4 ausgewählte trends<br />

4.1 Medienzugang und Medienbesitz<br />

• Die Medienausstattung der Haushalte hat stetig zugenommen, Medienzugang<br />

was dazu berechtigt, vom Trend zur „Mediengesellschaft“ zu spre- und Medienbesitz<br />

chen. Im Durchschnitt steht heute in praktisch allen Haushalten in<br />

Deutschland, Österreich und der Schweiz mindestens ein Fernsehgerät<br />

zur Verfügung. Bei den Radio- und Audiogeräten ist Mehrfachbesitz<br />

die Regel. Beim Computer und beim Internet zeigt sich,<br />

dass diese neuen Technologien ungeachtet ihrer hohen Verbreitungsdynamik<br />

längst nicht in jedem Haushalt anzutreffen sind. So<br />

567


568 Mediennutzungsforschung<br />

Quantitative<br />

Nutzung<br />

betrug der weiteste Nutzerkreis des Internets 2009 in der Schweiz<br />

rund 80 % (vgl. www.bfs.admin.ch); in Deutschland: aber erst 67 %<br />

(van Eimeren/Frees 2009).<br />

• Wegen der stark angestiegenen Verkabelung der Haushalte (bzw.<br />

Satellitenempfang), kann ein grosser Teil der Fernsehhaushalte<br />

heute rund 30 bis 40 Programme empfangen. Bei den elektronischen<br />

Medien hat die Zahl der angebotenen Programme seit Mitte<br />

der 1980er-Jahre enorm zugenommen, und zwar insbesondere<br />

durch die Etablierung lokaler und überregionaler privat-kommerzieller<br />

Radio- und Fernsehveranstalter.<br />

• Die einzelnen Medien (Zeitung, Radio, TV, Video, Internet) haben<br />

bei ihrer Verbreitung zu unterschiedlichen Zeitpunkten einen<br />

Sättigungspunkt erreicht (vgl. Hannemyr 2003). Generelle Prognosen<br />

haben sich jedoch als problematisch erwiesen, da die Diffusion<br />

eines Mediums in der Gesellschaft kaum linear verläuft, d. h.<br />

nicht nur von technischen, sondern vielmehr von verschiedensten<br />

sozialen Faktoren beeinflusst wird, die über dessen erfolgreiche<br />

Integration in den Alltag bestimmen (vgl. Flichy 1994).<br />

4.2 Quantitative Nutzung<br />

• Trotz der immer höheren Zahl empfangbarer Programme, wird<br />

meist nur ein kleiner Teil – rund ein Dutzend – auch tatsächlich<br />

auf dem Empfangsgerät abgestimmt und ein noch kleinerer Teil<br />

regelmässig genutzt.<br />

• Mit der Ausbreitung privater, kommerzieller Anbieter ist die<br />

durchschnittliche Dauer sowohl der Radio- wie der TV-Nutzung<br />

angestiegen. Umgekehrt ist die Nutzung von Tageszeitungen eher<br />

rückläufig, insbesondere bei den weniger gut Gebildeten. Allerdings<br />

zeigt etwa der Erfolg der Pendlerzeitung 20 Minuten in der<br />

Schweiz, dass Printangebote, die auf eine bestimmte Nutzungssituation<br />

ausgerichtet sind, den Trend durchaus kreuzen können.<br />

• In Deutschland wurde im Jahr 2009 das Fernsehgerät an einem<br />

durchschnittlichen Wochentag von 71 % der Personen eingeschaltet<br />

(Tagesreichweite). Die durchschnittliche Sehdauer pro Tag<br />

betrug 212 Min. (ab 3 Jahren) und bei den 3- bis 13-Jährigen 88<br />

Min. (vgl. Zubayr/Gerhard 2010). Die Werte für Österreich und<br />

die Schweiz liegen tiefer. Die Deutschschweizer verbrachten 2008


Mirko Marr / heinz Bonfadelli<br />

im Schnitt 141 Minuten, davon die 3- bis 14-Jährigen 72 Min., vor<br />

dem TV-Gerät und gehören damit weltweit zu den Fernsehnutzern<br />

mit der geringsten Sehdauer.<br />

• Im Tagesverlauf zeigt sich, dass die Zeitung und das Radio vor<br />

allem am Morgen genutzt werden. Die Fernsehnutzung erfolgt<br />

traditionell vor allem in den Abendstunden. In den letzten Jahren<br />

zeigt sich jedoch auch eine Zunahme in den Vorabend- und Nachmittagsstunden<br />

sowie am Morgen. Beim Internet als Medium, das<br />

sowohl beruflich als auch privat genutzt werden kann, zeichnen<br />

sich bisher zwei Nutzungsschwerpunkte ab: die Morgenstunden<br />

zwischen 9 und 11 Uhr sowie am Abend zwischen 18 und 21 Uhr.<br />

• Die Fernsehnutzung variiert zwischen den verschiedenen sozialen<br />

Gruppen beträchtlich. Im Vergleich zu den jungen Erwachsenen<br />

verweilen Senioren im Durchschnitt am längsten vor dem Fernsehgerät<br />

(vgl. Blödorn/Gerhards 2004; Mediapulse 2009); zwischen<br />

Männern und Frauen gibt es jedoch praktisch keine Unterschiede.<br />

Zudem ist Fernsehen eine Freizeitbeschäftigung, die bei<br />

einkommensschwächeren und auch bei weniger gebildeten Menschen<br />

deutlich mehr Zeit einnimmt als bei einkommensstarken<br />

und höher gebildeten Personen. Das Gegenteil ist beim Internet<br />

der Fall, das vor allem von jungen und gut gebildeten Personen<br />

umfangreich genutzt wird (vgl. Bonfadelli 2004).<br />

569


570 Mediennutzungsforschung<br />

Abbildung 4: Mediennutzung in Deutschland und in der Deutschschweiz<br />

Deutschland Deutschschweiz<br />

2000 2004 2008 2000 2004 2008<br />

TV Reichweite 73 74 70 74 74 74<br />

Dauer 190 210 207 137 139 141<br />

Radio Reichweite 79 79 76 92 91 91<br />

Dauer 203 196 176 192* 115 111<br />

Zeitung: Nutzer 78 76 71 70 67 60<br />

Internet: Nutzer 29 53 65 33/47 54/68 71/79<br />

TV/Radio: Reichweite in Prozent und Dauer in Min. pro Tag (Mo–So); TV: Personen ab 3 Jahren, Radio/Internet: ab 15 Jahren.<br />

Zeitung: Deutschland: Reichweite der Tageszeitungen (BDZV); Schweiz: Prozentanteil tägliche Zeitungsnutzer (Univox).<br />

Internet: Deutschland: Prozentanteil Nutzung innerhalb der letzten 4 Wochen; Schweiz: Engerer Nutzerkreis = mind.<br />

mehrmals pro Woche / Weitester Nutzerkreis = letzte 6 Monate. *: noch kein Radiocontrol.<br />

Quellen: Deutschland: TV: Gerhards/Klingler 2009; Radio: Media Analyse ma (vgl. www.mediendaten.<br />

de); Schweiz: TV/Radio: Mediapulse Jahresbericht 2008; Zeitung: Deutschland BDZV (vgl. www.bdzv.de);<br />

Schweiz: Univox-Survey 2009; Internet: Deutschland: ARD/ZDF-Onlinestudie 2009 (van Eimeren/Frees 2009);<br />

Schweiz: BfS – Bundesamt für Statistik (vgl. www.bfs.admin.ch).<br />

Nutzungspräferenzen<br />

4.3 Nutzungspräferenzen<br />

• Für die mehrsprachige Schweiz ist von Bedeutung, dass Programme<br />

anderer Sprachräume (innerhalb der Schweiz) praktisch nicht<br />

genutzt werden. Hingegen werden Unterhaltungsprogramme aus<br />

dem jeweiligen gleichsprachigen Ausland, welche per Kabel oder<br />

Satellit verfügbar sind, stark genutzt.<br />

• Die privaten Sender haben zwar eine quantitative Ausweitung des<br />

Angebotes gebracht, allerdings nicht unbedingt auch eine grössere<br />

Vielfalt der Angebote. Die Vermehrung der Medienangebote<br />

hat nicht dazu geführt, dass die Mediennutzer eine vielseitigere<br />

Auswahl treffen, sondern viel eher dazu, dass sie „mehr desselben“<br />

nutzen, d. h., es kommt zu einer stärkeren Ausprägung unterschiedlicher<br />

Präferenzgruppen. Der Krimi-Fan kann nun mehrmals<br />

täglich einen Krimi sehen, und der Sport-Fan kann mehrmals<br />

täglich eine Sportübertragung geniessen. Darin liegt die Gefahr<br />

einer Fragmentierung des Medienpublikums (vgl. Hasebrink 1997,


Mirko Marr / heinz Bonfadelli<br />

Holtz-Bacha/Peiser 1999) und damit verbunden einer Verstärkung<br />

von Kommunikations- bzw. Wissensklüften (vgl. Bonfadelli 2002).<br />

• Qualitativ betrachtet, entfielen 2008 in Deutschland 83 Minuten,<br />

d. h. 46 % der gesamten Fernsehdauer, auf Unterhaltungs- und Fiction-Angebote<br />

(Shows, Serien, Filme) und 63 Minuten bzw. 35 %<br />

auf Informationsangebote: Fernsehen ist also für die Zuschauer in<br />

höherem Masse ein Unterhaltungs- als ein Informationsmedium,<br />

allerdings hat der Anteil der Sparte „Information/Infotainment“ seit<br />

2001 (40 %) markant zugenommen (vgl. Gerhards/Klingler 2009).<br />

• Das Radio hat sich von einem Medium des gezielten Zuhörens zu<br />

einem ausgesprochenen Begleitmedium entwickelt. Nur noch ein<br />

Viertel der gesamten Radionutzung geschieht, ohne dass gleichzeitig<br />

eine andere Tätigkeit ausgeübt wird (vgl. Schäffner/Grahn/<br />

Böringer 2002). Je jünger das Publikum ist, desto wichtiger ist die<br />

Musik und desto weniger werden die News bzw. Informationsangebote<br />

genutzt. Diese aktuelle Funktion des Radios ist ein typisches<br />

Beispiel für eine Funktionsverschiebung eines alten Mediums,<br />

bedingt durch ein neues Medium. Vor der Etablierung des Fernsehens<br />

wurde das Radio in der Hauptabendzeit als Medium der<br />

Unterhaltung genutzt, z. B. für Hörspiele. Diese Funktion, inklusive<br />

der Genres, ging in den 1950er-Jahren an das Fernsehen über<br />

(Beispiele hierfür sind Soap Operas, Western, Krimis).<br />

4.4 Nutzungsgewohnheiten<br />

• Das Fernsehen wird zu Lasten anderer Medien und Aktivitäten Nutzungs-<br />

stärker genutzt; gleichzeitig deutet sich eine Stagnation beim Radio gewohnheiten<br />

und ein geringere Nutzungszeit bei Tageszeitungen an.<br />

• Die Vervielfachung der Fernsehanbieter hat zu einer Fragmentierung<br />

des Publikums geführt und eine individualisierte Programmwahl<br />

begünstigt (vgl. Jäckel 1999).<br />

• Der Umgang mit den elektronischen Medien, aber auch den Printmedien,<br />

ist generell flüchtiger geworden, d. h. das Fernsehen entwickelt<br />

sich zum neuen Begleitmedium. Stichworte dazu sind Zapping,<br />

Parallel- und Konstantsehen.<br />

• Es scheint eine Tendenz grösserer Bevölkerungsgruppen zur Spezialisierung<br />

auf Unterhaltungsangebote des Fernsehens zu bestehen:<br />

Informationsorientierte Zuschauer sehen v. a. die öffentlich-recht-<br />

571


572 Mediennutzungsforschung<br />

Trends der<br />

Forschung: Technisierung<br />

und<br />

Medienkonvergenz<br />

vs. qualitative<br />

Ansätze<br />

lichen Programme, während unterhaltungsorientierte Zuschauer<br />

sich hauptsächlich den privaten Programmen zuwenden (vgl.<br />

Berens/Kiefer/Meder 1997). Dies ist plausibel, stammen doch etwa<br />

in Deutschland 70 % des ausgestrahlten Informationsangebotes<br />

von den öffentlich-rechtlichen Sendern, während 60 % des Unterhaltungsangebotes<br />

von Privatsendern gesendet werden.<br />

• Von den öffentlich-rechtlichen Anbietern erwartet das Publikum<br />

in erster Linie fundierte Informationen, Orientierungshilfen, eine<br />

kritische Wächterrolle und die Einhaltung besonderer Qualitätsmassstäbe.<br />

Dagegen wird von den privaten kommerziellen Sendern<br />

nicht nur Unterhaltendes, sondern auch Informatives erwartet; am<br />

meisten jedoch wird Unterhaltung gewünscht, die es leicht macht,<br />

„den Alltag zu vergessen“ und die „vor allem für gute Laune sorgt“.<br />

Hedonistische und eskapistische Motive und Präferenzen für Infotainment<br />

in Bezug auf die Angebote der Privaten herrschen also<br />

vor (vgl. Darschin/Frank 1998: 165).<br />

5 ausblick<br />

Die Entwicklungen in der Mediennutzungsforschung lassen sich<br />

zusammenfassend durch folgende Merkmale kennzeichnen:<br />

a) Die Forschungsmethoden werden immer stärker durch technische<br />

Geräte bestimmt, welche die Nutzung direkt messen können. Man<br />

versucht, immer unmittelbarer an die Rezeptionssituation heranzukommen<br />

und differenziertere Daten zu den Nutzern selbst (Persönlichkeitsmerkmale<br />

etc.) zu erfassen; Nutzungsformen werden<br />

etwa in zahlreichen Typologien abgebildet.<br />

b) Zunehmend wird auch versucht, nicht nur die Nutzung von Einzelmedien<br />

(z. B. Fernsehen) zu erfassen, sondern das Nutzungsmuster<br />

im jeweiligen Medienmix: Stichwort Konvergenz im Medienalltag.<br />

Gefragt wird z. B. nach der Fernsehnutzung von Personen, welche<br />

über Computer und Internet verfügen, im Vergleich zu Personen<br />

ohne Computerzugang, oder nach der gegenseitigen Beeinflussung<br />

der Nutzung von Printmedien und anderen Medien (vgl. van<br />

Eimeren/Maier-Lesch 1999; Oehmichen/Schröter 2000).


Mirko Marr / heinz Bonfadelli<br />

c) Parallel zu diesen Trends werden in qualitativen Forschungsansätzen<br />

(vgl. Neumann-Braun 2000) in zunehmender Differenziertheit<br />

Kontexteinflüsse der Mediennutzung untersucht, oder es<br />

wird der Frage nachgegangen, wie Rezipenten mithilfe der Medien<br />

Wirklichkeit und Sinn konstruieren.<br />

Übungsfragen:<br />

Nach welchen Dimensionen lassen sich Medienpublika unterscheiden?<br />

Welche theoretischen Konzeptionen des Medienpublikums gibt es?<br />

Welche zwei Forschungstypen der Publikumsforschung gibt es, und<br />

was sind ihre jeweiligen Stärken bzw. Schwächen?<br />

Mit welchen zentralen Fragestellungen beschäftigt sich die Mediennutzungsforschung?<br />

Nennen Sie wichtige Trends in der Mediennutzung.<br />

573


574 Mediennutzungsforschung<br />

Basisliteratur<br />

Böhme-Dürr, Karin/Graf,Gerhard (1995): Auf der Suche nach dem Publikum.<br />

Medienforschung für die Praxis. Konstanz.<br />

Jensen, Klaus Bruhn/Rosengren, Karl Erik (1990): Five Traditions in Search of the<br />

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