Halloween

8 Vorsorge
DIE BABYBOOMER
ALS BUNTE PANTHER
Von wegen graue Panther – der dritte Lebensabschnitt wird immer
farbiger, seit die Babyboomer in Pension gehen. Die Nachkriegsgeneration
revolutioniert das Rentenalter.
Text: Caspar Heer
Jean schliesst seine Praxis und braust
mit seinem Cabrio zum Fitnessstudio.
Danach trifft er sich mit seiner Lebensgefährtin
Susan zu einer Vernissage. Sie hat
ihren Bürojob frühzeitig an den Nagel gehängt
und verwirklicht jetzt als Bildhauerin
einen alten Lebenstraum – wenn sie nicht
gerade ihre Enkelin hütet.
Sind die beiden typische Vertreter der
heutigen Generation von Pensionierten?
Laut dem Soziologen François Höpflinger
von der Universität Zürich zeigen die neuen
Rentner tatsächlich ein jüngeres Verhalten
als ihre Vorläufergenerationen.
Aktivitäten wie Leistungssport, Reisen
und Bildung gehören immer selbstverständlicher
zum Lebensabschnitt zwischen
65 und 80.
Aktiv und individuell
Ruhestand im wörtlichen Sinne ist selten
geworden, so Pasqualina Perrig-Chiello,
Professorin an der Universität Bern:
«Babyboomer wie Jean und Susan werden
das Alter weiter revolutionieren. Sie
sind in einer ausgeprägten Wohlstandsperiode
aufgewachsen, wurden gleichzeitig
von der Leistungsgesellschaft geprägt
und haben den radikalen Wandel des
traditionellen Wertesystems miterlebt»,
erklärt die Psychologin.
Ihre Lebensläufe sind weit weniger genormt
als die früherer Generationen. Und
so gestaltet sich auch der Übergang vom
Berufsleben in den Ruhestand vielfältiger:
Es gibt die «Weitermacher» wie Jean, die
aus Interesse an ihrem Metier auch im
AHV-Alter beruflich engagiert bleiben.
Und es gibt die «Befreiten», die das Ende
des Berufslebens herbeisehnen und sich
wenn möglich früh pensionieren lassen.
Auch «Nachholer» wie Susan steigen oft
vorzeitig aus ihrem bisherigen Broterwerb
aus, um verschobene Lebensträume zu
verwirklichen.
bonviva 10/2013