Der Gesellschaftsvertrag im Familienunternehmen - IKZ-Haustechnik
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R e c h t - e c K<br />
<strong>Der</strong> <strong>Gesellschaftsvertrag</strong><br />
<strong>im</strong> <strong>Familienunternehmen</strong><br />
Dipl.-Betriebswirt J. Ellenrieder*<br />
Ein „wasserdichter“ <strong>Gesellschaftsvertrag</strong> kann insbesondere für ein <strong>Familienunternehmen</strong><br />
eine Überlebensfrage sein. Wie muss er aussehen, um die Kapital-<br />
und Liquiditätsbasis zu sichern, gegebenenfalls den Familiencharakter zu<br />
erhalten, Basisentscheidungen jederzeit zu ermöglichen, Konflikte zu lösen und<br />
einen Gesellschafterausstieg so schonend wie möglich zu gestalten?<br />
<strong>Familienunternehmen</strong> existieren in<br />
allen Rechtsformen und sind vor allem<br />
Kleinbetriebe. Weniger geeignet sind<br />
Einzelunternehmen und die oHG, da<br />
diese Rechtsformen mit einem existenzgefährdenden<br />
Haftungsrisiko verbunden<br />
sind. Im Hinblick auf den Komplementär<br />
gilt dies<br />
auch für die echte<br />
KG, obwohl diese<br />
an sich die klassische<br />
Rechtsform<br />
für <strong>Familienunternehmen</strong><br />
ist. Besser<br />
geeignet sind<br />
die GmbH und die<br />
GmbH & Co KG, da<br />
diese eine Trennung von Gesellschafterstellung<br />
und Geschäftsführerposition erlauben<br />
und überdies die Möglichkeit der<br />
Haftungsbeschränkung eröffnen.<br />
<strong>Der</strong> Charakter eines <strong>Familienunternehmen</strong>s<br />
resultiert wesentlich aus dem<br />
*) Dipl.-Betriebswirt J. Ellenrieder,<br />
Ratinganalyst sowie Fachautor <strong>im</strong> Bereich<br />
des Finanz- und Rechnungswesens<br />
» Kennzeichnend für<br />
<strong>Familienunternehmen</strong> ist<br />
das Nebeneinander der<br />
sozialen Systeme Familie<br />
und Unternehmen. «<br />
Umstand, dass sich die Anteile am Unternehmen<br />
– oder zumindest ein wesentlicher<br />
Teil davon – auf wenige familiär<br />
untereinander verbundene Gesellschafter<br />
konzentrieren, die durch ihre Präsenz<br />
in der Geschäftsleitung wesentlichen<br />
Einfluss auf das Unternehmen ausüben.<br />
Kennzeichnend für<br />
<strong>Familienunternehmen</strong><br />
ist damit das<br />
Nebeneinander<br />
der sozialen Systeme<br />
„Familie“ und<br />
„Unternehmen“.<br />
<strong>Familienunternehmen</strong><br />
haben eine<br />
biologische Basis.<br />
Hieraus resultieren wesentliche Vorteile,<br />
aber auch Nachteile, nicht zuletzt durch<br />
das Phänomen, dass sich typischerweise<br />
die Anteile am Unternehmen mit der<br />
Zeit durch Erbteilung auf eine <strong>im</strong>mer<br />
größer und heterogener werdende Gruppe<br />
von Gesellschaftern verteilen, was <strong>im</strong><br />
Ergebnis zur Auflösung der Übereinst<strong>im</strong>mung<br />
von Familie und Unternehmen<br />
führt. Hieraus resultieren spezifische Re-<br />
gelungsprobleme, die ein <strong>Gesellschaftsvertrag</strong><br />
bewältigen sollte.<br />
Sicherung einer qualifizierten<br />
Unternehmensleitung<br />
Eine der wichtigsten Aufgaben des<br />
<strong>Gesellschaftsvertrag</strong>s liegt in der Sicherung<br />
einer qualifizierten Unternehmensleitung.<br />
Idealerweise steht aus der Familie<br />
ein geeigneter Kandidat zur Verfügung.<br />
In der Praxis ist dies jedoch<br />
oftmals nicht der Fall. Die Berufung ungeeigneter<br />
Kandidaten in die Geschäftsleitung<br />
ist eine der Hauptursachen für<br />
das Scheitern von <strong>Familienunternehmen</strong>.<br />
<strong>Der</strong> <strong>Gesellschaftsvertrag</strong> muss daher<br />
die Möglichkeit der Bestellung eines<br />
fremden Geschäftsführers offen halten.<br />
Klauseln, die vorsehen, dass nur Familienangehörige<br />
in die Geschäftsleitung<br />
eintreten können, indem besondere Vergünstigungen<br />
nur für Gesellschaftergeschäftsführer<br />
eröffnet werden, verbieten<br />
sich daher von Beginn an.<br />
Diese Möglichkeit der Fremdorganschaft<br />
besteht übrigens nur bei der<br />
GmbH oder GmbH & Co KG, sodass die<br />
Rechtsform der oHG oder KG nicht infrage<br />
kommt. Aus demselben Grund verbieten<br />
sich auch Sonderrechte für einzelne<br />
Gesellschafterstämme bei der Bestellung<br />
der Geschäftsleitung.<br />
Sicherung der<br />
Kapital- und Liquiditätsbasis<br />
Jahresabschluss<br />
Ein Problemfeld ist regelmäßig die<br />
Aufstellung und Feststellung des Jahresabschlusses<br />
der Gesellschaft. Da die<br />
Geschäftsführer den Jahresabschluss<br />
aufstellen, liegt es regelmäßig in ihren<br />
Händen, das Jahresergebnis der Gesellschaft<br />
<strong>im</strong> Wege bilanzpolitischer Maßnahmen<br />
in ihrem Sinne zu beeinflussen.<br />
Die Gesellschafter müssen den Jahresabschluss<br />
zwar feststellen, sind jedoch häufig<br />
nicht in der Lage, die Bilanz auf ihre<br />
Zweckmäßigkeit zu überprüfen und bilanzpolitische<br />
Maßnahmen zu erkennen.<br />
Um reale oder vermeintliche Manipulationen<br />
auszuschließen und Streit<br />
zu vermeiden, empfiehlt sich auch bei<br />
nicht prüfungspflichtigen Gesellschaften<br />
eine Prüfung durch einen Wirtschaftsprüfer,<br />
der wiederum vom Beirat bestellt<br />
wird. Darüber hinaus sollte man auch<br />
die Feststellung des Jahresabschlusses<br />
dem Beirat überantworten.<br />
54 <strong>IKZ</strong>-HaustecHnIK · Heft 13/2007
Gewinnverwendung<br />
Ist der Jahresabschluss festgestellt,<br />
muss entschieden werden, ob der eventuell<br />
erzielte Gewinn auszuschütten<br />
oder zu thesaurieren ist. Die in der Geschäftsführung<br />
aktiven Gesellschafter<br />
bevorzugen regelmäßig eine großzügige<br />
Thesaurierung, wohingegen die nur<br />
kapitalistisch Beteiligten an hohen Ausschüttungen<br />
interessiert sind. Hier bietet<br />
es sich an, bereits <strong>im</strong> <strong>Gesellschaftsvertrag</strong><br />
einen best<strong>im</strong>mten Sockelbetrag<br />
für die Rücklagenzuführung verbindlich<br />
vorzuschreiben und die Entscheidung<br />
über Abwei-<br />
chungen innerhalb<br />
eines best<strong>im</strong>mten<br />
Rahmens in die<br />
Hand des Beirats<br />
zu legen. Bei Personengesellschaften<br />
muss darüber hinaus<br />
das Entnahmerecht<br />
der Gesellschafter<br />
für ihre privaten Steuern detailliert<br />
geregelt werden. Festgelegt werden<br />
muss insbesondere der für die Entnahmen<br />
zugrunde zulegende Steuersatz, sowie<br />
ob und in welchem Umfang eventuelle<br />
Steuerrückzahlungen wieder in die<br />
Gesellschaft einzulegen sind.<br />
Ausscheiden eines Gesellschafters<br />
Gefahren für die Liquidität des Unternehmens<br />
drohen bei Ausscheiden eines<br />
Gesellschafters. Die Gesellschaftsverträge<br />
sehen in diesen Fällen häufig vor,<br />
dass dem Ausscheidenden nur eine erheblich<br />
reduzierte Abfindung zusteht. Es<br />
empfiehlt hier eine Orientierung am Ertragswert<br />
des Unternehmens. Zur Liquiditätsschonung<br />
kann vorgesehen werden,<br />
dass vom auf diese Weise ermittelten<br />
Wert des Anteils gewisse Abstriche<br />
zu machen sind bzw. die Zahlung des<br />
Kaufpreises zeitlich gestreckt in mehreren<br />
Raten zu erfolgen hat. Ob dieses<br />
Ziel dadurch letztlich erreicht wird, ist<br />
jedoch fraglich, denn es gibt Fälle, in denen<br />
trotz entsprechender Regelungen <strong>im</strong><br />
<strong>Gesellschaftsvertrag</strong> erheblich höhere<br />
Abfindungen gezahlt werden, um lästige<br />
Gesellschafter los zu werden. Abfindungsklauseln<br />
haben damit oft keine liquiditätsschonende<br />
Wirkung, sondern<br />
erschweren lediglich den Ausstiegsprozess.<br />
ehescheidung<br />
Weitere Gefahren drohen <strong>im</strong> Fall<br />
der Ehescheidung eines Gesellschafters.<br />
» Die Berufung ungeeigneter<br />
Kandidaten in die Geschäftsleitung<br />
ist eine der hauptursachen<br />
für das Scheitern<br />
von <strong>Familienunternehmen</strong>. «<br />
Lebt der Gesellschafter <strong>im</strong> gesetzlichen<br />
Güterstand der Zugewinngemeinschaft,<br />
so kann ihn <strong>im</strong> Fall der Ehescheidung<br />
eine am Wertzuwachs seines Geschäftsanteils<br />
während der Ehe bemessene Ausgleichsforderung<br />
unter Umständen zur<br />
Veräußerung seines Anteils zwingen. In<br />
Gesellschaftsverträgen von <strong>Familienunternehmen</strong><br />
finden sich daher häufig sogenannte<br />
Güterstandsklauseln, die unter<br />
Androhung des Ausschlusses aus der<br />
Gesellschaft zwingend Gütertrennung<br />
vorschreiben. Da diese vertragliche Verpflichtung<br />
zu einem best<strong>im</strong>mten Güterstand<br />
sittenwidrig<br />
ist, sollte der <strong>Gesellschaftsvertrag</strong><br />
in diesem Fall nur<br />
die Möglichkeit<br />
des Ausschlusses<br />
vorsehen. Übrigens<br />
ist die modifizierteZugewinngemeinschaft<br />
die<br />
bessere Alternative, bei der der gesetzliche<br />
Güterstand beibehalten, aber der<br />
Zugewinnausgleich <strong>im</strong> Wege eines notariell<br />
zu beurkundenden Ehevertrages<br />
modifiziert wird. So wird eine übermäßige<br />
Benachteiligung des Ehegatten vermieden.<br />
Darüber hinaus entfällt be<strong>im</strong><br />
güterrechtlichen Zugewinnausgleich des<br />
überlebenden Ehegatten die Erbschaftsteuer.<br />
Sicherung des<br />
Familiencharakters<br />
Nachfolge von todes wegen<br />
Auch die Gesellschafternachfolge ist<br />
<strong>im</strong> <strong>Gesellschaftsvertrag</strong> zu regeln. In diesem<br />
Zusammenhang müssen sich die<br />
Gesellschafter darüber klar werden, inwieweit<br />
sie den Familiencharakter der<br />
Gesellschafter erhalten wollen. Dazu gehört<br />
zunächst die Regelung des Schicksals<br />
der Gesellschaftsanteile <strong>im</strong> Fall des<br />
Todes eines Gesellschafters. Bei Personengesellschaften<br />
kann der <strong>Gesellschaftsvertrag</strong><br />
die Rechtsnachfolge von<br />
Todes wegen wie die Rechtsnachfolge<br />
unter Lebenden vorsehen. Grundsätzlich<br />
kann damit nur der Erbe in die Gesellschaft<br />
eintreten, der vom <strong>Gesellschaftsvertrag</strong><br />
zugelassen wird. GmbH-Anteile<br />
sind zwar frei vererblich. <strong>Der</strong> <strong>im</strong> Wege<br />
der Rechtsnachfolge von Todes wegen<br />
zulässige Personenkreis kann hier jedoch<br />
dadurch eingeschränkt werden, dass der<br />
<strong>Gesellschaftsvertrag</strong> <strong>im</strong> Fall der Vererbung<br />
der Anteile an unerwünschte Ge-<br />
sellschafter die Möglichkeit der zwangsweisen<br />
Abtretung oder Einziehung vorsieht.<br />
Soll der Erbe die Möglichkeit<br />
haben, als Gesellschafter in das <strong>Familienunternehmen</strong><br />
einzutreten, müssen<br />
<strong>Gesellschaftsvertrag</strong> und Testament entsprechend<br />
abgest<strong>im</strong>mt und gegebenenfalls<br />
abgeändert werden.<br />
Nachfolge unter Lebenden<br />
Was die Rechtsnachfolge unter Lebenden<br />
betrifft, so ist die Übertragung<br />
von Anteilen bei <strong>Familienunternehmen</strong><br />
üblicherweise an die Zust<strong>im</strong>mung<br />
der Mitgesellschafter geknüpft. Bei Personengesellschaften<br />
ist dies der gesetzliche<br />
Regelfall. Bei der GmbH bedarf es<br />
einer gesellschaftsvertraglichen Regelung.<br />
Zwar kann der Ausstieg eines Gesellschafters<br />
auf diese Weise nicht völlig<br />
verhindert werden. <strong>Der</strong> <strong>Gesellschaftsvertrag</strong><br />
kann jedoch den Mitgesellschaftern<br />
<strong>im</strong> Falle eines Ausstiegs die Möglichkeit<br />
zur Übernahme des Gesellschaftsanteils<br />
zu einem reduzierten Preis eröffnen.<br />
Faktisch kann dies zur Folge haben,<br />
dass ausstiegswillige Gesellschafter<br />
gegen ihren Willen in der Gesellschaft<br />
gehalten werden, was erhebliches Konfliktpotenzial<br />
in sich birgt. Eine Kompromisslösung<br />
zwischen strikter Vinkulierung<br />
und freier Veräußerbarkeit an<br />
gesellschaftsfremde Dritte kann in der<br />
gesellschaftsvertraglichen Festlegung<br />
eines Vorerwerbsrechts zugunsten der<br />
verbleibenden Gesellschafter oder der<br />
Gesellschaft bestehen. Bei der Festlegung<br />
des dabei zu zahlenden Preises wird Gestaltungsgeschick<br />
benötigt, um die Interessen<br />
der ausscheidenden und der verbleibenden<br />
Gesellschafter in angemessener<br />
Weise zum Ausgleich zu bringen.<br />
„Familienverfassung“<br />
R e c h t - e c K<br />
<strong>Der</strong> Sicherung des Familiencharakters<br />
dienen auch Poolverträge. Ist ein<br />
familienfremder Drittgesellschafter vorhanden,<br />
so lässt sich eine einheitliche<br />
Ausübung der St<strong>im</strong>mrechte sämtlicher<br />
Familiengesellschafter und damit der<br />
Familieneinfluss auf das Unternehmen<br />
nur durch einen zwischen den Familienmitgliedern<br />
abzuschließenden schuldrechtlichen<br />
Poolvertrag absichern. Sind<br />
mehrere Familienstämme vorhanden,<br />
so kann ein Poolvertrag unter den Mitgliedern<br />
der einzelnen Gesellschafterstämme<br />
eine Alternative zu einer Familienverfassung<br />
sein, die oft zu einer<br />
dauernden Blockade der Beschlüsse <strong>im</strong><br />
Heft 13/2007 · <strong>IKZ</strong>-HaustecHnIK 55
R e c h t - e c K<br />
Die Weichen stellen für die Sicherung<br />
des <strong>Familienunternehmen</strong>s:<br />
∑ <strong>im</strong> <strong>Gesellschaftsvertrag</strong> die Möglichkeit<br />
der Bestellung eines Fremdgeschäftsführers<br />
offen halten,<br />
∑ die Bestellung des Geschäftsleiters<br />
einem unabhängigen Beirat überantworten,<br />
∑ auch bei nicht prüfungspflichtigen<br />
Gesellschaften eine Prüfung des Jahresabschlusses<br />
durch einen vom Beirat<br />
bestellten Wirtschaftsprüfer erwirken,<br />
um reale oder vermeintliche<br />
Manipulationen (Bilanzpolitik!) zu<br />
vermeiden, die Feststellung des Jahresabschlusses<br />
einem Beirat übertragen,<br />
∑ einen best<strong>im</strong>mten Sockelbetrag für<br />
die Rücklagenzuführung verbindlich<br />
vorschreiben und Entscheidungen<br />
über Abweichungen in die Hand<br />
eines Beirats legen,<br />
Unternehmen führt. In diesem Fall entlasten<br />
die Poolverträge die Gesellschafterversammlung,<br />
weil sie die Meinungsbildung<br />
der einzelnen Familien auf die<br />
Poolversammlung vorverlagern. Peinliche<br />
Auseinandersetzungen in der Gesellschafterversammlung<br />
werden auf diese<br />
Weise vermieden.<br />
Charakteristisch für <strong>Familienunternehmen</strong><br />
ist das Phänomen, dass sich<br />
die Anteile am Unternehmen mit voranschreitendem<br />
Zeitablauf auf eine<br />
<strong>im</strong>mer größer und<br />
heterogener werdende<br />
Gruppe von<br />
Personen verteilt.<br />
Zwerganteilsklauseln<br />
wirken dagegen:<br />
Die Zugehörigkeit<br />
zur Gesellschaft<br />
wird vom<br />
Erreichen best<strong>im</strong>mter Mindestbeteiligungsquoten<br />
abhängig gemacht, und<br />
bei Unterschreiten einer best<strong>im</strong>mten<br />
Mindestquote besteht die Möglichkeit<br />
zum zwangsweisen Ausschluss. Ihre Zulässigkeit<br />
ist nicht unproblematisch, da<br />
sie eine an sich unzulässige Hinauskündigung<br />
von Gesellschaftern ermöglichen.<br />
Prävention von<br />
Gesellschafterkonflikten<br />
Entscheidender Ansatzpunkt für einen<br />
sachgerechten Umgang mit Gesellschafterkonflikten<br />
ist ein auf Interessenausgleich<br />
angelegter <strong>Gesellschaftsvertrag</strong>,<br />
der versucht, konträre Interessen zum<br />
Ausgleich zu bringen, der Mechanismen<br />
zur Konfliktlösung bereitstellt, sowie ein<br />
Worst-case-Szenario, das auch die Möglichkeiten<br />
zur zwangsweisen Trennung<br />
der Gesellschafter beinhaltet.<br />
Konfliktlösung<br />
» Gefahren für die<br />
Liquidität des Unternehmens<br />
drohen bei Ausscheiden<br />
eines Gesellschafters. «<br />
<strong>Der</strong> „kluge“ <strong>Gesellschaftsvertrag</strong><br />
∑ bei Ausscheiden eines Gesellschafters<br />
die Abfindung am Ertragswert orientieren<br />
mit evtl. Abstrichen oder zeitlicher<br />
Streckung der Auszahlung in<br />
mehreren Raten,<br />
∑ mit Blick auf eine mögliche Ehescheidung<br />
den Güterstand der modifizierten<br />
Zugewinngemeinschaft<br />
bevorzugen,<br />
∑ von vornherein klar festlegen, ob<br />
eine Pflicht zur Teilnahme an der<br />
Kapitalerhöhung besteht und welche<br />
Auswirkungen eine Teilnahme/<br />
Nichtteilnahme auf die Position des<br />
Gesellschafters hat,<br />
∑ die Gesellschafternachfolge <strong>im</strong> Todesfalle<br />
genau regeln: Was geschieht mit<br />
den Geschäftsanteilen? Soll der Erbe<br />
als Gesellschafter eintreten, müssen<br />
<strong>Gesellschaftsvertrag</strong> und Testament<br />
entsprechend formuliert sein,<br />
∑ bei Nachfolge unter Lebenden als<br />
Kompromisslösung zwischen strik-<br />
Konfliktlösung bedeutet <strong>im</strong> Normalfall<br />
die Anrufung von Gerichten. Besonders<br />
<strong>im</strong> Hinblick auf die Bewältigung<br />
von Gesellschafterstreitigkeiten haben<br />
öffentliche Gerichte jedoch viele Nachteile,<br />
da Prozesse<br />
<strong>im</strong> Normalfall eher<br />
ungeeignet sind,<br />
denn Gerichtsverfahren<br />
dauern relativ<br />
lange und<br />
zwingen zur Konfliktaustragung<br />
in<br />
der Öffentlichkeit.<br />
In der Praxis haben sich als Alternativen<br />
vor allem Schiedsverfahren und die Mediation**<br />
entwickelt. Obwohl es in den<br />
letzten Jahren nicht an Initiativen von<br />
Beraterseite gefehlt hat, die Mediation<br />
als alternatives Konfliktlösungsmodell<br />
zu etablieren, ist das Schiedsverfahren<br />
aufgrund seines zwingenden Charakters<br />
die bessere Alternative.<br />
Ausstiegsszenarien<br />
Eine Trennung der Gesellschafter wird<br />
zwangsläufig mit dem Ausscheiden einer<br />
der Parteien aus der Gesellschaft bzw.<br />
deren Auflösung verbunden sein und<br />
daher <strong>im</strong> Normalfall nur als letzte Möglichkeit<br />
zur Konfliktlösung in Betracht<br />
kommen. Auch noch so wohlvorberei-<br />
ter Vinkulierung und freier Veräußerbarkeit<br />
an Dritte ein Vorerwerbsrecht<br />
zugunsten des verbleibenden<br />
Gesellschafters niederlegen,<br />
∑ den Beschlussfassungsprozess durch<br />
Poolverträge, Zwerganteile oder Vertreterklauseln<br />
kanalisieren, um dadurch<br />
die Gesellschafterversammlung<br />
zu entlasten,<br />
∑ Beschlüsse der Gesellschafterversammlung<br />
für wichtige Strukturentscheidungen<br />
(wie Umwandlung, Aufnahme<br />
neuer Gesellschafter) nicht<br />
nach dem Einst<strong>im</strong>migkeitsprinzip<br />
fassen (Blockade durch die Minderheit!),<br />
∑ als Alternative zum gerichtlichen<br />
Verfahren das Schiedsverfahren als<br />
Konfliktlösungsmodell durchlaufen,<br />
∑ vorab entsprechende Ausstiegsszenarien<br />
– als Worst-case-Szenarien – entwickeln.<br />
∂<br />
tete Versuche, Konflikte zwischen den<br />
Parteien zu verhüten oder zu schlichten,<br />
können jedoch scheitern. Die Entwicklung<br />
entsprechender Ausstiegsszenarien<br />
wird gern unterlassen, da die Parteien<br />
sich auf diese Weise bereits <strong>im</strong> Voraus<br />
mit dem möglichen Scheitern ihrer Kooperation<br />
befassen müssen. Zur Vermeidung<br />
einer für die Betroffenen unter Umständen<br />
existenzbedrohenden Auseinandersetzung<br />
sollte eine solche Lösung<br />
jedoch zumindest als Worst-case-Szenario<br />
ins Auge gefasst werden.<br />
Fazit<br />
<strong>Der</strong> <strong>Gesellschaftsvertrag</strong> spielt für die<br />
Sicherung der Zukunft einer Gesellschaft<br />
als <strong>Familienunternehmen</strong> eine entscheidende<br />
Rolle. Zwar kann auch ein noch<br />
so gut und vorausschauend gestalteter<br />
<strong>Gesellschaftsvertrag</strong> das Auftreten von<br />
Problemen nicht verhindern. Er kann<br />
jedoch dazu beitragen, aus der Erfahrung<br />
bekannte Problemlagen zu entschärfen<br />
und Lösungen vorzubereiten.<br />
Im <strong>Gesellschaftsvertrag</strong> werden daher<br />
entscheidende Weichenstellungen vorgenommen.<br />
Wie das <strong>Familienunternehmen</strong><br />
selbst, kann er seiner Aufgabe nur<br />
durch ständige Anpassung an wandelnde<br />
Verhältnisse gerecht werden und sollte<br />
daher in regelmäßigen Abständen auf<br />
seine Tauglichkeit überprüft werden. ∂<br />
**) Mediation ist alternative Konfliktlösung<br />
mithilfe einer neutralen, dritten Person, bei<br />
der win-win-Lösungen angestrebt werden.<br />
56 <strong>IKZ</strong>-HaustecHnIK · Heft 13/2007