26.10.2013 Aufrufe

Kinderschutz und Frühe Hilfen aus Sicht der Kinder - Nationales ...

Kinderschutz und Frühe Hilfen aus Sicht der Kinder - Nationales ...

Kinderschutz und Frühe Hilfen aus Sicht der Kinder - Nationales ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

B<strong>und</strong>esges<strong>und</strong>heitsbl 2010 · 53:992–1001<br />

DOI 10.1007/s00103-010-1126-8<br />

Online publiziert: 28. September 2010<br />

© Springer-Verlag 2010<br />

Während <strong>der</strong> letzten Dekade ist eine breite<br />

Diskussion über die Bedürfnisse <strong>und</strong><br />

Lebenswelten von Kin<strong>der</strong>n <strong>und</strong> ihren<br />

Schutz geführt worden. Die übergreifenden<br />

Ziele politischer Entscheidungsträger<br />

wie <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung, <strong>der</strong> staatlichen<br />

Institutionen, <strong>der</strong> Wohlfahrtsverbände<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> ärztlichen Selbstverwaltung ähneln<br />

einan<strong>der</strong> <strong>und</strong> orientieren sich am<br />

Recht jedes einzelnen Kindes auf ein ges<strong>und</strong>es<br />

Aufwachsen, die Erfüllung des individuellen<br />

Entwicklungspotenziales, auf<br />

Bildung <strong>und</strong> soziale Teilhabe. Beispielhaft<br />

seien das Programm <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung<br />

zur För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>ges<strong>und</strong>heit ,<br />

das Aktionsprogramm <strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong> <strong>der</strong><br />

B<strong>und</strong>esregierung mit Schaffung des Nationalen<br />

Zentrums <strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong> <strong>und</strong> die<br />

Initiative zu einem B<strong>und</strong>eskin<strong>der</strong>schutzgesetz<br />

genannt, das sich <strong>der</strong>zeit in <strong>der</strong> Beratung<br />

befindet [ ]. Im Ges<strong>und</strong>heitswesen<br />

entwickelt sich parallel eine Vielzahl<br />

von Initiativen zur Analyse <strong>und</strong> Verbesserung<br />

<strong>der</strong> Situation [ ]. Weitgehende Einigung<br />

besteht auch darin, dass die Eltern<br />

sowohl das Recht als auch die Verpflichtung<br />

haben, für das Erreichen dieser<br />

Ziele zu sorgen – die staatliche Gemeinschaft<br />

soll sie darin in beson<strong>der</strong>er Weise<br />

unterstützen. Die Unterstützung <strong>der</strong> Eltern<br />

<strong>und</strong> die För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong> sollten<br />

erfolgen, bevor gravierende Mängel<br />

im Erziehungsverhalten o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Versorgung<br />

<strong>und</strong> Entwicklung des Kindes einge-<br />

1 Ges<strong>und</strong>heitsprogramm <strong>der</strong> B<strong>und</strong>esregierung:<br />

(http://www.bmg.b<strong>und</strong>.de/SharedDocs/<br />

Publikationen/DE/Praevention/Strategie-Kin<br />

<strong>der</strong>ges<strong>und</strong>heit,templateId=raw,property=pu<br />

blicationFile.pdf/Strategie-Kin<strong>der</strong>ges<strong>und</strong>heit.<br />

pdf).<br />

2 http://www.nzfh.de.<br />

Leitthema: <strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong> zum ges<strong>und</strong>en Aufwachsen von Kin<strong>der</strong>n<br />

U. Thyen<br />

Klinik für Kin<strong>der</strong>- <strong>und</strong> Jugendmedizin, Universität zu Lübeck, Lübeck<br />

<strong>Kin<strong>der</strong>schutz</strong> <strong>und</strong> <strong>Frühe</strong><br />

<strong>Hilfen</strong> <strong>aus</strong> <strong>Sicht</strong> <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>-<br />

<strong>und</strong> Jugendmedizin<br />

treten sind [3]. Die For<strong>der</strong>ung nach Prävention,<br />

die in allen drei gesellschaftlichen<br />

Bereichen des Ges<strong>und</strong>heits-, Sozial-, <strong>und</strong><br />

Bildungswesens in den letzten Jahren artikuliert<br />

wird, verbindet sich in <strong>der</strong> Medizin<br />

mit den Begriffen <strong>der</strong> Ges<strong>und</strong>heitsför<strong>der</strong>ung,<br />

<strong>der</strong> <strong>Frühe</strong>rkennung von Risiken<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Behandlung von frühen Symptomen,<br />

das heißt mit den Begriffen <strong>der</strong><br />

primären <strong>und</strong> sek<strong>und</strong>ären Prävention.<br />

Im Bereich <strong>der</strong> Jugendhilfe wird das Konzept<br />

als Frühwarnsystem o<strong>der</strong> <strong>Frühe</strong> <strong>Hilfen</strong><br />

diskutiert, im pädagogischen Bereich<br />

als frühe Bildung <strong>und</strong> Frühför<strong>der</strong>ung. Die<br />

vielfältigen Entwicklungsbedürfnisse <strong>und</strong><br />

die komplexe Beeinflussung durch Kontextfaktoren<br />

machen es erfor<strong>der</strong>lich, dass<br />

die genannten drei Bereiche ihre Angebote<br />

<strong>und</strong> Maßnahmen integrieren <strong>und</strong> jeweils<br />

auf die beson<strong>der</strong>en Bedürfnisse jedes<br />

einzelnen Kindes abstimmen. Kooperation<br />

auf dem Gebiet <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>ges<strong>und</strong>heit<br />

bedeutet nicht nur Kooperation innerhalb<br />

des Ges<strong>und</strong>heitswesens, son<strong>der</strong>n<br />

darüber hin<strong>aus</strong> vor allem mit <strong>der</strong> Jugendhilfe<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Sozialhilfe <strong>und</strong> ihren Institutionen<br />

sowie mit den Einrichtungen des<br />

Bildungswesens. Insbeson<strong>der</strong>e im Bereich<br />

<strong>der</strong> Gefährdung <strong>der</strong> seelischen Entwicklung<br />

müssen Kin<strong>der</strong>- <strong>und</strong> Jugendärzte,<br />

Kin<strong>der</strong>- <strong>und</strong> Jugendpsychiater <strong>und</strong> Erwachsenenpsychiater<br />

<strong>und</strong> Psychotherapeuten,<br />

sozialpsychiatrische Versorgungsangebote<br />

<strong>und</strong> Einrichtungen <strong>der</strong> Kin<strong>der</strong>-<br />

<strong>und</strong> Jugendhilfe eng miteinan<strong>der</strong> kooperieren<br />

(. Tab. 1, [4]).<br />

Der Notwendigkeit <strong>der</strong> Kooperation<br />

stehen in <strong>der</strong> Praxis noch viele Vorbehalte,<br />

berufsgruppenbezogene o<strong>der</strong> ressortspezifische<br />

Traditionen, Zeit- <strong>und</strong> Personalmangel<br />

<strong>und</strong> an<strong>der</strong>e Hürden entgegen, ob-<br />

992 | B<strong>und</strong>esges<strong>und</strong>heitsblatt - Ges<strong>und</strong>heitsforschung - Ges<strong>und</strong>heitsschutz 10 · 2010<br />

wohl durch<strong>aus</strong> die Einsicht verbreitet ist,<br />

dass es sich bei <strong>der</strong> Ges<strong>und</strong>heitsversorgung<br />

um eine klassische Querschnittsaufgabe<br />

handelt. Das folgende Fallbeispiel<br />

kann die Wichtigkeit einer verbesserten<br />

Kooperation <strong>und</strong> Vernetzung deutlich<br />

machen.<br />

Fallbeispiel<br />

Ein neun Monate alter Säugling wird auf<br />

Überweisung eines Kin<strong>der</strong>arztes wegen<br />

einer Gedeihstörung <strong>und</strong> Verdacht auf<br />

Interaktionsstörung in einem Sozialpädiatrischen<br />

Zentrum (SPZ) vorgestellt. Das<br />

Kind kommt in Begleitung einer sozialpädagogischen<br />

Familienhelferin (SPFH)<br />

<strong>und</strong> <strong>der</strong> Kindesmutter (KM); Letztere ist<br />

9 Jahre alt <strong>und</strong> <strong>der</strong>zeit alleinerziehend.<br />

Sie wirkt verschlossen <strong>und</strong> stellt das Kind<br />

nicht freiwillig vor, son<strong>der</strong>n auf Druck <strong>der</strong><br />

SPFH, die den Kin<strong>der</strong>arzt um eine Überweisung<br />

gebeten hatte. Folgende Sachverhalte<br />

können eruiert werden:<br />

Im „Gelben Heft“ wurden durch den<br />

Geburtshelfer bei <strong>der</strong> U mehrere Risiko-Nummern<br />

notiert: 6 (beson<strong>der</strong>e psychische<br />

Belastung), 7 (beson<strong>der</strong>e soziale<br />

Belastung), 0 (Adipositas), 3 (Schwangere<br />

< 8 Jahren) <strong>und</strong> 6 (an<strong>der</strong>e Beson<strong>der</strong>heiten).<br />

Die <strong>Frühe</strong>rkennungsuntersuchungen<br />

beim Kin<strong>der</strong>arzt wurden durchgeführt,<br />

auffällige o<strong>der</strong> krankhafte Bef<strong>und</strong>e<br />

sind im Untersuchungsheft nicht<br />

vermerkt.<br />

Die Betreuung seitens des Jugendamts<br />

erfolgte, da die Mutter bei Geburt des Kindes<br />

noch min<strong>der</strong>jährig <strong>und</strong> dem Jugendamt<br />

außerdem schon <strong>aus</strong> ihrer eigenen<br />

Kindheit als Mitglied einer „Problemfamilie“<br />

bekannt war. Es wurde eine SPFH

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!