Aus seiner Hand - Retislit-Edition, Werke von Dr. Prof. Werner S ...
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<strong>Werner</strong> Studer<br />
<strong>Aus</strong> Seiner <strong>Hand</strong><br />
365 Andachten aller Arten<br />
für alle Tage der Jahre<br />
<strong>Retislit</strong>-<strong>Edition</strong> 2010
<strong>Werner</strong> S. Studer<br />
<strong>Aus</strong> Seiner <strong>Hand</strong><br />
365 Andachten aller Arten<br />
für alle Tage der Jahre<br />
Titelbild <strong>von</strong> Shirin Stevens<br />
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Internetbuch 2010<br />
<strong>Retislit</strong>-<strong>Edition</strong>
1. Januar<br />
Setzt euer Vertrauen nicht auf Menschen die<br />
Einfluss haben und Macht ausüben! Sie sind<br />
vergänglich wie ihr und erretten euch nicht.<br />
Sie vergehen mit ihren falschen Plänen. Vielmehr<br />
lobet den Herr-Gott für seine mächtigen<br />
Taten! Lobt ihn, denn seine Herrlichkeit<br />
ist unermesslich. (<strong>Aus</strong> Psalmen 146 und 150)<br />
Einem Menschen, ohne darnach zu fragen ob das<br />
recht sei, grösste Ehre zu geben, bedeutet mehr,<br />
als ihn höher zu achten, als sich selbst. Irgendwie<br />
wird man leutselig ausdrücken, wie man sich freut<br />
an <strong>seiner</strong> Gegenwart und <strong>seiner</strong> Herablassung zu<br />
uns armen „Schluckern“ und an den milden Gaben<br />
aus seinen so genannten gemeinnützigen Leistungen<br />
der oft verdeckten Gesellschaften <strong>von</strong><br />
ihm und seinen Vertrauten.<br />
Seinen Weisungen kommt man gerne nach und<br />
lässt es sich etwas kosten ihm zu Diensten zu<br />
sein.<br />
Auch wenn wir den Menschen der Ehre positiver<br />
sehen dürfen, so kann uns auch ein solcher bei<br />
aller <strong>seiner</strong> Güte, Treue und seinen Qualitäten<br />
nicht geben, was wir tagtäglich wie selbstverständlich<br />
<strong>von</strong> Gott, der unser Schöpfer ist, empfangen.<br />
Erhält er dafür unseren Dank, Anerkennung, Ehrung,<br />
Lob und Liebe?<br />
Sollte es nicht gerade jetzt an Neujahr uns tief zu<br />
Herzen gehen, auf jede Weise Gott den Herrn,<br />
der die Schöpfung liebt, zu ehren? Und welches<br />
ist die beste Art? Grösste Ehre geben wir Gott,<br />
indem wir seine Gebote beachten und darnach<br />
leben! Die Bibel enthält sie in vielfältiger und<br />
leicht verständlicher Weise. Sie gehören zur Guten<br />
Nachricht <strong>von</strong> Gott in der Bibel und oft auch<br />
zur Antwort auf Gebete.
Erst die Gebote, als Gottes Anrede an uns verstanden,<br />
lassen uns die Wahrheit erkennen, wer<br />
Gott ist und wie wir ihn erfreuen können.<br />
Freude und Erfreuen sind <strong>Aus</strong>druck <strong>von</strong> innerer<br />
Freiheit. Wer sich freuen kann, ist keinem Zwang<br />
unterworfen.<br />
Menschen der Bibel und des Zeitlaufs haben Gottes<br />
Gebote akzeptiert und sie rufen einander<br />
werktags und sonntags zu: Lobet, danket, rühmet<br />
den Herrn unseren Gott!
2. Januar<br />
Im Kosmos läutet und schallt es:<br />
Immanuel – Halleluja! Gott mit uns – Preis<br />
dem Herrn! (Psalm 146, 10)<br />
Trotz aller Schuld des Menschen an der Schöpfung,<br />
trotz aller Bedrohung der Natur, des Weltraums<br />
(Weltraummüll u.a.) und selbst der<br />
Menschheit, ist noch klar zu erkennen, dass wir in<br />
einer gegebenen, überragenden Ordnung leben.<br />
„Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat<br />
und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter,<br />
Tag und Nacht“ (1. Mose 8, 22) heisst es am Anfang<br />
der Bibel. Gott ist bis heute <strong>seiner</strong> Schöpfung<br />
treu geblieben.<br />
Die Wunderwerke Gottes und vor allem unser<br />
Leben sind Gaben, die uns zum Gebrauch gegeben<br />
wurden. Ungehorsam der Menschen machte<br />
sie zu Sündern, die fortan immer wieder Gottes<br />
Gebote übertreten werden. Die katastrophalen<br />
Folgen kennen wir alle, wenn wir die Augen nicht<br />
verschliessen. Die Missachtung einzelner Anordnungen<br />
stört die ganze Ordnung Gottes. So sind<br />
auch die <strong>Aus</strong>wirkungen umfassend und bestimmen<br />
unser Schicksal für Zeit und Ewigkeit.<br />
Was ist unsere Antwort auf die Klage des Propheten<br />
„Selbst der Storch am Himmel kennt seine<br />
Zeiten, und die Turteltaube, Schwalbe, Kranich,<br />
sie halten ein die Zeit ihrer Heimkehr; aber mein<br />
Volk will nichts wissen <strong>von</strong> der Ordnung des<br />
Herrn“ Jer. 8, 7
3. Januar<br />
Glücklich ist der Mensch, der nicht lebt wie<br />
solche ohne Gott… denn, was er auch unternimmt,<br />
es gelingt ihm wohl. (Psalm 1, 1 +3)<br />
Das ist ein guter Bescheid: Da gibt es also Leute,<br />
denen alles wohl gerät; mitten in einer Zeit, da alle<br />
gegebenen Ordnungen zusammen zu brechen<br />
drohen, da Verführung, Missbrauch und Verbrechen<br />
vor keinem Lebensbereich halt machen und<br />
die Menschheit sich selber zu vernichten droht.<br />
Wer sind sie denn, diese Glücklich-Gepriesenen?<br />
Es sind Menschen, die in klarem Bewusstsein<br />
Gott eine persönliche Antwort gegeben haben:<br />
Herr, ich vertraue dir. Ich freue mich, nach deinen<br />
Weisungen zu wandeln und zu handeln. Ich vergesse<br />
dein Wort nicht. Den Weg der Wahrheit<br />
habe ich erwählt, nach deinen Ordnungen verlangt<br />
mich (aus Psalm 119).<br />
Allerdings hat es für sie Konsequenzen: Sie sitzen<br />
nicht zusammen mit Leuten, denen nichts heilig<br />
ist; sie richten sich nicht nach dem Vorbild gewissenloser<br />
Menschen. Aber sie haben ihre Freude<br />
an den Weisungen des Herrn und sind Täter des<br />
Gotteswortes und nicht nur Hörer und Besinnliche.<br />
Wohl sind sie (oft gerade in lebendigen Gemeinden)<br />
in einer Minderheit, meistens als die Stillen<br />
im Lande. Aber als geprägte und prägende Menschen<br />
tun sie mehr für nachhaltige Veränderungen<br />
der Gesellschaft, als lärmige Massen.<br />
Dass Glück und Gelingen über ihrem Tun liegt,<br />
kommt oft gewiss auch ihnen selber zugut. Aber<br />
auch damit ehren sie den, auf dessen Weisungen<br />
sie definitiv eingegangen sind.<br />
Woher kennen sie ein solches Leben? Von dem,<br />
der es vollkommen gelebt hat: Jesus Christus. Mit
losser Vernunft beurteilt, war sein Leben am<br />
Ende ein Fiasko. Ich hoffe, du bist kritisch genug<br />
um Christi Passion zu betrachten und du wirst<br />
mehr erkennen, als dass der Tod am Kreuz mit<br />
allem Geschehen uns Menschen ermöglicht hat,<br />
Kinder Gottes zu werden, damit durch sie eine<br />
neue Weltordnung entsteht, Gottes Reich und<br />
ewige Herrschaft hervortreten.<br />
Darum interessiere dich für die Bibel und betrachte<br />
das Leben, Leiden und den Sieg Jesu. Etwas<br />
Anstrengung kann nicht schaden. Wisse, die<br />
Gebote Gottes fallen nicht, wenn du sie nicht<br />
hältst; vielmehr werden sie einst die Gerichtsparagraphen<br />
über deinem Leben sein.<br />
Noch einmal mahnt uns die Bibel im Römerbrief<br />
12, 1 ff: „Stellt euch Gott ganz zur Verfügung.<br />
Richtet euch nicht nach den Massstäben dieser<br />
Welt. Lasst euch vielmehr innerlich <strong>von</strong> Gott<br />
umwandeln und euch eine neue Gesinnung<br />
schenken. Dann könnt ihr erkennen, was Gottes<br />
Wille ist. Ihr wisst dann, was gut und vollkommen<br />
ist und was Gott gefällt“.
4. Januar<br />
Wer Verbindung zu Gott sucht, wird strahlen<br />
vor Freude und sein Gesicht soll nicht schamrot<br />
werden. (Psalm 34, 6)<br />
Es gibt wohl nur wenige Menschen zu allen Zeiten<br />
aber vor allem zu heutiger Zeit, die sich diese<br />
ersten Zeilen auf ein Plakat schreiben können und<br />
es dann vor sich hertragen um damit zu sagen:<br />
Seht nur her, da ist einer, der halt <strong>von</strong> der bösen<br />
Welt Abstand hält und ganz rein lebt, weil ich<br />
eben mit Gott im Bunde bin. Ich denke, Jesus<br />
hätte das nicht toleriert und tut es auch heute<br />
nicht, solchen geistlichen Hochmut zu goutieren<br />
und zu belohnen. Da ist schnell die Rechnung<br />
ohne den Wirt gemacht!<br />
Vielmehr ist es doch so, dass wir keinem Stammtisch<br />
zuhören, keine Zeitung aufschlagen, kaum<br />
Radio- oder Fernsehprogramme einschalten können,<br />
ohne uns tiefrot zu schämen. Was nützt es<br />
nun Zeitungen abzubestellen, keine Restaurants<br />
mehr zu besuchen und Radio samt Fernsehen ruhen<br />
zu lassen, wenn wir nicht bereit sind, Verantwortung<br />
zu übernehmen, eigene Meinungen zu<br />
bilden und sie zu vertreten usw.? Und da kommt<br />
nun der springende Punkt: Weil Gott sein Produkt<br />
(Schöpfung) liebt und nicht aufgibt, sind<br />
Menschen bereit das vorher Beschriebene zu tun<br />
– nicht aus sich selbst – sondern weil sie auf irgend<br />
eine der abertausenden Weisen Gott erfahren<br />
haben und nun nur noch die Verbindung zu<br />
ihm halten wollen, dass er weiter wirken kann. Erste<br />
Wirkung: Es wird die Schamröte <strong>von</strong> uns genommen<br />
und strahlende Freude geht <strong>von</strong> uns aus.
5. Januar<br />
Der Herr Gott spricht vom gottesfürchtigen<br />
Menschen. Er ruft mich an, und ich erhöre<br />
ihn. (Psalm 91, 15)<br />
Der angedeutete Mensch ist einer, der nicht für<br />
sich wie in einem geschlossenen Käfig lebt. Er ist<br />
auch nicht in absoluter Sicherheit. Es fehlt ihm<br />
vieles an allen Orten. Selbst die Gesundheit ist<br />
nicht die beste. Mitmenschen, denen er vertraute,<br />
wenden sich plötzlich scharf gegen ihn. Man<br />
könnte meinen, er hätte viel Grund zu dramatischer<br />
Opposition gegen den Himmel. Aber was<br />
tut er? –<br />
Ich habe <strong>von</strong> einem 43-jährigen jüdischen Mann<br />
aus dem Warschauer Getto des letzten Weltkrieges<br />
folgendes gelesen:<br />
„Ich sterbe ruhig, aber nicht befriedigt, ein Geschlagener,<br />
aber kein Verzweifelter, ein Gläubiger,<br />
aber kein Betender, ein Verliebter in Gott, aber<br />
kein blinder Amensager. Ich bin ihm nachgegangen<br />
auch wenn er mich <strong>von</strong> sich geschoben hat.<br />
Ich habe sein Gebot erfüllt, auch wenn er mich<br />
dafür geschlagen hat, ich habe ihn lieb gehabt und<br />
war und bin verliebt in ihn, auch wenn er mich<br />
zur Erde erniedrigt, zu Tode peinigt, zur Schande<br />
und zum Gespött gemacht hat.<br />
Und das sind meine letzten Worte an dich mein<br />
lieber zorniger Gott: Es wird dir nicht gelingen!<br />
Du hast alles getan, damit ich nicht an dich glaube,<br />
damit ich an dir verzweifle! Ich aber sterbe,<br />
genau wie ich gelebt habe, im felsenfesten Glauben<br />
an dich. Höre Israel, der Ewige ist unser<br />
Gott, der Ewige ist einig und einzig.“<br />
Es geht darum bei Gott zu bleiben. Er erhört uns<br />
auf Seine Weise. Unverständlich für bloss irdischen<br />
Geist – annehmbar für Menschen voll Heiligen<br />
Geistes. Das beruhigt und aktiviert positiv.
6. Januar<br />
Die Finsternis vergeht und das wahre Licht<br />
scheint jetzt. (1. Johannesbrief 2, 8b)<br />
Nicht erst heutzutage – aber jetzt umso häufiger<br />
und sich harmlos gebärdender und erst noch als<br />
Täter und Opfer Jung und Alt betreffend – ist die<br />
Welt brutal, morbid, voller Lüge, schier nur noch<br />
Sex and Crime: Finsternis voller Tod und Schrecken<br />
und endloser Katastrophen. Und es scheint,<br />
als gäbe Jesus noch einen drauf, wenn er sagt, es<br />
müsse alles zur Reife kommen, sonst könne das<br />
Reich Gottes mit all <strong>seiner</strong> umfassenden Liebe<br />
und Gerechtigkeit nicht sichtbar erscheinen.<br />
Aber bevor er das sagte, kam er! – Er kam in diese<br />
dunkle, abscheuliche Welt, wie sie allzeitlich<br />
war seit dem ungeheuerlichen Apfelmissbrauch<br />
im Paradies und was daraus folgte: Brudermord,<br />
Grössenwahnsinn (Babelturm) etc. – Er erschien<br />
auf staubigem Boden bei uns!! um der Finsternis<br />
das Ende zu bereiten. Wer Augen und Ohren hatte<br />
zu sehen und zu hören, lief hin das Kind anzubeten.<br />
Es waren Höchste und Niedrigste gleichermassen<br />
miteinander im grossen WILL-<br />
KOMM vereint.<br />
Vom Jesusstall sollte – trotz dem Kindermord des<br />
Herodes – das wahre Licht in die Welt scheinen,<br />
ja all den Unsinn der Menschen durchbrechen.<br />
„… und das wahre Licht scheint schon“, hat später<br />
der Jesusjünger Johannes rekapituliert. Merkt<br />
man heute, fast 2000 Jahre später, etwas da<strong>von</strong>?<br />
Gewiss, da und dort, auf allen Kontinenten. Sogar<br />
Ergreifendes!!! Dafür sind wir dankbar und glücklich<br />
und hoffnungsvoll. – Aber wo sind die ganzen<br />
Kirchen, die nicht zur Hauptsache mit sich<br />
selbst beschäftigt sind und vorgeben Gott zu dienen?,<br />
wo ist der schönste Lobpreis zu geniessen,<br />
sodass man gerne weite Hinreisen in Kauf<br />
nimmt?, wer hat die Millionen für tolle Gebäude
und immer die neusten Medien- und Trainingseinrichtungen<br />
mit allen Schikanen? – das<br />
sind doch die Fragen, die das Christenvolk weithin<br />
in einen Taumel und weg vom Zentrum des<br />
Christus reissen. An Samstagen in verschiedenen<br />
Zeitungen ist zu lesen <strong>von</strong> der ‚Gemeinde für Jesus’<br />
<strong>von</strong> ‚Freien Kirchen’ (frei <strong>von</strong> wem oder<br />
was?), <strong>von</strong> koptisch, katholisch, orthodox, evangelisch,<br />
lutherisch, reformiert – und alles gut gemeint.<br />
Aber gerade weil Gott sein Schöpfungsprodukt<br />
liebt, bleibt die Frage latent bis zur Erfüllung<br />
stehen: Wo ist Jesu-Kirche? Wo sind die<br />
Lichtträger ohne Wenn und Aber? Wo sind die<br />
<strong>von</strong> Jesus Erwählten? Um diese geht es ein für<br />
allemal, Jesus-Christen leben in Ewigkeit unter<br />
Gottes gütiger Herrschaft – im hellen Licht des<br />
Evangeliums und des Gottesreiches, was immer<br />
auch geschieht unser Leben lang. Sie gehen ein ins<br />
Freudenfest unseres Herrn und er wird abwischen<br />
alle Tränen und alle irdischen Defekte endgültig<br />
heilen, und der Tod wird nicht mehr sein, und<br />
kein Geschrei noch Schmerz wird mehr sein!<br />
(Offbg. 21, 4)
7. Januar<br />
Freuet euch in dem Herrn allezeit, und abermals<br />
sage ich: Freuet euch! (Philipper 4, 4)<br />
Angesichts der horrenden Umweltbelastung,<br />
Umweltverschmutzung und raffgierigem Abholzen<br />
des Regenwaldes kann bestimmt nicht <strong>von</strong><br />
Freude die Rede sein. Was da durch menschliche<br />
Eingriffe grauenvolle Katastrophen losbrechen,<br />
wobei immer die Ärmsten diejenigen sind, die am<br />
meisten Leid zu tragen haben. Und jeder Unmut<br />
der Schöpfung trägt die Saat neuer unheilvoller<br />
Ereignisse in sich. Wie hat sich doch der Mensch<br />
im allgemeinen und im besonderen pervertiert<br />
und sich in Gottes Ordnung eingeschlichen und<br />
eingemischt, voller Eigennutz, Ehrsucht, Kapitalfluch<br />
und laufendem Ärger, dass es den Nächsten<br />
gibt, ganz nach dem geflügelten Wort: Soll ich<br />
meines Nächsten Hüter und Bewahrer sein?<br />
Nein und nochmals nein! Da hat Freude keine<br />
Chance, und wer sich da noch freuen können sollte,<br />
ist mit dem Teufel im Bunde. Diese Fratzenperson<br />
ist aber durchaus nicht eingeladen sich zu<br />
freuen. Sie soll sich da<strong>von</strong> machen, Jesus ist Sieger!<br />
Der Kerl darf uns nicht bei Gott verpfeifen<br />
wegen unserer Schwächen oder Fehlerhaftigkeit.<br />
Jesus gibt uns die Möglichkeit zur Umkehr, zur<br />
täglichen Umkehr, wie Vater Luther lehrte.<br />
Umgekehrte Menschen sind mit dem Herrn (Jesus)<br />
im Bunde und wissen nichts Besseres zu tun,<br />
als die Schöpfung zu bewahren. Nicht die schon<br />
verderbte, sondern sie leben dafür mit ungezählten<br />
anderen, dass die Schöpfung wieder so ursprünglich<br />
wird wie möglich und dabei soll es<br />
dann bleiben können und dürfen!<br />
Bewahrung der Schöpfung und Umweltschutz<br />
fängt nicht beim Anderen an sondern bei mir<br />
(beim Schreiber und Leser). Was zu tun ist, Tipps<br />
und ganze Aktionen werden uns täglich allerarten
ins Haus geliefert. Berichte <strong>von</strong> gelungenen und<br />
missratenen Unternehmungen verschiedener<br />
Umweltorganisationen werden mediengerecht<br />
oder verzerrt dargestellt. Viel teurer Leerlauf an<br />
Menschen und Material sollte vermeidbar sein.<br />
Aber zu vieles geschieht in blindem Eifer. Dabei<br />
ist es leicht einzusehen, dass ohne den Erfinder<br />
und Liebhaber seines Produktes nichts Entscheidendes<br />
aufgegleist werden kann. Wir sind wieder<br />
an dem Punkt, ohne Bindung an Jesus Christus<br />
haben wir keinen Einfluss auf Gott und somit<br />
kein Ergebnis, vor allem kein erfreuliches. Halten<br />
wir uns zu Gott, dann gibt es auf einmal Ergebnisse,<br />
nicht nur vorgetäuschte und schöngeredete,<br />
sondern tatsächliche und lebendige Ergebnisse,<br />
die nicht zuletzt den grossen Aufmützigen schon<br />
einmal das Maul stopfen. Darum noch einmal: Bei<br />
Gottjesus gibt’s etwas zu feiern, Freude ohne Ende.<br />
Da ist Klarsicht, immer neuen Mut ohne Leerlauf,<br />
abermals sagt der himmlische Beauftragte:<br />
Freuet euch!!! „… aber Gott liebt sein Produkt“.
8. Januar<br />
Als die Weisen den Stern sahen, wurden sie<br />
sehr hoch erfreut. (Matthäus 2, 10)<br />
Es ranken sich viele Märchen und Legenden um<br />
die Astronomen auf dem Weg nach Bethlehem.<br />
Dabei handelt es sich nicht um blosse Kosmos-<br />
Wissenschafter, sondern um Menschen verschiedener<br />
Herkunft, die sich fanden zu einer gemeinsamen<br />
Unternehmung, weil sie weise waren. Kluge<br />
Menschen höheren Standes, die auf den Wink<br />
Gottes mit einem Stern achten konnten und ihm<br />
grosse Bedeutung beimassen. Sie folgerten keine<br />
flotten mathematischen Masse und Formeln – sie<br />
freuten sich, sie freuten sich sehr hoch. Wie hoch<br />
ist ‚sehr hoch erfreut’? Es muss ein besonders majestätischer<br />
König zur Welt gekommen sein, berichteten<br />
sie einander. Sie spürten, dass dieser<br />
König die Welt verändern wird. Die Sehnsucht<br />
darnach war ihr tägliches Brot. So stieg ihre Freude<br />
ins Unermessliche, als sie den Stern an einem<br />
bestimmten Ort stehen bleiben sahen. So erlebten<br />
sie in der Folge den Beginn der beispiellosen Geschichte<br />
<strong>von</strong> Jesus und seinen hingegebenen Jüngern<br />
aller Zeiten, die sich als wahrhaft weltverändernd<br />
auswirken wird.<br />
Mit anderen Worten ist es in eine Liedstrophe gefasst:<br />
<strong>Dr</strong>ei weise Männer, die kommen <strong>von</strong> fern, sie haben<br />
gesehen den mächtigen Stern.<br />
Die Köpfe voll Weisheit, die Herzen so leer, die<br />
Hände gefüllet mit Gaben so schwer.<br />
So treten sie hin vor das himmlische Kind und<br />
geben der Mutter die Gaben geschwind.<br />
Das Kind voll Erbarmen erkennt ihren Schmerz<br />
und nimmt sich gleich Wohnung in ihrem Herz.<br />
Die glücklichen Männer sind nicht mehr allein; sie<br />
tragen im Herzen den Heiland (Helfer) mit heim.
9. Januar<br />
Eile, mir beizustehen, Herr, du meine Hilfe!<br />
(Psalm 38, 23)<br />
War da nicht einmal zu lesen, dass Veränderung<br />
zum Guten und Geraden nicht bei den andern<br />
erwartet werden soll, bevor sie an mir selbst geschehen<br />
ist? So ist es und der Psalm 38 bestätigt<br />
diesen Sachverhalt. David nimmt es ernst, dass es<br />
überall in seinem Reich „kracht und tätscht“, sodass<br />
sich alle Welt erstaunt. Nicht nur Menschen,<br />
auch die Vegetation ist arg betroffen. Schnell wie<br />
der Blitz ist die Frage in aller Mund: „Wer ist<br />
schuld?“. Nur einer weist die Schuld nicht weit<br />
<strong>von</strong> sich. <strong>Aus</strong>gerechnet der König sieht sich in<br />
der Schuld stehen – möge die Welt denken, was<br />
sie mag. David wird <strong>von</strong> seinem Gewissen arg<br />
heimgesucht. Er wird förmlich zu Gott hingeschmissen.<br />
Er braucht Vergebung und Kraft zum<br />
Neuanfang. Er lässt sich nicht aufhalten, auch<br />
nicht, als ihm Feinde entgegen treten, weil sie <strong>von</strong><br />
Davids Demütigung erfahren haben. Sie wollen<br />
seine Umkehr als Farce hinstellen.<br />
Ohne Beistand wird er aber sang- und klanglos<br />
untergehen. Wie die Propheten schreit er gleichsam<br />
bis in die Christuszeit hinein: „Eile, mir beizustehen,<br />
Herr, …“! Dann wird Heiliger Geist<br />
genannt werden, was der eilende Helfer, Beistand,<br />
Tröster, Anwalt an Gottvaters Thron schon bei<br />
David seine gnadenvolle Wirkung hatte.<br />
Wo und wie auch wir engagiert sind, passieren<br />
Fehler, Irrtümer, Anklagen. Aber ebenso gilt auch<br />
uns, dass wir einen persönlichen Helfer haben:<br />
„… du meine Hilfe“!
10. Januar<br />
Obwohl sie <strong>von</strong> Gott wussten, haben sie ihn<br />
nicht als Gott gepriesen noch ihm gedankt,<br />
sondern sind dem Nichtigen verfallen in ihren<br />
Gedanken. (Römer 1, 21)<br />
Der Erste, der den Nihilismus beschrieben und<br />
sogar den Namen für ihn geprägt hat, ist Turgenjew<br />
gewesen und der Student Basaroff, der Held<br />
eines Romans „Väter und Söhne“, der erste Nihilist.<br />
Der Roman ist in demselben Jahr 1861 geschrieben,<br />
in dem die Leibeigenschaft in Russland<br />
aufgehoben wurde. In seinem fünften Kapitel<br />
steht die erste und noch immer beste Version des<br />
Begriffs. Es ist <strong>von</strong> Basaroff die Rede: „Er ist ein<br />
Nihilist“, wiederholte Arkadi. „Nihilist“ sprach<br />
Nikalaus Petrowitsch. „Das Wort kommt <strong>von</strong><br />
dem lateinischen nihil, nichts, soweit ich es beurteilen<br />
kann, und bezeichnet also einen Menschen,<br />
der . . . nichts anerkennt?“ „Oder vielmehr: der<br />
nichts achtet“, versetzte Paul Petrowitsch. „Oder<br />
vielmehr: der alles vom Standpunkt der Kritik aus<br />
beurteilt“, bemerkte Arkadi.“ „Kommt das nicht<br />
etwa auf eins heraus?“ fragte Paul Petrowitsch.<br />
„Nein, durchaus nicht. Ein Nihilist ist ein Mann,<br />
der sich vor keiner Autorität beugt, der kein einziges<br />
Prinzip auf Treu und Glauben annimmt,<br />
gleichviel in wie hohem Ansehen dieses Prinzip in<br />
der Meinung der Menschen steht.“<br />
Diese <strong>Aus</strong>legung des Nichtigen zusammen mit<br />
dem obigen Bibelwort ist ein schmerzvolles Ergebnis;<br />
auch wenn wir da<strong>von</strong> ausgehen, dass es<br />
unter uns wenige hoch profilierte Nihilisten gibt.<br />
Die meisten werden antworten, wenn sie nach<br />
Gott gefragt werden: „Es wird ihn wohl geben.“<br />
Aber in der Praxis sind sie Nihilisten und stecken<br />
andere damit an. Sie handeln so, als gäbe es keinen<br />
Gott, sie handeln so, als frage Gott nicht<br />
nach ihrem Tun. Wie viel praktizierter Nihilismus
gibt es in katholischen Kirchen, in vielen Landes-<br />
und Freikirchen und sonst wie unter so genannten<br />
„Christen“!! Mehrheitlich wird wohl an Gott geglaubt<br />
– seine Existenz zu leugnen ist nicht salonfähig<br />
– aber wer befolgt seinen Willen?<br />
Das Showbusiness lehrt diesen folgenschweren<br />
Sachverhalt. Der Glaube allein genügt den Leuten<br />
nicht, sie brauchen zum „Glauben auch die Familie“,<br />
eine starke „<strong>Hand</strong>, die begleitet und für einen<br />
da ist“, die findet man „im wunderbaren Ehepartner<br />
und in spirituellen Gebeten“.<br />
Frage in einem Kirchenboteninterview: „Was<br />
müsste geschehen, damit ihr Wunsch nach Frieden<br />
erfüllt würde?“ Antwort: „Etwas mehr Nächstenliebe<br />
<strong>von</strong> jedem Einzelnen wäre sicher ein<br />
Schritt in die richtige Richtung“.<br />
Denkt man da nicht unwillkürlich und sehnsüchtig<br />
an Zwingli: „Tut um Gottes willen etwas Tapferes!“<br />
Das Nichtige ist entlarvt, muss der Realität<br />
Platz machen: Ich glaube an Gott, ehre und respektiere<br />
ihn und setze mich in Beruf und übrigen<br />
Zeit mit den mir gegebenen Gaben voll für ihn<br />
ein, damit das Nichtige ausgebootet und überboten<br />
wird durch die mächtige erfahrbare Präsenz<br />
Gottes. Sie mischt sich heilsam ein in unser Leben<br />
und <strong>von</strong> Ferne grüssen bereits „eine neue Erde<br />
und ein neuer Himmel“.
11. Januar<br />
Wenn ihr das wisst, selig sei ihr, wenn ihr<br />
darnach handelt (Johannes 13, 17)<br />
Selig, das heisst, glücklich zu preisen sind die, die<br />
handeln. Es werden nicht die Wissenden selig gepriesen,<br />
die in der Bibel so genau Bescheid wissen,<br />
die in Glaubenssätzen auf dem Höhepunkt<br />
sind. Ein glänzender Theoretiker erhält kein Lob.<br />
Kierkegaard hat erzählt: „Die Christen leben wie<br />
die Gänse auf einem Hof. An jedem siebenten<br />
Tag wird eine Parade abgehalten und der beredsamste<br />
Gänserich steht auf dem Zaun und schnattert<br />
über das Wunder der Gänse, erzählt <strong>von</strong> den<br />
Taten der Vorfahren, die einst zu fliegen wagten,<br />
und lobt die Gnade und Barmherzigkeit des<br />
Schöpfers, der den Gänsen Flügel und den Instinkt<br />
zum Fliegen gab. Die Gänse sind tief gerührt,<br />
senken in Ergriffenheit die Köpfe und loben<br />
die Predigt. Aber das ist auch alles“. Wie passend<br />
ist hier das andere Wort des grossen Dänen:<br />
„Christus hat keine Dozenten angestellt, sondern<br />
Nachfolger“. Jesus hält wenig <strong>von</strong> Ergriffenheit,<br />
er will, dass wir zugreifen. Das ist doch unsere<br />
Not: Wir wissen oft gut Bescheid, aber wir handeln<br />
nicht darnach.
12. Januar<br />
Paulus schreibt: Ich bin darin guter Zuversicht,<br />
dass der in euch angefangen hat das<br />
gute Werk, der wird es auch vollenden bis<br />
zum Tage Jesu Christi. (Philipperbrief 1, 6)<br />
War das die Gute Alte Zeit? Also etwa vor 1900<br />
Jahren, ganz sicher vor unsern Grosseltern, deren<br />
Zeit wir gewöhnlich als die GAZ halten. Wie gesagt,<br />
Paulus lebte damals und stellte einer bis drei<br />
<strong>Hand</strong>voll Christen ein Zeugnis aus, das es in sich<br />
hatte. Schon damals war zu beklagen, wie die<br />
Krone der Schöpfung mit Gottes liebstem Produkt<br />
umging. Aber einer Gruppe <strong>von</strong> Menschen<br />
in Philippi war es gegeben, dass Gott Zugang zu<br />
ihnen fand und sie bereit waren, Gott ein gutes<br />
Werk in ihnen anfangen zu lassen. Dieses gute<br />
Werk ist zu umschreiben mit Hingabe an Gott,<br />
Lobpreis, Verehrung seines Namens, Tun des<br />
Gotteswillens, Liebe zu Gott und zu den Nächsten<br />
<strong>von</strong> ganzem Herzen und mit allem Engagement<br />
und aller Kraft usw. Aber nach einem andern<br />
Wort des Paulus bleibt das vorderhand noch<br />
Stückwerk, Detail, bis kommen wird das Vollkommene<br />
in der Vollendung. Man täusche sich<br />
nicht, das ist kein Krampf aber ein Kampf gegen<br />
die Zeit, deutlicher: Glaubenskampf zur Bewährung<br />
hin zum jüngsten (letzten) Tag dieser Erde.<br />
Paulus ist überzeugt, dass die Philipperschar die<br />
<strong>Aus</strong>dauer haben wird, dass Gott verlässliche Partner<br />
hat, immer das grosse Ziel vor Augen: die<br />
Wiederkunft <strong>von</strong> Jesus Christus. Das Ziel ist bis<br />
heute dasselbe geblieben, nur die Christenmenschen<br />
und ihr „Glaubenskampf“ haben sich weit<br />
herum entscheidend negativ verändert. War es<br />
damals schon eine kleine Schar, steigt doch die<br />
Frage auf, würde Paulus heute an einem Ort noch<br />
so viele Christen finden?
13. Januar<br />
Alles, was ihr tut mit Worten oder mit <strong>Werke</strong>n,<br />
das tut alles im Namen des Herrn Jesus<br />
und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.<br />
(Kolosser 3, 17)<br />
Endlich ist nun einmal vom Tun die Rede und<br />
nicht grad wieder <strong>von</strong> Einsicht und Willensvollstreckung.<br />
Und wie fährt da der Apostel ein: Von<br />
Taten, <strong>Werke</strong>n, Unternehmungen, aber auch <strong>von</strong><br />
dergleichen mächtigen Worten ist die Rede. Das<br />
ist verlockend für jeden Christenmenschen, dem<br />
<strong>Hand</strong>arbeit mehr liegt als Überzeugungsarbeit mit<br />
Wörtern allein. Ideen sind gefragt und die Lust<br />
anzupacken und durchzuziehen, was klemmen<br />
will. Das ist doch ganz auf der Linie des Gottesbefehls:<br />
Machet euch die Erde untertan!<br />
Aber Obacht: Wie oft ist gerade dieses Wort extra<br />
missverstanden und missbraucht worden. Vieles<br />
da<strong>von</strong> haben wir tagtäglich vor Augen oder werden<br />
authentisch darüber informiert.<br />
Wir freuen uns, dass wir zum Tun und <strong>Werke</strong>n<br />
und zum Sprechen aufgerufen werden, und dass<br />
uns dazu die Mittel in die <strong>Hand</strong> gegeben werden.<br />
Es soll auch gar nicht kleinlich sein unser Werk,<br />
es darf alles umfassen, was uns möglich und sinnvoll<br />
erscheint. Doch wir spüren, dass da irgendwie<br />
ein Einwand vorhanden ist, der nicht straflos<br />
übergangen werden darf. Dass also erst bei der<br />
Beachtung dieser empfohlenen Beobachtung unser<br />
Unternehmertum reif, glücklich und wegweisend<br />
sein kann.
Ich weiss <strong>von</strong> einem währschaften Christen, der<br />
jetzt schon in der himmlischen Herrlichkeit lebt,<br />
dass er in <strong>seiner</strong> Werkstatt vor der kleinsten Arbeit<br />
oder Unternehmung bei einem Tabourettli<br />
niederkniete und Gott um Gelingen zu <strong>seiner</strong> Ehre<br />
bat. Das ist z.B. gemeint mit ‚im Namen des<br />
Herrn Jesus’ und ‚danket dem Vater durch ihn’.
14. Januar<br />
Ihr seid teuer erkauft; werdet nicht der Menschen<br />
Knechte (1. Korinther 7, 23)<br />
1979 hat eine Mutter ihrem Ältesten zur Konfirmation<br />
aus diesem Vers ein Lied gedichtet und<br />
vertont. Die erste Strophe heisst: „Du bist teuer<br />
erkauft; werde nicht der Menschen Knecht. Jesus<br />
ist der gute Hirte, er führt dich recht.“ Nach einer<br />
längeren Zeit der Reife will sich im Jahr 2000 der<br />
herangewachsene Mann verheiraten. – Gerade<br />
weil wir Christen der immerwährenden Ermutigung<br />
und Ertüchtigung bedürfen, geschieht etwas<br />
Unerwartetes. – Noch einmal soll dieses Lied seine<br />
‚Rolle’ spielen. Der Vater als Vorsänger und<br />
die Familie bei den Strophen singen eine vom<br />
jüngsten Bruder des Bräutigams arrangierte Fassung<br />
des Konf-Liedes. Uns so schallt es im<br />
Hochzeitsgottesdienst in die übervolle Kirche:<br />
1.+5. Ihr seid teuer erkauft;<br />
Werdet nicht der Menschen Knecht.<br />
Jesus ist der gute Hirte,<br />
er führt Euch recht.<br />
2. ……<br />
Jesus gab sein Leben hin,<br />
aus Liebe für Euch.<br />
3. ……<br />
Einer ist der Herr und Meister<br />
Jesus Christ.<br />
4. ……<br />
Viele Stimmen hört Ihr;<br />
Ihnen gehorchet nicht.<br />
In einer Welt zu leben, die es darauf abgesehen<br />
hat, Gott zu entmündigen, ist das eine starke Gegenwehr.
15. Januar<br />
Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an<br />
mich glaubt, wird die <strong>Werke</strong>, die ich tue,<br />
auch vollbringen. (Johannes 14, 12)<br />
Wer sich <strong>von</strong> Jesus geliebt weiss, antwortet mit<br />
Liebe. Wer begriffen hat, was Jesus für uns getan<br />
hat, horcht auf. Wer richtig einschätzt, dass Jesus<br />
für die ganze Schöpfung sein Leben eingesetzt<br />
hat, legt seine Hände nicht in den Schoss. Christentum<br />
ist kein Selbstzweck. Christliches Leben<br />
hat nichts mit geistlichem Egoismus zu tun. Wer<br />
glaubt, setzt sich unentwegt in Bewegung. Glaube<br />
ist Aktion! Glaube ist Tat! Der Glaube mobilisiert<br />
Herzen und Köpfe, Hände und Füsse. Er öffnet<br />
uns Augen, Ohren, Mund und Hände für die Not<br />
der des andern – und nicht nur, sogar für die Bewahrung<br />
und Erneuerung (soweit das in unsern<br />
Möglichkeiten liegt) der ganzen Schöpfung in all<br />
ihrem Reichtum. Jesus macht uns deutlich, dass<br />
der Glaube mehr ist als ein kraftvolles Lippenbekenntnis<br />
und eine fromme Empfehlung. Der<br />
Glaube fordert unsere ganze Existenz.<br />
Der Japaner Kagawa erzählt: „In Kobe kam einst<br />
ein junger Mann zu mir und sagte, er hätte den<br />
Wunsch, Prediger zu werden.<br />
‚Haben Sie den Mut, ins Gefängnis zu gehen?, die<br />
unbeirrbare Willenskraft, einen Streikmarsch zu<br />
organisieren?’ fragte ich ihn.<br />
‚Nein’, erwiderte er.<br />
‚Dann geben Sie den Gedanken, Prediger zu werden<br />
auf’, sagte ich. ‚Ein Christentum, das mich<br />
nur nach meiner eigenen Seligkeit streben lässt, ist<br />
zwecklos. Wir müssen einen glühenderen, flammenderen,<br />
leidenschaftlicheren Glauben erlangen’!“<br />
Der echte Prediger Kagawa hat seine ganze Existenz,<br />
nicht nur seine Einkünfte, sondern auch seine<br />
Gesundheit, seinen Ruf, seine Zeit darange-
setzt, der in allen Belangen unendlichen Not Japans<br />
abzuhelfen: Glaubende Antwort auf die Liebe<br />
Christi.<br />
Auf einem Schild unter einem Kruzifix steht:<br />
‚Das tat ich für dich – was tust du für mich?“<br />
Entspricht unser Glaube Jesu Erwartung?
16. Januar<br />
Regiert euch aber der Heilige Geist, so seid<br />
ihr nicht mehr unter dem Gesetz.<br />
(Galater 5, 18)<br />
Wer regiert?<br />
„Ich bin der Regierer!“ erklärte der Knabe energisch.<br />
Das war der Augenblick, ihm zu zeigen,<br />
dass sich leider die Welt niemals um ihn drehen<br />
wird und auch er immer wieder wird gehorchen<br />
müssen.<br />
Aber nun kommt’s ja wirklich darauf an, wer regiert.<br />
Paulus sagt: Gesetz oder Geist. Ist denn der<br />
Heilige Geist nicht nur für den Glauben zuständig?<br />
Nein, wehrt sich da der Apostel Paulus mit<br />
Überzeugungskraft. Seine Auffassung greift weiter<br />
und tiefer. Der Geist Gottes leitet und führt den<br />
Alltag genauso wie den Sonntag. Die Treue zu<br />
Gott im problemgeladenen Alltagsleben zu bewahren,<br />
ist es, worum es einem Christenmenschen<br />
gehen soll. Wir haben die Wahl. Die oft leise<br />
Willensstimme Gottes ist nicht immer leicht<br />
auszusortieren und einzuordnen. Wer sie aber<br />
vernimmt und hört oder empfindet, entdeckt die<br />
Freiheit.<br />
Seinen Geist, den edlen Führer, gibt er mir<br />
In seinem Wort, dass er werde mein Regierer<br />
Durch die Welt zur Himmelspfort;<br />
Dass er mir mein Herz erfülle<br />
Mit dem hellen Glaubenslicht,<br />
Das des Todes Macht zerbricht.<br />
Paul Gerhardt
17. Januar<br />
Und siehe, es war in Jerusalem ein Mann mit<br />
Namen Simeon, und dieser Mann … wartet<br />
auf den Trost Israels. (Lukas 2, 25)<br />
Simeon - dessen Name ‚Erhörung’ bedeutet. Aber<br />
das war ihm nicht in die Wiege gelegt, dass dies in<br />
seinem Leben auch Wirklichkeit würde. Er sollte<br />
warten lernen. Viele heutige Menschen meinen,<br />
wie eine Umfrage belegt, warten sei die negativste<br />
Sache der Welt. Beschäftigung sei doch gefragt<br />
und nicht seelenloses Dasein im Wartezimmer.<br />
Aber das ist zu kurz gedacht und typisch für unsern<br />
gehetzten Zeitlauf. Ich behaupte, recht gewartet,<br />
das heisst in der klaren Zielsetzung, ist die<br />
anstrengendste Beschäftigung und Arbeit überhaupt.<br />
Und der biblische Simeon hat eine Zielvorgabe:<br />
Der Trost Israels.<br />
Eine kleine Rückblende: Warten muss auch nicht<br />
heissen, nichts tun, herum sitzen, die Hände in<br />
den Schoss legen usw. Simeon konnte durchaus<br />
seinen kleinen Rebberg bebauen, den Unterhalt<br />
<strong>seiner</strong> Wohnstatt besorgen usw., aber alles<br />
durchwirkt sein lassen <strong>von</strong> <strong>seiner</strong> grossen Erwartung.<br />
Was war das denn? Der Trost. Das tönt<br />
heute sentimental, negativ belastet – und ist dennoch<br />
ein vorzügliches Wort um zu sagen, dass es<br />
einem ums Zentrale, Eigentliche geht. Das ist<br />
hier, die Erwartung des Messias, des Christus –<br />
zunächst für Israel, aber schliesslich auch für die<br />
ganze Welt. (Der Messias wird später selber sagen,<br />
dass er ausserhalb Israels noch andere Menschenvölker<br />
zu führen hat.) Der Trost – diese Bitt-<br />
Erwartung ist bei Simeon erhört worden. Er wird<br />
das kleine Kind auf den Armen tragen und ausrufen:<br />
Meine Augen haben den Heiland gesehen!<br />
Er, Jesus Christus ist der einzige Trost im Leben<br />
und im Sterben!
Wer sein Wort annimmt, wird aktiv mit klarer Erkenntnisgabe.<br />
Der oder die hat sein oder ihr<br />
himmlisch zugewiesenes Betätigungsfeld erhalten.<br />
Wer sein Wort verwirft, hat seinen Ankläger im<br />
letzten Gericht gefunden. Gegen das Urteil kann<br />
nicht opponiert werden.<br />
Dem Namen nach sind vielleicht nur wenige Simeone<br />
aber in der Sache pickelhart. In Abwandlung<br />
eines Wortes <strong>von</strong> Basilea Schlink heisst es<br />
nun: „Wolle nicht aus dem Warten heraus – gib<br />
dich dazu hin, auch wenn es Weinen bedeutet. –<br />
Doch selig sind, die hier weinen, denn sie werden<br />
schon jetzt, erst recht aber in der Vollendung lachen<br />
und trunken sein <strong>von</strong> Freude“.
18. Januar<br />
Ihr bekehrt euch, aber nicht recht, sondern<br />
seid wie ein schlaffer Bogen;<br />
und eure Liebe ist wie der Tau, der frühmorgens<br />
vergeht. (aus Hosea 7, 16 + 6, 4)<br />
Gott lässt keinen Menschen ins Messer laufen, er<br />
schaut sogar zu, wie sich einer bekehrt.<br />
Da ist offenbar in einer brutalen Wirtschaftskrise<br />
das Donnerwetter einiger Propheten auf die verkehrte<br />
Gesellschaft niedergeprasselt, auf die, die<br />
nur noch die Chance hatten umzukehren und neu<br />
anzufangen. Aber die Schläue macht nicht Pause,<br />
selbst die Bekehrung soll einen Nutzen bringen.<br />
Man bildet sich ein, man könne in einer so enormen<br />
Krise selbst Gott hinters Licht führen. Aber<br />
zur Wirtschaftskrise kommt die Echtheitskrise<br />
dazu und entlarvt die Krämerseelen als schlaffe<br />
Bogen, mit denen nichts anzufangen ist. Beschämt<br />
stehen die Weltverbesserer aus eigenen<br />
Gnaden mit dem vermeintlichen Gütesiegel Gottes<br />
da.<br />
Stellte sich einer wirklich in solcher Not ganz hintenan<br />
und ist ehrlich in <strong>seiner</strong> Umkehr, so kann<br />
Liebe wachsen zum Schöpfer und Gehorsam im<br />
Befolgen der Regeln bei der Radikalkur innen und<br />
aussen. Aber selbst diese Frucht entsteht nicht.<br />
Wir Menschen sind so verbohrt, dass uns zwar<br />
gute Anfänge geraten – es entsteht wunderbarer<br />
Tau, der aber gleich frühmorgens vergeht – aber<br />
wir entwickeln keine <strong>Aus</strong>dauer und so ist unsere<br />
Liebe eine Scheinliebe, zu nichts nütze. Wohl uns,<br />
dass der Herr uns darauf aufmerksam macht und<br />
uns vor die Herausforderung der doppelten Bekehrung<br />
stellt: Wir sollen Salz sein in der Brühe<br />
unserer Welt, dass eine bekömmliche Nahrung<br />
entsteht – vor allem für die ewig Zukurzkommenden,<br />
aber auch für die ohnmächtig Reichen.
19. Januar<br />
Ich bot meinen Rücken dar, denen die mich<br />
schlugen, und meine Wange denen, die mich<br />
rauften. Mein Angesicht verbarg ich nicht vor<br />
Schmach und Speichel. (Jesaja 50, 6)<br />
Jesus sagte einmal zu einer misstrauischen Schar<br />
<strong>von</strong> Pharisäern und Schriftgelehrten: Ihr sucht das<br />
ewige Leben in der Schrift (AT) und sie ist es gerade,<br />
die <strong>von</strong> mir zeuget. Eine solche Belegstelle<br />
haben wir vor uns. Mag sie einstmals auch für einen<br />
Propheten gegolten haben, ihre wirkliche Erfüllung<br />
fand sie erst Jahrhunderte später durch<br />
Jesus. Er war der Knecht Gottes, den die Menschen<br />
schamlos ausnützten zu ihrem Spass und<br />
ihrer Belustigung – ohne zu wissen, was sie taten.<br />
Wir wissen es und können nur anbetend schweigen,<br />
dass man Jesus, unserem Heiland und Erlöser<br />
solches angetan hatte.<br />
Was ist aber hernach unsere Antwort? Sind wir<br />
nicht aufgerufen, wenn es sein muss, unserm<br />
Herrn auch in solchem Leiden zu folgen? Falsch<br />
wäre es, das Märtyrertum zu suchen oder Todessehnsucht<br />
aufzuspielen. Es ist früh genug, wenn<br />
es der Wille Gottes ist, uns zu demütigen. Die<br />
Kraft gibt er dannzumal, nicht einen Moment im<br />
voraus. Und wenn es vor Gericht zu reden gilt,<br />
gibt Gott die Worte zur Stunde. Mit allem können<br />
wir ihm unseren Respekt, unsere Liebe und Hingabe<br />
erweisen. Wir bewegen in unserer trudelnden<br />
Weltgeschichte und Weltgeografie auf diese Weise<br />
mehr, als mit aller irdischen Macht vom Messer<br />
bis zur Atombombe, <strong>von</strong> der Lüge bis zum miesen<br />
Betrug, vom einfachen Diebstahl bis zur Millionenunterschlagung<br />
usw. – aber auch mit Unsummen<br />
der Glückskette und anderer Hilfswerke,<br />
mit Darlehen vom Bürotisch aus veranlasst ohne<br />
die aktuelle Situation genau zu kennen usw. Lasst
uns offen sein für den rechten Einsatz unseres<br />
Geldes, unseres Einflusses, unseres Lebens.<br />
Gewiss leisten Menschen guten Willens weit herum<br />
ähnlich sinnvolle Einsätze, das sei klar festgehalten.<br />
Was <strong>von</strong> Gott anerkannt wird, entscheidet<br />
er und nicht wir. Aber <strong>von</strong> der Heiligen<br />
Schrift her sind Christen angehalten, den beschriebenen<br />
Weg und Einsatz zu wagen und nicht<br />
davor zurück zu schrecken. Und dies ist der Unterschied<br />
zu den Menschen guten Willens: Sie entscheiden<br />
<strong>von</strong> sich aus über das Risiko. Aber Christen<br />
handeln auf höheren Befehl, sonst sind sie<br />
keine Christen. Wer horchen und gehorchen kann<br />
ist Christ. Das Gebet leitet ihn nachhaltig und<br />
zielklar.
20. Januar<br />
Mache dich bereit, Israel, deinem Gott zu begegnen.<br />
(Amos 4, 12)<br />
„Glauben Sie an Gott?“ fragt in dem verfilmten<br />
<strong>Dr</strong>ama <strong>von</strong> Carl Zuckmayer „Des Teufels General“<br />
der Leutnant Hartmann den General, „Ich<br />
weiss es nicht“, antwortet der General, „er ist mir<br />
nicht begegnet. Aber – es lag an mir. Ich wollte<br />
ihm nicht begegnen. Er hätte mich vor Entscheidungen<br />
gestellt, denen ich ausweichen wollte …“<br />
Das ist genau der Punkt, warum sehr viele Menschen<br />
nicht an Gott glauben. Nicht, weil ihnen<br />
der Verstand einen Strich durch die Rechnung<br />
macht, sondern weil sie nicht wollen. Sie fürchten<br />
die Konsequenzen. Und denen wollen sie wie der<br />
General ausweichen. Man begegnet oft der irrigen<br />
Meinung, alle Menschen, die keine Christen sind,<br />
müssten Atheisten sein. Das stimmt nicht. Ihre<br />
Zahl ist gering. Nein, an der Existenz Gottes<br />
zweifeln die wenigsten. Auch der Satan glaubt an<br />
Gott – und zittert, sagt die Bibel. Er zittert, und<br />
wir sind gleichgültig. Wir halten Gott für möglich,<br />
lassen ihn aber links liegen. Ein neuer Werbespruch<br />
der Freidenker an den Autobussen sagt<br />
alles: „Wahrscheinlich gibt es keinen Gott. Darum<br />
sei fröhlich und geniesse das Leben.“<br />
Es stimmt schon, Gott bringt die Konzeption unseres<br />
Lebens durcheinander, wenn wir ihm begegnen.<br />
Das Selbstbehauptungsrecht hört auf.<br />
Wir können ihm nicht weglaufen. Spätestens beim<br />
letzten Atemzug hat er uns eingeholt.
21. Januar<br />
Söhne und Töchter, lasst uns einander lieben,<br />
nicht mit leeren Worten, sondern tatkräftig<br />
und in aller Aufrichtigkeit.<br />
(1. Johannesbrief 3, 18)<br />
Christliches Leben besteht nicht in brillanten Reden<br />
und klugen Ratschlägen. Es ist Tat und Vorbild<br />
zugleich. Alles andere ist unfruchtbares Geschwätz.<br />
Es geht um Hohes, um die Liebe untereinander,<br />
die Nächstenliebe dem nahen und fernen<br />
Nächsten zuliebe.<br />
Die Welt beobachtet die Christen genau. Sie will<br />
nicht in erster Priorität hören, sondern sehen.<br />
Von da aus werden sie beurteilt. Schon aus der<br />
frühen Christenzeit gibt es ein massgeschneidertes<br />
Wort der Nichtchristen über die Christen: „Seht,<br />
wie sie einander lieb haben“.<br />
Das Ärgernis für die Welt ist ein falscher missionarischer<br />
Lebensstil, bei dem es darum geht, mit<br />
möglichst vielen Worten einander zu übertrumpfen<br />
im Gewinnen <strong>von</strong> Seelen. Da muss man sich<br />
nicht wundern, wenn statt Liebe Zwietracht und<br />
Misstrauen sich in der Christengemeinschaft breit<br />
machen. Das sind die leeren Worte, ein Fass ohne<br />
Boden. Ein echter christlicher Lebensstil beinhaltet<br />
den andern höher zu achten, als sich selbst;<br />
nicht der Meister, sondern der Diener sein zu<br />
wollen, usw. Dazu braucht es tatkräftige Demut<br />
und demütige Aufrichtigkeit.<br />
Das ist das Gebot der Stunde in unserer aufgewühlten<br />
Zeit. Man bedenke in aller Schlichtheit:<br />
Christen haben Vorbildcharakter.
22. Januar<br />
Vergeltet nicht Böses mit Bösem. (Röm. 12,<br />
17)<br />
„Wie du mir, so ich dir“, das ist unsere natürliche<br />
Reaktion. Vergelten ist menschlich. Wer mir etwas<br />
zugefügt hat, muss es büssen, wenn auch nur<br />
in meinen dunkelsten Gedanken. Jeder Schlag<br />
fordert zum Gegenschlag heraus. Wir zahlen<br />
heim. – Es sei denn, wir sind dem höchsten König<br />
eigen, da hört das Kontern auf. Gott verbietet<br />
uns die Vergeltung, auch wenn es uns schwer fällt.<br />
„Mein ist die Rache“ behält sich Gott vor. Jesus<br />
hat nicht zurückgeschlagen, und seine Nachfolger<br />
tun es auch nicht.<br />
Viele kennen das Gedicht <strong>von</strong> C.F. Meyer: „Die<br />
Füsse im Feuer.“ Es erzählt eine Geschichte aus<br />
der Verfolgungszeit der Hugenotten.<br />
In Südfrankreich hat sich während eines wilden<br />
Sturmes ein französischer Offizier verirrt. Endlich<br />
findet er ein Schloss und wird freundlich aufgenommen.<br />
Als er allein im Esssaal vor dem offenen<br />
Kamin sitzt, geht es ihm auf einmal auf: Den<br />
Saal kenne ich. Bei einer Hugenottenjagd hat er<br />
den Schlossherrn gesucht, aber nicht gefunden.<br />
Um sein Versteck herauszubekommen, hat er die<br />
junge Schlossherrin gepackt und ihre nackten Füsse<br />
in die Glut des Feuers im Kamin gesteckt. Sie<br />
hat geschwiegen. Bald danach ist sie an den verkohlten<br />
Füssen gestorben.<br />
Als er jetzt mit der Familie zu Tisch sitzt, flüstern<br />
die Kinder dem Vater zu, wer der Gast ist. Und<br />
nun beginnt eine Nacht langer, furchtbarer<br />
Kämpfe im Herzen des hugenottischen Edelmannes.<br />
Mächtig ist in ihm das Verlangen, den Mord<br />
<strong>seiner</strong> armen Frau zu rächen. Aber vor dem Christen<br />
steht in dieser Nacht unerbittlich Gottes
Wort: „Rächet euch nicht selber; ich will vergelten“,<br />
spricht der Herr. Am nächsten Morgen entlässt<br />
der Edelmann den Mörder unangetastet. Er<br />
sagt dem französischen Offizier: “Ich bin dem<br />
höchsten König eigen, aber in dieser Nacht wurde<br />
mir der Dienst schwer, seinem Gebot und Wort<br />
restlos zu gehorchen“.<br />
Noch einmal: Jesus hat nicht zurückgeschlagen,<br />
und seine Mitarbeiter tun es auch nicht.
23. Januar<br />
Simon Petrus sprach: Meister, wir haben die<br />
ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen;<br />
aber auf dein Wort will ich die Netze auswerfen.<br />
(Lukas 5, 5)<br />
Simon ist kein Anfänger – ein Meisterfischer.<br />
Aber er kann einen Meister über ihm anerkennen.<br />
Simon Petrus ist resigniert und müde: Meister, wir<br />
haben die ganze Nacht vergeblich gearbeitet.<br />
Aber er ist fähig, aus der Resignation aufzubrechen:<br />
Auf dein Wort wage ich das Unmögliche.<br />
Er macht sich zum Gespött der andern Fischer,<br />
keiner, der etwas versteht, wirft am Morgen die<br />
Netze aus. Was ist nur mit Simon los? Er ist einem<br />
begegnet, der stärker ist als er; der tiefere Erkenntnis<br />
hat als er; der sogar Simons Beruf über<br />
die Grenzen hinaus kennt. Das macht Eindruck.<br />
Dieser Meister Jesus ist kein Tausendsassa, sondern<br />
der vom Himmel Gesandte, der die Naturgesetze<br />
tiefer ausloten kann, als jeder Gelehrte<br />
und erfahrenste <strong>Hand</strong>werker. Simon weiss, was er<br />
kann, er kann sich aber auch demütigen, denn er<br />
hat den erkannt, der ihn nicht in den Staub wirft,<br />
aber wirkungsvoll ihm die Augen öffnet. Simon<br />
ist die Autorität unter den Fischern. Nun lernt er<br />
die Autorität Gottes kennen und anerkennen und<br />
lieben.
24. Januar<br />
Es ist in keinem andern das Heil zu finden;<br />
denn es ist auch kein anderer Name unter<br />
dem Himmel den Menschen gegeben, in dem<br />
wir gerettet werden sollen.<br />
(Apostelgeschichte 4, 12)<br />
Gemeint ist die Person und der Name Jesus Christus.<br />
Er ist nicht irgendein Heiler – sondern das Heil.<br />
Er ist nicht ein Namenloser – sondern er hat den<br />
Namen aller Namen.<br />
Er ist nicht ein Leuchtender – sondern das Licht.<br />
6000 Jahre Menschheitsgeschichte sind beschrieben<br />
worden vom bedeutenden Historiker A.<br />
Toynbee. Er schliesst sein Werk mit den Worten:<br />
„Der eine bleibt, die vielen gehen und wechseln.<br />
Dies ist in Wahrheit das endgültige Ergebnis unserer<br />
Übersicht über die Erlöser. Als wir uns auf<br />
die Suche begaben, fanden wir uns mitten in einem<br />
mächtigen Schwarm, aber in dem Masse, wie<br />
wir vordrangen, sind Kolonne um Kolonne aus<br />
dem Rennen geschieden. Die ersten, die versagten,<br />
waren die Männer des Schwertes, die nächsten<br />
die Anarchisten und Futuristen, die nächsten<br />
die Philosophen, bis nur noch die Götter im Rennen<br />
waren. In der schliesslichen Todesprüfung<br />
haben wenige auch <strong>von</strong> diesen vorgeblichen Erlöser-Göttern<br />
gewagt, ihren Titel unter Beweis zu<br />
stellen. Und nun, wo wir stehen und starren mit<br />
unseren Augen auf das andere Ufer, steigt eine<br />
einzige Gestalt aus der Flut und erfüllt den ganzen<br />
Horizont. Es gibt den Erlöser – den in dem Menschen<br />
Jesus <strong>von</strong> Nazareth inkarnierten Gott.“
Er schrieb keine Bücher, sondern schrieb in das<br />
Herz und Gewissen der Leute. Er sagte nicht<br />
bloss, dass der Tod keinen Schrecken für uns zu<br />
haben braucht. Er stand auf <strong>von</strong> den Toten! Viele<br />
Lehrer der Welt haben versucht, alles zu erklären.<br />
Sie änderten wenig oder gar nichts. Jesus hat wenig<br />
erklärt und alles verändert. Sein Name ist über<br />
allen Namen. Er, der einstmals geschundene Helfer-Heiland<br />
ist übermächtig heilsam der heute so<br />
geschundenen Welt verbunden.
25. Januar<br />
Von David: Herr, du durchschaust mich. Ob<br />
ich sitze oder stehe – du weißt es; aus der<br />
Ferne erkennst du, was ich denke. ob ich gehe<br />
oder liege – du siehst mich; mein ganzes<br />
Leben ist dir vertraut. Schon bevor ich rede,<br />
weißt du, was ich sagen will. Von allen Seiten<br />
umgibst du mich – hast deine <strong>Hand</strong> auf mich<br />
gelegt. (Psalm 139, 1-5)<br />
Was für ein harter Gott! Es wäre wunderlich,<br />
wenn dieser Gedanke nicht aufkäme. Aber ist<br />
damit nur ein bisschen Verständnis entstanden für<br />
diese paar Sätze? Kann dies der Schlüssel sein?<br />
Nein, diese aufmüpfige Meinung führt in eine<br />
Sackgasse. Das Wort Gottes ist aber keine <strong>Dr</strong>ohbotschaft<br />
und will Freiheitsluft zuführen. Was ist<br />
damit gemeint? Schauen wir unser Leben an - unser<br />
Leben, hier und jetzt, nicht nur solches in diktatorisch<br />
regierten Völkern. Immer wieder einmal<br />
sickert die Nachricht durch, wie Staatsbetriebe<br />
darauf aus sind, unser Leben und unsere Lebensführung<br />
zu durchschauen, Antennen und Schnüffelcomputer<br />
auszurichten auf bestimmte Menschen<br />
um zu erfahren, was gedacht, geredet und<br />
geschrieben wird. Wer weiss, wie mancher Ring<br />
gerade um Christen gelegt ist und wie viele Hände<br />
bereit sind bei uns einzugreifen, wenn die Staatsräson<br />
etwas wittert. Einmal ehrlich konstatiert,<br />
unsere Freiheit ist sehr relativ und restriktiv.<br />
Der Staat ist nicht zu beurteilen nach gut oder böse,<br />
wohl aber, nach Schutz oder <strong>Aus</strong>lieferung <strong>seiner</strong><br />
Bewohner. Und genau da liegt für unser Verständnis<br />
der Bibelworte ‚der Hase im Pfeffer’. Der<br />
Herrgott ist Gott der Liebe und der Zuwendung<br />
und des Schutzes. Wohl uns, dass es Gott ist, der<br />
so achtsam ist auf uns, der seine schützende <strong>Hand</strong><br />
auf uns legt. So gesehen sind diese obigen Sätze<br />
handfester Trost, göttlicher Freiraum!
26. Januar<br />
Jesus sprach: Ich will euch Mund und Weisheit<br />
geben, der alle eure Gegner nicht widerstehen<br />
noch widersprechen können.<br />
(Lukas 21, 15)<br />
Wer sich aufmacht, den Befehl Jesu, ‚Gehet hin<br />
und vermittelt die frohe Botschaft’ ernst zu nehmen,<br />
der macht seine Erfahrungen. Einmal diese:<br />
das Evangelium ist nicht exklusiv. Es gehört nicht<br />
nur in fromme Stuben und hinter Kirchenmauern.<br />
Es gehört auf die Strasse, in die Fabriken, in<br />
die Politik, in die Gefängnisse und in die Konferenzsäle<br />
der Wirtschaftskapitäne und in die Studios<br />
und Redaktionen der Massenmedien. „Gehet<br />
hin“, sagt Jesus. Doch gerade da können uns gewaltige<br />
Gegner widersprechen wollen. Sie sollen<br />
es nicht können, lautet die Verheissung. Allerdings<br />
muss die Voraussetzung stimmen, dass wir<br />
uns Mund und Weisheit geben lassen. Die Gegner<br />
in all den Schaltzentralen der (Ohn)Macht wollen<br />
widerstehen und ihr eigenes Süppchen kochen<br />
und über der Menschheit ausleeren. Aber ‚Gott<br />
sieht vor’ steht auf unserem Schweizer Fünffrankenstück<br />
und so geschieht es auch. Wer sich ausrüsten<br />
lässt, sieht sich keinen Feinden gegenüber,<br />
doch kann er die frohe Botschaft trotz grosser<br />
Gegnerschaft tatkräftig ausrichten, mit einer<br />
Nachricht also, die ihn selber glücklich gemacht<br />
hat, darf er jetzt ohne Zaudern andere beglücken.<br />
Ehre sei Gott in der Höhe! Denn er bringt der<br />
Welt Frieden und wendet sich den Menschen in<br />
Liebe zu.
27. Januar<br />
Wenn ein Dämon ausgetrieben wird, irrt er in<br />
öden Gegenden umher auf der Suche nach<br />
neuen Opfern … Genauso wird es diesem<br />
gottlosen Volk ergehen.<br />
(Matthäus 12, 43+45)<br />
Walter Nigg beschreibt in einem <strong>seiner</strong> träfen Bücher<br />
den auf weite Strecken gleich gebliebenen<br />
Zustand der Welt so: Soll die Welt gerettet werden,<br />
muss es im Namen Jesu Christi zu Massendämonenaustreibungen<br />
kommen. Sonst sind wir<br />
verloren, ausser dem verbleibenden berühmten<br />
Rest, der schon im Alten Testament in der Volksgeschichte<br />
Israels beschrieben ist, mit welchem<br />
Gott wieder neu beginnt.<br />
Was geschieht aber mit den ausgetriebenen Dämonen?<br />
Sie gehören ins Finsternisreich, aber dahin<br />
wollen sie nicht. Menschen ziehen scheinbar<br />
oft die Hölle dem Lichtreich vor, weil es sie eine<br />
zu grosse Anstrengung kostet, Jesus nachzufolgen.<br />
Die Dämonen suchen neue Opfer. Und das<br />
geschieht auch unter uns, in unserem ‚christlichen’<br />
Volk. „Und sie merkten nichts“ klagt ein Schauspieler<br />
auf der Bühne.<br />
Von dem, welchem Dämonen ausgetrieben worden<br />
sind, gehen wundersame Kräfte aus – gesunde<br />
Kräfte, heilsame Wirkungen und Weiterreichen<br />
der frohen Botschaft. Dazu muss Sorge getragen<br />
werden, denn die Dämonen wollen zurückkehren.<br />
Wenn sie aber Leib, Seele und Geist gereinigt und<br />
<strong>von</strong> Jesus erfüllt und geschmückt vorfinden, ziehen<br />
sie ab! Der Mensch, und nach W. Nigg die<br />
Völker, erfüllen nun ihren Auftrag in dieser verwirrten,<br />
gottlosen Völkerwelt und im ganzen<br />
Kosmos.
28. Januar<br />
Der Herr sprach durch eine Erscheinung in<br />
der Nacht zu Paulus: Fürchte dich nicht!,<br />
sondern rede und schweige nicht.<br />
(Apostelgeschichte 18, 9)<br />
Der Zustand der Welt ist auch für den Apostel<br />
zum Fürchten. Zu keiner Zeit sind es mehr als<br />
nur wenige gewesen, die sich die Ermahnungen<br />
Gottes gefallen liessen. Wer wollte schon seine<br />
gehätschelte, liebgewordene Art zu leben, in Frage<br />
stellen lassen? Daran hat sich bis heute nichts geändert.<br />
Es ist die reine Liebe Gottes zu <strong>seiner</strong><br />
Schöpfung, dass dies aber nicht rundweg der<br />
Schlusspunkt der Menschheitsgeschichte sein<br />
muss. Diese Liebe hat in Jesus Christus Gestalt<br />
angenommen und ist erfahrbar für jeden Menschen.<br />
Da ist keiner zu gering und keiner zu hoch<br />
geraten. Das Evangelium hat eine Sprache, die<br />
jeder Mensch verstehen und akzeptieren kann.<br />
Damit soll Paulus nun in eine Stadt wo ihn <strong>von</strong><br />
vornherein nicht viel Sympathie erwartet. Doch<br />
auch das gehört zur Liebe Gottes, dass er seine<br />
Diener nicht nur beauftragt und dann laufen lässt,<br />
sondern sie im voraus ermutigt und seine Begleitung<br />
zusichert. Das geschieht bei Paulus durch<br />
eine eindrückliche Erscheinung. Wie heilsam ist<br />
das für Paulus und alle, die sich eines Mangels für<br />
die Verkündigung der frohen Botschaft bewusst<br />
sind. In jener Zeit glänzten die Redner, ihnen<br />
mochte man zuhören, sie säuselten und stellten<br />
kaum einmal eine Herausforderung in den Raum.<br />
Solches liebten die Menschen, jedenfalls die Freien.<br />
Die Diener und Sklaven sahen tiefer und empfanden<br />
die Reden als Geschwätz. Was ihn erwartet<br />
würde, wusste Paulus, denn er war ein schwacher<br />
Redner, kein Glänzer und Schwärmer, allezeit<br />
gefasst, dass man ihm schaden wird, wo und<br />
wie auch immer. Aber er hatte Überzeugungskraft
und schenkte niemandem etwas. Starke Herausforderungen<br />
waren sein Metier und er fand wohl<br />
seine Zuhörerschaft, wenn auch mehr beim niedern<br />
Volk. „Ich habe ein grosses Volk in dieser<br />
Stadt“ ist eine mutmachende Zusage, die er noch<br />
brauchen wird. Denn schon rüsten seine Gegner<br />
ihre Waffen der Verleumdung und schlimmere<br />
Dinge. Paulus redet <strong>von</strong> den grossen Taten Gottes<br />
und als man ihn ins Streitgespräch verwickelt,<br />
schweigt er nicht. Seine Antworten sind präzis,<br />
viel zu klar für das verwöhnte Publikum. Und sie<br />
haben genug Götter, auch solche, die gelitten haben<br />
und auferstanden sind. Was sollen sie sich<br />
dem Jesus <strong>von</strong> Nazareth öffnen? Bringt er’s denn<br />
wirklich? Stellt er die Götter nicht nur in den<br />
Schatten, sondern bringt er das ewige Heil, das<br />
den Menschen und nicht ihm selber dient?<br />
Gewiss haben wir heute eine etwas andere Situation,<br />
andere Götter, andere Huldigungen, andere<br />
Borniertheiten. Aber immer noch gilt für die<br />
Nachfolger Jesu: Geht hin! Redet und schweigt<br />
nicht! Dies geht nicht ins Leere! Das bringt Zuwachs<br />
zur Kirche Jesu und zur Bürgerschaft des<br />
Reiches Gottes in Ewigkeit.
29. Januar<br />
Niemand <strong>von</strong> uns lebt für sich selbst.<br />
Leben wir, dann leben wir für den Herrn.<br />
(Römerbrief 14, 7 + 8)<br />
Da ist vom Sinn des Lebens die Rede. Was soll<br />
das Leben – krankes Leben – so genanntes unwertes<br />
Leben – bedrohtes Leben – gefahrvolles<br />
Leben usw.? Es gibt immer nur die eine Antwort:<br />
Der Sinn liegt darin, dass ein Mensch für andere<br />
etwas sein darf, wo<strong>von</strong> er selber auch Gewinn hat.<br />
Es gibt nur einen kleinen ‚Umweg’, wenn unser<br />
Leben wirklich frei sein soll <strong>von</strong> Eigennutz: Wir<br />
geben es in erster Linie in die <strong>Hand</strong> Gottes und<br />
daraus setzen wir es ein für die andern. Ich denke<br />
da an die überragende Künstlerin Joni, welche seit<br />
ihrer Fast-Totallähmung für ihre Lebensverrichtungen<br />
ganz auf die Hilfe anderer angewiesen ist.<br />
Mit ihrem Glauben und ihrer Malkunst mit dem<br />
Mund ist sie in der Seelsorge und in Konferenzen<br />
und in der Korrespondenz ein solcher Segen für<br />
grosse Mengen <strong>von</strong> Menschen.<br />
Ein anderes Beispiel stammt aus dem Film „La<br />
Strada“ <strong>von</strong> Fellini. Das Stück offenbart den<br />
christlichen Sinn des menschlichen Schicksals.<br />
Fellini hat in der Gestalt der Gelsomina ein Beispiel<br />
dafür geschaffen, dass niemand auf dieser<br />
Welt umsonst lebt.<br />
Da ist Gelsomina, die kleine Assistentin des bärenstarken<br />
Muskelprotzen Zampano, der durch<br />
Städte und Dörfer zieht, um vor staunenden<br />
Menschen Eisenketten zu zerreissen. Sie ist am<br />
Leben verzweifelt. Ihr Dasein erscheint ihr sinnlos.<br />
Da begegnet ihr der Clown Matto. Er führt<br />
sie in einen Zirkus. Sie klagt ihm ihr Leid: „Alles<br />
ist sinnlos“, sagt sie. Einen Augenblick schaut der<br />
Clown sie an, dann bückt er sich und hebt vom<br />
Boden einen kleinen, unscheinbaren Stein auf.<br />
„Selbst dieser kleine, unbeachtete Stein liegt nicht
sinnlos hier herum. Er hat einen Sinn. Ich kenne<br />
den Sinn nicht. Aber Gott hat ihn bestimmt für<br />
einen guten Zweck hierher gelegt.“ Über das Gesicht<br />
des jungen, verzweifelten Menschen huscht<br />
ein Lächeln. Wieviel mehr hat Gott dem Menschen<br />
einen Sinn gegeben, für andere da zu sein.<br />
Gelsomina drückt den kleinen Stein an sich und<br />
ist glücklich. Sie hat den Sinn des Lebens wiedergefunden.<br />
Wie sagt Augustin in seinen Bekenntnissen: „Ruhelos<br />
ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir“, bis<br />
es weiss, wo es hingehört – bis es für den Herrn<br />
lebt und damit für andere da ist.
30. Januar<br />
Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.<br />
(1. Mose 1, 1)<br />
„Während wir die Schöpfung besser kennen lernen,<br />
sollten wir auch eine bessere Kenntnis des<br />
Schöpfers erhalten und eine tiefere Erkenntnis<br />
der Verantwortung des Menschen für das, was<br />
Gott damit will. Die bemannten Raumflüge sind<br />
phantastische Leistungen, aber bisher haben sie<br />
nur ein kleines Fenster in den gewaltigen Weltraum<br />
geöffnet. Doch das, was wir durch dieses<br />
Fenster <strong>von</strong> den unendlichen Geheimnissen des<br />
Universums sehen können, bekräftigt die Gewissheit,<br />
dass es einen Schöpfer gibt.“ (W. <strong>von</strong> Braun)<br />
Diesem wunderbaren <strong>Aus</strong>spruch in einem Presseinterview<br />
stehen so viele respektlose Sprüche und<br />
schauerliche Hypothesen der Naturwissenschaft<br />
und anderer Wissenszweige gegenüber. Nicht,<br />
dass uns auch ernsthafte und glaubende Forscher<br />
bekannt wären, aber die Norm ist es nicht. Allerdings<br />
kann auch Wernher <strong>von</strong> Braun nicht alle<br />
Fragen beantworten und alle Zweifel ausräumen.<br />
Doch es ist ein Pflock gesetzt, dass Gott als<br />
Schöpfer nicht verhandelbar ist. Wer Ergebnisse<br />
der Forschung im Licht der Bibel erscheinen lässt,<br />
muss zugeben, dass die Schöpfung zwar ein Produkt<br />
ist, dem aber die ganze Liebe Gottes zugewendet<br />
ist.<br />
Dieser Sachverhalt, der nicht nur unsere Erde<br />
sondern das ganze Universum betrifft, nimmt uns<br />
in höchst verantwortungsvolle Pflicht.<br />
Wir können uns nur beugen unter unsere verantwortungslose<br />
<strong>Hand</strong>lungsweise, die deutlich am<br />
Tage ist. Wir können nur bekennen, dass Gott im<br />
Recht ist und uns neu aufmachen, unsere Aufgabe<br />
ernst zu nehmen.
Gott liebt die Welt und damit auch uns. Seine<br />
Liebe will die unsrige entzünden, dass wir aus<br />
Freude und Gehorsam Gott dienen.
31. Januar<br />
Was bei den Menschen unmöglich ist, ist bei<br />
Gott möglich. (Lukas 18, 27)<br />
Dieser Satz ist dem Nachwort zu einem Gespräch<br />
Jesu mit einem reichen jüdischen Vorsteher entnommen.<br />
Es heisst dort, dass ein Reicher schwer<br />
in das Reich Gottes eingehen könne.<br />
Wir dürfen unser Bibelwort aber auch allgemeiner<br />
auffassen – im Sinn unseres Buchtitels. Haben wir<br />
nicht schon oft dargelegt, wie turbulent sich das<br />
Universum gebärdet, seit wir uns <strong>seiner</strong> scheinbar<br />
bemächtigt haben. Aber wir haben nie gesagt, rettet,<br />
was zu retten ist oder gar, rette sich wer kann.<br />
Sondern wir haben immer herausgehoben, dass es<br />
eine <strong>von</strong> Gott herausgegebene Aufgabe an seine<br />
Reichsgenossen ist, der Welt zu dienen, sie aufzurichten,<br />
zurechtzurichten und neu auszurichten<br />
auf ihre eigentlichen Ziele. Diese erkennen wir<br />
ganz leicht, wenn wir Zeiten und Stunden, Tag<br />
und Nacht, Sommer und Winter beobachten und<br />
wahrnehmen und entsprechend handeln im Tun<br />
oder Ruhen lassen. Zugegeben, wir kommen<br />
schnell an unsere Grenzen. Unsere Möglichkeiten<br />
werden beschnitten durch unsere Unzulänglichkeit<br />
und durch die Willkür der Mächtigen und<br />
Wirtschaftsbosse sowie durch die Politik der Anpassung<br />
und Volksverdummung und der übermässigen<br />
Kontrolle über die Bürger. Da ist uns<br />
vieles unmöglich wo wir Gelegenheiten sehen<br />
würden, aber die Hände sind uns gebunden. Gott<br />
sei Dank, sagt uns das Wort Gottes, bei Gott ist<br />
alles möglich. Nicht, dass er persönlich eingriffe –<br />
das ist kaum zu erwarten – aber dadurch, dass er<br />
uns den Weg frei schaufelt und uns Möglichkeiten<br />
eröffnet. Es bleibt dabei: Gott steht nicht im Abseits:<br />
Er liebt sein Produkt.
1. Februar<br />
Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.<br />
(2. Korinther 12, 9)<br />
Da kommen <strong>von</strong> links reihenweise, gerade, verantwortungsbewusste<br />
Männer, die ahnungslos auf<br />
einen Operationstisch zu wandeln oder sich willig<br />
hingeleiten lassen. Einer nach dem andern wird<br />
behandelt <strong>von</strong> einem Superwesen, das ihnen das<br />
Rückgrat herausoperiert. Sonst ordentlich hergerichtet<br />
kriechen sie auf allen Vieren aus dem<br />
Raum. Nun sind sie erbärmliche Gestalten, ohne<br />
Halt und auch ohne innere Überzeugung. Sie<br />
wanken durch die Gegend, ein willenloses Werkzeug<br />
anderer Menschen und Mächte. Im gleichen<br />
Trott tanzen sie nach der Pfeife eines dämonischen<br />
Wesens, das sie gefügig gemacht hat. (aus<br />
einer Satirezeitschrift)<br />
Ein Mensch ohne Rückgrat ist haltlos. Er wird<br />
<strong>von</strong> jeder Meinung, Weltanschauung und Einflüsterung<br />
hin- und hergerissen. (R. Ruthe) Er ist<br />
schwach und schwimmt in der Masse mit. Er trägt<br />
keine Verantwortung. Eine Instanz des modernen<br />
Lebens hat sie ihm abgenommen: Das „Man“. Er<br />
lebt nun, wie „man“ lebt; er ist nun, wie „man“<br />
ist; denkt, wie „man“ denkt, lügt, wie „man“ lügt<br />
und stielt wie „man“ stielt. – Er heult mit den<br />
Wölfen, ohne Überzeugung und feste Standpunkte.<br />
– Der Glaube an Jesus Christus gibt uns<br />
schwachen Menschen Kraft und Rückgrat. Wenn<br />
wir nicht Konformisten werden wollen, Menschen,<br />
die gleichgeschaltet und wie eine Herde<br />
abgerichtet und einer Gehirnwäsche unterzogen<br />
werden, brauchen wir zu jeder Zeit ein Rückgrat<br />
und einen festen Halt. Wir haben ihn nicht automatisch<br />
in uns selbst.<br />
Aber seine Kraft ist in den Schwachen mächtig!
2. Februar<br />
Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz<br />
fade geworden ist, wodurch soll es seine<br />
Würzkraft wiedergewinnen? Es ist nutzlos<br />
geworden, man schüttet es weg.<br />
(Matthäus 5, 13)<br />
Einfach und billig ist es nicht Christ zu sein. Um<br />
es deutlicher zu sagen, es ist nichts damit: werde<br />
ein Verehrer Jesu und setze dich zur Ruhe. Im<br />
Gegenteil, wer an Jesus Christus zu glauben beginnt<br />
ist in die Nachfolgerbahn eingetreten und<br />
macht sich bereit, zu wirken die <strong>Werke</strong>, die Christus<br />
gewirkt hatte auf Erden. Salz nennt er den<br />
Wirkstoff, der uns anvertraut ist. Ohne Salz ist die<br />
Suppe ungeniessbar. Ohne den Wirkstoff Christensalz<br />
ist die Welt ungeniessbar. Salz kann aber<br />
fade werden, das ist zur Warnung gesagt. Was bedeutet<br />
das? Wenn man sofort Erfolg sehen will,<br />
Frucht seines Wirkens sichtbar werden soll, dann<br />
will man gerne weitermachen, ansonsten verkriecht<br />
man sich in Resignation und Depression.<br />
Das ist gefährlich für den Wirkstoff und den Auftrag<br />
und enttäuschend für den Auftraggeber. Das<br />
Salz wird fade; Christen werden gesichtslos, ohne<br />
Schärfe und Überzeugungskraft. Wer nicht mehr<br />
herausfordert, ist nicht mehr interessant für eine<br />
Diskussion, obwohl einschränkend gesagt werden<br />
muss: „Das Reich Gottes kommt nicht durch<br />
Diskussionen sondern durch Kraft.“
3. Februar<br />
Ich bin die Wurzel und der Nachkomme Davids<br />
und der helle Morgenstern. (Offb. 22, 16)<br />
Wurzel, Nachkomme, Morgenstern sind so verschieden,<br />
finden aber interessanterweise ihre Einheit<br />
in einer Person. So stellt sich Jesus den damaligen<br />
Gemeinden vor. So sollen sie ihn annehmen<br />
und begreifen. Die Wurzel deutet auf die Präexistenz<br />
Jesu hin: „Im Anfang war das Wort, und<br />
das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott!“<br />
und später „Nicht du trägst die Wurzel, sondern<br />
die Wurzel trägt dich.“ Auf die Menschheit bezogen<br />
heisst das, wir haben einen Urgrund, auf welchen<br />
Verlass ist.<br />
Konkreter wird Jesus, wenn er sich als Nachkomme<br />
Davids bezeichnet. Beim ersten Kommen<br />
des Messias wählte er eine menschliche Abstammung<br />
um uns Menschen gleich zu sein. Alle<br />
Nachfolger profitieren da<strong>von</strong>, wenn sie der Welt<br />
das Evangelium nahe bringen und zur Umkehr<br />
aufrufen.<br />
Der helle Morgenstern weist Jesu Bedeutung für<br />
das Universum nach. Er ist der Anfang und das<br />
Ende – so wie der Morgenstern schon am hellen<br />
Abend zu sehen ist und am Morgen bei Sonnenaufgang<br />
als letzter Stern noch sichtbar ist.<br />
Diese dreifache Bedeutung der Person Jesu und<br />
<strong>seiner</strong> Sendung hat einen enormen Einfluss auf<br />
unseren Dienst. Daraus schöpfen wir Überzeugungskraft<br />
und gibt uns Argumente in die <strong>Hand</strong>,<br />
die überaus vorteilhaft sind, wenn wir uns um Erde<br />
und sichtbaren Himmel bemühen.
4. Februar<br />
Wir liegen vor dir mit unserm Gebet und vertrauen<br />
nicht auf unsere Gerechtigkeit, sondern<br />
auf deine grosse Barmherzigkeit.<br />
(Daniel 9, 18)<br />
Es gibt ein Tun, das man besser mit Aktivismus<br />
oder Eifern bezeichnet. Das ist gerade auch den<br />
Kirchen wahrhaftig nicht fremd. Dabei ist es ganz<br />
vordergründig, dass sie sich darin wohl fühlen<br />
und meinen, Gott einen Dienst zu erweisen. Sie<br />
denken hoch <strong>von</strong> sich und sehen ihre eigene<br />
Schuld nicht mehr. Bagatellen brauchen keine<br />
Barmherzigkeit.<br />
Ganz anders bei Daniel und seinen Freunden in<br />
der Gefangenschaft in Babylon – dort wo die<br />
Menschen die grandiose Versuchung überkommen<br />
ist, einen Turm bis zum Himmel zu bauen.<br />
Von jeher liegt eine grosse Schuld auf dieser<br />
Stadt, auch wenn längst andere Völker und Herrscher<br />
über sie verfügen. (Übrigens ist es Archäologen<br />
gelungen, den genauen Standort des ehemaligen<br />
Turmes zu lokalisieren und L. Schneider ist<br />
überzeugt, dass er echte Gesteinsbrocken mit<br />
nach Hause nahm.) Dort also liegen die Freunde<br />
im Gebet auf dem Boden mit Blickrichtung Jerusalem.<br />
Ohne Einsicht in ihre und ihres gefangenen<br />
Volkes Schuld, würden sie es nicht wagen.<br />
Aber sie vertrauen auf des Höchsten Barmherzigkeit.<br />
Und diese Hoffnung täuscht nicht.<br />
Wie wohl würde es der Christenheit anstehen, so<br />
in sich zu gehen, dem Aktivismus den Abschied<br />
zu geben und unten durch zu gehen, bis Gottes<br />
Barmherzigkeit sie aufliest und neu zur Arbeit<br />
schickt. Oft ist weniger mehr und wie wahr ist das<br />
Sprichwort: Das Bessere ist der Feind des Guten.
5. Februar<br />
Nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr! werden<br />
in das Reich der Himmel kommen, sondern<br />
wer meinen und des Vaters Willen tut.<br />
(Matthäus 7, 21)<br />
Zunächst ist zu sagen, dass dies kein sehr aktuelles<br />
Wort ist, so scheint es jedenfalls. Denn wo gibt<br />
es noch Herren und Diener, Damen und Mägde?<br />
Trotzdem das Wort steht seit langem immer noch<br />
in der Bibel. Es muss auch heute seinen Sinn haben.<br />
Sicher, die Verhältnisse haben sich massiv<br />
verschoben und trotzdem hat die Mehrheit der<br />
arbeitenden Bevölkerung eine Herrschaft über<br />
sich, und das bedeutet, der Herrschaft Wollen<br />
und Befehlen zu gehorchen. Selbst der oberste<br />
Boni-Empfänger hat seinen Chef, letztendlich<br />
Gott selbst. Wer seinem Chef hofiert, macht sich<br />
verdächtig, ob er wohl die Anweisungen perfekt<br />
ausführt. Ein distanziert auftretender Untergebener<br />
weckt eher mehr Vertrauen im Chef, trotzdem<br />
wird er ihm auf die Finger schauen. Diese<br />
Vertrauens- oder Misstrauensverhältnisse spielen<br />
sich im Innern ab, obwohl sie Äusserlichkeiten<br />
widerspiegeln.<br />
Jesus nimmt das tägliche Leben als Vorbild und<br />
wendet es im geistlichen Leben an. Nicht alle, die<br />
Herr Herr zu mir sagen … Menschen sind oft<br />
auch im Gebet clever und reden viel, leiten es ein<br />
mit wülstigen Anreden und sind erstaunt, dass ihr<br />
Gebet gerade bis zur Zimmerdecke gelangt. Er<br />
meint seine Nachfolger, die freudig an der Glaubensschale<br />
lecken, sich aber wenig oder nichts um<br />
den Willen Jesu und seines Vaters kümmern. Sie<br />
geben vor, die Bekehrung und der Glaube haben<br />
doch alles erledigt, nun könne nichts mehr passieren,<br />
das Schreiten durch die Himmel am Lebensende<br />
sei so gut wie sicher. Falsch, sagt das Evangelium,<br />
die frohe Botschaft. Nachfolger sind kei-
ne Genussmenschen. Sie haben einen Auftrag, der<br />
sie durchaus noch atmen lässt. Doch das Evangelium<br />
will in die Welt. Zuvor gilt aber als Einführung<br />
das Halten der Gebote Gottes, mit immer<br />
mutiger Überprüfung, ob’s noch stimmt. Über die<br />
Gebote sollte nicht die Rede sein. Wer hat nicht<br />
die 10 Gebote kennen gelernt, die Bergpredigt gelesen<br />
…? Nennen wir ausführlich nur ein Gebot,<br />
das den Eingang ins Gottesreich öffnet: Das Gebot<br />
der Liebe. Knapp zusammengefasst heisst es:<br />
„Du darfst Gott den Herrn lieben <strong>von</strong> ganzem<br />
Herzen, <strong>von</strong> ganzer Kraft und ganzer Hingabe;<br />
und deinen Nächsten wie dich selbst. Tue es!“<br />
Eine ebenso eindrückliche, aber etwas ausführlichere<br />
Darlegung schrieb Paulus im 1. Korintherbrief<br />
13: Liebe ist geduldig und freundlich. Sie ist<br />
nicht verbissen, sie prahlt nicht und schaut nicht<br />
auf andere herab. Liebe verletzt nicht den Anstand<br />
und sucht nicht den eigenen Vorteil; sie<br />
lässt sich nicht reizen und ist nicht nachtragend.<br />
Sie freut sich nicht am Unrecht, sondern freut<br />
sich, wenn die Wahrheit siegt. Liebe ist immer bereit<br />
zu verzeihen, stets vertraut sie; sie verliert nie<br />
die Hoffnung und hält durch bis zum Ende.<br />
Die Liebe vergeht niemals!
6. Februar<br />
Es begab sich, als Jesus die Rede vollendet<br />
hatte, dass sich das Volk entsetzte über seine<br />
Lehre; denn er lehrte mit Vollmacht, nicht<br />
wie ihre Schriftgelehrten. (Matth. 7, 28 + 29)<br />
Das ist in Kürze die Wirkung der ersten grossen<br />
Rede Jesu nach seinem Auftreten. Entsetzen hat<br />
die Leute gepackt, was nichts anderes ist, als namenloses<br />
Erstaunen bis hin zur inneren und äusseren<br />
Erschütterung der Zuhörer. Solches hatten<br />
sie noch nie gehört. Sie waren ganz in den Bann<br />
des Nazareners gezogen worden, überdrüssig der<br />
immergleichen stereotypen Hassreden der<br />
Schriftgelehrten gegen die Besatzungsmacht<br />
Roms und der eifernden Gesetzespredigten. Was<br />
war denn so anders bei Jesus? Da sind einige<br />
Stichworte, die so viel ernsthafter und liebevoller<br />
ausgelegt wurden: Die Seligpreisungen – Die Jünger<br />
das Salz der Erde und das Licht der Welt –<br />
Neue <strong>Aus</strong>legung des Gesetzes – Vom Almosengeben<br />
– Vom Beten – Das Unser Vater – Vom<br />
Fasten – Warnung vor irdischem Sorgen – Warnung<br />
vor strengem Richten – Der schmale und<br />
der breite Weg – Warnung vor falschen Lehrern –<br />
Das Gleichnis vom Haus auf dem Felsen. (Mat. 5<br />
– 7) Es ist nicht verwunderlich, dass diese Ouvertüre<br />
eine solche Reaktion ausgelöst hatte. Ein andermal<br />
schien den Zuhörern die Rede unzumutbar<br />
und sie baten Jesus wegzugehen, ja einmal<br />
wollten sie ihn sogar steinigen – aber er schritt<br />
mitten durch sie hindurch. Keiner, der Jesus nicht<br />
erträgt, ist tragfähig für die Herrschaft Gottes in<br />
seinem Reich. Keiner derselben kann Anteil haben<br />
an den Segnungsfolgen <strong>von</strong> Jesu Reden und<br />
Wundertaten. Vom Entsetzen ist es ein kleiner<br />
Schritt bis zum Irrewerden an Jesus. Darum sagte<br />
er: „Glücklich ist, wer sich nicht an mir ärgert“!
7. Februar<br />
Tut nichts aus Ränkesucht oder um eitler Ehre<br />
willen, sondern in Demut achte einer den<br />
andern höher als sich selbst. (Philipperbrief 2,<br />
3)<br />
Das ist ein ernstes Wort an die Kirche in ihrer<br />
Vielfalt, Mannigfaltigkeit und Abartigkeit, wie sie<br />
heute anzutreffen ist. Zwar ist der einzelne Kirchenchrist<br />
angesprochen, denn damals bei der<br />
Abfassung des Philipperbriefes gab’s das Durcheinander<br />
<strong>von</strong> heute noch nicht.<br />
Heute müssen wir <strong>von</strong> Einzelnen und <strong>von</strong> Körperschaften<br />
reden. Es wird ihnen ein Zeugnis<br />
ausgestellt, das erschrecken lässt. Da geht’s wie<br />
meistens ums Rechthaben, um die rechte <strong>Aus</strong>legung<br />
der Bibel, um die reine Lehre in Kirche und<br />
Universität, um die grösste Sonntagsgemeinde<br />
und um den höchsten Geldopfereingang usw.<br />
Und das alles – weil man nicht demütig und bescheiden<br />
sein kann und will – wird mit List und<br />
‚Andacht’, mit Raffinesse und ‚Gebet’, mit<br />
Scheinheiligkeit und ‚Lobpreis’ in Szene gesetzt,<br />
wer man ist und welch toller Gemeinde oder<br />
christlicher Sekte man angehört. Nein, so soll es<br />
unter uns nicht sein.<br />
Als erstes benötigen wir die Gabe der Geisterunterscheidung,<br />
damit wir nicht sind, wo wir nicht<br />
hingehören, dass wir uns nicht an Aufträgen<br />
beteiligen, die nicht <strong>von</strong> Gott animiert und gesteuert<br />
sind. Zum zweiten brauchen wir die Einsicht,<br />
dass nicht nur wir wirken und anerkennen<br />
können, was andern möglich geworden ist. Zuletzt<br />
oder zuerst soll sich unsere Einstellung so zu<br />
erkennen geben, dass der andere Christ oder die<br />
andere Gemeinde <strong>von</strong> uns höher eingestuft wird,<br />
zu Gottes Ehre!
Nur so erleben wir als Einzelne und in unseren<br />
Gemeinden den absolut dringenden Fortschritt<br />
im Glauben, in der Liebe zu Gott und den Menschen,<br />
in der Diakonie am nahen und fernen<br />
Nächsten und – und was euch noch einfällt.
8. Februar<br />
Paulus und Barnabas lehrten frei und offen<br />
im Vertrauen auf den Herrn, der das Wort<br />
<strong>seiner</strong> Gnade bezeugte und liess Zeichen und<br />
Wunder geschehen durch ihre Hände. (Apg.<br />
14, 3)<br />
Noch zu keiner Zeit wie heute erlebte die Weltbevölkerung<br />
eine Inflation <strong>von</strong> Worten, dass man<br />
nicht mehr hinhören mag, wenn wieder jemand<br />
das Wort ergreift. Vor allem die Kirchen leiden<br />
daran. Wer geht schon in die Predigt? „Das haben<br />
wir nun schon so oft gehört“ seufzt eine grosse<br />
Schar. Zu Recht? Der Vorwurf hat vielleicht etwas<br />
Wahres, wenn auch noch andere Motive eine<br />
Rolle spielen. Aber auch Wahl- und Parteiveranstaltungen<br />
leiden an Schwindsucht. Umso mehr<br />
schiessen die Massenmedien ins Kraut, vor allem<br />
die Bildmedien sind gefragt. Da fängt man an,<br />
sich nach den früheren Zeiten zu sehnen, als Paulus<br />
und Barnabas … Ja, da war alles noch besser,<br />
so unverdorben, meinen wir kurzschlüssig. Aber<br />
der Preis war hoch, wie einfach nachzulesen ist.<br />
Sind vielleicht die wahren Worte heute so rar, weil<br />
die Redenden den eventuellen Preis fürchten? Die<br />
Abwahl eines Pfarrers, der treu zum Evangelium<br />
steht bei den Kleinsten bis zu den Betagten und<br />
Sterbenden; die Nichtwiederwahl eines Politikers,<br />
der die Wahrheit obenan setzt; der Zorn einiger<br />
Eltern auf den Lehrer, der sich nicht beeinflussen<br />
lässt usw. Ob es das Wort des Evangeliums ist<br />
oder das christlich fundierte Wort in der Schule<br />
oder in der Politik oder in der Arbeitswelt, Gott<br />
steht dazu, so steht es geschrieben. Er unterstreicht<br />
es sogar mit Zeichen und Wundern, die<br />
auch in unserer Zeit bitter nötig wären.
9. Februar<br />
Heute, so ihr seine Stimme hören werdet, so<br />
verstocket eure Herzen nicht.<br />
(Hebräerbrief 3,15)<br />
<strong>Prof</strong>essor Hallesby schreibt in seinem Buch : „Religiosität<br />
oder Christentum“ über unser Herz:<br />
„Als Gott das Universum mit den unzähligen<br />
Sonnensystemen schuf, sass er ruhig auf seinem<br />
himmlischen Könisgthron und sprach ein schöpferisches<br />
Wort. Und wenn er das Weltall, <strong>von</strong> den<br />
gewaltigen Himmelskörpern hinab bis zu kleinsten<br />
Bazillen, regiert, sitzt er ruhig in seinem<br />
Himmel und trägt alle Dinge mit seinem kräftigen<br />
Wort. Aber als er das kleine willensharte Menschenherz<br />
brechen musste, konnte er nicht auf<br />
seinem himmlischen Thron verbleiben, sondern<br />
musste den Himmel verlassen, auf unsere Erde<br />
herabsteigen, Mensch werden und leiden und<br />
sterben zur Sühne für unsere Sünden. Eines so<br />
grossen Apparates bedurfte Gott, um das kleine<br />
Menschenherz zu brechen!“<br />
Ja, um mit dem ungehorsamen menschlichen<br />
Herzen fertig zu werden, musste Gott in Jesus<br />
Christus in diese Welt, auf diese Erde kommen.<br />
Kein Mensch kann sich bekehren und Christ werden<br />
und die göttliche Dienstanweisung übernehmen,<br />
dem Gott nicht das Herz durch einen Zerbruch<br />
zubereitet hat.<br />
Wer heute seine Stimme hört, kann seine Bekehrung<br />
nicht aufschieben. Ein Ertrinkender sagt<br />
auch nicht: Ja, ich will gerettet werden, aber nicht<br />
heute. Wer heute Gottes erbarmendes Zerbrechen<br />
spürt und nicht gehorcht, tut sich keinen<br />
Dienst. Wer will schon diese Gelegenheit verpassen?
10. Februar<br />
Wer Dank opfert, der ehrt mich!<br />
(Psalm 50,23)<br />
„Lied vom Kürbis“ Ein Protest-Song zum Erntedankfest:<br />
Mercedes vor der Türe,<br />
vier Konti auf den Banken,<br />
Ich spende einen Kürbis<br />
und fei’re Erntedank.<br />
<strong>Dr</strong>ei Pfund Filet im Kühlfach,<br />
Skotch Whisky in der Bar.<br />
Ich trage einen Kürbis<br />
am Sonntag zum Altar.<br />
Der Pfarrer sprach vom Teilen,<br />
der Hunger wäre gross;<br />
zu Hause ass ich meine Schnitzel<br />
und war den Kürbis los.<br />
Es ändern sich die Zeiten,<br />
für mich ist alles klar:<br />
Ich sing mein Lied vom Kürbis,<br />
ich sing es jedes Jahr.“<br />
Die Zeiten sind vorbei, dass wir mit einem Kürbis<br />
Dank opfern können. So billig kommen wir nicht<br />
da<strong>von</strong>. Wir spotten am Erntedankfest Gott eher<br />
ins Angesicht, wenn wir in mit Kleinigkeiten, wie<br />
ein paar Batzen abspeisen. Erntedankfest ist ein<br />
Prüfstein unseres Glaubens, unseres Dankes.<br />
Gott erwartet ein Opfer und keine Kollekte. Die<br />
Lunte an der Hungerbombe brennt. Wie sagte dazu<br />
Jesus: Was ihr einem dieser Geringsten getan<br />
habt, habt ihr mir getan; und: Ich war hungrig und<br />
ihr habt mich gespeist! Wenn das wahr ist unter<br />
uns, und um der <strong>Dr</strong>inglichkeit willen im grossen<br />
Stil, dann können wir uns freuen und ein anderes<br />
Lied anstimmen.
11. Februar<br />
Er der ewige Gott, breitet seine Arme aus, um<br />
euch zu tragen und zu schützen. (5.Mo 33, 27)<br />
Gott zu lieben und den nächsten wie mich selbst,<br />
ist kein Spaziergang und keine gemeinsame Wanderung<br />
mit Gott. Diese Zeit ist vorbei, seit die ersten<br />
Menschen sich gedrungen fühlten, im Paradies<br />
ein Versteck aufzusuchen um Gott auszuweichen.<br />
Sie birgt auch Gefahren, z.B., dass uns die<br />
Gunst bei Gott in den Kopf steigt und wir übermütig<br />
werden. Plötzlich werden wir inne, dass wir<br />
ohne den goldenen Fallschirm schutzlos dem harten<br />
Boden entgegen fallen. Es ist leicht möglich,<br />
dass wir damit gleich noch eine Schar Menschen,<br />
die uns anvertraut ist, mit ins Verderben ziehen.<br />
Das ist als schweres Vergehen einzuschätzen.<br />
Diskussion unnötig. Aber wie kommt man aus<br />
dieser Schuld heraus? Beim Computer gibt es für<br />
die verschiedensten Probleme eine ‚Hilfe’, ein<br />
Angebot zur Korrektur oder Reparatur. Gibt es<br />
so etwas auch für den inneren, geistig geistlichen<br />
Menschen? Da sind wir dann wieder froh <strong>von</strong><br />
dem ‚ewig reichen Gott’ zu wissen. Wenn nicht<br />
er, wer dann …? Unser Gewissen, versagt zu haben,<br />
wird nicht erleichtert, wenn wir uns nicht<br />
helfen lassen. Den Blick nach unten gerichtet, laufen<br />
wir durch die Gegend. Also reissen wir uns<br />
zusammen und stellen uns Gott. Da wird uns offenbart,<br />
dass der ewige Gott uns mit seinen ausgestreckten<br />
Armen längst aufgefangen hat und<br />
uns schützt vor den Vorwürfen des eigenen Gewissens<br />
und der Mitmenschen und falsch verstandenen<br />
Ordnungsbussen der Bibel. Dann gehen<br />
wir wieder mit neuer Freude und aufrechtem<br />
Gang an unsere Arbeit in der Welt ohne und mit<br />
dem Evangelium als Beitrag zum Kommen der<br />
Herrschaft (Reich) Gottes.
12. Februar<br />
Paulus schreibt: Ich vermag alles durch den,<br />
der mich stark macht. (Philipperbrief 4, 13)<br />
Als Schüler des jüdischen Gelehrten Gamaliels<br />
wuchs Saulus (Jugendname des Paulus) selber zu<br />
einem jungen Gelehrten heran. Man setzte grosse<br />
Hoffnungen in ihn. Saulus selbst sah ein Etappenziel<br />
darin, dass er die junge Christenheit auslöschen<br />
würde, nicht mit Gelehrsamkeit, sondern<br />
durch Verfolgung. Doch in Damaskus wurde ihm<br />
das zum Verhängnis. Jesus begegnete ihm und er<br />
wandte sich ihm zu. <strong>Aus</strong> einem Rabbi wurde ein<br />
Christ. Fortan nannte er sich mit seinem römischen<br />
Namen Paulus. Jesus hatte sich Paulus als<br />
Werkzeug der <strong>Aus</strong>breitung des Evangeliums auserwählt.<br />
Aber der Weg wird stein-reich sein. Ein<br />
Jünger bekam <strong>von</strong> Jesus den Bescheid: Ich will<br />
ihm zeigen, wieviel er um meines Namens willen<br />
leiden muss. Und so war es dann auch. Der<br />
enorm segensreiche Dienst des Paulus war gesättigt<br />
mit Gefahren, Nöten und Leiden sondergleichen.<br />
Er hat einmal einen eigentlichen Katalog<br />
zusammengestellt: „Diener Christi bin ich, mehr<br />
als andere, aber auch mehr in Mühsalen, mehr in<br />
Gefangenschaften, weitaus mehr in Schlägen,<br />
oftmals in Todesgefahren; fünfmal habe ich <strong>von</strong><br />
Juden vierzig Geisselhiebe weniger einen erhalten,<br />
dreimal bin ich mit Ruten geschlagen, einmal gesteinigt<br />
worden, dreimal habe ich Schiffbruch erlitten,<br />
einen Tag und eine Nacht habe ich auf dem<br />
tiefen Meer treibend zugebracht; oftmals auf Reisen,<br />
in Gefahren durch Flüsse und Räuber und<br />
Einöde und unter falschen Brüdern, in Mühsal<br />
und Beschwerde, oftmals in Hunger und Durst, in<br />
Kälte und Blösse, abgesehen <strong>von</strong> dem übrigen:<br />
der tägliche Zudrang zu mir und vor allem die<br />
Sorge um alle Gemeinden“.
Ein Wunder, dass das einer aushält, mag man<br />
meinen. Aber Paulus sieht das anders. Das Geheimnis<br />
liegt darin, wie er sich im Gefängnis zu<br />
Philippi leiten liess, um Mitternacht mit seinem<br />
Gefährten Silas Loblieder zu singen. Alles sollte<br />
zu Gottes Ehre geschehen. Aber auch er selbst<br />
backte nur kleine Brötchen. Die Stärke und<br />
Macht, alles mit Lobpreis zu tragen, kommt ihm<br />
zu <strong>von</strong> seinem Auftraggeber. Darum vermag er<br />
nicht nur einen Bruchteil, wie weit er’s selber abschätzen<br />
kann, sondern er vermag alles!! weil einer<br />
ihn stark macht.<br />
Es wird <strong>von</strong> Ihnen und mir nicht verlangt, Paulus<br />
zu kopieren – da würden wir kläglich scheitern.<br />
Aber den Auftrag des Herrn genau anschauen<br />
und umsetzen, das ist unsere Aufgabe. Dafür und<br />
für all die möglichen Begleitumstände übernimmt<br />
Jesus die Verantwortung und macht uns stark.<br />
Wagen wir es und hernach bezeugen wir es!
13. Februar<br />
Ich glaube, lieber Herr, hilf meinem Unglauben.<br />
(Markus 9, 24)<br />
Tolstoi sagte einmal der reifenden Jugend: „Wenn<br />
euch der Gedanke kommt, dass alles, was ihr über<br />
Gott gedacht habt, irgendwie verkehrt ist, und<br />
dass es vielleicht gar keinen Gott gibt, so geratet<br />
deswegen nicht in Bestürzung. Es geht allen aufrichtig<br />
Suchenden so. Glaubt aber nicht, dass euer<br />
Unglaube daher rührt, dass es keinen Gott geben<br />
soll. Wenn ihr nicht mehr an den Gott glaubt, an<br />
den ihr früher glaubtet, so rührt das daher, dass in<br />
eurem Glauben etwas verkehrt war, und ihr müsst<br />
euch bemühen, besser zu begreifen, was ihr Gott<br />
nennt.<br />
Wenn ein Wilder an seinen hölzernen Gott zu<br />
glauben aufhört, heisst das nicht, dass es keinen<br />
Gott gibt, sondern nur, dass er nicht aus Holz<br />
ist“.<br />
Glauben heisst: Auf den Herrn schauen und nicht<br />
auf die Wellen – wie bei Petrus in der Geschichte<br />
“Jesus kommt in der Sturmnacht zu seinen Jüngern“.<br />
Wer wie Petrus handelt, versinkt im Unglauben.<br />
Je fester wir Jesus im Auge behalten, desto<br />
weniger sehen wir die Wellen, die uns wegspülen<br />
wollen. Wir müssen auf den Wellen gehen.<br />
Auf den Wellen des Zweifels, des Unglaubens,<br />
der Skepsis – Jesus selbst fordert uns auf, über sie<br />
hinweg zu ihm zu kommen. Dabei weiss er was er<br />
tut, denn er kann sich nur zu gut in unsere Lage<br />
versetzen.
14. Februar<br />
Estomihi – sei mir ein starker Fels. (Ps. 31,3)<br />
In der frühen Kirche hat man gewissen Tagen einen<br />
Namen gegeben – ein Wort aus der lateinischen<br />
Uebersetzung der Psalmen, heute also:<br />
Estomihi. In der deutschen Bibel heisst es: Sei mir<br />
ein starker Fels.<br />
Wer in die Berge steigt, hofft auf starken Fels und<br />
nicht auf brüchigen. Brüchiger Fels kann die Hacken<br />
nicht halten die zur Sicherung eingeschlagen<br />
werden müssen. Nur fester Fels ist zuverlässig um<br />
eine gewagte Klettertour zu unternehmen. Das<br />
können wir gut nachvollziehen.<br />
Was ist aber geschehen, dass die Bibelleute nach<br />
einem starken Felsen <strong>Aus</strong>schau halten, ja danach<br />
rufen und bitten? Man braucht es nicht weit herzuholen.<br />
Die Menschen mit Gott haben keinen<br />
goldenen Mittelweg, sie sind <strong>von</strong> allen Seiten angegriffen.<br />
Der Weg ist ihnen nicht geebnet, überall<br />
stellen sich ihnen Hindernisse in den Weg. Ihr<br />
Auftrag, Liebe zu üben wird oft missverstanden<br />
und ihre geheimnisvolle Stärke wird ihnen als<br />
Schwäche angeschwärzt. Aber sie geben nicht auf.<br />
Ehrlich wie sie sind, schauen sie aber nach Hilfe<br />
aus. Niederlagen kommen nicht in Frage. Der<br />
Auftrag erlaubt keine Verzögerung – aber die<br />
Schwachheit nimmt zu. Also wendet sich der<br />
Christ an seinen Herrn und Auftraggeber: Du<br />
Herr, hast die Verantwortung für mich übernommen,<br />
ich danke dir dafür; nun sieh mich an,<br />
sei mir ein starker Fels, an dem ich Halt finde, an<br />
dem ich mich bergen kann, an dem meine Sicherungsseile<br />
halten: Estomihi!
Nun finde ich wieder Atem vor den Verfolgern,<br />
es wird wieder Licht in der Dunkelheit der Verzagtheit,<br />
die Sonne geht auf über meinem Lager<br />
unten am Felsen. Ich spüre Kraft in den Gliedern,<br />
der Rücken ist wieder gespannt, die Knie haben<br />
das Zittern verloren. Gott sei Dank! Heute am<br />
14. 2.
15. Februar<br />
Wohl denen, die nicht wandeln nach den<br />
Lehren der Gottlosen und nicht treten auf den<br />
Weg der Sünder, noch sitzen im Kreise der<br />
Spötter. (Ps.1, 1)<br />
„Irret euch nicht, Gott lässt sich nicht spotten.“<br />
Diese Wahrheit mussten die Fahrgäste der „Titanic“<br />
auf Kosten ihres Lebens lernen. In einem<br />
Brief an seine Eltern schildert einer der Matrosen,<br />
wie der ganze Schiffsrumpf beschrieben gewesen<br />
sei mit Worten, die Gott klein machten, ihn verspotteten<br />
und dagegen die Kraft und die Tüchtigkeit<br />
der Menschen rühmten. Eine Aufschrift<br />
hiess: „Selbst Christus kann es nicht zum Sinken<br />
bringen“, und unter der Wasserlinie stand in meterhohen<br />
englischen Buchstaben: „Wir brauchen<br />
keinen Gott“. Solchen Aufschriften entsprach<br />
auch die Gesinnung des Kapitäns und der meisten<br />
Reisenden. Mit einem in modernster Bauart gefertigten<br />
Schiff meinte er, alle Hindernisse zu überwinden,<br />
und änderte trotz mehrmaliger Warnung<br />
durch Funksprüche nicht den Kurs. Da geschah<br />
das Unheil: Das Schiff fuhr auf einen Eisberg und<br />
zerbarst genau an der Stelle, wo die Spottworte<br />
standen. Von den über 1800 Passagieren kamen<br />
rund 1600 ums Leben.<br />
Zweifellos macht Gott nicht jedem Spötter gleich<br />
den Mund zu. Jesus selbst hat für seine Spötter<br />
gebetet. Aber wir können seine Geduld erschöpfen.<br />
Gott ist kein Thema zum Witze machen. Das<br />
müssen wir unseren Kameraden und Kollegen<br />
deutlich sagen. Oder geht es uns mehr um die Solidarität<br />
mit ihnen als um die Majestät Gottes?
16. Februar<br />
Nicht, dass ich’s schon ergriffen habe oder<br />
schon vollkommen sei; ich jage ihm aber<br />
nach, ob ich’s wohl ergreifen möge, weil ich<br />
auch <strong>von</strong> Christus Jesus ergriffen worden bin.<br />
(Philipper 3, 12)<br />
Da redet ein Mensch <strong>von</strong> <strong>seiner</strong> Biografie. Es ist<br />
ihm widerfahren, dass einmal einer ihm in den<br />
Weg getreten ist und ihn ergriffen hat. Das war<br />
nicht die Polizei. Das war Jesus. Der Mann hiess<br />
Paulus und war mit schlauen kriminellen Plänen<br />
gegen die Christen unterwegs. Nach und nach ist<br />
ihm ein göttliches Ziel für sein Leben wichtig geworden.<br />
Er hat gelernt <strong>von</strong> seinem Gefühl der<br />
pharisäischen Ergriffenheit Abstand zu nehmen<br />
und nur noch Christus zu wollen. „Um Christus<br />
allein geht es mir. Ihn will ich immer besser kennen<br />
lernen.“ Und dieses innere Begehren hat er,<br />
obwohl er schon eine gewisse Zeit für Christus<br />
machtvoll wirkt.<br />
Aber er gibt sich keinen Illusionen hin, Christus<br />
hat man nicht einfach. Er ist das Ziel alles Bemühens<br />
– in aller Freiheit und ohne <strong>Dr</strong>uck irgend<br />
einer Institution. Aber das Ziel lässt er sich nicht<br />
verrücken, auch wenn es Leiden bedeutet, es zu<br />
erreichen. Es ist ja ein Teilen der Leiden Christi,<br />
wie er sagt.<br />
Er hat es wohl erreicht, aber das ist nicht das<br />
Massgebende für uns. Wichtig ist für uns, dass wir<br />
uns klar werden, ob unsere Verbindung zu Jesus<br />
Christus klar und sauber – durch die Vergebung<br />
unserer laufenden Schulden – ist und wir die Bedeutung<br />
unseres Lebens in <strong>seiner</strong> <strong>Hand</strong> erkannt<br />
haben. Dann gibt es auch für uns nur ein Ziel.<br />
Vielleicht formulieren wir es anders, aber im Sinn<br />
wird es paulinisch sein. Ein Gedanke ist noch
festzuhalten: „Aber eins steht fest, ich will alles<br />
vergessen, was hinter mir liegt, und schaue nur<br />
noch auf das Ziel vor mir. Mit aller Kraft laufe ich<br />
darauf zu.“
17. Februar<br />
Betet für uns! Wir haben ein gutes Gewissen,<br />
denn wir wollen in jeder Weise ein Leben führen,<br />
das Gott gefällt. (Hebräer 13, 18)<br />
Einer Staatsanwaltschaft in Deutschland stellt sich<br />
ein junger Mensch, Horst M. Er erklärt, in den<br />
wirren Tagen des Kriegszusammenbruchs einen<br />
Holländer getötet zu haben. Ueber den Toten,<br />
den er zusammengeschossen hatte, war buchstäblich<br />
Gras gewachsen. Kein Mensch hatte ihn gesucht<br />
und kein Mensch hatte je gefragt, was Horst<br />
mit dem Holländer gemacht habe. Aber nach fünf<br />
Jahren kommt Horst zu einem Staatsanwalt und<br />
zeigt sich selbst des Mordes an. „Warum stellen<br />
Sie sich selbst?“ fragt man ihn, und Horst antwortet,<br />
dass er zunächst versucht habe, durch seine<br />
Lebensführung den Mord abzusühnen; er habe<br />
schwer gearbeitet, zum Teil ohne Lohn, zum Teil<br />
habe er den Verdienst verschenkt. Und schliesslich:<br />
„Ich hatte bemerkt, dass ich mich andern<br />
Menschen in der Liebe nicht nähern könne, solange<br />
ich dieses Geheimnis in mir trug. Und ich<br />
glaube: Christus ist die Wahrheit. Wenn ich mich<br />
zur Wahrheit bekenne, dann stelle ich mich auf<br />
die Seite <strong>von</strong> Christus.“<br />
Das ist die Erfahrung des biblisch geprägten<br />
Menschen. Eigentlich will der Mensch seine Untat<br />
verschweigen. Aber da ist die Klarheit und Wahrheit<br />
Gottes. Sie schreit unaufhörlich in ihm. So<br />
geht er hin und bekennt – bekennt Gott und den<br />
Menschen.
18. Februar<br />
Wenn sie euch vor Gericht bringen werden,<br />
so sorgt nicht, wie oder was ihr reden sollt;<br />
denn es soll euch zu der Stunde gegeben<br />
werden, was ihr reden sollt. (Matthäus 10, 19)<br />
Es besteht die Gefahr, dass die Mehrheit der Bevölkerung<br />
der Meinung ist, mit dem Niedergang<br />
des Kommunismus in unsern Breitengraden seien<br />
auch die Verfolgungen der Christen verschwunden.<br />
Weit gefehlt. Es gibt noch viele kommunistische<br />
Länder in denen die Christen und auch Intellektuelle<br />
bedrängt und verfolgt werden, ganz abgesehen<br />
da<strong>von</strong> - wo<strong>von</strong> wir immer mehr hören -<br />
was in dieser Beziehung in arabischen Staaten geschieht,<br />
auch in der Türkei – ein Land, das in die<br />
EU drängt. Die muslimischen Länder haben<br />
schon längst massenweise ihre Vorboten in unsere<br />
Länder eingeschleust und wollen ihr Rechtsystem<br />
verwirklichen. Da kann, schneller als uns bewusst<br />
wird, Misstrauen gegen Christen gesät und<br />
Anklagen verschiedenster Art erhoben werden.<br />
Furcht ist da kein guter Ratgeber. Angst ermuntert<br />
die Gegner nur noch mehr. Wir sind nicht<br />
ohne Antworten und Mittel in beginnenden <strong>Aus</strong>einandersetzungen.<br />
Dabei müssen wir den<br />
Verstand nicht ‚an der Garderobe abgeben’, aber<br />
Gott bewusst einschalten. Fahrlässigkeit rächt<br />
sich. Gott verbürgt sich dafür, für uns die rechten<br />
Worte bereit zu halten, wenn es drauf ankommt.<br />
Das gilt für jede Diskussion und Begegnung, wo<br />
wir herausgefordert werden, aber besonders im<br />
Gericht. Ein Beispiel: Zur Zeit der Verfolgungen<br />
in der damaligen Sowjetunion ist ein Büchlein herausgekommen<br />
mit Voten <strong>von</strong> angeklagten Christen,<br />
die sie nicht vorbereiten konnten. Ich habe<br />
nur gestaunt, wie träf die Menschen in stundenlangen<br />
Verhören geantwortet haben. Wer innerlich<br />
auf Empfang war, konnte spüren, wie der
Heilige Geist in den meist total ungelehrten Christen<br />
gewirkt hatte. Oft konnten die Richter ihre<br />
Verblüffung nicht unterdrücken. Sollte Gott, der<br />
das Universum mit all seinen intelligenten Einrichtungen<br />
und gewaltigen Schöpfungen, wo<br />
nichts dem andern den Weg verbaut, nicht auch<br />
die Menschenherzen und den Verstand der Menschen<br />
bestücken und leiten?<br />
Freuen wir uns, dass wir allezeit einen verlässlichen<br />
Partner zur Seite haben, der uns kennt und<br />
führt, bewahrt und auch Leiden ermessen und<br />
Durchhilfe erweisen kann. Noch einmal: Er ist ein<br />
starker Fels, Estomihi!
19. Februar<br />
Ich, ich bin es, der deine Uebertretungen tilgt<br />
um meinetwillen und der deiner Sünden nicht<br />
mehr gedenken will. (Jesaja 43, 25)<br />
Gegen Ende des Krieges 1870/71 war ein junger<br />
schwedischer Graf im Lager <strong>von</strong> Paris und wollte<br />
gern ein Andenken <strong>von</strong> den berühmten Männern,<br />
mit denen er zu tun gehabt hatte, mit in die Heimat<br />
nehmen. So hat er sich denn manche <strong>Hand</strong>schrift<br />
gesammelt und in sein Stammbuch einbinden<br />
lassen. Da finden sich auf einer Seite, <strong>von</strong> der<br />
<strong>Hand</strong> des 80-jährigen Guizots, des ehemaligen<br />
Ministers König Louis Philippes, die Worte: „In<br />
meinem langen Leben habe ich zwei weise Lehren<br />
gelernt; die eine ist, vieles zu vergeben, die andere,<br />
nichts zu vergessen.“ Darunter schrieb ein anderer<br />
alter, französischer Staatsmann, Thiers: „Ich<br />
habe gefunden, dass ein wenig Vergessen der<br />
Aufrichtigkeit der Vergebung nicht schadet.“ Auf<br />
dem Blatte war noch Platz, und dahin setzte<br />
Bismarck: „In meinem Leben habe ich gelernt,<br />
viel zu vergessen und mir viel vergeben zu lassen.“<br />
„Ich will dir wohl vergeben, aber vergessen werde<br />
ich dir das nie.“ So sagen wir oft. Da bleibt im<br />
Herzen ein Stachel zurück. Doch vergeben heisst<br />
vergessen. Vergeben heisst, ausgelöscht sein. Die<br />
Schuld existiert nicht mehr. Wer an Jesus glaubt,<br />
hat das schriftlich. „Fürwahr, zum Heil ward mir<br />
die Bitternis, denn du hast alle meine Sünden hinter<br />
dich geworfen.“ Und Johannes ruft über Jesus<br />
aus: „Schaut, das ist Gottes Opferlamm, das die<br />
Sünde der Welt hinwegträgt!“
20. Februar<br />
Jesus sagt zu Thomas: Ich bin der Weg, die<br />
Wahrheit und das Leben; niemand kommt<br />
zum Vater ausser durch mich. (Joh. 14, 6)<br />
„Keine Religion kennt den zum letzten Opfer bereiten<br />
Liebesweg, den Jesus nicht nur lehrte, sondern<br />
in seinem Kreuzestod auch durch die entschlossenste<br />
Tatbereitschaft bewies. Je tiefer wir<br />
uns in die Wahrheit des Kreuzes versenken, desto<br />
klarer finden wir in ihm die einzige Lösung aller<br />
sozialen und ethischen Fragen und die Lösung der<br />
Probleme unseres eigenen Lebens.“ Der Japaner<br />
Kagawa ist, trotzdem er mit allen Fasern für sein<br />
Volk lebte, ein leidenschaftlicher Nachfolger Jesu<br />
und Wegbereiter zum Vater im Himmel geworden.<br />
Und Stanley Jones erzählt: „Eines Tages kam ein<br />
junger Brahmane zu mir und sagte vertraulich:<br />
‚Ihre Ansprachen haben grossen Anklang gefunden.<br />
Aber es ist dabei ein Punkt, auf den ich gerne<br />
hinweisen möchte. Es wäre alles gut, wenn Sie<br />
Christus als e i n e n Weg predigen würden. Fügen<br />
Sie doch ausdrücklich hinzu, dass es ebensogut<br />
auch andere Wege geben mag. Wenn Sie das tun,<br />
wird Indien Ihnen zu Füssen liegen.’ Ich antwortete:<br />
Der springende Punkt ist die Frage, wie die<br />
Tatsachen sind. Ich würde Ihnen gern den Gefallen<br />
tun, aber ich weiss nur <strong>von</strong> einem einzigen,<br />
der die Menschen erretten kann und auf den ich<br />
wirklich den Namen „Heiland“ anzuwenden wage,<br />
auf Jesus Christus, der zum himmlischen Vater<br />
führt“.
Diese Beispiele zeigen deutlich, dass es bei Christus<br />
keine Zugeständnisse geben kann. Wäre es<br />
anders, wir würden nur die Betrogenen sein. Viele<br />
Menschen haben den alleinigen Gott nur erkannt,<br />
weil Christus Jesus kompromisslos gepredigt<br />
worden ist.
21. Februar<br />
In allem erweisen wir uns als Diener Gottes;<br />
als Betrübte, aber allezeit fröhlich; als Arme,<br />
die aber viele reich machen; als solche, die<br />
nichts haben und doch alles besitzen.<br />
(2. Korinther 6, 4.10)<br />
Etwas vom Rühmenswertesten eines Menschen<br />
mit Gott ist die überraschende Abwechslung in<br />
seinem Leben. Dieser Wechsel ist durchaus positiv,<br />
auch wenn der erste Eindruck oft täuschen<br />
mag. Echte Nchfolger Jesu kennen betrübliche<br />
Erfahrungen; betrübliche Ereignisse in Beruf und<br />
Familie und im persönlichen Leben; betrübliche<br />
Eingriffe in ihre Engagements in Kontrollorganen<br />
des Staates oder im Einsatz in internationalen<br />
Hilfsprogrammen usw. Und doch sind sie nicht<br />
geknickt, schauen auf, wo andere am Boden zerstört<br />
sind, sind gar fröhlich wo sonst Trauer herrschen<br />
würde. Diese Menschen bezeichnen sich als<br />
Arme, weil sie ihren Reichtum in denen sehen, die<br />
sie glücklich machen; denen sie helfen‚ auf einen<br />
grünen Zweig zu kommen’; denen sie einen inneren<br />
Reichtum geben; die sie anleiten, verschiedenes<br />
mit andern Augen anzusehen; denen sie Gemeinschaft<br />
schenken. Diener Gottes erweisen<br />
sich als solche, die nichts haben und doch alles<br />
besitzen; will heissen, die nichts begehren, was<br />
ihnen nicht gehört und nicht gut für sie ist; die in<br />
den Geboten Gottes keine Verbote sehen, sondern<br />
die verheissungsvolle Erlaubnis zu einem<br />
einfachen Lebensstil; sie sind auf der Lohnliste<br />
Gottes.<br />
Menschen mit dieser Qualifikation sind Diener<br />
Gottes nach dem Buchstaben. Wer will da nicht<br />
dabei sein?
22. Februar<br />
Jesus antwortete dem Teufel und sprach: Der<br />
Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern<br />
<strong>von</strong> jedem Wort, das aus dem Munde Gottes<br />
hervorgeht. (Matthäus 4, 4)<br />
<strong>Dr</strong>eissigtausend Insassen zählt das Offiziersgefangenenlager.<br />
Die Verpflegung besteht aus ¾<br />
Liter Wasser mit einer <strong>Hand</strong>voll Körner. Täglich<br />
sterben Hunderte an Hunger und Erschöpfung.<br />
Eine teife Resignation herrscht unter den Gefangenen.<br />
Da kommen sie auf den Gedanken, draussen<br />
im Wald Kräuter zu sammeln. Es wird erlaubt.<br />
Einmal stossen sie auf ein verlassenes Gehöft<br />
und entdecken darin eine deutsche Bibel. Sie<br />
haben den Wunsch, die Bibel mit ins Lager zu<br />
nehmen, obwohl es verboten ist, Schriftliches ins<br />
Lager zu bringen. Vom Los bestimmt, verbirgt ein<br />
Missionsoffizier das Buch in seinem Sack. Er betet<br />
still um Gelingen. Am Eingang des Lagers ist<br />
Säckekontrolle. Der kontrollierende Mongole<br />
entdeckt die Bibel nicht. So kam sie ins Lager zu<br />
den dreissigtausend Gefangenen in Russland. Viele<br />
drängen sich um den kostbaren Besitz. Vorsichthalber<br />
wird die Bibel in 50 Teile zerlegt und<br />
an 50 Vertrauensmänner verteilt. Dem Kommandanten<br />
erklären sie, dass das Lesen dieser Schriften<br />
die Gefangenen zum Frieden stimme. Der<br />
Kommandant versteht das auf seine Weise und<br />
sagt: „Gutt, gutt, antifaschistisch Buch!“<br />
Jetzt können sie ungestört täglich zur Wortbetrachtung<br />
zusammenkommen. Viele wachen aus<br />
ihrer dumpfen Verzweiflung auf und fassen Mut.<br />
Die lebensmüde Niedergeschlagenheit weicht einer<br />
frohgemuten Stimmung und neuem Lebenswillen.<br />
Diese seelische Umstimmung wirkt sich<br />
auch körperlich aus. Die Sterbensziffer geht rapid<br />
zurück, obwohl die Verpflegung im Lager die gleiche<br />
geblieben ist. Ein ganz neuer Geist weht im
Lager. Eine grosse Männergemeinschaft hat den<br />
toten Punkt überwunden. Das grosse Wunder geschieht.<br />
<strong>Aus</strong> dem Todeslager wird für viele ein<br />
Erholungslager, obwohl die äusseren Verhältnisse<br />
dieselben geblieben sind. Eine Bibel hat diese<br />
Wandlung zum Leben vollbracht.<br />
Der Bibelvers geht da<strong>von</strong> aus, dass genug Brot da<br />
ist; aber auch darauf ist also kein Verlass um das<br />
ewige Leben zu erlangen. Das Wort Gottes gehört<br />
unbedingt und vor allem dazu, ist an erste<br />
Stelle zu setzen. Darum ist die Menge Lebensmittel<br />
nicht massgebend, was die Erfahrung im Lager<br />
deutlich gezeigt hat. Bei ihnen dort ist es vordergründig<br />
ums äusserliche Leben gegangen, das sie<br />
wiedererlangt haben; doch innerlich sind sie zum<br />
Leben mit Gott und seinem Sohn Jesus durchgedrungen.<br />
Das ist es, was letztlich zählt, auch ausserhalb<br />
eines Lagers, genau da, wo und wie wir<br />
dran sind.
23. Februar<br />
Noch bedecken dunkle Wolken die Erde, alle<br />
Völker leben in finsterer Nacht. Doch über<br />
dir leuchtet das Licht des Herrn auf, und seine<br />
Herrlichkeit überstrahlt dich. (Jesaja 60,<br />
2)<br />
Dunkle Wolken – „Es ist in Milliardenhöhe gestohlen<br />
und gelogen worden“ sagt ein Theologe<br />
zur Wirtschaftskriminalität der letzten Finanzkrise<br />
bei uns. Und die Ladenbesitzer klagen über jährlich<br />
hunderte <strong>von</strong> Millionen Franken, die durch<br />
Diebstahl verloren gehen.<br />
Alle Völker leben in finsterer Nacht – weil sie<br />
dasselbe erleben wie wir und noch dazu Hungersnöte,<br />
Tsunamis, Bürgerkriege, schamlose Kinderarbeit<br />
in Fabriken. Wer wollte da nicht am liebsten<br />
aus seinem Land emigrieren? Aber wohin?<br />
Man gerät in der Regel doch nur vom Regen in<br />
die Traufe.<br />
Doch die Bibel hat eine andere Botschaft als die<br />
Einladung zu desertieren: „Ueber dir leuchtet das<br />
Licht des Herrn auf“ hören die Menschen, die<br />
sich an den Wolken und an der finsteren Nacht<br />
nicht beteiligen und Ehrlichkeit und Wahrheit<br />
hochhalten als Gaben Gottes; ihnen geht ein<br />
Licht auf, über ihnen erscheint die Herrlichkeit<br />
Gottes. Nicht, dass sie fehlerlos wären, zeichnet<br />
sie aus, aber sie beteiligen sich nicht an den <strong>Werke</strong>n<br />
der Finsternis. Mit allen Mitteln streben sie in<br />
ihrer Umgebung darnach, Mitmenschen für das<br />
Licht zu gewinnen. Dass dies mitunter sehr<br />
schwer sein kann und die Lichtträger unter sich<br />
bleiben müssen um nicht aufgerieben zu werden,<br />
zeigen gerade die Vorgänge grosser Krisen. Da<br />
hat der Nächste erst recht seinen Stellenwert verloren.<br />
„Doch über ihm leuchtet das Licht des<br />
Herrn auf, und seine Herrlichkeit überstrahlt ihn!“
24. Februar<br />
Selig sind die Sanftmütigen. (Matthäus 5, 5)<br />
Eine Frau hatte ihren Mann schon öfters zu<br />
Evangelisationsabenden eingeladen. Weil er<br />
gleichgültig war, hatte er immer abgelehnt. Eines<br />
Tages, als sie ihn wieder einlud, tat er, der verstimmt<br />
aus <strong>seiner</strong> Arbeit nach Hause gekommen<br />
war, etwas, was er noch nie getan hatte - er gab<br />
<strong>seiner</strong> Frau aus plötzlicher Erregung einen Schlag<br />
ins Gesicht, sodass sie aus Mund und Nase blutete.<br />
Darauf sagte die Frau: „Verzeih mir, lieber<br />
Mann, dass ich dich so gereizt habe!“ „Was?“,<br />
dachte der Mann, „ich schlage sie ohne Grund,<br />
und sie bittet mich um Entschuldigung?“ Er wurde<br />
ganz blass bei dieser Einsicht. Mit beiden<br />
Händen hielt er sich fest, so zitterten ihm die<br />
Knie. Und dann stiess er die Worte hervor: „Wie<br />
kriegst du das fertig, mir so etwas Liebes zu sagen?“<br />
„Das lehrt mich Jesus“, sagte sie einfach. –<br />
An diesem Abend ging der Mann mit zur Versammlung.<br />
Und es währte nicht lange, da hatte die<br />
Frau durch ihre Sanftmut sein Herz für Christus<br />
gewonnen.<br />
Sanftmut ist „sanfter Mut“, also eine durchaus<br />
kräftige, starke Begabung, eine Sache bewusst anzugehen.<br />
Christen sind keine Weicheier, die sich<br />
vor jeder Herausforderung drücken. Es sind Menschen,<br />
die nach einem Wort Jesu, wirken wie er<br />
gewirkt hat und so das Wohlgefallen des himmlischen<br />
Vaters erregen. Christen sind auch Menschen,<br />
die sich nicht alles gefallen und es dabei<br />
bewenden lassen, sondern mit sanftem Mut in die<br />
Offensive gehen und die Angelegenheit zu gewinnen<br />
suchen. Sanftmut, so hat ein <strong>Prof</strong>essor<br />
träf gedeutet, ist Eisen mit Samt umwickelt.
25. Februar<br />
Wo zwei unter euch eins werden, um was sie<br />
bitten sollen, das wird ihnen mein Vater geben.<br />
(Matthäus 18, 19)<br />
Es wäre verwunderlich, wenn nicht sofort Fragen<br />
auftauchen würden, z.B. gibt es denn gar keine<br />
Beschränkung für die Gebetsanliegen; was für einen<br />
Glauben braucht es denn, dass eine solche<br />
Verheissung in Erfüllung gehen kann?<br />
Lesen wir, was S. Eddy in einem Buch schrieb:<br />
„Azariah wurde zu einer der wichtigsten Gestalten<br />
der indischen Kirchengeschichte. Im Jahre 1910<br />
waren er und ich Delegierte auf der Weltmissionskonferenz<br />
in Edinburgh. Nach unserer Ansicht<br />
konnten die schwachen Kräfte der etwa<br />
hundert Missionen niemals Indien erobern. Doch<br />
gemäss Matth. 18.19 beteten wir um die Vereinigung<br />
der getrennt in Indien arbeitenden Kirchen.<br />
Wir hielten 35 Jahre lang an dieser Bitte fest. Azariah<br />
wirkte mit aller Kraft auf dieses Ziel hin.<br />
Doch er starb. Zwei Jahre darnach, 1947, trafen<br />
sich in der Kathedrale <strong>von</strong> Madras die Delegierten<br />
und begründeten die Vereinigte Kirche Südindiens.<br />
Ueber eine Million Mitglieder – Bischöfliche<br />
Anglikaner, Methodisten, Presbyterianer und<br />
Kongrealisten – bilden in ihr eine organische Einheit.<br />
Soviel ich weiss, ist das der einzige Ort der<br />
Erde, an dem bischöfliche und präsidiale protestantische<br />
Kirchen nach ihrer Trennung vor vier<br />
Jahrhunderten sich wieder vereint haben.“<br />
35 Jahre lang beteten einige Männer um Erhörung.<br />
Sie warfen die Flinte nicht ins Korn, als<br />
nach kurzer Zeit sich noch keine Erhörung einstellte.<br />
Doch unser Vater gibt. Er weiss den richtigen,<br />
entsprechenden Zeitpunkt. Doch wir haben<br />
seine Zusage durch Jesus. Leben w i r solche<br />
<strong>Aus</strong>dauer?!
26. Februar<br />
Betrachtet die Raben: Sie säen nicht und ernten<br />
nicht, sie haben weder Vorratskammern<br />
noch Scheunen, und Gott ernährt sie doch.<br />
Wie viel mehr wert seid ihr ihm als die Vögel!<br />
(Lukas 12, 24)<br />
Gott, der die Schöpfung liebt, lässt kein Detail aus<br />
den Augen. Alle Einzelheiten sind ihm wichtig.<br />
Schliesslich ist alles einem klugen Plan entwachsen.<br />
Nichts ist entstanden, nur dass es da ist. Alles<br />
hat seine Aufgabe, seine <strong>Aus</strong>wirkung und einen<br />
Beitrag zu einem grossen Ziel. Dazu gehört dann<br />
auch, dass die Versorgung des Hervorgerufenen<br />
geregelt werden musste. Und das geschah mit einer<br />
Grosszügigkeit sondergleichen, wie am Beispiel<br />
der Raben dargelegt wird. Gott der Herr<br />
übersieht nicht das Kleinste und gibt uns Menschen<br />
damit allerlei Gleichnisse in Herz und<br />
<strong>Hand</strong>, damit wir das Vertrauen in Gottes Fürsorge<br />
lernen. Das hat einmal seinen Grund darin,<br />
dass uns das Sorgen abhanden kommt; das Sorgen<br />
um das tägliche Brot, um die nötige Kleidung<br />
und um wervolle Kontakte zu Mitmenschen, denen<br />
wir beistehen könnten.<br />
Vielmehr geht es aber noch darum, dass wir die<br />
richtige Gewichtung unseres Daseins begreifen.<br />
Erstens sind wir da und zweitens haben wir eine<br />
Zukunft. Zum Ersten gehört die Grundversorgung<br />
und unsere Entwicklung; für das Zweite<br />
braucht es eine Vision, die Vision des Reiches<br />
Gottes. Und da gilt eine grossartige Zusage Gottes:<br />
„Suchet zuerst das Reich, habt vor allem Verlangen<br />
nach dem Reich, dann wird euch das übrige<br />
nachgeworfen werden“. Denn es gefällt eurem<br />
Vater, euch das Reich zu geben.
27. Februar<br />
Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er<br />
die <strong>Werke</strong> des Teufels zerstöre. (1. Joh. 3, 8b)<br />
Nikolaus Bolt erzählt, wie er zu einem Bergfüher<br />
kommt, der in <strong>seiner</strong> Zelle einen Selbstmordversuch<br />
gemacht hat. Der Verzweifelte fragt: „Können<br />
sie mir mein Gehirn herausnehmen und waschen?<br />
Es treiben darin böse, dämonische Keime.“<br />
Wie war er nur unter die Gewalt dieser<br />
Mächte der Sünde gekommen? Das rührte <strong>von</strong><br />
Kinofilmen her. Unglücklicherweise wurde nebenan<br />
gerade ein Kino eröffnet. Die Musik wühlt<br />
ihn auf, malt Bilder an die Wand. Er schreibt in<br />
<strong>seiner</strong> Zelle: „Ich bin mit meinem Teufel lebendig<br />
begraben.“ In diesen Aufruhr <strong>seiner</strong> Seele greift<br />
die Gewalt <strong>von</strong> Christus, der gekommen ist, die<br />
<strong>Werke</strong> des Teufels zu zerstören. Der Gefangene<br />
schläft auf dem Neuen Testament. Aber das treibt<br />
den Teufel nicht weg. Erst als er liest und inbrünstig<br />
betet, wird die Gnade mächtiger als die<br />
Sünde. In dieser Uebermacht geschah der Sieg.<br />
Bolt tritt wieder einmal in die Zelle und hört den<br />
Mann vor sich hinsagen: „Das wäscht mein Gehirn.“<br />
Er meinte damit: „Jesus ist Sieger!“<br />
Viele Menschen möchten solches naiv finden und<br />
in den Bereich der Psychiatrie verlegen wollen.<br />
Aber das alltägliche Leben lehrt uns etwas anderes.<br />
Man mag den Teufel verneinen – er lacht uns<br />
aus – man mag die Dämonen verniedlichen – sie<br />
hocken umso lieber uns im Nacken. Der Flop in<br />
Wirtschaft und Finanz, der Niedergang der Moral<br />
in allen Generationen, der Möglichkeitswahn in<br />
Industrie und Gesellschaft, die falsche Toleranz<br />
zwischen den Religionen, die billige Gnadenverkündigung<br />
weiter Kreise der protestantischen Kirchen,<br />
die <strong>Prof</strong>ilierungssucht in Massenmedien
und Politik, der fruchtlose Kampf der verschiedenen<br />
Weltanschauungen usw. haben ihren Grund<br />
gewiss nicht in einer Abwesenheit Gottes, sondern<br />
in der Machtentfaltung des Gegners Gottes,<br />
die wir heimlich und unheimlich fördern!<br />
Gewiss, Christus ist gekommen, dass er die <strong>Werke</strong><br />
des Bösen zerstöre, aber wir müssen uns seine<br />
positive Gehirnwäsche auch gefallen lassen. Dann<br />
kann alles neu werden. Dafür haben wir die Zusicherung<br />
und die Bürgschaft Gottes im Dokument<br />
der Bibel.
28. Februar<br />
Jesus sprach: „Ich bin gekommen, die Sünder<br />
zu rufen und nicht die Gerechten“.<br />
(Matthäus 9, 13)<br />
Jesus erzählt eine Geschichte: Zwei Menschen<br />
gingen zum Tempel um zu beten. Einer ein Pharisäer<br />
und ein Zöllner.<br />
Der ‚Gerechte’ Pharisäer stellte sich auf dem<br />
grossen Platz auf und verkündigte sein Gebet:<br />
Herr, ich danke dir, dass ich nicht bin wie die andern,<br />
vor allem nicht, wie dieser Zöllner, ich…<br />
Der Zöllner hingegen verbarg sich hinter einer<br />
Säule, wo keine Leute waren und sprach leise:<br />
Herr, vergib mir, denn ich bin ein grosser Sünder!<br />
Da sprach Jesus, seht, dieser Mann ging gerechtfertigt,<br />
<strong>von</strong> Gott in Ordnung gebracht, in die<br />
Stadt hinunter, während über dem Pharisäer<br />
schon längst das letzte Urteilswort gesagt ist.<br />
Für die Möglichkeit des Sünders Zöllner ist Jesus<br />
in diese Welt gekommen. Wer sich zu hoch findet<br />
und zu schade vom hohen Ross herunter zu steigen,<br />
hat Jesus offenbar nicht nötig. Mit seinem<br />
ganzen Gehabe zeigt er das der kirchlichen und<br />
weltlichen Oeffentlichkeit. Was für eine Chance<br />
wird da vertan.<br />
Der Volksmund sagt: Einsicht ist der erste Schritt<br />
zur Besserung. Jesus ist enorm grosszügig, wer<br />
sich <strong>seiner</strong> nicht schämt, dessen schämt er sich<br />
auch nicht vor dem himmlischen Vater. Es gibt<br />
Stoffe, die den Schmutz durch die Oberseite hindurchlassen<br />
auf die Unterseite des Stoffes. Viele<br />
Menschen, gerade der oberen Schichten und Politiker<br />
tragen solche Kleider, aussen fix und innen<br />
nix.
Sie täuschen uns soviel Unwahres vor, bis man es<br />
fast zu glauben meint. Damit sind wir in den<br />
Strudel der Unwahrheiten und Täuschungen hineingeraten,<br />
wo man vor einer Entscheidung<br />
steht: „Pharisäer“ oder „Zöllner“?
29. Februar<br />
Eure Rede sei: „Ja, ja; nein, nein.“<br />
( Matthäus 5, 37)<br />
Der Kreuzweghofbauer wollte ein armes Mädchen<br />
heiraten. Da wurde er schwer krank. Vor seinem<br />
Sterben vermachte er jenem Mädchen den<br />
Hof und schickte seinem Bruder das Testament.<br />
Entsetzt hielt der Bruder das Papier in Händen –<br />
des Vaters reiche Erbschaft sollte in fremde Hände<br />
kommen. Wochenlang gab er das Papier nicht<br />
heraus, bis das Mädchen beim Gericht klagte.<br />
Dort kam dem Bruder zum erstenmal der Gedanke,<br />
zu sagen, dass kein Testament vorhanden sei.<br />
Trotzig ging er heim. Da forderte das Gericht das<br />
nächstemal <strong>von</strong> ihm einen Eid. Sollte er jetzt die<br />
Wahrheit sagen? Um sich, <strong>seiner</strong> Frau und <strong>seiner</strong><br />
Kinder willen hat der Bauer einen Meineid geschworen.<br />
Die <strong>Hand</strong> wurde ihm schwer wie Blei,<br />
als er die Finger zum Schwur erheben sollte, aber<br />
er tat es. – Der Bauer blieb auf seinem Hof. Seine<br />
Felder trugen reich. Er war immer in der Kirche<br />
zu sehen und gab reichlich für die Armen. In<br />
Wahrheit hatte er keine glückliche Stunde mehr.<br />
Das Unrecht, das er getan hatte, zehrte an seinem<br />
inneren Leben, bis er starb. Selbst im Sterben<br />
konnte er nicht mehr die Hände zu einem Gebet<br />
falten.<br />
Es gibt viele Situationen, wo wir nicht mit ja oder<br />
nein auskommen. Jesus denkt bei dieser Stelle<br />
nicht ans Predigen, Vorträge halten, Gespräche<br />
führen usw., sondern an Gelegenheiten <strong>von</strong> Entscheidungen.<br />
Da sollen wir nicht viele Worte machen,<br />
die leicht falsch verstanden werden können<br />
oder absichtlich missverstanden werden sollen.
Es dient der Wahrheitsfindung, wenn sich die Betroffenen<br />
klar ausdrücken und es scheint eine Binsenwahrheit,<br />
ja oder nein zu sagen. Warum tun<br />
wir es so wenig, dass sogar eine Ermahnung in die<br />
Bibel Eingang fand?
1. März<br />
Ich bin das A und das O, spricht Gott der<br />
Herr, der da ist und der da war und der<br />
kommt, der Allmächtige. (Offenbarung 1, 8)<br />
Im Namen Jesus, Gottes des Allmächtigen kommen<br />
alle Zeiten, Gegenwart, Vergangenheit und<br />
Zukunft zueinander. Wie hiess es doch schon<br />
ähnlich im Bericht <strong>von</strong> Moses Berufung am brennenden<br />
Dornbusch: „Ich bin, der ich sein werde,<br />
das ist mein Name“, sprach Gott. „In diesem<br />
Namen sollst du nach Aegypten gehen.“ Und genau<br />
in diesem Namen, der A und O umschliesst,<br />
soll Johannes die Offenbarung der letzten Zeit<br />
empfangen und den Gemeinden weitergeben. A<br />
und O sind im Griechischen Anfangs- und<br />
Schlusszeichen des Alphabeths und bedeuten also<br />
Anfang und Ende, Beginn und Vollendung!<br />
Durch Jesus ist die Schöpfung entstanden und in<br />
ihm findet sie ihre Vollendung durch einen neuen<br />
Himmel und eine neue Erde. Dann kommt der<br />
Herr der Herrlichkeit, der Allmächtige – für Juden<br />
der Messias, für uns Christen der wiederkommende<br />
und vollendende Jesus Christus; für alle<br />
andern Menschen der sich offenbarende Herr und<br />
Richter. Seine Allmacht ist aber nicht ein unbarmherziges<br />
Durchgreifen und ein hartes Urteil<br />
ohne Ansehen der Person, sondern ein klares<br />
Aufzeigen der Versäumnisse durch die Verweigerung<br />
der Nachfolge und der Dienstbereitschaft<br />
und deren Folgen, die nun zu zu erwarten sind.<br />
Die Bibel mahnt uns ausdrücklich, dass es keine<br />
Schlupflöcher geben wird, denn „Ich, der Herr,<br />
wandle mich nicht“ (Maleachi 3,6). Geben wir<br />
jetzt aber den frohen Ton unseres Verses nicht<br />
preis, dass noch Gnadenzeit ist, <strong>von</strong> alters her,<br />
jetzt und fürderhin. Wohl einem jeden Menschen,<br />
der jetzt mit Jesus gemeinsame Sache macht.
2. März<br />
Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst deinen<br />
Nächsten lieben und deinen Feind hassen.<br />
Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde,<br />
tut Gutes, denen, die euch hassen und bittet<br />
für die, welche euch verfolgen. (Matth. 5,<br />
43+44)<br />
In einer Diskussionsrunde nahm ein Ingenieur<br />
das Wort: Wenn Sie sich über die Missionare lustig<br />
machen, kann ich das schlecht ertragen. Ich<br />
habe nämlich vor Jahren auf einer Fahrt <strong>von</strong> Melbourne<br />
nach Liverpool etwas erlebt. – Wir fuhren<br />
auf einem Frachtschiff. Unter uns war eine Missionarsfrau;<br />
man hatte sie zur Erholung nach Hause<br />
geschickt. Sie lag fast den ganzen Tag für sich im<br />
Liegestuhl auf Deck. Aber da war ein Ire, dem sie<br />
offenbar ein Dorn im Auge war. Er warf nur so<br />
mit Bibel- und Gesangbuchversen um sich, erzählte<br />
bei Tisch schlechte Witze, und fast immer<br />
spielte darin ein Pfarrer oder ein Missionar die<br />
Rolle des Hanswursten. Die kleine Missionarin<br />
schaute währenddem in den Teller, sie tat, als hörte<br />
sie nicht hin; aber ich merkte wohl, dass ihr die<br />
Tränen im Halse steckten. – Es brach Typhus aus<br />
an Bord. Wer’s zuerst bekam: der Ire! Die Missionarsfrau<br />
meldete sich sofort beim Doktor zur<br />
Pflege des Schwerkranken. Er kam auch richtig<br />
durch, aber dann legte s i e sich nieder und starb.<br />
Es war sehr bitter für uns alle, die alten Eltern in<br />
Liverpool am Pier stehen zu sehen, um ihre Tochter<br />
abzuholen.<br />
Einem Hasser und Feind zu vergeben und Gutes<br />
zu tun ist nicht im <strong>Hand</strong>umdrehen gemacht. Dazu<br />
gehört innere Grösse und äussere Entschlossenheit<br />
im Vorgehen.
Die Geschichte zeigt uns, dass der Lohn nicht<br />
immer auf Erden ausgezahlt wird. Im Gegenteil.<br />
Aber welcher Diener <strong>von</strong> Christus wollte lieber<br />
auf Erden bleiben als gleich den Himmel zu ererben?
3. März<br />
Christus spricht: Ich lasse euch nicht als Waisen<br />
zurück; ich komme zu euch. (Joh. 14, 18)<br />
Dieser Satz birgt ein überirdisches Geheimnis.<br />
Kaum, dass eine solche <strong>Aus</strong>sage in einem Aufsatz<br />
bei einem Lehrer eine Chance hätte. –<br />
Jesus hatte ein sehr inniges und dichtes Verhältnis<br />
mit allen seinen Jüngern. Er hat sie nie im Unklaren<br />
gelassen. So hat er sie auch über Zukünftiges<br />
mehrmals ins Bild gesetzt. Doch eigentümlicherweise<br />
haben sie nicht eingehakt, nicht verstanden,<br />
den Empfänger auf stumm geschaltet. Wie könnten<br />
sonst die Jünger durch Thomas fragen: „Herr,<br />
wie können wir wissen, wohin du gehst; wie können<br />
wir für uns den Weg wissen?“ Doch Jesus<br />
lässt sich damit nicht aufhalten. Er weiss, dass er<br />
nach Kreuz und Auferstehung zum Vater im<br />
Himmel zurückkehren wird. Und dass seine Jünger<br />
zurück bleiben werden, mit dem bestimmten<br />
Auftrag, das Evangelium in die weite Welt hinaus<br />
zu tragen. Aber allein werden sie es nicht schaffen.<br />
Sie werden ohne ihn Waisenkinder sein, hilflos<br />
und mutlos, unbrauchbar. Nein, das wird nicht<br />
sein. Jesus hat eine Botschaft für sie; er lüftet das<br />
Geheimnis indem er den Satz in der Fortsetzung<br />
erläutert. Zunächst aber sollen die Jünger sich<br />
überzeugen lassen: sie werden keine Waisen sein.<br />
Und weiter: Ihr Herr geht und kommt, aber wie.<br />
Indem er einen Stellvertreter sendet, den Heiligen<br />
Geist, der Jesus verkörpert und sein Wort lebendig<br />
erhält, der tröstet, beisteht in Nöten und Anklagen,<br />
Klarheit schafft im Durcheinander <strong>von</strong><br />
Sündennot und das Zukünftige verkündigt. So<br />
klar und gediegen geht Jesus mit seinen Jüngern<br />
um. Das schafft Treue im Dienst und das darf der<br />
Herr auch <strong>von</strong> uns erwarten, denn er ist derselbe,<br />
gestern, heute und in alle Ewigkeit.
4. März<br />
Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer<br />
himmlischer Vater vollkommen ist.<br />
(Matthäus 5, 48)<br />
Der Duden deutet ‚vollkommen’ als fehlerlos,<br />
einwandfrei, perfekt, komplett, <strong>von</strong> A bis Z usw.<br />
Das ist sehr menschlich und salopp gesprochen,<br />
dass unser himmlischer Vater vollkommen sei.<br />
Aber es trifft zu. Und in himmlischer Sprache gäbe<br />
es noch träfere Bezeichnungen. Nun geht es<br />
darum, dass auch wir Gotteskinder vollkommen<br />
sein sollen. Zunächst ein Beispiel <strong>von</strong> Michelangelo.<br />
- Er hatte einmal eine Statue nahezu vollendet,<br />
arbeitete aber immer noch eifrig daran. Darüber<br />
verwunderte sich ein Freund, der ihn häufig<br />
bei <strong>seiner</strong> Arbeit besuchte und keinen Fortschritt<br />
an dem Bildwerk entdecken konnte. Da sagte ihm<br />
der Künstler: „Ich muss immer noch da und dort<br />
einen Muskel besser herausarbeiten, eine Unebenheit<br />
ausgleichen, einen Zug verfeinern.“<br />
„Aber das sind doch Kleinigkeiten“, erwiderte der<br />
Besucher. „Gewiss“, sagte der gewissenhafte<br />
Künstler, „aber Kleinigkeiten machen schlussendlich<br />
die Vollkommenheit, und die Vollkommenheit<br />
ist keine Kleinigkeit.“<br />
Es ist nicht die Meinung Jesu, dass seine Jünger<br />
vollkommen sein müssen als Ziel aller Dinge.<br />
Sondern das ist nur ein Bestandteil unseres Daseins,<br />
unseres Auftrages. Ungefähr so: Gott hat<br />
die Schöpfung vollkommen geschaffen; er hat sie<br />
als vollkommen den Menschen zur Verwaltung in<br />
die Hände übergeben. So ist klar, dass es vollkommene<br />
Menschen braucht, um mit der Schöpfung<br />
recht umzugehen.
Was aber erleben wir? <strong>Aus</strong>nützung, Verderbnis,<br />
Misswirtschaft der anvertrauten Güter, ein einziger<br />
Flop prägt die Schöpfung und dazu gehören<br />
auch wir. Was für eine elende Diskriminierung<br />
müssen weltweit gerade Menschen erleiden!
5. März<br />
Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen,<br />
dass wir Gottes Kinder heissen sollen<br />
– und wir sind es wirklich! Als seine Kinder<br />
sind wir Fremde für diese Welt, wie Gott ein<br />
Fremder ist für sie. (1. Johannesbrief 3, 1)<br />
„Er kam in sein Eigentum, und die Seinen nahmen<br />
ihn nicht auf“ – ein Fremder, wo er doch<br />
willkommen geheissen werden sollte. Was können<br />
seine Nachfolger anderes erwarten? Der Knecht<br />
sei nicht über dem Meister, beschied Jesus einmal<br />
seinen Fragern. Verfolgen sie den Chef, so auch<br />
den Untergebenen. Niemand hat versprochen,<br />
dass das Leben mit Jesus ein Honiglecken sei. Ist<br />
denn alles so negativ? Nein, nein. Es kommt aber<br />
aufs Verständnis an. Was Gott Vater und Gott<br />
Sohn hat und widerfährt, hat und widerfährt auch<br />
dem Gottes Kind. Es ist ein grosses Vorrecht<br />
daran teilzuhaben.<br />
Es ist ja die Welt, die am liebsten Gott ganz ausschliessen<br />
würde und damit auch die Gottes Kinder.<br />
Wer dieser Meinung ist, hat aber die Rechnung<br />
ohne den Wirt gemacht. Es gehört zum<br />
Heilsplan Gottes, dass er sich gewissermassen als<br />
Fremder aussperren lässt, sich aber über die Massen<br />
erbarmt über die, welche in dieser Sache hellhörig<br />
und wach geworden sind und Gegenmassnahmen<br />
ergreifen. Sie schauen und erkennen die<br />
Liebe des Vaters, die er uns geschenkt hat, dass<br />
wir Kinder Gottes heissen dürfen und wir sind es<br />
wirklich.<br />
Das ist ein so kostbares Gut, worüber nicht spekuliert<br />
werden kann, ob es sich wirklich so verhalte,<br />
es ist so! Wer in diesem Punkt nicht zur Ruhe<br />
kommt, hat allen Grund über die Bücher zu gehen<br />
und reinen Tisch zu machen, sonst reisst der
fremde Gott die Fassade ein und nimmt uns gegenüber<br />
wirkliche Gestalt an. Gnade sei mit uns,<br />
wenn wir da nicht ausweichen.
6. März<br />
Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die<br />
Erde und machet sie euch untertan und herrschet<br />
über die Fische im Meer und die Vögel<br />
des Himmels, über das Vieh und alle Tiere,<br />
die auf der Erde sich regen. (1. Mose 1, 28)<br />
Der Atomphysiker Max Born schrieb: Das Einzige,<br />
was uns noch retten kann, ist ein alter Traum<br />
der Menschheit, Weltfriede und Weltorganisation.<br />
Der Weltfriede in einer kleiner gewordenen Welt<br />
ist keine Utopie mehr, weil er eine Notwendigkeit<br />
ist. Milliarden Menschen bevölkern die Erde. <strong>Aus</strong><br />
dem Menschen mit dem Faustkeil ist ein Mensch<br />
mit atemberaubenden technischen Möglichkeiten<br />
geworden. Die Elektronengehirne sind die Universalgenies<br />
<strong>von</strong> morgen. Ein neues Zeitalter hat<br />
begonnen. Das Zeitalter der Kybernetik. Die Kybernetik<br />
ist die Wissenschaft <strong>von</strong> der Regelung,<br />
Steuerung und Kommunikation im lebenden Organismus<br />
und in der Maschine. Diese erfasst die<br />
Steuerung einer Weltraumkapsel genauso wie die<br />
Steuerung gesellschaftlicher Prozesse.<br />
Die Welt <strong>von</strong> heute und morgen braucht verantwortliche<br />
Steuerleute. Es ist der Mensch, der den<br />
Maschinen das Programm gibt. Wir brauchen<br />
Menschen in der Verantwortung vor Gott, die<br />
den Maschinen die Programme liefern. Christus<br />
hat uns für den Dienst an dieser Welt bestimmt,<br />
und er sucht Christen, die Steuerleute der Zukunft<br />
werden wollen.
7. März<br />
Ihr seid unser Brief … der erkannt und gelesen<br />
wird <strong>von</strong> allen Menschen. (2. Korinther 3,<br />
2)<br />
Jawohl, wir sind ein Brief Christi, den jeder lesen<br />
kann, auch der Analphabet. Vielleicht liest der<br />
Analphabet in Asien und Afrika diesen Brief mit<br />
besonderem Interesse. Das bezeugt der folgende<br />
Bericht: „Ein Inder, welcher der Hindu-Religion<br />
angehört, ein ungewöhnlich intelligenter, gelehrter<br />
Mann, kommt mit einem Missionar ins Gespräch.<br />
Der Missionar fragt: Warum nehmt ihr uns denn<br />
die Botschaft nicht ab? Da sagt der Inder: Ja, sehen<br />
Sie sich doch einmal meine Landsleute an.<br />
Die können nicht lesen. Ihre eigene Sprache<br />
nicht, keine Sprache. Und da kommt ihr und sagt,<br />
die Leute sollten die Bibel lesen. Das geht doch<br />
nicht. Und doch geht es. Denn ihr – die Weissen<br />
– seid eben unsere Bibel. Ihr seid wie ein aufgeschlagenes<br />
Bibelbuch. Und wir sehen dauernd in<br />
dieses Bibelbuch hinein. Und was wir da lesen,<br />
das gefällt uns nicht. Ihr taugt nämlich nichts. Ihr<br />
seid die Bibel, und wir lesen in Euch. Wir wollten<br />
nur, es wäre erfreulicher, was wir da lesen …“<br />
Wir leben in einer Zeit, wo Worte wenig gelten.<br />
Die Menschen wollen Taten sehen! Vorbilder!<br />
Unsere Welt braucht Heilige – Menschen, die es<br />
andern Menschen leichter machen, an Jesus zu<br />
glauben. Der Glaube spielt sich doch nicht nur im<br />
Innern ab. Der Glaube hat nur soviel Wert, als er<br />
gelebt wird.<br />
Wir sind wandelnde Briefe. Erschrecken wir<br />
nicht? Was lesen unsere Mitmenschen darin?
8. März<br />
Ihr habt <strong>von</strong> ihm gehört und seid in ihm unterwiesen,<br />
wie es Wahrheit in Jesus ist. Legt<br />
<strong>von</strong> euch ab den alten Menschen mit seinem<br />
früheren Wandel. (Epheser 4, 21+22)<br />
„Früher hatte ich eine andere Religion“ erzählt<br />
Missionar Studd. „Da sprach man geziert und<br />
durchforschte die Bibel nach verborgenen Wahrheiten.<br />
Aber da gab es keinen Gehorsam, keine<br />
Selbstaufopferung. Dann kam bei mir die Wandlung.<br />
<strong>Aus</strong> der ‚sanften Rede’ wurde scharfes Salz.<br />
Worte wurden zu Taten. Die Zustimmung zum<br />
Glaubensbekenntnis wurde zur entscheidenden<br />
Gehorsamstat. Statt mit erfurchtsvoller Stimme<br />
immer wieder ‚Herr, Herr’ zu sagen und dabei<br />
ständig taub zu bleiben gegenüber den einfachsten<br />
Geboten Gottes, fing ich jetzt an, zu Gott<br />
aufzuschauen wie zu einem leiblichen Vater, auf<br />
ihn zu vertrauen als meinem wirklichen Vater. Ich<br />
legte alles salbungsvolle und feierliche Wesen ab<br />
und wurde ein Christ. Frömmigkeit ist nicht Unterwürfigkeit<br />
nach aussen, sondern kindlicher Gehorsam,<br />
Vertrauen und Liebe.“<br />
Alle echten Christenmenschen kennen dieses<br />
‚Einst’ und ‚Jetzt’. „Einst wart ihr Finsternis, jetzt<br />
aber seid ihr Licht im Herrn; wandelt als Kinder<br />
des Lichts! – denn die Frucht des Lichts besteht<br />
in lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit!“<br />
Wer ein kraftvoller Zeuge Jesu Christi ist, der<br />
kann zu <strong>seiner</strong> Vergangenheit stehen, aber Ruhm<br />
gibt es nur für das Neue, das einem geschenkt<br />
wurde. Unsere Mitmenschen haben ein feines<br />
Sensorium für unser Zeugnis, ob es zum ‚einst’<br />
oder zum ‚jetzt’ gehört. Da können wir nichts<br />
vormachen. - Schlichte Menschen bezeugen die<br />
Wahrheit oft echter als Studierte. Das Einst zum<br />
Jetzt lernt man am besten im harten Leben.
9. März<br />
Hütet euch, dass sich euer Herz nicht betören<br />
lasse, dass ihr abfallt und dient andern<br />
Göttern und betet sie an. (5. Mose 11, 16)<br />
„Hütet euch am Morgarten!“ hiess die präzise<br />
Warnung an die Kriegstruppe der Eidgenossen im<br />
Kriegsgeschehen mit den Habsburgern. Und die<br />
Schweizer haben gewonnen, weil sie auf die Warnung<br />
gehört haben.<br />
Genau so deutlich werden wir <strong>von</strong> Gott ermahnt.<br />
Hütet euch! Sind wir nicht so sehr beschäftigt mit<br />
uns selber, mit dem Beruf, mit der Familie, mit<br />
der Kirche mit Gesellschaftsfragen usw., dass wir<br />
keine Ohren mehr haben für Gottes Stimme? Vor<br />
lauter Engagements – auch als Nachfolger <strong>von</strong><br />
Jesus – kann es geschehen, dass uns die Fähigkeit<br />
abgeht auf die Stimme unseres Herrn zu hören.<br />
Doch sie sagt unentwegt: Hütet euch! Überprüft<br />
eure Situation. Bewertet eure Prioritätenliste. Hört<br />
auf den geistigen Puls. Bluthochdruck im geistlichen<br />
Leben ist gefährlich.<br />
Wir hören die Warnung Jesu: „Wachet und betet,<br />
dass ihr nicht in Versuchung fallet!“ Wenn die<br />
Fähigkeit zu unterscheiden nicht vorhanden ist,<br />
wird bald einmal unsere Arbeit und unser Einsatz<br />
für Christus zu einem Götzen, weil wir uns verselbständigt<br />
haben. In Zeiten, da wir Gottes Nähe<br />
nicht so deutlich wahrnehmen, da Jesus uns in<br />
unserer Verantwortung wirken lässt, geschieht es<br />
leicht, den schmalen Weg des Heils zu verlassen<br />
und in den breiten Weg zum Unheil einzuschwenken.<br />
Alles was wir tun, bekommt einen<br />
Stellenwert, welcher der Anbetung gleichkommt.<br />
Nichts ist so verheerend, wie <strong>von</strong> Gott abzufallen<br />
ohne dass man es sucht und will. Wer aber seinen<br />
Geist nicht dem Heiligen Geist unterordnet, wird<br />
in diese Falle tappen. Darum ist es mehr als sinn-
voll, die Worte <strong>von</strong> Ph. F. Hiller zu beten:<br />
„Gott ist Herr, der Herr ist Einer, und demselben<br />
gleichet keiner, nur der Sohn, der ist ihm gleich.<br />
Christi Thron ist unumstösslich, Christi Leben<br />
unauflöslich, und sein Reich ein ewig Reich.“<br />
Hütet euch, gebt Acht! Lasst euch nicht verführen,<br />
dem Herrn den Rücken zu kehren! Dient<br />
keinen Göttern, betet sie nicht an!
10. März<br />
Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,<br />
ich fürchte kein Unglück; denn du bist bei<br />
mir, dein Stecken und Stab trösten mich.<br />
(Psalm 23, 4)<br />
„Jeder Kundige kennt jene verderbenbringende<br />
Langeweile eines Gefangenen, jene tödliche Leere,<br />
die aus den Tiefen seines Selbst emporsteigt,<br />
und die, ob es ihm nun bewusst wird oder nicht,<br />
unmittelbar an das Grauen vor dem Unendlichen<br />
streift. Der Mensch kann nicht wahrhaft allein<br />
sein, wenn er nicht mit Gott verbunden allein sein<br />
kann. – Irgendwann in seinem Leben, und nicht<br />
nur einmal, muss der Mensch in völliger Todeseinsamkeit<br />
Gott gegenüber treten, so wie er in<br />
<strong>seiner</strong> letzten Stunde Ihm allein Auge in Auge gegenüber<br />
treten wird, ehe er weiss, dass er vor ihm<br />
seine Existenz verantworten muss, und ehe er begreifen<br />
kann, was es für unsern Lebenslauf bedeutet,<br />
dass der Gottessohn durch seine Gottverlassenheit<br />
alle unsere Einsamkeit geheiligt hat.“<br />
Was Bischof Lilje Einsamkeit nennt, ist für den<br />
Hirten David das finstere Tal. Wer das aushält,<br />
mit Gott Auge in Auge zu sein, verliert die Furcht<br />
und durchschreitet <strong>von</strong> Stecken und Stab tröstend<br />
geleitet die schrecklichen Täler.<br />
Wir sind <strong>von</strong> Natur her in unserer Seele unglaublich<br />
labil und haltsuchend und geneigt, uns ständig<br />
zu verstellen. Das geht auf die Dauer schlecht.<br />
Einmal müssen wir zu unserer Schwachheit stehen.<br />
Doch sind wir bis dato vielleicht schon ordentlich<br />
<strong>von</strong> ‚wilden Tieren’ angefallen worden<br />
und zerschlissen, bis wir merken, dass es e i n e<br />
Hilfe gibt. Wer sich aber verrannt hat, muss den<br />
Weg wieder zurückgehen zum Anfang und dort<br />
wartet der barmherzige Vater Himmels und der<br />
Erde auf den Irregeleiteten aus dem finsteren Tal.
11. März<br />
Wir haben ja die Lüge zu unserer Zuflucht<br />
gemacht, und uns in Trug geborgen.(Jes.28,15)<br />
Eine vielgelesene amerikanische Zeitung richtete<br />
an eine Anzahl angesehener Männer ihres Landes<br />
folgende Anfrage: „Was würde geschehen, wenn<br />
die Menschen durch irgendeine übernatürliche<br />
Gewalt oder ein elementares Ereignis gezwungen<br />
würden, einmal 24 Stunden lang nicht zu lügen?“<br />
Diese Frage wurde <strong>von</strong> einflussreichen Staatsmännern,<br />
Geschäftsleuten, <strong>Prof</strong>essoren, Millionären,<br />
mit wenigen <strong>Aus</strong>nahmen, dahin beantwortet:<br />
„Die angenommenen 24 Stunden ohne Lüge<br />
würden ein nationales Unglück sein.“<br />
Ja, der Bürgermeister einer der bedeutensten Städte<br />
Nordamerikas äusserte sich dahin, dass das angenommene<br />
Ereignis ein grösseres Unglück darstellen<br />
würde als ein gewaltiges Erdbeben und<br />
dass es noch weit verderblichere Folgen haben<br />
würde als dieses.<br />
Die Lüge ist kein Unglück mehr; sie ist zum<br />
Massengebrauchsartikel geworden. Wir haben uns<br />
an sie gewöhnt. Sie beunruhigt uns nicht mehr.<br />
Das ist das Beunruhigende! Ohne sie ist unsere<br />
Politik und unser Wirtschaftsleben nicht mehr<br />
denkbar. Ohne sie treiben wir ins „nationale Unglück“.<br />
Man will uns weismachen, die Lüge gehöre<br />
zu unserem modernen Leben wie ein unabwendbares<br />
Schicksal. Das stimmt nicht! Wer lügt,<br />
missachtet Gott. Sein Gebot duldet keine <strong>Aus</strong>nahme,<br />
auf gar keinem Gebiet.<br />
„Herr, lass es geschehen, dass uns die kleinste Lüge<br />
wieder Not macht!“
12. März<br />
„Ich will zu dir gehören, nur erlaube mir noch<br />
eine Abschiedsfeier mit meiner Familie.“<br />
Doch Jesus wehrte ab: „Wer an den Pflug<br />
fasst, und dabei zurücksieht, taugt nicht für<br />
das Reich Gottes.“ (Lukas 9, 61+62)<br />
Ich weiss <strong>von</strong> einem Manne, der jahrelang Menschen<br />
‚aller Gattig’ beobachtete, wie sie sich gaben,<br />
wie sie sprachen, kurz, welchen Eindruck sie<br />
machten. Vielfach war das Resultat beeindruckend,<br />
irgendwie grossartig, überaus redegewandt<br />
waren sie, generös bis herablassend, selbstsicher<br />
und überzeugt <strong>von</strong> sich selbst. Aber oft und bei<br />
vielen Personen immer öfter wurde er unruhig<br />
und äusserte zu <strong>seiner</strong> Frau: „Ich möchte deren<br />
Nächte sehen, ob da nicht alles wie ein Putz abfällt<br />
und die Leute einsam und verzweifelt sind<br />
um am nächsten Tag dasselbe Maskenspiel aufs<br />
neue aufzuführen.“<br />
Das sind Menschen, die den Ruf Gottes vernehmen<br />
aber nicht hören. Sie verstellen sich den<br />
ganzen Tag dermassen und haben Qualen des<br />
Nachts, dass sie sich nicht auf etwas radikal Neues<br />
enstellen können. Abschied feiern vom alten<br />
Leben möchten sie, doch sie trauen dem Neuen<br />
noch nicht restlos. Das Herz ist noch nicht ganz<br />
erfasst vom Ruf. Das Ohr ist verdreckt und verschlossen.<br />
Nur der Verstand macht erste Freiübungen<br />
den Pflug zu erfassen und geradeaus zu<br />
schauen. Nein, das Zurückschauen ist uns naheliegender.<br />
Der Preis: Das Reich Gottes wird<br />
gründlich verfehlt. Jesus möchte als seine Nachfolger<br />
keine Möchtegernpuppen, sondern <strong>von</strong> der<br />
Aufgabe überzeugte, innerlich prachtvolle Menschen,<br />
urchige Typen wie ernsthafte Bauern hinter<br />
dem Pflug. Wir haben nicht das Reich Gottes zu<br />
bebauen, aber reichgottestauglich müssen wir<br />
sein.
13. März<br />
Ich weiss, dass mein Erlöser lebt. (Hiob 19,<br />
25)<br />
Der grosse Tonmeister Georg Friedrich Händel<br />
hatte den Wunsch, an einem Karfreitag zu sterben,<br />
und wirklich geschah dies auch so – er starb<br />
am 14. April 1759. Auf seinem Sterbebett erquickte<br />
er sich besonders an dem Auferstehungskapitel<br />
1. Korinther 15. Man las ihm noch den ersten<br />
Vers des Liedes „Ich bin gewiss in meinem Glauben“<br />
vor und er sagte dazu: „Oh, das ist eine<br />
schöne Sache, wenn jemand seines Glaubens so<br />
gewiss ist, ja: Allein zu dir, Herr Jesu Christ, mein<br />
Hoffnung steht auf Erden.“ Die letzten Worte,<br />
die man aus dem Munde des Scheidenden vernahm,<br />
waren die, welche er im ‚Messias’ so herrlich<br />
vertont hatte: „Ich weiss, dass mein Erlöser<br />
lebt!“<br />
Händel hatte eine besondere Gabe, Bibeltexte zu<br />
vertonen. So lautet der ganze Text der Messias-<br />
Arie aus Hiob und 1. Korinther so:<br />
„Ich weiss, dass mein Erlöser lebet<br />
und dass er erscheint am letzten Tag dieser Erd’.<br />
Wenn Verwesung mir gleich drohet, wird dies<br />
mein Auge Gott doch sehn.<br />
Ich weiss, dass mein Erlöser lebet:<br />
Denn Christ ist erstanden <strong>von</strong> dem Tod,<br />
der Erstling derer, die schlafen.“<br />
Damit ist eigentlich alles gesagt, und doch ist<br />
noch beizufügen: So erhebend diese Worte – und<br />
die Melodie – sind, sie sind zu nichts nütze, solange<br />
sie nicht unser Eigentum sind, wie es bei<br />
Händel war. Christus kann hundertmal da und<br />
dort Erlöser sein; wenn er nicht m e i n Erlöser<br />
sein darf, habe ich keinen Anteil an ihm – ist es<br />
bei mir nicht Karfreitag und Ostern, Himmelfahrt<br />
und Pfingsten geworden.
14. März<br />
Wir predigen euch das Evangelium, dass ihr<br />
euch bekehren sollt <strong>von</strong> den falschen, toten<br />
Göttern zu dem lebendigen Gott, der das<br />
Weltall und die Erde, das Meer und alles, was<br />
darin ist, geschaffen hat. (Apostelg. 14, 15)<br />
Achtung Sprengstoff! Haben Sie sich schon wieder<br />
geärgert an dem Wort ‚Bekehrung’? Hoffentlich<br />
heute zum letztenmal. Denn wie gesagt, das<br />
Evangelium ist keine <strong>Dr</strong>oh- sondern eine Frohbotschaft.<br />
Und in der Frohbotschaft ist das Wort<br />
Bekehrung ein fröhlicher und grundlegender Begriff<br />
der Freiheit und des frischen Atmens. Die<br />
Menschen denen das Team des Paulus begegnete,<br />
sind mit Haut und Haar abhängig <strong>von</strong> scheinbar<br />
toten Wesen. Es sind Dämonen, welche in der<br />
Verkleidung als Götter die Menschen plagen und<br />
drangsalieren. Paulus legt ihnen nahe, dass sie sich<br />
<strong>von</strong> diesen Wesen total abwenden und dem gepredigten<br />
Gott zuwenden sollen. Und dieser Gott<br />
weist sich aus, wie es sonst keiner der vermeintlichen<br />
Götter kann. Er hat das Weltall und die Erde<br />
gemacht, das Meer und alles, was darinnen ist.<br />
Dieser <strong>Aus</strong>weis ist eine über alles glänzende Einladung,<br />
es mit ihm zu wagen und ihm zu folgen,<br />
ihm zu gehorchen, seinen Willen zu erfüllen und<br />
ihn zu recht mit Lob zu grüssen.<br />
Wir neigen dazu, jene frühen Menschen als primitiv<br />
einzustufen und tun ihnen höchst Unrecht<br />
damit. Nur dass wir Heutigen nicht mehr an ihre<br />
damaligen Götzen glauben, stellt uns nicht auf<br />
eine höhere Stufe. Gehen wir doch in uns und<br />
prüfen uns, wo unsere Götzen hocken, dann entdecken<br />
wir sie ganz schnell in den Garagen, in<br />
den Kontobüchern, in den Villen mit Zweit- und<br />
<strong>Dr</strong>ittwohnungen, in Briefmarkensammlungen und<br />
andern kostspieligen Hobbys usw. Sie halten uns<br />
ab vom Beten, vom Gottesdienstbesuch – sie len-
ken uns ab vom Nachdenken über das Notwendige<br />
in unserem Leben und führen uns Wege und in<br />
Häuser, in welche Christus nicht mitkommt. Wir<br />
laufen direkt ins Leere und irgend einmal in die<br />
volle Hölle. Wenn das obige Götzen sind, müssen<br />
wir uns völlig <strong>von</strong> ihnen trennen, alles verkaufen<br />
und nach Jesu Rat, den Armen verschenken. Ist es<br />
anders, stehen wir in einer grossen Verantwortung<br />
Gott gegenüber, das darf uns schon bewusst sein.<br />
Denn Christus, der Herr ist nahe im doppelten<br />
Sinne: nahe bei uns und nahe vor der Tür mit<br />
Gottes Reich in der Vollendung <strong>seiner</strong> Herrschaft.<br />
Es ist wunderbar, sich dieser doppelten<br />
Freude hingeben zu können, auch wenn sich dabei<br />
allerlei Gesichtspunkte radikal verschieben<br />
und verändern.
15. März<br />
Bleibt im Glauben, gegründet und fest, und<br />
weicht nicht <strong>von</strong> der Hoffnung des Evangeliums,<br />
das ihr gehört habt. (Kolosserbrief 1, 23)<br />
Wenn die Welt in Aufruhr ist, ist es schwer für die<br />
Anhänger <strong>von</strong> Jesus. Die Erde taumelt <strong>von</strong> Krise<br />
zu Krise; Katastrophen folgen einander täglich; an<br />
Hungersnöte und Kriege fängt man an sich zu<br />
gewöhnen; die Regenwälder werden für die Massenpresse<br />
abgeholzt, aber nicht einmal den <strong>Prof</strong>it<br />
sehen die Eingeborenen; Reiche werden reicher<br />
und Arme werden ärmer; verantwortunsgvolle<br />
Arbeit ruft Spitzenleute aus dem <strong>Aus</strong>land aber<br />
unsere Jungen finden nur schwer eine Lehrstelle;<br />
der Arbeitsdruck auf allen Gebieten wächst, dennoch<br />
wird das Pensionsalter hinaufgeschraubt; die<br />
Gesundheitskosten steigen und die Krankenkassenprämien<br />
sind bald unbezahlbar; Kinder<br />
braucht das Land – fürs Militär und die AHV,<br />
aber bei den Steuern sind die Familien stark benachteiligt<br />
usw. Es ist nicht verwunderlich, wenn<br />
Menschen bei uns und vor allem in fremden Ländern<br />
verzagen. Die äussere Situation schlägt Vielen<br />
auf die Seele, sie werden krank – die Selbstmordrate<br />
steigt unaufhörlich! Und mitten drin<br />
stehen auch die Jünger Jesu, die er berufen und in<br />
die Welt hinaus geschickt hat. „Ich bin bei euch<br />
alle Tage bis ans Ende der Welt“ versprach der<br />
Herr. Anders, als mit dieser Zuversicht ist Leben,<br />
das den Namen verdient, nicht mehr möglich.<br />
Darum die Mahnung: Bleibt im Glauben, gegründet<br />
und fest! Was über sie kommt kann in Wahrheit<br />
keine Überraschung sein, denn es ist vorausgesagt.<br />
Doch sind Voraussage und Erfüllung zwei<br />
paar Schuhe. Darum: Weicht nicht <strong>von</strong> der Hoffnung!<br />
Wo soll die Welt Hoffnung lernen und<br />
schöpfen, wenn nicht <strong>von</strong> den Christen, die das<br />
Evangelium gehört und verwirklicht haben?
16. März<br />
Und er, Jesus, ist das Haupt der Kirche, er,<br />
der der Anfang ist. In ihm beschloss Gott, die<br />
ganze Fülle wohnen zu lassen.<br />
(Kolosserbrief 1, 18+19)<br />
Wer will die Welt heilen, wenn sie an sich selber<br />
krank wird und zugrunde geht? Wer weist in ihr<br />
zur Vergebung der Sünden? Wer tröstet die in ihr<br />
hoffnungslos Sterbenden? Wer eifert in ihr um<br />
Gerechtigkeit und Liebe, und das heisst um die<br />
Gebote Gottes und um den Gehorsam gegen sie<br />
mitten in aller Auflehnung gegen Gott? Wer<br />
schlägt in ihr die Bibel unermüdlich und kräftig<br />
auf? Wer singt dem Herrn ein neues Lied? Wer<br />
lobt, wer dankt, wer betet? Wer bietet die Verheissung<br />
der Taufe an und Brot und Wein des<br />
Abendmahls? Wer? Arme Welt, Welt ohne Kirche!<br />
Diese vielen Fragen <strong>von</strong> Pfarrer Ed. Thurneysen<br />
sind bedrängend und gegen den Schluss kaum<br />
mehr auszuhalten. „Arme Welt, Welt ohne Kirche!“<br />
Die Kirche ist mutlos geworden, hat sich<br />
über die Massen der Gesellschaft angepasst, ist<br />
praktisch verschwunden, auch wenn der Service<br />
noch geleistet wird. Diese Fragen stammen aus<br />
der Hitlerzeit. Heute ist es die Säkularisierung, die<br />
einen üblen Standart erreicht hat, dass die Welt<br />
wiederum arme Welt ohne Kirche ist.<br />
Aber die Bibel hat noch andere Töne, die durch<br />
alle Zeiten dringen und nicht zum Schweigen gebracht<br />
werden können. Irgendwo ist ein „Rest,<br />
der sich Kirche nennt, deren Haupt Christus ist<br />
und in welchem die ganze Fülle der Gottheit<br />
wohnt.“ Und dieser Rest macht Mut. Es ist nicht<br />
ein Häuflein, sondern verstreut bilden einige<br />
Christen dieses Instrument in Gottes <strong>Hand</strong>. Es ist
ganz und gar nicht nach innen gerichtet, sondern<br />
der Welt verpflichtet. Arme, reiche Welt – mit der<br />
Kirche?!
17. März<br />
Gott wird abwischen alle Tränen <strong>von</strong> ihren<br />
Augen, und der Tod wird nicht mehr sein,<br />
noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird<br />
mehr sein; denn das Erste ist vergangen.<br />
(Offenbarung 21, 4)<br />
Immer wieder hört man den billigen Vorwurf an<br />
die Bibel und an die Adresse der Christen, man<br />
wisse ja nichts über ein eventuelles Jenseits, den<br />
Himmel Gottes. Wahr ist, dass sie nicht viele<br />
Worte macht und so auch die Christen keine lange<br />
Rede halten können. Was aber zu vernehmen<br />
ist, ist eindeutig und kräftig und entscheidend.<br />
Denn wer vermöchte zu sagen, dass er nie Leid zu<br />
tragen hätte, dass er sich nie mit Missbildung und<br />
Schmerz aller Art und letztlich mit dem Tod auseinander<br />
zu setzen hätte? Das setzt einem mächtig<br />
zu und man schaut nach Hilfe aus. Wer jetzt<br />
durchhält, dem widerfährt das Wunderbare, das<br />
Gott verheisst.<br />
Wie aber Gottes Durchhilfe jetzt schon erfahrbar<br />
ist, zeigt als Beispiel folgender Bericht:<br />
„Ich weiss den Herrn an meiner Seite, und das<br />
macht mich mutig und fröhlich. Wie hätte ich armer,<br />
irrender Mensch durch die unzähligen Gefährlichkeiten<br />
der Welt, durch alle die Versuchung,<br />
das Leid, das Unglück, durch all die heuchlerischen<br />
Widersacher und grimmigen Feinde den<br />
Weg finden können bis hierher? Er war mit mir. –<br />
Im Taumel der Lust, des Erfolges, des Beifalls, ja<br />
selbst in der süssen Wonne des häuslichen Glückes<br />
hätte ich übermütig werden müssen; <strong>von</strong><br />
Feinden gehetzt, kauernd an Gräbern zerstörten<br />
Glückes, im Bewusstsein persönlicher Schuld und<br />
Armseligkeit hätte ich verzweifeln müssen.
Doch er war mit mir. – Immer kräftiger und unbedenklicher<br />
wage ich heute Unternehmungen, zu<br />
denen mich meine geringen Fähigkeiten nicht berechtigten<br />
– denn an meiner Seite steht der Herr.“
18. März<br />
Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt<br />
und stirbt, bleibt es ein einzelnes Weizenkorn;<br />
wenn es aber in der Erde stirbt, keimt<br />
es und bringt viel Frucht. (Johannes 12, 24)<br />
Ein Pfarrer bat einmal in einem Gottesdienst ganz<br />
spontan einen Bauern, der Gemeinde zu erklären,<br />
was da vor sich geht, wenn ein Weizenkorn stirbt,<br />
keimt und Frucht bringt. Er sagte ungefähr folgendes:<br />
„Der Bauer wirft beim Säen die Weizenkörner<br />
gleichmässig auf den Acker. Mit der Zeit<br />
versinken sie im Boden. Sie brauchen für den nun<br />
folgenden Vorgang eine gewisse Feuchtigkeit. Das<br />
einzelne Korn stirbt ab, indem der Kern eine um<br />
die andere Schicht abgibt und schliesslich nackt<br />
und bloss in der Erde liegt, scheinbar tot. Aber<br />
nun werden Kräfte geweckt, dass aus dem Kern<br />
ein oder mehrere Keimlinge wachsen. Einer wird<br />
bestehen und aus dem Boden schiessen. Ein hoher<br />
Halm entsteht und am Ende entsteht die<br />
Frucht, die Ähre mit vielen Taschen, in denen<br />
neue Körner stecken.“<br />
Jesus hat dieses Gleichnis für seine Nachfolger<br />
und Boten verwendet. Es wird sehr oft ausser<br />
Acht gelassen. Viele Menschen, jung an Jahren<br />
und jung im Glauben, neigen dazu, gleich als erstes<br />
einen Missions- und Bekehrungseifer zu entwickeln<br />
und stossen damit viele ihrer Mitmenschen<br />
vor den Kopf. Auch ist es üblich geworden,<br />
noch vor der persönlichen Glaubensreife gleich in<br />
eine Bibelschule zu rennen um darnach möglichst<br />
im <strong>Aus</strong>land an die Front zu gehen.<br />
Doch es ist des Herrn Wille und Absicht uns in<br />
jedem Fall in eine Lebensschule zu stecken, gleich<br />
dem Weizenkorn, das in die Erde fällt. Das Ich<br />
muss seine Schichten, wie Selbstsicherheit,<br />
Selbstüberschätzung, Eigennutz, Sucht nach Erfolg<br />
und Ruhm, Vorgehen nach eigener Regie,
Solo-Christsein usw. ablegen am Kreuz Jesu, dass<br />
der Kern, die Seele rein werde, schlicht und einfach,<br />
bereit für das Bearbeiten des Schöpfers. Wir<br />
mögen den Eindruck gewinnen, dass wir gegenüber<br />
andern in Nachteil geraten, aber es ist der<br />
Herr, der uns nahe ist und uns zur Reife bringt.<br />
Nun geschieht es, dass unser Botendienst aus der<br />
Stille heraus geschieht und Frucht bringt, nämlich<br />
Menschen, die echt in der Tiefe ihrer Seele bewegt<br />
sind Christus nachzufolgen und seinen gnädigen<br />
Willen zu tun. Die Frage, welcher Lebensweg<br />
der echtere sei, erübrigt sich völlig, oder?
19. März<br />
Der Herr ist mein Licht<br />
und mein Heil<br />
vor wem sollte ich mich fürchten?<br />
Der Herr ist meines Lebens Zuflucht,<br />
vor wem sollte ich erschrecken?<br />
(Psalm 27, 1)<br />
Eine Erfahrung <strong>von</strong> David ist das. Er ist ein Erprobter.<br />
Als junger Hirte und später als Kriegsmann<br />
und König ist er nie sein eigener Herr und<br />
Meister gewesen. Seine freie Abhängigkeit <strong>von</strong><br />
Gott hat ihm erst die rechte Sicht für das Bestehen<br />
des Lebens gegeben. So weiss man es auch<br />
<strong>von</strong> einem jungen Hugenotten. „In wundervoller<br />
Gestrafftheit steht der junge Florent Venot vor<br />
dem Präsidenten des Gerichtes Lizet, der ihn auf<br />
vier Monate in den Kerker geworfen hatte, um<br />
ihn zu zermürben. Als dies erfolglos war, hat man<br />
den Gefangenen in ein Sonderverlies gebracht, in<br />
die sogenannte Poche im Palais. In diesem Loch,<br />
in welchem man weder sitzen noch liegen konnte,<br />
hielt es niemand länger als 14 Tage aus, ohne irrsinnig<br />
zu werden. Da soll der Widerstand Venots<br />
gebrochen werden. Der junge Hugenotte besteht<br />
die Probe und sagt Lizet ins Gesicht: ‚Sie nehmen<br />
wohl an, dass Sie durch die Länge der Marter<br />
meinen Geist schwächen können. Aber Sie vergeuden<br />
Zeit damit! Denn ich hoffe, dass Gott mir<br />
die Gnade geben wird bis zum Ende durchzuhalten<br />
und seinen heiligen Namen durch meinen<br />
Tod zu preisen, denn er ist meines Lebens Zuflucht,<br />
vor wem sollte ich erschrecken’?“
20. März<br />
Ich bin dessen gewiss, dass weder Tod noch<br />
Leben, weder Engel noch Gewalten, weder<br />
Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch andere<br />
Mächte, weder Hohes noch Tiefes, noch<br />
irgendein andres Geschöpf uns zu scheiden<br />
vermag <strong>von</strong> der Liebe Gottes, die in Christus<br />
Jesus ist, unsrem Herrn.<br />
(Römerbrief 8, 38+39)<br />
Paulus und sein Team machten seit langem eine<br />
betrübliche Erfahrung, wie sie in Psalm 44, 23 beschrieben<br />
ist: „Weil wir zu dir gehören, Herr, werden<br />
wir überall verfolgt und schier getötet – wie<br />
Schafe werden wir geschlachtet!“ Doch aus dieser<br />
Erfahrung erwuchs die Überzeugung der obigen<br />
Verse.<br />
Hat sich an der ganzen Sache im Laufe der Jahrhunderte<br />
etwas geändert? Ja und Nein. Nein, weil<br />
wir seit Generationen beobachten, wie Christen<br />
verfolgt und getötet werden, in allen Himmelsrichtungen,<br />
im Wechsel da und dort einmal stärker<br />
und einmal schwächer. Ja, weil im Grossen<br />
Ganzen die Christenheit eine verfängliche Lauheit<br />
ergriffen hat, in allen Himmelsrichtungen. Und<br />
Jesus sagt: „Weil du weder heiss noch kalt, sondern<br />
lau bist, will ich dich ausspeien aus meinem<br />
Munde.“ Wo ist nur die Überzeugung des Paulus<br />
geblieben? Es braucht sie ja nicht mehr, wenn wir<br />
in der Christenheit so weitermachen wie bisher.<br />
Merken wir dabei aber auch, dass wir gar nicht<br />
mehr an die Liebe Gottes angeschlossen sind? Es<br />
ist grauenhaft, dass es irgendeiner Macht gelungen<br />
ist, uns <strong>von</strong> der Liebe Gottes zu trennen. Kommen<br />
<strong>von</strong> daher die Verschwommenheit in Glaubensfragen,<br />
die falsche Toleranz gegenüber andern<br />
Religionen, die Vernachlässigung des Gebetes<br />
und die irrigen Vorstellungen des Sterbens
und des Darnach? Wir müssen wieder lernen was<br />
es heisst: „Weisst du nicht, dass dich Gottes Güte<br />
zur Umkehr leitet?“
21. März<br />
Wer an mich glaubt, aus dessen Leibe werden,<br />
wie die Schrift sagt, Ströme lebendigen<br />
Wassers fliessen. (Johannes 7, 38)<br />
Auf einer Weltkonferenz des CVJM fand eine interessante<br />
Diskussion statt. Das Thema lautete:<br />
„Wie kommen wir an den fremden jungen Mann<br />
heran?“<br />
Einer der Teilnehmer, <strong>Dr</strong>. Gladstone aus London<br />
meinte: „Ich will nur eine Tatsache aus der Physik<br />
und Chemie anführen. Ein Stück Eisen hat wenig<br />
Anziehungskraft, umgibt man es aber mit einem<br />
Kabel galvanischen Stroms, so zieht es unendlich<br />
mehr an.<br />
Wir sind das Stück Eisen, die Gnade Gottes, das<br />
ist die Freundlichkeit und Vergebung Gottes, ist<br />
der galvanische Strom. Wenn dieser Strom unser<br />
Herz umströmt, so werden wir auch für die draussen<br />
stehenden jungen Menschen anziehend sein.<br />
Ich spreche den betenden Wunsch aus, dass die<br />
Vereinsmitglieder danach ringen möchten, mehr<br />
Liebe zu Gott und dem Nächsten zu haben, dann<br />
kann es nicht fehlen, dass eine Kraft <strong>von</strong> ihnen<br />
ausgeht.“<br />
Der Glaube verändert einen Menschen. Das alte<br />
Leben – Luther sagte, der alte Adam kann<br />
schwimmen – muss ersäuft werden. Eine neue<br />
Kreatur, eine neue Schöpfung ist da. Man fühlt<br />
sich nicht nur wie neugeboren, sondern man ist<br />
es. Das Alte ist vergangen, seht, es ist alles neu<br />
geworden. Die Gnade Gottes macht den Menschen,<br />
wie der galvanische Strom das Eisen, anziehend.<br />
Es geht vom Jünger Jesu etwas aus: Einfluss.<br />
Die Bibel nennt es: Ströme lebendigen Wassers.<br />
Jawohl, es gibt nicht nur ansteckende<br />
Krankheiten, es gibt auch eine ansteckende Gesundheit,<br />
einen ansteckenden Glauben.
22. März<br />
Friede sei mit euch! (Johannes 20, 19)<br />
Wenn wir den Historikern glauben können, sind<br />
<strong>von</strong> 3000 Jahren überschaubarer menschlicher<br />
Geschichte nur 234 Friedensjahre gewesen. Für<br />
100 Jahre der jüngsten Vergangenheit wurden in<br />
der Welt 136 Waffengänge errechnet. Die alten<br />
Kulturen und Stämme des Vorderen Orients –<br />
wie auch unsere Vorfahren und die Indianer –<br />
zählten ihre Völker nach „Kriegern“. Krieg war<br />
das Normale. Und doch grüssen sich die Menschen<br />
mit dem Sehnsuchtsgruss ‚shalom’ – Friede.<br />
Menschen können ihre Art ausrotten, Tiere nicht.<br />
Den Tieren ist eine Sperre eingebaut, den Menschen<br />
nicht. Das sind bei den Tieren programmierte<br />
Hemmungen; bei uns Menschen wachsen<br />
die Hemmungen nicht <strong>von</strong> selbst. Nur der Glaube<br />
an Jesus kann Vorurteile, Hass und Rache<br />
überwinden. Denn: „Selig, die den Frieden schaffen,<br />
denn sie werden Söhne Gottes heissen.“<br />
Ein Papst hat einmal gesagt: „Nur einen Krieg<br />
kann man legitim propagieren: ‚Krieg dem Kriege’!“<br />
Wo Christus unter uns lebendig ist, ist der<br />
Friede lebendig. Wo Christus verraten wird, wird<br />
der Friede verraten. Wo Christus nicht sein kann,<br />
kann der Friede nicht sein; aber dieser Herr<br />
braucht unsere Gedanken, unsern Mund, unsere<br />
Hände und Füsse, damit die Welt verändert wird,<br />
wie er es will. Schwätzen wir auch die Thesen<br />
nach, dass Kriege nicht auszurotten sind? Halten<br />
wir uns für Realisten, wenn wir den Waffen eine<br />
Chance einräumen?<br />
Ist denn die Botschaft des Evangeliums nicht eine<br />
Botschaft der Versöhnung und der Gruss des<br />
Auferstandenen Christus zu Ostern nicht ein<br />
Friedensgruss?
23. März<br />
Ich bin überzeugt, dass dieser Zeit leiden<br />
nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit,<br />
die an uns offenbart werden soll.<br />
(Römerbrief 8, 18)<br />
Wenn es früher um Entwicklungshilfe ging sprach<br />
man schnell vom Tropfen auf den heissen Stein<br />
und zog sich wieder zurück. Heute ist das anders.<br />
Heute steht man angesichts des weltumspannenden<br />
Hungers und Leides zum Tropfen auf den<br />
heissen Stein. Und es kann geholfen werden,<br />
wenn man es klug anpackt. Nur verbieten viele<br />
Hilfswerke die Verkündigung des Evangeliums.<br />
So erfahren die Notleidenden nie, was Paulus aus<br />
eigenem Erleben formuliert und postuliert hat.<br />
Achten wir auf ein paar Beispiele aus der Kirchen-<br />
und Weltgeschichte:<br />
A n s e l m <strong>von</strong> Canterbury, gest. 1109: „Da die<br />
Wasser wuchsen, hob sich die Arche in die Höhe.<br />
Das Leiden soll uns in die Höhe tragen.“<br />
Claus H a r m s: „In sehr tiefen Höhlen und<br />
Brunnen sieht man am hellen Tage die Sterne.“<br />
T h o l u c k: „In jedem Leidenskelche liegt tief<br />
auf dem Boden eine Perle; suche sie nur.“<br />
Otto F u n c k e: „Leiden ist Heimsuchung, etwas,<br />
wodurch Gott uns heimzubringen sucht.“<br />
Erich F r o m m e l: „Werde an Gottes Herzen<br />
nicht irre, wenn du auch einmal seine <strong>Hand</strong> nicht<br />
verstehst.“<br />
Einmal antwortete Frommel einem Menschen,<br />
der ihm über schwere Lebensführung klagte:<br />
„Wenn der Herr deinen Lebensbaum schüttelt,<br />
dass die Blätter herunterfliegen, was will er anderes,<br />
als dass du durch die kahlen Äste und Zweige<br />
den lichten Himmel umso besser siehst?“
Und die B i b e l sagt: „Das Kreuz Jesu (und unser<br />
Kreuz) ist zwar denen, die verloren gehen, eine<br />
Torheit; uns aber, die wir gerettet werden, ist<br />
es die Kraft Gottes.“
24. März<br />
Er ist der lebendige Gott. Er errettet und befreit,<br />
er tut Zeichen und Wunder am Himmel<br />
und auf Erden. –<br />
Dazu ist Christus gestorben und wieder lebendig<br />
geworden, dass er über Tote und Lebende<br />
Herr sei.<br />
(Daniel 6, 27+28; Römer 14, 9)<br />
Es wird immer wieder im Volk kritisiert, man wisse<br />
überhaupt nicht, wozu Jesus am Kreuz gestorben<br />
sei. Es gebe nichts Schriftliches dazu in der<br />
Bibel. Jesus selbst habe sich auch nicht, weder vor<br />
der Kreuzigung oder nach der Auferstehung dazu<br />
geäussert. Das stimmt natürlich nur für diejenigen,<br />
welche die Bibel ungenau lesen. Paulus<br />
macht eine überaus klare <strong>Aus</strong>sage, nebst denen<br />
der Evangelien, dass Jesus unsere Sünden aufs<br />
Holz hinaufgetragen und für viele in der Welt<br />
Vergebung erwirkt habe. Die Stelle im Danielbuch<br />
sind eine Vorwegnahme der Schilderung<br />
<strong>von</strong> der Auferstehung und Himmelfahrt Christi.<br />
Da bekommen wir einen Begriff da<strong>von</strong>, was für<br />
eine Sprengkraft die Auferstehung in sich hat.<br />
Und doch scheint es uns Menschen aller Zeiten<br />
schwer zu fallen, die Auferstehung Jesu zu glauben,<br />
wie folgendes Beispiel zeigt:<br />
Der Redaktor einer grossen Zeitung liess sich eines<br />
Tages, auf einem Spaziergang an einem See<br />
begriffen, mit einem alten Fischer in ein Gespräch<br />
ein. Mit Verwunderung hörte er den Mann in einfältigem<br />
Glauben <strong>von</strong> dem auferstandenen Heiland<br />
reden. „Woher wissen Sie denn“, fragte er<br />
ihn, „dass Christus auferstanden ist?“ „Mein<br />
Herr“, so lautete die Antwort, „sehen Sie dort<br />
hinten an den Felsen am Ufer die kleinen Häuser?<br />
Nun, bisweilen, wenn ich weit draussen auf dem<br />
See bin, erkenne ich an dem Widerschein der<br />
Sonne in den Fenstern jener Häuser, dass die
Sonne aufgegangen ist. Woher weiss ich, dass<br />
Christus auferstanden ist? Sehe ich denn nicht<br />
sein Licht täglich in den Gesichtern lebendiger<br />
Christen widerstrahlen, und spüre ich nicht das<br />
Licht <strong>seiner</strong> Herrlichkeit in meinem eigenen Leben?<br />
So wenig, wie Sie behaupten können, dass<br />
die Sonne nicht aufgegangen ist, wenn ich ihren<br />
Widerschein sehe, ebensowenig können Sie behaupten,<br />
dass mein Herr nicht auferstanden ist.“<br />
Und diesem Auferstandenen fällt es zu, was Daniel<br />
schon in früherer Zeit erlebte, dass Gott errettet<br />
und befreit und Wunder tut. Genau das ist<br />
in Jesus Christus für alle Menschen Wirklichkeit<br />
geworden, dass er Herr ist, nicht nur über wilde<br />
Tiere (bei Daniel) sondern über unsere Schuld,<br />
Herr über die Dämonenkräfte, über allen Negativismus,<br />
über alles Richten und Verleumden, kurz,<br />
über alles Unwahre in unserem Leben.<br />
„Jesus stirbt. Da wird es Nacht; doch er bricht die<br />
Finsternis, reisst durch seinen Tod, uns aus Nacht<br />
und Tod.“
25. März<br />
Als die Freundlichkeit und Menschenliebe<br />
Gottes, unseres Heilands, erschien, machte er<br />
uns selig nach <strong>seiner</strong> grossen Barmherzigkeit.<br />
(Titus 3, 4-5)<br />
Die Welt hat sich so gründlich <strong>von</strong> Gott abgewendet,<br />
dass es nicht leicht fällt zu beschreiben,<br />
dass Gott seine Schöpfung liebt und erhält. Es<br />
scheint nicht auszurotten zu sein, wenn man sich<br />
schon mit Gott beschäftigt, Gott ein Thema der<br />
Philosophie oder der Theologie, ein Objekt der<br />
Forschung in der Archäologie usw. ist. Gott kann<br />
man sich nicht vorstellen als Person, höchstens<br />
als höhere Macht, ein Ideal, eine fromme Idee, ein<br />
Lückenbüssergott, eine Theaterfigur oder Literatursubjekt<br />
(siehe Hiobbuch), ein Ding, mit dem<br />
nicht zu rechnen ist. Doch 1. lässt Gott <strong>seiner</strong><br />
nicht spotten und 2. lässt er diejenigen Menschen,<br />
die offen sind für Gott als Persönlichkeit, seine<br />
Freundlichkeit und Menschenliebe spüren. Sie<br />
sollen wissen und erleben, dass er lebt und wirkt.<br />
Als persönlichstes Liebeszeichen liess er unsern<br />
Heiland erscheinen, als Kind in der Krippe, angebetet<br />
<strong>von</strong> Menschen niederen Standes seines Volkes<br />
und <strong>von</strong> hohen Repräsentanten heidnischer<br />
Völker. Er hat sein Leben dahin gegeben und es<br />
wieder empfangen, ist zum Vater zurückgekehrt<br />
und sandte als Tröster und Stellvertreter den Heiligen<br />
Geist. Das ist das Evangelium, das uns selig,<br />
glücklich und fröhlich macht.<br />
Und nun gilt diese Liebe als Angebot allen Menschen,<br />
aller Kreatur, dem ganzen Universum, allen<br />
Sonnensystemen, dem wunderbaren Sternenhimmel,<br />
den wir bewundern <strong>von</strong> Auge oder in<br />
einer Sternwarte mit einem Teleskop. Gott liebt<br />
die Schöpfung, sein Produkt!
„Glücklich zu preisen sind alle, die nur noch <strong>von</strong><br />
Gott etwas erwarten – mit Gott werden sie leben<br />
in <strong>seiner</strong> neuen Welt.“
26. März<br />
Darum sorget euch nicht um den morgigen<br />
Tag; denn der morgige Tag wird seine eigenen<br />
Sorgen haben. Jeder Tag hat genug an<br />
<strong>seiner</strong> eigenen Plage. (Matthäus 6, 34)<br />
Sorge macht krank. Sie verbittert und macht unzufrieden.<br />
Sie zieht uns <strong>von</strong> der Gegenwart und<br />
vom Heute weg. Sie verdunkelt unser augenblickliches<br />
Glück. Sie verdirbt den Genuss am Heute.<br />
Lilie und Vogel sind uns ein Gleichnis für die<br />
Freude am Gegenwärtigen, für die Freude am<br />
Augenblick.<br />
Die Devise einer Heiligen, Therese <strong>von</strong> Lisieux,<br />
lautete: „Alles nur für das Heute.“ Und bei Kierkegaard<br />
findet sich folgender schöne Text: „Du<br />
bist erschaffen, du bist da, du bekommst ‚heute’<br />
das zum Dasein Nötige, du wurdest erschaffen,<br />
du wurdest Mensch, du kannst sehen, hören, riechen,<br />
schmecken, fühlen. Lerne <strong>von</strong> der Lilie und<br />
vom Vogel, deinen Lehrern, was es heisst, für<br />
‚heute’ da sein: das ist Freude!“<br />
Christen pfeifen zwar nicht auf die Zukunft. Sie<br />
wissen um eine gute Zukunft, darum können sie<br />
ganz für die Gegenwart da sein.<br />
Können wir uns dem Heute völlig hingeben, oder<br />
zerstören wir uns das Heute mit dem sorgenvollen<br />
Warten auf Morgen. Sollen wir Christus Vorwürfe<br />
machen, dass er nur das Heute garantiert<br />
und das Morgen eben morgen mit uns anpackt?<br />
Das sei ferne. Er hat doch den Überblick. Reicht<br />
das?
27. März<br />
Der See wurde aufgewühlt <strong>von</strong> einem starken<br />
Wind. Als die Jünger etwa eine Stunde vergeblich<br />
gerudert hatten, sahen sie Jesus auf<br />
dem See gehen und nahe an das Boot kommen;<br />
und sie fürchteten sich sehr. Er aber<br />
sprach zu ihnen: Ich bin’s, fürchtet euch<br />
nicht! (Johannes 6, 18-20)<br />
Wir können z.B. mit einem neuen Wagen schon<br />
allerhand Erfahrungen gemacht haben. Aber da<br />
bleiben wir in einem langen Tunnel mit Gegenverkehr<br />
stecken und können zunächst nur Rauch<br />
feststellen. Wir sind völlig verunsichert, fürchten<br />
uns, wissen nicht was tun ausser die Warnblinker<br />
einzuschalten. Da kommt auf der Gegenfahrbahn<br />
ein Polizeiauto – Freund und Helfer, oder …?<br />
Wir haben Angst. Bis die anvisierte Autohilfe ankommt<br />
und uns beruhigt: „Ihr müsst keine Angst<br />
haben, es ist nicht so schlimm, wie es aussieht.“<br />
So haben auch die Jünger Jesu schon einige mächtige<br />
Erfahrungen mit ihrem neuen Meister Jesus<br />
gemacht. Und trotzdem fürchten sie sich, wenn er<br />
so unerwartet und unüblich zu ihnen kommt.<br />
„Ich bins, fürchtet euch nicht“ sagt er, als kennten<br />
sie ihn nicht. Es ist nicht egal, seinesgleichen zu<br />
begegnen und Hilfe zu empfangen oder dem Gottessohn,<br />
dem alles untertan ist. Darüber sind sich<br />
die Jünger noch nicht im Klaren.<br />
Das mag hin und wieder auch unser Problem<br />
sein. Wer ist für uns Jesus? Ein guter Begleiter<br />
oder der Heiland, der Helfer; ein netter Zuhörer<br />
für unsere Gebete oder der Herr, der Macht hat<br />
Gebete zu erfüllen; ein guter Prediger oder der<br />
Erlöser <strong>von</strong> Golgotha; ein unglücklicher Fall eines<br />
Justizirrtums oder der Auferstandene und Sieger<br />
vom Ostermorgen?
Im Anfang, das ist er. Der Vollender des Gottesreiches,<br />
das ist er auch. Die Liebe Gottes, das ist<br />
er im Besonderen. Wer hat da noch Lust, sich einem<br />
andern anzuvertrauen?
28. März<br />
Denn das Gesetz des Lebensgeistes in Jesus<br />
Christus hat mich <strong>von</strong> dem Gesetz der Sünde<br />
und des Todes freigemacht. (Römerbrief 8,<br />
2)<br />
Jeder <strong>von</strong> uns weiss, was eine Kettenreaktion ist.<br />
Sie geht beispielweise in der Atombombe vor<br />
sich, wenn sie explodiert. Ein winziges Uranteilchen<br />
wird getroffen <strong>von</strong> einem Äther-Geschoss.<br />
Es zerfällt und Neutronen treffen vielleicht zehn<br />
andere Uranteilchen. Die machen es ebenso und<br />
die Kettenreaktion ist im Gang und überschreitet<br />
im Nu die Grenze mit zerstörender Gewalt. In<br />
einer amerikanischen Atomstadt ereignete sich<br />
vor Jahren eine stille Heldentat. Eine Kontrolllampe<br />
versagte, der kritische Punkt wurde überschritten<br />
und der unheimliche Prozess nahm ein<br />
immer beängstigenderes Tempo an. Die Katastrophe,<br />
die Tausenden das Leben gekostet hätte,<br />
konnte nicht mehr aufgehalten werden. Da ging<br />
ein junger jüdischer Physiker in die Todeskammer,<br />
tat dort rasch die notwendigsten <strong>Hand</strong>griffe,<br />
um die Kettenreaktion zum Stehen zu bringen.<br />
Von Milliarden unsichtbarer Strahlen durchbohrt,<br />
verliess er still den unheimlichen Raum. Er fuhr<br />
ins Krankenhaus und starb unter furchtbaren<br />
Qualen.<br />
Vor 2000 Jahren starb auch einer, lange und qualvoll,<br />
Christus; er hat Millionen und Milliarden vor<br />
einem unausweichlichen Tod gerettet. Aber was<br />
ist ihm widerfahren? Wir haben ihm unsere Unverschämtheit<br />
und Gleichgültigkeit gezeigt, den<br />
Rücken zugekehrt, ihn links liegen gelassen und<br />
er? Er trägt es uns nicht nach, schenkt uns seine<br />
Liebe, schreibt uns nicht ab. Er ist Tag und Nacht<br />
bereit, uns die Versöhnungshand hinzustrecken.<br />
Wer wagt es, diese <strong>Hand</strong> auszuschlagen, wenn<br />
doch die Kettenreaktion der Sünde gestoppt wurde?
29. März<br />
Betet für uns! Wir haben ein gutes Gewissen,<br />
denn wir wollen in jeder Weise ein Leben führen,<br />
das Gott gefällt. (Hebräerbrief 13, 18)<br />
Es gab eine heilige Frau, die nie etwas <strong>von</strong> Gott<br />
für sich erbat, sondern nur der Fürbitte lebte. Das<br />
war ihre Führung. Es darf aber sein, dass Jünger<br />
Jesu darum bitten: Betet für uns! Obwohl sie gewiss<br />
sind, ein gutes Gewissen zu haben und Gott<br />
zu Gefallen leben. Solange wir noch auf Erden<br />
weilen, sind wir noch nicht vollendet und was wir<br />
erreicht haben, kann noch gefährdet sein. Darum:<br />
betet für uns!<br />
Es gibt viele Beispiele zum Thema Gewissen. Es<br />
fällt aber auf, dass die positiven in der Minderheit<br />
sind. Viel mehr ist die Rede, wie schwer es ist, zu<br />
einem guten Gewissen zu gelangen, wie das folgende<br />
Beispiel zeigt:<br />
F. <strong>von</strong> der Ropp bekennt aus seinem Leben: „Ich<br />
kannte früher als oberstes Gesetz meines Lebens<br />
nur eines: Die Entwicklung meiner Anlagen zur<br />
höchsten Vollkommenheit. Mein Gewissen war<br />
nachlässig und immer zu Konzessionen bereit. Es<br />
gibt viele, die sagen, das Gewissen sei Gottes<br />
Stimme, was in meinem Fall kaum zutreffen<br />
konnte. <strong>Aus</strong> meiner Erfahrung erkannte ich, dass<br />
das Gewissen sehr wohl ein wichtiger Teil im<br />
Menschen ist, aber wenn es nicht unter der festen<br />
Führung Gottes steht, bleibt es den eignen Wünschen<br />
zugeneigt und kann derart vergröbert werden,<br />
dass es die abscheulichsten Lieblosigkeiten<br />
zulässt, ja den Egoismus geradezu fördert.“<br />
Heute setzt <strong>von</strong> der Ropp sein ganzes Leben für<br />
Christus ein und führt in jeder Weise ein Leben,<br />
das Gott gefällt.<br />
Sind wir auch willig, diese Schritte zu tun? Betet<br />
jemand für uns?
30. März<br />
Achtet also genau darauf, wie ihr lebt: nicht<br />
als unwissende, sondern wie weise Menschen.<br />
Dient Gott, solange ihr es noch könnt,<br />
denn wir leben in einer schlimmen Zeit.<br />
(Epheserbrief 5, 15-16)<br />
Es gibt wohl keinen, der so kühn wäre zu behaupten,<br />
das Leben hier auf Erden sei nicht befristet.<br />
Nein, es ist gerade umgekehrt. Das zeigt das ungeheure<br />
Interesse der Massenpresse am Ende des<br />
Lebens, dem Sterben und dem Tod. Keine <strong>Aus</strong>gabe<br />
der renommierten Illustrierten kommt ohne<br />
ein Interview aus, in welchem die entsprechenden<br />
Fragen gestellt werden. Weil überaus selten ein<br />
gläubiger Christ gefragt wird, vernehmen wir die<br />
erstaunlichsten Antworten. Es kommt soviel Sorge<br />
und Furcht zum <strong>Aus</strong>druck, denn wir leben in<br />
einer schlimmen Zeit. Das gilt den Gottlosen wie<br />
den Dienern Gottes. Es ist aber ein Unterschied,<br />
die Gottesdiener leben bewusst im Dienst, bewusst,<br />
dass die Tage ein Ende haben, weil die Tage<br />
böse sind. Sie nutzen ihre Zeit für Ewigkeitswerte.<br />
Sie sind nicht unwissende, sondern weise<br />
Menschen – sie achten darauf ganz genau. Sie<br />
sind klug und bekommen vom Herrn ein gutes<br />
Zeugnis.<br />
Wir wissen <strong>von</strong> den Bestrebungen <strong>von</strong> vielen<br />
Staaten, sich zu Unionen zusammen zu schliessen.<br />
Viele sehen darin eine schlimme Zeit, weil die<br />
Demokratie zunehmend eingeschränkt wird und<br />
die ganze Sache nur der Geschäfts- und Finanzwelt<br />
dienen soll. Christen haben <strong>von</strong> solchen Bestrebungen<br />
nichts Gutes zu erwarten. <strong>Dr</strong>um<br />
kommt die Bibel uns mit obigem Wort zur Hilfe,<br />
aus einer Zeit, die noch schlimmer war, als im<br />
Moment die unsrige. Bleiben wir fest und unverzagt,<br />
als weise Menschen, die Gott dienen - aufrichtig.
31. März<br />
Einer unter euch wird mich verraten.<br />
(Matthäus 26, 21)<br />
Der holländische Maler Vincent van Gogh hat ein<br />
Bild gemalt, das 12 Sonnenblumen in einer Vase<br />
darstellt. Der Maler selbst hat es „Die Jünger“ genannt.<br />
Elf Blumen sind lebendig, kräftig in den<br />
Farben und leuchten in der Sonne. Eine ist kraftlos,<br />
welk und hängt herunter. Mit der zwölften<br />
Blume hat van Gogh Judas darstellen wollen.<br />
So sieht es in Wirklichkeit aus. Mitten unter den<br />
lebendigen Christen sitzt der Verräter. Die einen<br />
drängen sich zum Licht, die andern verkümmern<br />
im Dunkeln. Der Verräter sitzt nicht „draussen“,<br />
der Verräter sitzt „drinnen“. Jesus sagt: „Unter<br />
euch.“ Ein Christ, der welk und kraftlos in den<br />
Tag hinein lebt, ist ein Judas. Er lässt seinen Kopf<br />
hängen und wird untauglich zum Dienst. Er ist<br />
wie eine Blume geknickt, das Wasser kann nicht<br />
mehr bis in die feinen Verästelungen der Blüte<br />
hinaufsteigen. Er vertrocknet. Wieviel vertrocknete<br />
„Christen“ laufen unter uns herum. Sie sind eine<br />
schlechte Empfehlung. Sie verraten Christus<br />
und seine Gemeinde nicht durch Worte und <strong>Werke</strong>,<br />
aber durch ihr Leben. Sie wirken abstossend<br />
wie die zwölfte Sonnenblume in der Vase <strong>von</strong> van<br />
Gogh. Christsein strahlt aus. Christsein macht<br />
Freude. Auch andern. Oder bei ihnen stimmt etwas<br />
nicht. Wer seinen Kopf hängen lässt, kann<br />
keine frohe Botschaft verkündigen. Er resigniert.<br />
Denn wer lässt sich schon durch schöne Worte<br />
einfangen?<br />
Auf das Leben kommt es an!<br />
Wie sieht Ihres aus?
1. April<br />
Wir sollten aber lernen, unser Vertrauen nicht<br />
auf uns selbst zu setzen, sondern auf Gott,<br />
der die Toten auferweckt. (2. Korintherbrief<br />
1, 9)<br />
Die Wissenschaft ruft uns zu: „Der Beweis ist erbracht“.<br />
So und ähnlich lauten die Sirenenklänge,<br />
auf die der Mensch so gern hereinfällt. Der Glaube<br />
an die Wissenschaft hat den Glauben an Gott<br />
verdrängt. Das heisst aber: Vertrauen auf sich selber<br />
setzen. Seiner Einsicht mehr Glauben schenken<br />
als Gott. Das Wort ruft uns zu: Wir sollen<br />
lernen…, und wir werden es lernen, dass unserem<br />
Heiland alle Gewalt gegeben ist im Himmel und<br />
auf Erden, Gewalt über Lebende und Tote.<br />
Eine Zeitschrift brachte vor Jahren einen Bericht<br />
über einen Theologieprofessor, der jahrelang die<br />
Auferstehung der Toten geleugnet hatte. Er<br />
schloss eine Vorlesung: „Es tut mir leid, dass ich<br />
Ihnen heute das letzte Fünkchen frommen Kinderglaubens<br />
raubte.“ – Als der Erzähler tags darauf<br />
wegen eines Herzleidens einen Mediziner aufsuchte,<br />
fragte ihn dieser plötzlich: „Weisst Du<br />
schon, dass die junge Gattin Deines <strong>Prof</strong>essors<br />
vergangene Nacht gestorben ist?“ – Vierzehn Tage<br />
später hielt der <strong>Prof</strong>essor wieder seine Vorlesung,<br />
nochmals über das alte Thema. Grabesstille<br />
herrschte. „Meine Herren“ begann er mit gedämpfter<br />
Stimme, „es gibt in der Tat eine Auferstehung<br />
der Toten! Der grosse und starke Gott<br />
hat es mir, dem armen Sünder an dem Sterbebette<br />
meiner geliebten Frau greifbar bezeugt. Vergeben<br />
Sie mir, wie Gott mir vergeben wolle, dass ich je<br />
das Gegenteil gesagt habe…“ Weiter kam er<br />
nicht. Mit einem Schrei des Schmerzes brach er<br />
zusammen.
2. April<br />
Der Herr wird zurechtweisen viele Völker. Da<br />
werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen<br />
und ihre Spiesse zu Sicheln machen. (Jes. 2,<br />
4)<br />
Die Liebe Gottes zu seinem Werk, die Schöpfung,<br />
ist keineswegs eine Gefühlsduselei. Sie kann auch<br />
strenge Züge annehmen. Gerade dann, wenn die<br />
Menschen, die Völker, nicht merken wollen, was<br />
jetzt dran ist, was der nächste Schritt ist, was<br />
Dankbarkeit und Gehorsam bedeuten usw. Liebe<br />
spielt sich nicht einfach im Kopf ab, sondern ist<br />
Realität mit ‚<strong>Hand</strong> und Fuss’. Liebe verschliesst<br />
die Augen nicht, sondern ist ganz besonders aufmerksam<br />
im Geschehen unter den Menschen.<br />
Gottes Liebe ist nicht neutral, aber auch nicht<br />
parteiisch – sie ist gerecht, soweit, dass er die Missetaten<br />
der Menschheit durch sich selber, durch<br />
Jesus, gesühnt hat. Aber die Völker merkten<br />
nichts, merken bis heute nichts.<br />
Gott weist auf mancherlei Weise, gerade auch<br />
durch Gefahr und Unglück, zurecht; aber wer<br />
hört darin Gottes Stimme. Es sind Einzelne, die<br />
als Schwärmer, Verrückte und Schamlose abgetan<br />
werden. Es sieht gar nicht danach aus, dass<br />
Schwerter zu Pflugscharen und Spiesse zu Sicheln<br />
gemacht würden – etwas moderner ausgedrückt,<br />
dass heutige Waffen in Mähdreschern und im<br />
Traktorenbau Verwendung finden würden. Was<br />
muss noch alles geschehen, bis man gewillt ist, aus<br />
den vielen Stimmen Gottes Stimme herauszuhören<br />
und ihr zu gehorchen?<br />
Wer jetzt schon ein Nachfolger Jesu ist, kann nur<br />
wünschen, dass Gott bald auch sein Land zurechtweisen<br />
und zur Ordnung rufen wird. Denn<br />
darin liegt der Sprengstoff <strong>von</strong> Gottes Liebe, die<br />
alle menschlichen Hindernisse überwindet, dass<br />
Friede sein wird.
3. April<br />
Er ist um unserer Sünden willen zerschlagen,<br />
auf dass wir Frieden hätten, und durch seine<br />
Wunden sind wir geheilt. (Jesaja 53, 5)<br />
Es ist erschütternd, was die katholische Dichterin<br />
Gertrud <strong>von</strong> Le Fort in ihrem Buch „Das<br />
Schweisstuch der Veronika“ erzählt: „Statt zum<br />
Sakrament floh ich zur Wissenschaft: Ich beichtete<br />
dem Arzt und empfing <strong>von</strong> ihm die einzige Absolution,<br />
welche die Welt zu spenden vermag,<br />
nämlich die Absolution des Psychiaters, vor dem<br />
es keine Sünde gibt. Und diese Absolution hat mir<br />
jenen furchtbaren Frieden verliehen, in welchem<br />
heute Tausende leben, deren Krankheit nichts anderes<br />
ist, als dass sie den Frieden Gottes verschmähen!<br />
Denn auch die ganz Fernen haben ein<br />
Entweder-Oder zu Gott, andernfalls lebten sie gar<br />
nicht.“<br />
Die Wissenschaft kennt keine Sünde. Sie kennt<br />
nur Hemmungen, Komplexe, Kontaktstörungen<br />
und Krankheit. Sie weiss alles <strong>von</strong> einem „labilen<br />
Nervensystem“, aber nichts <strong>von</strong> Frieden.<br />
Geheilt sein heisst heil sein. Doch solange die<br />
Sünde wie ein gefährlicher Bazillus unser Leben<br />
bedroht, sind wir krank und kommen nicht zur<br />
Ruhe, zum Frieden. Jesus ist unser Friede und<br />
durch seine Wunden sind wir geheilt.
4. April<br />
Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus<br />
Christus, der uns nach <strong>seiner</strong> grossen<br />
Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer<br />
lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung<br />
Jesu Christi <strong>von</strong> den Toten. (1. Petrusbrief 1,<br />
3)<br />
Zu Unrecht ist in der spanischen Freiheitsbewegung<br />
um 1800 herum ein Edelmann ins Gefängnis<br />
geworfen worden. Nun kündet ein Minister<br />
eine Inspektion dieses Gefängnisses an und<br />
kommt überraschend, als der Gouverneur den<br />
Edelmann ermorden will. Die Willkommenstrompete<br />
erschallt und der Gefängniswärter ruft<br />
freudig und überrascht aus: „Gelobt sei Gott!“<br />
Der Edelmann wird frei und alle sind gespannt,<br />
wie der Minister verfahren wird.<br />
„Gelobt sei Gott“ weil der Edelmann sein Leben<br />
neu gewonnen hat. „Gelobt sei Gott“ sagt die Bibel,<br />
dass wir unser Sündenleben hinter uns haben<br />
können und wiedergeboren sind zu einer lebendigen<br />
Hoffnung. Beide Male gibt’s ein neues Leben.<br />
In Spanien durch die Ankunft des Ministers; im<br />
biblischen Bericht geschieht es durch die Auferstehung<br />
Jesu Christi <strong>von</strong> den Toten. Das allerdings<br />
ist eine Freiheit in höchster Potenz, unüberbietbar,<br />
unerreichbar mit dem besten Willen.<br />
So sehr liebt Gott seine Schöpfung! Und wir<br />
Menschen sind die ersten ‚<strong>Prof</strong>iteure’.<br />
Gelobt sei Gott! Dank sei Dir ewiglich!
5. April<br />
Euer Anliegen sei der verborgene Mensch im<br />
Wesen des sanftmütigen und stillen Geistes!<br />
Das ist köstlich vor Gott. (1. Petrusbrief 3, 4)<br />
Nichts ist verhängnisvoller für unser inneres Leben<br />
und für unsere Wirksamkeit, als Mangel an<br />
Stille für stille Begegnungen mit Gott und Vertiefung<br />
in sein Wort. Wieviele Klagen hören wir<br />
über fruchtlosen Kampf mit der Sünde! Ach die<br />
Menschen nehmen sich keine Zeit für die Stille,<br />
die zum Ablegen des alten Menschen unentbehrlich<br />
ist. Wie soll ich <strong>von</strong> der in mir wohnenden<br />
Sünde frei werden, wenn ich mir keine Zeit nehme,<br />
im Heiligtum meinem Heiland ins Auge zu<br />
schauen? Mit solchen Fragen berühre ich einen<br />
der tiefsten Schäden unserer Tage. Die Menschen<br />
haben heutzutage für alles mögliche Zeit, für<br />
Rennen, Laufen und Reden; nur nicht für die Stille.<br />
Oh, mehr Stille, mehr Stille. Mehr Heiligtum<br />
und mehr Gotteskraft! (E.Schrenk)<br />
Christenmenschen machen kein Aufhebens <strong>von</strong><br />
sich. Sie kommen aus der Stille an die Arbeit für<br />
Christus und gehen still ihres Wegs in der Nachfolge<br />
um schliesslich wieder in die Stille abzutauchen.<br />
Das ist köstlich vor Gott. Allein in dieser<br />
Lebensweise ist die stetige Verbindung zu Gott<br />
möglich ohne die Konzentration für unsere Berufsarbeit<br />
oder Lebensaufgabe zu verlieren. Das<br />
ist ähnlich auch gemeint mit dem immerwährenden<br />
Gebet. Dieses Gebet braucht keine gefalteten<br />
Hände. Vielmehr ist es eine innere Haltung und<br />
<strong>Aus</strong>richtung, welche unser Gebet ausmachen. Das<br />
ist köstlich vor Gott!
6. April<br />
Die Strafe liegt auf ihm zu unserem Heil, und<br />
an seinen Wunden sind wir genesen.<br />
(Jesaja 53, 5)<br />
Es hat letzthin einer, der aus jahrelanger persönlicher<br />
Kenntnis alle fünf Erdteile einigermassen<br />
kennt, den überraschenden <strong>Aus</strong>spruch getan,<br />
neun Zehntel der Menschheit hätten das Kreuz<br />
nicht angenommen, neun Zehntel der Menschheit<br />
seien heute Heiden. (Walter Lüthi) Hat der Mann<br />
übertrieben? Die Altäre, auf denen das 20. und 21.<br />
Jahrhundert opfert, sind ungezählt, und es sind<br />
nicht Lämmer und Stiere, es sind wiederum Menschen,<br />
die da geopfert werden. Was doch schon<br />
bei uns in Friedenszeiten nicht alles „Opfer forderte“.<br />
Da warens die Berge, bald warens die<br />
Seen, bald warens die Strassen, bald die Schienen.<br />
Wie menschenopferhungrig sind sie doch, diese<br />
Götter der letzten Jahrhunderte! Und dann die<br />
Kriege. Wer ist der Krieg? Der Krieg bin ich, der<br />
Krieg bist du, der Krieg ist das Offenbarwerden<br />
des heidnischen Menschen, der selber Opfer<br />
bringt, weil er das einmalige, vollgenügsame Opfer<br />
des Karfreitags verschmäht und nicht an den<br />
glaubt, der gerufen hat: „Es ist vollbracht!“ – Wer<br />
jetzt noch meint, weiteropfern zu müssen, der<br />
traut dem Opfer Christi nicht und lehnt es ab.<br />
Der Heide opfert, aber nicht der Christ. Das Heidentum<br />
sieht den opferbringenden Menschen im<br />
Mittelpunkt, die Christen den opferbringenden<br />
Gott. Das Heidentum kennt opferhungrige Götter.<br />
Gott aber bringt das Opfer selbst. Heidnisches<br />
Denken sagt: „Ich will’s vollbringen!“ Gott<br />
aber sagt: „Es ist vollbracht!“ Die Strafe liegt auf<br />
ihm, und an seinen Wunden sind wir genesen.
7. April<br />
Er erniedrigte sich selbst und wurde gehorsam<br />
bis zum Tode, ja, bis zum Tode am<br />
Kreuz.<br />
(Phil. 2, 8)<br />
Soldaten unter sich. Sie kommen auf Jesus Christus<br />
zu sprechen. „Was liegt denn eigentlich so Besonderes<br />
am Opfertod Jesu auf Golgatha? Seht<br />
euch die Helden an, die auf dem Feld der Ehre<br />
gestorben sind, unter schwersten Bedingungen.<br />
Wieviel Hingabe, wieviel Opferbereitschaft, wieviel<br />
stellvertretendes Leiden. Sind sie etwa nicht<br />
gehorsam gewesen bis zum Tode? Haben es viele<br />
nicht freiwillig getan? Wo liegt da der Unterschied?“<br />
Die Frage ist berechtigt. Allerdings sieht sie nur<br />
das Äusserliche. Der Tod am Kreuz ist mehr als<br />
blosse Hingabe des körperlichen Lebens, ist mehr<br />
als Unterwerfung des Willens zum Leben und der<br />
Furcht vor Leiden unter dem Willen Gottes. Es<br />
kommt auf den Geist an, in welchem Jesus gestorben<br />
ist. Sein ganzes Leben war Opfertod.<br />
Hinter jedem <strong>seiner</strong> Worte steht das Kreuz, vollkommener<br />
Sieg über die menschliche Natur. Er<br />
ist der Weltüberwinder, Herr über jede Regung.<br />
Das Kreuz ist nur die letzte Vollendung, der<br />
Punkt auf dem i. Jesu Tod ist das Gegenteil <strong>von</strong><br />
Heldenbewusstsein, Menschenverachtung, Hass,<br />
Rechthaberei, Selbstgerechtigkeit und Märtyrerstolz.<br />
Das Herz des Gekreuzigten strömt über vor<br />
Liebe. Er schliesst Frieden mit den Menschen.<br />
Jene sterben im Hass. Merken wir den Unterschied?<br />
Was der Mensch an Sünde und Schuld<br />
überhaupt tun kann, damit ist Jesus fertig geworden.<br />
Für uns. Er hat dafür gesühnt. Darum ist Jesus<br />
nicht unser Held, sondern unser Heiland.
8. April<br />
Er hat euch berufen durch unser Evangelium<br />
zum herrlichen Eigentum unseres Herrn Jesu<br />
Christi. (2. Thessalonicher 2, 14)<br />
Es war am Gründonnerstag des Jahres 1724, als<br />
Gerhard Tersteegen die Schriftfeder zur <strong>Hand</strong><br />
nahm, sie jedoch nicht ins Tintenfass tauchte,<br />
sondern mit ihr <strong>von</strong> seinem eigenen Blut aufnahm<br />
und im feierlichen Ernst auf ein Papier die Worte<br />
schrieb: „Ich verschreibe mich dir, meinem Heiland<br />
Christus Jesus, zu deinem völligen und ewigen<br />
Eigentum. Ich entsage <strong>von</strong> Herzen allem<br />
Recht und Macht, die mir der Satan über mich<br />
selbst mit Unrecht möchte gegeben haben, <strong>von</strong><br />
diesem Abend an, da du die Pforten der Hölle<br />
zersprengt und das liebevolle Herz deines Vaters<br />
mir eröffnet hast. Von nun an bis in Ewigkeit soll<br />
nicht mein, sondern dein Wille geschehen! Befehle,<br />
herrsche und regiere in mir!“<br />
Wir nüchternen Menschen der heutigen Zeit<br />
bringen in der Regel wenig Verständnis für diese<br />
überschwängliche Gebärde auf. Eins bleibt auf<br />
alle Fälle: Tersteegen wollte keine hohlen Worte<br />
und leeren Versprechen, er wollte es handfest<br />
bezeugen, dass er ab diesem Augenblick seinem<br />
Herrn mit Leib und Seele, mit Haut und Haar gehöre.<br />
Eigentum sein heisst: Nicht mehr mit sich<br />
machen können, was man will; nicht mehr auf eigene<br />
Faust leben. Niemand kann sich teilen und<br />
zwei Herren dienen.<br />
Auch Sie sind gerufen, s e i n Eigentum zu sein.
9. April<br />
Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet<br />
werdet. (Matthäus 7, 1)<br />
Von dem bekannten Pfarrer Oberlin wird erzählt,<br />
er habe über seinem Schreibtisch ein Bild hängen<br />
gehabt, das <strong>von</strong> rechts gesehen bläulich und <strong>von</strong><br />
links rötlich schimmerte. Kam nun ein Brautpaar<br />
zu ihm, um die Trauung zu bestellen, dann liess er<br />
den Bräutigam das Bild <strong>von</strong> rechts betrachten und<br />
die Braut <strong>von</strong> links. Nachdem sie gesagt hatten,<br />
welche Farbtönung das Bild habe, liess Oberlin<br />
die Beiden den Platz wechseln und fragte wiederum<br />
nach der Farbtönung. Diesmal wars natürlich<br />
umgekehrt. Das benutzte Oberlin unter anderem<br />
für seine Belehrung. An diesem Beispiel machte er<br />
klar, dass sie in Meinungsverschiedenheiten und<br />
Streit in Gedanken die Plätze wechseln sollen, die<br />
andere Seite wählen und so beurteilen, was Sache<br />
ist.<br />
Jedes Ding hat mindestens zwei Seiten. In der Regel<br />
sehen wir nur eine und unser Urteil ist gemacht.<br />
Diese Einseitigkeit verhärtet die Herzen.<br />
Sich in die Lage des andern zu versetzen, erfordert<br />
Selbstverleugnung und Nächstenliebe. Wir<br />
müssen herunter vom Sockel der Selbstgerechtigkeit.<br />
Denn Richten ist selbstherrlich. Ein Wort<br />
<strong>von</strong> <strong>Dr</strong>. B. Schlink heisst: „Sprich nicht, wo du’s<br />
nicht vom Amts wegen tun musst, ein richtendes<br />
Wort oder abfälliges Urteil über jemanden aus –<br />
es kann dir das Verdammungsurteil Gottes einbringen.<br />
Dagegen richte dich – und du wirst einst<br />
frei beim Gericht ausgehen.“
10. April<br />
Die Stunde ist da, aufzustehen vom Schlaf,<br />
denn unser Heil ist jetzt näher als zu der Zeit,<br />
da wir gläubig wurden. (Römerbrief 13, 11)<br />
Die frühen Christen interpretierten Jesu Worte so,<br />
als würde seine Wiederkunft nahe vor der Türe<br />
stehen. Dabei haben sie übersehen, dass sie zunächst<br />
in alle Welt geschickt worden sind um alle<br />
Menschen für das Reich Gottes zu gewinnen. Das<br />
braucht Zeit, viel Zeit, wie wir unterdessen wissen.<br />
Denn es gibt schmerzliche Zwischenräume,<br />
wo die Verkündigung zu schlafen scheint und<br />
damit auch die Christen. Es gibt bereits Zeiten<br />
des Abfalls, weil das Warten vielen nicht gefällt<br />
und zu lange dauert. Dann kommt das mediale<br />
Zeitalter mit den enormen Möglichkeiten, die aufs<br />
Ganze gesehen, nur zu einem kleinen Teil genutzt<br />
werden. Alles stockt. Und doch ist zu jeder Zeit,<br />
Zeit zum Aufstehen vom Schlaf weil das Heil näher<br />
ist, als früher. Für uns und für die andern wird<br />
es höchste Zeit. Die Jahre fliegen dahin. In Gottes<br />
Zeitrechnung sind 2000 Jahre eine kurze Zeit – so<br />
sollen wir es auch sehen. Die Zeichen <strong>von</strong> denen<br />
Jesus sprach, die <strong>seiner</strong> Wiederkunft vorangehen,<br />
erfüllen sich nach und nach, nur die frohe Botschaft<br />
hat die Welt noch nicht völlig erreicht. Dafür<br />
sind viele Faktoren verantwortlich. Heute sollten<br />
wir aber dazu in der Lage sein, den letzten<br />
Menschen mit dem Evangelium zu erreichen.<br />
Aber der Schlaf ist so angenehm, das Geld bleibt<br />
so gerne im Portemonnaie und am liebsten auf<br />
dem Konto, die Unsicherheit für Missionare ist<br />
heute am grössten usw. So bleibt das Evangelium<br />
bei uns und ist unsere Labsal, bringt aber keine<br />
Frucht! Doch so ganz wohl kann es uns doch<br />
nicht sein, wenn der Apostel ermahnt an Jesu<br />
Statt. Möge die Unruhe zunehmen, bis wir das<br />
Wort verwirklichen und unsern Auftrag neu in
Angriff nehmen und für uns selber das Heil nicht<br />
verlieren. Sind sie dabei in diesem weltumspannenden<br />
Projekt, das Gott selber ins Leben gerufen<br />
hat? Lesen sie doch wieder einmal den Titel<br />
dieses Buches!
11. April<br />
Der Gerechten Pfad glänzt wie das Licht am<br />
Morgen, das immer heller leuchtet bis zum<br />
vollen Tag.<br />
Ihr scheint als Lichter in der Welt, dadurch<br />
dass ihr feshaltet am Wort des Lebens.<br />
(Sprüche 4, 18+Philipper 2, 15-16)<br />
Gemeint ist der Lebensweg eines <strong>von</strong> Gott in<br />
Ordnung gebrachten Menschen, der da in der<br />
Welt zu sehen ist, schon als Morgenlicht und<br />
dann als hellstes, freundliches Tageslicht. Wer hat<br />
schon einmal solches erlebt? Wir sehnen uns so<br />
nach Licht, gerade wenn wir früh aufstehen mussten,<br />
aber für uns ist das eine physikalische Sache.<br />
Doch viel erhellender ist ein Morgen, wenn uns<br />
ein Christ mit einem leuchtenden Lebensweg begegnet.<br />
Das ist ein Glück, das den ganzen Tag<br />
bestimmen kann. Wir gehen mit einem ganz neuen<br />
Gefühl in den Tag hinein und fragen uns, was<br />
haben andere, was uns fehlt. Die Bibel gibt uns<br />
eindeutigen Bescheid: Christus hat seine Nachfolger<br />
als Lichter in der Welt ausgerüstet. Das wurde<br />
möglich, weil die Christen bereit waren, am Wort<br />
des Lebens festzuhalten. Ich will das erklären.<br />
Das Wort des Lebens ist nichts anderes als Jesus<br />
Christus und seine Botschaft selbst. Wer dasteht<br />
und staunt, entscheidet sich am besten für einen<br />
Versuch, nämlich derart, dass sie beginnen Jesus<br />
zu vertrauen in allen Situationen des Tages und<br />
sie werden erleben, dass Jesus sie nicht enttäuscht<br />
und zu ihnen steht: Sie werden zu Licht, dass andere<br />
in ihrem Umkreis sich wohl fühlen und<br />
dankbar sind für die Erfahrungen des Tages. Daraufhin<br />
werden Sie den Versuch abbrechen und<br />
<strong>von</strong> Grund auf sich Jesus anvertrauen und seinen<br />
Weg annehmen. So bleiben sie Licht weil sie das<br />
Wort des Lebens lieben lernen und darin wachsen.<br />
Wie freundlich, höflich und hilfreich müsste
doch unsere Welt aussehen, wenn alle Menschen,<br />
die sich Christen nennen, solche Weltlichter sein<br />
würden, weil das Wort Gottes sie antreibt! Nebenbei<br />
bemerkt: Das würde wohl zur Folge haben,<br />
dass wir wieder mehr die Bibel lesen als die<br />
Zeitung.
12. April<br />
Und er gab seinen Jüngern Macht über die<br />
unreinen Geister, sie auszutreiben und jeder<br />
Krankheit und jedes Gebrechen zu heilen.<br />
(Matthäus 10, 1)<br />
Eine Tochter wird mit einem Geschwür am Fuss<br />
ins Missionsspital gebracht. Nach Entfernung der<br />
schmutzigen Lappen klafft eine riesige Wunde<br />
mitten im Bein, die den Knochen blossgelegt hat.<br />
Darunter ist der Fuss schwarz, abgestorben. Wegen<br />
einer kleinen Fussverletzung hatte ein indischer<br />
Kurpfuscher einen Zauber um das Bein gebunden<br />
und dabei den Fuss so abgeschnürt, dass<br />
die Blutzirkulation unterbunden wurde. Angstvoll<br />
sehen die Mutter und Schwester zu, wie der tote<br />
Fuss abgetrennt wird; denn der Ehemann wird die<br />
junge Frau verstossen, weil sie nicht mehr arbeiten<br />
kann. Nun geschieht etwas Grosses an ihr in<br />
den folgenden Tagen. Sie erfährt im Spital die<br />
Liebe Christi, die stärker ist als alle Dämonenfurcht.<br />
Sie ist glücklich, trotzdem ihr Mann sie<br />
verlassen hat und sie an Krücken gehen lernen<br />
muss, denn ein neues Leben hat für sie begonnen.<br />
Sie, ihre Mutter, ihre Schwester und ihre Brüder<br />
stehen im Taufunterricht. Eine ganze Familie hat<br />
die köstliche Perle gefunden.<br />
Da möchte man sagen: Der Auftrag geht weiter.<br />
Was Jesus den Jüngern anbefohlen hat, hat nie<br />
aufgehört zu sein bis heute. Nur ist heute auch<br />
immer noch die Frage des Vertrauens: Erwarten<br />
wir alles nur <strong>von</strong> den Ärzten und der Chemie und<br />
erst in zweiter Linie etwas <strong>von</strong> Gott? Oder setzen<br />
wir unsere Hoffnung auf Gott den Herrn, der<br />
Wunder tut und Dämonen vertreibt? (Medizin ist<br />
nicht einfach ausgeschlossen.) Das Ganze ist eine<br />
Frage der Priorität. Ich will aber gerne bezeugen,<br />
dass ich oft, mit andern Christen zusammen, erlebt<br />
habe, wie Gott Menschen <strong>von</strong> Dämonen be-
freit und ein neues Leben geschenkt hat und auch<br />
wie Krankheiten durch Gottes Wunderwirken<br />
weichen mussten. Gott ist derselbe, gestern, heute<br />
und in alle Ewigkeit. Dank sei Gott!
13. April<br />
Wenn ihr bleiben werdet an meinem Wort, so<br />
seid ihr wahrhaftig meine Jünger und werdet<br />
die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit<br />
wird euch frei machen. (Johannes 8, 31-32)<br />
Dem Jünger Johannes ist ‚das Bleiben’ ein besonderes<br />
Anliegen. Sein ganzes Evangelium ist<br />
durchzogen <strong>von</strong> diesem Wort: Bleiben in Christus,<br />
bleiben am Evangelium, bleiben in der Jüngerschaft,<br />
bleiben in der Gemeinschaft, bleiben<br />
im Glauben, und nun eben bleiben an seinem<br />
Wort und bleiben in der Wahrheit. Jesus selbst<br />
sagte: „Ich bin der Weg, die W a h r h e i t und<br />
das Leben“ und bezeugte damit nicht einfach das<br />
Gegenteil <strong>von</strong> Wahrheit, die Lüge, sondern strich<br />
die Einzigartigkeit der Wahrheit heraus. Das zeigt<br />
das Beispiel ‚Die Macht der Wahrheit’. „In diesem<br />
Hause habe ich erfahren, dass Wahrheit Macht<br />
ist“, schrieb Admiral Scheer ins Gästebuch des<br />
Erfinders Baurat Schmidt. – Schmidt forschte<br />
nach Wahrheit bei den gottgesandten Meistern<br />
der Wahrheit aller Zeiten, vor allem aber in der<br />
Bibel. Jeden Tag begann und beschloss er, ohne<br />
es einmal zu vergessen, mit dem Studium der Bibel.<br />
Hier fand er die Wahrheitszeugen, die er<br />
suchte. Wenn er <strong>von</strong> ihnen sprach, tat er es als<br />
<strong>von</strong> Menschen der Gegenwart und nicht der Vergangenheit.<br />
Die erkannte Wahrheit setzte er im<br />
Leben um. „Wenn die Wahrheit auf mich zukommt,<br />
so beuge ich mich bedingungslos“ sagte<br />
er öfters, und so hielt er es auch. Erkannte Fehler<br />
in seinem Geschäft, die, mochten sie im Urteil der<br />
Mitarbeiter durchaus nicht als Fehler gelten, dennoch<br />
vor dem Urteil der göttlichen Wahrheit<br />
nicht bestanden, so drang er sofort auf Abstellung.<br />
Versehen und Kränkungen Menschen gegenüber<br />
gestand er, sobald er sie eingesehen hatte,<br />
unweigerlich zunächst sich selbst und dann auch
dem Betroffenen. Oft pflegte er zu sagen: „Alle<br />
unsere Fehler sind nicht so schlimm wie die Mittel,<br />
die wir anwenden, sie zu verbergen.“ In sein<br />
Tagebuch schrieb er: „Lieber mit der Wahrheit<br />
fallen, denn mit der Lüge siegen. Denn wenn wir<br />
mit der Wahrheit fallen, fallen wir in die Arme<br />
Gottes.“
14. April<br />
Kein anderer Gott ist wie du, Herr; und nichts<br />
gleicht deinen <strong>Werke</strong>n.<br />
Du hast alle Völker geschaffen. Sie werden<br />
kommen und dich anbeten und werden deinen<br />
Namen ehren, o Herr! (Psalm 86, 8-9)<br />
Wer ist wie Gott! Keiner dir gleicht, ja keiner ist<br />
dir gleich.<br />
Dich, Herr, wir beten an, du ewger und du starker<br />
Gott, der du die Enden der Erde, die Himmel erschaffen<br />
hast, allmächtig, allgewaltig bist du.<br />
Dich, Herr, wir beten an, des <strong>Werke</strong> gross, gewaltig<br />
sind, unerforschlich sind deine Gedanken, du<br />
Herr, der unser König, regierst mit Weisheit aller<br />
Geschick.<br />
Anbetung dir, Herrscher der Welt, voll Majestät,<br />
dein Name herrlich ist auf Erd.<br />
Wer ist wie Gott! (M.B.)<br />
Dieses Lied besingt die Schöpfermacht Gottes.<br />
Alles ist aus <strong>seiner</strong> <strong>Hand</strong> hervorgegangen – auch<br />
die Völker, die herzukommen und ihre Knie beugen<br />
und den Namen Jesu Christi bekennen werden.<br />
Alle gewordenen <strong>Werke</strong> haben ihren Namen<br />
und sind gross, aber einer hat den Namen über<br />
allen Namen, Jesus Christus, dem alle Anbetung<br />
und Ehre und Lobpreis gebührt in Ewigkeit.<br />
Es gibt nichts, womit die Schöpfung vergleichbar<br />
wäre. Nur die Schandtat, wie mit der Schöpfung<br />
umgegangen wird ist vergleichbar mit andern derartigen<br />
Vorkommnissen. Die Schöpfung und die<br />
daraus namentlich erwähnten Teile, die <strong>Werke</strong><br />
und die Völker, stehen in der Verantwortung vor<br />
Gott. Weil Gott die Schöpfung liebt, schaut er zu<br />
ihr und nach ihr aus. So ist alles auf ihn, den
Schöpfer ausgerichtet, genauso wie auf das Wort,<br />
durch das alles geworden ist, Jesus Christus. Wohl<br />
uns, wenn wir froh und mit gutem Gewissen beten<br />
können:<br />
Wer ist wie Gott! Keiner dir gleicht. Dich, Herr,<br />
wir beten an, der du nur ein Wort sprichst, und<br />
siehe – es steht da.
15. April<br />
Jesus sah Levi, den Sohn des Alphäus, am<br />
Zoll sitzen und sagte zu ihm: Folge mir nach!<br />
Und er stand auf und folgte ihm nach.<br />
(Markus 2, 14)<br />
Der Zufall hat eine grosse Anhängerschar, ebenso<br />
wie ‚Glück gehabt’. Oft ist es Denkfaulheit oder<br />
einfach Feigheit, die Sache beim Namen zu nennen.<br />
Auch die grosse Anzahl der Christen macht<br />
da keine <strong>Aus</strong>nahme. Man könnte nun leicht, das<br />
was Levi widerfahren ist, Zufall nennen, weil Jesus<br />
gerade zufällig an seinem Zollhäuschen vorbeiging<br />
und Levi zufällig eben <strong>von</strong> der Kaffeepause<br />
zurückgekehrt ist. Nein und nochmals nein.<br />
Mit dieser Deutung sind sie nicht einverstanden.<br />
So dick darf man doch nicht auftragen. Da versteht<br />
jedermann, dass <strong>von</strong> einer Fügung oder<br />
Führung gesprochen werden muss. Denn Jesus<br />
folgt dem Plan seines Vaters im Himmel und geht<br />
bewusst zum Zoll. Der Ruf Jesu nach Levi hat<br />
erstaunliche Konsequenzen. Da geht einer also<br />
schnurstraks darauf ein, einem Fremden nachzufolgen.<br />
Und nicht nur das. Er zählt das Geld nicht<br />
mehr zusammen, vergisst die Buchhaltung, lässt<br />
alles liegen wie es ist, baut keine Sicherungen ein<br />
und verlässt sein Häuschen auf der Stelle. Möge<br />
ein Anderer da weiterfahren. Er verzichtet auch<br />
auf den Lohn. Jetzt ist sein Platz an Jesu Seite.<br />
Das ist ja eine ganze Menge <strong>von</strong> Ueberlegungen<br />
bei Levi, wie er diese Fügung, dass der fremde Jesus<br />
ihn, gerade ihn zu sich holt, rasch in die Tat<br />
umsetzen kann. Das Resultat heisst: Lass fahren<br />
dahin, es ist sowieso kein Gewinn. Was hat Levi<br />
dermassen erleuchtet, dass er das gewagt hat und<br />
wahrhaftig zu ‚neuen Ufern’ aufgebrochen ist?<br />
Darüber ist kein Wort geredet worden, überhaupt<br />
liegt eine besondere Weihestille über dieser Berufung.<br />
Doch wir wissen, dass dies das Werk des
Heiligen Geistes war, welcher seinen Auftrag zielsicher<br />
landen konnte. Jesus war der Begünstigste<br />
in diesem Auftrag, er hat einen Jünger gewonnen<br />
und Levi einen Meister, <strong>von</strong> dem er ohne Ende<br />
lernen und sich eins übers andermal verwundern<br />
wird. Fügungen Gottes bringen Gewinn.
16. April<br />
Niemand lebt da<strong>von</strong>, dass er Ueberfluss und<br />
Einfluss hat. (Lukas 12, 15)<br />
Ein Schriftsteller unserer Tage hat die Geschichte<br />
vom reichen Kornbauern in eine moderne Fassung<br />
gebracht mit der Überschrift: „Termine.“<br />
Ein Mensch hatte einen grossen Terminkalender<br />
und sagte zu sich selbst: „Alle Termine sind eingeschrieben,<br />
aber noch sind die Tagung X und die<br />
Tagung Y sowie die Sitzungen der Unterausschüsse<br />
nicht eingeplant. Wo soll ich sie alle unterbringen?“<br />
Und er kaufte sich einen grösseren Terminkalender<br />
mit Einteilungsmöglichkeiten der Nachtstunden.<br />
Er disponierte noch einmal und trug alles<br />
sorgfältig ein und sagte zu sich selbst: „Nun sei<br />
ruhig, liebe Seele, du hast alles gut eingeplant, versäume<br />
nur nichts!“ Aber je weniger er versäumte,<br />
umso mehr stieg er im Ansehen und wurde in den<br />
<strong>Aus</strong>schuss Q und in den Vorstand K gewählt,<br />
wurde Vicepräsident und Präsident, Ehrenmitglied,<br />
und eines Tages war es dann soweit und<br />
Gott sagte: „Du Narr, heute Nacht stehst du auf<br />
meinem Terminkalender!“<br />
Fliehen wir in die Betriebsamkeit, in die Geschäftigkeit,<br />
in die Zerstreuung und Abwechslung, um<br />
der Leere unseres Lebens auszuweichen? Sind wir<br />
bereit, unsere Unentbehrlichkeit, für unseren heroischen<br />
Einsatz und für unsere Dienstbereitschaft<br />
offen zu legen? Gehören wir vielleicht auch<br />
zu denen, die ihren unermüdlichen, rastlosen Einsatz<br />
damit rechtfertigen, dass Jesus uns braucht?
17. April<br />
Machet nicht das Haus meines Vaters zum<br />
Kaufhause. Da sagten einige zu ihm: Was für<br />
ein Zeichen oder Wunder weisest du uns dafür<br />
auf, dass du solches tun darfst?<br />
(Johannes 2, 16+18)<br />
Wunder sind nicht im Gegensatz zu den Naturgesetzen.<br />
Es gibt höhere Naturgesetze, die wir gewöhnlich<br />
nicht kennen. Die Wunder sind im Einklang<br />
mit diesen höheren Naturgesetzen. Durchs<br />
Gebet gelangen wir stufenweise zur Erkenntnis<br />
dieser höheren Gesetze. Das höchste Wunder ist<br />
das Erfülltwerden unserer Seele mit Frieden und<br />
Freude. Wir mögen denken, dass solcher Friede in<br />
einer Welt <strong>von</strong> Sünde und Leiden unmöglich ist.<br />
Aber das Unmögliche wird möglich.<br />
Noch einmal: Im Lichte der Naturwissenschaft<br />
scheinen Wunder absurd, aber im Lichte Jesu<br />
werden sie das Allernatürlichste. Christus ist das<br />
zentrale Wunder. Wo er ein Wunder ist, würde es<br />
ein Wunder sein, wenn er nicht Wunder vollbracht<br />
hätte. Nicht die Wunder tragen Jesus – er<br />
trägt sie.<br />
Martin Luther schrieb: Gottes Wunder geschehen<br />
nicht darum, dass wir sie ermessen und fangen,<br />
sondern dadurch glauben und getrost werden sollen.<br />
– Göttliche Wunder sind Zeugnisse und Stützen<br />
des Wortes Gottes wie Siegel und Unterschrift<br />
bei den Briefen. – Die Zeichen sollen dem<br />
Wort dienen und folgen, nicht das Wort führen.
18. April<br />
Philippus taufte den Hofbeamten aus Äthiopien.<br />
Als sie aus dem Wasser stiegen, blieb<br />
Philippus zurück aber der Hofbeamte zog<br />
fröhlich seine Strasse. (Apostelg. 8, 38f)<br />
Menschen, die eine klare Entscheidung für Jesus<br />
treffen, haben das Verlangen, dies mit einem Zeichen<br />
zu bestätigen. Das kann die Taufe sein. Es<br />
kann aber auch ein Bekenntnis sein vor einer<br />
Schar <strong>von</strong> Mitmenschen. Die Qualität dieses Zeichens<br />
darf aber nicht sentimental, deprimierend<br />
oder gequält sein, sondern hat einen freien Atem,<br />
Fröhlichkeit und Heiterkeit, ist anspornend und<br />
einladend, lässt gewisse Schritte tun. ‚Er zog<br />
fröhlich seine Strasse’.<br />
Bevor also der Missionsbefehl Jesu an die Jünger,<br />
hinzugehen in alle Welt, kommt die Welt zunächst<br />
zu den Jüngern nach Jerusalem. Da machen sie<br />
die ersten Erfahrungen, wie das Evangelium vom<br />
gekreuzigten und auferstandenen Herrn fremden<br />
Menschen zu verkündigen sei. Sie begegnen auch<br />
der Herausforderung, prophetische <strong>Aus</strong>sagen im<br />
Alten Testament auf Jesus zu deuten, was mindestens<br />
Philippus gut gelang. Der Hofbeamte verlangt<br />
die Taufe.<br />
So wird wunderbar deutlich, wie Gott seine Herrschaft<br />
sichtbar macht und sein Reich Konturen<br />
annehmen lässt.
19. April<br />
Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe<br />
euch erwählt und bestimmt, dass ihr hingeht<br />
und Frucht bringt. (Johannes 15, 16)<br />
Geläufiger als Frucht sind uns Erfolg und Gewinn.<br />
Das haben wir Christenleute der Wirtschaft<br />
und Bankenwelt abgeguckt. Es gibt auch ein<br />
Evangelium des Erfolges, der Gesundheit ohne<br />
Diskussion, des unbedingten Wachstums der<br />
Gemeinde usw. Das Fernsehen bringt uns eine<br />
Verkündigung nah, die sich an die Weltanschauung<br />
des positiven Denkens anlehnt. Das alles ist<br />
nicht auf der Wunschliste <strong>von</strong> Jesus. Er lehnt das<br />
ab und wir am besten auch und zwar sofort. Er<br />
sucht bei uns Christen die Frucht. Als Beispiel<br />
dient ihm die Natur. Es gefällt ihm nicht, dass<br />
z.B. der Feigenbaum nur zu gewissen Zeiten<br />
Früchte trägt und sonst nur ein Blätterkleid. Bei<br />
uns sucht der Herr jederzeit Frucht, weil wir dazu<br />
in der Lage sind, ohne Unterbruch fruchtbringend<br />
zu leben. Er sucht sie nicht nur bei uns, sondern<br />
er hat auch die Initialzündung dazu gegeben, indem<br />
er uns erwählt und bestimmt hat, hinzugehen<br />
und Frucht zu bringen. Er ist für die Zündung<br />
verantwortlich und wir, dass wir sie wirken lassen.<br />
Alles andere ergibt sich wie <strong>von</strong> selbst. Denn Jesus<br />
lässt uns nicht hängen, wenn wir auch in widrigen<br />
Umständen seine Zeugen sind; wenn die<br />
Klagepsalmen zu unseren Worten werden, wir<br />
aber erst recht die Laufbahn des Meisters nicht<br />
verlassen. Dann bringt unser Wirken in den<br />
Schuhen des Meisters Frucht. Die Welt wird weiter<br />
<strong>von</strong> Erfolg der Christen, der Kirche lavern,<br />
aber Erfolg ist meine Sache, gehört mir. Frucht<br />
liefere ich ab, meinem Auftraggeber. Deswegen<br />
gibt es kein Evangelium der Frucht. Es ist reine<br />
Gnade, reine Gunst Gottes, dass wir zur Schöpfung<br />
gehören und reine Gunst Christi, dass wir
keine Anstregung machen müssen, zu ihm zu gehören,<br />
sondern dass er uns an seine Seite geholt<br />
hat. Darum ist es kein Krampf, statt Erfolg zu<br />
haben Frucht zu bringen, aus lauter Dankbarkeit<br />
und Freude.
20. April<br />
…die Liebe ist die grösste unter ihnen.<br />
(1.Korinther 13, 13)<br />
Im Koreakrieg hatte ein nordkoreanischer Trupp<br />
ein südkoreanisches Dorf erstürmt. Der den Angriff<br />
leitende Leutnant dringt in das Gehöft der<br />
christlichen Kirche ein und sieht zwei junge Burschen,<br />
die augenscheinlich zur Christengemeinde<br />
gehören. Kurzenhand schiesst er sie über den<br />
Haufen. Gleich darauf erfolgt der Gegenstoss der<br />
Amerikaner. Ein Augenzeuge der Erschiessung<br />
der beiden Jungen meldet das dem amerikanischen<br />
Hauptmann, der sofort den Befehl zur<br />
standrechtlichen Erschiessung des Leutnants gibt.<br />
Da eilt der Vater der beiden Jungen, der Pfarrer<br />
der Gemeinde, herbei und ruft: „Nicht erschiessen!<br />
Er hat mir beide Söhne genommen. Ich will<br />
ihn an Sohnes Statt annehmen!“ Tief ergriffen<br />
ruft der amerikanische Hauptmann aus: „Wenn<br />
das Christentum ist, will ich Christ werden!“<br />
Bilden wir uns nur nicht ein, dass wir zu solcher<br />
<strong>Hand</strong>lungsweise ohne weiteres fähig seien. Es<br />
hilft nicht, wenn man sich am Riemen reisst, seinem<br />
Herzen einen Stoss gibt, und wie die schönen<br />
Sprüche alle heissen. Erst wenn unserer Ego-<br />
Liebe die Liebe Gottes, die Liebe Jesu aufgepfropft<br />
wird, sind wir veredelt und erneuert. Und<br />
die Frucht dieses erneuerten Geistes ist: Liebe,<br />
Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit<br />
usw. Aber die Liebe ist die grösste unter ihnen.
21. April<br />
Und er, Petrus, ging hinaus und weinte bitterlich.<br />
(Matthäus 26, 75)<br />
Weine, solange Zeit zum Weinen ist! Die Überlebenden<br />
<strong>von</strong> Hiroshima konnten es nicht mehr.<br />
Da zuckten nur noch die trockenen Augen, die<br />
Funktionen versagten, es kam nichts mehr.<br />
Tränen sind keine Schande. Auch bei Männern<br />
nicht. Sokrates weinte über seinen Freund, Jesaja<br />
über sein Volk, Alexander der Grosse über ein<br />
Unrecht, das er getan hatte, David über seinen<br />
Ehebruch, Hiob über sein Unglück, Petrus über<br />
seine Verleugnung, Jesus über die Stadt Jerusalem.<br />
Petrus weinte, weil er versagt hatte. Er hatte Jesus<br />
Treue geschworen, grosse Sprüche gemacht und<br />
jämmerlich versagt. Aber er weinte herzergreifend.<br />
– Menschen, die nicht weinen können, sind<br />
zu bedauern. Sie verachten die Reue, fühlen sich<br />
stark und trotzen sich durchs Leben. Wohl dem,<br />
der über seine Sünde und Schuld weinen kann –<br />
Tränen der Reue, der Busse und der Rettung. Wer<br />
aber trotzig seine Zähne zusammenbeisst, die Augen<br />
erhebt, keine Rührung und keine Erschütterung<br />
zeigt, für den kommt die Rettung zu spät.<br />
Auch für Tränen des Leides und der Schmerzen<br />
hat Gott der Herr eine Antwort bereit. Auf den<br />
dunklen Abend folgt ein heller Morgen neuer<br />
Hoffnung, immer wieder neu. Es kann sein, dass<br />
wir unsern Heiland nicht verstehen ob all der<br />
Schmerzen, aber vertrauen können wir ihm.
22. April<br />
Irret euch nicht, liebe Brüder: lauter gute Gabe<br />
und lauter vollkommenes Geschenk<br />
kommt <strong>von</strong> oben herab, vom Vater der Himmelslichter.<br />
(Jakobusbrief 1, 16-17)<br />
Eine Nachtsitzung im amerikanischen Kongress.<br />
Man hatte schon viel verhandelt. Nur <strong>von</strong> einer<br />
wichtigen Erfindung, die auch auf der Traktandenliste<br />
stand, war noch nicht die Rede und man<br />
wollte die Sitzung beenden. In der Ecke der Galerie<br />
sass der Erfinder. Auf seinem klugen Gesicht<br />
wurde die Sorge zur Hoffnungslosigkeit. So stand<br />
er auf und verliess das Haus. Er hatte alles, was er<br />
besass, in die Erfindung gesteckt. Daheim kniete<br />
er nieder und legte seine Sache in Gottes Hände.<br />
Mehr konnte er nicht tun. Am andern Morgen<br />
erfuhr er, dass der Kongress noch am Schluss der<br />
Sitzung 30 000 Dollar zu einem Versuch mit <strong>seiner</strong><br />
Maschine bewilligt hatte. „Irgend etwas schien<br />
es dem Hause aufzudrängen“ sagte man ihm.<br />
Morse, der Erfinder der Telegraphie wusste, wer<br />
dies dem Kongress „aufgedrängt“ hatte. Ein Jahr<br />
später diktierte er selbst das erste Telegramm. Es<br />
bestand aus vier Wörtern: „Das hat Gott getan!“ -<br />
Denken wir im Leben eigentlich daran, dass alle<br />
Gaben, Fähigkeiten und Talente Geschenke und<br />
Gaben Gottes sind? Dann aber gilt:<br />
Wenn Gott der Herr ist, können wir nicht selbstherrlich<br />
sein.<br />
Wenn Gott der Geber ist, werden wir keine Angeber.<br />
Wenn Gott Talente in uns gebildet hat, werden<br />
wir nicht eingebildet.<br />
Wenn wir uns zu Gott erheben, werden wir nicht<br />
überheblich. Weil wir wisssen:<br />
„Das hat Gott getan!“
23. April<br />
So spricht der Herr, Dein Schaden ist verzweifelt<br />
böse, und deine Wunden sind unheilbar.<br />
Aber ich will dich wieder gesund machen<br />
und deine Wunden heilen. (Jeremia 30,<br />
12. 17)<br />
Gott macht in <strong>seiner</strong> Menschheit Inventar - Bestandesaufnahme.<br />
Das Resultat ist verheerend,<br />
absolut kein positives Ergebnis, nur Minus – der<br />
Schaden ist verzweifelt böse, krank und krankmachend.<br />
Der Konkurs ist unabwendbar, wenn…<br />
Die Menschheit betreibt ihr Geschäft, d.h. ihren<br />
Lebensauftrag so miserabel, dass die Menschen<br />
nur darauf aus sind, einander unheilbare Wunden<br />
zuzufügen, Wunden, welche die Knochen freilegen.<br />
Auch <strong>von</strong> dieser Seite her ist der Konkurs<br />
harte Realität, wenn…<br />
Aber was für uns Menschen der absolute Tiefpunkt<br />
und das resolute Ende bedeutet, ist für unsern<br />
Herrgott der willkommene Anfang einer<br />
neuen Aera. Da erweist er seine Schöpferherrlichkeit.<br />
<strong>Aus</strong> dem Nichts wird etwas Herrliches. Gott<br />
fährt fort mit <strong>seiner</strong> Schöpfung. Nur so ist es<br />
nachvollziehbar, dass Gott uns nicht aufgibt, uns<br />
gesund macht und uns heilt. Der Konkurs ist<br />
nicht nur abgewendet, sondern gar nicht der Rede<br />
wert.<br />
Was für eine Liebe, was für eine Kraft der Vergebung<br />
kommt da auf uns zu! Nicht der kleinste<br />
Vorwurf trifft bei uns ein, sondern lauter Gnade,<br />
lauter Freundlichkeit und Gunst Gottes ergreift<br />
uns arme Wesen. Dank sei Gott!
24. April<br />
Da bildete der Herr den Adam, Staub <strong>von</strong> der<br />
Erde, und hauchte ihm in sein Antlitz, den<br />
Odem des Lebens, und so ward der Mensch<br />
zu einer lebendigen Persönlichkeit. (1. Mose<br />
2, 7)<br />
Was sind Persönlichkeiten? Nicht nur Menschen<br />
mit weitbekannten Namen, sondern Menschen,<br />
die Charakter haben. Viele meinen, die Vernunft<br />
mache den Menschen zum Ebenbilde Gottes.<br />
Das stimmt nicht. In jedem Lebewesen hat Gott<br />
seine Bestimmung angelegt. Nur der Mensch<br />
muss seine Bestimmung, ein Ebenbild Gottes zu<br />
werden, erst verwirklichen. Der Mensch kann seine<br />
Bestimmung verfehlen. Das Tier nie.<br />
Das Wort Charakter ist aus dem Griechischen<br />
entlehnt und bezeichnet den Prägestock, der zur<br />
Herstellung <strong>von</strong> Münzen bestimmt ist. Die Alten<br />
verstanden unter Charakter auch das Bild auf der<br />
Münze, die immer eine genaue Zeichnung des<br />
Kaisers tragen musste. Gut war die Münze dann,<br />
wenn die Züge des Herrschers klar und deutlich<br />
erkennbar waren.<br />
Wenn wir Charaktere Jesu sind, lassen wir in Wort<br />
und Wesen und in allem Werk das Bild unseres<br />
Herrn erkennen. Menschen, die dem Bild unseres<br />
Königs nicht ähnlich werden wollen, verfehlen<br />
ihre Bestimmung. Christen sind Charaktere ihres<br />
Herrn und keine Karikaturen.
25. April<br />
Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören<br />
meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen<br />
mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben.<br />
(Johannes 10, 11.27.28)<br />
Jesus sprach viel und präzis in Gleichnissen und<br />
Bildern und Bräuchen jener Zeit. Das Bild vom<br />
Hirten und den Schafen ist immer noch zeitgemäss.<br />
Aber wir modernen Menschen verbitten es<br />
uns, als Schafe bezeichnet zu werden, denn Schafe<br />
gelten als ausgesprochen dumm und führungsabhängig.<br />
Das widerspricht unserem Dünkel.<br />
Doch geht es Jesus nicht um irgendwelche dumme<br />
Schafe, sondern um „meine“ Schafe. Schafe<br />
alias Menschen, die sich Jesus anvertraut haben,<br />
Menschen, die <strong>von</strong> Jesus erwählt worden sind,<br />
Menschen, die Jesus in- und auswendig kennt und<br />
die ihm nachfolgen, wohin er sie führt. Er führt<br />
zu guten (Weide)Plätzen, in aufbauende Situationen,<br />
in hoffnungsvolle Ereignisse. Sie dürfen sein,<br />
wo ihr Hirte ist, der sie beschützt und zusammenhält,<br />
der das Verirrte sucht bis er es findet.<br />
Müssen wir angesichts solch herrlicher Zusagen<br />
nicht unsern Stolz ablegen und es eher rühmen,<br />
dass wir Schafe, Lämmer heissen dürfen? Zumal<br />
einst bei der Vollendung des Gottesreiches der<br />
Hirte selbst zum Lamme wird, <strong>von</strong> dem es heisst,<br />
überwunden hat das Lamm, den Sieg erworben<br />
über Tod und Teufel. Darin liegt begründet das<br />
ewige Leben, das der gute Hirte den Seinen zuspricht.<br />
Wie herrlich ist Dein Name: Jesus, Du<br />
Lamm Gottes!
26. April<br />
Selig ist der Mensch, der die Versuchung<br />
standhaft erträgt; denn nachdem er sich bewährt<br />
hat, wird er die Krone des Lebens empfangen,<br />
welche Gott denen verheissen hat, die<br />
ihn lieben.<br />
(Jakobusbrief 1, 12)<br />
„Gruss den Brüder aus ‚vita miserima!’ Jetzt erheblich<br />
weiterer Postweg aus Russland. Betet weiter<br />
für uns. Ich sehe meine Wüstenzeit unter Jesaja<br />
48, 10 und 28, 29.“<br />
Das ist ein sonderbarer Brief. Dabei bewegt mich<br />
vor allem: ein schlimmer Weg durch Wüste und in<br />
Hunger, und dieser Weg mündet nicht aus in die<br />
Befreiung, nein gar nicht, im Gegenteil, er mündet<br />
in den Ofen des Elends, aber zugleich werden<br />
über diesen Weg die Worte geschrieben – man<br />
traut den Augen nicht – „Wunderbar“ und „herrlich“.<br />
Und dazwischen steht die geheimnisvolle<br />
Deutung: Versuchung und Läuterung Gottes, da<br />
erfahren wird wie Gott in der <strong>Dr</strong>angsal in ganz<br />
ungeahnter Weise stärkt und gar keine Sorge aufkommen<br />
darf, dass er’s nicht zu einem herrlichen<br />
Ziele hinausführt.
27. April<br />
Der Herr erlöst die Seele <strong>seiner</strong> Knechte, und<br />
alle, die zu ihm sich flüchten, brauchen nicht<br />
zu büssen. (Psalm 34, 23)<br />
Vor dem Schlafzimmer des Zaren Alexander II.<br />
<strong>von</strong> Russland hatte ein Offizier Wache. In <strong>seiner</strong><br />
Langeweile schrieb er auf einen Zettel alle seine<br />
Schulden und setzte in verzweifelter <strong>Aus</strong>weglosigkeit<br />
die Frage darunter:<br />
„Wer bezahlt mir alle meine Schulden?“<br />
Sorge und Müdigkeit übermannten ihn. In den<br />
frühen Morgenstunden fand der Zar seinen schlafenden<br />
Offizier und den Zettel. In einem Anflug<br />
<strong>von</strong> Gutmütigkeit schrieb der Zar seinen Namen<br />
unter die Abrechnung und verschwand still.<br />
Als der Offizier erwachte, war sein erster Gedanke:<br />
Hoffentlich hat niemand gemerkt, dass ich geschlafen<br />
habe. Als er den Zettel zur <strong>Hand</strong> nahm,<br />
sah er zu seinem Erschrecken das Zeichen des<br />
Zaren. Der Offizier wusste: Nun bin ich ein Kind<br />
des Todes. Sobald er konnte, meldete er sich bei<br />
seinem Herrn, zitternd und hoffnungslos.Was<br />
immer er auch vorbrachte, das Wachvergehen war<br />
unentschuldbar. „Den Tod hättest du verdient,<br />
aber ein Kaiserwort gilt“, antwortete der Zar, und<br />
der Offizier bekam alles geschenkt, seine Schuld<br />
und seine persönlichen Schulden.<br />
Wer Jesus seine Schuld bekennt, braucht nicht zu<br />
büssen. Aber das ist die Bedingung: Zu ihm sich<br />
flüchten. Der Offizier ohne Zar wäre ein Kind<br />
des Todes gewesen. Ohne Jesus geht es uns auch<br />
so. Golgatha heisst unsere Zufluchtsstätte. Wer in<br />
Ewigkeit nicht büssen will, muss im Geist dahin<br />
gehen. Einen andern und besseren Weg gibt es<br />
nicht. Macht sich eigentlich jeder Mensch die Folgen<br />
klar, wenn er zu stolz, zu selbstbewusst oder<br />
zu gleichgültig ist, sich zu Jesus zu flüchten?
28. April<br />
Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über<br />
dir und sei dir gnädig.<br />
Jesus spricht: Friede sei mit euch! Wie mich<br />
der Vater gesandt hat, so sende ich euch.<br />
(4. Mose 6, 25+Johannes 20, 21)<br />
Das ist es wohl, was Mose auf dem Berg erlebt<br />
hatte: dass Gott der Herr sein Angesicht über ihm<br />
leuchten liess, sodass auch sein Gesicht leuchtete<br />
wie die Sonne und er es vor dem Volke verbarg<br />
um nichts Besonderes sein zu wollen. Nun aber<br />
gilt der Satz als Segenszuspruch für alle Kinder<br />
Gottes mit der Ergänzung „und sei dir gnädig“.<br />
Wieviel Hoffnung ist durch diesen Zusatz schon<br />
in ungezählte Menschenherzen eingekehrt. Und<br />
dass das Angesicht Gottes über uns leuchtet,<br />
macht uns zu Licht, hell und strahlend und einladend,<br />
aber auch sauber und ehrlich und aufrichtig<br />
und ohne Misstrauen. Das hat ausdauernde Wirkung,<br />
weil Jesus seinen Frieden dazu gibt. Und<br />
alles miteinander ergibt die Basis für die <strong>Aus</strong>sendung<br />
der Jünger Jesu. Sie orientiert sich ganz an<br />
der Sendung Jesu durch den Vater aus dem<br />
Himmel zur Erde. Jesu Jünger werden kein beschauliches<br />
Nachfolgerdasein haben, sondern sie<br />
werden gewissermassen in die Höhle des Löwen<br />
geschickt werden. Was anderes als Feinschaft hat<br />
Jesus auf Erden erwartet. So sind seine Nachfolger<br />
in guter Gesellschaft und hören die Botschaft:<br />
„Siehe, ich komme bald und mein Lohn mit mir,<br />
einem jedem zu geben, wie seine <strong>Werke</strong> sind.<br />
(Offb. 22, 12)
29. April<br />
Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang.<br />
(Psalm 111, 10)<br />
Ein Rabbi ging eines Tages über den Marktplatz<br />
und stellte sich neben einen in seine Geschäfte<br />
vertieften Menschen. Lange schaut er zu, dann<br />
fragt er: „Was tust du?“ Jener antwortete: „Ich<br />
gehe meinen Geschäften nach.“ Der Rabbi wiederholt<br />
seine Frage: „Was tust du?“ Der Beschäftigte<br />
wird ärgerlich: „Du siehst es doch, ich gehe<br />
meinen Geschäften nach. Lass mich in Ruhe.“<br />
Der Rabbi aber schaut ihn unverwandt an und<br />
fragt immer wieder: „Ja, aber – was tust du?“ Da<br />
endlich blickt der Mann auf, schaut den Rabbi an<br />
und – man sagt: er habe in diesem Augenblick<br />
zum erstenmal verspürt, was Furcht Gottes sei.<br />
Gewiss, vielleicht ist es leichter, den persönlichen<br />
Anruf „Was tust du?“ <strong>von</strong> einem Menschen zu<br />
erfahren in einer Stunde des Erkennens, in einer<br />
Stunde der Gnade. Der Anruf Gottes an uns ist<br />
aber genauso bedrängend gegenwärtig, auch wenn<br />
er nicht immer durch den Mund eines Menschen<br />
vernehmbar wird. Leben wir oder existieren wir?<br />
Wer lebt, gestaltet sein Tun im Angesichte Gottes.<br />
Wer existiert, lebt in den Tag hinein. Wer den<br />
Herrn fürchtet, ehrt, respektiert, gibt seinem Leben<br />
und <strong>seiner</strong> Arbeit einen Sinn.<br />
„In allen meinen Taten lass ich den Höchsten raten,<br />
der alles kann und hat; er muss zu allen Dingen,<br />
soll’s anders wohl gelingen, mir selber geben<br />
Rat und Tat.“<br />
Das ist Weisheit!
30. April<br />
Die Apostel hörten nicht auf, alle Tage im<br />
Tempel und hier und dort in den Häusern zu<br />
lehren und zu predigen das Evangelium <strong>von</strong><br />
Jesus Christus. (Apostelgeschichte 5, 42)<br />
Wenn die Schöpfung flopt, ist die Gefahr nicht<br />
weit, dass auch die Kirche selber flopt und vielleicht<br />
sogar damit angefangen hat. Auch die Kirche<br />
ist nicht mehr das, was sie einmal war, hört<br />
man oft sagen. Aber das betrifft nur einen kleinen<br />
Zeitraum bei 2000 Jahren Kirchengeschichte. Ja,<br />
es ist wahr, die Kirche verhüllt sich immer mehr<br />
in Unklarheiten und ist ein Mehrheitenbetrieb<br />
geworden. So sehr die Einheit beschworen wird,<br />
desto weiter weg ist sie. Meditation und Exerzitien<br />
haben Hochkonjuktur, betreffen aber nur Insiderkreise.<br />
Mit Schamanismus und Kriminalliteratur<br />
versucht man die Grenzen zu <strong>Aus</strong>senstehenden<br />
aufzubrechen, vergebens. Unverfängliche<br />
Wort-zum-Sonntag-Fernsehsendungen geben ein<br />
falsches Bild einer ‚lebendigen’ Kirche.<br />
War es früher besser? Ja, aber ganz früher. Zuvor<br />
war aber auch eine Periode des Niedergangs.<br />
Darum weinte Jesus über Jerusalem. Heute muss<br />
er über die Kirche weinen – seine Kirche sollte es<br />
sein, ist sie aber nicht; wir haben die Kirche verselbständigt,<br />
sind nicht auf Jesus angewiesen –<br />
nicht überall, aber weitherum, leider!<br />
Aber als alles gut war, war die Kirche noch nicht<br />
weltumspannend, setzte klare Masstäbe und lebte<br />
nach Jesu Wort täglich neu. Die Augenzeugen Jesu,<br />
die Apostel, wie sie jetzt genannt wurden,<br />
nahmen ihre Verantwortung ernst. Gegen allen<br />
Widerstand waren sie täglich im Tempel und predigten<br />
offen das Evangelium. Und in überschaubaren<br />
Hausgemeinden lehrten sie die ersten<br />
Christen, was Christsein überhaupt ausmacht und<br />
was die Nachfolge Jesu bedeutet. Wir könnten
daraus lernen, unsere Mammutkirchen aufzubrechen<br />
und durch kleinere Hausgemeinden zu ersetzen.<br />
Die Amtskirche müsste sich einiges einfallen<br />
lassen, wie sie sich ersetzen könnte um auf<br />
kluge Weise die Besorgung der Hausgemeinden<br />
sicherzustellen. Der einzelne Christ würde in den<br />
Vordergrund rücken und sich <strong>seiner</strong> Verantwortung<br />
bewusst werden und sich je nachdem entscheiden,<br />
wohin er gehören möchte, zur Gemeinde<br />
mit allem Engagement oder ausserhalb aller<br />
Gnade und Verpflichtungen. Jede Gemeinde wäre<br />
autonom und nur innerlich den andern verbunden.<br />
Alle Räte und hierarchischen Einrichtungen<br />
würden überflüssig und die <strong>Aus</strong>bildung der Leiter<br />
müsste nicht mehr obligatorisch universitär sein.<br />
Die sogenannten Laien würden endlich ihre Aufgaben<br />
bekommen, wie sie in den Briefen des Paulus<br />
zusammen gestellt sind, Aufgaben entsprechend<br />
den Gaben des Heiligen Geistes. Wenn<br />
weltweit solche Hausgemeinden, wie wir sie bereits<br />
aus China kennen, entständen, wäre auch die<br />
Diakonie leichter zu handhaben, weil immer Hilfe<br />
vor Ort geschehen könnte. Ist das alles eine Illusion?<br />
Nicht, wenn wir etwas Tapferes wagen, aber<br />
nicht <strong>von</strong> uns aus, sondern weil es in der Bibel als<br />
Gottes Wille vorgezeichnet ist und sich bewährt<br />
hat. Auch die Frage wie die Mission zu gestalten<br />
wäre, ergäbe sich wie <strong>von</strong> selbst. Denn wir haben<br />
schon heute die Situation, dass fast nur noch Berufsfachleute<br />
als Missionare in fremden Ländern<br />
Eingang finden. Das würde das Normale werden.<br />
So appeliere ich an die heutige Christenheit, rasch<br />
und mutig zu reduzieren um wirkliche Grösse zu<br />
erreichen, sich zu demütigen, dass wir endlich Jesu<br />
Christi Kirche werden.
1. Mai<br />
Abraham glaubte dem Herrn und so fand er<br />
Gottes Anerkennung. (1. Mose 15, 6)<br />
Der Seefahrer Vasco da Gama war einst auf der<br />
Suche nach Indien, elf Monate auf dem Meer.<br />
Seine Mannschaft glaubte, er führe sie in den Tod<br />
hinein, und wollte schliesslich über ihn herfallen.<br />
Da nahm er vor ihren Augen seine Karten, seinen<br />
Kompass und was er sonst noch hatte, und warf<br />
alles ins Meer. Da liessen sie <strong>von</strong> ihm ab. Sie<br />
merkten: Der Mann ist <strong>seiner</strong> Sache sicher.<br />
Da sollten wir alle unsere Rechtfertigungen und<br />
<strong>Aus</strong>flüchte, sollten unser Wenn und Aber fahrenlassen<br />
und einfach auf Gott hin zu glauben wagen.<br />
Wie er mit unserer Lage fertig wird, das ist<br />
seine Sache.<br />
Abraham ist eine einmalige <strong>Aus</strong>zeichnung widerfahren;<br />
Paulus nennt ihn Vater des Glaubens!<br />
Kein Mensch wüsste heute noch seinen Namen,<br />
wenn er nicht Gott blindlings vertraut hätte. Er<br />
setzte alles aufs Spiel; seine Familie, seine Existenz,<br />
sein Leben. Er ging das grösste Risiko seines<br />
Lebens ein. Gegen alle Einsicht sagte er ja. Er<br />
hatte keine Ahnung, was ihn erwartete. Er glaubte<br />
dem Herrn. Er glaubte ihm mehr als <strong>seiner</strong> Erfahrung.<br />
Er zog los, ohne Kenntnis des Landes, ohne<br />
Kenntnis der Wasserquellen, ohne Kenntnis der<br />
lauernden Gefahren. Nach menschlichem Ermessen<br />
ein Wahnsinnsakt. Und doch war Abraham<br />
kein Abenteurer. Er glaubte und vertraute dem<br />
Herrn. Das hat ihn unvergessen gemacht.
2. Mai<br />
Sie verwandelten die Herrlichkeit ihres Gottes<br />
in das Bild eines Ochsen, der Gras frisst.<br />
Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht verspotten.<br />
Denn was der Mensch sät, das wird er<br />
ernten. (Psalm 106, 20+Galater 6, 7)<br />
Der Mensch ist in mancher Hinsicht ein sonderbares<br />
Wesen. Er meint ganz bestimmt, sich immer<br />
im Griff der Wahrheit zu haben. Doch ist es<br />
unglaublich, wie häufig sich der Mensch irrt und<br />
behauptet im Recht zu sein, oder zu diesem oder<br />
jenem berechtigt zu sein. Es kann sich nicht immer<br />
um Lappalien handeln, sonst würde sich<br />
doch nicht Gottes Wort in bestimmten Fällen<br />
darum kümmern. Eine häufige Unart ist die Verspottung<br />
Gottes und <strong>von</strong> Jesus. Oft ist es nicht so<br />
ernst gemeint, doch ändert das nichts daran, es ist<br />
jedesmal ein Vergehen mit Folgen. Ernst wird die<br />
Lage, wenn mit Ueberlegung Gott klein gemacht ,<br />
sein herrlicher Name in den <strong>Dr</strong>eck gezogen wird.<br />
Von grossem Uebel ist es, das Kreuz Christi zu<br />
verhunzen und das Heil zu verleugnen usw. Das<br />
alles ist böse Saat und die Frucht da<strong>von</strong> wird der<br />
Mensch ernten müssen. Dann gehen wohl allen<br />
die Augen auf. Obs nicht zu spät ist?<br />
In früher Zeit ist man sogar frevelhaft handgreiflich<br />
geworden. Hat sich Gott in <strong>seiner</strong> Herrlichkeit<br />
– ganz die Ehre des Volkes Israel – nicht<br />
ständig gezeigt, hat man kurzerhand eine Götterfigur<br />
geschaffen. Und um den Frefel vollzumachen,<br />
schufen sie einen Stier, ein gewaltiges und<br />
gewalttätiges Tier. Das sollte ihr Gott sein. Welche<br />
Verirrung. Nicht zu beschreiben. Einen solch<br />
furchtbaren Schlag ins Gesicht kann Gott nicht<br />
einfach aussitzen. Es ziehen Gerichtswolken auf.<br />
Wäre nicht Mose, der Mann Gottes mit <strong>seiner</strong><br />
Fürbitte, es lebte kein Mensch mehr. Gott lässt<br />
sich nicht verspotten. Später formuliert Jesus die
Gebetszeile: Dein Name werde geheiligt! Darum<br />
soll es uns gehen. Dass der Name Gottes gross<br />
werde, dass man vorsichtig ist im Umgang mit<br />
dem Namen „Gott“. Ehre, Ehre soll Dir werden!
3. Mai<br />
Wer glaubt, flieht nicht. (Jesaja 28, 16)<br />
Victor Hugo: „ Kain, der Brudermörder, errichtete<br />
einen Turm, der <strong>von</strong> einer siebenfachen Mauer<br />
umgeben war – ohne Fenster. Er wollte nicht,<br />
dass ihn Gott sah. Aber trotz der dicken Mauern<br />
spürte er das Auge Gottes. Und eine Stimme rief:<br />
‚Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am<br />
äussersten Meer, so würde mich doch deine <strong>Hand</strong><br />
daselbst führen. Und führe ich gen Himmel, so<br />
bist du da. Und bettete ich mich in die Hölle, siehe,<br />
so bist du da.’“<br />
Das Gewissen ist Gottes ‚Staatsanwalt’. Dieser<br />
Staatsanwalt kriegt mich und spürt mich auf, wo<br />
ich auch immer mich verstecke. Fliehen hilft<br />
nichts. Jeder Mensch findet sich durch diesen inneren<br />
Richter beobachtet. Wer aber glaubt, hat<br />
keinen Grund, zu fliehen, hat es nicht nötig, Gott<br />
aus dem Weg gehen zu wollen. Aber in dem Augenblick,<br />
wo das Vertrauen zu Gott erschüttert<br />
ist, versteckt sich der Mensch. Das ging schon im<br />
Paradies los. Zwischen Gott, Adam und Eva ist<br />
etwas kaputt gegangen. Der Glaube hat einen Riss<br />
bekommen. Und schon flohen sie vor ihm. Sie<br />
versteckten sich, mit einem schlechten Gewissen.<br />
Doch Gott fand sie und stellte sie zur Rede.<br />
So ist das bis heute. Es hilft keine Flucht in die<br />
Einsamkeit oder in die Zerstreuung, keine Flucht<br />
in die Betäubung und Ablenkung. Es hilft allein<br />
der Glaube. Er befreit uns vom <strong>Dr</strong>uck, <strong>von</strong> der<br />
Gewissensqual. Er legt alles Gott hin, er bemäntelt<br />
nicht und verharmlost nichts. Er allein weiss<br />
um Gottes Erbarmen.
4. Mai<br />
Jesus sprach: Ich bin gekommen, ein Feuer<br />
anzuzünden auf Erden; was wollte ich lieber,<br />
als dass es schon brennte! (Lukas 12, 49)<br />
Jesus gelingt es, seinen Auftrag in immer neuen<br />
Bildern und Gleichnissen den Menschen nahe zu<br />
bringen. Wie spricht er uns heute an? Von Feuer<br />
ist die Rede. Doch kann es wohl kein verzehrendes<br />
Feuer sein. Unwillkürlich kommt uns die Geschichte<br />
vom brennenden Dornbusch in den<br />
Sinn. Mose wurde dort, wo der Busch nicht verbrannte,<br />
zum Gesandten Gottes für Ägypten bestellt<br />
und verpflichtet. Gottes Stimme aus dem<br />
Feuer beschied ihm, dass sein Name sei: „Ich bin,<br />
der ich sein werde.“ Mose ging hin im Namen<br />
dieses Gottes „Ich bin“ und entfachte in Ägypten<br />
ein wahres Feuerwerk <strong>von</strong> Wundern und <strong>Werke</strong>n,<br />
bis der Pharao das Volk Israel in die Freiheit ziehen<br />
liess.<br />
Nun ist Jesus da auf Gottes Erde. Die Menschen<br />
sind geknechtet <strong>von</strong> der Sünde wie noch nie. Kein<br />
Mensch sieht eine Rettung, sofern einer das überhaupt<br />
wünschte. Doch Gott ist auf dem Plan. Er<br />
kann diesem Flop nicht mehr zusehen und schickt<br />
seinen Sohn zu uns. Er wird ein Feuer anzünden,<br />
ein Feuer der Liebe, der Gnade, der Zurechtweisung,<br />
der Vergebung und Versöhnung. Kreuz und<br />
Auferstehung sind die Zeitzünder dieses gewaltigen<br />
<strong>Werke</strong>s. Aber noch brennt Jesu Werk auf<br />
kleinem Feuer. Jesus wünscht einen Flächenbrand<br />
und der entsteht mit dem Kommen des Heiligen<br />
Geistes und der mutigen Evangelisation der Apostel<br />
in und um Jerusalem, <strong>von</strong> wo er sich über die<br />
ganze Welt ausbreiten wird. Viel Ungeschick,<br />
Langeweile und sündhaftes Verhalten der Christen<br />
hält diesen Brand da und dort immer wieder<br />
auf, bis er unerwartet an einem neuen Ort wieder<br />
ausbricht. „O dass doch bald dein Feuer brennte,
o möchte es doch in alle Lande gehn, auf dass<br />
bald alle Welt erkennte, was zur Erlösung ihr <strong>von</strong><br />
dir geschehn. O Herr der Ernte, siehe doch darein:<br />
die Ernt ist gross, die Zahl der Knechte<br />
klein.“
5. Mai<br />
Jesus sprach zu den Jüngern: Als ich euch<br />
ausgesandt habe ohne Geldbeutel, ohne Tasche<br />
und ohne Schuhe, habt ihr da je Mangel<br />
gehabt? Sie sprachen: Niemals! (Lukas 22,<br />
35)<br />
Die Jünger waren damals sprachlos, als ihr Meister<br />
sie ohne jede äussere <strong>Aus</strong>rüstung aussandte,<br />
das Evangelium zu verkündigen und zu heilen.<br />
Aber sie widersprachen nicht. Sie wollten diesen<br />
Test bestehen. Nun sind sie zurück und haben<br />
rapportiert. Nur <strong>von</strong> diesem einen Punkt war<br />
nicht die Rede. Später kommt Jesus in einem andern<br />
Zusammenhang darauf zurück und er fragt<br />
die Jünger über die <strong>Aus</strong>wirkungen jenes Testes.<br />
Die Antwort fällt ganz in seinem Sinne aus. Was<br />
bedeutet das? Der Vater im Himmel hat sie auf<br />
mancherlei Weise versorgt. Wie es heisst: Die Vögel<br />
säen nicht und ernten nicht und sammeln<br />
nicht in Scheunen und der himmlische Vater ernährt<br />
sie doch. So können auch die Jünger bezeugen,<br />
dass es ihnen nie an etwas gemangelt hat.<br />
Das ist die Treue des Vaters. So werden die Jünger<br />
vorbereitet auf Führungen und Erprobungen<br />
noch ganz anderer Art. Zunächst ist es die<br />
schreckliche Passion Jesu. An dem ersten Test<br />
haben die Jünger begonnen, ihrem Meister zu<br />
glauben und zu vertrauen. Sie können sich noch<br />
nicht vorstellen, wieviel Gelegenheiten sie noch<br />
haben werden, diesen Glauben zu erneuern und<br />
zu bewahren. Aber durch jede Erprobung werden<br />
sie stärker, sodass sie schliesslich auch für die<br />
künftigen Christenverfolgungen gerüstet sind.
6. Mai<br />
Herr, deine rechte <strong>Hand</strong> tut grosse Wunder.<br />
(2. Mose 15, 6)<br />
In einem Zimmer sitzen zwei Fliegen, die sich<br />
allmählich mit den Gegebenheiten des Zimmers<br />
vertraut gemacht haben und dahintergekommen<br />
sind, dass eine Uhr regelmässig die Stellung der<br />
Zeiger verändert. Erfahrungsgemäss wissen die<br />
beiden Fliegen, dass die Zeiger eine Viertelstunde<br />
oder eine halbe Stunde weiterrücken, je nachdem<br />
wie lange sie gewartet haben.<br />
Eines Tages kommt der Besitzer des Zimmers<br />
nach Hause und entdeckt, dass die Uhr vorgeht.<br />
Er schiebt den grossen Zeiger eine halbe Stunde<br />
zurück und verschwindet wieder. Als eine Fliege<br />
kurz darauf auf die Uhr zufliegt und sich niederlassen<br />
will, erschrickt sie, dass die Zeiger nicht erfahrungsgemäss<br />
weitergerückt sind, und sie ruft<br />
ihren Gemahl: „Es ist ein Wunder passiert, der<br />
eine Zeiger hätte längst unten sein müssen.“<br />
Uns Menschen geht es ebenso. Wir sind kurzsichtig<br />
wie die Fliegen. Wir bezeichnen das als Wunder,<br />
was gegen die Naturgesetze, die wir bisher<br />
kannten, verstösst. Warum soll es nicht ‚höhere<br />
Gesetze’ geben? Mit unserer Erkenntnis die Dimension<br />
Gottes erfassen wollen ist so unmöglich<br />
wie für die Fliege, unsere Dimension erkennen zu<br />
wollen.<br />
Wunder geschehen nicht darum, dass wir sie analysieren,<br />
testen, untersuchen, sondern dass sie uns<br />
im Glauben getrost machen. Sie sind Wegweiser<br />
Gottes. Sie kamen damals vor und kommen heute<br />
vor. Gott sei Dank!
7. Mai<br />
Gott hat etwas aus uns gemacht: Wir sind<br />
sein Werk, durch Jesus Christus neu geschaffen,<br />
um Gutes zu tun. Damit erfüllen wir nur,<br />
was Gott schon im voraus für uns vorbereitet<br />
hat.<br />
(Epheserbrief 2, 10)<br />
Gott hat bei der Schöpfung, ja schon vorher, an<br />
alles gedacht und alles bedacht, was geschehen<br />
könnte. Er hat für alle Fälle vorgesorgt, wohl verstanden<br />
in <strong>seiner</strong> Güte und Barmherzigkeit hat er<br />
für uns alles im voraus vorbereitet. Der Misstritt –<br />
Sündenfall – im Paradies konnte Gott nicht beirren,<br />
obwohl sehr betrüben. Nicht für Gott aber<br />
für die damaligen Menschen brach eine Welt zusammen<br />
und sie sahen keinen <strong>Aus</strong>weg mehr. Sie<br />
glaubten, die Gnade und Gunst Gottes völlig verspielt<br />
zu haben. Ja, hätten sie früher daran gedacht<br />
und sich nicht zum Ungehorsam verführen<br />
lassen. Doch Gott handelt nicht wie Menschen<br />
sich verhalten. Er bleibt treu – nur unter anderem<br />
Vorzeichen, anderen Umständen. Es wird viel,<br />
viel ungemütlicher für die Menschheit.<br />
Man sage nicht, Gott hätte den Sündenfall vorausgesehen,<br />
aber er hatte vorgesorgt, falls so etwas<br />
geschehen sollte. Und er hat nicht nur den<br />
Fortbestand seines <strong>Werke</strong>s gesichert, sondern<br />
auch seine völlige Heilung zu einem bestimmten<br />
Zeitpunkt. Dieser ist eingetreten mit Jesus Christus<br />
auf dieser Erde, mit <strong>seiner</strong> Predigt, mit <strong>seiner</strong><br />
Erwählung <strong>von</strong> Augenzeugen und späteren Aposteln,<br />
mit seinem Opfer am Kreuz und <strong>seiner</strong> herrlichen<br />
Auferstehung an Ostern. Durch ihn hat<br />
Gott vollzogen, was er längst für uns vorbereitet<br />
hatte. Er hat etwas aus uns gemacht: Sein Werk<br />
durch Jesus erneuert, soll Gutes tun. Die Vergebung<br />
hat uns frei gemacht, Gutes zu tun, vollkommene<br />
<strong>Werke</strong> zu vollbringen, was eigentlich
das Natürlichste der Welt ist nach dem Schöpfungsplan<br />
Gottes. Es gibt keine Sünde, kein Unglück,<br />
was Gott nicht durch seine grandiose Veränderungstechnik<br />
ins Gleis bringen könnte. Mit<br />
andern Worten: kein Tief der Schöpfung und der<br />
Menschheit im besonderen ist zu tief, als dass<br />
Gott der Herr durch Jesus Christus ein Hohes<br />
daraus machen würde. Denn das ist ihm das Liebste,<br />
wenn wir ihm unsere Sünden bringen.
8. Mai<br />
Die Weisheit <strong>von</strong> oben ist fürs erste rein,<br />
dann friedsam, freundlich, fügsam, voll<br />
Barmherzigkeit und guter Früchte, frei <strong>von</strong><br />
Zweifel, frei <strong>von</strong> Heuchelei. (Jakobusbrief 3,<br />
17)<br />
Die Weisheit <strong>von</strong> oben, das sind ebenso die<br />
Früchte des Geistes, wie sie <strong>von</strong> Paulus im Galaterbrief<br />
5, 22f aufgezählt werden: Liebe, Freude,<br />
Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit,<br />
Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit, keine eitle Ehre,<br />
kein Neid und einer trage des andern Last.<br />
Jakobus legt einen kleineren Katalog vor und unterteilt<br />
ihn in zwei Etappen. Zuerst nennt er die<br />
Reinheit. Wie weit entfernt ist unsere Zeit <strong>von</strong><br />
Reinheit. Manchmal hat man den Eindruck, je<br />
grauslicher und unzüchtiger gerade die Jugend ist,<br />
desto mehr ist sie in. Ein anständiges Mädchen<br />
wird schnell als Landei tituliert und abgeschrieben.<br />
Kaum eines lässt das auf sich sitzen. So geratet<br />
man schnell in den Müll der Moderne und der<br />
Show. In zweiter Linie werden als Weisheitsmerkmale<br />
genannt: friedsam, gütig, fügsam usw.<br />
unparteiisch, ohne Heuchelei. Lauter Tugenden,<br />
die man heute wie die berühmte ‚Stecknadel im<br />
Heuhaufen’ suchen muss. Unser Leben lechzt<br />
nach Qualität in den Lebensmitteln, in der Autobranche,<br />
in der Unterhaltung, im Bildungswesen<br />
usw. aber die Qualitäten der Weisheit bleiben auf<br />
der Strecke. Selbst die Weisheit des Alters ist uns<br />
nur noch ein müdes Lächeln wert.<br />
Das Wort Gottes sieht das anders. Es ist ein Angebot<br />
erster Güte. Denken wir um, verändern wir<br />
uns, wenden wir uns Gott zu, damit wir in Wahheit<br />
ein erfülltes Leben haben. Es ist gar nicht so<br />
schwer, gegen den Strom zu schwimmen.
9. Mai<br />
Du tust mir kund den Weg zum Leben; vor<br />
dir ist Freude die Füllle. (Psalm 16, 11)<br />
„Weil Gott ist“<br />
Der italienische Fischer Antonio hat eine Familie<br />
<strong>von</strong> 10 Personen und ist immer guter Laune. Sie<br />
fahren zusammen eines Tages aus, der Autor der<br />
Geschichte und der Fischer Antonio, über den<br />
lautlosen See unter dem sternenklaren Himmel.<br />
Sie werfen ihre Netze aus und ziehen sie ein, eine<br />
mühselige Arbeit. Aber es ist nichts zu machen.<br />
Die Fische sind woanders. Die Netze bleiben leer.<br />
„Mensch“ rief ich ihn an, „ich verstehe dich<br />
überhaupt nicht. Nichts im Netz, alle Arbeit umsonst.<br />
Ist ja schön hier, aber morgen hungert vielleicht<br />
deine Familie. Mensch, warum freust du<br />
dich eigentlich?“ – „Perché é dio – weil Gott ist.“<br />
Ja dieser Mann ist zu beneiden. Er lebt aus einer<br />
Freude heraus, die kein Geld, keinen Rum und<br />
keinen Schnaps braucht. Er ist fröhlich, weil Gott<br />
ist. Das heisst Leben!<br />
Ohne Gott bin ich ein Fisch am Strand,<br />
ohne Gott ein Tropfen in der Glut.<br />
Ohne Gott bin ich ein Gras im Sand<br />
und ein Vogel, dessen Schwinge ruht.<br />
Wenn mich Gott bei meinem Namen ruft,<br />
bin ich Wasser, Feuer, Erde, Luft.
10. Mai<br />
Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen<br />
aber gibt er Gnade. (1. Petrusbrief 5,<br />
5)<br />
Lars Skrefsrud reist für seine Mission durch England<br />
und Amerika, allenthalben bewundert als<br />
grosser Gelehrter, der 43 Sprachen spricht und als<br />
hervorragender Redner. Man macht ihm ein<br />
Festmahl. Er sitzt als gefeierter Ehrengast an<br />
reichgeschmücktem Tisch. Die Reden nehmen<br />
kein Ende. Er aber hört nur wie im Traum all die<br />
Lobreden, sein Auge ist wie nach innen gekehrt:<br />
„Herr“, fleht er, „schätze du mich!“ Und da steigt,<br />
wirklicher als der prunkvolle Saal, eine kleine, enge<br />
Zelle vor seinem Blicke auf, und er sieht sich<br />
selbst im Sträflingskleid am Boden kauern und die<br />
Hände hungrig nach der Blechschüssel ausstrecken,<br />
und er hört eine Stimme sein Urteil verlesen.<br />
– Unter dem Tisch presst er die Hände fester<br />
zusammen: „ Herr! Herr! ich danke dir, dass du<br />
mich so tief gedemütigt hast.“<br />
Der Hochmut ist einer der gefährlichsten Feinde<br />
des Christen. Ohne es absichtlich zu fördern, bilden<br />
wir uns immer etwas mehr ein auf unser Wirken<br />
für den Herrn. Nicht, dass wir uns nicht freuen<br />
dürften, wenn uns ein Werk gelungen ist, wenn<br />
ein Mensch durch uns zu Jesus gefunden hat; aber<br />
nach geschehener Tat ist sie schnell zu vergessen<br />
und dem Himmel abzugeben, dass uns nichts in<br />
den Kopf steige. Es gehört Mut dazu, wie der<br />
Missionar sich in lobender Gesellschaft <strong>von</strong> Gott<br />
schätzen zu lassen. Doch ist es die einzige Möglichkeit<br />
um wahr zu bleiben und ehrlich und demütig<br />
seinen Weg fortzusetzen.
11. Mai<br />
Dient dem Herrn; seid fröhlich in Hoffnung,<br />
geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet.<br />
(Römerbrief 12, 11-12)<br />
Dient dem Herrn – das ist wie die Überschrift<br />
zum ganzen Vers. Das will sagen: Stellt euch zur<br />
Verfügung; nehmt euch Zeit; macht den Herrn<br />
zur ersten Priorität; fragt nicht nach Meinungen<br />
links und rechts; verlasst euch nicht auf seelische<br />
Eindrücke; dient dem Herrn: liebt die Demut;<br />
sucht aufbauende Unterstützung; preist und lobt<br />
unsern einzigartigen Gott; schweigt nicht, wo der<br />
Name des Herrn verspottet wird; macht das<br />
Evangelium bekannt, zur Zeit oder zur Unzeit<br />
usw. Wenn wir aus dieser Zusammenstellung<br />
auswählen oder am besten alles zu tun gewillt<br />
sind, haben wir eine sehr gute Grundlage, um<br />
dem Herrn zu dienen. Und wenn wir das verstanden<br />
haben, dann haben wir erst den Auftakt unternommen.<br />
Der Apostel weiss auch darum, dass<br />
der Dienst für Jesus Christus in einem gewissen<br />
Klima geschieht, das am besten als frostig bezeichnet<br />
wird. Aber da gibt es erprobte Lichtblicke:<br />
seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal,<br />
beharrlich im Gebet. So wie jeder <strong>Hand</strong>werker<br />
sein eigenes Werkzeug besitzt, das er genau<br />
kennt, so hat auch jeder Christ seine spezielle<br />
<strong>Aus</strong>rüstung für seinen Dienst. Wenn kein Fortschritt<br />
zu sehen ist, wenn sich niemand bekehrt,<br />
wenn man vor verschlossenen Türen steht: Seid<br />
fröhlich in Hoffnung! Wenn Traurigkeit uns<br />
übermannt, wenn man ausgelacht wird, wenn ein<br />
Bauer einem eine Heugabel entgegen wirft, wenn<br />
Türen zugeschlagen und Telefone aufgehängt<br />
werden, wenn Velo- oder Autoreifen zerstochen<br />
werden: Seid geduldig in Trübsal! Wenn trotz allem<br />
vorbereitendem Gebet niemand etwas <strong>von</strong><br />
unserer Botschaft annehmen will, wenn unser
Gegenüber Jesus in die Wüste schickt, indem er<br />
sagt, mit dem Vater kann ich etwas anfangen, mit<br />
Jesus nichts, wenn Kranke, denen nichts mehr<br />
anderes bleibt, das Gebet für sie ablehnen, wenn<br />
uns das frostige Klima zu schaffen macht: Seid<br />
beharrlich im Gebet!<br />
Dann verstehen wir auch das Wort das vornean<br />
steht: Seid brennend in Gottes Geist! Das genügt!
12. Mai<br />
„Doch vergiss nicht“ sagt Christus, „ich komme<br />
plötzlich und unerwartet wie ein Dieb!“<br />
(Offenbarung 16, 15)<br />
Ich glaube, wir Menschen <strong>von</strong> heute sind deshalb<br />
solche Sicherheitsfanatiker, solche blindwütigen<br />
Scheinrealisten, weil wir nicht mehr begreifen,<br />
dass dies das Entscheidende ist: mit Gott ins Reine<br />
zu kommen und die biblische Besinnung an<br />
den Anfang unserer Arbeit zu stellen. Weil wir das<br />
verlernt haben, darum leben wir in dem Wahn,<br />
alles selbst machen zu müssen. Wir denken: Zuerst<br />
muss ich meine beruflichen Dinge ordnen,<br />
muss ich mein Geschäft auf eine solide Basis stellen,<br />
muss ich gerade noch dieses Examen bestehen<br />
oder jene Hürde in meiner Laufbahn noch<br />
nehmen. Zuerst muss ich mich in dem sogenannten<br />
„elementaren“ Bezirk des Lebens abstrampeln<br />
– und dann erst, wenn ich das alles hinter mir habe,<br />
kann ich mir erlauben, auch an den inneren<br />
Komfort des Lebens zu denken; dann habe ich<br />
Zeit, zur Seelenpflege überzugehen und meinen<br />
inneren Menschen ein bisschen zu kultivieren.<br />
(Helmut Thielicke)<br />
Der innere Komfort ist wichtiger als der äussere.<br />
Was nützen mir alle Erfolge, was nützt mir alles<br />
Geld, wenn mich morgen der Herzinfarkt überfällt?<br />
„Ich komme plötzlich und unerwartet wie<br />
ein Dieb“ sagt Jesus. Diebe überfallen uns. Plötzlich<br />
und unerwartet. So steht es auch oft in den<br />
Todesanzeigen. Wir haben uns auf alle Eventualitäten<br />
vorbereitet, auf schlechte Zeiten, auf einen<br />
guten Lebensabend, auf krisenfeste Währungen<br />
und Hypozinsen, auf alles. Nur nicht: Auf Seine<br />
Wiederkunft. Er kommt!! Aber wann? Nur keine<br />
Überstürzung!<br />
Wagen Sie so – mit dieser Gesinnung – Gott gegenüber<br />
zu treten?
13. Mai<br />
Erachtet es für lauter Freude, meine Brüder,<br />
wenn ihr in mancherlei Anfechtungen geratet.<br />
(Jakobusbrief 1, 2)<br />
Woher kommt die Anfechtung? Ein Schwarzer<br />
begleitete einst seinen weissen Herrn auf die Entenjagd.<br />
Er war Christ. Beide kamen bei der Gelegenheit<br />
auf Glaubensfragen zu sprechen. Der<br />
Herr sagte: „Ich begreife nicht, was du immer <strong>von</strong><br />
Sünde und Anfechtung und Teufel zu reden hast.<br />
Ich spüre nichts <strong>von</strong> Anfechtung. Mich lässt der<br />
Teufel in Ruhe. Noch nie hat er mich gestört oder<br />
angegriffen.“<br />
Da antwortete der Schwarze: „Das will ich dir erklären.<br />
Wenn wir auf der Entenjagd sind und du<br />
hast geschossen, dann fallen einige Enten tot hin.<br />
Die lasse ich liegen. Einige aber flattern angeschossen<br />
weg und suchen zu entkommen. Denen<br />
laufe ich mit meiner langen Stange nach und<br />
schlage sie tot. Du bist eine Ente, die der Teufel<br />
schon totgeschossen hat. Dich lässt er liegen. Er<br />
weiss schon, dass er dich kriegt. Ich bin wie eine<br />
angeschossene Ente, die ihm gerne entfliehen<br />
möchte. Darum ist er hinter mir her und sucht<br />
mich zu erschlagen.“<br />
Und Martin Luther sagt dazu: „Das ist mir aber<br />
sehr nützlich und gut gewesen; denn solche Anfechtungen<br />
sind uns sehr nütze, gut und not und<br />
geschehen nicht, wie man meint, darum, dass wir<br />
dadurch verderbt und verloren, sondern unterwiesen<br />
und gelehrt werden. Denn ein jeglicher Christ<br />
soll bedenken und wissen, dass er Christus ohne<br />
Anfechtung und Kreuz nicht recht erkennen<br />
kann.“<br />
Daraus folgt: Wir brauchen die Anfechtungen in<br />
unserem Christsein zur Heiligung!
14. Mai<br />
In Christus ist alles geschaffen, was im Himmel<br />
und auf Erden ist, das Sichtbare und das<br />
Unsichtbare. ( Kolosserbrief 1, 16)<br />
Es ist paradox, während es uns nicht gelingt, auf<br />
unserer kleinen Erde den Hunger zu besiegen, üble<br />
Krankheiten auszurotten und Frieden zu stiften,<br />
stossen unsere Forscher mit ihren Teleskopen<br />
und Raumschiffen immer weiter in den Weltraum<br />
vor. Das Sichtbare befriedigt sie nicht mehr, darum<br />
ist jetzt nur noch das vorläufig Unsichtbare<br />
interessant. Es muss auch unbedingt eine naturwissenschaftliche<br />
Erklärung her über die Entstehung<br />
der Erde. Mit Milliarden Dollars wird im<br />
CERN in Genf der sogenannte Urknall simuliert,<br />
der Aufschluss darüber geben soll. Milliarden, die<br />
auf der Erde zum Wohlergehen der Menschheit<br />
fehlen! Ich streite ein gewisses Interesse der Naturwissenschaft<br />
nicht ab. Aber es gibt Grenzen.<br />
Und die liegen in der Gesinnung der Forscher.<br />
Wer sich in seinem Gewissen <strong>von</strong> den biblischen<br />
<strong>Aus</strong>sagen leiten lässt, geht anders an seine Arbeit<br />
heran als andere. Er anerkennt die Heiligkeit und<br />
Grösse Gottes, denn er kennt die <strong>Aus</strong>masse der<br />
ganzen universalen Schöpfung, alles Sichtbaren<br />
und Unsichtbaren.<br />
Gott wird dem eigensinnigen Forschen im Universum<br />
genauso ein Ende machen wie dem<br />
Turmbau zu Babel, denn es gibt Forscher, die sagen<br />
offen, dass sie mit ihren Teleskopen herausfinden<br />
werden, wo Gott hockt. Solche Anmassung<br />
wird nicht ungestraft bleiben.<br />
Christen aber dürfen sich freuen, dass sie im<br />
Grunde genommen mehr wissen als die Wissenschaft.<br />
Ihnen ist gesagt worden, dass die ganze<br />
Schöpfung vom himmlischen Vater durch den<br />
Gottessohn Jesus Christus geschaffen wurde; dass<br />
sie Bescheid wissen über den vollen Umfang des
Universums. Mag da die Erde nur ein winziger<br />
Punkt sein im All, wie herrlich ist es zu wissen,<br />
dass unser Herr uns kennt und betreut. Und diesen<br />
Punkt hat Gott erwählt, um seinen Sohn zu<br />
senden und die Menschheit zu erlösen, Frieden zu<br />
geben und sein Wohlgefallen kundzutun.<br />
Ehre sei Gott in der Höhe!!
15. Mai<br />
Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts<br />
mangeln. (Psalm 1, 1)<br />
Bischof Lilje erzählte über seinen Besuch der<br />
Theosophischen Gesellschaft in Indien folgendes:<br />
Er habe in einer Halle die Bilder der vier grossen<br />
Religionsstifter gesehen, Buddha, Mohammed,<br />
Zoroaster und Jesus Christus. Der Inder, der ihn<br />
führte, hätte bei dem Anblick dieser Bilder gesagt:<br />
„Sehen Sie wohl den Unterschied?“ <strong>Dr</strong>ei dieser<br />
Religionsstifter waren in tiefes Nachdenken<br />
versunken dargestellt. Das Bild des Herrn Jesus<br />
zeigte ihn als guten Hirten, der sich über ein Gestrüpp<br />
beugt um ein Schaf zu befreien, das sich<br />
verfangen hat. Der Inder sagte ihm: „Sehen Sie,<br />
der einzige, der nicht mit sich beschäftigt ist und<br />
nicht an sich denkt!“<br />
Der Herr ist mein Hirte. Er ist der Beschützer<br />
meines täglich bedrohten Lebens. Er hat sein hohes<br />
Leben für mein geringes zum Opfer gebracht.<br />
Er hat nicht an sich gedacht, sondern an die Welt.<br />
Andere Religionsstifter haben gegrübelt und<br />
nachgedacht, Christus hat gehandelt. Die andern<br />
haben den Menschen Ratschläge für ihr Leben<br />
gegeben, Christus hat sein Leben für uns dahingegeben.<br />
Die andern haben Hirtenworte gesprochen,<br />
Christus ist unser Hirte geworden. Wahrhaftig,<br />
der Inder hat den Nagel auf den Kopf getroffen:<br />
„Er ist der einzige, der nicht mit sich beschäftigt<br />
ist.“ Er ist der einzige, der kein phantasievolles<br />
und rührseliges Bild vom Hirten entworfen<br />
hat, sondern er ist unser guter Hirte geworden.<br />
Mir wird nichts mangeln!
16. Mai<br />
Seit ich Christus kenne, ist für mich alles<br />
wertlos, was ich früher für so wichtig gehalten<br />
habe. Denn das ist mir klar geworden: Gegenüber<br />
dem unvergleichlichen Gewinn, dass<br />
Jesus Christus mein Herr ist, hat alles andere<br />
seinen Wert verloren. Ja, alles andere ist nur<br />
noch <strong>Dr</strong>eck, wenn ich bloss Christus habe.<br />
(Philipperbrief 3, 7-8)<br />
Was meint wohl Paulus, was für ihn wertlos sei?<br />
Andere übersetzen gar, dass es sich um „Schaden“<br />
handle, welchen Paulus sich vom Halse<br />
schaffen will. Es ist seine ruhmreiche Vergangenheit<br />
in der jüdischen Frömmigkeit: „Darin kann<br />
ich es mehr rühmen als andere, beschnitten am<br />
achten Tage, aus dem Volk Israel, dem Stamm<br />
Benjamin, ein Hebräer <strong>von</strong> Hebräern, ein glänzender<br />
Pharisäer nach dem Gesetz, voll Eifer die<br />
Gemeinde Jesu verfolgend, in der im Gesetz verlangten<br />
Gerechtigkeit untadelig geworden.“ Das<br />
war Gewinn, jetzt aber um Christi willen reiner<br />
Schade, ja lauter <strong>Dr</strong>eck, der einem am Bein klebt.<br />
Den wirft er jetzt weg, weil Christus der wahre<br />
Gewinn ist! „Wenn ich nur dich habe, so frage ich<br />
weiter nach nichts, seis im Himmel oder auf Erden.“<br />
Dieser Gewinn lässt sich mit nichts vergleichen.<br />
Er ist die Ähnlichkeit mit Christus als Zielvorgabe.<br />
Paulus sagt dazu: „Ich habe das Ziel im<br />
Auge und laufe darauf zu, um es zu ergreifen,<br />
nachdem Christus mich zuerst ergriffen hat. Ich<br />
lasse alles liegen, was hinter mir ist. Ich strecke<br />
mich nach dem aus, was vor mir liegt. Ich laufe<br />
auf das Ziel zu, weil ich den Preis will, der auf den<br />
Sieger wartet. Und das ist der Preis: dass Gott<br />
mich zu sich holt, weil ich zu Christus gehöre.“<br />
Womit Paulus sich so rühmt, will er ansteckend<br />
wirken. Als kleines Beispiel kommt er sich vor,<br />
das, wenn es sich in vielen Christen multipliziert,
grosse Wirkung in der Welt hat. Und um diese<br />
<strong>Aus</strong>wirkung geht es ihm, dass der ganze Erdkreis<br />
<strong>von</strong> Christus hört und durch seine Versöhnung<br />
für das Himmelreich gewonnen wird. Und es wird<br />
geschehen: „Wo sein Name genannt wird, sollen<br />
alle Knie sich beugen im Himmel, auf Erden und<br />
unter der Erde und jeder Mund soll bekennen:<br />
‚Jesus Christus ist Herr!’, und Gott, den Vater,<br />
rühmen und preisen.“
17. Mai<br />
Herr, wie sind deine <strong>Werke</strong> so gross, du hast<br />
sie alle weislich geordnet. (Psalm 104, 24)<br />
Ein Bauer lag im Schatten einer Eiche und betrachtete<br />
eine Kürbisstaude, die an dem gegenüberstehenden<br />
Gartenzaun emporwuchs. Da<br />
schüttelte er den Kopf und sagte: „Fürwahr, dies<br />
ist doch schlecht gemacht, dass die niedrige Staude<br />
dort so herrliche Früchte trägt; denn schöner<br />
würden sie an diesem starken Eichbaum prangen.<br />
Es schlief wohl der, der alles soll erschaffen haben.“<br />
Kaum hatte er das gesagt, da fiel aus dem<br />
Wipfel des Baumes eine Eichel herab und traf ihn<br />
so stark auf die Nase, dass sie blutete. „O weh“,<br />
rief der erschrockene Mann, „wie froh bin ich,<br />
dass diese Eichel kein Kürbis war, sonst hätte er<br />
mir die ganze Nase zerquetscht.“<br />
Diese Fabel macht deutlich, dass nicht ein blinder<br />
Zufall am <strong>Werke</strong> war, sondern ein überlegener<br />
und überlegender Geist. Kein Stümper, sondern<br />
der Herr der Welt. Gottes Schöpfung ist kein<br />
Produkt einer Laune, sondern das Ergebnis <strong>seiner</strong><br />
Weisheit. Wir gehen täglich mit seinen Wunderwerken<br />
um und wundern uns nicht mehr. Alles<br />
erscheint uns selbstverständlich. Und doch: „Mein<br />
Auge sieht, wohin es blickt, die Wunder deiner<br />
<strong>Werke</strong>. Wer kleidet sie mit Majestät?“
18. Mai<br />
Wer will uns <strong>von</strong> der Liebe Christi scheiden?<br />
(Römer 8, 35)<br />
Wo durch den Glauben Menschen an Gott gebunden<br />
sind, gibt es keine Kraft der Welt, die sie<br />
auseinanderziehen könnte. Sie gehören zusammen.<br />
Und die geheimnisvolle Kraft zwischen beiden<br />
ist die Liebe Jesu. Darum sagt Paulus im Römerbrief:<br />
„Wer will uns <strong>von</strong> der Liebe Christi<br />
scheiden? Etwa Trübsal oder Bedrängnis, Verfolgung<br />
oder Hunger oder Mangel an Kleidung, Gefahr<br />
oder Henkerbeil?“ Die geheimnisvolle Kraft<br />
ist grösser und unsere Angst überflüssig. Wir sind<br />
sein Eigentum. Und selbst die raffinierteste Macht<br />
der Welt reisst keinen aus <strong>seiner</strong> <strong>Hand</strong>.<br />
Dazu ein kleines Beispiel: Otto <strong>von</strong> Guericke war<br />
der Erfinder, der die ungeheure Kraft des Luftdrucks<br />
entdeckte. Er liess zwei eiserne Halbkugeln<br />
anfertigen, und es gelang ihm, den Hohlraum<br />
zwischen ihnen luftleer zu pumpen. Dann liess er<br />
Pferde anspannen, welche die Halbkugeln nach<br />
beiden Seiten auseinanderreissen sollten, ein Paar,<br />
zwei Paare, schliesslich drei Paar Pferde auf jeder<br />
Seite. Und zum Staunen der aller Welt brachten<br />
sie die Halbkugeln nicht auseinander. Die Magdeburger<br />
Kugeln bleiben uns ein Gleichnis!
19. Mai<br />
Die Güte des Herrn ist’s, dass wir nicht gar<br />
aus sind.<br />
Der Herr hat Geduld mit euch und will nicht,<br />
dass jemand verloren werde, sondern dass jedermann<br />
zur Busse finde.<br />
(Klagelieder 3, 22+2. Petrusbrief 3, 9)<br />
Wer ein düsteres Bild unserer Welt und im besonderen<br />
unserer Menschheit zeichnet, wird als<br />
Weltfremder, Weltuntergangsprophet, Nestbeschmutzer<br />
und Spielverderber abgeschrieben.<br />
Wird ein Pfarrer dazu ein Wörtlein wagen,<br />
schenkt man ihm wenigstens ein müdes Lächeln.<br />
Dabei hat er klipp und klar zu sagen, dass es ohne<br />
einen bestimmten Vorbehalt, einfach aus und fertig<br />
wäre mit uns. Was wäre dann mit unseren<br />
hochfliegenden Plänen in der Forschung; was mit<br />
der Spitzenmedizin, welche dem grossen Krankheitselend<br />
einsam und erschrocken gegenüber<br />
stehen muss; was mit der elenden Unterhaltungsmaschinerie,<br />
welche die Jugend verpäppelt und<br />
unreif bleiben lässt; was mit der verlogenen Politik<br />
und Wirtschaft usw? Der Vorbehalt kommt<br />
<strong>von</strong> Gott selber: „Die Güte des Herrn ist’s!“ Aber<br />
es heisst nicht: …dass wir noch einmal da<strong>von</strong> gekommen<br />
sind, dass wir noch einmal Glück gehabt<br />
haben – nein, die Gefahr unterzugehen besteht<br />
noch: „dass wir nicht g a r aus sind.“ Wir<br />
haben trotz der Güte des Herrn kein Freibillett<br />
ins Zirkusleben. Deutlich stehts da: Gott hat Geduld<br />
mit euch und will, dass jedermann den Weg<br />
zur Busse findet. Diese Forderung mag uns zu<br />
steil und unmodern sein. Doch es führt kein Weg<br />
daran vorbei. Die Frage ist doch, was wir unter<br />
Busse verstehen und ob wir gewillt sind die Konsequenzen<br />
zu vollziehen. Busse heisst einfach<br />
Umkehr, Umdenken, Neuausrichtung usw. Wer<br />
das wagt, erfährt spürbare Erleichterung. Der
drückende Rucksack wird angenehmer und weicht<br />
schliesslich. Es kann dahin kommen, was eine<br />
weise Frau in einem Buchtitel formuliert hat: Busse<br />
– glückseliges Leben! Gott hat den ersten verlässlichen<br />
Schritt getan, zum zweiten sind wir herausgefordert.<br />
Es ist unser ewiger Gewinn oder<br />
ewiger Verlust, je nachdem wie wir uns entscheiden.
20. Mai<br />
Zwei Männer in weissen Gewändern sagten:<br />
Ihr Männer <strong>von</strong> Galiläa, was steht ihr da und<br />
seht zum Himmel? Dieser Jesus, der <strong>von</strong><br />
euch weg gen Himmel aufgenommen wurde,<br />
wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen<br />
Himmel fahren sehen. (Apostelgeschichte1,11)<br />
<strong>Aus</strong> der Werkstatt der modernen Theologie:<br />
„Die Bibel sagt: Vor langer Zeit flog Gottes eigner<br />
Sohn bei Tagesanbruch himmelwärts zu seines<br />
Vaters Thron.<br />
Seit diesem Tag erwartet man den Gottessohn zurück;<br />
doch wartet man noch heute drauf und hat<br />
damit kein Glück.<br />
Mancher sucht ein Paradies im Himmel, weil er<br />
dabei ganz vergisst, dass ein Paradies auf Erden<br />
besser für die Menschen ist.“<br />
In der neuen Phase der Aufklärung meldet sich<br />
die Vernunft lautstark zu Wort und hält das ganze<br />
Geschehen für einen Mythos,, den wir ehrlicherweise<br />
nicht mehr ernst nehmen dürften.<br />
Die englische Sprache hat für Himmel zwei<br />
grundverschiedene <strong>Aus</strong>drücke: Sky und heaven. In<br />
den sky kann man mit Fernrohren schauen, sky ist<br />
das Universum mit Sonnen, Monden und Sternen.<br />
Der Himmel im UnserVater dagegen heisst heaven,<br />
den man weder mit Teleskopen noch mit Radargeräten<br />
durchforschen kann. Jesus ist nicht in den<br />
Sky sondern in den heaven hinaufgefahren. Eins ist<br />
richtig, zwischen Himmelfahrt und Wiederkunft<br />
haben wir nicht gen Himmel zu schauen und zu<br />
spekulieren, wann der Herr wiederkommen wird.<br />
Luther hat dafür ein treffendes Wort gesagt: „Was<br />
gaffst du gen Himmel? Der Herr Christus steht<br />
vor der Tür.“ Vor Deiner Tür!
21. Mai<br />
Ihr habt ihn nie gesehen und liebt ihn doch.<br />
Ihr glaubt an ihn, obwohl ihr ihn auch jetzt<br />
nicht sehen könnt, aber eure Freude wird<br />
grenzenlos sein, denn ihr kennt das Ziel eures<br />
Glaubens: die Rettung für alle Ewigkeit.<br />
(1. Petrusbrief 1, 8-9)<br />
Viele Menschen meinen, wenn sie Jesus sehen<br />
könnten, würden sie an ihn glauben. Das sind<br />
Menschen, denen das Wort gilt: „Glücklich sind,<br />
die nicht sehen und doch glauben.“ Und manche<br />
Christen denken, ihr Glaube hätte mehr Tiefgang,<br />
wenn sie Jesus erleben könnten wie die Jünger<br />
damals. Für sie gilt: “Mir aber ist es köstlich, Gott<br />
nahe zu sein, ich setze meine Zuversicht auf Gott<br />
den Herrn und verkünde alle deine <strong>Werke</strong>.“ Und<br />
doch sehen wir die obigen Wünsche schon in den<br />
frühen Christengemeinden vorhanden zu sein.<br />
Aber Petrus macht wunderbare Erfahrungen. Die<br />
Gemeinden, an die er schreibt, stellen ihre Wünsche<br />
nicht in den Vordergrund. Im Vordergrund<br />
stehen die Liebe und unverbrüchlicher Glaube<br />
und die grenzenlose Freude der Zukunft, wenn<br />
ihre Rettung offenbar werden wird.<br />
Sicherlich haben die Apostel als Augenzeugen<br />
mehrere Vorteile gegenüber den jungen Gemeinden.<br />
Doch sind sie auch ganz besonders den Angriffen<br />
des Bösen und dem Neid vieler Menschen<br />
ausgesetzt. Sie kennen vieles langes Leiden und<br />
sind in manchem Martyrium bewährt. Auch die<br />
Gemeinden werden bald ganz neuen Erprobungen<br />
ausgesetzt werden und wie wir wissen, haben<br />
sie auch darin die Liebe zu Jesus und den Glauben<br />
an ihn, kräftig bewahrt.
22. Mai<br />
Fürchtet euch nicht, wenn euch die Leute<br />
schmähen, und entsetzt euch nicht, wenn sie<br />
euch verhöhnen!<br />
Habt ein gutes Gewissen, damit die, die euch<br />
verleumden, zuschanden werden, wenn sie<br />
euren guten Wandel in Christus schmähen.<br />
(Jesaja 51, 7+1. Petrusbrief 3, 16)<br />
Altes und Neues Testament begegnen sich. Kraft<br />
wird verheissen. Ein gutes Gewissen wird zum<br />
starken Trost postuliert. Furcht wird zur Seite geschoben.<br />
Der Herr triumphiert.<br />
Was ist dessen Grund und wen betrifft es überhaupt?<br />
Es geht um die Kinder Gottes aller Zeiten<br />
der Menschheitsgeschichte. Wo Licht ist, ist auch<br />
Schatten. Wer sich zu Gott bekennt, bringt Mitmenschen<br />
gegen sich auf. Aber: fürchtet euch<br />
nicht, entsetzt euch nicht, habt ein gutes Gewissen.<br />
Die Schattenmenschen machen mit ihrer<br />
Verhöhnung und Schmähung grossen Lärm,<br />
sonst nichts, ausser dass sie damit lügen. Eigentlich<br />
anerkennen sie den guten Wandel der Kinder<br />
Gottes und Nachfolger Jesu, sie geben es selber<br />
zu.<br />
Die Lichtmenschen mögen sagen: Gewiss ist unser<br />
Auftrag leichter mit diesen Ermunterungen<br />
Gottes, aber durchlitten muss es alleweil doch<br />
sein. Aber da müssen wir ehrlich sein und<br />
zugeben, dass uns Gott nie einen roten Teppich<br />
durchs Leben versprochen hat. Doch ist es ein<br />
starker Trost, dass uns der Lebensfürst zur Seite<br />
steht und den schmalen Weg mit uns geht.
23. Mai<br />
Und betet stets in allen Dingen.<br />
(Epheserbrief 6, 18)<br />
Pfarrer Rothenberg wurde eine merkwürdige Frage<br />
gestellt: „Darf man dafür beten, dass die Einmachgläser<br />
nicht aufgehen?“<br />
Er antwortete: „Wenn mitten im Unservater die<br />
Bitte um das tägliche Brot steht und wenn dazu<br />
alles gehört, was zur Leibesnahrung und Körperpflege<br />
gehört, dann darf man auch um das alles<br />
bitten. Mach aus allem ein Gebet. Wenn es aus<br />
einfältigem, kindlichem Herzen kommt, und du<br />
kannst um die Erweckung der ganzen Welt beten,<br />
und es ist ein närrisches Gebet, wenn du nicht<br />
glaubst, dass es einen Gott gibt, der das tun will<br />
und der Gebete erhört. Wenn der Gerechte sich<br />
seines Viehs erbarmt, kriegen also die Kühe im<br />
Stall es zu merken. So ihr nicht werdet wie die<br />
Kinder…!“<br />
Ist das primitiv? Nein. Das entspricht dem Vater-<br />
Kind Verhältnis. Oder bilden wir uns ein, jemals<br />
„Erwachsene“ Gottes zu werden? Diesen Begriff<br />
kennt die Bibel nicht. Nur Kinder kommen mit<br />
allen Dingen zum Vater. Mit den bequemen und<br />
unbequemen, mit den grossen und den kleinen,<br />
mit den aussergewöhnlichen und den alltäglichen<br />
Dingen, mit den klügsten und scheinbar dümmsten<br />
Fragen Und wir finden ein offenes Ohr – die<br />
Bibel bezeugt es. Wir bekommen Hilfe und Antwort,<br />
wir müssen nur warten können; über den<br />
Zeitpunkt und der Art der Erhörung bestimmt<br />
der Herr.
24. Mai<br />
Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige<br />
Geist über euch kommt und ihr werdet<br />
meine Zeugen sein in Jerusalem, in ganz Judäa,<br />
in Samaria und bis an die Enden der Erde.<br />
(Apostelgeschichte 1, 8)<br />
Da steht man vor lauter Ergriffenheit innerlich<br />
geradezu auf, wenn man erfährt, dass dies die letzten<br />
Worte Jesu sind, die er auf Erden gesprochen<br />
hat bis zu <strong>seiner</strong> Wiederkunft. Und es ist nicht der<br />
letzte Wille wie bei einem Sterbenden, sondern es<br />
handelt sich um eine erregende Verheissung, eine<br />
Zusage inklusive eines Auftrages.<br />
Von Kraft ist die Rede. Von einem Mythos unserer<br />
Zeit? Kraft im Beruf, Kraft in der Freizeit,<br />
Kraft in der politischen <strong>Aus</strong>einandersetzung,<br />
Kraft zwischen den Generationen, Kraft der Motoren,<br />
Windkraft, Wasserkraft, Atomkraft usw. ?<br />
Nichts <strong>von</strong> alledem. Das ist zum grossen Teil<br />
menschliche Kraft und in allem sicher diesseitige<br />
Kraft, zum Teil Schöpfungskraft. Aber nun erfahren<br />
wir <strong>von</strong> einer jenseitigen Kraft, Kraft des Heiligen<br />
Geistes oder Kraft die auf einen kommt,<br />
wenn der Heilige Geist erscheint – eine wahrhaft<br />
neue Dimension <strong>von</strong> Kraft, die alles andere<br />
sprengt. Diese Kraft hat keine zerstörerische<br />
Macht, sie ist positiv, aufbauend, liebreich und<br />
anteilnehmend. Sie hat den Auftrag, uns zu Zeugen<br />
zu machen und durch uns mit dem Evangelium<br />
<strong>von</strong> Stadt zu Stadt, <strong>von</strong> Land zu Land zu gelangen<br />
bis an die Enden der Erde.<br />
Der Heilige Geist ist der Vertreter Jesu Christi<br />
und lehrt nichts anderes, als was er <strong>von</strong> Christus<br />
empfängt. Der Heilige Geist ist der Fürsprecher<br />
der glaubenden, liebenden und hoffenden Menschen<br />
bei Gott. Er ist der Beistand derjenigen, die<br />
meinen, es geht nicht mehr, die Umstände sind zu<br />
mächtig für uns. Der Heilige Geist ist der Tröster
aller Bekümmerten, Trauernden Verzweifelten,<br />
Deprimierten und sonstwie Gestrandeten. Das<br />
Evangelium ist die Grundlage für alles Wirken des<br />
Heiligen Geistes durch uns, Christi Zeugen. Zeuge<br />
zu sein ist eine hoheitsvolle Aufgabe, welche in<br />
erster Linie eine Gabe des Heiligen Geistes ist.<br />
Wir wissen heute mehr über diesen Auftrag, Für<br />
die Jünger damals war das ein Riesenrisiko, aber<br />
sie haben gehorcht, zaghaft zwar, da und dort<br />
Halt fassend, aber sie erlebten, wie sie <strong>von</strong> ihrem<br />
Herr ausgerüstet worden sind. Vergleicht man die<br />
Jünger der Passionszeit mit denen der Himmelfahrts-<br />
und Pfingstzeit, so kennt man jetzt die<br />
Jünger kaum mehr. Soviel Mut und Kraft ist in sie<br />
gefahren, dass man nur staunt und dankbar ist für<br />
das Kommen des Heiligen Geistes, der aus verzagten<br />
Jüngern, strahlende Zeugen <strong>seiner</strong> Liebe<br />
und Macht, <strong>seiner</strong> Vergebung und Versöhnung<br />
gestaltet hat. Ihr werdet meine Zeugen sein!
25. Mai<br />
Selig sind, die das Wort Gottes hören und<br />
bewahren. (Lukas 11, 28)<br />
Der „Gläubige“ <strong>von</strong> Ernst Barlach.<br />
Er entstammt einer Reihe <strong>von</strong> Figuren, die den<br />
Namen „Fries der Lauschenden“ tragen. Es sind<br />
Menschen, die einer Botschaft lauschen, hingebungsvoll,<br />
erwartend, gläubig, fragend und zweifelnd.<br />
<strong>Aus</strong> dem Gesicht des Mannes mit dem<br />
strahlenden Lächeln spricht eine tiefe Freude. Er<br />
ist ganz dabei. Er sträubt sich nicht und wendet<br />
sich nicht ab, weil die Dinge der andern Welt für<br />
ihn antiquiert sind. Seine Züge kennzeichnen kein<br />
Vorurteil, und er zieht keine Grimassen, weil er<br />
mit den sogenannten „frommen Geschichten“<br />
fertig ist. Er lässt sich nicht ablenken und <strong>von</strong><br />
tausend Kleinigkeiten und Wichtigkeiten abhalten.<br />
Ja, man hat geradezu den Eindruck, als habe er<br />
kurz zuvor das Telefon und das Radio abgeschaltet,<br />
um ganz für eine lebensnotwendige Nachricht<br />
frei zu sein.<br />
Glückselig sind die Menschen, sagt Jesus, die<br />
Gottes Wort hören und bewahren. Die nicht <strong>von</strong><br />
vornherein skeptisch sind und abschalten; die sich<br />
die Ohren zuhalten und mit tausend Wenn und<br />
Aber an die Sache herangehen. Der „Gläubige“<br />
öffnet seine Hände und schliesst sich der Botschaft<br />
auf. Wieviel Hetze und Betriebsamkeit,<br />
Abwehr und Vorurteil bringen wir mit. Wir brauchen<br />
offene Hände, offene Augen und offene<br />
Herzen. Dann geht die Botschaft nicht ins eine<br />
Ohr hinein und zum andern wieder hinaus. Wir<br />
halten sie fest, wir bewahren sie und sie verwandelt<br />
uns. Glücklich zu preisen sind solche Leute.
26. Mai<br />
Der Herr sättigte sie mit Himmelsbrot. Er<br />
öffnete den Felsen, da flossen Wasser heraus,<br />
dass Bäche liefen in der dürren Wüste. Denn<br />
er gedachte an sein heiliges Wort, das er Abraham,<br />
seinem Knechte gegeben hatte.<br />
(Ps.105, 40-42)<br />
Dieser Psalm trägt die Überschrift: „Gottes Wundertaten<br />
an den Vätern“. Es ist der Anfang und<br />
der Fortgang der Geschichte eines ganzen Volkes.<br />
Mit einer Familie, Abrahams, hat alles begonnen<br />
und findet seinen vorläufigen Halt in der Eroberung<br />
verschiedener Länder und Völker bis ins<br />
Heilige Land. Keine Sekunde war es allein gelassen,<br />
auf sich selbst gestellt, selber verantwortlich.<br />
Immer war der Segen Gottes mit ihm. Wie oft<br />
war das Volk Israel unzufrieden mit seinem Gott<br />
und murrte drauflos, bis sich Mose erbarmte und<br />
bei Gott vorstellig wurde. Und Gott schlug Mose<br />
keine Bitte ab. <strong>Aus</strong> Murren wurden Wunder:<br />
Himmelsbrot und Wasserbäche aus den Wüstenfelsen.<br />
Es wäre aber fatal, aus diesen Situationen einen<br />
Lehrsatz aufstellen zu wollen, so in der Art: je<br />
mehr Murren desto grössere Wunder. Gottes<br />
Verhalten ist in jedem einzelnen Falle ein Unikat,<br />
unvergleichlich mit andern Ereignissen. Gott ist<br />
doch nicht an unser Murren gebunden. Wunder<br />
aufgrund <strong>von</strong> unserem Murren lassen uns nicht<br />
frei aufblicken, sind eher bedrückend, haben uns<br />
in Schuld gegenüber Gott gebracht. Ganz echte<br />
Freude über das Wunder gibt es erst, wenn wir<br />
Vergebung unserer Schuld erfahren haben. Das<br />
muss uns ein grosses Anliegen sein.<br />
Die Treue Gottes hat aber bei den Vätern ihren<br />
tiefsten Grund darin, dass Gott <strong>seiner</strong>zeit dem<br />
Abraham sein unverbrüchliches Wort gegeben<br />
hat. Für uns Christen hat die Treue Gottes ihren
Grund in der Hingabe Jesu Christi, als Opfer für<br />
all unsere Schuld. Unsere Antwort könnte sein:<br />
„Nun, ich kann nicht viel geben in diesem armen<br />
Leben; eins aber will ich tun: Es soll dein Tod und<br />
Leiden, bis Leib und Seele scheiden, mir stets in<br />
meinem Herzen ruhn.“
27. Mai<br />
Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.<br />
( Psalm 103, 2)<br />
„Während das Bombardement den Schützengraben<br />
in Fossalta in Stücke zerriss, lag er flach und<br />
schwitze und betete: ‚Ach, lieber Herr Jesus, hilf<br />
mir hier raus. Lieber Herr Jesus, bitte, hilf mir<br />
raus. Christus, bitte, bitte, bitte, Christus. Wenn<br />
du mich vor dem Tod bewahrst, will ich alles tun,<br />
was du verlangst. Ich glaube an dich, und ich<br />
werde allen Leuten in der ganzen Welt sagen, dass<br />
du das Einzige bist, worauf es ankommt im Leben.<br />
Bitte, bitte, lieber Herr Jesus.’ Das Granatfeuer<br />
zog weiter hinauf. Wir begannen in unserem<br />
Graben zu arbeiten, und am Morgen ging die<br />
Sonne auf, und der Tag war heiss und erfreulich<br />
und ruhig. Am nächsten Abend hinten in Mestre<br />
erzählte er dem Mädchen, mit dem er in die Villa<br />
Rossa hinaufging, nichts, keine Silbe <strong>von</strong> Jesus.<br />
Und er erzählte überhaupt keinem <strong>von</strong> Jesus und<br />
interessierte sich nicht für seinen Willen.“ (Hemingway)<br />
Diese Situationen kennen viele <strong>von</strong> uns. Im Spital<br />
haben wir sie erlebt. Bei einer Geburt oder nach<br />
einem schweren Unfall. Wir haben Gelübde abgelegt<br />
und Versprechungen gemacht. Und nachher?<br />
Vergessen oder zu feige, wie der Soldat im Schützengraben<br />
<strong>von</strong> Fossalta. Wir haben gejammert,<br />
die leeren Hände hingehalten und die Gaben ganz<br />
selbstverständlich angenommen. „Vergiss nicht,<br />
was er dir Gutes getan hat.“ Schliesslich versprechen<br />
wir nichts dem blauen Himmel, sondern<br />
dem lebendigen Gott.
28. Mai<br />
Denn erschienen ist die Gnade und Barmherzigkeit<br />
Gottes, mit der er alle Menschen retten<br />
will. (Titusbrief 2, 11)<br />
„Also wirklich, liebe Frau, das ist ein ausgezeichnetes<br />
Buch für Ihren Sohn“, erläutert der Buchhändler<br />
einer Dame. „Ja, - aber das andere da –<br />
das muss doch besser passen. Da steht ja: Soeben<br />
erschienen.“ Der Geschäftsmann schwieg höflich<br />
und packte das ‚soeben erschienene’ Buch in Papier.<br />
Nachher sagte er zu mir: „Unbegreiflich, wie<br />
kurzsichtig manche Leute sind. Nun hat sie für<br />
ihren Jungen dieses Buch gekauft, bloss weil es in<br />
der Neuauflage den Zettel trug : ‚Soeben erschienen’.“<br />
Da steht nun das Wort vor uns: „Es ist<br />
(damals) e r s c h i e n e n die Gnade und Barmherzigkeit<br />
Gottes allen Menschen.“ „Ach – die<br />
alte Geschichte!“ Und das Urteil ist fertig, zugunsten<br />
irgendeiner Weisheit des Tages, die den Vorzug<br />
trägt: „Soeben erschienen!“ (D.Horch)<br />
So sind wir. Das Neue, das Aktuelle interessiert<br />
uns. Die alten Geschichten interessieren uns<br />
nicht. Sie sehen nach staubbedeckter Vergangenheit<br />
aus. Und doch sind sie aktueller und heilsamer<br />
als jede Zeitung. Jawohl, Jesus ist vor 2000<br />
Jahren in die Welt gekommen, aber seine Gnade<br />
und Barmherzigkeit ist jeden Morgen neu. Das<br />
„soeben erschienen“ hilft keinem Menschen.<br />
Aber die „damals erschienene“ Gnade rettet auch<br />
heute noch den, der sie in Anspruch nimmt. Seine<br />
Gnade und Barmherzigkeit ist nicht – wie die Zeitungsnachricht<br />
– morgen überholt.
29. Mai<br />
Und biete dich selbst ihnen in jeder Beziehung<br />
als Vorbild für ein gutes Verhalten dar.<br />
(Titusbrief 2, 7)<br />
In einem Frauenkloster hatte eine Novizin einen<br />
ganz schweren Verstoss gegen Gehorsam und<br />
Ordnung begangen. Die Angelegenheit wurde der<br />
Priorin gemeldet; sie erbleichte, gab aber keine<br />
weitere Anweisung, sondern wies schweigend die<br />
Schwestern <strong>von</strong> sich, die ihr den Vorgang mitgeteilt<br />
hatten, und ging allein in die Kapelle hinüber.<br />
Am Nachmittag versammelte sie alle Schwestern<br />
und sagte: „Heute früh habe ich vernommen, was<br />
gestern abend in diesem Hause geschehen ist.<br />
Was für eine Priorin muss ich sein, dass dies unter<br />
meiner Leitung geschehen konnte, wie wenig lebendiger<br />
Glaube muss aus meinen Worten reden,<br />
wie wenig wahre Treue muss aus meinem Gesicht<br />
leuchten! Nie wäre solches gewagt worden in diesen<br />
heiligen Mauern, wenn ich meine Seele so geheiligt<br />
hätte, wie es meine Verantwortung für<br />
euch erfordert.“<br />
Sie verhängte eine schwere Busse über sich, um in<br />
den Wochen der Entbehrung und inneren Einkehr<br />
ein umso besserer Halt für die übrigen<br />
Schwestern zu werden. Das gab eine ungeheure<br />
Erregung unter den Schwestern. Sie hatten etwas<br />
anderes erwartet. Ihre moralische Erbitterung<br />
über die Sünderin war nicht befriedigt worden.<br />
Eine ging zur Priorin und machte ihr Vorhaltungen.<br />
Aber sie zeigte auf das Kreuz Christi.<br />
Ein gutes Vorbild reizt zum vorbildhaften Verhalten.<br />
Schlechte Vorbilder verderben gute Sitten.<br />
Vielleicht hat unser Christentum darum so wenig<br />
Ansteckendes für unsere ungläubige Umgebung,<br />
weil wir so wenig vorbildlich leben.
Wir haben nichts Einladendes und Gewinnendes,<br />
nichts Überzeugendes an uns. Wieviel Verlorene<br />
gehen wohl auf unser Konto?
30. Mai<br />
Gott hat aus einem Menschen das ganze<br />
Menschengeschlecht gemacht, damit sie auf<br />
dem ganzen Erdboden wohnen, und er hat<br />
festgesetzt, wie lange sie bestehen und in welchen<br />
Grenzen sie wohnen sollen, damit sie<br />
Gott suchen sollen. Fürwahr, er ist nicht ferne<br />
<strong>von</strong> einem jeden <strong>von</strong> uns.<br />
(Apostelgeschichte 17, 26-27)<br />
Mit einem Schlag werden wir in den Anfang der<br />
Schöpfung versetzt. Ein Mensch ist da und steht<br />
der ganzen Schöpfung Himmels und der Erden<br />
hilflos gegenüber – er ist einsam. Er hat Tieren<br />
und Pflanzen Namen gegeben aber sie sind keine<br />
Partner für ihn geworden. <strong>Aus</strong> dem ersten Menschen<br />
– Adam – wird die Frau geschaffen und aus<br />
dieser Beziehung wird nach und nach die<br />
Menschheit. Wie im Verborgenen wird vom Sündenfall<br />
gesprochen; <strong>von</strong> einer Frist des Lebens<br />
der Menschheit ist die Rede und <strong>von</strong> Grenzen des<br />
Wohnens, damit sie immer im Gegenüber <strong>von</strong><br />
Gott leben und ihn suchen sollen, ob er ihnen<br />
gnädig sei. Und „fürwahr, er ist nicht ferne <strong>von</strong><br />
einem jeden <strong>von</strong> uns.“ Damit sind wir in der Gegenwart<br />
angelangt. Es wird deutlich, dass sich<br />
zwar die Menschheit gebildet und vergrössert hat,<br />
dass sie sich aber auch in grosse Schuld verstrickt<br />
hat. Busse wird ihr im Folgenden angeraten, Umkehr,<br />
Umdenken, Umsinnen, Neuformulieren <strong>von</strong><br />
Weg und Ziel des Menschseins. Im Gegenüber<br />
mit Gott kommt die Rede auf einen Mann, der<br />
auferstanden sei <strong>von</strong> den Toten und der Gerechtigkeit<br />
schaffen werde durch den Glauben an ihn.<br />
Dieser Mann, Christus, ist der Erlöser und Versöhner,<br />
der auch die Frist des Lebens und die<br />
Grenzen des Wohnens erträglich macht.
31. Mai<br />
Ich will meinen Geist in euer Inneres legen<br />
und solche Leute aus euch machen, die nach<br />
meinen Geboten handeln und mein Wort halten.<br />
Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere<br />
Herzen durch den Heiligen Geist, der uns<br />
gegeben ist.<br />
(Ezechiel 36, 27+ Römerbrief 5, 5)<br />
Nach langer Ungehorsamszeit nimmt Gott das<br />
Heft wieder ganz neu in seine Hände. Die Menschen<br />
haben alles getan, um alle Gunst bei Gott<br />
zu verlieren und nach ihrer eignen Pfeife zu tanzen.<br />
Kein Gottesgericht konnte sie alarmieren, im<br />
Gegenteil, sie sind sich unvorteilhaft behandelt<br />
vorgekommen. Sie sind hart geworden, hart im<br />
Verstand, hart in den Herzen – Steinen gleich!<br />
Gottes Einschätzung der Lage der Menschen ist<br />
100% negativ, nie werden sie sich selbst befreien<br />
können, wenn sie aufwachen aus ihrem Schlamassel.<br />
Weil Gottes Wesen Liebe ist und er nicht zu<br />
lange zuschauen kann, greift er heilend ein, auch<br />
wenn es den Menschen weh tun muss. Lest das<br />
bitte an der obigen Stelle in der Bibel nach. Das<br />
Entscheidende ist aber, dass Gott seinen Geist in<br />
das Innere der schuldigen Menschen legt und<br />
Menschen aus ihnen macht, die ihm gehorchen<br />
und sein Wort halten. Doch über die Schuld<br />
wächst kein Gras, darf keines wachsen – es wäre<br />
niemandem gedient damit. Aber die Sünder können<br />
nicht sühnen, es übersteigt ihre Schwachheit.<br />
Es braucht einen anderen, einen Starken, einen<br />
Gottessohn. Und der kommt und ist gekommen.<br />
<strong>Aus</strong> lauter Liebe hat er das Kreuz erduldet und<br />
die Sünde aller Welt hinaufgetragen und vernichtet.<br />
Und diese Liebe ist nun in unsern Herzen eingegossen.<br />
Das ist die Tat des Heiligen Geistes, der<br />
das Werk Christi für jeden vollkommen erfahrbar
macht, der darnach Verlangen hat. Welch grosse<br />
Freude leitet unsern Herrn, dass er so gnädig mit<br />
uns verfährt. Wie danken wir das unserem Heiland?<br />
Sieh, du kommst nie aus dem Danken heraus,<br />
welches Glück, welche Freude!
1. Juni<br />
Jesus sagte: Jeder, der Sünde tut, ist der Sünde<br />
Knecht. Wenn nun aber der Sohn euch frei<br />
macht, werdet ihr wirklich frei sein.<br />
(Johannes 8, 34+36)<br />
Ich erinnere mich an eine Debatte in den Vereinten<br />
Nationen, in deren Verlauf der amerikanische<br />
Delegierte und ich uns gezwungen sahen, aufs<br />
entschiedenste gegen die Ungenauigkeiten des<br />
sowjetischen Vertreters einzuschreiten. Der Russe<br />
musste schweigen, zum mindesten zeitweilig.<br />
Nach der Versammlung näherte sich der Amerikaner<br />
unserem sowjetischen Kollegen und sagte:<br />
„Trotz allem, was ich heute über Sie gesagt habe,<br />
weiss ich, dass unser Land auch nicht vollkommen<br />
ist. Wir sind oft Sünder.“ Ich nahm das sowjetische<br />
Mitglied beim Arm. Ich sagte: „Dieser<br />
Amerikaner gibt zu, ein Sünder zu sein. Ich gebe<br />
zu, wir Briten sind auch oft Sünder. Und wie steht<br />
es mit Ihnen? Sind Sie jemals ein Sünder?“ Er<br />
dachte einen Augenblick nach und erwiderte feierlich:<br />
„Ich glaube nicht, dass wir dieses Wort in<br />
unserer Sprache haben.“ (K.Mackenzie)<br />
Dieser Russe war der irrigen Ansicht, <strong>von</strong> Natur<br />
aus schon frei zu sein <strong>von</strong> Sünde. Das ist der eine<br />
Irrtum, der andere ist, dass die Wörter Sünde und<br />
Sünder durchaus in der russischen Sprache geläufig<br />
sind.<br />
Die Einschätzung vom himmlischen Himmel her<br />
war brutal. So sehr Gott <strong>Aus</strong>schau hielt nach einem<br />
Menschen, der ohne Sünde ist, er fand keinen.<br />
Was muss das für eine Klage gewesen sein<br />
im Himmel, keiner, nicht einer, der ohne Sünde<br />
ist. Das hat grosse Mobilisation ausgelöst. Wir<br />
kennen die Geschichte. Es blieb dem Gottessohn<br />
vorbehalten, die Knechtschaft der Sünde zu<br />
durchbrechen und aufzulösen. Ob ein Wort in<br />
einer Sprache fehlt oder nicht, ist nicht massge-
end. Gott sieht, was Menschen nicht wahr haben<br />
wollen. Er sieht, ob wir gebunden oder frei sind.<br />
Wohl uns, wenn wir uns nicht um die Wahrheit<br />
herum drücken, sondern dazu stehen, dass wir<br />
einen Löser brauchen und dafür danken.
2. Juni<br />
Sollte aber Gott seinen <strong>Aus</strong>erwählten, die Tag<br />
und Nacht zu ihm rufen, ihr Recht nicht<br />
schaffen? Ich sage euch, er wird es tun in einem<br />
Augenblick. Wird jedoch der Menschen-<br />
und Gottessohn, wenn er kommt, auf Erden<br />
den Glauben finden? (Lukas 18, 7-8)<br />
Zuvor erzählte Jesus das Gleichnis vom ungerechten<br />
Richter, um den Jüngern zu zeigen,<br />
dass sie allezeit beten und nicht müde werden<br />
sollten, und sprach: Es war ein Richter in einer<br />
Stadt, der Gott nicht fürchtete und sich vor keinem<br />
Menschen scheute. Und eine Witwe war in<br />
jener Stadt, die kam immer wieder zu ihm und<br />
sagte: Schaffe mir Recht gegenüber meinem Gegner!<br />
Und er wollte eine Zeitlang nicht; doch<br />
nachher sagte er bei sich selbst: Wenn ich auch<br />
Gott nicht fürchte und keinen Menschen scheue,<br />
so will ich doch, weil mir diese Witwe Mühe<br />
macht, ihr Recht schaffen, damit sie nicht<br />
schliesslich kommt und mich ins Gesicht schlägt.<br />
Es scheint das Normale zu sein, dass die Nachfolger<br />
Jesu viel und öfters ins Unrecht versetzt<br />
werden. Sie werden dabei behaftet und die unmöglichsten<br />
Forderungen an sie gestellt. Dabei<br />
handelt es sich nicht nur um menschliche Gegner,<br />
sondern vielmehr um geistige Mächte als Gegenerschaft.<br />
Deswegen rufen sie Tag und Nacht zu<br />
Gott und bitten um sein Eingreifen. Und er<br />
schiebt das nicht auf die lange Bank, sondern<br />
greift plötzlich ein in einem Augenblick.<br />
Soweit so gut. Die Erwählten können aufatmen –<br />
sie sind frei. Dies geschieht in der Heilsgeschichte<br />
am laufenden Band, immer <strong>von</strong> Neuem bis zur<br />
Wiederkunft Christi. Und da geht nun Jesus über<br />
das Gleichnis hinaus: „Wie wird es sein, wenn ich<br />
wiederkomme, sind die Jünger gewachsen, haben
sich die Christen positiv entwickelt oder alles einfach<br />
an sich geschehen lassen? Werde ich den<br />
Glauben, die Hingabe und die Liebe zu mir finden<br />
und empfangen als reife Frucht ihres Erlebens<br />
mit mir?“ An dieser Frage und Antwort<br />
hängt alles, wenn wir nicht nur auf unser Recht<br />
pochen, sondern als dankbare Geschöpfe Christus<br />
preisen!
3. Juni<br />
Christus spricht: In der Welt habt ihr Angst;<br />
aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.<br />
(Johannes 16, 33)<br />
Angst – wovor Angst?<br />
Angst vor dem Strassenverkehr.<br />
Angst vor dem Arbeitsstress.<br />
Angst vor der Seekrankheit.<br />
Angst vor der Flugangst.<br />
Angst vor dem Sterben.<br />
Angst vor Hals- und Beinbruch.<br />
Angst vor Arbeitslosigkeit.<br />
Angst vor Rentenkürzung.<br />
Angst – wovor Angst?<br />
Vor allem in der Welt!<br />
Angst muss sein, sagen uns die gescheiten Psychiater;<br />
Angst macht vorsichtig. Gut so. Aber ich<br />
plädiere für Aufmerksamkeit und Geistesgegenwart.<br />
Angst ist wie eine Seuche. Sie greift um sich,<br />
ist ansteckend und masslos. Impfstoff gibt es keinen<br />
und wenn, macht er noch Angst, Angst vor<br />
der Nadel.<br />
In der Welt habt ihr Angst. Aber <strong>von</strong> der Welt<br />
kann man sich nicht abmelden. Wohin ginge die<br />
Fahrt? Statt Angst zu suchen, lesen wir weiter:<br />
Ein A b e r! Ein Wendepunkt, kein Kreisel! Halt,<br />
da gibt es eine neue Blickrichtung. Wohin? „Seid<br />
getrost; ich habe die Welt überwunden!“ Da, wo<br />
Christus ist, gibt’s diesen Trost, gibt’s diesen neuen<br />
Boden unter den Füssen, gibt’s eine neue Haltung<br />
und Zuversicht: Er hat überwunden. Nicht<br />
die böse Welt, sie war gut <strong>von</strong> Anfang an; aber die<br />
Welt, die wir teuflisch unterwandern liessen bis<br />
wir auf diesem heissen Boden nur noch tanzten<br />
vor Angst. Diese Unterwanderung ist besiegt,<br />
überwunden. Das gilt auf allen Gebieten. Überall<br />
heisst es „aber“ und „überwunden“. Seid getrost!!
4. Juni<br />
Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam<br />
bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.<br />
(Philipperbrief 2, 8)<br />
Auf den Helmen der römischen Soldaten standen<br />
zwei Buchstaben, ein S und ein T. Das war die<br />
Abkürzung der beiden Wörter: „Semper Talis“, zu<br />
deutsch „Immer Derselbe“!<br />
Dem römischen Soldaten war es eine Mahnung,<br />
stets, in Krieg und Frieden, die gleiche Gesinnung<br />
der Vaterlandsliebe, des Todesmutes, der Kampfesfreudigkeit<br />
zu zeigen. –<br />
Bei Christus kann man im vollsten Masse dieses<br />
Wort in Anwendung bringen: Er war immer derselbe!<br />
In Lehre und Wirken, in Stille und Sturm,<br />
in Frieden und Kampf, - voller Gehorsam gegen<br />
den Vater, das war sein innerstes Interesse.<br />
Wir sind nicht immer dieselben. Und die römischen<br />
Soldaten sind es auch nicht immer gewesen.<br />
Unser steter Gehorsam ist mehr als zweifelhaft.<br />
Heute geht mit uns die Leidenschaft durch und<br />
morgen tun wir Busse. Mal so, mal so. Ein fortwährendes<br />
Auf und Ab. Semper talis, so möchten<br />
wir sein. <strong>Aus</strong> eigener Kraft werden wir es nie<br />
schaffen. Wir sind auf Christus angewiesen. Er ist<br />
nicht nur unser Vorbild, er ist auch unsere Kraft.<br />
Er ward gehorsam um unseres Ungehorsams willen.<br />
Er blieb derselbe, auch wenn wir es nicht fertig<br />
brachten. Das ist ein Grund zum täglichen<br />
Dank!
5. Juni<br />
Am siebenten Tag ist die Versammlung des<br />
Herrn. (5. Mose 16, 8)<br />
Zwei drastische Einladungen zum Gottesdienstbesuch:<br />
Die eine lautete: Nur Fassade? – Deinen Leib, der<br />
morgen schon im Grabe liegt, pflegst du mit Hingabe,<br />
deine Seele aber lässt du verkommen. Gib<br />
deiner Seele einen Sonntag. Geh zur Kirche.<br />
Daneben war eine Frau abgebildet, deren Gesicht<br />
eben aufgearbeitet wurde.<br />
Auf einem andern Plakat waren eine Kirche und<br />
ein Gefängnis abgebildet. Als Schlagzeile fiel in<br />
die Augen: Geheime Zusammenhänge. Durchschnittlicher<br />
Kirchenbesuch 9:1. Im Gefängnis ist<br />
es umgekehrt: 1:9.<br />
Der Sonntag ist mehr als ein freier Tag. Sonntags<br />
findet die Versammlung des Herrn statt. Wer den<br />
Gottesdienst verschläft, lässt seine Seele verkommen.<br />
Für unsere Fassade haben wir jede Zeit.<br />
Denn was Menschen <strong>von</strong> uns denken, ist uns<br />
zehnmal wichtiger, als was Gott <strong>von</strong> uns denkt.<br />
Gott interessiert sich wirklich nicht für unseren<br />
Teint. Gott schaut nach der Seele. Lässt uns das<br />
kalt? Die Versammlung am siebenten Tag ist die<br />
beste Kosmetik für die Seele. Gib deiner Seele einen<br />
Sonntag! Geh zur Kirche!
6. Juni<br />
Jesus sprach: Wer mich bekennt vor den<br />
Menschen, den will ich auch bekennen vor<br />
meinem himmlischen Vater. (Matthäus 10,<br />
32)<br />
Unter Gleichgesinnten in der Kirche fromm zu<br />
sein, ist kein Kunststück. Aber in der Schule, inder<br />
Fabrik, auf dem Bauplatz und auf dem Sportplatz,<br />
da wird die Sache problematisch. Da tauchen<br />
wir gerne unter, gleichen uns an und bekommen<br />
die Lippen nicht mehr auseinander.<br />
Wieviele geben ihr Christsein beim Eintritt in die<br />
Fabrik an der Garderobe ab? Der Glaube und das<br />
Fabrikleben sind für sie wie Kleider, die austauschbar<br />
sind. In der Kirche, im kirchlichen Verein,<br />
im Bibelkreis ist man fromm. In der Öffentlichkeit<br />
passt man sich an, wie ein Chamäleon an<br />
den farbigen Untergrund, auf dem es sitzt. Jesus<br />
will keine Chamäleonchristen, keine Konformisten<br />
und Mitläufer. Er will Menschen, die sich zu<br />
ihm bekennen – und zwar in jeder Situation.<br />
Gib, dass ich nicht <strong>von</strong> jenen,<br />
mein Heiland, möge sein,<br />
die morgen dich verhöhnen<br />
und heut’ dir Palmen streun.
7. Juni<br />
Simon, Simon, siehe, der Satan hat sich <strong>von</strong><br />
Gott ausgebeten, um euch im Sieb zu schütteln<br />
wie den Weizen; ich habe aber für dich<br />
gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre; und<br />
du, wenn du dich einst bekehrt hast, stärke<br />
deine Brüder! (Lukas 22, 31-32)<br />
<strong>Dr</strong>ei Jahre sind es nun, dass Jesus mit seinen Jüngern<br />
im Heiligen Land umher gezogen ist. In dieser<br />
kurzen Zeit haben die Jünger Erstaunliches<br />
erlebt, gesehen und gehört. Auch sind sie selber<br />
ausgezogen und haben gepredigt und geheilt und<br />
wurden Zeugen <strong>von</strong> der Macht ihres Meisters, der<br />
ganz woanders war. Sie waren treu behütet und<br />
bewahrt, jegliche Prüfungen und Erprobungen<br />
waren <strong>von</strong> ihnen ferngehalten. Sie lebten unter<br />
dem einzigartigen Schutz ihres Meisters.<br />
Nun kommt ein Schritt, den sie kennen könnten,<br />
denn Jesus hat öfters mit ihnen darüber gesprochen.<br />
Doch sie hatten andere Vorstellungen <strong>von</strong><br />
Jesus, legten ihm in Gedanken andere Pläne vor,<br />
hatten ganz andere Zukunftsvorstellungen, sie<br />
waren verschlossen für die göttlichen Pläne und<br />
die nächsten Schritte. Es scheint, dass nur einer<br />
wirklich an Jesus interessiert war. Simon Petrus.<br />
Ihn nimmt Jesus jetzt auch zur Seite und offenbart<br />
ihm himmlisches Geschehen. Der Satan hat<br />
sich <strong>von</strong> Gott auserbeten, die Jünger wie Weizen<br />
zu schütteln, bis sie vielleicht sogar irre werden an<br />
Jesus. Für Petrus hat aber Jesus gebetet, dass er<br />
bestehe im Glauben. Aber auch er muss durch<br />
tiefste Tiefen, bis er sich bekehren und <strong>von</strong> Jesus<br />
neu angenommen wird und seine Brüder stärken<br />
kann. Aber er hat eine Basis, die andere nicht haben<br />
– der nicht aufhörende Glaube. Was für eine<br />
Gnade für den Heissporn Petrus! Er wird zu einem<br />
der verlässlichsten Jünger werden. Diese<br />
Gnade gilt jedem und jeder, die sich ganz und gar
für Jesus und seinen Willen öffnen. Und dieser<br />
Wille ist umschlossen <strong>von</strong> der Liebe Jesu: Mein<br />
Joch ist sanft. Und halten wir es auch für uns fest:<br />
Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht<br />
aufhöre.
8. Juni<br />
Nur durch Christus können wir die rettende<br />
Botschaft verkünden, den neuen Bund, den<br />
Gott mit uns Menschen geschlossen hat. Wir<br />
verkünden nicht länger die Herrschaft des<br />
geschriebenen Gesetzes, sondern das neue<br />
Leben durch Gottes Geist. Denn der Buchstabe<br />
tötet, Gottes Geist aber schenkt Leben.<br />
(2. Korintherbrief 3, 6)<br />
Paulus und seine Mitarbeiter sind ein starkes, gut<br />
eingespieltes Team. Sie könnten sich durchaus<br />
etwas auf sich einbilden. Vor allem sind so gewieft,<br />
dass sie die fruchtbare Verkündigung ihrer<br />
Geschicklichkeit zuschreiben könnten. Aber nein,<br />
sie sind so demütig und realistisch, dass sie ihr<br />
Werk nur Christus zuschreiben wollen. „Nur<br />
durch Christus“ ist ihre Parole. Und diese Parole<br />
wirkte damals und wirkte fort und fort bis sie<br />
auch in der Gegenwart wirkt. Nur durch Christus<br />
kann die gute Nachricht in die Welt kommen,<br />
sonst wird zwar geredet, aber das Evangelium<br />
bleibt draussen. Wer diese Vorbedingung nicht<br />
anerkennen kann, ist nicht tauglich im Dienst des<br />
Herrn. Es geht ja auch nicht um irgend eine Botschaft,<br />
sondern um die „rettende Botschaft, den<br />
neuen Bund“ den Gott gestiftet hat. Dies verlangt<br />
die höchste Autorität. Und wenn Gott die Proklamation<br />
dieser Botschaft schon uns Christen<br />
anvertraut, dann müssen wir ganz im Hintergrund<br />
stehen. Wir geben damit Gottes Geist Raum, dass<br />
er seinen Dienst tun kann, nämlich Leben zu<br />
schenken, da<strong>von</strong> ist Paulus fest überzeugt und will<br />
es nicht mehr preisgeben.<br />
Das gehört auch zur Liebe Gottes zu der Schöpfung,<br />
dass er nicht aufhört, die Menschen zu suchen,<br />
das Gesetz des Buchstabens durch das neue<br />
Leben aus dem Geist Gottes zu ersetzen und das
Ganze durch uns Christen als wunderbares Angebot<br />
der Welt anzukünden: Nur durch Christus legitimiert<br />
und wahr gemacht!
9. Juni<br />
Denn ich habe gelernt, in welcher Lage ich<br />
mich auch befinde, mir genügen zu lassen.<br />
(Philipperbrief 4, 11)<br />
Ein reicher und sonderlicher Amerikaner liess<br />
einmal eine Anzeige in die Zeitung setzen: „Ich<br />
schenke einen Luxuswagen einem zufriedenen<br />
Menschen.“ Flugs kamen die Leute zu Dutzenden<br />
und meldeten sich für das Geschenk. „Seid ihr<br />
denn wirklich zufrieden?“ fragte der Spender. „Ja,<br />
gewiss, wir sind ganz zufriedene Leute!“ „Nun,<br />
warum wollt ihr dann noch einen Luxuswagen,<br />
wenn ihr ganz zufrieden seid?“ – Verblüfft gingen<br />
die Bewerber da<strong>von</strong>.<br />
Zufriedenheit ist keine Frage des Geldbeutels,<br />
sondern der Einstellung. Allgemein wird man<br />
Paulus, der das oben genannte Bibelwort gesagt<br />
hat, einen Lebenskünstler nennen. Vielleicht ist<br />
er’s auch. Wer sich genügen lassen kann, ist frei<br />
<strong>von</strong> Neid und Habgier. Er schielt nicht fortwährend<br />
nach dem Lebensstandard des anderen. Zufriedenheit<br />
erreicht man nicht durch Autosuggestion<br />
und gute Vorsätze. Sie ist uns leider nicht angeboren.<br />
Auch Paulus nicht. Aber woher hat er<br />
sie? Zwei Verse weiter nennt uns Paulus den<br />
Grund: Alles vermag ich durch den, der mich<br />
stark macht, Christus. Der Glaube an Jesus macht<br />
nicht fatalistisch – wie böse Zungen behaupten.<br />
Im Gegenteil. Er gibt Kraft, sich in jeder Situation<br />
genügen zu lassen. Wer sehnt sich nicht danach?
10. Juni<br />
Er hat alles getan, weil er wollte, dass die<br />
Menschen ihn suchen. Sie sollen ihn spüren<br />
und finden können. Und wirklich, er ist jedem<br />
<strong>von</strong> uns ja so nahe! Durch ihn allein leben<br />
und handeln wir, ja, ihm verdanken wir<br />
alles, was wir sind.<br />
(Apostelgeschichte 17, 27-28)<br />
Ein bekehrter Chinese charakterisierte treffend<br />
den Unterschied der verschiedenen Religionen<br />
mit folgendem Gleichnis: Ich war durch meine<br />
Sünden in eine tiefe Grube mit schlammigem Boden<br />
gefallen. Da kam Konfuzius, unser grosser<br />
Sittenlehrer, sah mich drunten liegen und sprach<br />
zu mir: „Armer Mann, du tust mir leid! Aber wie<br />
konntest du so töricht sein und in dieses Loch fallen?<br />
Bist du einmal wieder glücklich draussen, so<br />
nimm dich ja in acht, dass dir nicht wieder etwas<br />
Ähnliches zustösst.“ Darauf kam Buddha und rief<br />
mir zu: „Könntest du dich nur zur Hälfte heraufarbeiten,<br />
so wollte ich dir gerne vollends heraushelfen.“<br />
Aber ich vermochte ja gar nichts. Endlich<br />
kam Jesus, stieg zu mir in die Grube hinunter und<br />
hob mich mit starkem Arm heraus. Dann sprach<br />
er zu mir: „Gehe hin und sündige hinfort nicht<br />
mehr!“<br />
Gott räumte soviel Schutt weg, dass wir Menschen<br />
ihn suchen können. Wir sollen ihn spüren<br />
und durch ihn leben. Sehen wir genau hin: bevor<br />
wir ihn suchen, ist Gott durch Jesus Christus<br />
schon in Aktion, uns zu suchen, die Vorbereitungen<br />
zu treffen, dass wir schlussendlich ihn suchen<br />
können. Ja, ihm verdanken wir alles, was wir sind.<br />
Das ist das ganz andere als bei allen Stiftern einer<br />
Religion. Jesus hat keine neue gebracht. Er brachte<br />
das wahre Vertrauen, den Glauben und die<br />
Liebe und die Hoffnung in diese Welt! Er brachte
persönlich das Erlösungsopfer und veränderte<br />
uns durch die Vergebung unserer Schuld. Aber<br />
die Welt und darin weite Teile der Kirche danken<br />
es ihm nicht, lassen der flopenden Schöpfung ihren<br />
Lauf. Doch einige sind auf Empfang, wenn<br />
Gott seine Liebe sendet und handeln darnach. Ihnen<br />
steht es täglich vor Augen, dass sie ihm alles<br />
verdanken!
11. Juni<br />
Die vorausgingen, fuhren den Blinden an, er<br />
solle schweigen. Er aber schrie noch viel<br />
mehr: Du Sohn Davids, erbarm dich über<br />
mich! Und Jesus sagte zu ihm: Sei sehend!<br />
Dein Glaube hat dich gerettet. (Lu. 18, 39.42)<br />
.<br />
Die vorausgingen, verstehen sich als Leibgarde<br />
Jesu. Sie halten alle Störungen <strong>von</strong> ihm fern. Sie<br />
kennen aber auch gar keine Unterscheidung der<br />
eintretenden Ereignisse. Sie kennen auch kein<br />
Feingefühl. Sie haben Jesus für sich gewonnen<br />
und nun wird er nicht wieder mit anderen geteilt.<br />
Er ist ihr Heiland, mögen die andern zusehen, wie<br />
sie ihren Heiland finden können. Doch der Blinde<br />
weiss, jetzt oder nie. Er verstärkt seine Anstrengungen<br />
und dringt damit durch bis zu Jesus. Der<br />
Trupp kommt zum Stehen und Jesus nimmt sich<br />
des Blinden vollkommen an. Der Blinde wird sehend<br />
und hört die erstaunlichen Worte Jesu: Dein<br />
Glaube hat dich gerettet. Das wunderbare Wort<br />
„gerettet“ deutet an, dass an dem Mann noch viel<br />
mehr geschehen ist als eine Heilung. Zur äusseren<br />
Heilung kam die innere Heilung. Ohne, dass nur<br />
ein Wort darüber gesagt wurde, wird es klar, Jesus<br />
macht den Mann auch innerlich sehend, macht<br />
ihn innerlich heil, weil er in dem Manne den<br />
Glauben gefunden hat. Er folgt nun Jesus nach<br />
und was er weitergibt ist die Botschaft <strong>seiner</strong> Rettung,<br />
seines inneren und äusseren Heilwerdens.<br />
Das ist die gute und frohe Nachricht, dass Jesus<br />
gekommen ist, den ganzen Menschen zu retten<br />
für das Himmelreich. Da staunte dann auch die<br />
‚Leibgarde’ Jesu und stimmte in den Lobpreis ein.<br />
Gibt uns ein solches Geschehnis nicht auch heute<br />
einen ganz neuen Mut, auf Jesus zu vertrauen, für<br />
uns und für andere, die uns anvertraut sind? Alles<br />
geschieht wie im Vorübergehen. Jesus macht kein<br />
Aufhebens. Sein Auftrag gehört zum natürlichen
Lebensverlauf. Was für ein Reichtum des Lebens!<br />
Haben wir denn gar kein Verlangen, diesen Reichtum<br />
auch in unserem Leben wirken zu sehen?,<br />
denn es ist so düster, kalt und einsam in unseren<br />
Christenleben. „Wach auf, du Geist der ersten<br />
Zeugen!“
12. Juni<br />
Denn dein ist das Reich und die Kraft und die<br />
Herrlichkeit in Ewigkeit. (Matthäus 6, 13)<br />
Als <strong>Prof</strong>essor Karl Barth <strong>seiner</strong>zeit dem Papst einen<br />
Besuch machte, soll er ihn beim Abschied<br />
ermuntert haben: „Seien Sie nicht so bekümmert!<br />
Christus siegt!“ Und der Kirchenvater Chrysostomus<br />
hat zu dieser Stelle gesagt: „Wenn sein das<br />
Reich ist, so braucht sich wahrlich niemand zu<br />
fürchten, da der Widersacher ein Nichts ist und<br />
Christus die Herrschaft an sich nimmt.“ Seine<br />
Herrschaft ist nicht fragwürdig, sie steht nicht in<br />
den Sternen. Seine Herrschaft ist keine Vertröstung<br />
auf spätere Zeitalter. Gottes Reich ist mitten<br />
unter uns. Christen stehen nicht auf verlorenem<br />
Posten. Die Kirche Jesu steht noch nicht vor dem<br />
Untergang. Resignation und Verzweiflung ist unbiblisch.<br />
Christus siegt, sein ist das Reich.<br />
Woher kommt unsere Angst, die Kirche könnte<br />
<strong>von</strong> liberaler oder radikaler Theologie, <strong>von</strong> Irrlehrern<br />
oder <strong>von</strong> einer Säkularisierungswelle verschlungen<br />
werden? Sollte unser Glaube an den<br />
lebendigen Gott auch schon angefressen sein?
13. Juni<br />
Es ist aber der Glaube eine Zuversicht auf<br />
das, was man hofft und eine Überzeugung<br />
<strong>von</strong> Dingen, die man nicht sieht. (Hebräer 11,<br />
1)<br />
Glauben heisst mit dem Herzen Jesus sehen.<br />
Missionar Hoffmann suchte lange Zeit nach einem<br />
Wort für Glauben in der Papuasprache. Da<br />
kam eines Tages ein Eingeborener zu ihm und<br />
fragte: „Hoffmann, hast du den Herrn Jesus gesehen?“<br />
„Nein.“ „Hat ihn dein Vater gesehen?“<br />
„Nein“ „Aber dein Grossvater?“ „Auch nicht“<br />
„War denn Jesus in deinem Land?“ „Nein“ „Aber<br />
woher weisst du, dass Jesus da ist?“ „Oh“, sagte<br />
ich, „so wahr die Sonne da am Himmel steht, so<br />
wahr weiss ich auch, dass Jesus da ist.“ Der Mann<br />
ging nachdenklich nach Hause, kam aber am<br />
nächsten Tage wieder, und stellte dieselben Fragen.<br />
Als er wieder die gleiche Antwort bekam, sah<br />
er mich eine Weile an und meinte: „Ich verstehe<br />
dich jetzt, dein Auge hat Jesus nicht gesehen; aber<br />
nicht wahr, dein Herz kennt ihn, dein Herz hat<br />
ihn gesehen.“ Als der Mann wegging, fuhr es mir<br />
durch den Sinn, das gibt ein schönes Wort für<br />
Glauben.<br />
In einer andern Eingeborenensprache heisst<br />
Glaube: ‚durch den Horizont sehen’. Und bei uns<br />
wird immer öfters das Wort ‚Vertrauen’ angewendet.<br />
Eine gründliche Definition gibt der Hebräerbrief-Schreiber<br />
mit der obigen Textstelle. Wozu<br />
diese Fülle? Nicht, dass sie für jeden und jede etwas<br />
hergibt, sondern um zu zeigen, dass Glaube<br />
bei verschiedenen Vorkommnissen wie einen andern<br />
Ton hat, etwas eingegrenzt auf dieses oder<br />
jenes Ereignis ist. Aber nicht, dass wir jetzt mit<br />
diesen verschiedenen Deutungen hausieren gehen,<br />
das stände uns nicht gut an. Aber verinnerlicht
kann das alles eine gründliche Hilfe sein, wenn<br />
wir zum glauben herausgefordert sind und es eher<br />
schwer haben damit.
14. Juni<br />
Und ich sage euch: Bittet, so wird euch gegeben<br />
werden; suchet, so werdet ihr finden,<br />
klopfet an, so wir euch aufgetan werden!<br />
Denn jeder, der bittet, empfängt; und wer<br />
sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird<br />
aufgetan werden. (Lukas 11, 9-10)<br />
Es ist immer wieder dasselbe. Wo das Evangelium<br />
verkündet und zu einem Leben mit Jesus aufgerufen<br />
wird, ziehen sich viele Leute zurück. Nicht,<br />
dass sie kein Interesse gehabt hätten an der Botschaft,<br />
ganz im Gegenteil, auch der Botschafter<br />
hat ihnen Eindruck gemacht. Aber die Konsequenz,<br />
die sich da abzuzeichnen begann und am<br />
Schluss ganz klar vor einem stand, überforderte<br />
und nahm einem die Freude am sonst gelungenen<br />
Anlass. Wie soll man sich das anders vorstellen,<br />
ein Leben als Christ muss doch langweilig sein,<br />
fordert doch sicher jede Freude <strong>von</strong> einem,<br />
schränkt einen doch überall ein und fordert am<br />
laufenden Band Verzichte usw. Nein danke. Das<br />
ist etwas für spezielle Leute, aber für mich doch<br />
nicht. Das ist zu wenig anspruchsvoll, ohne Herausforderung,<br />
die einzige Forderung ist der Verzicht<br />
auf Vergnügen, Abwechslung, Leben im<br />
Rampenlicht, Vereine usw. Und dann hört man<br />
da<strong>von</strong> oder liest selber so eine Bibelstelle wie die<br />
obige und dann sieht die Vorstellung doch plötzlich<br />
ganz anders aus. Da werden in einer eindrücklichen<br />
Verdoppelung Versprechungen gemacht,<br />
die aufhorchen lassen. Was ist jetzt mit<br />
dem Verzichten, wenn Gott um alles gebeten<br />
werden kann und er Erfüllung zusagt? Jesus fährt<br />
im Gleichnis fort zu sagen, wer sucht, der findet,<br />
der findet Erfüllung zum Beispiel; wer anklopft<br />
um Gemeinschaft zu haben, dem wird aufgetan<br />
werden und er wird die Gegenwart Gottes erfahren.
Was zu gewinnen ist, lässt sich kaum beschreiben,<br />
lässt sich aber erfahren. Die Probe muss gewagt<br />
werden. Und wer’s tut, gelangt <strong>von</strong> Klarheit zu<br />
Klarheit.
15. Juni<br />
Da antwortete Agrippa dem Paulus: Beinahe<br />
bringst du es fertig, mich zu einem Christen<br />
zu machen. (Apostelgeschichte 26, 28)<br />
In dem Film „Der Spieler“ <strong>von</strong> Dostojewsky wird<br />
am Schluss die Grossmutter des Generals als leidenschaftliche<br />
Spielerin gezeigt. Die dürre alte<br />
Dame mit ihren glühenden Augen spielt mit einem<br />
Orientalen, der kühl und überlegen dabeisteht.<br />
8 Millionen stehen auf dem Spiel. Wenn sie<br />
jetzt verliert, ist sie bettelarm. Dann fällt die Entscheidung.<br />
Um eine Zahl bleibt sie unter der des<br />
andern. Eine Zahl, die ihr „beinahe“ ein Vermögen<br />
in den Schoss gelegt hätte. Aber diese Zahl<br />
wird ihr zum Verhängnis. Die Karten werden<br />
aufgedeckt, und sie sinkt im Sessel zusammen.<br />
Die Umstehenden können nur noch den Tod<br />
feststellen.<br />
So etwas gibt es im Christentum oft. Ein „Beinahe-Christentum“<br />
ist ein totes Christentum, unfruchtbar<br />
und zum Tode verurteilt, wie die alte<br />
Dame im Film „Der Spieler“. Dem „Beinahe-<br />
Christen“ Agrippa fehlte nur ein Schritt – aber<br />
der entscheidende. Die guten Vorsätze reichen<br />
nicht aus. Wer beinahe den Zug erreicht hätte, hat<br />
ihn verpasst. Wer beinahe gewonnen hätte, hat<br />
verloren. Wer beinahe Christ geworden wäre, ist<br />
keiner geworden. Man kann <strong>von</strong> der Kirche, <strong>von</strong><br />
der Bibel und <strong>von</strong> Jesus viel halten, man kann positiv<br />
eingestellt sein und steht doch draussen. Beinahe<br />
heisst: Es hat nicht gereicht. Die Chance ist<br />
verpasst. Schrecklich, wenn wir das am Ende unseres<br />
Lebens sagen müssten!
16. Juni<br />
Auch in den fernsten Ländern werden Menschen<br />
Gott erkennen und umkehren zum<br />
Herrn, ja, alle Völker werden sich vor ihm<br />
niederwerfen. (Psalm 22, 28)<br />
Im Römerbrief vernimmt man <strong>von</strong> Paulus entschiedene<br />
Worte über die Gottlosigkeit der Heidenvölker,<br />
zu denen auch wir gehörten: „Sein unsichtbares<br />
Wesen, das ist seine ewige Kraft und<br />
Gottheit, ist ja seit Erschaffung der Welt – wenn<br />
man es in den <strong>Werke</strong>n betrachtet – deutlich zu<br />
ersehen. Sie kannten zwar Gott, aber gaben ihm<br />
nicht die ihm zustehende Ehre und den Dank.“<br />
So fiehlen sie ab vom lebendigen Gott und erwählten<br />
allerlei andere Götter, die ihnen mehr zusagten.<br />
Doch diese Worte stehen dem prophetischen<br />
Psalm 22 gegenüber, dessen Erfüllung mit<br />
dem Kreuz auf Golgatha begann. Jesus gebrauchte<br />
in seinen letzten Worten Teile aus diesem<br />
Psalm und der Auftrag an seine Jünger findet hier<br />
seine Beschreibung. Den Völker, die einst Gott<br />
kannten, wird das Evangelium neu verkündigt<br />
und bis an die Enden der Erde wird es Völker geben,<br />
die sich zum Herrn bekehren und ihn ehren<br />
werden. Und wo<strong>von</strong> wir kaum zu träumen wagen,<br />
wird hier in <strong>Aus</strong>sicht gestellt: alle Völker werden<br />
sich vor dem Herrn niederwerfen. Auch das hat<br />
Paulus ganz neu formuliert im Brief an seine geliebten<br />
Philipper: „Gott hat Jesus Christus erhöht<br />
und ihm den Namen gegeben, der über allen Namen<br />
steht. Vor Jesus werden einmal alle auf die<br />
Knie fallen: alle im Himmel, auf der Erde und im<br />
Totenreich. Und jeder ohne <strong>Aus</strong>nahme soll zur<br />
Ehre Gottes, des Vaters, bekennen: Jesus Christus<br />
ist der Herr!“<br />
Ob es uns klar ist, dass wir dieses Geschehen<br />
nicht einfach in aller Ruhe aus einem Sofasessel<br />
heraus beobachten können? Nein, das ist eine
Herausforderung an uns, der wir uns stellen müssen.<br />
Das ist Arbeit, die einem nicht unbedingt so<br />
leicht <strong>von</strong> der <strong>Hand</strong> läuft. Denn heutzutage sind<br />
wir mit den gängigen Missionsstrategien ziemlich<br />
am Ende. Heute sind Fachleute gefragt, die bis in<br />
die fernsten Länder sich schicken lassen. Leute<br />
voll Heiligen Geistes, die ein gutes Zeugnis haben<br />
in der Gemeinde, wie es schon verlangt wurde bei<br />
der Wahl <strong>von</strong> sieben Gehilfen der Apostel. Diese<br />
Leute sollen es richten, was der Wille des Herrn<br />
ist.
17. Juni<br />
Wer sein Leben festhält, der wird es verlieren;<br />
und wer sein Leben hingibt um meinetwillen,<br />
der wird es finden. (Matthäus 10, 39)<br />
Hergeben oder hingeben? Zwischen diesen beiden<br />
Begriffen ist ein grosser Unterschied. „Hergeben“,<br />
d.h. einfach „weggeben“, und nun hat<br />
man es nicht mehr. „Hingeben“ heisst ein Opfer<br />
bringen. Bei der Hingabe bejahe ich den Empfänger.<br />
Und weil ich das tue, so bekomme ich das,<br />
was ich hingab, in einem höheren Sinn wieder zurück.<br />
Hergeben macht ärmer, hingeben reicher.<br />
Verlust ist etwas Negatives, Opfer etwas Positives.<br />
Beim Hergeben behalte ich meine Persönlichkeit<br />
zurück, beim Hingeben ist gerade dies das<br />
Wesentliche, dass sie mit der Gabe verbunden ist<br />
und ihr folgt. Hingabe ist nicht Wegwerfen, sondern<br />
Einreihung in einen höheren Zusammenhang<br />
– das Reich Gottes. Hingabe ist Gott zur<br />
Verfügung stellen, aber damit ist es für mich nicht<br />
verloren, sondern erst recht gewonnen, weil ja<br />
dieser Gott mein Vater ist und sein Reich meine<br />
Heimat.
18. Juni<br />
Gott lässt aber auch seinen Zorn sichtbar<br />
werden. Vom Himmel herab trifft er alle<br />
Menschen, die sich gegen Gott auflehnen und<br />
so die Wahrheit mit Füssen treten. Sie führen<br />
ein Leben ohne Gott und tun, was ihm missfällt.<br />
(Römerbrief 1, 18)<br />
Wer es heutzutage wagt, über den Zorn Gottes zu<br />
predigen, muss mit dem Zorn der Zuhörer rechnen.<br />
Wir Menschen billigen es nicht, dass Gott<br />
zornig sein darf und als Folge da<strong>von</strong> ein Gericht<br />
halten kann. Es ist nur noch vom „lieben“ Gott<br />
die Rede. Gnädig und barmherzig hat er zu sein,<br />
ohne dass wir etwas beizutragen hätten. Lieb ist<br />
er, wenn wir uns getrauen dürfen, Sünde und<br />
Schuld nicht mehr zu erwähnen. Christi Kreuz ist<br />
kein Liebes- und Sündopfer sondern ein Justizirrtum.<br />
Seine Liebe ist bei der Beziehung zu Maria<br />
Magdalena zu finden. Dort sind auch viele <strong>von</strong><br />
uns anzutreffen und lassen sich lieben. Liebe ist<br />
zum Modegag pervertiert und selbst die Theologie<br />
macht diese Nivellierung auf weite Strecken<br />
mit. Da sind, unter anderen, die Menschen zu suchen<br />
und zu finden, „die sich gegen Gott auflehnen<br />
und so die Wahrheit mit Füssen treten.“ Zum<br />
letzten Mal: für sie gibt es keinen lebendigen und<br />
gerechten Gott – nur den l i e b e n Gott. Es ist<br />
höchste Zeit mit dieser Vorstellung und Verkündigung<br />
zu brechen. Eigentlich wüssten wir es<br />
schon <strong>von</strong> der kirchlichen Unterrichtung her:<br />
Gott ist Liebe und das ist wahr! Diese Liebe sucht<br />
aber den Menschen in <strong>seiner</strong> Verirrung auf und<br />
bietet ihm Hilfe. Jesus Christus ist da und übernimmt<br />
die Aufgabe. Das geschieht im Angesicht<br />
<strong>von</strong> Bekenntnis und Gericht. Es wirkt heiliger<br />
Ernst, bar jeder Gefühlsduselei. Aber daraus entsteht<br />
der Friede mit Gott, der höher ist als alle<br />
Vernunft.
„Zieh uns in dein Liebesreich; mach aus Sündern<br />
Gotteskinder; mach uns dir, o Heiland, gleich:<br />
Helfer, Kämpfer, Überwinder, im Geringsten<br />
wahr und treu; grosser Gott, mach du uns frei.<br />
Karl <strong>von</strong> Greyerz.
19. Juni<br />
Als mein Herz erbittert war, da war ich dumm<br />
und ohne Einsicht. Nun aber bleibe ich stets<br />
bei dir, denn du hältst mich bei meiner rechten<br />
<strong>Hand</strong> und nimmst mich hernach in die<br />
Herrlichkeit. (Psalm 73, 21-24)<br />
Da ist einer zur Ruhe gekommen. Aufgewühlt<br />
sind seine Tage verlaufen seit er die übermütigen<br />
Gottlosen beobachtete. Gut ging es ihnen. Alles<br />
gelingt ihnen nach Wunsch. „Ganz umsonst hielt<br />
ich rein mein Herz“, klagt der Psalmsänger. Bis er<br />
acht hatte auf ihr Ende. Da wurde ihm Kopf und<br />
Herz zurecht gerückt. Es öffneten sich ihm die<br />
Augen für das gerechte Walten Gottes. Er macht<br />
Erfahrungen, für die er bisher verschlossen war,<br />
die aber längst auf ihn warteten. Nun aber – heisst<br />
die Parole. Jetzt geht’s einen andern Weg, nun<br />
aber spielen die scheinbar Glücklichen keine Rolle<br />
mehr, nun aber lass ich die Faust im Sack frei,<br />
nun aber bleibe ich stets bei dir! Mir widerfährt<br />
das Kostbarste, das es zu erleben gibt:“Denn du<br />
hältst mich bei meiner rechten <strong>Hand</strong> und nimmst<br />
mich hernach in die Herrlichkeit.“ Der Mann bekommt<br />
einen ganz sicheren Schritt. Sein Leben<br />
verläuft nun in Bahnen der Dankbarkeit. Wie<br />
wertvoll ist ihm die Erfahrung geworden – wie<br />
nahe ist ihm Gott gekommen, dass er am Ende<br />
ausrufen kann:<br />
Mir aber ist es köstlich,<br />
Gott nahe zu sein;<br />
ich setze meine Zuversicht<br />
auf Gott den Herrn,<br />
und verkünde alle deine <strong>Werke</strong>.
20. Juni<br />
Du lässt Menschen zum Staub zurückkehren<br />
und sprichst: „Kommt wieder, ihr Menschenkinder!“<br />
(Psalm 90, 3)<br />
In dem grauenvollen Gewirr des zerschellten und<br />
verbrannten Flugzeuges fand man ein verkohltes<br />
Buch mit dem Titel: „Weg ohne Wiederkehr.“ Da<br />
sass also einer der Passagiere in dem bequemen<br />
Sessel des Flugzeuges, las in diesem Buch und<br />
ahnte nicht, dass dieser Weg ohne Wiederkehr<br />
schon vor der Türe stand. Das ist es ja gerade,<br />
was den Gedanken des Todes so unerhört bitter<br />
macht. Darum sprechen wir auch nicht gerne da<strong>von</strong><br />
und spüren es doch gerade in jedem Augenblick,<br />
dass die Schatten des Todes über unserem<br />
Leben liegen – wenn man nichts da<strong>von</strong> wüsste,<br />
dass einer wiedergekommen ist. Einer ist in die<br />
Nacht des Todes hinabgestiegen und ist zu uns<br />
zurückgekehrt. Darum kann uns dieser Jesus nicht<br />
kalt lassen. Sein Leben, Sterben und Wiederkommen<br />
gehen uns etwas an. Gott hat ihn aus dem<br />
Staub, aus der Hoffnungslosigkeit und der Vergänglichkeit<br />
zurückgeholt. Er war stärker als der<br />
Tod. Und die an ihn glauben, müssen nun nicht<br />
mehr krampfhaft alle Gedanken des Todes aus<br />
ihren Gesprächen verbannen. Der Tod ist nicht<br />
das Letzte. Dem „Weg ohne Wiederkehr“ setzt<br />
ER sein kraftvolles: „Kommt wieder, ihr Menschenkinder“<br />
entgegen. Das macht das Leben lebenswert.
21. Juni<br />
Heiliger Vater, erhalte sie bei deinem Namen,<br />
den du mir gegeben hast, damit sie eins<br />
seien wie wir! (Johannes 17, 11)<br />
Kaum war die Siedlung Herrnhut gegründet, so<br />
rissen auch schon Gegensätze der Lehre, Unterschiede<br />
der Tradition und des Kultus tiefe Klüfte<br />
auf. Der Verwalter des Grafen Zinzendorf, Heitz,<br />
war reformierter Schweizer; Pfarrer Rothe <strong>von</strong><br />
Berthelsdorf feuriger Lutheraner. Der Anführer<br />
der mährischen <strong>Aus</strong>wanderer, Christian David,<br />
schloss sich der reformierten Auffassung <strong>von</strong><br />
Heitz an, seine Genossen aber hielten sich zu dem<br />
Lutheraner Rothe. Zu diesem Streit um die Lehre<br />
kam noch der Gegensatz zwischen Pietismus und<br />
Orthodoxie. Christian David vertrat den Pietistenstandpunkt<br />
und vermisste bei den andern die<br />
wahrhaftige Bekehrung, die andere Seite warf ihm<br />
hartes Aburteilen und Mangel an Demut vor.<br />
Diese Gegensätze dauerten Jahre hindurch und<br />
brachten die Gemeinde zeitweilig an den Rand<br />
des inneren Zusammenbruchs, bis es nach fünfjährigem<br />
Ringen durch wunderbare Führung zur<br />
völligen Einheit kam. Das Jahr 1727 brachte die<br />
ersehnte Einheit. In einer Versammlung nahmen<br />
sie „durch eine mächtig waltende Gnade des<br />
Herrn, nicht nur überzeugt, sondern gleichsam<br />
hingerissen und übermannt“, Vereinigungspunkte<br />
an, die zur Einheit dienten. Dann feierten sie ein<br />
Abendmahl als wunderbare Bestätigung der gewonnenen<br />
Einheit. Das Abendmahl wurde zur<br />
eigentlichen Gebetsstunde der Brüdergemeine<br />
Herrnhut.<br />
Es wäre für Gott ein Leichtes, den Menschen die<br />
Einheit einfach überzustülpen. Aber dann wären<br />
sie nicht verändert worden, hätten keinen Weg
zueinander zurückgelegt. Es hätte keine Busse,<br />
keine Reue, kein Suchen und Finden gegeben. Die<br />
Freude über die kostbare Führung durch den Heiligen<br />
Geist wäre ausgeblieben. Wir sehen: Auf so<br />
vieles müsste verzichtet werden, wenn Gott den<br />
einfachen Weg wählen würde.<br />
Eine Frage bleibt: Warum dauert es stets so lange,<br />
bis sich die Gläubigen zu wirklicher Einheit zusammenfinden?
22. Juni<br />
Als Simon Petrus das sah, warf er sich zu den<br />
Knien Jesu nieder und sprach: Geh <strong>von</strong> mir<br />
hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch, o<br />
Herr! Und Jesus sprach zu Simon: Fürchte<br />
dich nicht! Von nun an wirst Du Menschen<br />
fangen. Und sie verliessen alles und folgten<br />
ihm nach. (Lukas 5, 8.10.11)<br />
Die ersten Jünger Jesu waren tüchtige Leute in<br />
ihrem Beruf – Fachleute, zum Teil mit Meisterausweis,<br />
keine Weicheier, die gerade noch zum<br />
Besuch einer Kurzbibelschule sich eigneten. Jesus<br />
brauchte ganze Leute, wie das heute in der Mission<br />
auch wieder eingetreten ist – zum Glück! Und<br />
doch ist das erst die eine Hälfte der Voraussetzung<br />
zum Zeugendienst. Den Meisterbrief haben<br />
sie ohne Jesus geschafft. Den zweiten Teil schafften<br />
sie nur durch ihn. Aber auch darin werden sie<br />
zur Fachkraft ausgebildet. Vor Jesus und angesichts<br />
dieses Fischwunders öffnet sich Simon und<br />
erkennt, „ich bin ein sündiger Mensch, geh <strong>von</strong><br />
mir hinaus.“ Aber Jesus bleibt, vergibt die Sünde<br />
und gibt einen neuen Auftrag „<strong>von</strong> nun an sollst<br />
du Menschen fangen“. Das wird nicht nur er tun,<br />
sondern auch die andern Jünger. Sie verliessen<br />
alles und standen zur Verfügung – ohne jedes eigene<br />
Sicherungsseil. Das sind die ersten Stunden<br />
der <strong>Aus</strong>bildung und diese ist nie abgeschlossen.<br />
Am meisten lernen die Jünger – lernen auch wir,<br />
in der Praxis. Es können Fehler passieren und<br />
dann machen wir die Erfahrung: Gott schreibt<br />
auch auf krummen Zeilen gerade.<br />
Jesus braucht für sein Lebenswerk laufend Menschen,<br />
die „in seinem Dienst sich üben“, welche<br />
ihm furchtlos zur Verfügung stehen um die reiche<br />
Ernte einzubringen. Wir selber finden diese Arbeiter<br />
nicht, darum bitten wir den Herrn dafür,<br />
dass er Arbeiter in seine Ernte sende. Doch ist
dieses Gebet nur echt und hat <strong>Aus</strong>sicht auf Erhörung,<br />
wenn wir bereits im Dienst stehen und unsere<br />
Aufgabe fachgerecht und geistlich klar erfüllen.<br />
Vertraut den neuen Wegen, auf die uns Gott gesandt.<br />
Er selbst kommt uns entgegen. Die Zukunft<br />
ist sein Land. Wer aufbricht, der kann hoffen<br />
in Zeit und Ewigkeit. Die Tore stehen offen,<br />
das Land ist hell und weit. (K.P. Hertzsch)
23. Juni<br />
Tut alles ohne Murren und ohne Zweifel,<br />
damit ihr ohne Tadel und lauter seid, Gottes<br />
Kinder, ohne Makel mitten unter einem verdorbenen<br />
und verkehrten Geschlecht, unter<br />
dem ihr scheint als Lichter in der Welt.<br />
(Philipperbrief 2, 14-15)<br />
„Vergiss nie, dass du ein Ravenstein bist“, so sagte<br />
ein alter Edelmann beim Abschied seinem<br />
Sohne: „wenn je die Versuchung zu ehrlosem Tun<br />
an dich herantreten sollte, so sage dir: „So etwas<br />
tut ein Ravenstein nicht!“ – Der Sohn versprach<br />
es. An der Universität traf er einen weisen Ratgeber,<br />
der auch zum Geschlecht der Ravensteiner<br />
gehörte. Dem erzählte der Jüngere mit Stolz das<br />
Mahnwort, das ihm der Vater mit auf den Weg<br />
gegeben. Der Alte schüttelte den Kopf und sagte:<br />
„Mein Lieber, wenn ich heute an all das denke,<br />
was ich in meinem Leben getan habe, dann kann<br />
ich nur mit Grauen die Worte hören: „So etwas<br />
tut ein Ravenstein nicht!“ Ich sage Dir heute umgekehrt:<br />
„Vergiss nie, welche gefährliche Erbschaft<br />
du in dir trägst, wir haben riesige Schufte<br />
und heimliche Banditen unter uns gehabt.“ Der<br />
Junge unterbrach den Alten: „Ich ahne, dass ihr<br />
unbedingt recht habt, aber woran soll ich mich<br />
halten?“ Er rief ihm zu: „Vergiss, dass du ein Ravenstein<br />
bist, aber vergiss nicht, dass du ein Gotteskind<br />
bist und dass Gott Mensch wurde, um<br />
Dich an diese Deine vornehmste Herkunft zu erinnern;<br />
in allem Zwiespalt des Lebens habe Gott<br />
vor Augen und im Herzen.“<br />
Wir tragen das Kleid des höchsten Königs. Welche<br />
Schande, es zu beschmutzen oder es zu verunehren!<br />
Christen stehen im Scheinwerferlicht der<br />
Öffentlichkeit. Den Mitmenschen entgeht nichts.<br />
„Wie der Herr, so s’Geschirr!“ Kann man das <strong>von</strong><br />
uns sagen?
24. Juni<br />
In deine <strong>Hand</strong> befehle ich meinen Geist.<br />
(Psalm 31, 6)<br />
Gorch Fock schrieb <strong>seiner</strong> Mutter:<br />
„Wenn ich falle und mein Leib auf den Meeresboden<br />
versinkt, kann ich nur in die hohle <strong>Hand</strong><br />
meines Heilandes fallen, aus der mich nichts reissen<br />
kann.“<br />
Was steckt da für ein Glaube dahinter! Wer so<br />
sprechen oder schreiben kann, wischt alle Furcht<br />
und Verzweiflung aus seinem Herzen. Gottes<br />
Hände sind die Geborgenheit im Diesseits und<br />
Jenseits. Nicht bei allen Menschen sucht der<br />
Psalmist Zuflucht, sondern bei Gott. Wenn der<br />
Tod in unsere Nähe kommt, hören Geld, langer<br />
Arm und Beziehungen auf.<br />
Das hat auch Matthias Claudius, der Wandsbeker<br />
Bote, gewusst, als er seinem Sohn schrieb, dass er<br />
einmal einen braucht, der ihm die <strong>Hand</strong> unter den<br />
Kopf legt, wenn er alt wird, wenn es ans Sterben<br />
geht. Gott kümmert sich nicht nur um den Kosmos,<br />
um die grosse Welt, wie viele oft meinen,<br />
selbst Spatzen auf dem Dach und meine Haare<br />
auf dem Kopf hat er gezählt und registriert.<br />
Nichts ist ihm zu klein, dass er es nicht für wichtig<br />
halten würde. Und alles, was nach seinem Willen<br />
ist, trägt seinen Segen.<br />
Gottes Hände halten die weite Welt,<br />
Gottes Hände tragen das Sternenzelt<br />
Gottes Hände führen das kleinste Kind,<br />
Gottes Hände über dem Schicksal sind.
25. Juni<br />
Freuet euch in dem Herrn allezeit; nochmals<br />
will ich sagen: Freuet euch! Der Herr ist nahe.<br />
(Philipperbrief 4, 5.6)<br />
Swett Marden erzählt, dass in einer amerikanischen<br />
Schule einmal ein Preis <strong>von</strong> 500 Dollar ausgesetzt<br />
wurde für den besten Gedanken. Folgender<br />
wurde mit dem Preis gekrönt: „Die Menschen<br />
murren, dass Gott den Rosen Dornen gab. Sollten<br />
wir nicht lieber danken, dass er neben den Dornen<br />
Rosen wachsen lässt?“ Ein Gefangener hört<br />
da<strong>von</strong> und Marden besucht ihn. Der Gefangene<br />
berichtet, er hätte sein Lebtag lang immer auf die<br />
Dornen und nie auf die Rosen geachtet. Marden<br />
empfiehlt ihm, für den Rest <strong>seiner</strong> Strafzeit ein<br />
Freudentagebuch anzulegen. „Nein. Freiheit und<br />
Freude gehören zusammen.“ Aber er fängt doch<br />
an in ein Heft Einträge zu schreiben. Nach einiger<br />
Zeit liest Marden die ersten Einträge und gibt das<br />
Tagebuch zurück mit der Bemerkung: „Sie dämpfen<br />
jede aufflackernde Freude sofort wieder durch<br />
ein ‚aber’. Lernen Sie doch, sich einmal rückhaltlos<br />
zu freuen.“ Von da an wird das Heft wirklich<br />
ein Freudentagebuch. Er freut sich am Jauchzen<br />
kleiner Kinder unter seinem vergitterten Fenster.<br />
Er freut sich aufrichtig, als sein Bruder und seine<br />
Braut ihn besuchen. Er freut sich an einer Blume,<br />
die der Wachtmeister ihm bringt, auf ein gutes<br />
Essen, das es gibt, über einen Brief <strong>seiner</strong> Mutter,<br />
weil sie immer noch an ihn glaubt, über die Freudenbotschaft,<br />
die allem Volk in der Weihnachtszeit<br />
widerfahren soll, auf die Singstunde, in der<br />
ein Osterlied eingeübt wird, über die Anerkennung<br />
seines Verhaltens, über den Sing-Sang, der<br />
vom Kinderfest zu ihm herüber klingt. Vor <strong>seiner</strong><br />
Entlassung überreicht ihm der Pfarrer ein Neues<br />
Testament mit der Widmung: „Die mit Tränen<br />
säen, werden mit Freuden ernten“. Er schied aus
dem Zuchthaus mit dem Bekenntnis: „Die Freude<br />
am Herrn ist meine Stärke.“<br />
Und weil es in unserem Schriftwort heisst, dass<br />
der Herr nahe ist, gibt dies der Freude gerade<br />
noch einmal einen köstlichen Ton. Jesus ist seinen<br />
Nachfolgern in der Freude nahe und nahe in <strong>seiner</strong><br />
Wiederkunft. Alles zusammen wieder viel<br />
Grund zur Freude. Danket dem Herrn, wir danken<br />
dem Herrn!
26. Juni<br />
Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen -<br />
woher kann ich Hilfe erwarten?<br />
Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel<br />
und Erde gemacht hat. (Psalm 121. 1.2)<br />
Die Pilger sind <strong>von</strong> überall her unterwegs nach<br />
Jerusalem. Sie haben beschwerte Herzen. Ihnen<br />
soll Hilfe werden, aber wie? Wir richten unser<br />
Augenmerk auf einen bestimmten Pilger. Er<br />
kennt die Geschichte seines Volkes Israel genau.<br />
Er erinnert sich, angesichts der Berge <strong>von</strong> Juda,<br />
der Gottesbegegnungen <strong>von</strong> Mose auf dem Berg<br />
Sinai. Damals hat Mose dem Volk das Entscheidende<br />
herab gebracht, den Willen Gottes in den<br />
10 Geboten, als Hilfe für das vollkommene Leben<br />
des Volkes vor Gott. Und nun fragt der Pilger nur<br />
noch rhetorisch nach der Hilfe <strong>von</strong> den Bergen.<br />
Nach Tausenden <strong>von</strong> Jahren hat sich etwas gewandelt.<br />
Das Volk ist angelangt, angelangt im<br />
Heiligen Land, ist sesshaft geworden und auf dem<br />
Berg Zion steht der Tempel des Herrn. Die Sicht<br />
hat sich gewandelt, nicht mehr <strong>von</strong> den Bergen<br />
herab wird Hilfe erwartet, sondern die Hilfe kann<br />
einen überall erreichen. Sie ist „Hilfe des Herrn,<br />
der Himmel und Erde gemacht hat.“ Diese Hilfe<br />
hat auch unseren Pilger erreicht und um dafür zu<br />
danken läuft er zum Berg Zion – zum Tempelberg<br />
wo er ein Opfer bringen wird und sich der<br />
Vergebung <strong>von</strong> Sünden gewiss werden will. Und<br />
wie der Schöpfer in <strong>seiner</strong> gewaltigen Grösse die<br />
Welt erschaffen hat, so gewaltig erbarmt er sich<br />
auch über den Hilfe suchenden Pilger. Lange bevor<br />
der Gottessohn unsere Erde betritt, schenkt<br />
Gott bereits den ehrlichen Suchern Heil und Gerechtigkeit.<br />
„Meine Hilfe kommt <strong>von</strong> dem Herrn, der Himmel<br />
und Erde gemacht hat.“ Amen. Amen.
27. Juni<br />
Die Liebe duldet alles (1. Korinther 13, 7)<br />
„Der Herr hat ein Reich angefangen“ heisst es in<br />
einem Psalmwort. Ja, als Jesus in dieser Welt erschien,<br />
richtete er unter den Menschen sein Reich<br />
auf. Und das Hauptkennzeichen dieses Reiches ist<br />
Liebe.<br />
Es ist eine starke, göttliche Liebe, die in diesem<br />
Reich regiert. Paulus sagt <strong>von</strong> dieser Liebe: „Sie<br />
duldet alles.“ Die griechische Sprache des Neuen<br />
Testamentes hat hier ein Wort, das „fest bleiben,<br />
stehen bleiben“ bedeutet. Stehen bleiben, wenn<br />
alle anderen weglaufen!<br />
Solche Liebe hatte Jesus zu seinen Jüngern. Wie<br />
abscheulich haben sie ihn verraten, preisgegeben<br />
und verleugnet, als er zum Kreuz geführt wurde!<br />
Wir müssten uns nicht wundern, wenn er nach<br />
<strong>seiner</strong> Auferstehung solche Gesellen abgeschrieben<br />
hätte. Wir hätten es sicher so gemacht. Aber<br />
Jesus suchte sie auf, ging ihnen nach und hielt die<br />
Liebe zu ihnen fest.<br />
Das gilt ja nicht nur für die Jünger damals. So hat<br />
er ja auch an uns gehandelt. Seine Liebe duldet<br />
alles.<br />
Und nun sollten wir auch solch eine Liebe zu ihm<br />
haben? Eine Liebe, die zum Heiland hält, auch<br />
wenn alle andern weglaufen.<br />
Diese starke Liebe, die Jesus und seine Jünger<br />
verbindet, soll aber hinausstrahlen in alle Welt.<br />
Mit solcher Liebe dürfen wir zu denen halten, die<br />
<strong>von</strong> allen andern aufgegeben und abgeschrieben<br />
werden. Schnell sagt man: „Mit diesem Menschen<br />
kann ich’s einfach nicht.“ Jesus-Jünger wollen so<br />
nie sagen. Sie haben eine Liebe, die standhält,<br />
auch wenn alle andern nicht mithalten.<br />
Die Liebe erduldet alles – auch jede Gemeinheit.
28. Juni<br />
Herr, unser Herrscher! Wie herrlich ist dein<br />
Name in allen Landen! (Psalm 8, 2)<br />
„Nun ja“, wird mancher verdriesslich sagen, „das<br />
ist ja ein grossartiger Lobgesang! Nur – in meinen<br />
grauen Alltag passt er nicht hinein! In der himmlischen<br />
Welt, in der Gott lebt, da mag man wohl<br />
solche Töne hören! Sie passen wohl auch noch in<br />
die Kirche, wo man ja die grossen Worte gern hat.<br />
Aber <strong>von</strong> meinem grauen Alltag ist solch ein<br />
Lobwort himmelweit entfernt.“<br />
„Herr, unser Herrscher! Wie herrlich ist dein Name<br />
in allen Landen! Grossartig! Gewiss! Aber ich<br />
habe es zu tun mit kläglichen Kleinigkeiten, mit<br />
viel Ärger, mit missgünstigen und kleinlichen<br />
Mitmenschen… Kurz: dieser Lobgesang und<br />
mein Alltagsleben sind zwei ganz verschiedene<br />
Welten. Der Lobvers passt in die Bibel, aber nicht<br />
in mein tägliches Leben!“<br />
So wird manch einer denken.<br />
Aber nun wollen wir den Spiess umdrehen! Wahrscheinlich<br />
ist unser Alltag so grau, kleinlich und<br />
verdriesslich, weil wir die Herrlichkeit Gottes und<br />
sein Lob aus unserem täglichen Leben ausgeschlossen<br />
haben. Wir füllen unser Leben aus mit<br />
Sorgen, mit Befriedigung primitiver Bedürfnisse,<br />
mit kleinen Streitereien usw. Und gegen die Herrlichkeit<br />
Gottes haben wir die Fenster dicht gemacht.<br />
Darüber werden unser Alltag und unsere<br />
Seelen klein und muffig.<br />
Wie wäre es, wenn wir unseren Tag beginnen<br />
würden mit einem solchen anbetenden Satz:<br />
„Herr, unser Herrscher! Wie herrlich ist dein Name<br />
in allen Landen!“ Da würde unsere Seele weit<br />
und froh! Das wäre eine Atemübung in Himmelsluft!
29. Juni<br />
Ich hatte viele Bekümmernisse in meinem<br />
Herzen; aber deine Tröstungen ergötzten<br />
meine Seele. (Psalm 94, 19)<br />
Dieses „aber“ ist wundervoll.<br />
Dieses „aber“ unterscheidet den Glauben vom<br />
Unglauben. Denn das haben die Kinder Gottes<br />
mit der ganzen Welt gemeinsam, dass sie „viele<br />
Bekümmernisse in ihrem Herzen“ haben. Die Bibel<br />
spricht nirgendwo da<strong>von</strong>, dass der Herr seine<br />
Leute <strong>von</strong> den Bekümmernissen verschont. Im<br />
Gegenteil. Als das Volk Gottes aus Ägypten auszog,<br />
da führte es der Weg durch eine schreckliche<br />
Wüste. Bald fehlte es an Brot und bald am<br />
Fleisch. Es gab kein Wasser. Und als es endlich<br />
eine Quelle fand, da war das Wasser bitter.<br />
Und genauso erging es den Aposteln: Auf dem<br />
Meer gerieten sie in einen Sturm. Ein andermal<br />
war ihr Fischfang ohne Erfolg. Sie mussten den<br />
Hass der Welt ertragen und den Verrat in den eigenen<br />
Reihen. Ja, der Herr sagt ihnen einmal mitleidig:<br />
„Ihr habt nun Traurigkeit.“<br />
Da werden wir es ja wohl kaum besser haben.<br />
Das ist die Lebensgeschichte eines jeden: „Ich<br />
hatte viel Bekümmernisse in meinem Herzen.“<br />
Doch wohl ist uns, wenn über unserer Lebensgeschichte<br />
dann auch das schöne „aber“ steht: „aber<br />
deine Tröstungen ergötzten meine Seele.“<br />
Diese Tröstungen sind nicht eine unklare, unbestimmbare<br />
Sache. Sie gehen im Grunde alle aus<br />
vom Kreuz Jesu. Da dürfen wir es ablesen, dass<br />
wir mit Gott versöhnt und nun in jedem Fall geborgene<br />
Kinder Gottes sind. Da erfahren wir es,
dass unsere Sünden vergeben werden. Und das ist<br />
die grösste Tröstung, die es geben kann!<br />
Herr, wir wollen nicht über die Kümmernisse<br />
murren, sondern deine Tröstungen preisen!
30. Juni<br />
Eure Wege sind nicht meine Wege.<br />
(Jesaja 55, 8)<br />
Auf einem Feigenbaum, so erzählt eine indische<br />
Fabel, wohnten zwei Tauben. Eines Tages sagte<br />
die eine: „Ach, nun ist unser Stündlein gekommen!<br />
Siehst du dort unten den Schützen mit Bogen<br />
und Pfeil? Er zielt schon nach uns. Und über<br />
uns kreist der blutrünstige Falke, um sich auf uns<br />
zu stürzen. Wir sind verloren!“ – „Warum grämst<br />
du dich so?“ erwiderte die Gefährtin. „Wenn Gott<br />
uns gnädig ist, werden berghohe Nöte klein wie<br />
Strohhälmchen. Sein Wille geschehe!“ – In diesem<br />
Augenblick biss eine Schlange den Schützen in die<br />
Ferse. Verwirrt drückte er ab, und der Pfeil<br />
durchbohrte den Falken. Die Täubchen aber flogen<br />
fröhlich da<strong>von</strong>.<br />
Eine verlorene Situation ist für Gott keine verlorene<br />
Situation. Das Wort „hoffnungslos“ gibt es<br />
bei Gott nicht. Wo wir Menschen am Ende sind,<br />
fängt Gott erst an. Seine Wege verlaufen anders<br />
als unsere Wege, und seine Vorstellungen sind<br />
andere als unsere. Gott muss nicht so handeln wie<br />
in der Fabel. Aber er kann. Wie sagte die zweite<br />
Taube: „Warum grämst du dich? Sein Wille geschehe!“<br />
Warum sich und andere verrückt machen?<br />
Warum verzweifeln? Sein guter, gnädiger<br />
Wille geschieht. Unser Weg ist auf <strong>seiner</strong> Karte<br />
eingezeichnet. Und es wird der beste Weg sein –<br />
für uns!
1. Juli<br />
Niemand kann zwei Herren dienen; entweder<br />
er wird den einen hassen und den andern lieben,<br />
oder er wird dem einen treu sein und den<br />
andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen<br />
und dem Mammon. (Matthäus 6, 24)<br />
Ein Geschäftsmann, dessen Geschäft sehr gut<br />
ging, wurde, je mehr er Geld verdiente, immer<br />
lauer in seinem Glauben und blieb zuletzt ganz<br />
aus den Gottesdiensten weg. Da besuchte ihn ein<br />
älterer Freund und legte ihm nach der Begrüssung<br />
einen weissen Bogen Papier auf den Tisch, auf<br />
dem ein Wort geschrieben war. „Kannst du das<br />
Wort lesen?“ „Natürlich, es heisst ‚Gott’.“ Darauf<br />
zog der andere einen Fünfliber aus der Tasche,<br />
legte ihn auf das Wort und fragte weiter: „Kannst<br />
du noch lesen, was geschrieben steht?“ „Nein“<br />
„Warum nicht?“ „Weil das Geldstück draufliegt.“<br />
Da sprach der Ältere mit grossem Ernst: „O mein<br />
Freund, es ist immer so, dass das Geld den Blick<br />
auf Gott verdeckt. Weil du reich geworden bist,<br />
siehst du Gott und seine Sache nicht mehr. Willst<br />
du nicht umkehren <strong>von</strong> deinem falschen Weg?“<br />
Einer der reichsten Männer dieser Welt hat sinngemäss<br />
gesagt: Es wäre nicht richtig, alles Geld zu<br />
haben, das man mit redlichen Mitteln verdienen<br />
kann – aber es wäre ebenso nicht richtig, alles<br />
Geld zu behalten, das man zu guten Zwecken einsetzen<br />
könnte.<br />
Reichtum ist also auch für Christen nicht falsch<br />
und ungehörig. Wenn die Einstellung und die Aktivität<br />
mit dem Vermögen stimmt, ist es ein Segen<br />
Gottes. Das ist schon so beschrieben im Alten<br />
Testament der Bibel, z.B. bei Hiob ganz ausgeprägt!
Letztlich geht es darum, wem wir dienen, Gott<br />
oder dem Geld oder ob wir meinen, jedem ein<br />
bisschen. Das ist ausgeschlossen. Das wäre Gottesverrat.
2. Juli<br />
Ihr habt einen Geist empfangen, der aus euch<br />
Adoptivkinder macht, und durch den wir rufen:<br />
Abba, Vater! Dieser Geist nun bezeugt<br />
unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind.<br />
(Römerbrief 8, 15-16)<br />
Unter den Religionen der Welt gibt es viele, die<br />
interessante Standards haben und edle Werte lehren.<br />
Zum Beispiel besteht der Islam darauf, Gott<br />
die geschuldete Ehrerbietung entgegenzubringen,<br />
und in <strong>seiner</strong> Botschaft findet sich auch, dass<br />
Gott ein Erbarmer und Barmherziger ist. Der in<br />
China entstandene Konfuzianismus hat eine hohe<br />
Auffassung <strong>von</strong> Ordnung, Disziplin und Respekt<br />
gegenüber Gott und betont den Wert der Bildung.<br />
Die Bahai, die man in fast allen Ländern antreffen<br />
kann, haben eine bemerkenswerte Auffassung<br />
<strong>von</strong> der Gleichheit <strong>von</strong> Männern und Frauen und<br />
vertreten eine Botschaft <strong>von</strong> universellem Frieden,<br />
die sie sehr tolerant gegenüber Menschen aller<br />
Glaubensrichtungen sein lässt. Die Buddhisten<br />
lehren eine gesunde Moral nach dem Vorbild ihres<br />
Gründers Gautama… und wir könnten die<br />
Liste noch verlängern. Also: Wir Christen sind<br />
nicht die Besseren oder einzigen Guten auf diesem<br />
Planeten!<br />
Aber was die Christen grundlegend <strong>von</strong> Angehörigen<br />
anderer Religionen unterscheidet, ist, dass<br />
sie eine Beziehung zu Gott haben können. (Zahlreiche<br />
Namenchristen legen allerdings wenig Wert<br />
darauf.) Aber überzeugten Christen geht es gerade<br />
um diese lebendige Beziehung zu Gott durch Jesus<br />
Christus: „Seht, welch eine Liebe hat uns der<br />
Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heissen<br />
sollen – und wir sind es auch!“ Gottes Liebe<br />
bringt den Gläubigen dazu. Gott hat den Menschen<br />
deswegen geschaffen, und dieses Bild ist,<br />
obgleich durch die Rebellion des Menschen ent-
stellt, doch das Bild Gottes geblieben. Und dieses<br />
menschliche Bild hat Gott durch die Fleischwerdung<br />
Jesu Christi sogar als Verbindungspunkt und<br />
zur Wiederherstellung der Beziehung gewählt.
3. Juli<br />
Herr, mein Schöpfer! Du hast mir das Leben<br />
gegeben. Schenke mir nun auch die Einsicht,<br />
die ich brauche, um nach deinen Ordnungen<br />
zu leben!<br />
Sei mir gnädig und erhalte mein Leben!<br />
Ich sah, dass alles ein Ende findet, nur dein<br />
Wort bleibt für immer. (Psalm 119, 73.88.96)<br />
Es gehört zu den grossen Themen unserer Zeit,<br />
immer neu zu fragen: Woher wir kommen und<br />
wohin wir gehen? Jedes Wissensgebiet ist damit<br />
beschäftigt und die jeweiligen Hypothesen sind<br />
nicht uninteressant. Jedem Leser wird dies oder<br />
das bekannt sein. Unsere Aufgabe ist es, auf die<br />
Bibel zu hören. Schnell einmal wird klar, dass über<br />
unsere Herkunft deutlichere Worte zu hören<br />
sind. Es entsteht kein Lehrgebäude. Der Psalmdichter<br />
ist ein Bekenner und findet Worte der Anerkennung:<br />
Herr, mein Schöpfer! Du hast mir das<br />
Leben gegeben! Es wird kein Beweis angetreten,<br />
aber der Mensch findet sich aufgehoben in der<br />
<strong>Hand</strong> dessen, der der Schöpfer <strong>von</strong> Himmel und<br />
Erde ist. Ist er der Schöpfer des Universums, ist<br />
er auch mein Schöpfer. Das ist mein Anfang.<br />
Damit begann mein Leben und der Schöpfer möge<br />
es auch erhalten mein Leben lang. Der Mensch<br />
sieht sich freudig aufgerufen, seinen Teil nun auch<br />
zu leisten: Schenke mir die Einsicht nach deinen<br />
Ordnungen zu leben. Und wohin führt nun dieses<br />
geordnete Leben? Mit unseren Worten gesagt, hat<br />
es ein Ende. Nur Gottes Wort bleibt für immer.<br />
Jesus wird sagen: Himmel und Erde vergehen, aber<br />
meine Worte werden nicht vergehen. Und so<br />
ist das Ende hinein genommen in das ewige Wort,<br />
das Jesus Christus selber ist. Hinein genommen in<br />
das A und O des Schöpfers einer neuen Schöpfung.
Woher – Wohin? Entscheidend ist eigentlich der<br />
Weg. Für Menschen ohne Gott, ist er eine Zitterpartie.<br />
Für Menschen mit Gott, ist er Leben in<br />
Frieden und Gerechtigkeit.
4. Juli<br />
Jesus spricht: Ich bin der Weinstock, ihr seid<br />
die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm,<br />
der bringt viel Frucht, denn ohne mich könnt<br />
ihr nichts tun. (Johannes 15, 5)<br />
Die landläufige Meinung ist doch die, dass wir<br />
sehr wohl viel tun können ohne Jesus, ohne dass<br />
wir nach seinem Willen fragen, ohne, dass wir ihn<br />
beachten. Schaut nur her, sagt man, was alles in<br />
der Welt entstanden ist, allein aus des Menschen<br />
Geist und Kraft. Die Frage sei erlaubt: Hätte<br />
wirklich alles entstehen müssen, wenn es nach<br />
dem Willen Gottes gegangen wäre? Aber nun<br />
steht es da und der Mensch wirkt weiter in seinem<br />
Erfindungsreichtum – viele alltägliche Dinge fügen<br />
sich zu immer neuen Produkten, die uns gewaltig<br />
in der Werbung oder in Fernsehprogrammen<br />
vorgeführt werden. Der Mensch ist stark<br />
ohne Jesus. Der Mensch als Mass aller Dinge, das<br />
ist nichts Neues.<br />
Vertieftes Nachdenken bringt aber an den Tag,<br />
dass wir – ob wir’s glauben oder nicht – ohne<br />
Gott, ohne Jesus, keine Gegenwart und keine Zukunft<br />
hätten; keine Möglichkeit etwas zu tun oder<br />
auf etwas zu verzichten. Denn wir sind Gottes<br />
Geschöpfe durch Jesus Christus geschaffen und<br />
bestimmt, in dieser Welt zu leben und sie zu verwalten.<br />
Und ob uns das bewusst ist oder nicht,<br />
wir leben in dieser Luft und können nur durch<br />
Jesu Einwirken selber wiederum wirken. Es fragt<br />
sich nur, welchen Stellenwert unser Wirken hat.<br />
Unser selbstbewusstes Können und Tun ist nicht<br />
die Frucht, <strong>von</strong> der Jesus spricht. Ihm geht es aber<br />
um diese. Um <strong>Werke</strong>, die zum Reich Gottes<br />
passen, z.B. Liebe, Gütigkeit, Barmherzigkeit,<br />
Treue, Vergebung, Hoffnung, Selbstbeherrschung.<br />
Was zum täglichen Leben gehört, ist da<br />
inklusiv, weil wir uns ja darin bewähren können.
Das ist nun allerdings nicht nur <strong>von</strong> unserer Erschaffung<br />
abhängig, sondern <strong>von</strong> der lebendigen<br />
Verbindung zu Jesus Christus, wie es das Beispiel<br />
vom Weinstock begreiflich macht. Jesu diesbezüglichen<br />
Worte an seine Jünger sind sowohl Zuspruch<br />
als auch Ermahnung: Bleibet in mir, bleibt<br />
immer mit mir in Verbindung, lasst den Kontakt<br />
keinen Moment abbrechen; <strong>von</strong> mir aus zu euch<br />
hin ist es so, darum, bleibt in mir und ich bleibe in<br />
euch. Dann bringt ihr viel Frucht, denn ohne<br />
mich könnt ihr nichts tun. Mit mir aber alles, was<br />
Gott ehrt, was zur Vollendung seines Reiches<br />
dient, was Mitmenschen zu Diensten ist, was dazu<br />
beiträgt, das Evangelium bis zu den fernen und<br />
abweisenden Völkern zu bringen, was dazu dient,<br />
dass mit der prachtvollen Schöpfung endlich<br />
sorgfältig umgegangen wird.<br />
Bleibt in mir und ich bleibe in euch!
5. Juli<br />
Seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen.<br />
(1. Korintherbrief 15, 10)<br />
Ein Windhundrennen ist eine grandiose Sache.<br />
Da sitzen die Tiere nebeneinander in ihren Boxen<br />
und vibrieren. Hochbeinige, schlanke Tiere mit<br />
langen schmalen Köpfen. Auf einmal saust ein<br />
Hase an den Käfigen vorbei. Automatisch öffnen<br />
sich mit einem Schlage die Zwinger, und die<br />
Hunde stürzen wie besessen hinter dem Hasen<br />
her. Aber so schnell sie laufen, sie erwischen den<br />
Hasen nicht. Es ist ein falscher Hase, der an einem<br />
Seil vor den heranstürmenden Hunden hergezogen<br />
wird. Die Hunde geben ihr Letztes her,<br />
aber der Hase ist schneller. Alles vergeblich!<br />
Sind die Menschen eigentlich soviel anders als die<br />
Windhunde? Sie hetzen und jagen auch ständig<br />
falschen Hasen nach. Sie stürzen sich vielleicht ihr<br />
Leben lang auf ein Ziel, das sich letzten Endes als<br />
Täuschung herausstellt. – Ist es schon ärgerlich,<br />
einen langen Weg vergeblich gelaufen zu sein, ist<br />
es noch furchtbarer, ein Leben vergeblich gelebt<br />
zu haben. Gott bietet uns täglich in Jesus Christus<br />
zur Bewältigung des Lebens seine Gnade und<br />
Gunst an, dass wir nicht vergeblich leben und tätig<br />
sind. „Vergeblich“ ist das härteste Urteil, das<br />
Gott uns am Ende unseres Lebens ausstellen<br />
kann. Bei Paulus war das Angebot nicht vergeblich.<br />
Und bei uns?
6. Juli<br />
Siehe, des Herrn Arm ist nicht zu kurz, dass<br />
er nicht helfen könnte. (Jesaja 59, 1)<br />
Von Heinrich Heine, dessen Gesundheit durch<br />
selbstverschuldetes Leiden zerrüttet war, wird erzählt,<br />
dass er im grossen Museum zu Paris einst<br />
vor der berühmten Statue der Venus <strong>von</strong> Milo<br />
gestanden habe. Wir kennen ja das herrliche Bild<br />
der Göttin nur in verstümmeltem Zustande; ihr<br />
fehlen die Arme. Zu den Füssen dieser Statue<br />
warf sich Heine voll Verzweiflung nieder, und<br />
durch seine Seele strömten die Gedanken, die er<br />
nachher selbst in die Worte fasste: „Dort lag ich<br />
eine lange Zeit und weinte so leidenschaftlich,<br />
dass sich ein Stein meiner hätte erbarmen mögen.<br />
Die Göttin blickte auf mich herab, aber sie war<br />
machtlos, mich zu trösten. Es war, als wollte sie<br />
sagen: ‚Siehst du denn nicht, dass ich keine Arme<br />
habe und dir deshalb nicht helfen kann’?“<br />
Ja, das ist der letzte Trost dieser Welt: „Siehst du<br />
denn nicht, dass ich keine Arme, keine Füsse, keinen<br />
Willen, kein Erbarmen habe und dir deshalb<br />
nicht helfen kann?“ Wenn es darauf ankommt,<br />
dann haben alle Philosophien, alle Kunstwerke,<br />
alle Weisheiten und Errungenschaften der<br />
Menschheit keine Arme. Man kann sie bewundern.<br />
Helfen tun sie nicht.<br />
Und der Arm und die <strong>Hand</strong> des Herrn? Millionen<br />
haben es schon erfahren, überall in der Welt: Auf<br />
sie ist Verlass. Sie sind gegenwärtig und lebendig,<br />
bereit zur Hilfe. Der Arm Gottes ist nicht zu kurz<br />
um an jedem Ort einzugreifen. Glückselig, wer<br />
darauf vertraut!
7. Juli<br />
Geht ein durch die enge Pforte. Denn die<br />
Pforte ist weit und der Weg ist breit, der zum<br />
Verderben führt; und es sind viele, die auf<br />
ihm hinein gehen. Aber die Pforte ist eng,<br />
und der Weg ist schmal, der zum Leben führt;<br />
und es sind wenige, die ihn finden.<br />
(Matthäus 7, 13-14)<br />
Sieht es nicht fast danach aus, als ginge das alles<br />
wie automatisch, schön vorsortiert vor sich: die<br />
einen dahin, die andern dorthin. Und damit wäre<br />
das Problem der Guten und Bösen gelöst – Ruhe!<br />
Solche Gedanken gehen total in die falsche Richtung.<br />
Denn der erste Satz ist entscheidend. Jesus<br />
fordert seine Zuhörer, vor allem seine Jünger, kategorisch<br />
zu einer einmaligen und entschlossenen<br />
Tat auf: Geht ein durch die enge Pforte. Es ist die<br />
Pforte, die zum Leben, zu einem reichen Leben,<br />
zum ewigen Leben führt. Für Menschen, die sich<br />
Jesus anschliessen wollen, gibt es gar keine Wahl.<br />
Die Bestimmung ist gefallen, nun gilt der Gehorsam.<br />
Doch allgemein gibt es die zwei Möglichkeiten für<br />
das irdische Leben: die weite Pforte und der breite<br />
Weg und andererseits die enge Pforte und der<br />
schmale Weg. Kein Wunder, dass die meisten<br />
Menschen den bequemen Weg für sich wählen.<br />
Obwohl alle Menschen vor den beiden Toren informiert<br />
werden über das Ziel des folgenden Weges.<br />
Das Ziel des breiten Weges ins Verderben,<br />
wird nicht als bare Münze genommen, Gott wird<br />
sich doch meiner erbarmen und fünfe grad sein<br />
lassen, denkt der Einzelne. Er ist der Geniesser<br />
und kommt in seinen Tagen voll auf seine Rechnung.<br />
Anders der Mensch auf dem schmalen<br />
Weg. Er hat viel Mühe und Leid <strong>seiner</strong> Tage zu<br />
ertragen, es wird ihm nichts geschenkt im Blick<br />
auf sein Ziel, das Leben zu gewinnen. Aber er ist
getröstet wunderbar; währenddem der andere<br />
stets in Ängsten lebt, ob ihm nichts genommen<br />
werde.<br />
Es stimmt einen traurig, dass offenbar auf dem<br />
breiten Weg ein Gedränge ist, während auf dem<br />
schmalen Weg nur wenige Läufer zu sehen sind.<br />
Zudem scheinen es Wege ohne Umkehrmöglichkeit<br />
zu sein. Sicher eignen sie sich nicht zum ausprobieren.<br />
Aber durch Jesu Kreuzestod und Versöhnung<br />
gibt es den Weg der Umkehr vom Verderbensweg.<br />
Doch zuwarten ist lebensgefährlich.<br />
Glücklich sind, die bei Anruf zur Pforte zu kommen,<br />
sich <strong>von</strong> Anfang an recht entscheiden. Es<br />
dürfen gern noch einige mehr sein auf dem<br />
schmalen Weg…
8. Juli<br />
Nehmt mein Joch auf euch und lernet <strong>von</strong><br />
mir; denn ich bin sanftmütig und <strong>von</strong> Herzen<br />
demütig. (Matthäus 11, 29)<br />
„Wir werden lernen“, sagt hoffnungsfroh und zuversichtlich<br />
ein geschlagener deutscher Soldat auf<br />
dem Marsch in die russische Kriegsgefangenschaft<br />
zu einem Armeepfarrer. Diese Szene spielt<br />
in dem erschütternden Film: „Hunde, wollt ihr<br />
ewig leben?“ Es geht um die furchtbare Tragödie<br />
des Untergangs einer ganzen Armee in Stalingrad.<br />
Es war im Herbst 1942. Ein Wort schrieb sich<br />
damals mit Blut und Tränen in die Weltgeschichte<br />
ein – Stalingrad. Bei diesem Namen verstummen<br />
alle schönen Worte.<br />
Stalingrad – das ist der Krieg ohne Maske.<br />
Stalingrad – das ist die Preisgabe des Menschen.<br />
Stalingrad – das ist die Sackgasse ohne Gott.<br />
„Lernet <strong>von</strong> mir!“ sagt Jesus. Ich habe euch ein<br />
Beispiel gegeben. In der grossen Politik und bei<br />
den Militärs hat das Wort wenig Anziehungskraft.<br />
Jesus hat uns ein Vorbild gegeben. Er war sanftmütig<br />
und demütig – bis zum bittern Ende. Wer<br />
ihm nachfolgt, kann nicht plötzlich alle Wahrheiten<br />
auf den Kopf stellen. Sie gelten für den Christen<br />
bedingungslos. Niemand kann ihn lossagen,<br />
niemand kann ihn <strong>von</strong> diesen Geboten entbinden.<br />
Die Sanftmütigen werden die Erde besitzen. Stalingrad<br />
ist das Gegenteil. „Lernet <strong>von</strong> mir!“ sagt<br />
Jesus. Wir müssen seine Worte neu kennen und<br />
halten lernen.
9. Juli<br />
Jesus spricht: Kommt her zu mir alle, die ihr<br />
mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.<br />
(Matthäus 11, 28)<br />
Tagein Tagaus werden wir laufend gerufen,<br />
kommt her, geht dorthin, unternehmt dies, lasst<br />
anderes liegen, gehorcht da, seid vorsichtig dort.<br />
Man will uns in Aktion sehen, uns hingebend verschleissend<br />
für das Unternehmen. Nicht zu vergessen<br />
die Mütter, die alleingelassen <strong>von</strong> den Vätern<br />
ihren 24Stundenjob leisten. Das Leben ist für<br />
die meisten ein Trümmerfeld – ehrlich betrachtet.<br />
Milder sind unsere Erinnerungen an die Schulturnstunden<br />
mit ihren Kommandos: Im Halbkreis<br />
daher. Dann gab’s mehr Tadel als Lob. Im Militär<br />
dasselbe. Dafür stehen wir auf und legen uns nieder.<br />
Dafür geht ein Jahr ums andere vorüber.<br />
Immer: Kommt und geht, was haben wir da<strong>von</strong>?<br />
Wir haben es schon erwähnt. Zu guter Letzt doch<br />
nur 0 Punkte.<br />
Jesus sieht das, hat es schon gesehen vor dem industriellen<br />
Zeitalter – es war nicht anders. Die<br />
Menschen waren geplagt, überstrapaziert, ausgenützt,<br />
oft schlechter als das Vieh behandelt, übervorteilt<br />
und ihres Lohnes beraubt. Und dahinein<br />
ruft der Heiland-Helfer: Kommt her, alle! Er<br />
weiss um ihre Schicksale: mühselig und beladen<br />
sind sie alle. Was wird er tun? Ändert er die Strukturen,<br />
die Verhältnisse oder schafft er mit einem<br />
Streich alle Ungerechtigkeit ab? Nein, viele sind<br />
enttäuscht – er verspricht Erquickung, neuen Atem,<br />
den Rücken strecken, aufrecht stehen können.<br />
Ja gewiss, für gewöhnlich ist das nicht viel,<br />
doch weil es Jesus ist der das verspricht, ist es wie<br />
ein Himmelsfest, das immer wieder stattfindet,<br />
wenn man aufs Neue zu ihm kommt. Denn sein
Ruf ist nicht einmalig, sondern permanent und<br />
sein Angebot gilt. Nur hingehen müssen wir selber.
10. Juli<br />
Wer Sünde tut der ist der Sünde Knecht.<br />
(Johannes 8, 34)<br />
In Afrika gibt es eine merkwürdige Sitte Affen zu<br />
fangen. Man stellt grosse Steinkrüge mit engem<br />
Hals an die Ränder der Felder und füllt sie mit<br />
Maiskörnern. Die Affen sind entsetzlich neugierig<br />
und haben die Gewohnheit, die Hände überall<br />
hineinzustecken. Sie sind aber so gefrässig und<br />
habgierig, dass sie ihre Hände selbst bei Gefahr<br />
nicht leer zurückziehen. Sie versuchen, mit der<br />
gefüllten Faust durch den engen Steinkrughals zu<br />
kommen. Unter keinen Umständen wollen sie den<br />
Mais fahren lassen. Die Wärter eilen mit dicken<br />
Stöcken heran. Mühelos werden die Tiere betäubt.<br />
Man fragt sich unwillkürlich: Warum lassen die<br />
Affen die Beute nicht los und flüchten, wenn der<br />
Mensch sich nähert? Sie haben es sich in den<br />
Kopf gesetzt, an den lächerlichen Kernen festzuhalten<br />
und büssen es letztlich mit dem Leben.<br />
Den Menschen geht es ähnlich. Sie sind in gewisse<br />
Sünden so vernarrt und halten sie mit allen<br />
Kräften fest, dass sie lieber die Freiheit ihres Lebens<br />
dabei einbüssen, als loszulassen und frei zu<br />
werden. Jesus ist gekommen um uns die Augen zu<br />
öffnen und uns die Freiheit zu geben. Bis er an<br />
uns wirken kann, sind wir Knechte der Sünde,<br />
hängen sklavisch an der Sünde.<br />
Gibt es das auch bei uns, dass einer <strong>von</strong> <strong>seiner</strong><br />
Sünde nicht lassen will?
11. Juli<br />
So spricht Gott der Herr, der dich geschaffen<br />
hat: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich<br />
erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen;<br />
du bist mein. (Jesaja 43, 1)<br />
Die ersten Hörer dieser Worte waren ganze Teile<br />
des Volkes Israels, die aus aller Herrenländer zurückgekehrt<br />
sind ins Heimatland, heim aus der<br />
Zerstreuung, wohin sie kamen wegen ihres Ungehorsams<br />
Gott gegenüber. Aber er zürnt nicht ewig<br />
und führt sie selber wieder ins Heilige Land<br />
zurück, spricht zu ihnen als ein gütiger Vater, erinnert<br />
sie, dass er sie geschaffen hat und sie sich<br />
vor ihm nicht zu fürchten brauchen. In der Tat,<br />
Israel fürchtete sich wohl mit Recht vor der Anrede<br />
Gottes, denn es hatte ihn schwer enttäuscht<br />
und im Stich gelassen, den lebendigen Gott verlassen<br />
und nichtigen Göttern gedient. Aber diesmal<br />
ist kein Grund zur Vorsicht. Gott nimmt das<br />
Wort in aller Fürsorge und überzeugt sein Volk<br />
sogar damit, dass er es beim Namen ruft und es<br />
sein Volk nennt. Das ist das Höchste der Empfindung,<br />
welche Israel überzeugen wird.<br />
Und nun sind auch wir Hörer dieser Worte. Haben<br />
auch wir Grund uns vor Gottes Anruf zu<br />
fürchten? Ja, die Situation ist ganz ähnlich wie<br />
damals. Unsere Sünden scheiden uns <strong>von</strong> Gott.<br />
Doch Gottes Antwort ist massiv. Seine Erlösung,<br />
seine Heimsuchung ist die Sendung des Gottessohnes<br />
Jesus in unsere Welt, mitsamt seinem Opfer<br />
am Kreuz. Und das Erstaunliche: Jeder Einzelne<br />
darf es hören, Gott ruft ihn bei seinem eigenen<br />
Namen und sagt ihm zu, dass er Gottes Eigentum<br />
ist. Das ist das Zentrale, wenn jemand ein<br />
Christ wird, sei er Frau oder Mann.
Da ist alle Furcht sinnlos und soll der Freude über<br />
die Nähe Gottes Platz machen. Und es gibt nur<br />
eine Folgerung: <strong>von</strong> Herzen willig und bereit sein<br />
fortan für Jesus zu leben.
12. Juli<br />
Jesus sprach: Der Geist des Herrn ist auf mir,<br />
weil er mich gesalbt hat, den Armen das Evangelium<br />
zu verkündigen; er hat mich gesandt,<br />
die zerbrochenen Herzens sind zu heilen,<br />
Gefangenen Befreiung zu verkünden und<br />
den Blinden, dass sie wieder sehen, Zerschlagene<br />
zu befreien, und ein angenehmes Jahr<br />
des Herrn auszurufen.<br />
Heute erfüllt sich nun dieses Wort vor euch.<br />
(Lukas 4, 18-19.21)<br />
Jesus weilt am Sabbat in Nazareth, in der Stadt,<br />
wo er aufgewachsen ist. Er besucht die Synagoge.<br />
Alle sind gespannt, wie er sich verhalten wird. Er<br />
liest aus der Bibel vor und bestätigt das Gelesene<br />
mit den Worten: Heute erfüllt sich dies vor euren<br />
Ohren. Anfängliches Staunen und Bewundern ihres<br />
Mitbürgers schlägt plötzlich in Hass und Zorn<br />
um und die Meute will ihn töten. Aber er ging<br />
mitten durch sie hindurch an einen andern Ort.<br />
Nazareth hat die Segnungen, <strong>von</strong> denen Jesus<br />
sprach, nicht mehr erlebt, umso mehr wendet sich<br />
Jesus nun auch Orten zu, die nicht direkt zum<br />
Heiligen Land gezählt wurden. Vielerorts wird die<br />
grandiose Predigt Jesu dankbar aufgenommen,<br />
weil sie nicht nur in Worten bestand, sondern<br />
durch Zeichen und Wunder bestätigt wurde. Es<br />
ist leicht verständlich, dass sich Jesus zu den Armen<br />
gesendet weiss, denn sie sind es, die noch<br />
mit Gott rechnen und sich nichts auf sich selbst<br />
einbilden. Ihnen wird die frohe Botschaft des<br />
Gottesreiches verkündet, sie persönlich werden<br />
angesprochen in ihr Leben hinein und sie sind es,<br />
die Jesus nachfolgen werden. Sie haben es aufgegeben<br />
auf wesentliche Veränderungen <strong>von</strong> ihrer<br />
Obrigkeit zu hoffen. Stattdessen haben sie sich<br />
verändert und sind Jesu Jünger geworden und leben<br />
nun in der Fülle der Gnade Gottes. Ebenso
ergangen ist es den Gefangenen, denen mit zerbrochenen<br />
Herzen, den Blinden und Gehörlosen<br />
und über die Erfüllung ihrer persönlichen Bedürfnisse<br />
hinaus, wird allen ein „angenehmes Jahr<br />
des Herrn“ zugesprochen.
13. Juli<br />
Und dienet einander, ein jeglicher mit der<br />
Gabe, die er empfangen hat, als die guten<br />
Haushalter der mancherlei Gnade Gottes.<br />
1. Petrusbrief 4, 10)<br />
Eines Tages kam ein bekannter Engländer zu dem<br />
berühmten Chirurgen <strong>Prof</strong>essor Sauerbruch, um<br />
sich einer schweren Operation unterziehen zu lassen.<br />
Vertrauensvoll übergab er sich den gewandten<br />
Händen des Meisters. Als die Operation<br />
glücklich verlaufen und die Wunde schön abgeheilt<br />
war, beugte sich eines Tages der Patient über<br />
die Hände des Arztes, küsste sie und sagte: „Ich<br />
danke Ihnen und Ihren wunderbaren, genialen<br />
Händen.“ <strong>Prof</strong>essor Sauerbruch zog sie zurück<br />
und sagte schlicht zu ihm: „Danken Sie nicht mir<br />
und meinen Händen, sondern dem genialen<br />
Schöpfer, der mir diese Gabe verliehen hat.“<br />
Alle Gaben haben wir <strong>von</strong> Gott empfangen. Kein<br />
Mensch ist leer ausgegangen. Und wem viel gegeben<br />
ist, <strong>von</strong> dem wird viel erwartet. Gaben sind<br />
anvertrautes, geliehenes Gut. Wir haben darüber<br />
Rechenschaft abzugeben. Darum gilt: Wenn Gott<br />
der Herr ist, sind wir nicht selbstherrlich. Wenn<br />
Gott der Geber ist, sind wir keine Angeber. Wenn<br />
Gott Talente in uns gebildet hat, sind wir nicht<br />
eingebildet. Wir nutzen sie nicht egoistisch, sondern<br />
wir dienen einander, ein jeglicher mit der<br />
Gabe, die er empfangen hat. Wenn jeder so handelt,<br />
entsteht eine wunderbare Dienstgemeinschaft<br />
für das Reich Gottes – für das Sichtbarwerden<br />
der Herrschaft Gottes in der neuen Welt.
14. Juli<br />
Gott, er allein breitet den Himmel aus und<br />
schreitet einher auf den Wogen des Meeres.<br />
Er schuf den Grossen Bären, den Orion, das<br />
Siebengestirn und die Sterne des Südens.<br />
(Hiob 9, 8-9)<br />
Jesus spricht: Habe ich dir nicht gesagt:<br />
Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit<br />
Gottes sehen? (Johannes 11, 40)<br />
Hiob und damit auch wir, erleben für einen Augenblick<br />
einen herrlichen Einblick in die Schöpferherrlichkeit<br />
unseres Herrn. Was für eine gewaltige<br />
Vorstellung erfasst uns mit dem Bild, wie<br />
Gott den Himmel ausbreitet – er allein! Und wie<br />
ergreifend ist es fürs innere Auge, den Herrn über<br />
die Wogen des Meeres einher schreiten zu sehen.<br />
Wenn wir dann abends den Blick zum Himmel<br />
erheben, erstaunt uns die Herrlichkeit Gottes ein<br />
weiteres Mal mit der Flut <strong>von</strong> lauter geordneten<br />
Sternensystemen in allen Himmelsrichtungen.<br />
Als Wunderwerk wird dies nur dem glaubenden<br />
Menschen offenbar.<br />
Auch war es nur den Jüngern Jesu vergönnt, ihren<br />
Meister auf den unruhigen Wogen des Sees Genezareth<br />
entgegen kommen zu sehen. Hätten sie die<br />
Hiobstelle gekannt, hätten sie sich nicht gefürchtet.<br />
Umso grösser war dann das Erstaunen und<br />
die liebende Anbetung der Jüngerschar: Jesus,<br />
Meister, du bist wirklich Christus, der Messias Israels<br />
und der ganzen Welt.<br />
Solche Bibelworte wie die obigen sind uns ja nicht<br />
zur Belehrung gegeben, sondern zur Anleitung für<br />
die Anbetung und den Lobpreis. So werden wir<br />
sorgsam herangeführt, Dankworte, Lobworte,<br />
Ehrenworte, Liebesworte und Hingabeworte zu<br />
finden und auszusprechen. Einzelne Psalmen und<br />
das Gesangbuch der Gemeinde können eine Hilfe<br />
sein.
Jesus Christus und seinem Vater gebührt höchster<br />
Respekt. Lasst uns mächtig erfinderisch sein, diesem<br />
Respekt <strong>Aus</strong>druck zu verleihen.
15. Juli<br />
Ich bin bei euch alle Tage. (Matthäus 28, 20)<br />
Peter Rosegger: „Ich weiss den Herrn an meiner<br />
Seite, und das macht mich mutig und fröhlich.<br />
Wie hätte ich armer, irrender Mensch durch die<br />
unzähligen Verfänglichkeiten der Welt, durch all<br />
die heuchlerischen Widersacher und grimmigen<br />
Feinde den Weg finden können bis hierher? – Er<br />
war bei mir! – Im Taumel der Lust, des Erfolgs,<br />
des Beifalls, ja selbst in der süssen Wonne des<br />
häuslichen Glücks hätte ich übermütig werden<br />
müssen; <strong>von</strong> Feinden gehetzt, kauernd an Gräbern<br />
zerstörten Glückes, im Bewusstsein persönlicher<br />
Schuld und Armseligkeit hätte ich verzweifeln<br />
müssen. – Doch Er war bei mir! – Immer<br />
überlegener fühlte ich mich den Dingen, die mich<br />
einst unterjocht hatten; unbedenklich wage ich<br />
heute Unternehmungen, zu denen mich meine<br />
gebrechliche Natur, meine geringen Fähigkeiten<br />
nicht berechtigten – denn an meiner Seite steht<br />
der Herr.“<br />
Das Beispiel zeigt uns wie kostbar dieses Nahesein<br />
des Herrn ist. Das gibt es nicht in der Theorie.<br />
Das können nur Menschen wissen, die es<br />
selbst erfahren haben und immer wieder erfahren.<br />
Darum heisst es irgendwo: Sei klug, die rettende<br />
und tröstende Nähe Gottes lässt sich durch kein<br />
anderes, noch so wertvolles Gut ersetzen. Dies ist<br />
gerade zu Menschen gesagt, die zu grosser Traurigkeit<br />
neigen und vielleicht schon x-Therapien<br />
hinter sich haben. Gläubige Menschen leben ganz<br />
entscheidend <strong>von</strong> der Nähe, vom Da-Sein Gottes.<br />
„Komm, belebe alle Glieder, du der Kirche heilig<br />
Haupt; treibe aus, was dir zuwider, was uns deinen<br />
Segen raubt. Komm, entdeck uns in der<br />
Klarheit Gottes Herz voll Gnad und Wahrheit;<br />
lass uns fühlen allzu gleich: ‚Ich bin mitten unter<br />
euch’.“ (J.M.H.)
16. Juli<br />
Jesus spricht: Mir ist gegeben alle Gewalt, im<br />
Himmel und auf Erden. – Darum gehet hin<br />
und machet zu Jüngern alle Völker.<br />
(Matthäus 28, 18-19)<br />
Alle Gewalt. Das steht in einem triumphalen Satz<br />
und wirft sogleich viele Fragen auf. Die brennendste<br />
Frage ist wohl die: Warum lässt Gott –<br />
Jesus Christus – all das Elend, das Leid, die Ungerechtigkeit,<br />
den Hunger, die Verzweiflung, überhaupt<br />
jegliche persönliche und öffentliche Not<br />
zu? In dieser Frage kumuliert sich alles, was man<br />
noch fragen könnte. Das ist uns am allernächsten<br />
und lässt uns aufschreien wenn die Not uns selber<br />
nahe rückt. Es gibt in der Kürze keine eindeutige<br />
Antwort, schon gar nicht <strong>von</strong> dieser Textstelle<br />
her. Trotzdem ein Versuch. Wir werden immer<br />
mehr beobachten, dass es wir Menschen sind, die<br />
in den meisten Fällen Not und Leid verbreiten.<br />
Wir reden am eindeutigsten <strong>von</strong> der gefallenen<br />
Menschheit oder gar der Schöpfung. Ungehorsam<br />
gegen Gott, Superegoismus und Skrupellosigkeit<br />
im Umgang mit der Natur haben uns in einen tiefen<br />
Fall gestürzt, aus dem wir uns nicht selber<br />
hochziehen können. Je höher einer den Kopf<br />
trägt, desto mehr zeigt er an, wie tief er im Morast<br />
steckt und kaum mehr Luft kriegt. Und dafür soll<br />
Gott verantwortlich sein? Dafür wollen wir ihn<br />
verantwortlich machen, weil wir ja so schwach<br />
sind und weil es ja sooft um unschuldige Opfer<br />
geht? Gott steht auf der Seite der Entwürdigten,<br />
der Armen und hilft ihnen auf mancherlei Weisen,<br />
die wir oft kaum wahrnehmen. Er hat Praktiken,<br />
die uns verborgen sind. Doch vieles kann nicht<br />
geschehen, weil wir Christen den Wink <strong>seiner</strong><br />
<strong>Hand</strong> nicht sehen und nicht bereit sind zu tun,<br />
was sein Wille ist, jetzt und zur selbigen Stelle.
Gott macht seine Sache, und er macht sie gut.<br />
Wie steht es um uns Menschen, um uns Christen?<br />
Unser Bibelwort will uns nun sagen, dem Herrn<br />
ist alle Gewalt verliehen, damit die Jünger unter<br />
seinem Schutz hinausziehen können, um die frohe<br />
Botschaft vom Reich Gottes auszubreiten. Er<br />
macht freie Bahn. Er stützt und schützt die wankenden<br />
Missionare, sorgt für ihre Bedürfnisse und<br />
steht ihnen bei, wenn sie zur Ehre ihres Meisters<br />
in grosse Bewährungsnöte geraten. Wir sehen und<br />
wissen nur das Äussere und lassen uns beunruhigen.<br />
Was die Gegenwart Jesu innerlich auslöst,<br />
kennen nur die Betroffenen und bekennen auf<br />
mancherlei Weise:<br />
„Er ist gerecht, ein Helfer wert; Sanftmütigkeit ist<br />
sein Gefährt, sein Königskron ist Heiligkeit, sein<br />
Szepter ist Barmherzigkeit. All unsre Not zum<br />
End er bringt, derhalben jauchzt, mit Freuden<br />
singt. Gelobet sei mein Gott, mein Heiland gross<br />
<strong>von</strong> Tat.“ (G.W.)
17.Juli<br />
Erforsche mich, Gott, und erkenne mein<br />
Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich’s meine.<br />
Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin,<br />
und leite mich auf ewigem Wege.<br />
(Psalm 139, 23-24)<br />
„Dem heissen Süden zu geht die Fahrt. Die Strasse<br />
<strong>von</strong> Messina wird passiert. Der Kapitän ist guter<br />
Laune. Einige Passagiere werden <strong>von</strong> dem gut<br />
aufgelegten Seebär in einem interessanten Rundgang<br />
geführt. Ein Teilnehmer meint zum Schluss:<br />
‚Wozu eigentlich so viele Messgeräte, die Führung<br />
des Steuerrades dürfte doch sehr einfach sein?’ –<br />
‚Bitte, probieren Sie es. Sie steuern jetzt mal fünf<br />
Minuten. Hier beachten Sie den Steuerstrich und<br />
den Kompass. Es müssen stets 176 Grad am<br />
Strich liegen.’ Das vorlaute Greenhorn steht frohgemut<br />
am Steuer. Die Probezeit ist um. ‚Ging es<br />
nicht ausgezeichnet?’ – ‚Wollen sehen!’ brummt<br />
der Alte. Geht zum Kursschreiber und zieht die<br />
Papierrolle mit dem aufgezeichneten Kurs heraus.<br />
‚Da, vergleichen Sie die Kurslinie unseres Steuermanns<br />
mit ihrer Kurslinie!’ O weh! Eine einzige<br />
krumme Linie, kein gerades Stück dabei! Der<br />
Kursschreiber hat den krummen Weg ans Licht<br />
gebracht.“ (K.E. Koch)<br />
Gleicht unser Leben auch so einer Seefahrt? Wir<br />
stehen selbstbewusst am Steuer und meinen einen<br />
geraden Kurs zu steuern. Im Licht des Wortes<br />
Gottes kriegen wir einen gehörigen Schrecken.<br />
Unser Kurs ist schlecht, unsere Kurslinie krumm<br />
und „böse“. Wir haben uns übernommen. Ein<br />
anderer muss ans Steuer, wenn wir nicht ins Unglück<br />
fahren wollen. Wer sich <strong>von</strong> Jesus führen<br />
lässt, lebt einen sicheren Kurs, er wird auf ewigem<br />
Wege geleitet.
18. Juli<br />
Und Gott schuf den Menschen nach seinem<br />
Bilde, als Mann und Frau schuf er sie. Und<br />
Gott segnete sie. (1. Mose 1, 27-28)<br />
Im Oratorium „Die Schöpfung“ <strong>von</strong> Joseph<br />
Haydn heisst es an dieser Stelle triumphierend:<br />
Mit Würd’ und Hoheit angetan, mit Schönheit,<br />
Stärk’ und Mut begabt, gen Himmel aufgerichtet,<br />
steht der Mensch, ein Mann und König der Natur.<br />
Die breit gewölbt’ erhabne Stirn verkündt der<br />
Weisheit tiefen Sinn, und aus dem hellen Blicke<br />
strahlt der Geist, des Schöpfers Hauch und Ebenbild.<br />
An seinen Busen schmieget sich für ihn, aus ihm<br />
geformt die Gattin, hold und anmutsvoll. In froher<br />
Unschuld lächelt sie, des Frühlings reizend<br />
Bild, ihm Liebe, Glück und Wonne zu.<br />
Wie passend dazu sind die Worte <strong>von</strong> Winnig:<br />
„Das eigentlich Menschliche ist dies, dass der<br />
Mensch sich <strong>seiner</strong> Herkunft aus der <strong>Hand</strong> des<br />
Schöpfers bewusst ist. Kein anderes Geschöpf<br />
weiss das. Das Bibelwort ‚Gott schuf den Menschen<br />
ihm zum Bilde’ will dies ausdrücken. <strong>Aus</strong><br />
dieser Urbeziehung zu Gott ist alle Menschheitsgeschichte<br />
entstanden. Ohne diese Urbeziehung<br />
wären wir geschichtslos wie die Tiere. Doch gehört<br />
zu einer Beziehung nicht ein gewisser Kontakt?<br />
Das zeigt folgendes Beispiel: Eine Mutter<br />
steht mit ihrem Sohn vor dem Affenhaus eines<br />
Zoos. „Sieh doch, mein Junge, sind sie nicht fast<br />
wie die Menschen?“ fragt die Mutter. Einen Augenblick<br />
schweigt der Knabe, dann aber fragt er<br />
nachdenklich: „Mutter, können die Affen auch<br />
beten?“<br />
Diese Frage weist auf den Kern unseres Bibelwortes.<br />
Dass Gott uns geschaffen hat, verlangt nach<br />
einer Antwort. Und diese Antwort kann nichts
anderes sein als das Gebet und das Wirken im<br />
Auftrag Gottes. Das Gebet nicht als ein Aneinanderreihen<br />
<strong>von</strong> Bitten, sondern als Reden und Hören<br />
in der Audienz beim himmlischen Vater.<br />
Haben Sie als Mensch schon einmal Ihr Leben so<br />
betrachtet und sind Sie bereit, die entsprechenden<br />
Folgerungen zu ziehen?<br />
Haben Sie als Christ schon immer Ihr Leben so<br />
betrachtet und leben Sie freudig in den Konsequenzen,<br />
die unsere Urbeziehung uns nahe legt?<br />
Und Gott gab seinen Segen – damals und gibt ihn<br />
heute und in Ewigkeit.
19. Juli<br />
Er ist unser Friede. (Eph. 2, 14)<br />
In Südamerika steht hoch in den Bergen der Anden<br />
an der Grenze zwischen Chile und Argentinien<br />
ein merkwürdiges Standbild, das seinesgleichen<br />
kaum auf der Erde haben dürfte. Es ist ein<br />
Christusbild, zu dem Kanonen das Erz geliefert<br />
haben. Diese beiden Länder standen einst im Begriff,<br />
wegen Grenzstreitigkeiten gegeneinander den<br />
Krieg zu eröffnen. In letzter Stunde gelang es jedoch<br />
dem Einfluss <strong>von</strong> Christen, den drohenden<br />
Krieg zu verhindern. Nun goss man die aufgefahrenen<br />
Kanonen um und formte aus ihnen ein<br />
Standbild Jesu Christi <strong>von</strong> riesengrossem <strong>Aus</strong>mass.<br />
Auf der Grenzscheide der Länder stehend,<br />
hält Christus in der einen <strong>Hand</strong> sein Kreuz, die<br />
andere erhebt er segnend über die Völker. Der<br />
Sockel des Standbildes aber trägt die Inschrift:<br />
„Eher sollen diese Berge der Anden in Staub zerfallen,<br />
als dass die Völker <strong>von</strong> Argentinien und<br />
Chile den Frieden brechen, den sie zu Füssen ihres<br />
Erlösers zwischen sich aufgerichtet haben.“<br />
Christus ist unser Friede. Er ist unser Friedefürst.<br />
Denn wer Krieg macht, rebelliert gegen Gott.<br />
Gott musste Christus auf Golgatha verbluten lassen,<br />
damit der Krieg aufhört. Die Möglichkeit<br />
zum Frieden besteht jetzt. Wer Christus nachfolgt,<br />
muss die Waffe fallen lassen. Das ist das Eine.<br />
Doch wir realisieren, dass gewisse Kreise sogar<br />
Interesse an Streit und kriegerischen <strong>Aus</strong>einandersetzungen<br />
haben, teils aus Rechthaberei,<br />
teils aus Gewinnaussichten. Und selbst kalter,<br />
psychologischer Krieg ist nicht auszurotten. Aber<br />
für Jesu Gemeinde gilt: Christus ist unser Friede.<br />
Von daher ist mit aller Kraft und Intensität Friedensarbeit<br />
zu leisten, auch wenn die Politik dazu<br />
lächelt. Es mögen wenige Christen sein, die daran<br />
glauben, aber nur getrost, Christentat hat einen<br />
enormen Wirkungsgrad.
20. Juli<br />
Trachtet vor allem nach dem Reich Gottes.<br />
(Matthäus 6, 33)<br />
Das Reich Gottes ist etwas anderes als nur ein<br />
gewisser moralischer oder sozialer Fortschritt. Es<br />
ist: Kraft Gottes, Regiment Gottes, Lebensoffenbarung<br />
Gottes, ist die Schaffung neuer Herzen,<br />
neuer Gesinnung, dass wir aufs rechte Ziel hingelenkt<br />
werden: Jesus der Herr zur Ehre Gottes des<br />
Vaters. Und nun ist nicht die wichtigste Frage:<br />
„Wann kommt das Reich?“ oder „Wo kommt das<br />
Reich?“ Das sind lauter Irreführungen. Die wichtigste<br />
Frage heisst: Kommt das Reich Gottes auch<br />
in mir, d.h. hat die Herrschaft Gottes in mir<br />
schon begonnen? Pfarrer Geiss gibt in ein paar<br />
Sätzen einiges zu bedenken:<br />
1. Das Reich Gottes kommt nicht durch Diskussion,<br />
sondern durch Gehorsam!<br />
- Schluss mit allem ‚Geschwätz’, auch<br />
wenn es noch so fromm daherkommt.<br />
Gerede macht die Wege Gottes undeutlich.<br />
Mehr gehorchen!<br />
2. Wir haben das Reich Gottes nicht herzustellen<br />
durch unsern Betrieb, sondern darzustellen<br />
durch unseren Wandel.<br />
- Schluss mit aller Wichtigtuerei, auch<br />
wenn sie noch so fromm aussieht.<br />
Hingabe tut not.<br />
3. Das Wachstum im Reich Gottes geschieht<br />
nicht durch Vorschriften, sondern durch<br />
Vorbilder.<br />
- ‚Tod’ allen Kritikastern und Besserwissern!<br />
Selbstkritik und Bessermachen<br />
tut not.<br />
<strong>Aus</strong> dem allen wird schnell klar, was das höchste,<br />
erstrebenswerte Ziel unseres Lebens sein kann,<br />
die Bürgschaft in Gottes Reich, da hineinzugehören,<br />
wo wir unserem Herrn am nächsten sind, da
unsere Hingabe am stärksten wirken zu lassen,<br />
dass Jesu Name als der Name über allen Namen<br />
der Welt erscheinen kann. Wir sind auf dem richtigen<br />
Weg, wenn das Reich Gottes in unserem<br />
Leben erste Priorität hat.
21. Juli<br />
Und nach einer langen Zeit kam das Wort des<br />
Herrn zu Elia und sprach: Gehe hin und zeige<br />
dich Ahab. Und Elia ging hin.<br />
(1. Könige 18, 1-2)<br />
Was war das für ein entsetzlicher Gang!<br />
<strong>Dr</strong>ei Jahre lang hatte der Herr den Propheten Elia<br />
heimlich verborgen. In dieser Zeit hatte der abgöttische<br />
König Ahab alles aufgeboten, den Mann<br />
Gottes zu finden, den er glühend hasste. Er wollte<br />
ihn umbringen. Elia aber war in Gottes <strong>Hand</strong> geborgen.<br />
Doch nun lässt der Herr den Elia los. „Gehe hin<br />
und zeige dich Ahab!“ Das hiess ja, in die Höhle<br />
des Löwen zu gehen. Das hiess ja, sehenden Auges<br />
in den Tod zu laufen.<br />
„Und Elia ging hin.“ Man ist versucht, hier <strong>von</strong><br />
der Furchtlosigkeit eines starken Mannes zu reden.<br />
Aber ich glaube nicht, dass Elia furchtlos war. Ich<br />
bin überzeugt, dass auch in seinem Herzen Angst<br />
und Schrecken lebten. Aber – und das ist entscheidend<br />
– er gab dieser Furcht nicht nach. Er<br />
überwand seine Natur.<br />
Das ist eine wichtige Seite der Gottesbotschaft.<br />
Sie gibt Kraft, die eigene Natur zu überwinden.<br />
Als Jeremia zum Propheten berufen wurde, sah er<br />
im Geist die Nöte, in die eine solche Berufung ihn<br />
führen musste und wendete erschrocken ein: „Ich<br />
bin zu jung!“ Aber dann ging er doch als Bote des<br />
lebendigen Gottes gegen eine ganze Welt an. Das<br />
ist Überwindung der eigenen Natur.
Auch heute wird so etwas möglich durch Jesus<br />
und sein Evangelium. Er hat unsere alte Natur in<br />
sein Sterben hinein genommen. Durch sein Leben<br />
werden auch wir mit ihm neu leben.<br />
Vertrauen wir dem göttlichen Eingreifen?<br />
Lasst uns anbeten und knien und niederfallen<br />
vor dem Herrn, der uns gemacht hat. O dass<br />
ihr heute auf seine Stimme hörtet.<br />
(Psalm 95, 6.7)<br />
„Gott ist gegenwärtig. Lasset uns anbeten und in<br />
Ehrfurcht vor ihn treten. Gott ist in der Mitte.<br />
Alles in uns schweige und sich innigst vor ihm<br />
beuge. Wer ihn kennt, wer ihn nennt, schlag die<br />
Augen nieder; gebt das Herz ihm wieder.“<br />
„Lasset uns miteinander uns hinkehren zu dieser<br />
Quelle aller Gnade, aller Erbarmung und aller<br />
göttlichen Kraft.“ Gerhard Tersteegen<br />
Walter Nigg schreibt über den Schöpfer dieser<br />
Zeilen: „Tersteegen strebte mit der gesammelten<br />
Kraft <strong>seiner</strong> Seele die Vollkommenheit an. Er<br />
wollte die grösstmögliche Nähe Gottes erreichen.<br />
Über seinem Leben war eine wunderbare Ruhe<br />
ausgebreitet, ohne dass es im geringsten langweilig<br />
wirkte. An seinem Grabe wurde er ‚ein grosser<br />
Heiliger’ genannt, welcher der verfallenen protestantischen<br />
Kirche geschenkt worden sei.“<br />
Der Mensch mit Gott scheint ein passiver<br />
Mensch zu sein. Der Schein trügt. Aktiv heisst<br />
aber auch nicht wie ein Wirbelwind tätig zu sein.<br />
Unser Bibelwort legt uns ein Verständnis nahe,<br />
das manchem fremd sein könnte. Es geht darum,<br />
in aller Stille höchste Aufmerksamkeit zu entwickeln<br />
und Aug und Ohr zu schärfen für die Äusserungen<br />
Gottes durch sein Wort, um dann mit
aller Intensität Gott zu feiern, dass andere mit<br />
hinein genommen werden und das alles zu <strong>seiner</strong><br />
Ehre durch Jesus Christus.
23. Juli<br />
Da fragte Gott: „Du hast doch nicht etwa <strong>von</strong><br />
dem Baum gegessen, <strong>von</strong> dem zu essen ich<br />
dir verboten habe?“ Da antwortete Adam:<br />
„Die Frau, die du mir gegeben hast, die hat<br />
mir vom Baum gegeben, da habe ich gegessen.“<br />
(1. Mose 3, 11-12)<br />
Vor vielen Jahren wurde Adolf Eichmann, ein ehemaliger<br />
SS-Offizier, <strong>von</strong> einem israelischen Gericht<br />
zum Tode verurteilt. Das Erschütternde war,<br />
dass Eichmann in keiner Weise bereit war, Schuld<br />
einzugestehen und Schuld auf sich zu nehmen. Er<br />
schob den ‚schwarzen Peter’ den vorgesetzten<br />
Dienststellen zu.<br />
Seit Adam und Eva ist es so gewesen; immer war<br />
der andere schuld. Gott fragte Adam und Adam<br />
sagte: „Nicht ich bin’s gewesen, sondern Eva.“<br />
Eva sagte: „Ich war es nicht, sondern die Schlange.“<br />
Und wenn beim besten Willen kein Mensch mehr<br />
aufzutreiben ist, der als Sündenbock herhalten<br />
kann, dann ist es eben das Wetter, sind es die ungünstigen<br />
erblichen Anlagen.<br />
Nicht die andern sind schuld, sondern ich. Ich<br />
muss den Kopf hinhalten, für meine Schuld gerade<br />
stehen und die Schuld begleichen. Anders als<br />
so lassen sich keine klaren Verhältnisse schaffen.<br />
Und anders als so wird auch nie der Weg frei zu<br />
einem neuen Anfang.<br />
Gott hat noch einen ganz anderen und einen<br />
noch viel schwereren Weg gewählt. Er hat uns<br />
nicht im Paradies bereits abgeschoben und aufgegeben.<br />
Er hat den Menschen nur das Allernötigste<br />
aufgeladen. Die Schuld nahm er auf sich, trug er<br />
hinweg – immer wieder. Hätte Gott nicht so gedacht<br />
und gehandelt, wäre auf Golgatha nie ein<br />
Kreuz gestanden!
24. Juli<br />
Was sollen wir tun, ihr Brüder? Petrus sagte:<br />
Tut Busse und vertraut auf den Namen Jesu<br />
Christi zur Vergebung der Sünden.<br />
(Apostelgeschichte 2, 37-38)<br />
Friso Melzer erzählt: Vor einiger Zeit sah ich einen<br />
indischen Heiligen auf einem Nagelbrett liegen.<br />
Ich fragte ihn: „Zu welchem Zweck quälst du<br />
dich auf diese Weise?“ Er erwiderte: „Es bedeutet<br />
Busse und Abtötung des Fleisches. Ich diene Gott<br />
auf diese Weise, aber ich bekenne, die Stiche dieser<br />
Nägel sind nicht so schlimm wie die Schmerzen,<br />
die meine Sünden und bösen Begierden mir<br />
bereiten.“ „Wie lange treibst du das schon und<br />
wie weit hast du dein Ziel erreicht?“ Er entgegnete:<br />
„Ich begann es vor 18 Monaten, aber ich habe<br />
mein Ziel noch nicht erreicht. Es ist auch nicht<br />
möglich, dass man es in so kurzer Zeit erreicht.<br />
Dazu sind viele Jahre und wohl viele Geburten<br />
nötig.“<br />
Da erzählte ich ihm <strong>von</strong> meiner eignen Erfahrung:<br />
Wie es mir misslang, als ich es unternahm,<br />
durch meine eignen Anstrengungen Erlösung zu<br />
erlangen, wie aber der Herr Jesus mit seinem wahren<br />
Frieden meine ruhelose Seele stillte. Ich bin<br />
<strong>von</strong> den Stichen meiner Sünden und den bösen<br />
Begierden und Versuchungen befreit worden.<br />
Aber nicht, weil ich irgendwie würdig gewesen<br />
wäre oder irgendein Recht hätte, es <strong>von</strong> Gott zu<br />
fordern, sondern durch seine Gnade und Barmherzigkeit<br />
ist es geschehen. Und ich habe mich<br />
dem übergeben, der nicht nur meine Sünden,<br />
sondern die Sünden der ganzen Welt hinweg nehmen<br />
kann. Als er das hörte, sagte er: „Ich kann<br />
niemals zugeben, man könne Erlösung als freies<br />
Geschenk und in einem kurzen Leben erlangen.“
Sie nötigen einem alle Achtung ab, diese indischen<br />
Selbsterlöser, aber andererseits macht es<br />
einen auch zutiefst traurig, wie sie in ihrem Wahn<br />
an der Wirklichkeit der Erlösung und Versöhnung<br />
durch den lebendigen Gott vorüber gehen. Vielleicht<br />
kommen wir mit unserem Zeugnis an diesem<br />
Punkt schon zu spät. Grundsätzlich entscheidend<br />
ist für diese Menschen unser täglicher<br />
Wandel als Christen. Und dazu müssen wir heute<br />
nicht einmal mehr nach Indien gehen, nachdem<br />
schon eine Riesenzahl Inder in unserem Land leben.<br />
Was geben wir ihnen für ein Beispiel? Ist Religionsfreiheit<br />
alles?
25. Juli<br />
Denn das Wort vom Kreuz ist zwar denen, die<br />
verloren gehen, eine Torheit; uns aber, die wir<br />
gerettet werden, ist es eine Kraft Gottes.<br />
(1. Korintherbrief 1, 18)<br />
Eine berühmte schwedische Dichterin erzählt aus<br />
ihrer Kindheit, wie ihr ein Onkel einmal ein Bild<br />
des gekreuzigten Heilandes zeigte und ihr klar<br />
machte, dass Christus immer noch auf der Erde<br />
wirke, aber die Menschen ihn nicht in sich lebendig<br />
werden lassen wollen, weil sie ihr eigenes<br />
Kreuz nicht tragen wollen. Wenn sie grösser sei,<br />
werde sie das Geheimnis des Kreuzes besser verstehen<br />
lernen. – Wieviel ich da<strong>von</strong> schon verstanden<br />
habe, weiss ich nicht mehr, aber ich weiss<br />
heute, dass das „Wort vom Kreuz“ für mich weder<br />
ein „Ärgernis“ noch eine „Torheit“ ist, sondern<br />
die höchste Weisheit und eine unendlich tiefe<br />
Einsicht. Ich sehe, wie der Weg der Menschheit<br />
einem tieferen Begreifen des Geheimnisses vom<br />
Kreuz, einem neuen oder bewährten Christentum<br />
entgegengeht, in dem unser Kreuz in der Nachfolge<br />
<strong>von</strong> Jesu Kreuz, das Opfer des Eigenwillens,<br />
des Machttriebes, das Wunder der Wiedergeburt,<br />
der strahlende Mittelpunkt ist. Aber „die Pforte<br />
ist eng und der Weg ist schmal“.<br />
Dieses Beispiel ist uns eine wertvolle tiefsinnige<br />
Betrachtung <strong>von</strong> Jesu Kreuz zu unserem Kreuz,<br />
das zur engen Pforte und zum schmalen Weg<br />
führt. Wir werden damit daran erinnert, dass Jesus<br />
gesagt hat: Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt,<br />
ist meiner nicht wert. Das soll mit allem Ernst beachtet<br />
sein.<br />
Nun aber hat unser Bibelwort eine erste Komponente,<br />
die wir bisher ausser Acht gelassen haben.<br />
Es ist da drin eine sehr ernste <strong>Aus</strong>sage: es gibt<br />
Menschen, die verloren gehen. Es sind Menschen,<br />
auch Christen, denen das Kreuz Jesu eine „Tor-
heit“ ist, ein Irrtum, eine Einfältigkeit, eine<br />
Dummheit, ein Unsinn, ein Leichtsinn, eine Unvernunft,<br />
ein Irrsinn usw.<br />
Für Christen, denen das Kreuz Jesu der Mittelpunkt<br />
des Glaubens ist, bedeutet es Kraft, Liebe,<br />
Erlösung, Versöhnung. Da ist <strong>von</strong> Menschen die<br />
Rede, die gerettet werden. Sie lieben Jesus als ihren<br />
Herrn und wissen, was sie ihm zu verdanken<br />
haben.
26. Juli<br />
Du sollst Gott lieben und deinen Nächsten<br />
wie dich selbst. (Matthäus 22, 37-40)<br />
In Kiplings Roman „Das Licht, das erlosch“, sagt<br />
der Soldat Tommy Atkins: „Bringt mich nach jenseits<br />
<strong>von</strong> Suez, wo die zehn Gebote nicht mehr<br />
gelten.“ So ist die Politik immer wieder als ein<br />
„jenseits <strong>von</strong> Suez“ behandelt worden, wo ganz<br />
andere Gesetze gelten als im Privatleben. Das Ergebnis<br />
ist der heutige Weltzustand.<br />
Was moralisch falsch ist, kann politisch niemals<br />
richtig sein. Unser Denken und <strong>Hand</strong>eln hat zwei<br />
Komponenten, eine Senkrechte und eine Waagrechte<br />
– Gott und der Nächste. Schalten wir Gott<br />
aus, muss automatisch der Nächste dran glauben.<br />
Wir handeln gottlos, weil wir Gott los gelassen<br />
haben. Schalten wir den Nächsten aus, ist unser<br />
Glaube an Gott nur Fassade. An beiden Geboten<br />
hängt das Gesetz Gottes, hängt auch das Leben,<br />
hängt die Ordnung, hängt der Friede. Leider haben<br />
wir uns angewöhnt, in Schulen und Universitäten,<br />
in Fabriken und Büros, in der Wirtschaft<br />
und in der Politik „jenseits <strong>von</strong> Suez“, oder „jenseits<br />
<strong>von</strong> Eden“ zu leben und zu arbeiten. Gott<br />
aber fordert in den beiden Geboten ein Leben<br />
ohne Abstriche, ungeteilt in zwei Bereiche und<br />
ohne Vorbehalte. Es hilft nichts. Wir können uns<br />
nicht darum herum drücken. Wir müssen die Gebote<br />
wieder neu lernen bis in die Tiefe ihrer Bedeutung.<br />
Gott lässt sich nicht zum Narren halten.
27. Juli<br />
Wir wissen, liebe Brüder und Schwestern,<br />
dass Gott euch liebt und auserwählt hat.<br />
Denn wir haben euch die rettende Botschaft<br />
verkündet, nicht allein mit Worten, sondern<br />
Gottes Macht wirkt durch uns. Sein Heiliger<br />
Geist stand uns bei, und so hatten wir grosse<br />
Überzeugungskraft. Nun seid ihr unserem<br />
Beispiel und dem unseres Herrn gefolgt und<br />
seid für viele Christen zum Vorbild geworden.<br />
( 1. Thessalonicherbrief 1, 4-7)<br />
Wir wissen; nicht wir meinen oder wir vermuten,<br />
oder wir denken, oder wir nehmen einmal an, dass<br />
ihr erwählt seid. Nein, wir wissen. Das allein gibt<br />
die nötige Grundlage dafür, dass die Christen <strong>von</strong><br />
Thessalonich zum Vorbild für Christen ganzer<br />
Provinzen werden konnten. Wie ist das möglich<br />
geworden? Paulus und seinem kleinen Team ist in<br />
ihrer Verkündigung besondere Gnade widerfahren.<br />
Durch den Heiligen Geist hatten sie grosse<br />
Überzeugungskraft. Und die Zuhörer erkannten<br />
die Stunde der Entscheidung und folgten dem angebotenen<br />
Beispiel. An jedem bekannten Ort besprach<br />
man die Vorgänge in Thessalonich und<br />
vor allem, wie sich die Christen vehement <strong>von</strong><br />
den Götzen weg zum lebendigen Gott hin bekehrt<br />
haben um dem wahren Gott zu dienen und<br />
aus den Himmeln seinen Sohn zu erwarten.<br />
Es ist in der Tat beeindruckend, wie das Wort<br />
Gottes in Thessalonich Eingang gefunden hat.<br />
Der Bericht ist ein Jubelruf durch die ganze Stadt:<br />
Freuet euch allezeit, betet ohne Unterlass, danket<br />
bei allem! Den Geist löschet nicht aus. Alles aber<br />
prüfet, das Gute behaltet! Gott hat euch erwählt,<br />
er ist treu und was er verspricht, das hält er auch.<br />
Denken wir doch einen Augenblick nach, wie es<br />
war, als wir zum Glauben fanden, was sich damals
veränderte, wofür wir heute noch dankbar sein<br />
können, oder wo wir etwas wieder klarer gestalten<br />
müssen. In allem aber: Er ist treu!
28. Juli<br />
Herr, wer wird wohnen in deinem heiligen<br />
Zelt? Wer mit <strong>seiner</strong> Zunge nicht verleumdet<br />
und seinem Nächsten kein Arges tut und ihn<br />
nicht schmäht. (Psalm 15, 1+3)<br />
Als Henry Stanley aus Afrika zurückkehrte, wurde<br />
er ein Opfer eines so wilden und wohl vorbereiteten<br />
Verleumdungsfeldzuges, dass jedermann ihn<br />
schon unter den Trümmern seines Lebenswerkes<br />
begraben wähnte. Er schüttelte den Staub ab und<br />
sagte ernst: „Dieser tolle Spuk wird mir ein Anlass<br />
werden, in meiner eigenen <strong>Aus</strong>sage über andere<br />
Menschen künftig die denkbar grösste Zurückhaltung<br />
und Gewissenhaftigkeit zu üben.“<br />
Eine Verleumdung und eine Falschbeurteilung<br />
kann für uns eine unentbehrliche Prüfung und<br />
Läuterung sein. Sie dient zur Festigung unseres<br />
Lebensweges. Sie dämpft unsere Selbstgerechtigkeit<br />
und Selbstüberschätzung. Wohl uns, wenn<br />
wir nicht aus der Haut fahren. Aber auch nur der<br />
hat Gemeinschaft mit Gott, der seine Zunge im<br />
Zaum hält. Die Zunge ist ein kleines Ding und<br />
kann viel Unheil anrichten. Die Liebe tut dem<br />
Nächsten kein Arges. Auch mit der Zunge nicht.<br />
Was wir an lieblosen und abträglichen Worten<br />
verbreiten, richtet sich auch gegen Gott. Die Bindung<br />
an Gott will auch meine Zunge binden.<br />
Denn zu einem bekehrten Menschen gehört auch<br />
eine ‚bekehrte Zunge’. Gottes Geist benutzt für<br />
mein Dasein nicht nur meinen Verstand und meine<br />
Glieder, sondern auch meine Zunge. Was aus<br />
dem Munde herauskommt verunreinigt den Menschen<br />
und nicht, was in ihn hinein geht. Also lassen<br />
wir den Heiligen Geist prüfen, wie es um unsere<br />
Zunge steht. Danken wir Gott für diese Vorsichtsmassnahme.<br />
Der Gebrauch der Zunge zeigt<br />
den Reifegrad eines Christen an.
29. Juli<br />
Jesus sprach zu den Jüngern: Ihr Kleingläubigen,<br />
was bekümmert ihr euch doch, dass<br />
ihr kein Brot habt? Versteht ihr noch nicht?<br />
Denkt ihr nicht an die fünf Brote für die fünftausend<br />
und wieviel Körbe voll ihr da aufgesammelt<br />
habt? (Matthäus 16, 8-9)<br />
Eigentlich wollte Jesus mit den Jüngern über ein<br />
anderes Thema reden. Aber er musste warten.<br />
Wie sollte er ein geistliches Thema aufgreifen,<br />
während die Jünger noch mit einer ganz natürlichen<br />
Sache beschäftigt sind? Sie haben kein Brot.<br />
Sie haben Hunger. Ganz plötzlich, ganz natürlich.<br />
Den Aufruf Jesu, Trachtet vor allem nach dem<br />
Reich Gottes ist gehört und vergessen. Sie sind<br />
Naturburschen und keine Geistesarbeiter. Dennoch<br />
gehört zu ihrer Jüngerschaft z.B. Jesu ernstes<br />
Wort: Sehet zu und hütet euch vor dem Sauerteig<br />
der Pharisäer und Sadduzäer! Doch in ihren<br />
Gedanken kommen sie nur bis zu ihrem Hunger.<br />
Und Jesus ist so grosszügig, lässt vorerst sein<br />
Thema fallen und holt die Jünger bei dem ihrigen<br />
ab. Erst kürzlich haben sie die beiden grossen<br />
Speisungswunder erlebt und sie offenbar als Einzeltaten<br />
ihres Jesus abgehakt – ohne Zukunftsvision<br />
und Gegenwartsbedeutung. Wenn’s denn<br />
sein muss, gibt’s Brot, aber jetzt geht es einen<br />
Schritt weiter. Jesus vermittelt den Jüngern die<br />
Einsicht, dass sie sich vor dem Einfluss der Pharisäer<br />
und Sadduzäer hüten müssen, ohne zu Fall<br />
zu kommen. Das ist die ganze Geschichte, die zu<br />
lernen war. Unser Bibelwort bleibt aber da stehen,<br />
wo die Jünger im Begriff sind, Jesus einen stillen<br />
Vorwurf zu machen, dass ihr Versehen nicht einfach<br />
wundermässig bereinigt und ihrem Mangel<br />
abgeholfen wird. Klein- nicht Ungläubige werden<br />
sie genannt. Das ist eine <strong>Aus</strong>zeichnung, auf der<br />
sich aufbauen lässt. Jesus stampft niemand ein-
fach in den Boden hinein. Die Kleingläubigen haben<br />
die Chance, sich selber zu überholen und frische<br />
Taten des Glaubens zu wagen. Und die Jünger<br />
tun das gründlich. Man lese nur ein wenig weiter.
30. Juli<br />
Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr<br />
ist. (Psalm 34, 9)<br />
Das muss man nur einmal laut in unsere Welt hineinrufen.<br />
Dann prasseln <strong>von</strong> allen Seiten die<br />
Proteste. „Gott freundlich? Und all das Schreckliche,<br />
das täglich passiert?! Hört auf mit diesem<br />
Unsinn!“ In einem Roman erklärt eine verzweifelte<br />
Mutter: „Der liebe Gott ist einfach ein Verbrecher,<br />
wenn er einem solche Kinder nimmt!“ Ein<br />
Mann schrieb: „Wir haben uns daran gewöhnt,<br />
dass wir Angeklagte Gottes sein sollen. Nun muss<br />
es endlich einmal gesagt werden: Wenn es heute<br />
einen Angeklagten gibt, dann ist es der Gott der<br />
Christen. Und der Ankläger ist die geplagte, gepeinigte<br />
Menschheit.“<br />
Müsste nicht David vor solchem Protest einpacken<br />
mit seinem ganzen Psalm <strong>von</strong> der „Freundlichkeit<br />
Gottes“? Gewiss, Gott ist ein verborgener<br />
Gott. Er lässt einen gerechten Hiob arm und<br />
krank auf dem Aschenhaufen sitzen. – Er lässt zu,<br />
dass der Weg seines grossen Zeugen Paulus sich<br />
verliert im Dunkel römischer Kerker.<br />
Und doch: Wir möchten es in die Welt hinein<br />
schreien: „Schmecket und sehet, wie freundlich<br />
der Herr ist!“ Es gibt einen hellen Beweis für seine<br />
Barmherzigkeit, Liebe und Freundlichkeit: Das<br />
ist das Kreuz Jesu Christi. Das ist der Leuchtturm<br />
der Liebe Gottes in dieser dunklen Welt. Wer das<br />
Kreuz nicht im Glauben ansehen kann, dem versinkt<br />
alles im Dunkel. Aber: „Welche auf ihn sehen,<br />
die werden erquickt.“
31. Juli<br />
Heute ist diesem Hause Heil widerfahren.<br />
(Lukas 19, 9)<br />
Zachäus liess den Heiland machen; darum ist ihm<br />
Heil widerfahren. Er sah nicht auf sich, auf „möglich“<br />
oder „unmöglich“, als Jesus ihm zum Baum<br />
hinaufrief. Zunächst hiess es einfach gehorchen.<br />
Das andere wird sich finden. Damit ist alles gewonnen<br />
gewesen. Die Verantwortung übernimmt<br />
Jesus; ich habe nichts dazu zu sagen. – Wenn wir<br />
das nur <strong>von</strong> dem Oberzöllner lernen wollten!<br />
Aber je gerechter wir sind, desto mehr machen<br />
wir grad unsere Vorbehalte und Einwände; denn<br />
unsere Gerechtigkeit hat uns rechnen, vergleichen<br />
und abstufen gelehrt. Wir wollen durchaus zu Jesus<br />
kommen – aber ! Jesus hingegen kann mit diesem<br />
„Aber“ nichts anfangen. Es ist ja seine Sache,<br />
nicht unsere. Seine Sache ist unser Heil, es geht<br />
uns selber gar nichts an. Jesus ist um Gottes und<br />
seines Reiches willen da. Wer mitmachen will,<br />
wird angenommen, denn Jesus kann in seinem<br />
Weinberg alle brauchen, die ihm vertrauen, weil er<br />
nicht auf die Fähigkeit schaut, sondern auf die Bereitschaft.<br />
Zachäus war bereit, daran lag’s. Mach auch du<br />
dich bereit!
1. August<br />
Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss<br />
nicht, was er dir Gutes getan!<br />
Eine neue Schwester war Leiterin eines Altersheimes<br />
geworden. Schwer litt sie unter dem Klagen<br />
und Murren der Alten. Eines Tages schlägt<br />
sie ihnen vor, eine Dankstunde zu halten. Die Alten<br />
sehen sie verwundert an. Danken? Wir haben<br />
nichts zu danken! Aber sie kommen doch am<br />
nächsten Tag zur Dankstunde, wenn auch mehr<br />
aus Neugier. Recht aus dem Herzen heraus dankt<br />
die Schwester, dass die meisten unter den Alten<br />
noch sehen und hören können, dass sie im Heim<br />
gut und wohl versorgt seien…, dass sie einen Heiland<br />
besässen, der alle Tage bei ihnen sei, dass sie<br />
durch ihn Gottes liebe Kinder seien und das Morgenrot<br />
einer seligen Ewigkeit schon <strong>von</strong> ferne ihnen<br />
leuchte… Stille hören die Alten zu und können<br />
ihre Ergriffenheit nicht verbergen. Bei der<br />
nächsten Dankstunde einen Monat später waren<br />
sie alle da und baten, die Dankstunde öfter zu halten,<br />
ja, sie besannen sich selbst auf immer neue<br />
Dinge, für die sie danken wollten. In das Heim<br />
war aber ein ganz anderer, neuer Geist eingezogen.<br />
Von Unzufriedenheit hörte man nicht mehr<br />
viel.<br />
Dieses Beispiel zeigt, dass letztlich jeder Mensch<br />
noch etwas zu danken hat. Es muss aber eine innere<br />
Barriere der Verstockung durbrochen werden,<br />
damit die Resignation weicht und der Weg<br />
zum Danken frei ist.
2. August<br />
Der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen<br />
Herzens sind. (Psalm 34, 19)<br />
Hat Gott besondere Lieblinge?<br />
Ja! Sagt die Bibel. Menschen mit zerbrochenen<br />
Herzen sind Gottes besondere Lieblinge.<br />
Stimmt denn das? Die Bibel sagt doch: „So sehr<br />
hat Gott die Welt geliebt…“ Die Welt! Also alle!<br />
Ein Bild kann es uns klar machen. Von Jesus, der<br />
am Kreuze starb, geht ein Strom der Liebe Gottes<br />
in die Welt. Wir wissen: Die Wasser fliessen ab an<br />
den hohen, stolzen Felsenbergen. So fliesst die<br />
Liebe Gottes ab an den stolzen Steinherzen. Es ist<br />
erschütternd, dass Jesus weinte über die Stadt Jerusalem,<br />
in der die stolzen Herzen die Gottesliebe<br />
an sich abfliessen liessen.<br />
In die Tiefe fliessen die Wasser. Nach unten! So<br />
fliesst der Strom der Liebe Gottes zu den Menschen,<br />
die ‚unten’ sind.<br />
‚Unten’ – das ist nicht dasselbe wie ‚down’. So<br />
sagt man ja in unserer modernen Sprache: „Ich<br />
bin down.“ ‚Down’ und ‚unten’ unterscheiden<br />
sich wie ‚Katzenjammer’ und ‚Jammer’. ‚Unten’<br />
sind die Leute, die Gott zerbrochen hat, denen er<br />
ihren verlorenen Zustand gezeigt hat, die ihr verklagendes<br />
Gewissen nicht mehr aushalten, die anders<br />
werden möchten und die nicht wissen, wie<br />
das geschehen soll.<br />
Zu denen fliesst der Strom der Liebe Gottes. Und<br />
darum sind solche zerbrochenen Herzen Gottes<br />
Lieblinge, weil sie seine Liebe so gern aufnehmen.
3. August<br />
So spricht der Herr: „Ich will…!“<br />
(Sacharia 12, 10)<br />
Ich will! Das ist der fordernde Mensch, der sein<br />
Recht verlangt. Das ist der Mensch, der seinen<br />
Plan ausführt, ohne Rücksicht auf Verluste –<br />
wenn es sein muss über Leichen. Am Roten Platz<br />
in Moskau ist das Mausoleum Lenins. Da liegt er<br />
in seinem Glassarg: mit der geballten Faust auf<br />
der Brust. Das ist dieses: „Ich will!“ Der Mensch<br />
mit der geballten Faust. Und der ist nicht nur<br />
drüben in Moskau. Der hat viele Namen, besonders<br />
in der modernen westlichen Welt.<br />
Wenn zwei dasselbe sagen, ist es nicht das gleiche.<br />
Was ist das für ein freies, königliches Wort, wenn<br />
Gott sagt: Ich will! Und was ist das für ein trotziges<br />
Wort, wenn der Mensch sagt: Ich will!<br />
„Ich will“ so sagt Gott und macht seine beiden<br />
Hände auf. Das ist der schenkende Gott, der sich<br />
uns hingibt. „Ich will mit dir sein“ steht schon im<br />
Alten Testament als Verheissung. Und dann im<br />
Neuen Testament heisst es: „Ich will ausgiessen<br />
den Geist der Gnade und des Gebets.“ Gnade<br />
heisst doch, dass Gott das erste Wort fand – zu<br />
uns. Gnade ist Geschenk. Er schenkt es auch,<br />
dass wir unsere verkrampften und geballten Hände<br />
aufmachen und uns beschenken lassen und beten:<br />
„Wie die zarten Blumen willig sich entfalten und<br />
der Sonne stillehalten, lass mich so, still und froh<br />
deine Strahlen fassen und dich wirken lassen.“
4. August<br />
Die Liebe ist langmütig. (1. Korinther 13, 4)<br />
In einer Gesellschaft erzählte jemand <strong>von</strong> einem<br />
kleinen Jungen: „Er hat alles, was das Herz sich<br />
nur wünschen kann. Alles kann er bekommen<br />
<strong>von</strong> seinem reichen Vater. Nur – keine Liebe. Die<br />
Eltern sind geschieden. Dieser arme reiche Junge<br />
wächst in einer liebeleeren Welt auf.“<br />
Wieviele Menschen mag es wohl geben, denen es<br />
wie diesem kleinen Jungen geht: Kein Mensch hat<br />
ihnen Liebe geschenkt.<br />
Das ist ein Ruf an uns Christen. Die Welt hungert<br />
nach der Liebe, die der Heilige Geist in unserem<br />
Herzen wirken will. Damit die Welt nicht vergeblich<br />
hungert, muss der Heilige Geist schon eine<br />
rechte Herzerweiterung bei uns vornehmen.<br />
Liebe können wir bei unserem Erlöser, bei Jesus,<br />
lernen. Die Liebe kann leiden. Wie hat er gelitten,<br />
als er für uns am Kreuze hing! Aber er hat nicht<br />
aufgehört zu lieben. Und er liebt uns immer noch.<br />
„Das ist eine Liebe!“ sagte erschüttert ein junger<br />
Gottloser, als er zum erstenmal da<strong>von</strong> hörte.<br />
„Das ist eine Liebe!“
5. August<br />
Gott hat mir gezeigt, keinen Menschen gemein<br />
oder unrein zu heissen.<br />
(Apostelgeschichte 10, 28)<br />
Ja, das war etwas, als dem Apostel Petrus diese<br />
einfache Erkenntnis aufgegangen ist! Das war der<br />
Aufgang eines neuen Tages, die Wiederentdeckung<br />
der ursprünglichen Gotteswelt. Denn im<br />
Selbstverständlichen und Einfachen manifestiert<br />
Gott seine Herrlichkeit. Es ist keine Kunst, Unterschiede<br />
zu machen, keine Kunst, kompliziert<br />
zu sein und Schwierigkeiten auf Schwierigkeiten<br />
zu häufen; unser ganzes Leben besteht ja in dieser<br />
kunstlosen Torheit. Aber das ist eine Kunst, wie<br />
sie Gott versteht: Alle Menschen gleich zu achten,<br />
keinen „gemein und unrein zu heissen“. Niemand<br />
anders versteht das Geheimnis dieser Kunst, es ist<br />
Gottes alleiniges Geheimnis – denn er hat den<br />
Menschen nach seinem Bilde geschaffen. Verstehen<br />
wir das? Würden wir es verstehen, so müssten<br />
wir ja unsere Mitmenschen <strong>von</strong> Grund aus anders<br />
ansehen und behandeln, als wir es tun. O ich sage<br />
euch: Was hat es zu bedeuten, ob einer Kaiser<br />
oder Steinklopfer, ein Heiliger oder gemeiner<br />
Verbrecher ist – wenn ihm doch Gott seinen<br />
Stempel aufgedrückt hat? Würden wir das verstehen,<br />
so würden wir uns vor Gott scheuen, einen<br />
Menschen gemein zu achten. Wir sähen dann<br />
nicht mehr seine Erbärmlichkeit, sondern seine<br />
göttliche Herkunft. Eben die ist es, die Jesus wieder<br />
offenbar gemacht hat. In Jesus finden wir uns<br />
alle wieder zu unserer Ebenbildlichkeit mit Gott<br />
zurück. Und das ist wahrlich keine Vergötterung<br />
des Menschen, sondern der Preis der Gottesliebe.
6. August<br />
Ich glaube, lieber Herr, hilf meinem Unglauben.<br />
(Markus 9, 24)<br />
Tolstoi sagt einmal dem reifenden Menschen:<br />
„Wenn dir der Gedanke kommt, dass alles, was<br />
du über Gott gedacht hast, verkehrt ist und dass<br />
es keinen Gott gibt, so gerate darüber nicht in<br />
Bestürtzung. Es geht allen so. Glaube aber nicht,<br />
dass dein Unglaube daher rührt, dass es keinen<br />
Gott gibt. Etwas war verkehrt in deinem Glauben<br />
und du musst dich bemühen, besser zu begreifen,<br />
was du Gott nennst. Wenn einer aufhört an einen<br />
hölzernen Gott zu glauben, heisst das nicht, dass<br />
es keinen Gott gibt, sondern nur, dass er nicht aus<br />
Holz ist.<br />
Viele jungen Menschen, verlieren oft deshalb ihren<br />
Glauben an Gott, weil das Gottesbild ihrer<br />
Kindheit die Macht über ihre Seele verliert. Sie<br />
schütteln buchstäblich das Kind mit dem Bade<br />
aus. Warum das? Glauben heisst: Auf den Herrn<br />
zu schauen und nicht – wie bei Petrus – auf die<br />
Wellen. Wer wie Petrus tut, versinkt im Kleinglauben;<br />
aber Jesus hält uns fest. Er versteht uns.<br />
Doch je fester wir Jesus im Auge behalten, desto<br />
weniger sehen wir die Wellen, die uns wegspülen<br />
wollen. Wir müssen auf den Wellen gehen. Auf<br />
den Wellen des Zweifels, des Unglaubens, der<br />
Skepsis – Jesus selbst fordert uns auf, über sie<br />
hinweg zu ihm zu kommen. Wagen wir es!
7. August<br />
Ihr wisst aber, dass Jesus dazu erschienen ist,<br />
um die Sünden wegzunehmen.<br />
(1.Johannesbrief 3, 5)<br />
Auf einer Mitarbeitertagung erzählte ein Pfarrer<br />
folgende Geschichte: „Vor Jahren sah ich in einem<br />
Bahnhof ein sehr interessantes Plakat. Es<br />
stellte einen Reisenden dar, dem ein Koffer am<br />
Bein festgebunden war. Die Bahn gab dem Reisenden<br />
den guten Tip, seinen Koffer nicht mehr<br />
mit sich herumzuschleppen, sondern ihn einfach<br />
und preiswert am Bahnschalter abzugeben.<br />
Das ist ein gutes Gleichnis für uns Christen. Auch<br />
wir sollten den Koffer oder den Sack, den wir am<br />
Bein hängen haben, abgeben, damit wir frei, leicht<br />
und unbeschwert durchs Leben gehen können,<br />
ohne den schweren Sack unserer Schuld und Sünde.“<br />
Vergebung der Sünde heisst: die Sünde ist bei Jesus<br />
abgegeben und wir sehen und hören nichts<br />
wieder <strong>von</strong> ihr. Weg ist weg. Und niemand hat<br />
ein Recht, alte Gechichten wieder aufzuwärmen.<br />
Auch in der Ewigkeit werden uns nicht alte<br />
Schulden präsentiert. „Der Schuldbrief ist zerrissen.“<br />
Darum: Gib deinen Sack oder Koffer bei<br />
Jesus Christus ab und du erlebst die grösste Erleichterung<br />
in deinem Leben.<br />
Schliesslich ist Jesus nicht erschienen, um eine<br />
neue Religion zu begründen – er ist gekommen,<br />
um uns unsere Sünden abzunehmen und uns <strong>von</strong><br />
aller Schuld zu erlösen.
8. August<br />
Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern<br />
die zukünftige suchen wir.<br />
(Hebräer 13, 14)<br />
Solange wir leben, haben wir auch die verschiedensten<br />
Sehnsüchte. Eine betrifft ganz zuvorderst<br />
die Sehnsucht nach Heimat, Dasein und Wohnen.<br />
Für ein befriedigendes Wohnen und Dasein sind<br />
wir auch bereit, einen respektablen Teil unseres<br />
Erwerbs einzusetzen. Das ist uns etwas wert. Und<br />
das ist gut so. Denn wer zum Kampf im Leben<br />
noch auf ein angenehmes Daheim verzichten<br />
muss, ist zu bedauern. Dem fehlt viel. Und er<br />
kann vielleicht aus verschiedenen Gründen, aus<br />
sich selbst gar nicht viel ändern. Was bleibt ist die<br />
Hoffnung, dass es einmal besser wird, dass im<br />
Toto doch einmal ein Gewinn winkt und man eine<br />
schönere Wohnung suchen kann. Aber, wenn<br />
diese Hoffnung schon gestorben ist? Und es<br />
kommt ja noch dazu, dass wir auf Erden keine<br />
Stätte haben, wo wir ewig bleiben können. Selbst<br />
die schönste Wohnung in der schönsten Stadt<br />
müssen wir einmal verlassen. Leicht kommen resignierende<br />
Gedanken auf.<br />
Das ist der Normalfall unserer Bevölkerung.<br />
Aber wie ist das bei Christenmenschen? Sie haben<br />
alle diese Sehsüchte auch, aber nicht vordergründig.<br />
An erster Stelle steht die Sehnsucht nach der<br />
himmlischen Heimat. „Suchet was droben ist, wo<br />
Christus ist“, ist ihr Leitspruch. Es geht um die<br />
Teilhabe an der Herrlichkeit <strong>von</strong> Jesus Christus.<br />
Er sitzt zur Rechten seines Vaters und seine <strong>Aus</strong>erwählten<br />
sind vor ihm und dienen ihm. Sie haben<br />
alle ihre Wohnungen im Reiche des Vaters,<br />
denn Christus ist ja damals <strong>von</strong> der Erde weggegangen<br />
um Wohnstätten für die Vollendeten herzurichten.<br />
Das ist die zukünftige Stadt für uns, in<br />
der die Liebe herrscht.
Christenmenschen setzen alles daran, diese Stadt<br />
zu erreichen, kein Opfer ist ihnen zu gross und<br />
keine Zeit zu schade, um sie einzusetzen, diese<br />
Stadt zu finden. Und Jesus freut sich auf jeden,<br />
der auf dem schmalen Weg in die himmlische<br />
Stadt gefunden hat.<br />
So ist auch für uns Christen die Sehnsucht ein<br />
Markenzeichen des echten Suchens und Findens<br />
der zukünftigen Heimatstadt.
9. August<br />
Ihr seid das auserwählte Geschlecht, die königliche<br />
Priesterschaft, das heilige Volk, das<br />
Volk des Eigentums, dass ihr verkündigen<br />
sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen<br />
hat <strong>von</strong> der Finsternis zu seinem wunderbaren<br />
Licht.(1. Petrus 2, 9)<br />
Wenn das Ruhmesblatt der Gemeinden des Petrus<br />
bis zu uns erhalten geblieben ist, hat das wohl<br />
seine Bedeutung. Es hat nicht nur historischen<br />
Sinn. Es will uns aufrufen, nachzuprüfen, ob unsere<br />
Gemeinden diesem Prüfungsblatt standhalten<br />
können. Und da kommen wir weitherum nicht<br />
gut weg. Unsere Gemeinden haben schon gar<br />
kein Sensorium dafür, was es heisst, auserwähltes<br />
Geschlecht, königliche Priesterschaft, heiliges<br />
Volk zu sein. Denn in jedem dieser Charakterisierungen<br />
sind diejenigen Menschen dem allegemeinen<br />
Getümmel <strong>von</strong> Gesellschaft und allgemeiner<br />
Kirche entnommen und herausgehoben zu einem<br />
einmaligen Dienst: zu verkündigen die Wohltaten<br />
dessen, der sie berufen hat <strong>von</strong> der Finsternis zu<br />
seinem wunderbaren Licht. Und die Frage ist berechtigt,<br />
wo sind sie, diese Menschen? Sehen Sie<br />
sie, wo nehmen Sie sie wahr? Oder gehören Sie<br />
glücklicherweise zu ihnen? Dann geht aber etwas<br />
<strong>von</strong> Ihnen aus. Für sich selber können Sie das<br />
nicht sein – es ruft nach Multiplikation. Nur die<br />
Priesterschaft, das Volk, die Generation kann ausführen,<br />
was Gott vorgesehen hat. Und es genügt<br />
Gott nicht, einzelne <strong>von</strong> der Finsternis zum Licht<br />
zu führen. Es ist dem auserwählten Geschlecht,<br />
der königlichen Priesterschaft, dem heiligen Volk,<br />
dem Volk des Eigentums vorbehalten aus dem<br />
Scheinlicht, der Finsternis der Welt, in das wunderbare<br />
himmlische Licht einzutreten. Wir selbst<br />
können unsere Gemeinde nicht prüfen und beurteilen,<br />
wir können nur feststellen, ob wir den bib-
lischen Auftrag erfüllen. Wir bedürfen geisterfüllte<br />
Zeugen <strong>von</strong> auswärts, die uns prüfen und dann<br />
hoffentlich zu dem Urteil des Petrus gelangen.<br />
Lassen wir nie aus den Augen, dass es die Wohltaten<br />
Gottes sind, die uns zu dem gemacht haben,<br />
was wir sind. Diese haben wir ohne Unrterlass zu<br />
verkündigen, dass wir <strong>von</strong> der Finsternis zu seinem<br />
wunderbaren Licht berufen worden sind.
10. August<br />
Und sie gingen hinaus und durchzogen die<br />
Märkte, predigten das Evangelium und<br />
machten gesund an allen Enden. (Lukas 9, 6)<br />
Der bedeutende <strong>Dr</strong>amatiker Arthur Miller hat ein<br />
vielbeachtetes Theaterstück geschrieben: „Der<br />
Tod des <strong>Hand</strong>lungsreisenden“ Es zeigt vier<br />
Durchschnittsmenschen <strong>von</strong> heute, gleichsam eine<br />
Jedermann-Familie. Da ist die hilfsbereite und<br />
doch hilflose Mutter; der Vater, 60jährig und<br />
krank, fristlos entlassen; da sind die zwei Söhne,<br />
erwachsen und sonst nichts. Eine Null nennt sich<br />
der Ältere, einen Herumstreicher nennt die Mutter<br />
den Jüngsten. Am letzten Tag, den der Vater<br />
noch bei ihnen zu sein scheint, dämmert es den<br />
beiden Jungen endlich, dass sie Arbeit suchen<br />
sollten. Grosssprecherisch gehen sie <strong>von</strong> zu Hause<br />
weg, sie werden Arbeit finden und dann den<br />
Vater zu einem feudalen Essen einladen. Einer<br />
<strong>von</strong> ihnen spricht dazu das unerhörte Wort aus –<br />
er weiss aber nicht, was er damit sagt - : „Eine<br />
gute Nachricht, und Vater wird gesund.“ Die eine<br />
gute Nachricht kommt aber nicht und, statt gesund<br />
zu werden, nimmt sich der Vater das Leben.<br />
Evangelium heisst gute Nachricht, frohe Botschaft.<br />
Nicht für Gesunde, moralisch Einwandfreie,<br />
sondern für Kranke, für Verzweifelte, Gestrauchelte,<br />
Resignierende, für Menschen, die fertig<br />
sind wie der <strong>Hand</strong>lungsreisende, die nicht<br />
mehr ein und aus wissen, arbeitslos, hoffnungslos.<br />
Die gute Nachricht ist da seit 2000 Jahren. „Seht,<br />
das ist Gottes Lamm, das die Sünde der Welt<br />
trägt.“ Die Jünger sagten diese gute Nachricht<br />
weiter und machten gesund bis an allen Enden.<br />
Und wir? Wieviele warten auf eine gute Idee, eine<br />
Möglichkeit die gute Nachricht einzusetzen? Der-
weil warten viele jetzt auf die gute Nachricht.<br />
Vielleicht ist es morgen für diesen oder jenen<br />
schon zu spät! Wie bei dem <strong>Hand</strong>lungsreisenden.
11.August<br />
Ja, der Herr, der allmächtige Gott, hat geschworen:<br />
Was ich mir vorgenommen habe,<br />
das tue ich. Was ich beschlossen habe, das<br />
geschieht. (Jesaja 14, 24)<br />
Wir wissen, dass denen, die Gott lieben, alle<br />
Dinge zum Besten dienen. (Römerbrief 8, 28)<br />
Es ist selbst in der Wissenschaft üblich geworden,<br />
irgend eine Kraft anzuerkennen, die „das alles“<br />
gemacht hat und zusammenhält, was wir Christen<br />
die Schöpfung nennen. Laut Wissenschaftler handelt<br />
es sich um eine merkwürdige Kraft, die sich<br />
leider den Methoden der Wissenschaft entzieht.<br />
Das hat aber nur eine Bedeutung, solange sich die<br />
Wissenschaft mit Gott messen will. Es gibt nichts<br />
zu diskutieren: die Königsdisziplin der Erkenntnis<br />
hat keinen wissenschaftlichen Ansatz, sondern<br />
gründet in der Erforschung der Bibel und dass<br />
unser Geist sich dem Geist Gottes öffnet. So wird<br />
auch unser obiger Vers aus dem Jesajabuch verständlich.<br />
Es ist nicht Rechthaberei, was Gott leitet,<br />
sondern eine Garantieerklärung, dass auf Gott<br />
absoluter Verlass ist, zu unseren Gunsten. Wir<br />
sind sicher, wenn wir uns auf Gott verlassen. Wir<br />
wissen ihn auf unserer Seite. Das leitet über zum<br />
Römerbrieftext. Dieses Wort geht noch einen<br />
überraschenden Schritt weiter. Paulus, dem Verfasser<br />
sind Erfahrungen zuteil geworden, die weit<br />
über das hinausgehen, was in Jesaja steht. Ja, wir<br />
wissen Gott auf unserer Seite – aber wann? Wenn<br />
es uns passt oder auch, wenn wir die Zusammenhänge<br />
nicht überblicken? Wenn wir mit ihm beschäftigt<br />
sind oder gerade etwas anderes für nötiger<br />
erachten? Wenn wir uns sicher oder auch unsicher<br />
fühlen? Nur schon die Fragen stellen ist<br />
kühn. Kühn ist vor allem und bei allem die Antwort:<br />
Alle Dinge müssen uns zum Besten dienen.
Das können wir mit dem Verstand nur fassen,<br />
wenn wir unseren Verstand in die barmherzigen<br />
Hände Gottes legen. Ein gedruckter Satz kann<br />
uns in solcher Sache nicht restlos beruhigen. Es<br />
braucht die liebende Nähe Gottes durch Jesus<br />
Christus, dass wir diesen Satz ohne Aufbegehren<br />
annehmen können. Denn es geschieht an uns und<br />
um uns soviel Schweres, soviel Leid, soviel<br />
Nachteile, soviel Neid und Verleumdung, Mobbing<br />
und Nichtbeförderung – alles Dinge, die uns<br />
Christen zum Besten dienen werden. Durch diesen<br />
Satz hat sich vom Schweren unseres Lebens<br />
noch nichts verändert. Aber wir haben uns verändert.<br />
Wir schauen jetzt aus nach dem Besten, wozu<br />
alle Dinge dienen sollen. Und das ist zweifellos<br />
die Gemeinschaft mit unserem Herrn Christus,<br />
die ins Reich Gottes führt und sich in der neuen<br />
Schöpfung vollendet. Doch auch die Situationen,<br />
in denen wir uns befinden, erhalten ein anderes<br />
Gesicht und Gewicht. Vielleicht können wir uns<br />
an diesem oder jenem, was uns widerfährt, sogar<br />
freuen, wenn wir nun die rechte innere Haltung<br />
gefunden haben. Spüren wir, wie das Leben merklich<br />
an Spannung gewonnen hat?
12. August<br />
In Demut achte einer den andern höher als<br />
sich selbst. (Philipper 2, 3)<br />
Wir meinen, das sei nun wirklich zu schwer, zuviel<br />
verlangt. Zu diesem Schluss kommen wir,<br />
weil wir zu genau die Ursache kennen, dass wir<br />
keinen über uns achten wollen. Denn das bedeutet,<br />
zurückstehen in einer Meinungsverschiedenheit;<br />
nachgeben wo <strong>Aus</strong>sage gegen <strong>Aus</strong>sage steht;<br />
den ersten Schritt zur Versöhnung tun und vor<br />
allem die vielen Streitereien der Tage beenden,<br />
indem ich meine Schuld bekenne, selbst wenn ich<br />
letzten Endes recht hätte! Ungefähr so wie es das<br />
folgende Beispiel zeigt:<br />
Ein Pfarrer erzählt. Es war Sonntag, zehn Minuten<br />
vor dem Gottesdienst. Da hat ein Pfarrer<br />
Kopf und Herz voll und kann keine Störung<br />
brauchen. Plötzlich ein furchtbares Geschrei. Ich<br />
eile an den Unglücksort und sehe meine beiden<br />
Jüngsten, den elfjährigen Ueli und die siebenjährige<br />
Eva, mit hochroten Köpfen einander gegenüberstehen.<br />
Kaum bin ich da, so beginnt jedes das<br />
andere leidenschaftlich anzuklagen. Ich sagte:<br />
„Wir wollen jetzt einen Augenblick ganz still sein<br />
und wollen uns darüber besinnen, ob wir selber<br />
etwas Falsches getan haben.“ – Wir schwiegen<br />
wohl drei Minuten. Dann sah ich die Kinder an.<br />
Sie waren beide ganz weiss geworden. Ich fragte:<br />
„Ueli, was ist dir in den Sinn gekommen?“ Er<br />
antwortete und seine Stimme klang ganz ernst:<br />
„Ich hätte nicht so aufgeregt sein sollen.“ Darauf<br />
fragte ich die kleine Eva: „Und was ist dir in den<br />
Sinn gekommen?“ Unter Schluchzen sagte sie:<br />
„Und ich hätte nicht so schreien sollen.“ Und nun<br />
war grosser Friede unter den Beiden. Die Kinder<br />
achteten einander und gingen befreit zu ihrem<br />
Spiel und ich voll tiefen Glückes in meine Kirche.
Was Kindern gelingt, müsste doch auch unter uns<br />
Erwachsenen an der Tagesordnung sein. Irgendwann<br />
müsste dann ja auch aller Streit und alles<br />
Heruntersetzen ein Ende haben. Aber wir sind zu<br />
stolz zur unabdingbaren Demut. Und trotz der<br />
täglichen Lügen in Wirtschaft, Politik, Polizei,<br />
Medien Finanzwelt usw. soll es uns gelingen, den<br />
Nächsten höher zu achten, als sich selbst. Damit<br />
sind verschiedene Verheissungen der Bibel verbunden.<br />
Versuchen Sie eine oder zwei herauszufinden.
13. August<br />
Vom Sämann. Und das auf dem guten Land<br />
sind die, die das Wort gehört haben und in<br />
einem feinen und guten Herzen behalten und<br />
Frucht bringen in Beharrlichkeit.<br />
(Lukas 8, 15 und //Apg. 16, 14)<br />
Es ist <strong>Aus</strong>säzeit. Jesus beobachtet einen Sämann.<br />
Er streut seinen Samen grosszügig aus, auch auf<br />
den Weg und unter die Dornen fallen die Samenkörner.<br />
Als anschliessend Jesus seinen Jüngern<br />
das Gleichnis deutet, wird klar, dass er mit dem<br />
Samen Menschen meint. Sie fallen auf verschiedenen<br />
Grund und entwickeln sich auch ganz verschieden.<br />
Unser Beispiel ist das Schönste und Herrlichste<br />
und Positivste in der ganzen Reihe. Da atmet man<br />
Himmelsluft, freut man sich mit dem Landmann<br />
Jesus. Da sind Menschen, die das köstliche Wort<br />
Gottes mit Freude in sich aufgenommen haben,<br />
es hüten und bewahren. Sie setzen es ein zu gegebener<br />
Zeit mit Beharrlichkeit, dass es Frucht<br />
bringe. Es sind Menschen, welche die Nöte ihrer<br />
Mitmenschen wahrnehmen und beheben helfen,<br />
die ihre Augen nicht verschliessen, wenn dem<br />
Nachbarn Unrecht geschieht, die Kinder lehren<br />
miteinander auszukommen – es sind Menschen,<br />
denen es ein Anliegen ist, dass das Evangelium in<br />
der jeweilig rechten Gestalt zu den Menschen gelangt,<br />
da, wo man flucht, da wo man abschätzig<br />
<strong>von</strong> Gott redet, da wo der Mensch über alles gestellt<br />
wird usw. Es sind Menschen, die im Namen<br />
des Gotteswortes nicht schweigen, wenn auch eine<br />
Mehrheit politisch etwas Falsches durchdrücken<br />
will, wenn in einem Geschworengericht aus<br />
lauter Hitze und Langeweile alle auf schuldig zu<br />
plädieren scheinen und dann einer den Mut hat<br />
auf nichtschuldig zu plädieren, bis er das ganze<br />
Gericht gewonnen hat.
Heiland, deine grössten Dinge<br />
Beginnest du still und geringe.<br />
Was sind wir Arme, Herr, vor dir?<br />
Aber du wirst für uns streiten<br />
Und uns mit deinen Augen leiten;<br />
Auf deine Kraft vertrauen wir.<br />
(Albert Knapp)
14. August<br />
Ich übe mich zu haben ein unverletztes Gewissen<br />
vor Gott und den Menschen.<br />
(Apostelgeschichte 24, 16)<br />
Schiller hat in seinem Gedicht „Die Kraniche des<br />
Ibykus“ die Macht des Gewissens gezeichnet. Wir<br />
können es niedertrampeln und vernachlässigen.<br />
Plötzlich ist es wieder da. Ibykus wird auf <strong>seiner</strong><br />
Reise zu den Sängerfestspielen in Korinth ermordet.<br />
Im letzten Augenblick ruft er vorüberziehenden<br />
Kranichen diesen ruchlosen Mord zu. Und<br />
als die Spiele mit feierlichem Ernst beginnen,<br />
zuckt plötzlich einer der Mörder, der frech im<br />
Stadion sitzt, zusammen und ruft: „Sieh da, sieh<br />
da Timotheus, die Kraniche des Ibykus.“ Einige<br />
Besucher sehen sich erschrocken um. Das Gewissen<br />
hat den Mörder überführt. „Kaum ist ihm das<br />
Wort entfahren…“, hat die Gerechtigkeit die<br />
Mörder schon am Kragen.<br />
Das Gewissen ist eine Art Wachhund des inneren<br />
Menschen. Aber der Hund braucht einen Herrn.<br />
Ein herrenloser Hund gleicht einem herrenlosen<br />
Gewissen. Wenn das Gewissen einen Herrn hat,<br />
wenn das Gewissen der Stimme Gottes gehorcht,<br />
wird es geschärft, dann wird es zum hörbaren<br />
Echo der Stimme Gottes in unserem Leben. Daran<br />
wird deutlich, dass es tatsächlich ein krankes,<br />
herrenloses Gewissen gibt. Es funktioniert nicht<br />
mehr. Im gleichen Augenblick, wo es einen Herrn<br />
bekommt, wo es angebunden wird, reagiert es<br />
„unverletzt“ und fein wie eine Briefwaage, die bei<br />
der kleinsten Belastung ausschlägt, und nicht wie<br />
eine Viehwaage, die sich erst rührt, wenn schwere<br />
Brocken drauffallen.<br />
Wie reagiert unser Gewissen? Untersteht es bereits<br />
der Herrschaft unseres Heilandes Jesus<br />
Christus? Kann es sich frei entfalten und in gewissen<br />
Situationen das Steuer unseres Lebens sein?
Und sind wir uns bewusst, dass wir nicht ohne<br />
weiteres und ein für allemal ein gutes, unverletztes<br />
Gewissen haben können, sondern dass es ein<br />
Übungsfeld ist, auf dem wir uns zu bewähren haben<br />
durch den Glauben?<br />
Macht es uns freudig und getrost, dass Gott uns<br />
das Gewissen als Leitplanke durchs Leben gegeben<br />
hat?
15. August<br />
Von Hiobs standhaftem <strong>Aus</strong>harren habt ihr<br />
gehört, und ihr habt das Ende gesehen, das<br />
der Herr für ihn bereitet hat; denn der Herr<br />
ist voll Mitleid und Erbarmen. (Jakobus 5, 11)<br />
Hiob war ein ganzer Mann. Schon am Anfang<br />
seines Buches steht: „Er war untadelig und rechtschaffen,<br />
ein Mann, der Gott fürchtete und das<br />
Böse mied.“ Und nachdem ihn schweres Unglück<br />
traf, sprach er die hehren Worte: „Der Herr hats<br />
gegeben, der Herr hats genommen, der Name des<br />
Herrn sei gelobt.“ Freunde besuchten ihn und<br />
wollten ihm einreden, er müsse eine miserable<br />
Sünde getan haben, sonst würde ihm Gott gnädig<br />
sein. Hiob lässt sich nicht betören und wehrt sich<br />
mit klugen Worten. Einmal aber verliert er die<br />
Fassung und ruft Gott als Zeugen an. Er fordert<br />
ihn heraus, Stellung zu nehmen, ob er, Hiob nicht<br />
im Recht sei. Zuvor aber gibt es noch eine bewegende<br />
Situation, als Hiob noch ganz ruhig Gott<br />
vertraute und wie zu einer Königsspitze ausholte<br />
und sprach: „Ich weiss, dass mein Erlöser lebt!“<br />
Nun aber folgt eine scharfe <strong>Aus</strong>einandersetzung<br />
zwischen Hiob und Gott. Aber glücklicherweise<br />
bleibt sich Hiob treu und schliesst mit den Worten:<br />
„Fürwahr, ich habe geredet, was ich nicht<br />
verstehe. Vom Hörensagen hatte ich <strong>von</strong> dir gehört,<br />
aber nun hat mein Auge dich gesehen. Darum<br />
spreche ich mich schuldig und tue Busse in<br />
Staub und Asche!“<br />
Und der Herr wendete Hiobs Geschick und der<br />
Herr segnete das spätere Leben Hiobs mehr als<br />
sein früheres.<br />
Das ist in Kürze ein Teil der Biographie <strong>von</strong> Hiob.<br />
Die Zusammenfassung ist das Bibelwort aus<br />
Jakobus, das obenan steht.<br />
Viele Menschen erleben eine ähnliche Lebensführung<br />
wie Hiob. Sie wissen, dass es nicht leicht ist,
in allen Momenten des Leidens, dankbar und treu<br />
zu bleiben. Vielfach ringen sie darum, kraftvoll<br />
sagen zu können: Ich weiss, dass mein Erlöser<br />
lebt. Doch gelobt sei der Herr, der auch uns sein<br />
Mitleid und Erbarmen erfahren lässt, das alles zu<br />
einem guten Ende werden lässt. Wir können nicht<br />
damit rechnen, dass dieses gute Ende noch auf<br />
dieser Erde sein wird; vielleicht erleben wir es erst<br />
in der Herrlichkeit – welche Freude dann bei Jesus<br />
zu sein.
16. August<br />
Herr, sieh an ihr <strong>Dr</strong>ohen und gib deinen<br />
Knechten, mit allem Freimut zu reden dein<br />
Wort. Und als sie gebetet hatten, erbebte der<br />
Ort und alle verkündigten freimütig das Wort<br />
Gottes. (Apostelgeschichte 4, 29.31)<br />
Petrus und Johannes im Gefängnis, das war ein<br />
schwerer Schlag der Feinde der ersten Christen.<br />
Die Gemeinde betet und wacht. Unter Bedingungen<br />
werden die Apostel frei und als Antwort aufs<br />
Gebet geschieht ein Erdbeben. Gott hat durchaus<br />
überraschende Möglichkeiten Gebete zu erhören.<br />
Der Hohe Rat ist ratlos und muss zur Kenntnis<br />
nehmen, dass nicht er, sondern Gott Regie führt.<br />
Die fromme Feuerwehr kann nicht verhindern,<br />
dass das Wort Gottes vom auferstandenen Christus<br />
frei gepredigt wird. Dabei geht es darum, ob<br />
Jesus der Messias ist. Und wir fragen konsterniert,<br />
warum darf er es einfach nicht sein? Was verliert<br />
die geistliche Regierung, wenn Jesus der Messias<br />
ist? Offenbar entspricht er nicht ihren Träumen<br />
und Vorstellungen, wie er zu sein hat. Er kann ihn<br />
nicht sein, das beweist schon die einfache Art, ihn<br />
zu Tode zu bringen. Der Messias leidet nicht und<br />
stirbt nicht, obwohl Jesus gerade für das Gegenteil<br />
Beispiele aus der jüdischen Bibel vorlegte.<br />
Nun aber ist Jesus vom Tod auferstanden und das<br />
ist den jüdischen Glaubensgelehrten ein Ärgernis.<br />
Diese Botschaft muss mit Verfolgung unterdrückt<br />
und ausgerottet werden. Es braucht einen anderen<br />
Messias und auf diesen wartet man bis heute und<br />
andauernd bis zum Kommen des Messias, das zusammenfällt<br />
mit der mächtigen Wiederkunft<br />
Christi in grosser Herrlichkeit.<br />
Auf das Gebet der Gemeinde folgte ein Erdbeben<br />
und alle wurden erfüllt mit dem heiligen Geist<br />
und alle verkündigten freimütig das Wort Gottes.
Das ist die geistliche Antwort auf die Worte Davids:<br />
„Warum toben die Völker<br />
und sinnen die Nationen vergebliche Dinge?<br />
Die Könige der Erde treten auf<br />
Und die Fürsten rotten sich zusammen<br />
Wider den Herrn<br />
Und wider seinen Gesalbten (Christus)“
17. August<br />
Gepriesen sei Gott, der Vater unsres Herrn<br />
Jesus Christus, der uns mit jedem geistlichen<br />
Segen durch Christus gesegnet hat.<br />
(Epheserbrief 1, 3)<br />
An einem Abend sass auf dem Fichtenhof bei Bethel<br />
ein besonders schlimmer Bursche in einer<br />
Ecke, als wollte er wieder eine neue Schandtat<br />
ausbrüten. Als ihn der Hausvater fragte: „Warum<br />
bist du so still?“ antwortete er nach langem<br />
Schweigen: „Ich bin heute im Garten des Eichenhofs<br />
Vater Bodelschwingh begegnet, als er gerade<br />
im Rollstuhl spazierengefahren wurde. Als er<br />
mich sah, winkte er mich heran.“ „Was hat er<br />
denn zu dir gesagt?“ fragte der Hausvater. „Erkann<br />
nicht viel sprechen, aber er hat mich gefragt<br />
wie ich heisse und in welchem Hof ich bin. Und<br />
dann hat er mir seine <strong>Hand</strong> auf den Kopf gelegt<br />
und nur gesagt: ‚Ich segne dich im Namen Jesu’“<br />
Der Bursche brach in Tränen aus: „Hausvater, ich<br />
bin in meinem Leben viel herumgestossen worden,<br />
habe Prügel über Prügel bekommen, aber nie<br />
hat ein Mensch zu mir gesagt: Ich segne dich im<br />
Namen Jesu!“ … Als seine Fürsorgezeit herum<br />
war, ging er weg und schrieb monatelang nicht,<br />
und der Hausvater glaubte schon, er sei wieder<br />
auf seinen alten Weg gekommen. Da kam eines<br />
Tages ein Brief: „Hausvater, Sie müssen nicht<br />
denken, ich hätte gestohlen. … Ich vergesse nicht,<br />
dass jemand zu mir gesagt hat: Ich segne dich im<br />
Namen Jesu!“<br />
Es ist anzunehmen, dass es bei diesem jungen<br />
Mann zu einem neuen Leben gekommen ist. Wer<br />
vollmächtig den Segen Christi weitergeben kann,<br />
legt den Grundstein zu einem gesegneten Leben,<br />
ganz in der Hingabe an Jesus. Er soll ein Empfänger<br />
<strong>von</strong> jedem geistlichen Segen in der Himmelswelt<br />
werden. Gerne wüsste man mehr, was
für ein Mitarbeiter Gottes dieser junge Mann geworden<br />
ist, denn an ihm haben sich viele Verheissungen<br />
erfüllt.<br />
Wagen wir es auch, uns als Träger dieser Verheissungen<br />
zu betrachten und wagen wir es wie Vater<br />
Bodelschwingh, den Segen Jesu weiterzugeben,<br />
nicht nur an Menschen, die uns verdienstlich erscheinen,<br />
sondern an alle, die uns der Vater zeigt.
18. August<br />
Ehe sie rufen, will ich antworten, wenn sie<br />
noch reden, will ich hören. (Jesaja 65, 24)<br />
Eine merkwürdige Sprache führen doch die biblischen<br />
Propheten. Sie fangen beim Ende an, wo<br />
wir uns mühselig nach ihm hinbewegen, sie sehen<br />
immer nur eins, wo wir zwei oder einen ganzen<br />
Haufen sehen. Die Bibel predigt, dass Gott <strong>von</strong><br />
Anfang an zu den Menschen steht und sie zu ihm<br />
gehören, bevor sie anfangen zu rufen und zu reden.<br />
Ja, aber das glauben wir nie so recht, wir machen<br />
unsere Vorbehalte dabei und meinen etwa,<br />
die Propheten und Apostel nehmen den Mund<br />
zuweilen auch gar so voll! Aber o ich sage dir:<br />
Gott ist fertig mit dir, göttlich fertig, nicht<br />
menschlich fertig, wo man ja nie fertig wird, nicht<br />
im Soll und im Haben fertig, sondern in der Vergebung<br />
fertig und in der Liebe fertig, die schon<br />
lange weiss, was du bedarfst, ehe denn du ihn bittest.<br />
Mach dich dran, lieber Mensch, rolle deinen langen<br />
Sorgenfaden auf und nimm Anfang und Ende<br />
in deinem Gott zusammen und meine endlich<br />
nicht mehr, das sei leichtfertig geredet, wo es<br />
doch grad das Wort der Propheten und Apostel<br />
und das Evangelium Jesu Christi ist!<br />
Vertraue darauf, dass die Verheissung in Erfüllung<br />
geht, denn Gott steht zu seinem Wort gestern,<br />
heute und in alle Zukunft.
19. August<br />
Jesus nahm Brot und sagte: Nehmet! Das ist<br />
mein Leib. Und er nahm den Kelch und sie<br />
tranken alle daraus. (Markus 14, 22-23)<br />
Das Abendmahl ist ein so kostbares Gut <strong>von</strong> unserem<br />
Herrn Jesus Christus, dass wir es öfters feiern<br />
dürften, als es gegenwärtig der Fall ist. Auch<br />
wäre es hilfreich, in den Kirchen endlich grundsätzliche<br />
Überlegungen zum Abendmahl zu machen.<br />
Ich meine, dass wir aus lauter Angst vor<br />
Ansteckung und Unappettitlichkeit den wahren<br />
Grund des Abendmahls völlig verpassen. Die<br />
Form kommt wieder einmal mehr vor dem Sinn<br />
und Inhalt. Nehmen wir doch das folgende Beispiel<br />
zu Herzen.<br />
Pfarrer W. Busch wurde einmal zu einer Schwerkranken<br />
gerufen, ihr das Abendmahl zu reichen.<br />
Sie gestand offen, dass ihr nicht soviel an seinem<br />
Besuche liege, aber ihre Angehörigen hätten es<br />
gewünscht, und weil er nun einmal da sei, könne<br />
er ihr das Abendmahl geben. Da Busch ihr das<br />
Mahl so nicht geben konnte, setzte er sich zu ihr<br />
und sagte: „Wir beide sind in ganz ähnlicher Lage.<br />
Ich bin kränklich, und nieman kann wissen, wer<br />
<strong>von</strong> uns zuerst stirbt. Und wenn ich mein Leben<br />
überlege, so finde ich soviele Versäumnisse, alte<br />
Schulden wachen in schlaflosen Nächten auf und<br />
machen mir zu schaffen.“ Wie mag sich die Frau<br />
gewundert haben, dass der gefeierte Pfarrer mit<br />
ihr sich gleichstellte. „Aber in einem“, fuhr er<br />
fort, „ist doch ein Unterschied. Ich kenne den,<br />
der alles in Ordnung gebracht hat und mir Vergebung<br />
schenkt durch sein Blut. Den möchte ich<br />
Ihnen zeigen, aus keinem andern Grund.“ Sie<br />
wurde tief ergriffen und sagte nach einer Weile:<br />
„Geben Sie mir, bitte, das heilige Abendmahl.“ –<br />
„Warum bitten Sie jetzt darum?“ – „Weil ich auch<br />
den brauche, der alles ins Reine bringt zwischen
Gott und mir.“ Das gab eine ernste, gesegnete<br />
Feier! Der heimkehrende Mann konnte sich nicht<br />
genug wundern, welche Veränderung mit <strong>seiner</strong><br />
Frau vorgegangen war. Und ihr Friede blieb, bis<br />
sie selig heimging.<br />
Was uns auch deutlich wird ist dies, dass das<br />
Abendmahl nicht einfach so eine Art evangelischer<br />
‚letzter Ölung’ ist, sondern ein Mahl zum<br />
Leben. Es ist auch nicht nur das Mahl zur Vergebung,<br />
sondern das Mahl zur Vorwegnahme der<br />
grossen Feier in dem Reich, dem wir entgegen<br />
gehen.
20. August<br />
Alles ist mir erlaubt; aber nicht alles ist heilsam.<br />
Alles ist mir erlaubt; aber ich darf mich<br />
<strong>von</strong> nichts beherrschen lassen.<br />
(1. Korintherbrief 6, 12)<br />
Gott steht nicht mit lauter Verbots- und Gebotstafeln<br />
vor uns im Wege. Er hat die Möglichkeit ja<br />
oder nein zu sagen in unser Leben gelegt. Oft wäre<br />
es einfacher für uns, wir wären programmiert.<br />
Aber das würde uns dann auch wieder nicht immer<br />
passen. Massgebend ist, dass unser Verhalten<br />
absolut passend zur Ehre Gottes ist, wie Pfarrer<br />
Oberlin in Steintal erzählt: „Ich nahm gegen meine<br />
starken Zahnschmerzen gern eine Prise Tabak.<br />
Wenn ich aber merkte, dass das Schnupfen mir<br />
zur Leidenschaft werden wollte, so sagte ich: ‚Ah,<br />
meine Dose, du willst über mich herrschen! Ich<br />
will dir zeigen, wer <strong>von</strong> uns beiden gehorchen<br />
muss. Marsch ins Gefängnis!’ Ich schloss dann<br />
meine liebe Dose eine Zeitlang in den Schrank,<br />
der unten in der Stube stand, immerhin eine<br />
schöne Entfernung vom Studierzimmer und ich<br />
hatte eine gute Weile Ruhe.“<br />
Ein zweites Beispiel zur Ehre und Liebe Gottes.<br />
H.Hadley berichtete einmal: Das alte Schiff war<br />
gesunken, aber es schwammen noch viele Trümmer<br />
im Wasser herum. Ich rauchte und kaute Tabak.<br />
Da sagte der Herr zu mir: „Liebes Kind, gib<br />
doch diese Dinge auf!“ Ich erwiderte: „Lieber<br />
Herr, wenn ich das lassen soll, so ist es mein Tod,<br />
ich kann es nicht lassen!“ Doch Jesus sprach:<br />
„Liebes Kind, hast du schon je etwas für mich<br />
aufgegeben?“ „Nein, Herr“ musste ich ihm beschämt<br />
erwidern, „ich habe dir zuliebe noch<br />
nichts aufgegeben, aber den Tabak will ich jetzt<br />
aus Liebe zu dir aufgeben. Und ich tat es. Dann<br />
zeigte mir der Herr, meinen Jähzorn zu behalten,
oder aufzugeben. Ich entschloss mich für Wegnahme<br />
und es geschah.“ --<br />
Wir haben täglich viele Entscheidungen zu treffen.<br />
Es wird uns leichter gemacht, wenn wir Jesus<br />
vor Augen haben, dass wir ihn ehren, loben und<br />
lieben mit unseren Entscheidungen. So arbeiten<br />
wir unserem Herrn in die Hände, dass er sein<br />
Reich gestalten kann.
21. August<br />
Alle Geschlechter der Erde werden „den Sohn<br />
des Menschen auf den Wolken des Himmels<br />
kommen“ sehen mit grosser Macht und Herrlichkeit.<br />
(Matthäus 24, 30)<br />
Ist das Zukunftsmusik ohne jeden lebendigen Bezug<br />
zu uns jetzt Lebenden? Gibt es irgend einen<br />
Anlass zu denken, wir könnten Anteil haben an<br />
diesem grossartigen Ereignis? Es scheint fast, dass<br />
wir uns diesem Wort nur mit negativen Gedanken<br />
nähern können. Aber das ist der falsche Weg und<br />
eine verkehrte Meinung. Wahren Gewinn haben<br />
wir nur, wenn wir das Wort exakt uns sagen lassen,<br />
uns darauf einstellen, was es aussagt, uns gewaltig<br />
freuen auf den Mächtigen, der da im<br />
Kommen ist – für alle Geschlechter der Erde aufs<br />
Mal erkennend. Also sagen wir uns, gerade weil<br />
wir jetzt leben, haben wir die Chance, das Kommen<br />
Jesu zu erleben in all <strong>seiner</strong> Macht und Herrlichkeit.<br />
W i r dürfen uns freuen, auf uns wartet<br />
das grandiose Ereignis; wir dürfen uns zum Jubel<br />
bereit machen.<br />
Bei allem Triumph verspüren wir aber dennoch,<br />
das ‚noch nicht’ in Gottes Vorgehen. Wir lernen<br />
Tag um Tag leben, jeder ganz neu in der völligen<br />
Abhängigkeit <strong>von</strong> Gott. Nicht <strong>von</strong> aussen her,<br />
gewissermassen <strong>von</strong> der Zuschauertribüne, sondern<br />
<strong>von</strong> der Mitte des Geschehens her. Nur so<br />
sind wir voll beteiligt mit unserer ganzen Existenz.<br />
So hat es Albert Knapp besungen:<br />
Du wirst dein herrlich Werk vollenden,<br />
der du der Welten Heil und Richter bist;<br />
du wirst der Menschheit Jammer wenden,<br />
so dunkel jetzt dein Weg, o Heilger, ist.<br />
<strong>Dr</strong>um hört der Glaub nie auf, zu dir zu flehn,<br />
du tust doch über Bitten und Verstehn.
22. August<br />
Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen,<br />
und den glimmenden Docht wird er nicht<br />
auslöschen. (Jesaja 42, 3)<br />
Das ist ein wundersamer Blick in die Seelsorge<br />
Gottes. Da macht ein Mensch eine grossartige Erfahrung.<br />
Er ist unterwegs. Es ist nacht, dunkel<br />
ringsumher; der Weg uneben, ein Stab als Stütze<br />
und Wegsuche unerlässlich. Der dicke Schilfrohrstab<br />
knickt ein, die Lampe gibt kaum einen<br />
Schimmer. Bald ist alles aus und das Leben verspielt.<br />
Doch der Mensch ist mit Gott unterwegs.<br />
Der traurige Wanderer merkt, dass der Stock<br />
noch hält und der Docht nicht auslöscht. Gottes<br />
Tat ist es, sein Trost, seine Ermutigung, seine<br />
Einladung ihm zu vertrauen. Hat er das irgendwie<br />
verdient? Keineswegs. Im Gegenteil, Schuld hat er<br />
auf sich geladen, für die er um Vergebung bitten<br />
wird. Er schreitet munter voran und ist überraschend<br />
schnell zu Hause. Er legt vorsichtig das<br />
geknickte Rohr auf den Tisch, daneben die Lampe<br />
mit dem glimmenden Docht. Allen Tischgenossen<br />
wird aufs Mal klar: Das hat der Herr getan und<br />
nicht nur einmal, sondern einmal um es dauernd<br />
zu wiederholen, solange die Sonne auf- und nieder<br />
geht.<br />
Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und<br />
den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.<br />
Wo ein Mensch sich so fühlt, als geknicktes Rohr<br />
und als glimmenden Docht, wird er genau diejenige<br />
Kraft empfangen, die er für seine Aufgabe<br />
braucht. Er wird nicht nur ein wenig getröstet,<br />
sondern <strong>von</strong> Grund auf erneuert werden.<br />
„Bei dir Jesu will ich bleiben, stets in deinem<br />
Dienste stehn: Nichts soll mich <strong>von</strong> dir vertreiben,<br />
will auf deinen Wegen gehen.“
23. August<br />
Herzlich lieb habe ich dich, Herr meine Stärke!<br />
Herr, mein Fels, meine Burg, mein Erretter,<br />
mein Gott, mein Hort, auf den ich traue,<br />
mein Schild und Horn meines Heils und<br />
mein Schutz! (Psalm 18, 2-3)<br />
Das heisst einmal den Mund voll nehmen! Es ist<br />
ja so – das wird dir grad beim <strong>Aus</strong>sprechen klar:<br />
der Herr ist deine Stärke. Gott ist keine Redensart.<br />
Der Herr ist meine Stärke, er ist’s nicht, weil es so<br />
in der Bibel steht und er ist’s nicht um des schönen<br />
Verses willen. Nein, er ist’s um seinetwillen<br />
und du fängst an, eine Hülle um die andere, die<br />
über deinen Augen gelegen haben, abzulegen und<br />
du siehst und begreifst es immer besser: Er, er<br />
ist’s, ja er ist mein Fels, meine Burg, mein Hort,<br />
mein Schild, mein Horn, mein Schutz! Und jetzt!<br />
O jetzt fasse ich’s: Gott lebt nicht nur in der Bibel,<br />
er lebt in sich selbst, er ist Gott! Und weil er<br />
Gott ist, darum hat er gerade diese eigene Gottesstärke<br />
und macht sie zu meiner Stärke; darum ist<br />
er Fels, Burg, Hort, Horn, Schild, Heil und<br />
Schutz. O herzlich lieb hab ich dich. Mag’s mir<br />
‚drum’ sein, wie es will, „ich will mir meinen<br />
Mund nicht stopfen lassen, Herr, das weißt du“<br />
(Psalm 40,10).
24. August<br />
Bleibt im Glauben, gegründet und fest, und<br />
weicht nicht <strong>von</strong> der Hoffnung des Evangeliums,<br />
das ihr gehört habt und das gepredigt<br />
ist überall in aller Welt. (Kolosserbrief 1, 23)<br />
„Der Herr sei vor dir, um dir den rechten Weg zu<br />
zeigen. Der Herr sei neben dir, um dich in die<br />
Arme zu schliessen und dich zu schützen. Der<br />
Herr sei unter dir, um dich aufzufangen, wenn du<br />
fällst. Der Herr sei in dir, um dich zu trösten,<br />
wenn du traurig bist. Der Herr sei über dir, um<br />
dich zu segnen. So segne dich der gütige Gott.“<br />
Dieser altirische Segensvers ist allein schon eine<br />
prägnante <strong>Aus</strong>legung des Bibelwortes. Dankbar<br />
dafür wollen wir nun aber doch den Wörtern des<br />
Bibelwortes gründlich nachspüren. „Bleibt im<br />
Glauben…“ tönt fast wie bei Johannes. In Christus<br />
bleiben, ist ein Lieblingsausspruch <strong>von</strong> Johannes<br />
und irgendwie ist es dies auch bei Paulus geworden.<br />
Hier nun, bleibet im Glauben, gegründet<br />
und fest und weicht nicht <strong>von</strong> der Hoffnung des<br />
Evangeliums. Der Glaube hat seinen Grund im<br />
gepredigten Evangelium. Sein Kern ist Jesus<br />
Christus, der getötete und auferstandene Herr.<br />
Seine Liebe und Vergebung ist’s, was der ganzen<br />
Welt zu Heil und Leben verkündigt ist – der ganzen<br />
damals bekannten Welt.<br />
Unterdessen hat die Kenntnis <strong>von</strong> der Grösse der<br />
Welt enorm zugenommen. Umgekehrt ist es mit<br />
der Kenntnis des Evangeliums. Es werden zum<br />
Teil kräftige Anstrengungen gemacht aber viel<br />
zuwenige. Angesichts der elektronischen Möglichkeiten<br />
ist die Lage blamabel.<br />
Nehmen wir doch einen <strong>Aus</strong>spruch <strong>von</strong> Jesaja<br />
ernst: „Wer wird für uns gehen? Wer will unser<br />
Bote sein?“ Der uns ruft, weiss auch den Weg<br />
und bereitet ihn.
25. August<br />
Kein Einwohner wird sagen: ich bin schwach,<br />
denn das Volk, das darin wohnt, wird Vergebung<br />
der Sünden haben. (Jesaja 33, 24)<br />
Was heisst schwach sein? In unvergebenen Sünden<br />
leben. Und was heisst stark sein? Vergebung<br />
der Sünden haben. Der Mensch ist nur dann gesund,<br />
wenn ihm das Angesicht seines Schöpfers<br />
leuchtet. Er muss Liebe haben wie ein Kindlein,<br />
er muss Aufmunterung haben. Er muss ein Angesicht<br />
haben, das ihm teilnehmend zusieht und ihm<br />
zulächelt.<br />
Das ist eben die grosse Not unserer Christenheit,<br />
dass die meisten kein Gefühl da<strong>von</strong> haben, dass<br />
Gott ihnen zulächelt; er ist eine kalte neutrale<br />
Grösse für sie; er hat keine Teilnahme, kein Herz<br />
für sie. Warum? Weil man ihnen zuerst <strong>von</strong> den<br />
Sünden und der Bekehrung gepredigt hat, nicht<br />
<strong>von</strong> der Vergebung. Und doch hätte man das Wesen<br />
und Walten der Liebe immerdar an jeder rechten<br />
Mutter studieren können!<br />
Was gibt dem schuldigen Kind einzig wieder<br />
Kraft, Frische auf die Wangen und Feuer in die<br />
Augen? Lange Busse, lange Bereuungsprozedur<br />
und schliesslich Einmünden in die Vergebung? O<br />
nein! Sondern die vergebende Liebe, womit die<br />
Mutter sogleich dem Trotzkopf begegnet, die so<br />
sehr das Gegenteil <strong>von</strong> Schwäche ist, dass sie dem<br />
Schuldigen selbst die Türe zum freiwilligen Bussetun<br />
und Sündengeständnis auftut. Freilich, das<br />
kann nur wahre Mutterliebe. Und so steht’s <strong>von</strong><br />
Gott im Evangelium geschrieben. Predigt <strong>von</strong> der<br />
Liebeskraft Gottes und füllt euch mit ihr – so<br />
wird die kranke Christenheit wieder gesund.
26. August<br />
Ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichem<br />
Silber oder Gold erlöst seid, sondern mit dem<br />
teuren Blut Christi. (1. Petrusbrief 1, 18-19)<br />
Was für eine Befreiung diese Botschaft für Menschen<br />
ist, die sich durch eigene Anstrengungen<br />
zerquälten oder mit Zweifel und Ungewissheit<br />
plagten, hat der spätere Begründer der China-<br />
Inland-Mission, Hudson Taylor, erfahren: „Oft<br />
versuchte ich mich selbst zum Christen zu machen,<br />
aber natürlich misslangen alle Anstrengungen.<br />
Ich fürchtete, dass ich aus irgendeinem<br />
Grunde überhaupt nicht mehr gerettet werden<br />
könnte.“ Da sucht er eines Tages in der Bibliothek<br />
seines Vaters ein Buch zur Unterhaltung.<br />
Dabei fiel ihm eine kleine Schrift in die Hände.<br />
„Während ich las, wurde ich <strong>von</strong> dem <strong>Aus</strong>druck<br />
gefesselt: ‚Das vollendete Werk Christi’. Warum<br />
braucht der Schriftstellern diesen <strong>Aus</strong>druck? fragte<br />
ich; warum nicht das versöhnende oder stellvertretende<br />
Werk Christi? Augenblicklich durchzuckten<br />
mich die Worte: ‚Es ist vollbracht!’ – Was<br />
ist vollbracht? Und sofort antwortete ich: eine<br />
vollkommene Versöhnung und Genugtuung für<br />
die Sünde. Die Schuld unsrer Sünde ist bezahlt<br />
und nicht allein die unsere, sondern die der ganzen<br />
Welt. – Dann kam der weitere Gedanke:<br />
Wenn das ganze Werk vollbracht und die ganze<br />
Schuld bezahlt ist, was bleibt dann für mich zu<br />
tun übrig? Und damit dämmerte in mir die wundervolle<br />
Überzeugung auf, dass es nichts, gar<br />
nichts zu tun gab, als auf die Knie zu fallen und<br />
diesen Erlöser anzunehmen und seine Errettung<br />
<strong>von</strong> Ewigkeit zu Ewigkeit zu preisen.“
27. August<br />
Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit<br />
du lange lebst in dem Land, das der Herr,<br />
dein Gott, dir geben wird. (2. Mose 20, 12)<br />
In einem Märchen der Gebrüder Grimm heisst es:<br />
Es war einmal ein steinalter Mann, dem waren die<br />
Augen trüb geworden, die Ohren taub, und die<br />
Knie zitterten ihm. Wenn er nun bei Tische sass,<br />
schüttete er die Suppe auf das Tischtuch, und es<br />
floss ihm auch immer wieder etwas aus dem<br />
Mund. Deswegen musste sich der alte Grossvater<br />
endlich hinter den Ofen setzen, und sie gaben<br />
ihm sein Essen in einem irdenen Schüsselchen<br />
und dazu nicht einmal genug. Da sah er betrübt<br />
nach dem Tisch und die Augen wurden ihm nass.<br />
Einmal konnten seine zittrigen Hände das Schüsselchen<br />
nicht festhalten, es fiel zu Boden und zerbrach.<br />
Die junge Frau schalt, er sagte aber nichts<br />
und seufzte nur. Da kaufte sie ihm ein hölzernes<br />
Schüsselchen für ein paar Batzen, daraus musste<br />
er nun essen. Wie sie so dasitzen, so trägt der<br />
kleine Enkel <strong>von</strong> vier Jahren auf der Erde kleine<br />
Brettlein zusammen. „Was machst du denn da?“<br />
fragt der Vater. „Ich mache ein Tröglein“ antwortete<br />
das Kind, „daraus sollen Vater und Mutter<br />
essen, wenn ich gross bin.“ Da sahen sich Mann<br />
und Frau eine Weile an, fingen an zu weinen, holten<br />
sofort den alten Grossvater an den Tisch und<br />
liessen ihn <strong>von</strong> nun an immer mitessen, sagten<br />
auch nichts, wenn er ein wenig verschüttete.<br />
Das Gebot, seinen „Vater und seine Mutter ehren“,<br />
bedeutet: Ihnen gehorchen, sie lieb und wert<br />
halten. Heisst für sie sorgen, wenn sie alt und gebrechlich<br />
geworden sind; heisst Dank abstatten<br />
für tausendfach erwiesene Liebe. Gott hat es gesagt,<br />
und er will es uns schon in diesem Leben<br />
vergelten.
28. August<br />
Christus spricht: Wenn ihr meine Gebote haltet,<br />
so bleibt ihr in meiner Liebe. Das sage<br />
ich euch, damit meine Freude in euch bleibe<br />
und eure Freude vollkommen werde.<br />
(Johannes 15, 10-11)<br />
Es mag genügen, anstelle der einzelnen Gebote,<br />
die Zusammenfassung wiederzugeben, die <strong>von</strong><br />
Jesus selber stammt: „Das gebiete ich euch, dass<br />
ihr einander lieben sollt“. Jesu Anliegen ist es<br />
auch gar nicht, die Gebote aufzuzählen, sondern<br />
das Klima herauszuheben, wie es ist, wenn seine<br />
Gebote gehalten werden: „dann bleibt ihr in meiner<br />
Liebe“. Und zu diesem Klima gehört Freude,<br />
Jubel, Lobpreis, Friede und vor allem gegenseitige<br />
Liebe mit Jesus und untereinander. – Aber eben<br />
nicht nur, es gehören auch schwere Stunden der<br />
Prüfung dazu, wo der Glaube reift, gerade in der<br />
Beziehung zur Liebe. „In dir ist Freude in allem<br />
Leide.“ Freude ist das Ziel Jesu für seine Freunde,<br />
vollkommene Freude. Eingepflanzt in die Liebe,<br />
wächst die Freude Jesu in uns, bleibt in uns und<br />
wird vollkommen. Das geschieht alles durch die<br />
engste Gemeinschaft mit ihm und keinen Augenblick<br />
ohne ihn.<br />
Betrachten wir unser Bibelwort noch mit dem<br />
Lied KGB 652,1:<br />
In dir ist Freude in allem Leide, o mein lieber Jesu<br />
Christ! Durch dich wir haben himmlische Gaben,<br />
du der wahre Heiland bist, hilfest <strong>von</strong> Schanden,<br />
rettest <strong>von</strong> Banden. Wer dir vertrauet, hat wohl<br />
gebauet, wird ewig bleiben. Halleluja. Zu deiner<br />
Güte, steht unser Gmüte, an dir wir hangen in<br />
Freud und Bangen; nichts kann uns scheiden.<br />
Halleluja.
29. August<br />
Stehe mir bei, Herr, mein Gott! Hilf mir nach<br />
deiner Gnade. (Psalm 109, 26)<br />
Es gibt in jedes Christen Leben Augenblicke – oft<br />
sind es Wochen und Monate! – wo wie man sagt,<br />
alles aufhört, die guten Vorsätze, das Gleichgewicht,<br />
die Sicherheit, die Frömmigkeit, der Glaube<br />
– alles hilft nichts mehr. Man spürt nur noch<br />
vollständige Not, Verlassenheit. Es geht an’s Lebendige.<br />
Da gibt’s nur noch eins: Stehe mir bei,<br />
Herr, mein Gott, hilf mir nach deiner Gnade!<br />
Das sind die Stunden – oder Tage – wo das Verhältnis<br />
zu Gott ganz und gar aufgehört hat ein<br />
Verhältnis der blossen Idee zu sein und ganz real<br />
geworden ist. Da ist man auf Gott geworfen, da<br />
umklammert man seine Hände, da empfindet man<br />
die Not um Gott, nicht nur die Not der eigenen<br />
Schmerzen, da wird es klar, wie es Hiob klar geworden<br />
ist: Nicht um meines Glückes, nicht um<br />
irgend etwas bete und schreie ich zu dir, mein<br />
Gott, sondern darum, weil du mein Gott bist. Ja,<br />
das allein bleibt: Mein Gott. Das ist das einzige.<br />
Aber das ist auch alles. Ganz losgelöst <strong>von</strong> allen<br />
unreinen Menschenzutaten: Gott, mein Gott.<br />
Und das ist zu gleicher Zeit ein neuer Anfang.<br />
Du könntest dich selbst nie völlig ausleeren. Aber<br />
Gott kann! Durch den Heiland Jesus Christus hat<br />
er es getan, tut er’s und wird’s immer wieder tun,<br />
dass wir’s realisieren: jetzt bist du wieder neu geboren.<br />
Denke zum voraus, bevor die Gottesnot kommt –<br />
die selige Gottesnot! – an dieses ihr Neues schaffende<br />
Ende!<br />
„Was wäre ich ohne dich, Gott?<br />
Ohne deine zuverlässige Führung<br />
auf all meinen Wegen?<br />
Ohne dein wachsames Auge
über all meinen Taten?<br />
Ohne dein gutes Geleit<br />
an allen Tagen meines Lebens?<br />
Auf Schritt und Tritt lässt du mich spüren,<br />
wie wichtig ich dir bin.“
30. August<br />
Ich weiss, dass mein Erlöser lebt. (Hiob 19,<br />
25)<br />
Ludwig Richter erzählt: „Der erste Sonnenstrahl,<br />
den der Neujahrsmorgen in mein Kämmerlein<br />
schickte, und das helle Glöckchen <strong>von</strong> San Isidoro<br />
weckten mich aus einem tiefen Schlaf. Ich erwachte<br />
plötzlich mit dem Gefühl eines so unaussprechlichen<br />
Glückes, erfüllt mit Friede und<br />
Freude, dass ich mich wie neugeboren fühlte. Wie<br />
ein Blitz durchdrang mich das Bewusstsein: Ich<br />
habe Gott, ich habe meinen Heiland gefunden!<br />
Nun ist alles gut’. ‚Ich weiss, dass mein Erlöser<br />
lebt!’ So bedeutsam wie das Neujahr 1825 hatte<br />
mich vorher noch keines begrüsst; denn diesmal<br />
hatte es seinen Zuruf: ‚Das Alte ist vergangen,<br />
siehe es ist alles neu geworden’ vollständig wahrgemacht.<br />
Hatte ich es früher in den besten Momenten<br />
doch nur bis zur Ahnung eines höchsten<br />
Wesens bringen können und in den Stunden der<br />
Begeisterung zu dem gehobenen Gefühle: ‚Überm<br />
Sternenzelt muss ein lieber Vater wohnen!’, so<br />
war es jetzt geschehen, dass nahe im eigenen Herzen<br />
und Gewissen die Stimme des Gottes und Erlösers<br />
zu mir gesprochen hatte: ‚Ich bin der Herr,<br />
dein Gott, wandle vor mir und sei fromm’; und<br />
die Stimme des Menschensohnes und Erlösers:<br />
‚Wer mich sieht, der sieht den Vater; komm und<br />
folge mir nach!’ Wie anders als jene Ahnung war<br />
nun die zuversichtliche Gewissheit des Glaubens<br />
und der Erlösung, die sich nicht nur in einzelnen<br />
Momenten kundgibt, sondern als ein lebendiger<br />
Spross, aus und in das ewige Leben spriessend,<br />
die Seele gesund erhält und alle Morgen neu ist.<br />
An seinem Sterbetage sagte er schliesslich: ‚O das<br />
ist eine schöne Sache, wenn jemand seines Glaubens<br />
so gewiss ist, ja: Ich weiss, dass mein Erlöser<br />
lebet.’
31. August<br />
Alle miteinander haltet fest an der Demut;<br />
denn Gott widersteht den Hochmütigen, aber<br />
den Demütigen gibt er Gnade. (1. Petrus 5, 5)<br />
„Mühen wir uns, dem Bösen zu widerstehen,<br />
So sind wir oft zu schwach und unterliegen.<br />
Komm, du Kraft und Weisheit Gottes.<br />
Stärke unsern Mut, führe uns an deiner <strong>Hand</strong><br />
Und leite uns auf deinem Weg.“<br />
Der bekannte Pfarrer Harms traf einmal auf einer<br />
Eisenbahnfahrt einen Zünfholzfabrikanten. Der<br />
prahlte mit seinen Millionen. „Sehen Sie mich an“<br />
sagte er, „ich bin ein steinreicher Mann!, und ich<br />
bin es geworden rein durch mich selbst! Verstehen<br />
Sie etwas <strong>von</strong> der Zündholzfabrikation?“<br />
„Nicht viel“ antwortete Harms, „ich bin ein Pfarrer.“<br />
Ach so, schön, ein Pfarrer! Das trifft sich<br />
gut. Erlauben Sie mir, man redet jetzt viel <strong>von</strong> einem<br />
alten und einem neuen Glauben. Ich bitte<br />
Sie, was verstehen Sie unter dem alten und was<br />
unter dem neuen Glauben?“<br />
Harms zeigte sich bereit, auf diese Frage einzugehen.<br />
– „Sehen Sie“ begann er, „wenn Gott einen<br />
im irdischen Beruf mit seinem Segen krönt und<br />
der Mann bleibt klein und demütig dabei und<br />
denkt: ‚Das hab ich nicht verdient’; aber Gott<br />
fährt immer fort, den kleinen Mann zu segnen<br />
und macht ihn am Ende zum grossen, reichen<br />
Manne! Doch der Mann bleibt demütig; wohlzutun<br />
vergisst er nicht und spricht in allem: ‚Ich bin<br />
zu gering aller Barmherzigkeit und Treue, die<br />
Gott an mir tut’, sehen Sie, das ist der a l t e<br />
Glaube. – Wenn einer dagegen <strong>von</strong> Gott mit<br />
manchem Besitz gesegnet wird, merkt aber nicht,<br />
dass das eine Probe der Demut und Dankbarkeit<br />
sein soll, und statt alle Tage kleiner und demütiger<br />
zu werden, wird er alle Tage grösser und hoffärti-
ger und vergisst seines himmlischen Wohltäters so<br />
sehr, dass er am Ende jeder Eisenbahnfahrt den<br />
Mitreisenden sagt: ‚Sehen Sie mich an; das bin ich<br />
rein aus mir selbst’ – sehen Sie, das ist der n e u e<br />
Glaube.“
1. September<br />
Ich erachte es alles für Schaden gegen die<br />
überschwengliche Erkenntnis Christi Jesu,<br />
meines Herrn, auf dass ich Christus gewinne<br />
und in ihm erfunden werde. (Philipper 3, 8-9)<br />
Wir müssen bei solchen Kernsprüchen der Bibel<br />
Geduld mit unserer eigenen Schwachheit haben<br />
und uns nicht in etwas hineinsteigern, das wir<br />
einfach haben wollen. Der Apostel Paulus ist wie<br />
ein Baum, <strong>von</strong> Gott gepflanzt, in dem der Saft<br />
des Geistes Gottes treibt. Er kann gar nichts dafür,<br />
dass er so redet, er redet sich nichts vor, nein,<br />
er redet aus sich heraus, es quillt und schwillt und<br />
treibt und schafft in ihm, und seine Worte sind<br />
wie aufbrechende Blüten am Baum. Und <strong>von</strong> den<br />
Früchten, die daraus entstanden, lebt noch heute<br />
die ganze Christenheit. Du lebst auch da<strong>von</strong>.<br />
Aber wenn du nun meinst, gerade da, wo es dich<br />
treibt, an dieser Knospe müsse derselbe Baum herauskommen,<br />
an dem du ja selber hängst, so ist<br />
das ein wüster Grössenwahn. Und denk nicht:<br />
Wenn’s mich nicht treibt, wie es den Apostel getrieben<br />
hat, so treibt’s mich halt nicht, so bin ich<br />
nur ein Buchstabenchrist, ein „Herr-Herr-Sager“,<br />
der verworfen wird; nein, solches ist nichts als<br />
geistlicher Hochmut. Glaub’s doch einfach in die<br />
Luft hinaus, wie das Zweiglein am Baum, dass es<br />
dich auch treibt, dass du Christum gewinnest.<br />
Sieh, das ist ja grad dieselbe Not, die auch der<br />
Apostel empfand, er musste sich strecken nach<br />
oben, trotz, ja wegen <strong>seiner</strong> ‚überschwänglichen<br />
Erkenntnis’ – denn im Reiche Gottes treibts einem<br />
mehr, je mehr man hat. – Und so geht’s auch<br />
bei dir nicht ohne Not. Aber eine herrliche<br />
Wachstumsnot ist das, weil sich die Triebkräfte<br />
Gottes – beim Apostel und bei dir – darin bemerkbar<br />
machen.
2. September<br />
Wenn du der Stimme des Herrn, deines Gottes,<br />
gehorchen wirst: Gesegnet wirst du sein<br />
bei deinem Eingang und gesegnet bei deinem<br />
<strong>Aus</strong>gang. (5. Mose 28, 1.6)<br />
Das ist so ein geläufiger Vers, dass man leicht<br />
über den Kern hinweg liest. Das ganze Leben gehen<br />
wir ein und aus, angefangen mit der Geburt<br />
und hier abgeschlossen mit dem <strong>Aus</strong>gang aus diesem<br />
Leben. Wenn wir Gott gehorchen, wird<br />
rückgängig unser Eingang ins Leben gesegnet sein<br />
und im Blick auf unsern <strong>Aus</strong>gang legen wir Segenskapital<br />
an. Und dazwischen erleben wir dauernd<br />
Gottes Segen in <strong>seiner</strong> Liebe, Güte und<br />
Barmherzigkeit. Was für glückliche Menschen stehen<br />
hinter diesen etwas trockenen Sätzen! Zu den<br />
Segnungen des täglichen Lebenslaufes stellen sich<br />
die Segnungen des gottesdienstlichen Lebens: da<br />
gehen wir in und aus der Stille – gehen ein zur Bibelstunde<br />
oder zum Hauskreis und verlassen sie<br />
auch wieder – treffen uns zum Sonntagsgottesdienst<br />
und zerstreuen uns wieder. Und burschikos<br />
fragen wir, was haben wir nun <strong>von</strong> allem? Die<br />
Frage ist falsch gestellt. Richtig heisst sie, was<br />
können wir da<strong>von</strong> haben? Die Antwort ist lapidar:<br />
Segen! Segen in allen Facetten und Farben, leicht<br />
und gewichtig usw. Bei alledem gibt es nur eine<br />
Voraussetzung: Der Stimme des Herrn ist zu gehorchen<br />
– bedingungslos, ohne wenn und aber.<br />
Ist es abwegig an Johannes zu denken: Christus<br />
spricht: ‚Wer mein Wort hält, der wird den Tod<br />
nicht sehen in Ewigkeit.’ Und dazu an ein Wort<br />
<strong>von</strong> Bonhoeffer:<br />
‚Denken und <strong>Hand</strong>eln im Blick auf die kommende<br />
Generation, dabei ohne Furcht und Sorge jeden<br />
Tag bereit sein zu gehen – das ist die Haltung,<br />
die uns praktisch aufgezwungen ist und die tapfer<br />
durchzuhalten nicht leicht, aber notwendig ist.’
3. September<br />
Und dem Engel der Gemeinde zu Smyrna<br />
schreibe: Das sagt der Erste und der Letzte,<br />
der tot war und ist lebendig geworden.<br />
(Offenbarung 2, 8)<br />
Domitian war der erste der römischen Kaiser, der<br />
dazu überging, sich ausdrücklich „Gott und Herr“<br />
zu titulieren. Als dieser Domitian, selber erst<br />
Thronanwärter, im Jahre 73 ein Söhnlein erhielt,<br />
da kannte sein Glück keine Grenzen. Aber als der<br />
Knabe zehn Jahre alt war, - sein göttlicher Vater<br />
war inzwischen Kaiser geworden – da starb das<br />
hoffnungsvolle Kind. Am Tode findet der „Gott<br />
und Herr“ auf dem Kaiserthron seinen Meister.<br />
Domitian lässt daraufhin eine Gedenkmünze prägen<br />
mit dem Wortsinn: der göttliche Caesar, Sohn<br />
des Kaisers Domitian. Die Münze stellt den verstorbenen<br />
Prinzen dar, auf dem nackten Himmelsgewölbe<br />
sitzend, spielend mit den sieben Planeten,<br />
die das Symbol der Weltherrschaft darstellen.<br />
Als der allgewaltige ‚Gott und Herr’ Kaiser<br />
Domitian nach 15 jähriger Schreckensherrschaft<br />
durch Mörderhand fiel, beschloss der Senat in<br />
Rom die feierliche Verfluchung seines Andenkens,<br />
die Entfernung seines Namens aus allen Inschriften,<br />
die Zerstörung all <strong>seiner</strong> Bildsäulen.<br />
So ist tatsächlich kein Mensch „der Erste und der<br />
Letzte“. Christus erhebt den Anspruch, der Erste<br />
und der Letzte zu sein. Menschen, die sich göttliche<br />
Ehren zulegen, hat es seit Domitian immer<br />
wider gegeben. Die Weltgeschichte ist darüber zur<br />
Tagesordnung übergegangen. Wir kennen kaum<br />
ihre Namen. Der Tod hat ihnen ein für alle mal<br />
ein Ende bereitet.<br />
Es gilt schon, was Bundespräsident Heinemann<br />
gesagt hat: „Die Herren dieser Welt gehen – unser<br />
Herr kommt!“
Jesus ist auch in dem Fall der Letzte, der etwas zu<br />
sagen hat, weil er auch das letzte Wort über den<br />
Tod spricht.
4. September<br />
Singet dem Herrn ein neues Lied! Denn er<br />
hat Wunder getan! (Psalm 98, 1)<br />
Es ist ein regennasser Abend. Trotz Tiefdruck<br />
und schlechten Sichtverhältnissen ist auf dem<br />
Einsatzhafen Schiphol 22.30 Uhr der Start <strong>von</strong> 20<br />
Ju 88 zum Feindflug angesetzt. Die Peilstation<br />
wird wie üblich <strong>von</strong> dem Start verständigt. 22.30<br />
Uhr rollt die erste Maschine schwer beladen an<br />
und fliegt nur wenige Meter über dem Peiler in<br />
die Höhe. 22.31 Uhr, die zweite zieht besser hoch.<br />
22.32 Uhr braust die dritte heran und so Minute<br />
um Minute eine Maschine. Die meisten hängen<br />
sehr tief. Da rast eine Maschine ganz niedrig heran.<br />
Am Ende des Rollfeldes ist kaum das Fahrgestell<br />
frei. Die Maschine nähert sich in gerader Linie<br />
dem Peiler. Der Funker kann sich gerade noch<br />
auf den Boden werfen. Da kracht es. Ein ohrenbetäubender<br />
Lärm erfüllt den Raum – ist zuviel<br />
gesagt. Es ist kein Raum mehr da. Die schwere<br />
Maschine hat die Peilstation wie ein Kartenhaus<br />
zusammengedrückt. – Und nun die Reihe der<br />
Wunder:<br />
1. Der diensttuende Peilfunker erhebt sich<br />
noch ganz benommen vom Boden. Er ist<br />
unverletzt, nur voll Schmutz und Glassplittern<br />
im Haar.<br />
2. Die vier Kameraden liegen noch immer in<br />
den Fallen. Das eine Rad vom Fahrgestell<br />
ging zwischen den Betten hindurch. Keiner<br />
ist verletzt. Sie sind nur mit Brettern zugedeckt<br />
und kriechen verdutzt, aber völlig unversehrt<br />
aus der Verschalung.<br />
3. Die Maschine liegt in wenig erfreulichem<br />
Zustand 60 Meter weiter. Die Besatzung<br />
kam mit einigen leichten Schrammen da<strong>von</strong>.<br />
4. Die Bomben sind beim Aufschlag aus dem<br />
Schacht gefallen, ohne Schaden anzurichten.
Seit der 98. Psalm geschrieben wurde sind unglaublich<br />
viele Wunder geschehen bis zu diesem<br />
Beispiel in Holland und bis zum heutigen Tag.<br />
Die Welt könnte die Bücher nicht fassen, wollte<br />
man alles zu Papier bringen. Und das lenkt uns<br />
zur Frage der Dankbarkeit. Im Psalm ist es deutlich<br />
in Worte gefasst: Singet dem Herrn ein neues<br />
Lied – Jauchzet dem Herrn alle Lande – Brecht in<br />
Jubel aus und spielt! Und sogar: Die Ströme sollen<br />
in die Hände klatschen und die Berge allzumal jubeln.<br />
Denn Wunder heisst ja nicht einfach ‚Glück<br />
gehabt’, sondern, das ist etwas Erstaunliches vor<br />
unsern Augen, ist eine bestimmte Fügung oder<br />
Führung, ist eine klare Bewahrung. So gross ist<br />
unser Vater im Himmel, dass er acht gibt auf jede<br />
Begebenheit unseres Lebens, dass sie so verlaufe,<br />
dass es uns weiterbringt in unserem Leben. Das<br />
kann aber nur verspüren, wer sein Leben Gott<br />
anvertraut.
5. September<br />
Wer jedoch diese meine Worte hört und nicht<br />
nach ihnen tut, der gleicht einem törichten<br />
Manne, der sein Haus auf den Sand baute.<br />
(Matthäus 7, 26)<br />
Der verstorbene <strong>Prof</strong>. Karl Heim erzählte einmal,<br />
dass während <strong>seiner</strong> Studienzeit die Kunde durch<br />
Europa ging, dass der Campanile auf dem Marktplatz<br />
<strong>von</strong> Venedig ganz plötzlich am hellichten<br />
Tage zusammengestürzt sei. Wie konnte das passieren?<br />
Der Bau selbst hatte nirgends Risse gezeigt.<br />
Die Quadersteine waren fest aufeinandergefügt.<br />
Der Fehler hatte am Fundament gelegen.<br />
Die schweren Balken, mit denen der alte Bau in<br />
den Meeresgrund der Lagunen eingerammt war,<br />
hatten nicht ausgereicht. Und eines Tages war der<br />
Zusammenbruch passiert. „Wie oft habe ich bei<br />
jungen Menschen einen ähnlichen, ganz unerwarteten<br />
Zusammenbruch erlebt. Es waren Menschen,<br />
die mitten in einer sozialen oder christlichen<br />
Arbeit standen.“<br />
Über Menschen, die ein Haus auf Sand bauen,<br />
ohne festes Fundament, würden wir den Kopf<br />
schütteln. Und doch machen es viele <strong>von</strong> uns genau<br />
so. Sie jagen irgendwelchen faszinierenden<br />
Illusionen nach und und erleben eines Tages die<br />
Katastrophe. Man kann auf Lügen kein Leben<br />
aufbauen. Jesus sagt: Wer meine Worte hört und<br />
tut, der baut richtig. Er ist die Wahrheit, und<br />
Wahrheit ist immer ein stabiles Fundament.<br />
Wie sagt der Liederdichter:<br />
„Ich habe nun den Grund gefunden,<br />
der meinen Anker ewig hält.<br />
Woanders als in Jesu Wunden,<br />
da lag er vor der Zeit der Welt.“
6. September<br />
Erkenne und sieh: böse und bitter ist dein<br />
Abfall <strong>von</strong> dem Herrn. (Jeremia 2, 19)<br />
Samuel Keller erzählt: Ein deutscher Kolonist<br />
hatte einen <strong>Hand</strong>elsmann durch die weite russische<br />
Steppe zu fahren. Letzterer prahlte ganz offen<br />
mit seinem Unglauben und <strong>seiner</strong> Gottlosigkeit.<br />
Der Kolonist, ein ernster, christlich gesinnter<br />
Mann, sagte nicht viel dazu, warf aber einigemal<br />
die Bemerkung ein, dass an verschiedenen Orten<br />
der menschenleeren Einöde schon Kaufleute ermordet<br />
worden seien. Das machte den Reisenden<br />
doch etwas kleinlaut und ängstlich. Plötzlich hielt<br />
der Kolonist und Fuhrmann an, fasste seinen<br />
Fahrgast mit eisernem Griff, zog ein langes Messer<br />
heraus und schrie ihn an: „Mach deine Rechnung<br />
mit dem Himmel, dein Geld gib her, du<br />
musst jetzt sterben!“ „Erbarmen, Erbarmen!“ rief<br />
der Händler, „ich habe Frau und Kind daheim!“<br />
Der Kolonist liess ihn noch ein Weilchen zappeln<br />
und sagte dann: „Seid ruhig, es geschieht euch<br />
nichts; denn ich fürchte Gott, an den ich glaube.“<br />
Von da an hat der Kaufmann nie mehr über Gottesfurcht<br />
sich lustig gemacht; ja, er bedankte sich<br />
beim Abschied noch besonders für die heilsame<br />
Lektion, die er <strong>von</strong> dem wackeren Kolonisten bekommen<br />
hatte.<br />
Der Christ allein weiss, was ist und was sein wird,<br />
und die leeren Schrecken bewegen seine Seele<br />
nicht. Denn die Furcht des Herrn macht das Herz<br />
fröhlich und gibt Freude und Wonne allezeit. Wer<br />
den Herrn fürchtet, wird den Segen behalten, ist<br />
fröhlich im Leben und im Sterben. Den gottesfürchtigen<br />
Menschen erkennt man daran, wie er<br />
sich im Unglück verhält und es ünberwindet,<br />
denn das ist eine Probe, wie jemand glaubt.
7. September<br />
Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater<br />
gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe<br />
gesündigt gegen den Himmel und vor dir.<br />
(Lukas 15, 18)<br />
Heinz war Schlossergeselle. Vor einigen Jahren<br />
wurde er konfirmiert, aber war dann wie so viele,<br />
dem Gottesdienst fern geblieben. Nach mehreren<br />
Jahren erschien er eines Tages in der Kirche, und<br />
dann kam er häufiger. Er suchte. Er war nicht befriedigt<br />
<strong>von</strong> dem, was die andern Kameraden ihm<br />
als Leben anboten. Er spürte irgendwie, dass all<br />
der Hohn und Spott, der auf das Evangelium ausgegossen<br />
wurde, das Evangelium gar nicht traf.<br />
Am Ende eines Gespräches schenkte ich ihm ein<br />
Neues Testament. Und nun setzte Heinz sich hin,<br />
lange Wochen und studierte; wie er wohl einst als<br />
Kind in der Fibel gelesen hat, so las er jetzt im<br />
Worte Gottes. Und dann kam der Tag, den ich<br />
nicht vergessen kann. Er war inzwischen Meister<br />
geworden und nun stand dieser starke Mann vor<br />
meinem Schreibtisch, schlug in grosser Erregung<br />
mit dem Neuen Testament auf den Schreibtisch<br />
und rief laut: „Das lebt ja alles!“<br />
Das ist ja alles so befreiend, gerade wenn es um<br />
Schuldenlasten geht. Wie hätte der einstmals verlorene<br />
Sohn noch leben sollen und können ohne<br />
diese einmalige Vaterliebe?<br />
„Ich will zu meinem Vater gehen heut am Tag.<br />
Er wird ein jedes Wort verstehn, das ich wag.<br />
Weil es noch ein Zuhause gibt, lauf ich hin.<br />
Ich weiss, dass mich mein Vater liebt,<br />
wie ich bin.“
8. September<br />
Jesus sprach: Niemand, der die <strong>Hand</strong> an den<br />
Pflug legt und zurückschaut, taugt für das<br />
Reich Gottes. (Lukas 9, 62)<br />
<strong>Aus</strong> diesem Jesuswort ist schon allerlei abgeleitet<br />
worden. Vor allem, dass es im Reich Gottes ungeheuer<br />
viel zu tun gibt, und dass es bestimmte<br />
Qualifikationen braucht, wobei die wichtigste im<br />
Text genannt wird. Es geht das merkwürdige<br />
Wort um vom ‚Bau des Reiches Gottes’, wobei<br />
das weitgehend in unsere Hände gelegt ist – Pflug<br />
hin oder her, das interessiert weiter nicht. Wer Jesus<br />
als Baumeister und uns als Gesellen und<br />
<strong>Hand</strong>langer sieht, hat’s noch nicht begriffen. Jesus<br />
sagte doch, seht, das Reich Gottes ist mitten unter<br />
euch; er ist der Herr, wir die Bürger. Alle wirken<br />
einander in die Hände, ganz ohne Egoismus und<br />
eigenen Auftrag. Wir tragen lediglich zur Vollendung<br />
des Reiches Gottes bei. Das ist auch unsere<br />
ganze Freude, die uns erfüllt.<br />
Und wenn nun in diesem kurzen Sätzchen gar viel<br />
<strong>von</strong> Arbeit antönt, ist doch nicht zu übersehen,<br />
dass es grad noch einmal nicht um schwere Arbeit<br />
geht. Jesus spricht mit einigen Bewerbern über die<br />
Nachfolge. Das ist das Thema. Taugen fürs Reich<br />
Gottes heisst genau: taugen für die Nachfolge Jesu.<br />
Und damit sind wir völlig weg <strong>von</strong> dem Werk-<br />
und Verdienstgedanken. Taugen heisst hier auch<br />
würdig sein für das Reich Gottes. Würdig sein für<br />
die neue Welt und Herrschaft Gottes.<br />
„Du bist ein Hauch aus Gott<br />
und aus seinem Geist geboren.<br />
Darum liege nicht im Tod,<br />
bist zu Gottes Reich erkoren.<br />
Suche Jesus und sein Licht,<br />
alles andre hilft dir nicht.“
9. September<br />
Hoffnung lässt nicht zuschanden werden;<br />
denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere<br />
Herzen durch den Heiligen Geist, der<br />
uns gegeben ist. (Römerbrief 5, 5)<br />
Seit Pfingsten gilt es: „Der Heilige Geist ist da!“<br />
Aber das Leben der Welt besteht aus Geldverdienen<br />
und Karrieremachen, aus Selbstsucht und<br />
Geltungsbedürfnis. Doch ist noch etwas anderes<br />
da: Da gibt ein Albert Schweizer seine hoffnungsvolle<br />
Karriere als <strong>Prof</strong>essor auf und geht in den<br />
afrikanischen Urwald, um den Schwarzen dort in<br />
aller Stille als Arzt zu helfen. Alle Bekannten<br />
schütteln den Kopf. Aber es ist möglich.<br />
Die Welt führt ihre Existenz in einer ständigen<br />
Furcht vor dem Tode. Man hat nur den einen<br />
Gedanken, den Tag, der dem Leben ein Ende<br />
macht, soweit hinauszuschieben wie möglich.<br />
Und da ist dann ein russischer Bischof, der erschossen<br />
wird, weil er keine Kompromisse machen<br />
will. Der ruft aus: „Lebt wohl ihr Toten, ich<br />
gehe zu den Lebendigen!“ – Wie ist so etwas<br />
möglich?<br />
Der Heilige Geist krempelt Menschen um. <strong>Aus</strong><br />
der Sucht zum Verdienen, wird der Antrieb zum<br />
Dienen. <strong>Aus</strong> Menschen, die haben wollen, werden<br />
Menschen, die schenken. <strong>Aus</strong> Menschen, die geniessen<br />
wollen, werden Menschen, die bereichern.<br />
Dazu kann man sich nicht zwingen und überreden.<br />
Nur der Heilige Geist kann dieses Leben,<br />
diese Hoffnung und Liebe in unser Herz eingiessen.<br />
Da<strong>von</strong> lebt die Welt, dass es Menschen gibt,<br />
welche diese Hoffnung hochhält und nicht zuschanden<br />
werden lässt.<br />
„Hoffnung kann das Herz erquicken;<br />
Was ich wünsche, wird sich schicken,<br />
wenn es meinem Gott gefällt.“
10. September<br />
Es ist den Menschen bestimmt, einmal zu<br />
sterben und darauf folgt das Gericht.<br />
(Hebräerbrief 9, 27)<br />
Pfr. Busch erzählt eine Geschichte <strong>von</strong> einem ihm<br />
gut bekannten Offizier, der mit seinen Kameraden<br />
am Strassenrand lag und auf den Vormarschbefehl<br />
wartete. Er hatte eben einen üblen Witz<br />
erzählt, als ein feindlicher Flieger Bomben abwarf.<br />
Der Witz ist zu Ende, der andere lacht gar nicht.<br />
Er springt auf und sieht, dass sein Freund <strong>von</strong> einem<br />
Splitter ins Herz getroffen, lautlos gestorben<br />
ist – mitten in einem Witz. Da überfällt es den<br />
jungen Soldaten: „Der steht jetzt vor Gott!“ und<br />
die Frage taucht vor ihm auf: „Wie, wenn wir nun<br />
anders gelegen hätten? Dann stünde ich vor Gott.<br />
Könnte ich jetzt vor Gott stehen?“ Da meldet<br />
sich der Verstand und sagt: „Sicherlich! Ich tue ja<br />
genau meine Pflicht und damit kann ich geradestehen!<br />
Mit 19 Jahren schon Leutnant. Lieber<br />
Gott, ich kann geradestehen!“ Und er weiss im<br />
selben Augenblick: Das gilt doch vor Gott gar<br />
nichts! Hier ist einzig die Rede <strong>von</strong> deiner Sünde<br />
und deiner Gottlosigkeit. Als er wieder aufs Pferd<br />
steigt, da faltet er, ein furchtloser Mann, zum ersten<br />
Mal die Hände und bittet Gott: „Lass mich<br />
nicht fallen, ehe ich mit dir in Ordnung gekommen<br />
bin, ehe ich weiss, wie ich Vergebung meiner<br />
Sünde bekomme.“<br />
Dazu gehört die Bezeugung vieler und auch meiner<br />
Erfahrung, dass es unter Umständen schon<br />
lange vor der Todesstunde innere Gerichte und<br />
Prüfungen gibt, welche die Seele mit unbeschreiblichem<br />
Ernst erfüllen. Sie hinterlassen in uns eine<br />
Furcht vor der Frage unseres Gottes: Was suchst<br />
du eigentlich? Suchst du, was droben ist, wo Christus<br />
ist und suchst du zugleich deine Ehre, was da
unten ist? Suchst du Christus, zugleich aber ein<br />
behagliches Leben?<br />
Lasst uns tiefer graben in das eigene Herz und<br />
näher heranrücken an die Gnade Christi, <strong>von</strong> der<br />
wir alle leben, auf die hin wir alle auch sterben.
11. September<br />
Die Liebe ist nicht rücksichtslos, sie sieht<br />
nicht den eigenen Vorteil. (1. Korinther 13, 5)<br />
Sören Kierkegaard zeigt in seinem Bändchen<br />
„Entweder – Oder“ das Wesen der Verführer:<br />
Don Juan und Faust. Uns interessiert vor allem<br />
Don Juan.<br />
Wenn man einen flachen Stein so wirft, dass der<br />
die Wasseroberfläche nur schneidet, dann kann er<br />
eine Zeitlang darüber hinspringen; sobald er aber<br />
zu springen aufhört, sinkt er augenblicklich in den<br />
Abgrund. So tanzt Don Juan in der kurzen Frist,<br />
die ihm gegeben ist, jubelnd über dem Abgrund.<br />
Don Juans Liebe ist nicht seelisch, sondern sinnlich.<br />
Sie liebt nicht ein Mädchen, sondern alle, und<br />
das heisst: sie verführt alle.<br />
Der Verführer ist rücksichtslos. Er sucht den eigenen<br />
Vorteil. Don Juan will sich selbst befriedigen.<br />
Er will geniessen. Er sieht nur sich. Die Liebe<br />
dagegen, die Gott uns schenkt, sieht den andern.<br />
Agape, wie diese Liebe heisst, will selber<br />
nicht glücklich werden, sondern glücklich machen,<br />
nicht geniessen, sondern schenken.<br />
Ohne die Agape, die göttliche Liebe, sind wir<br />
Don Juans, rücksichtslos und auf den eigenen<br />
Vorteil bedacht. Warum beten wir nicht um die<br />
Agape-Liebe? Was würde sich durch sie nicht alles<br />
verändern!
12. September<br />
Vergiss nicht, sagt Christus, ich komme<br />
plötzlich und unerwartet wie ein Dieb. Nur<br />
wer wach bleibt und bereit ist, wird an diesem<br />
Tag glücklich sein. (Offenbarung 16, 15)<br />
Ein Missionar erzählt: „Meine Begegnungen mit<br />
einem Teil <strong>von</strong> Arabern haben mir eine ergreifende<br />
und bis dahin wenig bekannte Tatsache offenbart:<br />
Diese Araber erwarten die Wiederkunft<br />
Christi! Die Hüter der Omar-Moschee in Jerusalem<br />
sagen z.B., dass die goldene Pforte sich nur<br />
noch einmal öffnen werde, und zwar, um den<br />
wiederkommenden Herrn Christus durchgehen zu<br />
lassen. In Algerien sagte eine Gruppe <strong>von</strong> Muselmanen:<br />
Heute gilt Christus auch bei uns als ein<br />
grosser Prophet. Wenn er aber wiederkommt,<br />
wird er der Herr der Welt sein. Überall sagen mir<br />
die Mohammedaner: Unser Zeitalter geht zu Ende!<br />
Die Wiederkunft Christi wird plötzlich hereinbrechen!<br />
Ein arabischer Lehrer sagte: Alle Tage predigt<br />
man in allen Moscheen während des Ramadan,<br />
dass Christus eines Tages wiederkommt und die<br />
Welt richten wird. Im Hintergrund mancher Moscheen<br />
ist zu lesen: Sidn Aisa, Jesus Christus, ist<br />
der Prophet Gottes! Lasst uns an ihn glauben! Als<br />
ich mit einem Priester über diese Dinge sprach,<br />
sagte er zu mir: Ganz Arabien und ganz Marokko<br />
glaubt das. Man redet zwar nicht öffentlich da<strong>von</strong>.<br />
Aber alle Araber wissen es. Und ganz unvermittelt<br />
haben uns oft die Häuptlinge gefragt, wie lange es<br />
wohl noch dauern könnte.<br />
Die ganze Seele Jesu schafft auf das Ende dieses<br />
Weltzeitalters hin. – Ehe das Ende kommt, ist mit<br />
der Welt nicht viel anzufangen. Darum schimpfet<br />
nicht über die Welt. Sie kann nicht anders.
Einstweilen können wir in der Welt bloss Tautröpfchen<br />
sein, damit sie ein wenig leuchtet und<br />
können der Welt das Evangelium predigen: Jesus<br />
ist euer Heiland. – Meinet nie, dass wir die Welt<br />
bekehren vor dem grossen Tage Jesu Christi.<br />
Aber ringen wir trotz dieser Tatsache damit, dass<br />
uns die Schläfrigkeit nicht erwischt.
13. September<br />
Hat nicht Gott erwählt die Armen in der Welt,<br />
die im Glauben reich sind und Erben des<br />
Reiches, das er denen verheissen hat, die ihn<br />
lieb haben? (Jakobusbrief 2, 5)<br />
„Sonne der Gerechtigkeit,<br />
gehe auf zu unsrer Zeit;<br />
brich in deiner Kirche an,<br />
dass die Welt es sehen kann.<br />
Erbarm dich, Herr!“<br />
Wie oft haben Christenmenschen die merkwürdige<br />
Selbsteinschätzung, sie seien im Vergleich mit<br />
andern Menschen ganz vergeblich Christen – sie<br />
würden sich ganz umsonst an die Gebote Gottes<br />
halten – man sei ohnehin stets im Nachteil. So<br />
unqualifisziert reden aber nur Leute daher, die<br />
nicht lesen können. Denn unser Bibelwort spricht<br />
deutlich <strong>von</strong> erwählten Armen, erwählten Benachteiligten<br />
<strong>von</strong> erwählten falsch eingeschätzten<br />
Menschen in der Welt mit getrübtem <strong>Aus</strong>sehen.<br />
Bei näherem Zusehen sind alle diese auserwählten<br />
Menschen nahe bei Gott, weil sie reich sind im<br />
Glauben; sie sind sogar Erben des Reiches Gottes.<br />
Wer diesen Gott liebt, gehört zu dieser Schar,<br />
die eine Verheissung hat. Da wird ein Reichtum<br />
ausgebreitet, der niemals schon mit einem ersten<br />
Rundumblick erfasst werden kann. Ein Beispiel<br />
steht in der Apostelgeschichte 4,13: ‚Die Oberen<br />
des Volkes sahen den Freimut der zwei Jünger<br />
und wunderten sich; denn es waren ungelehrte<br />
und einfache Leute und man wusste <strong>von</strong> ihnen,<br />
dass sie mit Jesus gewesen waren.’
Dieser Reichtum ist ein Vermögen, das nicht im<br />
<strong>Hand</strong>umdrehen erworben werden kann. Das hat<br />
dem Vater den Sohn gekostet und hat uns das<br />
Leben gerettet. Das ist die Vaterliebe Gottes, die<br />
im Gegenzug auf unsere Liebe wartet und damit<br />
erst Jakobus 2,5 zum Laufen bringt.
14. September<br />
„Und Gott sprach…“ (1. Mose 1, 6)<br />
Martin Buber erzählt in einer der schönsten Geschichten<br />
<strong>von</strong> einem Rabbi, der jedesmal, wenn er<br />
die Heilige Schrift aufschlug und die Worte las:<br />
„Und Gott sprach“ in eine solche Begeisterung<br />
geriet, dass man ihn aus der Versammlung fortbringen<br />
musste. In der kleinen Holzkammer, in<br />
die man ihn brachte, hat er an die Wände geschlagen<br />
und unablässig ausgerufen: „Und Gott<br />
sprach!“<br />
Diese Begeisterung des Rabbi ist heute kaum<br />
noch zu verstehen. Heute ‚leiden’ viele unter dem<br />
‚schweigenden Gott’. In einer Schülerzeitung war<br />
zu lesen: ‚Nach langer Untätigkeit verschied Gott<br />
der Herr…’ Wir verschaffen uns eine glänzende<br />
Entschuldigung, wenn wir meinen, Gott müsse<br />
pausenlos mit Eisenbahnschienen dazwischenschlagen,<br />
wie einmal ein Evangelist gesagt hat, um<br />
den Ungerechtigkeiten, Brutalitäten und Gemeinheiten<br />
der Menschen und Völker zu begegnen.<br />
Und sein Wort ist lebendig. Es ist keine verstaubte<br />
Wahrheit. Wir müssen nur bereit sein, uns ihm<br />
auszuliefern. Darum ist es ein Unsinn, zu sagen,<br />
das Evangelium sei eine ‚Information’. Eine Information<br />
ist eine Sachmitteilung. Das Evangelium<br />
aber ergeht als personhafte Anrede, als Aufruf,<br />
als Proklamation. Das Evangelium will nicht<br />
Wissen vermitteln, es will zur Entscheidung rufen.<br />
Liegt es denn an der Bibel, wenn Gott nicht<br />
spricht oder uns einfach sein Wort kalt lässt?<br />
Wenn sein Wort ohne Resonanz verhallt?<br />
Liegt es nicht vielmehr an uns, dass Gott<br />
schweigt, wenn sein Wort ohne Widerhaken, ohne<br />
Echo und ohne Antwort bleibt?
Gott spricht wie zur Zeit des Rabbi. Aber wen<br />
packt es so wie den Rabbi, dass die Wände zittern,<br />
wenn es heisst: ‚Und Gott sprach’?
15. September<br />
Schaffe uns Hilfe in der Not, denn Menschenhilfe<br />
ist nichts nütze. (Psalm 108, 13)<br />
Das ist so recht ein Wort für unsere Zeit, denn<br />
unsere Zeit weiss sich nicht mehr zu helfen. Zwar<br />
ist sie gerade so erfinderisch, fleissig und erfolgreich<br />
wie die vorangegangenen, aber sie hat keine<br />
rechte Freude mehr an dem, was sie schafft. Die<br />
Illusionen sind ihr eine nach der andern vergangen.<br />
Der Mensch hat etwas Grösseres in sich als<br />
alle Herrlichkeiten der äusseren Welt. In aller<br />
Pracht der äusseren Kultur und Zivilisation hungert<br />
und dürstet heute die Menschenseele und ist<br />
mitten in allem Reichtum bettelarm geworden;<br />
denn es ist eben nicht wahr, dass der Mensch vom<br />
Brot allein lebt.<br />
Das hat unsre gegenwärtige Welt gemerkt. Sie<br />
ahnt, dass sie sich selbst betrogen hat; sie will es<br />
zwar nicht wissen und wird fast unsinnig in dem<br />
Versuch ohne Gott auszukommen. Aber alle Anstrengungen<br />
sind umsonst. Sie ist bankrott geworden.<br />
Nichts kann ihr mehr helfen. Nur den<br />
Sachen, den Geldschränken und tausend andern<br />
herrlichen Sachen ist geholfen, die sind schöner<br />
und voller, nur den Menschen ist nicht geholfen.<br />
Macht was ihr wollt, bauet Rettungsanstalten,<br />
Kirchen und Kapellen, strengt euer Christentum<br />
aufs äusserste an – es hilft alles nichts mehr. Menschenhilfe<br />
ist nichts nütze. Nur einer allein kann<br />
noch helfen: Gott.<br />
Und das tut er auch. Gerade seine Nähe ist schuld<br />
daran, dass wir so unruhig, so unglücklich und<br />
unbefriedigt sind. Seine Nähe hat den Hunger<br />
und Durst nach ihm geweckt. Das Bild des Vaters<br />
ist in dem verlorenen Sohn wieder aufgegangen<br />
im Herzen nach langer Vergessenheit. O höret auf<br />
ihr Gottesgläubigen, euch auf eure Kirchen und<br />
Kapellen, auf Protestantismus oder Katholizismus
zu verlassen, hebt eure Augen auf „zu den Bergen,<br />
<strong>von</strong> welchen uns Hilfe kommt“, und fanget<br />
an zu bitten, zu suchen und anzuklopfen: „Schaffe<br />
uns Hilfe in der Not, denn Menschenhilfe ist<br />
nichts nütze.“
16. September<br />
Und geht es auch durch dunkle Täler, fürchte<br />
ich mich nicht, denn du Herr, bist bei mir.<br />
(Psalm 23, 4)<br />
Ein Beispiel aus dem zweiten Weltkrieg, das gerade<br />
sogut aus dem letzten Serbienkrieg stammen<br />
könnte:<br />
Als Rudolf Koch in Serbien mit seinen Kameraden<br />
einmal <strong>von</strong> der Umwelt völlig abgeschnitten<br />
war, brach über ihn eine tiefe innere Verlassenheit<br />
herein, <strong>von</strong> der er schreibt: „Völlig erlahmt, völlig<br />
hinausgestossen ins Unbekannte, kein Kämpfen,<br />
nicht Arbeit, nur marschieren, schlafen, nichts zu<br />
essen, marschieren, hungern… Allein und verlassen<br />
<strong>von</strong> allen Freunden; die eigene Familie weit<br />
weg und keine Nachricht <strong>von</strong> ihnen! Ich meinte<br />
nur noch das eine zu wissen: Der liebe Gott hat<br />
mich verlassen. Es war das entscheidende Ereignis<br />
meines Lebens – lauter dunkle Täler. Doch<br />
diese Verlassenheit bereitet einen Boden. Später<br />
in Ungarn ist es mir klar geworden, dass der liebe<br />
Gott mir noch nie so nahe gewesen ist wie in Serbien<br />
und noch nie so nahe neben mir hermarschiert<br />
ist. Als ich dachte, es sei niemand da, ist er<br />
gekommen. Von dieser Zeit her stammt alles andere.“<br />
„Alles andere“: ‚Das ist der gute Hirte, der es einem<br />
an nichts fehlen lässt – das ist er, der neue<br />
Kraft gibt, sicheren Schritt und Tritt – das ist der<br />
Herr, der bei mir ist und mich schützt mit dem<br />
Hirtenstab – das ist der Gastgeber, der mich im<br />
Angesicht meiner Feinde königlich bewirtet – und<br />
der mir lebenslang sein Haus offenhält, dass ich<br />
ihm begegnen kann.’<br />
Zu „allem anderen“ gehört: ‚Der gute Hirte Jesus,<br />
der sein Leben gibt auf meinem Sündenschlachtfeld<br />
und siegt zu meinen Gunsten – das ist er, der<br />
niemanden hinausstösst, der zu ihm kommt – das
ist Christus ‚der Weg die Wahrheit und das Leben’<br />
– und er ist ganz die Liebe des Vaters.’<br />
Würde das alles nicht gelten, hätten die Menschen<br />
in den dunklen Tälern viel Grund zur Furcht.<br />
Furcht ist immer das erste, wenn uns drohende<br />
Überraschungen anfallen. Ach, wieviel mal mehr<br />
fürchten wir uns, als dass wir furchtlos unsere Tage<br />
durchgehen. Aber was nützt es, dass damals<br />
einer sich nicht gefürchtet hat und in uns keine<br />
Nachfolger findet? Wir fürchten uns lieber zweimal<br />
als nur schon einmal grad <strong>von</strong> Anfang an<br />
Gott furchtlos zu vertrauen. Es ist tragisch, dass<br />
die Bibel voll der Sprüche ‚Fürchte dich nicht’<br />
sein muss. Was sind wir für ein schwaches,<br />
schwach-sinniges Geschlecht?
17. September<br />
Wer glaubt, der flieht nicht. (Jesaja 28, 16)<br />
Dostojewsky schildert einen Menschen, der das<br />
Leben restlos satt hat und „Schluss machen“ will.<br />
Es ist spät und er schläft kurz ein. Er träumt. Er<br />
sieht vor sich die entschwebende Erde. Aller<br />
Kram liegt hinter ihm. In der Tat findet er sich in<br />
einem paradiesischen Lande wieder. Er stösst auf<br />
Lebewesen, die wie Menschen leben. Es herrscht<br />
völliger Friede. Aber plötzlich geht eine Veränderung<br />
vor sich, Streit und Misstrauen gehen um<br />
und Mord und Totschlag kommen vor. Der neuangekommene<br />
macht die grässliche Entdeckung,<br />
dass er schuld an allem ist. Er hat die Eigensucht,<br />
den Unfrieden und die Todesgefahr mitgebracht<br />
und alle wie mit einem virulenten Bazillus angesteckt.<br />
Der Mann erwacht und weiss: Das Übel<br />
meines Lebens sitzt in mir selber.<br />
Die Flucht ist eine beliebte Methode, mit den<br />
Schwierigkeiten und Komplikationen des Lebens<br />
fertig zu werden. Die einen fliehen vor der Familie,<br />
sind keinen Abend zu Hause und sitzen in<br />
Clubs und „wichtigen Gremien“. Andere fliehen<br />
ins <strong>Aus</strong>land auf allerhand Geschäftsreisen. Oder<br />
da ist die Flucht in einen anderen Beruf, in die<br />
Scheidung und neue Ehe. – Und nachher? Die<br />
alten Schwierigkeiten sind wieder da. Der alte<br />
Mensch hat alles ins Neue mitgeschleppt.<br />
Eine echte Chance zur Lebensveränderung hat<br />
nur der Mensch, der auf die Stimme Gottes hört<br />
und die Flucht einstellt. Wer anfängt zu glauben,<br />
der besteht, aus ihm wird ein völlig neuer Mensch.<br />
Wer glaubt, flieht nicht – er erkennt seinen Platz<br />
als den, der ihm <strong>von</strong> Gott zugewiesen ist.
18. September<br />
Durch den Glauben verliess Mose Ägypten<br />
und fürchtete nicht den Zorn des Königs;<br />
denn er hielt sich an den, den er nicht sah, als<br />
sähe er ihn. (Hebräerbrief 11, 27)<br />
Was ist das doch für eine monumentale Sprache<br />
um ein Ereignis zu beschreiben, das nur angedeutet<br />
ist. Mose verlässt mit einem ganzen Volk<br />
Ägypten. Längst nicht alle sind einverstanden,<br />
aber sie verlassen sich auf Mose, der seinen ganzen<br />
Glauben an seinen Schöpfergiganten Gott<br />
Israels einsetzt. Er hat einen Umgang mit Gott<br />
dem Unsichtbaren als würde er ihn sehen. Für<br />
Mose ist Gott Wirklichkeit, sonst würde er es<br />
nicht wagen, alles auf eine Karte zu setzen. Durch<br />
den Glauben hat er eine lebendige Vergangenheit,<br />
die Präsenz ist genauso durch den Glauben geprägt<br />
und ebenso zielklar weist der Glaube in die<br />
Zukunft. Das Naheliegende, die Furcht vor Königen<br />
und Göttern hat keinen Platz. Echter Glaube<br />
lässt dafür keinen Raum. Mose weiss den Namen<br />
seines Gottes „Ich bin der ich bin“ und ist damit<br />
vollkommen ausgerüstet. Mose hat uns damit einen<br />
klaren Weg gewiesen. Es ist der Weg zu Jesus<br />
Christus. In diesem Namen bezeugen wir heute<br />
unsern unverbrüchlichen Glauben. Sind wir wirklich<br />
soweit oder sind das erst schöne Gedanken?<br />
„Erhalt uns in der Wahrheit,<br />
gib ewigliche Freiheit,<br />
zu preisen deinen Namen<br />
durch Jesum Christum, Amen.“
19. September<br />
Christus Jesus hat dem Tode die Macht genommen<br />
und das Leben und ein unvergängliches<br />
Wesen ans Licht gebracht durch das<br />
Evangelium. (2. Timotheus 1, 10)<br />
Christus selbst hat unsre Sünde hinaufgetragen<br />
an seinem Leibe auf das Holz, damit wir,<br />
der Sünde abgestorben in der Gerechtigkeit<br />
leben. (1. Petrusbrief 2, 24)<br />
„Holz auf Jesu Schulter, <strong>von</strong> der Welt verflucht,<br />
ward zum Baum des Lebens<br />
und bringt gute Frucht.<br />
Wollen wir Gott loben, leben aus dem Licht.<br />
Streng ist seine Güte, gnädig sein Gericht.“<br />
Laufend gibt es neue Umfragen zu den ewig gleichen<br />
Themen: „Was haben Sie für Vorstellungen<br />
vom Tod?“ „Haben Sie Angst vor dem Sterben?“<br />
„Was kommt nacher?“ „Wissen Sie etwas da<strong>von</strong>?“<br />
Die Antworten sind ernüchternd bis blamabel.<br />
Am sichersten scheint man über den Tod<br />
Bescheid zu wissen: er ist nicht zu fürchten, er<br />
öffnet das Tor zum Jenseits, wie immer das sein<br />
wird; der Tod macht einfach Schluss, was man<br />
doch so ersehnt hat in gewissen Fällen usw. Was<br />
die Bibel da zu sagen hätte, interessiert nicht.<br />
Wenn schon Informationen <strong>von</strong> aussen, dann<br />
werden sie <strong>von</strong> den gegenwärtig populären Weltanschauungslehren<br />
ausgeliehen.<br />
Aber ich bleibe bei der Bibel: Christus Jesus hat<br />
dem Tode die Macht genommen! Schaurig, wenn<br />
man nur einen Augenblick überlegt, was das<br />
heisst: „dem Tode die Macht“. Das würde ja bedeuten,<br />
dass er da bei jedem Menschen ohne<br />
<strong>Aus</strong>nahme das letzte Wort hätte. Hat der Tod je<br />
nur einen Moment lang absolute Macht gehabt,<br />
war das ein makabrer Moment in der Menschheitsgeschichte.<br />
Doch Gott liess das nicht anste-
hen, sein eigener Sohn war bereit, „dem Tod seine<br />
Macht zu entreissen und hat das Leben ans Licht<br />
gebracht.“ Das hat zunächst ihm selbst das Leben<br />
gekostet. Der Grund liegt in unserer Sünde, die er<br />
an seinem Leibe auf das Holz (Kreuz) hinaufgetragen<br />
hat. So ist er auch der Auferstandene geworden,<br />
der dem Tod seine endgültige Macht<br />
weggefegt hat und uns ganz neue Ewigkeitsformationen<br />
eröffnete. Also ist Furcht vor dem Tode<br />
wirklich unnötig, aber der Pass zum freien Durchtritt<br />
ist das Leben mit Christus in <strong>seiner</strong> Gerechtigkeit.<br />
„Christus Jesus hat dem Tode die Macht genommen<br />
und das Leben und ein unvergängliches Wesen<br />
ans Licht gebracht.“
20. September<br />
Bleibt niemand etwas schuldig, ausser dass<br />
ihr einander liebt; denn wer den andern liebt,<br />
hat damit das Gesetz erfüllt. (Römer 13, 8)<br />
Ein französisches <strong>Dr</strong>ama trägt den Titel: „Ein<br />
Mann Gottes.“ Hauptperson ist der Pfarrer Lemoyne,<br />
<strong>von</strong> <strong>seiner</strong> Gemeinde als ein Vorbild<br />
evangelisch-christlicher Tugenden verehrt. Sein<br />
Familienleben ist zerrüttet, und durch die Kraft<br />
der Güte und Barmherzigkeit versucht er es zu<br />
reformieren. Er verzeiht <strong>seiner</strong> Frau, die ihn betrog,<br />
und zieht das Kind des Liebhabers als seine<br />
eigene Tochter in seinem Hause auf. Seine Entscheidung<br />
beruht auf seinem Glauben. Er muss<br />
so handeln. Aber die Liebe fehlt. Die Frau spürt<br />
statt Liebe nur Gerechtigkeit, sie verkümmert an<br />
<strong>seiner</strong> Seite. Die Tochter leidet unter der Lüge<br />
und unter dem Verschweigen.<br />
Die Eheleute bleiben zusammen, weil Gott sie<br />
zusammengeführt hat. Der Pfarrer handelt wie<br />
eine Marionette nach dem Willen Gottes. Er ist<br />
gerecht, aber ohne Liebe.<br />
Er glaubt an Gott, aber seine Liebe hat ihn nicht<br />
<strong>von</strong> Grund auf erneuert. Er bleibt <strong>seiner</strong> Frau und<br />
<strong>seiner</strong> Tochter etwas schuldig. Beiden bleibt er<br />
das Entscheidende schuldig: Liebe! Pfarrer Leymone<br />
hat das Gesetz erfüllen wollen, nur die Liebe<br />
fehlt.<br />
Was nützen mir meine Gerechtigkeit, mein Glaube,<br />
meine Erkenntnis und meine Geduld, wenn<br />
die Liebe fehlt? Die Liebe ist grösser, die Liebe ist<br />
mehr – die Liebe ist das Wichtigste. Wer den<br />
Mitmenschen liebt, hat das Gesetz wirklich erfüllt.
21. September<br />
Siehe, es kommen Tage, spricht Gott der<br />
Herr, da sende ich einen Hunger ins Land,<br />
nicht Hunger nach Brot und nicht Durst nach<br />
Wasser, sondern das Wort des Herrn zu hören.<br />
(Amos 7, 11)<br />
Der spätere Hofprediger A. Stoecker (1835-1909)<br />
erlebte in <strong>seiner</strong> Jugend im Hause des Geheimen<br />
Justizrates Krüger in Halberstadt zum erstenmal,<br />
was lebendiges Christentum ist. Damals kam dem<br />
Achtzehnjährigen zum Bewusstsein, dass ihm<br />
„tiefere religiöse Erkenntnis und Wärme“ bisher<br />
fehlte und manches, was er als Junge und Schüler<br />
tat, „Sünde“ hiess. Mit Schmerzen empfand er,<br />
dass er bisher „ohne Aufblick nach oben und ohne<br />
wahre Heiligung“ sein Leben geführt hatte.<br />
„Ich bin ein guter Schüler, aber ein schlechter<br />
Christ gewesen. Jahrelang habe ich so hingelebt,<br />
ohne dass mir das Gewissen schlug. Endlich, im<br />
letzten Jahre meiner Schulzeit nahm sich Gott<br />
meiner an und brachte mich ans Licht…So tief<br />
bin ich damals in die Lebensmacht des christlichen<br />
Glaubens hineingeführt worden, dass ich<br />
<strong>von</strong> da ab niemals wieder ernstlich in Zweifel<br />
oder Anfechtung des Glaubens gefallen bin.“<br />
Es ist eigentlich merkwürdig, dass das Verlangen<br />
nach Gott, der Hunger nach seinem Wort nicht<br />
grundsätzlich im Menschen entsteht. Gott selbst<br />
muss – gemäss seinem Wort – den Hunger und<br />
Durst nach <strong>seiner</strong> Wahrheit in uns legen, meist<br />
durch andere Menschen, wie das obige Beispiel<br />
zeigt. Aber alles ist ein Zeichen, dass Gott kein<br />
Mensch gleichgültig ist und er jeden für sein<br />
Reich gewinnen will. Darum setzt er alles dafür<br />
ein. Viele Menschen gehen oft lange Jahr absolut<br />
eigene Wege und irgendeinmal hören sie den Ruf:<br />
Besinne dich, du hast ja Hunger und Durst, du
ist unbefriedigt <strong>von</strong> deinem jetzigen Leben, du<br />
empfindest ein Verlangen nach einem neuen Sinn.<br />
Und der Herr Gott ist bereit zu geben und zu erfüllen,<br />
alles in einer wunderbaren Fülle. Da<br />
kommt niemand zu spät oder zu kurz.
22. September<br />
Im Übrigen werdet gekräftigt im Herrn und<br />
in der Macht <strong>seiner</strong> Stärke! (Epheser 6, 10)<br />
J. G. Hamann, der grosse Zeitgenosse und Gegner<br />
Kants, neigte zu Hypochondrie und erlitt in<br />
London äusserlich wie innerlich völligen Schiffbruch.<br />
In dieser verzweifelten Lage ruft ihn die<br />
Bibel zur Umkehr. „Ich vergass alle Bücher über<br />
ihr. Ich fand die Einheit des göttlichen Willens in<br />
der Erlösung Jesu Christi, dass alle Geschichte,<br />
alle Wunder, alle Gebote und <strong>Werke</strong> Gottes auf<br />
diesen Mittelpunkt zuliefen. Ich erkannte meine<br />
eigenen Verbrechen in der Geschichte des jüdischen<br />
Volkes, ich las meinen eigenen Lebenslauf<br />
und dankte Gott für seine Langmut mit diesem<br />
seinem Volk, weil nichts als ein solches Beispiel<br />
mich zu einer gleichen Hoffnung berechtigen<br />
konnte.“ Am 31. März beim Lesen <strong>von</strong> 5. Mose 5<br />
geschah es: „Ich fühlte auf einmal mein Herz quillen,<br />
es ergoss sich in Tränen, und ich konnte es<br />
nicht länger meinem Gott verhehlen, dass ich der<br />
Brudermörder war. Der Geist Gottes fuhr fort,<br />
ungeachtet meiner grossen Schwäche – aber im<br />
Lesen <strong>von</strong> Epheser 6, 10 – mir das Geheimnis der<br />
göttlichen Liebe und die Wohltat des Glaubens an<br />
unsern einzigen Heiland immer mehr zu offenbaren.“<br />
Immer tiefer drang Hamann in das Wort Gottes<br />
ein und durfte Hilfe erfahren: „Ich fühle, gottlob!,<br />
jetzt ist mein Herz ruhiger, als ich es jemals in<br />
meinem Leben gehabt hatte. In den Augenblicken,<br />
da die Schwermut aufsteigen wollte, bin ich<br />
mit einem Trost überschwemmt worden, der alle<br />
Furcht und alles Misstrauen verschlang. An mir<br />
wurde war, was Paulus sagt: „Im Übrigen werdet<br />
gekräftigt im Herrn Jesus und in der Macht <strong>seiner</strong><br />
Stärke.“
Mein Gebet wenn ich in Not bin:<br />
Ach – allmächtiger Gott, lieber Vater, barmherziger<br />
Gottessohn, heiliger Geist, erbarme dich über<br />
mich. Es ist ganz finster und leer in meiner Seele;<br />
sie hat den Glauben, das Hoffen, das Lieben verloren.<br />
Aber weil deine Barmherzigkeit so gross ist,<br />
bringe ich mein ganzes Elend vor dich. Gib mir,<br />
wonach ich mich sehne. Was es ist – weiss ich ja<br />
selbst nicht. Du aber weißt es. Wenn es sein muss,<br />
dass mein Herz noch zubereitet werde, so wirke<br />
du auch das noch. Ach, ich habe entsetzliche<br />
Angst und bin unendlich traurig. Hab Erbarmen,<br />
mein Heiland.
23. September<br />
Er hat für die Übeltäter gebeten.<br />
(Jesaja 53, 12)<br />
Das heisst im Neuen Testament so: Jesus aber<br />
sprach: Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht,<br />
was sie tun! - Wenn uns Unrecht geschieht, sind<br />
das in der Regel nicht unsere ersten Gedanken,<br />
sondern wir sind aufgebracht und <strong>von</strong> Gedanken<br />
der Gegenwehr erfüllt. Und es gibt noch manche<br />
Unterschiede zwischen uns und Jesus. Einer ist<br />
der, dass wir ohne grosse Nachteile in der Lage<br />
wären zu vergeben – Jesus aber hängt am Kreuz<br />
und leidet ohne Mass; und er hat nur Gedanken<br />
der Liebe, des Friedens, der Vergebung und der<br />
Hingabe seines Lebens zur Versöhnung der Menschen<br />
mit dem himmlischen Vater. Jesus erkennt<br />
genau, was die Menschen zu ihrem Tun antreibt –<br />
es sind böse Gedanken, über die sie sich nicht im<br />
Klaren sind. Es sind heimtückische <strong>Hand</strong>lungen,<br />
über deren <strong>Aus</strong>wirkungen und „Erfolg“ sie nichts<br />
wissen. Sie sind wie blind und gedankenlos den<br />
Befehlen folgsam. Aber Jesus betet: Vater vergib<br />
ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun! Mag<br />
man ihm antun, was man will, er bleibt mit dem<br />
Vater verbunden; in allem sind sie eins. Der Vater<br />
leidet mit dem Sohn und Jesus verspürt die unendliche<br />
Liebe seines Vaters.<br />
Längst bevor das aktuell wurde, ist es vorher gesagt<br />
vom Propheten Jesaja: Er hat für die Übeltäter<br />
gebeten. Da werden göttliche Geheimnisse zu<br />
realen Geschehnissen. Doch ist dies noch nicht<br />
der Schlusspunkt. Was am Kreuz erkämpft worden<br />
ist, begründete das Evangelium, die gute<br />
Nachricht, die nun alle Welt erreichen soll. Wer<br />
geprägt ist <strong>von</strong> Jesu Leben und Vergebung ist berufen,<br />
in solchem Auftrag mitzuwirken.<br />
Evangelium – Frohe Botschaft – ohne <strong>Aus</strong>nahme.
24. September<br />
Christus spricht: Wer <strong>von</strong> dem Wasser trinken<br />
wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit<br />
nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich<br />
ihm geben werde, wird in ihm eine Quelle des<br />
Wassers werden, das in das ewige Leben<br />
sprudelt. (Johannes 4, 14)<br />
Jesus spricht mit einer Frau am Wasserbrunnen.<br />
Jeden Tag kommt sie <strong>von</strong> weit her zum Wasserschöpfen.<br />
Wenn es doch nur eine Möglichkeit gäbe,<br />
diese Situation zu verbessern. Fast macht es<br />
den Anschein, diesem Fremden am Brunnen<br />
könnte das gelingen. Wenn da nur kein Missverständnis<br />
wäre… Die Frau kennt Jesus gerade erst<br />
ein paar Momente und hat noch kein Verständnis<br />
für dessen Gleichnisreden. Sie hat ein einfaches<br />
Gemüt, aber Jesus trifft sie dort mit seinen Worten.<br />
Abholen nennt man das heute. Jesus verspricht<br />
Wasser ohne Ende, ohne Durst in alle<br />
Ewigkeit. Bald wird klar, dass Jesus sein ewiges<br />
Wort meint und sogar im Menschen eine Wasserquelle<br />
eröffnet, deren Wasser zu einem Strom<br />
wird und das ewige Leben wässert. Letztendlich<br />
wird die Frau nachwievor jeden Tag ihr Wasser<br />
am Brunnen holen; ihr inneres Leben hat aber eine<br />
entscheidende Änderung erfahren. Sie hat das<br />
geistliche Wasser des ewigen Lebens kennen gelernt<br />
und sorgt mit allen Kräften zu dessen Verteilung,<br />
wo sie nur kann.<br />
Laufet nicht hin und her, eilet zur Quelle; Jesus, der bittet:<br />
Kommet alle zu mir! Sehet, wie lieblich, wie lauter und<br />
helle fliessen die Ströme des Lebens allhier! Trinket, ihr<br />
Lieben, und werdet erquicket; hier ist Erlösung für alles,<br />
was drücket.
25. September<br />
Jesus Christus ist das Haupt des Leibes, der<br />
Kirche. (Kolosserbrief 1, 18)<br />
Inmitten polnischen Landes besteht eine Kirche<br />
deutscher Sprache. 46 Lektoren, grossenteils in<br />
Bergwerken, Fabriken und Betrieben tätig, halten<br />
am Sonntag Lesegottesdienste, Abendmahlsfeiern<br />
und Amtshandlungen, leiten Kirchenchöre und<br />
Jugendzusammenkünfte. Es gibt keine Kirche im<br />
deutschen Sprachraum, die in solchem Masse eine<br />
Kirche der Laien geworden wäre wie diese.<br />
Einer, der dort als Laiendekan Dienst tut, berichtet:<br />
In drei Jahren habe ich mit dem Fahrrad<br />
12'168 und in der Bahn 2'114 Kilometer zurückgelegt.<br />
Diese Wegstrecken in 24 Gemeinden hin<br />
und her schliessen in sich: 536 Gottesdienste, 61<br />
Passionsandachten, 17 kirchenmusikalische Feierstunden,<br />
91 Beerdigungen, 33 Taufen, 10 Trauungen,<br />
332 Chorproben, 172 Unterrichtsstunden,<br />
dazu die ungezählten Krankenbesuche, Konfirmandenstunden<br />
und andere Dinge. Über diesem<br />
allem soll aber nur dies eine Wort stehen: „Zu<br />
seines Namens Verherrlichung.“<br />
Unterstützt werden die Laiendekane <strong>von</strong> Lektoren,<br />
die auch ein grosses Aufgabengebiet in der<br />
Laienkirche haben. Während der Woche arbeiten<br />
die Lektoren 100% in Betrieben und die Laiendekane<br />
teilzeit.<br />
Mir scheint, dass auf dieser Laienkirche ein besonderer<br />
Segen liegt. Ja, ich vermute, dass dies ein<br />
Modell der Kirche der Zukunft sein wird. Unsere<br />
jetzigen Kirchen mit ihrem ganzen Betrieb waren<br />
schon bei deren Gründung <strong>Aus</strong>laufmodelle.
26.September<br />
Der Sohn Gottes hat uns einen Sinn in unser<br />
Leben gegeben, dass wir ihn erkennen, den<br />
Wahrhaftigen, und in ihm in Wahrheit erfunden<br />
werden. (1. Johannesbrief 5, 20)<br />
Er hiess Christoph Probst und wurde 1943 <strong>von</strong><br />
den Nationalsozialisten ermordet. Er hatte zur<br />
Gruppe der „Weissen Rose“ gehört, die durch<br />
Flugblätter und andere Aktionen die Münchner<br />
Studentenschaft über die Verbrechen der Nationalsozialisten<br />
und die Sinnlosigkeit des Hitlerkrieges<br />
aufklären und zum passiven Widerstand gegen<br />
Hitler und die Führung überhaupt, aufrufen wollte.<br />
Christoph Probst war verheiratet und hatte<br />
zwei Kinder. Dennoch brachte er das Opfer seines<br />
Lebens und <strong>seiner</strong> Ehre für die Freiheit, die<br />
Sauberkeit und das Wohl seines Volkes. In seinem<br />
letzten Brief an die Mutter gibt er Rechenschaft<br />
über das, was er als den Sinn seines Lebens erkannt<br />
hatte:<br />
„Ich danke dir, dass du mir das Leben gegeben<br />
hast. Wenn ich es recht bedenke, war es ein einziger<br />
Weg zu Gott. Ich gehe jetzt einen Sprung<br />
euch voraus, um euch einen herrlichen Empfang<br />
zu bereiten …“<br />
Ein „einziger Weg zu Gott“. Das ist eine tiefe<br />
Antwort. Das ist die Antwort auf die Frage nach<br />
dem Sinn des Lebens. Denn wo Jesus Christus<br />
erkannt wird, wird auch der Sinn des Lebens erkannt.<br />
Plötzlich weiss man um den Sinn <strong>von</strong> Zeit<br />
und Ewigkeit, <strong>von</strong> Not und Tod, <strong>von</strong> Freud und<br />
Leid. Man weiss um das Woher und Wohin, um<br />
den Anfang und das Ende, um das Diesseits und<br />
das Jenseits, um das Wofür und Wozu. Man<br />
weiss, dass aller Sinn in Jesus Christus beschlossen<br />
ist.
27. September<br />
Wenn wir im Licht wandeln, wie er im Licht<br />
ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander,<br />
und das Blut Jesu, seines Sohnes, macht uns<br />
rein <strong>von</strong> aller Sünde. (1. Johannesbrief 1, 7)<br />
Wir sind ständig unterwegs – wir wandeln. Das<br />
muss uns niemand sagen oder schreiben. Das ist<br />
doch selbstverständlich. Was nicht selbstverständlich<br />
ist, sind die Umstände unseres Unterwegsseins.<br />
Es gibt ein Laufen bei Licht und ein Laufen<br />
bei Dunkelheit. Das ist nicht das Gleiche. Dunkelheit<br />
trennt. Man ist völlig auf sich allein gestellt.<br />
Man kommt nur mühsam vorwärts, denn<br />
man muss sich auf alle Seiten sorgsam schützen.<br />
Und vor allem nehmen wir die Mitmenschen<br />
nicht wahr, wir sind allein, sie sind allein, keine<br />
Kommunikation, keine Verständigung findet statt.<br />
Jeder geht seine Wege, vielleicht haarscharf aneinander<br />
vorbei, das ist direkt tragisch.<br />
Auf diesem Hintergrund äussert unser Bibelvers<br />
eine ganze Reihe positiver <strong>Aus</strong>sagen, Hilfen nicht<br />
nur für den Moment, Wegzeichen aber auch nur<br />
nicht fürs Jenseits. Alles findet hier schon statt,<br />
erfüllt das Leben, macht den Lebenslauf ungemein<br />
spannend und reich. Gott und sein Sohn<br />
sind keine Randfiguren, keiner der Mitmenschen<br />
ist überflüssig. Es gibt Ergebnisse auf diesem<br />
Weg, weil der Weg schon voller Überraschungen<br />
ist. Es besteht ein Angebot: Ein Wandel im Licht.<br />
Und nicht selbstgebasteltes Licht, sondern Gottes<br />
Licht, in dem Jesus erscheint und unsern Wandel<br />
erhellt. Und ohne Umschweife ergibt sich ein erstes<br />
tiefes Ergebnis und Erlebnis: Es ensteht <strong>von</strong><br />
uns aus mit unsern Mitmenschen Gemeinschaft<br />
und als Zweites oder als Erstes werden wir gewahr,<br />
dass wir frei werden <strong>von</strong> aller Sünde durch<br />
das Blut, das Jesus am Kreuz für uns vergossen<br />
hat. Und dies ist einmal geschehen. Aber es ist
leibende Kraft darin. Wenn wir unter unsern<br />
Sünden geplagt sind, rufen wir unsern Herrn an<br />
und beziehen uns auf sein Blut, dann macht er<br />
uns völlig rein.<br />
Wie dankbar dürfen wir sein, dass unser Herr uns<br />
wie in einem Geniestreich völlig verändert und<br />
tauglich macht fürs tägliche Leben.
28. September<br />
Ich habe sie in deinem Namen, den du mir<br />
gegeben hast, erhalten und habe sie behütet,<br />
und keiner ist <strong>von</strong> ihnen verloren gegangen,<br />
ausser dem Sohn des Verderbens.<br />
(Johannes 17, 12)<br />
Das war ein merkwürdiger alter Mann, der da<br />
zwischen den Zuhörern im Gerichtssaal sass. Jedesmal,<br />
wenn der Angeklagte etwas gefragt wurde,<br />
stand er mit ihm auf, und wenn er sich setzte,<br />
nahm auch er wieder seinen Platz ein. Das ging so<br />
eine ganze Weile, bis es dem Richter auffiel. Der<br />
fragte: „Warum stehen Sie denn dauernd auf?<br />
Bleiben Sie doch sitzen und stören Sie nicht.“ Da<br />
sagte der alte Mann mit etwas zittriger Stimme:<br />
„Ach, Herr Richter, der Angeklagte ist doch mein<br />
Sohn.“ Der Richter sah ihn lange still an und<br />
verstand: Das ist ein alter Mann, der will nichts<br />
weiter, als seinen Sohn spüren lassen, dass er in<br />
der schweren Stunde nicht allein ist. Mag gewesen<br />
sein, was will, der Vater steht zu seinem Kind.<br />
Wenn es menschenmöglich gewesen wäre, hätte<br />
er sicherlich die Schuld auf sich genommen und<br />
wäre für seinen Sohn ins Gefängnis gegangen.<br />
Das was der alte Mann getan hat, ist nur ein<br />
schwaches Bild für das, was Jesus täglich für uns<br />
tut. Er bürgt für uns. Was immer uns trifft, trifft<br />
ihn. Er lässt keinen, der an ihn glaubt, im Stich.<br />
Er stellt sich vor ihn, er hält seine <strong>Hand</strong> darüber.<br />
In dieser Welt, wo der Teufel heiss um uns<br />
kämpft, sind wir nur scheinbar allein. In Wirklichkeit<br />
ist Jesus wie ein Schatten über unserer rechten<br />
<strong>Hand</strong>. Und sollten die Hände, die eine ganze<br />
Welt halten, zu schwach sein, uns zu beschützen?<br />
Kein Zweifel: „Niemand wird sie aus meiner<br />
<strong>Hand</strong> reissen.“
29. September<br />
Sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.<br />
(Lukas 7, 7)<br />
Gewiss war der römische Besatzungsoffizier aus<br />
dem Standort Kapernaum nicht sehr „religiös“. In<br />
Rom kannte man viele Götter. Und man nahm sie<br />
alle nicht mehr ernst. <strong>Aus</strong>serdem: Solch ein Offizier<br />
kam in viele Länder und sah viele Tempel. Da<br />
wird er skeptisch. Es gab wohl nur einen einzigen<br />
Gott, dem der Offizier opferte: das war der römische<br />
Kaiser, der sich zum Gott erklärt hatte.<br />
Nein, „religiös“ war dieser Hauptmann sicher<br />
nicht. Aber er hatte angefangen nach der Wirklichkeit<br />
zu fragen. Und da war er auf den Gott<br />
Jsraels gestossen. Darum war es wohl keine leere<br />
Geste, dass dieser Hauptmann ein Gebetshaus<br />
bauen liess. „Die ‚Schule’ hat er uns erbaut“,<br />
rühmten die Ältesten der Stadt.<br />
Wie maches Mal mag dieser ernste Mann gefragt<br />
haben: „Gott! Wo bist du? Gib dich zu erkennen!“<br />
In dies Fragen hinein hörte er <strong>von</strong> Jesus. Während<br />
rings um ihn die Menschen über Jesus diskutieren,<br />
geht ihm die Erkenntnis auf: „In Jesus ist<br />
der unbekannte Gott zu uns gekommen.“ Der<br />
Hauptmann glaubt: „Gott ist in Christus.“ Mit<br />
dieser Erkenntnis kommt Licht in sein Herz.<br />
Zuhause liegt immer noch der schwerkranke Soldat.<br />
Wegen ihm ist der Hauptmann ja zu Jesus<br />
gegangen. Zuvor musste er aber noch den enormen<br />
inneren Weg gehen. Nun traut der Offizier<br />
dem Herrn Jesu alle Macht zu. Er nimmt ihn bittend<br />
und gehorchend für sich und seinen Knecht<br />
in Anspruch. Darüber freut sich Jesus; denn er ist<br />
gekommen zu helfen. Jesus staunt über solchen<br />
Glauben, den er nicht einmal in Israel gefunden<br />
habe.
30. September<br />
Jesus sagt: Sorget euch nicht um euer Leben,<br />
was ihr essen oder was ihr trinken sollt, noch<br />
um euren Leib, was ihr anziehen sollt!<br />
(Matthäus 6, 25)<br />
In einem baltischen Städtchen waren Mutter und<br />
Tochter dabei, ihre letzte Mittagsmahlzeit - Kartoffelschalen<br />
mit Salz – zum Essen vorzubereiten,<br />
da es ihnen auf keine Weise gelingen wollte, etwas<br />
Essbares zu finden. Die Tochter machte noch einen<br />
Spaziergang durch Wiesen und Gärten, <strong>von</strong><br />
dem sie Frühlingsblumen und Baumblüten nach<br />
Hause brachte. Verwundert sah die Mutter, wie<br />
die Tochter damit den sorfältig gedeckten Esstisch<br />
schmückte. „Wenn Gott uns für unsere letzte<br />
Mahlzeit auch nichts anderes als Kartoffelschalen<br />
bereithält, so schenkt er uns doch diese schönen<br />
Frühlingsblüten, damit wir es uns wenigstens<br />
hübsch machen können und es uns besser<br />
schmeckt.“ Nun setzen sie sich an den Tisch; da<br />
schellt es an der Haustüre. Ein lettischer Bauer<br />
steht vor der Tür. „Kennt Fräulein mich nicht<br />
mehr? Ich bin doch der Karl, dem Ihr Vater vor<br />
vielen Jahren geholfen hat. Es ist schon lange her,<br />
ich habe gar nicht mehr daran gedacht. Aber gestern<br />
überkommt es mich: Wie mag es der Frau<br />
und dem Fräulein in dieser Zeit gehen, in der man<br />
den Deutschen alles wegnimmt. Das hat mir keine<br />
Ruhe gelassen, und heute morgen sag ich meiner<br />
Frau: Ich fahre hin und sehe nach. Ich habe auch<br />
gleich etwas mitgebracht, weil wir gerade geschlachtet<br />
haben.“ – Der Bauer sah sich das Gericht<br />
an, welches die Frauen als ihr letztes essen<br />
wollten, und versprach wiederzukommen. Er hat<br />
Wort gehalten.<br />
Hudson Taylor hat einmal angesichts eines riesigen<br />
Gebetsanliegens über den Glauben geschrie-
en: „Wir brauchen keinen grossen Glauben an<br />
Gott sondern den Glauben an einen grossen<br />
Gott.“<br />
Das sagt ganz deutlich, nicht wir schaffen es mit<br />
dem Glauben, sondern unser Glaube bringt es<br />
nur soweit, dass Gottes Kraft in Aktion tritt. Es<br />
geschehen allerlei Wirkungen und sogar mancherlei<br />
Wunder.<br />
Sorgen ist das Gegenteil <strong>von</strong> Glauben. Es ist<br />
merkwürdig, dass der Mensch sehr oft über negative<br />
Formulierungen angesprochen sein will und<br />
dass dies sogar in der Bibel nachgeformt wird:<br />
„Sorget nicht“, heisst es und nicht positiv: „glaubet,<br />
dass ihr zum Leben alles haben werdet…“<br />
Begreifen wir es in der ersten Form wirklich besser,<br />
weil es uns bei unserem Sorgennerv packt?<br />
Wie es auch sei, wenn wir nur unserem Herrn<br />
glauben und sein Wort endlich wahrhaft verwirklichen<br />
in unserem Leben. Es geht schliesslich um<br />
die Ehre Gottes und seines Heilands Jesus Christus.
1. Oktober<br />
Im Schweiss deines Angesichts sollst du dein<br />
Brot essen, bis dass du wieder zur Erde werdest,<br />
da<strong>von</strong> du genommen bist. Denn du bist<br />
Erde und sollst zu Erde werden.<br />
(1. Mose 3, 19)<br />
Das ist in kurzem die Lebensbeschreibung jedes<br />
Menschen. Der Schweiss des Angesichts ist nicht<br />
nur äusserlich gemeint, sondern auch innerlich.<br />
Wie oft seufzt der Mensch über die Last seines<br />
Lebens, wie wenn er schon spüren würde, dass es<br />
zu Ende geht! Und da darf keine Schwäche uns<br />
übermannen; sondern wenn es auch heisst: „Du<br />
sollst zu Erde werden“, sollen wir denken: Innerhalb<br />
der Erde, in der wir stecken, liegt unser<br />
Geist, liegt unsere Seele, und die darf zu Gott<br />
streben, und Gott nimmt sich ihrer an fürs ewige<br />
Leben. Einstweilen hat auch die Arbeit auf Erden<br />
ihren Segen und ihre Kraft. Denn in allem, was<br />
wir tun, dürfen wir eine Ahnung haben <strong>von</strong> dem,<br />
was wir später tun dürfen im Dienst Gottes.<br />
Denn wenn wir auf Erden Gott dienen, dann dienen<br />
wir ihm auch im Himmel, aber nicht mehr im<br />
Schweiss und Seufzen, sondern in der vollen<br />
Kraft des Lebens, das Gott uns gibt zum Preis<br />
seines Namens.<br />
Herr Gott, wir danken dir, wiewohl wir vergängliche<br />
Menschen sind und unser Leib dahingeht und<br />
wieder zu Erde wird. Wir danken dir für alles, was<br />
wir arbeiten dürfen in deinem Dienst. Stärke unseren<br />
inneren Menschen, dass wir dir danken<br />
können. Und lass uns täglich tun, was unsere<br />
Pflicht ist. Behüte uns immer nach deiner grossen<br />
Barmherzigkeit!
2. Oktober<br />
Es müsse Friede sein inwendig in deinen<br />
Mauern und Glück in deinen Palästen.<br />
(Psalm 122, 7)<br />
Das wird <strong>von</strong> Zion gesagt, dem Ort, wo Gott seine<br />
Kinder sammelt und ein Beispiel gibt, wie gut<br />
man es bei Gott hat, zum Unterschied, wenn<br />
Menschen keinen Frieden haben untereinander.<br />
So soll es auch bei der Christenheit sein. Überall,<br />
wo Kinder Gottes beisammen sind, soll Friede<br />
sein. Man meint oft, es sei unmöglich Frieden zu<br />
halten auf Erden; und doch, man muss nur ein<br />
wenig sich abwenden <strong>von</strong> dem, was einem ungut<br />
entgegen kommt, und sich an das Gute halten.<br />
Denn die Menschen haben doch alle ein Bedürfnis<br />
nach Frieden; und wenn jemand dem andern<br />
etwas entgegenkommt, dann gibt es Verständigung,<br />
ja Frieden und dem folgt das Glück nach in<br />
unserem Herzen und in unserem Leben; wir sind<br />
dann befriedigt auch in äusseren Dingen.<br />
Der Friede Gottes aber, der höher ist als aller<br />
Verstand, kommt <strong>von</strong> Jesus Christus, <strong>von</strong> dem es<br />
heisst:<br />
„Wer will verdammen? Christus ist hier, der gestorben<br />
ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist.“<br />
Vom Tod Christi geht zunächst ein Grauen über<br />
der argen Sündenmacht aus; aber mit der Auferweckung<br />
macht Gott die Sünde zuschanden. Was<br />
habt ihr jetzt da gemacht? Ihr habt geglaubt, ihn<br />
zu töten – aber er ist gerade wieder da; ihr habt<br />
nichts ausrichten können; da ist er wieder! Erst<br />
recht! Erst recht ist er wieder da!
3. Oktober<br />
Darauf sagte er zu ihnen: Gehet hin und verkündigt<br />
das Evangelium der ganzen Schöpfung.<br />
(Markus 16, 15)<br />
Helmut Gollwitzer erzählt: „Als ich am Heiligen<br />
Abend zu der Gefangenenbaracke ging, in der die<br />
Feier, die wir mit den katholischen Brüdern zusammen<br />
hielten, stattfinden sollte, lehnte ein junger<br />
Schwabe an einer Mauer. Ich hörte ihn im<br />
Vorbeigehen zu dem, der neben ihm stand, in einem<br />
<strong>Aus</strong>bruch des Stöhnens sagen: ‚ Es ist ja alles<br />
so sinnlos, so sinnlos!’ Ach, er hatte ja so recht,<br />
dass alles, alles hier so sinnlos war. Aber durch die<br />
‚rettende Stunde’, in der ewiges Leben sich mit<br />
unserer Armut verband, wird doch alles sinnvoll.<br />
Warum ging ich bloss vorbei und liess ihn dort in<br />
<strong>seiner</strong> Verzweiflung an der Wand lehnen, statt ihn<br />
mit zu nehmen zu unserer Feier, zu der zu gehen<br />
er selbst offenbar nicht den Entschluss fassen<br />
konnte? Wenn ich heute daran denke, weiss ich,<br />
dass hier unsere grösste Schuld liegt: Im Geniessen<br />
des Evangeliums, statt es weiterzugeben.“<br />
In einer provozierenden Rede vor Christen stellte<br />
einstmals ein Führer die Prinzipien des Kommunismus<br />
vor und behauptete gleichzeitig, das Christentum<br />
sei stärker als der Kommunismus. „Aber<br />
ihr habt Angst, eure Hände schmutzig zu machen.“<br />
Hat jener Mann den Mund zu voll genommen?<br />
Die Christen sind nicht hingegangen, wo Weltanschuungen<br />
überhand nahmen. „Lieber das Evangelium<br />
geniessen, statt es weiterzugeben.“ Sollte<br />
denn wirklich eine abstrakte Idee stärker sein als<br />
ein lebendiger Herr?
4. Oktober<br />
Was du, Herr, segnest, das ist gesegnet ewiglich.<br />
(1.Chronik 17, 27)<br />
Was Gott gegeben hat, das darf bleiben. Die äussern<br />
Umstände ändern sich vielleicht; aber das<br />
Innerliche, die Gabe Gottes, bleibt. Gott lässt sich<br />
seine Gaben und Berufungen nicht gereuen. Und<br />
schliesslich siegt der Segen Gottes. Das Unglück<br />
legt sich drum herum; manches wird vielleicht zur<br />
Trübsal; aber der Segen bleibt. Er bleibt dem<br />
Menschen und dem Volke, das einmal gesegnet<br />
ist. Einmal aber soll er über alle Welt kommen<br />
durch den Heiland, der spricht:<br />
Ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem<br />
Stalle; und dieselben muss ich herführen, und sie werden<br />
meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte<br />
werden. (Joh. 10,16)<br />
Der Herr Jesus sieht über die ganze Welt hin: Sie<br />
sind alle in Ställe eingeteilt: Die Schwarzen, die<br />
Weissen, die Gelben, die Gebildeten und die Ungebildeten;<br />
sie machen sich ihre Stallungen, und<br />
werden dort <strong>von</strong> dem Geist beherrscht, der in<br />
diesen Stallungen waltet. Und da muss der Heiland<br />
nun überall hineindringen. Denn er ist der<br />
Herr, der Hirt. So soll schliesslich eine Herde<br />
werden, unter einem Hirten. Und das ist eine<br />
grosse Arbeit. Der Heiland ist der ewigliche Herr,<br />
auf Erden wie im Himmel. Darauf schauen wir<br />
auch heute, wo soviel Uneinigkeit und Streit ist<br />
unter den Völkern. Endlich wird doch e i n Herr<br />
sein, e i n e Herde unter e i n e m Hirten.<br />
Lieber Vater im Himmel, lass den Heiland Sieger<br />
sein überall, und schaffe Vereinigung und Frieden,<br />
wie wir es uns nicht vorstellen können, wie<br />
es aber deine Allmacht vermag.
5. Oktober<br />
Lobet den Herrn, alle seine Heerscharen, seine<br />
Diener, die ihr seinen Willen tut.<br />
(Psalm 103, 21)<br />
Ich möchte es einmal hören, wenn alle die Heerscharen<br />
zusammen singen: „Ehre sei Gott in der<br />
Höhe und Friede auf Erden und den Menschen<br />
ein Wohlgefallen!“ – den bösen, sündigen Menschen!<br />
Sie sollen aber doch noch in den Willen<br />
Gottes kommen; denn Gott hat viele Diener, und<br />
die werden seinen Willen ausrichten. Zu seinen<br />
Dienern wollen auch wir gehören auf Erden.<br />
Auch auf Erden ist eine Heerschar, zerstreut, versteckt,<br />
vielleicht auch verkümmert; aber seine<br />
Diener sind noch da.<br />
Diese Heerscharen brauchen keine äusserliche<br />
Kraft, wenn nur der gute Wille da ist und das reine<br />
Herz, Gott zu dienen. Das können wir auch<br />
vollbringen. Und dann können wir loben. Denn<br />
wir müssen Gottes Diener sein, wenn wir loben<br />
wollen. Wenn wir es nur mit dem Mund tun, so<br />
hört es Gott nicht. Ich glaube, er hat vor allem<br />
Ohren für unsere Herzen und weniger für unseren<br />
Mund. Was aus unserem tiefsten Herzen<br />
kommt an Loben, das dringt in den Himmel und<br />
vereinigt sich mit dem Loben der Heerscharen<br />
dort, so dass es ein Lob gibt, auf Erden wie im<br />
Himmel. Darum heisst es:<br />
Singet und spielet dem Herrn in euren Herzen.<br />
Nicht bloss äusserlich wollen wir singen: „Lobe<br />
den Herren, o meine Seele“; sondern innerlich<br />
soll das Herz froh sein. Das ist unser Glück;<br />
nichts macht auch uns auf Erden glücklicher, als<br />
wenn das Herz fröhlich und glücklich ist.
6. Oktober<br />
Die Weissagung wird ja noch erfüllt werden<br />
zu ihrer Zeit. Wenn sie sich auch hinzieht, so<br />
harre ihrer. (Habakuk 2, 3)<br />
Weissagungen haben zu Zeiten im biblischen<br />
Volke überragende Bedeutung eingenommen. Die<br />
damals gläubigen Menschen haben direkt <strong>von</strong><br />
Weissagungen und der Hoffnung auf deren Erfüllung,<br />
gelebt. Aber auch sie lernten warten, harren<br />
und die Zeit Gott zu überlassen. Eine Weissagung<br />
stellt etwas in <strong>Aus</strong>sicht, weniger materieller Art als<br />
Ankündigung geistlicher Geschehnisse. So ist es<br />
hier passiert, dass auf Habakuk Matthäus folgt:<br />
Was wird das Zeichen sein für dein Kommen und für das<br />
Ende der Welt? Jesus aber antwortete: Sehet zu, dass euch<br />
niemand verführe. (Matth.24,3-4)<br />
Jesus hat an anderer Stelle ausführlich geantwortet,<br />
dass viele in seinem Namen kommen werden<br />
und seine Autorität in Anspruch nehmen –sie<br />
werden sich Christusse nennen und viele verführen.<br />
Darum diese kapitale Warnung vor der Verführung.<br />
Überraschend ist der Angriff Jesu, weil<br />
nicht einmal seine Jünger offenbar gesichert sind<br />
vor dieser Verführung. Das lässt aufhorchen.<br />
Darum heisst es: Wachet und betet, dass ihr nicht<br />
in Versuchung fallet. Die kurze Antwort an unserer<br />
Stelle zeigt deutlich wie die Prioritäten sind:<br />
Nicht wann der Herr kommt oder unter welchem<br />
Zeichen ist das Massgebende, das wir vor allem<br />
anderen wissen müssen, sondern dass er ganz gewiss<br />
kommt und uns niemand fehl leiten kann, zu<br />
ihm zu gelangen, wenn wir es nicht zulassen, dass<br />
man uns verführt.<br />
Breite segnend deine Hände über Mensch und<br />
Erde aus. Die noch wandern ohne Ende, bring sie<br />
alle gut nach Haus.
7. Oktober<br />
Ich rede <strong>von</strong> allen deinen <strong>Werke</strong>n, o Gott,<br />
und sage <strong>von</strong> deinem Tun. (Psalm 77, 13)<br />
Wenn man recht aufpasst, so weiss man immer<br />
etwas <strong>von</strong> den <strong>Werke</strong>n Gottes zu erzählen. Sie<br />
geschehen um uns herum, in unsern Herzen, bei<br />
unsern Nebenmenschen. Wenn man aber nicht<br />
aufpasst, so merkt man nichts, wie beim Heiland<br />
viele nichts merkten vom Tun Gottes. Wir wollen<br />
die Augen und die Ohren aufmachen; und sobald<br />
wir etwas merken <strong>von</strong> einem Gotteswerk, so wollen<br />
wir es bereden in unsern Herzen und dabei<br />
bleiben. Wer auf andere Sachen sieht, auf die Widerwärtigkeiten<br />
dieser Welt, der redet auch in seinem<br />
Herzen, aber murrend und klagend wie die<br />
Kinder Israel in der Wüste; das Murren hat ihnen<br />
Gott damals am meisten übelgenommen. – Wir<br />
aber sagen:<br />
Gelobet sei Gott und der Vater unsres Herrn Jesus<br />
Christus, der uns nach <strong>seiner</strong> grossen Barmherzigkeit<br />
wiedergeboren hat zu einer lebendigen<br />
Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi<br />
<strong>von</strong> den Toten. (1. Petrus 1, 3)<br />
Das ist freilich das grösste Werk Gottes und das<br />
grösste Tun: die Auferstehung Jesu Christi <strong>von</strong><br />
den Toten und die daraus erfolgende lebendige<br />
Hoffnung in unseren Herzen. Sobald dies Leben<br />
Jesu Christi in uns wahrhaftig wird, so ist auch das<br />
grösste Werk Gottes in uns geschehen, und wir<br />
können gewisslich sagen: „Gelobt sei Gott und<br />
der Vater unseres Herrn Jesu Christi, der uns wiedergeboren<br />
hat zu einer lebendigen Hoffnung!“<br />
Alles hat dann ein anderes Gesicht, und wir können<br />
reden <strong>von</strong> den <strong>Werke</strong>n Gottes und <strong>von</strong> seinem<br />
Tun.
8. Oktober<br />
Werfet eure Zuversicht nicht weg, die eine<br />
grosse Belohnung hat! (Hebräerbrief 10, 35)<br />
„Gott versagt nie“, das war der unerschütterliche<br />
Glaube Hudson Taylors. Gleich bei <strong>seiner</strong> ersten<br />
<strong>Aus</strong>reise <strong>von</strong> England nach China kam sein Segelschiff<br />
12 Tage in einen so schweren Sturm, dass<br />
der Kapitän das Schiff verloren gab. Aber gerade<br />
an gefährlichster Stelle schlug der Wind um und<br />
es gelang ihnen, aus der Bucht herauszukommen.<br />
„Hätte der Herr uns nicht geholfen, so wären alle<br />
Anstrengungen vergeblich gewesen“ schrieb Taylor<br />
in einem Briefe. – Als das Schiff nach dreizehnwöchiger<br />
Fahrt an der Küste Neuguineas<br />
kreuzte, wurde es durch eine schnelle Strömung<br />
unsichtbaren Riffen entgegen getrieben. Kein<br />
Lüftchen wollte die Segel schwellen. Der Kapitän<br />
sagte zu Taylor: „Nun haben wir alles getan, was<br />
in unserer Macht stand. Wir können jetzt nur den<br />
<strong>Aus</strong>gang abwarten.“ Da antwortete jener: „Nein,<br />
wir haben noch nicht alles getan!“ und ging in<br />
seine Kabine um zu beten, dass Gott ihnen günstigen<br />
Wind schicken möge. Nach kurzer Zeit kam<br />
er an Deck mit der Gewissheit im Herzen, dass<br />
sein Gebet erhört sei. Und richtig, während er nur<br />
mit Mühe den ersten Offizier überreden konnte,<br />
die Hauptsegel zu setzen, kam schon der Wind,<br />
und das Schiff war gerettet.<br />
So begeisternd diese Beispiele auch zu lesen sind,<br />
so niederschmetternd waren doch die Gefahren,<br />
in der die Schiffsmannschaft mit den Reisenden<br />
sich befanden. Aber die grösste Gefahr kam jeweils<br />
<strong>von</strong> den Menschen, die schon alles verloren<br />
gaben – nur der eine, Hudson Taylor warf seine<br />
Zuversicht nicht weg – einer für alle. Gott belohnte<br />
dies mit seinen Gebetserhörungen aufs<br />
kräftigste. Dies war der Anfang <strong>von</strong> Kampf und<br />
Sieg im Leben Taylors und <strong>seiner</strong> China-Mission.
9. Oktober<br />
Wir alle gingen in der Irre wie Schafe; ein jeglicher<br />
sah auf seinen Weg; aber der Herr warf<br />
unser aller Sünde auf ihn. (Jesaja 53, 6)<br />
Wenn man die Menschen ganz frei anschaut, so<br />
sieht man sie heute noch wie irregehen. Sie laufen<br />
durcheinander herum, treiben dies und jenes,<br />
kommen ins Unglück, aber machen doch fort und<br />
fort, immer auf ihren eigenen Sinn bestehend, bis<br />
sie verzweifeln. Man hat gesehen, wie unglücklich<br />
die Wege der Menschen sind; aber trotzdem gehen<br />
sie sie immer wieder und bringen sich und<br />
andere in Not und Trübsal durch die Sünde. Aber<br />
der Herr hat die Sünde der Menschen auf seinen<br />
Sohn, auf seinen Knecht Jesus Christus gelegt.<br />
Und darum muss diese Irrung, diese Sünde einmal<br />
aufhören; denn sonst wäre der Tod Jesu Christi<br />
geschändet. Darum dürfen wir Hoffnung haben;<br />
Gott bringt uns auch wieder auf den rechten Weg,<br />
weil unsere Sünde auf den Heiland gelegt ist und<br />
er die Versöhnung predigt, damit aller Sünde ein<br />
Ende gemacht werde. Er ist das Lamm Gottes,<br />
<strong>von</strong> dem es heisst:<br />
Das Lamm, das mitten vor dem Throne steht, wird die<br />
Schar der Märtyrer weiden und sie zu den Wasserquellen<br />
des ewigen Lebens leiten und Gott wird alle Tränen abwischen<br />
<strong>von</strong> ihren Augen. (Offbg. 7,17)<br />
Dann werden nicht mehr der eigene Sinn und der<br />
Geiz und alle Selbstsucht siegen, sondern nur<br />
noch das Leben. Was dient dem Leben? wird man<br />
fragen. Heute fragt man, obwohl man dabei<br />
zugrunde geht: Was dient der Pracht und der Eitelkeit?<br />
Dann aber wird man fragen: Was dient<br />
dem Leben? Alles, was die Menschen tun, ihr Leben<br />
noch einzuschätzen um Gottes Willen, das<br />
bringt Segen. Und es wird gewiss einmal offenbar<br />
werden, dass das Leben im Sinne Jesu Christi das<br />
wichtigste ist, nicht der Ruhm im Leben, nicht die
Eitelkeit und die Sünde, sondern das Leben selbst.<br />
Es mag dann offenbar werden, dass manches Leben<br />
in grosser irdischer Bedrängnis gelebt worden<br />
ist, aber Christus, das Lamm nimmt sich jetzt ihrer<br />
besonders an.
10. Oktober<br />
Ich bin gekommen, die Sünder zur Busse zu<br />
rufen und nicht die Gerechten.<br />
(Matthäus 9, 13)<br />
Der Begriff „Sünde“ im Neuen Testament kann<br />
man leicht der Soldatensprache zuordnen. Der<br />
Soldat, der sich im Waffengebrauch übt, muss<br />
immer wieder das Zielen lernen. Wenn er mit <strong>seiner</strong><br />
Schusswaffe das Ziel anvisiert, schiesst und<br />
das Geschoss neben dem Ziel einschlägt, dann<br />
war es eine Zielverfehlung oder „Sünde“. Hier ist<br />
der Ursprung des <strong>Aus</strong>rucks zu suchen. Sünde ist<br />
also Zielverfehlung. Das Ziel meines Lebens, auf<br />
das ich angelegt bin, ist Gott. Wenn ich <strong>von</strong> dieser<br />
Zielrichtung abweiche, lebe ich in der Zielverfehlung.<br />
Ich kann mich auf diesem Weg durchaus<br />
als anständiger Mensch benehmen, edel und hilfreich<br />
sein, gute <strong>Werke</strong> in Hülle und Fülle tun und<br />
bin doch auf dem Weg der Sünde.<br />
Ein Sünder ist also ein Mensch, der sein Ziel verfehlt,<br />
der am Ziel vorbeilebt. Und Jesus ist gekommen,<br />
die Sünder zur Busse zu rufen, die Sünder<br />
auf ihre „Zielverfehlung“ aufmerksam zu machen.<br />
Wer bis dahin ins ‚Blaue’ hineingelebt hat,<br />
wird seine Richtungsbestimmung ändern müssen.<br />
Sünde hat also zunächst nichts mit Anständigkeit<br />
zu tun, mit Moral und aufrechter Gesinnung. Sie<br />
hat etwas mit unserem Ziel zu tun. Dieses Ziel ist<br />
Gott. Wir kommen <strong>von</strong> ihm her und gehen zu<br />
ihm hin. Wer vom Wege abgekommen ist, den<br />
ruft er zur Busse, zur Richtungsänderung.
11. Oktober<br />
Ich bin gekommen, um Menschen – zur Busse<br />
– in die Gemeinschaft mit Gott zu rufen,<br />
die ohne ihn leben; und nicht solche, die sich<br />
sowieso an seine Gebote halten. (Matthäus 9,<br />
13)<br />
Ein starkes Beispiel: Geistgewirkte Busse.<br />
Nach ihrer Bekehrung kam über die Ärztin Minna<br />
Popken wie ein Gewittersturm eine Selbsterkenntnis.<br />
Sie erzählt da<strong>von</strong>: „Wie <strong>von</strong> einem<br />
blendenden Scheinwerfer beleuchtet, stand mein<br />
ganzes früheres Leben vor meinem inneren Auge.<br />
In göttlichem Licht sah ich zum erstenmal mich<br />
selbst in meiner Sündhaftigkeit und Hässlichkeit.<br />
Das war so überraschend und furchtbar, dass es<br />
mich zu Boden warf. Ich war nicht ausgeglitten<br />
oder auf die Knie gefallen, sondern einfach umgeworfen,<br />
wie <strong>von</strong> einer Macht ausser mir, und<br />
ich wusste sofort: ‚Es ist der Herr!’ Und deutlich<br />
hörte ich seine Stimme. Geschah sie in mir oder<br />
ausser mir? Ich weiss es nicht. Und sie sprach:<br />
‚Schuld, Sünde, Unrecht dein ganzes voriges Leben!’<br />
Wie aus allen Winkeln des Zimmers rief es<br />
mir zu: ‚Schuld, Schuld!’ O wie furchtbar, wie erschütternd<br />
war das für ein Menschenkind, das<br />
sich so lange für gut und edel gehalten hatte. –<br />
Wie vielen Menschen hatte ich wohl unrecht getan,<br />
wie vielen geschadet – und alle führten sie<br />
Klage wider mich. Es war mir, als würde ich in die<br />
Hölle geworfen, und ich wehrte mich nicht dagegen,<br />
sondern wusste, dahin gehörst du! O Sündennot,<br />
o tiefstes Herzeleid, nichts ist dir gleich<br />
an menschlicher Qual! Und dennoch: In all dieser<br />
Pein wusste ich mich irgendwie festgehalten, und<br />
ganz tief drinnen war ein kleines, verborgenes<br />
Leuchten meines Geistes, ein schwaches <strong>Hand</strong>ausstrecken<br />
nach oben, indes ich stöhnte und litt<br />
– das war Busse, echte, geistgewirkte Busse. Ich
erlebte sie jetzt zum erstenmal – wie eine schwere<br />
Flutwelle fuhr sie über mich hin. Wie lange es<br />
dauerte, weiss ich nicht. Dann kam eine <strong>Hand</strong><br />
und ‚zog mich aus der grausigen Grube und stellte<br />
meine Füsse auf einen Fels, dass ich gewiss treten<br />
konnte’. Nun verstand und erlebte ich die Busspsalmen<br />
Davids. Erst jetzt aber wurde mir ganz<br />
entschieden Jesus Christus als Heiland der Sünder<br />
offenbart.“
12. Oktober<br />
Gott rüstet mich mit Kraft und macht meine<br />
Wege ohne Tadel. (Psalm 18, 33)<br />
Kraft sollen wir haben als Kinder Gottes, als Verkündiger<br />
des Evangeliums, das nicht bloss ein<br />
Wort aus den Gedanken der Menschen heraus,<br />
sondern aus der Kraft Gottes ist. Das soll die<br />
Macht Gottes sein auf Erden in den Menschen:<br />
Wie das Böse im Menschen Kraft hat, ganz still<br />
wirkt und schafft und um sich greift, so soll Gottes<br />
Kraft noch grösser werden und das Böse besiegen<br />
und auch die Wege ohne Tadel machen<br />
und Licht geben. Und wer im Licht wandelt,<br />
stösst sich nicht. Das Licht der Welt aber ist Jesus<br />
Christus, <strong>von</strong> dem es heisst:<br />
Er hat sich selbst für uns gegeben, auf dass er uns erlöste<br />
<strong>von</strong> aller Ungerechtigkeit und reinigte ihm selbst ein Volk<br />
zum Eigentum, das fleissig wäre zu guten <strong>Werke</strong>n. (Titus<br />
2, 14)<br />
Ein Volk will Gott haben; und dieses Volk soll<br />
immer denken: Ich bin das Eigentum Gottes. Es<br />
soll fleissig sein in allen Dingen, dass gute <strong>Werke</strong><br />
in aller <strong>seiner</strong> Arbeit herauskommen. Gott hat es<br />
so eingerichtet; die Menschen dürfen fleissig sein,<br />
und schliesslich kommen gute <strong>Werke</strong> heraus. Der<br />
Bauer darf gute <strong>Werke</strong> tun, auch der <strong>Hand</strong>werker;<br />
und alle Menschen, die fleissig sind, tun gute<br />
<strong>Werke</strong>. Und wenn alles <strong>von</strong> Ungerechtigkeit befreit<br />
ist und in diese guten <strong>Werke</strong> nicht der Satan<br />
hineinfährt, dann bleibt ein Volk übrig, das Kraft<br />
hat und Stärke, Gott Bahn zu machen, damit die<br />
Erlösung komme über alle Welt und alle Menschen.
13. Oktober<br />
Der Herr wird seinen Engel vor dir her senden.<br />
(1. Mose 24, 7)<br />
Gott hat Engel, und die sendet er aus für diejenigen,<br />
die ihm dienen wollen. Und in allen Dingen<br />
dürfen wir denken: Ein Engel geht vor uns her,<br />
wenn wir treu sind. Es ist eine grosse Barmherzigkeit<br />
und ein grosser Trost, denken zu dürfen:<br />
Es sind viele Engel ausgesandt. Beim Heiland hat<br />
es geheissen: Die Engel kamen zu ihm nieder und<br />
stiegen wieder auf zu Gott und er ist ganz umgeben<br />
<strong>von</strong> solchen Kräften Gottes. Es gibt ganze<br />
Völker Gottes, die im Himmel sind; und sie sind<br />
seine Diener und gehen aus in die Welt. Für jeden<br />
sind die Engel bereit; und die Kinder, auch die<br />
Menschen, die kindlich sind, haben ihre Engel.<br />
Daran müssen wir denken, wenn wir Menschen<br />
begegnen und mit Menschen verkehren: Wer<br />
weiss, was für Engel es sehen und hören und sie<br />
tragen es hinauf zu Gott.<br />
Der Heiland aber sagt bei <strong>seiner</strong> Himmelfahrt zu<br />
seinen Jüngern:<br />
Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, welcher<br />
auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein<br />
bis an das Ende der Erde.<br />
(Apostelgesch. 1,8)<br />
Also nicht nur Engel haben wir, die uns umgeben,<br />
sondern in uns haben wir etwas <strong>von</strong> Gott zu erwarten,<br />
wenn wir ihm dienen wollen – den Heiligen<br />
Geist. So können wir voll Freude und voll<br />
Trost sein über dem, was Gott an uns tut, heute<br />
schon, in allerlei Trübsalszeiten. Wir haben einen<br />
Heiland im Himmel, wir haben Engel Gottes, wir<br />
haben den Heiligen Geist und können fest und<br />
treu stehen; bis ans Ende der Erde dürfen wir<br />
Menschen getrost sein. Überall können Jünger<br />
Jesu Zeugen sein unseres Vaters im Himmel.
„Jesus ist der Siegesheld, der all seine Feind besieget.<br />
Jesus ist’s, dem alle Welt bald zu seinen Füssen<br />
lieget. Jesus ist’s, der kommt mit Pracht und<br />
zum Licht führt aus der Nacht.“
14. Oktober<br />
Siehe, ich komme wie ein Dieb…<br />
(Offenbarung 16, 15)<br />
„Ich glaube, wir Menschen <strong>von</strong> heute sind deshalb<br />
solche Sicherheitsfanatiker, solche blindwütigen<br />
Scheinrealisten, weil wir nicht mehr begreifen,<br />
dass dies das Entscheidende ist: mit Gott ins Reine<br />
zu kommen und das Gebet an den Anfang unserer<br />
Arbeit zu stellen. Weil wir das verlernt haben,<br />
darum leben wir in dem Wahn, alles selbst<br />
machen zu müssen. Wir denken: Zuerst muss ich<br />
meine beruflichen Dinge ordnen, muss ich mein<br />
Geschäft auf eine solide Basis stellen, muss ich<br />
gerade noch dieses Examen bestehen oder jene<br />
Hürde in meiner Laufbahn noch nehmen. Zuerst<br />
muss ich mich in dem äusseren Bezirk meines<br />
Lebens abstrampeln – und dann erst, wenn ich<br />
das alles hinter mir habe, kann ich mir erlauben,<br />
auch an den inneren Komfort des Lebens zu denken;<br />
dann habe ich Zeit, zur Seelenpflege überzugehen<br />
und meinen inneren Menschen ein bisschen<br />
zu kultivieren.“ (Helmut Thielicke)<br />
Der innere Komfort ist wichtiger als der äussere.<br />
Was nützen mir alle Erfolge, was nützt mir alles<br />
Geld, wenn mich morgen der Herzinfarkt dahinstreckt?<br />
„Ich komme wie ein Dieb“ und ich<br />
komme wie ich will, sagt Jesus. Und Diebe kommen<br />
bekanntlich dann, wenn wir am wenigsten<br />
wachen und bereit sind. Sie „überfallen“ uns;<br />
plötzlich und unerwartet. So steht es auch oft in<br />
den Todesanzeigen. Doch auch Paulus hat teils<br />
warnend, teils frohgemut festgestellt: „Der Herr<br />
ist nahe“ Nahe ist er uns täglich, dass wir den<br />
Weg finden; nahe ist er aber auch in <strong>seiner</strong> Wiederkunft<br />
zur völligen Errichtung des Reiches Gottes.<br />
Wie stellen wir uns dazu? Macht es uns Freude,<br />
das Kommen des Herrn zu erwarten?
15. Oktober<br />
Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So<br />
jemand meine Stimme hört und die Tür auftut,<br />
zu dem werde ich eingehen.<br />
(Offenbarung 3, 20)<br />
Im Krankenhaus wird ein todkranker Patient eingeliefert.<br />
Die Träger befördern ihn sofort in den<br />
Operationssaal. Einige Ärzte stehen mit dem<br />
Chefarzt um den Kranken. Nach kurzer Untersuchung<br />
kommen sie überein, es muss sofort operiert<br />
werden. Alles wird vorbereitet. Die Ärzte<br />
waschen ihre Hände, die Schwestern legen das<br />
Besteck zurecht. Nur eines fehlt noch, die Zustimmung<br />
des Patienten. Ohne sie kann nicht<br />
operiert werden. Der Todkranke sieht aber nur<br />
eine Rettung, er muss sich dem Chirurgen anvertrauen.<br />
Und er kommt durch. Was hat die Rettung<br />
ermöglicht? Sein eigener Entschluss, der<br />
dem Arzt den Zugang verschaffte, die Operation<br />
durchzuführen. Niemand kann sich selber die<br />
Krankheit aus den eigenen Gliedern schneiden.<br />
So ist es mit der Sünde. Niemand kann die Sünde<br />
selber aus seinem eigenen Leben herausoperieren.<br />
Aber es genügt der aufrichtige Wink an den ‚Chirurgen’.<br />
Es genügt, Jesus hineinzulassen in unser<br />
Leben und er nimmt die rettende ‚Operation’ vor.<br />
Nicht unser Tun, unsere Innerlichkeit, unser intensives<br />
Beten und unser Glaube retten uns, sondern<br />
die Tatsache, dass Jesus zu uns eingeht mit<br />
<strong>seiner</strong> Gnade und <strong>seiner</strong> Gabe. Uns bleibt nur,<br />
auf das Klopfen und die Stimme zu hören, die<br />
Türe zu öffnen und Jesus wirken zu lassen.
16. Oktober<br />
Denn wo Eifer und Zanksucht ist, da ist Zerrüttung<br />
und alles schlechte Wesen.<br />
(Jakobusbrief 3, 16)<br />
Peter Howard berichtet über die <strong>Aus</strong>wirkung seines<br />
gottgeführten Lebens auf seine Bürotätigkeit:<br />
„Wenn ich beim Frühstück eine <strong>Aus</strong>einandersetzung<br />
hatte, war meine ganze Abteilung gegen Mittag<br />
in Aufregung. Und anderseits, wenn der<br />
Hausherrr morgens zu Hause einen Zornausbruch<br />
hat, sind gegen Mittag 2000 Fabrikarbeiter<br />
erbittert und brennen innerlich vor Wut. Der<br />
Mann, der zu Hause beim Fortgehen die Tür zuschlägt,<br />
wird auch gewöhnlich derjenige sein, der<br />
bei Verhandlungen am Konferenztisch die Tür<br />
zuschlägt. Der Mann, der sich niemals bei <strong>seiner</strong><br />
Frau oder seinen Kindern entschuldigt, wird nie<br />
einen toten Punkt im Wirtschaftsleben überwinden<br />
können. Ich fand, dass die Entschuldigung im<br />
Familienleben der Höhenweg zu einem ehrlichen<br />
Frieden ist. Meine erste Entschuldigung im Büro<br />
hatte eine Explosivwirkung. Meine Beziehungen<br />
im Büro wurden hierdurch ganz neu. Meine Arbeitsleistung<br />
besserte sich, weil mein Urteil nicht<br />
mehr durch meine Gefühle getrübt wurde. Ich<br />
wurde zu einem ruhenden Pol, anstatt zum <strong>Aus</strong>gangspunkt<br />
eines Sturmes.“<br />
Wir erkennen die einfache Wahrheit, dass ein<br />
Mensch, der ein glückliches Heim hat, sein Bestes<br />
im Beruf, im Verein oder in der Politik geben<br />
kann.
17. Oktober<br />
Es ist dir gesagt o Mensch, was gut ist und<br />
was der Herr <strong>von</strong> dir fordert, nämlich Gottes<br />
Wort halten und Liebe üben und demütig<br />
sein vor deinem Gott. (Micha 6, 8)<br />
In einer Mischung <strong>von</strong> Feindschaft und Spott<br />
fragte ein Ungläubiger einen Jesus-Jünger: „Sie<br />
wollen wohl besser sein als andere?!“ Der antwortete:<br />
„Besser nicht! Aber anders!“<br />
Dieses Anderssein wird in unserem kurzen Bibelwort<br />
angesprochen. Es kann in einem Christenleben<br />
nicht darum gehen zu tun und gut zu finden,<br />
was unserer Vorstellung entspricht, auch nicht,<br />
was der anderer Menschen entspricht. Von Grund<br />
auf ist uns gesagt, was gut ist und was der Herr<br />
<strong>von</strong> uns fordert. Er ist es, der die Weisung erteilt<br />
und die Marksteine für unser Verhalten setzt. Es<br />
ist nicht einfach das Bessere, aber das Andere, das<br />
zum Ziel führt. Es ist das Wegweisende auf einem<br />
schmalen Weg, der Verheissung hat. Auf diesem<br />
Weg will auch die Liebe mitkommen. Von diesem<br />
Weg aus wird die Liebe wie frische Blumen gestreut.<br />
Sie erquickt so manches bedrängte Herz<br />
und haucht neuen Atem ein. Sie bildet sich nichts<br />
ein, macht sich nicht gross, wirft sich nicht in Position,<br />
sondern bückt sich in Demut vor Gott, der<br />
die Demütigen an sein Herz zieht. „Leben ohne<br />
Glauben wäre einfacher“ sagte ein Bischof. Vielleicht<br />
hat er recht. Der Glaube ist unsere Sache<br />
und gewiss kein Fliegengewicht. Doch die Frucht<br />
des Glaubens müssten wir ohne Glauben entbehren.<br />
Welches Schwergewicht das aber ist, weiss<br />
nur, wer es wagt, das schwerere Leben mit dem<br />
Glauben zu leben. Unterdessen sind wir noch<br />
einmal nicht besser geworden, aber in einem fort<br />
anders, der Vollendung entgegen.
18. Oktober<br />
Den Feinden entfiel der Mut; denn sie merkten,<br />
dass das Werk <strong>von</strong> Gott war.<br />
(Nehemia 6, 16)<br />
Das war zur Zeit der Rückkehr Israels aus Babylonien<br />
ins Land Kanaan. Da hat es auch viel<br />
Kampf gegeben, wie wir Menschen immer Kampf<br />
haben und viel ausstehen müssen, bis endlich das<br />
Reich Gottes in <strong>seiner</strong> Vollendung kommt. Dann<br />
aber werden die Menschen merken, dass das<br />
Werk <strong>von</strong> Gott ist. Vorher wird auf Erden nicht<br />
Friede, und wir müssen auch im einzelnen allerlei<br />
Trübsal erleben. Denn der Feind ist nicht nur ein<br />
äusserlicher; es ist des Satans Macht, die den<br />
Menschen quält und dem Menschen zusetzt. Aber<br />
wir haben den Heiland Jesus Christus, den Herrn;<br />
der wird der Sieger sein und wird das Werk Gottes<br />
auf Erden voranbringen, dass endlich das<br />
grosse Heil kommt, der Tag Gottes, an dem alle<br />
Welt sagen muss: Jesus Christus ist der Herr, zur<br />
Ehre Gottes des Vaters! So wollen wir aushalten<br />
und in Hoffnung und Glauben leben. Und wenn<br />
es lange währt, hat Gott doch allein das Recht auf<br />
Erden. Dafür arbeitet er durch seinen Geist;<br />
denn: Der Herr ist der Geist; wo aber der Geist<br />
des Herrn ist, da ist Freiheit. – Das ist die rechte<br />
Freiheit: neben aller Krankheit und allem Übel<br />
Gott dienen zu können. Wer innerlich frei ist, der<br />
dient Gott mit Freudigkeit auch in seinem Elend.<br />
Er sendet uns den Heiligen Geist, durch den wir<br />
überwinden können. Das werden die Mitmenschen<br />
wahrnehmen, dass dieses Werk <strong>von</strong> Gott<br />
ist. Dann wird Friede sein auf Erden.
19. Oktober<br />
Wenn aber der Tröster kommen wird, welchen<br />
ich euch senden werde vom Vater, der<br />
Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht,<br />
der wird zeugen <strong>von</strong> mir. (Johannes 15, 26)<br />
Der Geist der Wahrheit bringt einen scharfen<br />
Wind in die Christenheit und in die Welt, und das<br />
können die Menschen nicht leiden. Darum ist<br />
auch im Anfang, da das Evangelium verkündigt<br />
wurde, der Kampf so heftig gewesen. Es hat sich<br />
gezeigt, dass die Welt lieber sich der grössten<br />
Torheit hingibt, als dass sie die Wahrheit annimmt.<br />
Die Welt will tun, was sie will; und die<br />
Menschen wollen tun, was ihnen beliebt. Und<br />
wenn ihnen dagegen geredet wird, so werden sie<br />
böse, und es kommt zur Tötung der Jünger Jesu<br />
wie damals in der Apostelzeit und immer wieder<br />
bis in unsere Gegenwart. Jeder Mensch muss<br />
durch einen Kampf gehen, wenn er der Wahrheit<br />
folgen will. Jeder Mensch hat es zu tun mit irgendeinem<br />
Satan, der in ihm selber wüten und<br />
vernichten will. Und jeder Mensch kommt in die<br />
Gefahr, zu denken, er tue Gott einen Dienst,<br />
wenn er nur brav seinen eigenen Willen tut. Darum<br />
heisst es immer wieder in der Schrift: Verleugne<br />
dich; stehe ein für die Wahrheit, wenn sie<br />
erscheint um zu strafen und alles mögliche für<br />
Unrecht erklärt, was die Welt vorher für gut und<br />
recht gehalten hat!<br />
So kommt das Reich Gottes durch Kampf, durch<br />
Anfechtungen, durch Verfolgung während ganzer<br />
Zeiten. Aber das Reich Gottes dringt vor, auch<br />
wenn die Menschen es sich nicht gefallen lassen<br />
wollen. Und endlich siegt doch Jesus Christus, der<br />
verkündigt ist als die Wahrheit und das Leben und<br />
als der Weg zu Gott. So wollen wir getrost sein;<br />
denn Gottes allmächtiger Wille erfüllt unsere Zeit<br />
wie die Apostelzeit.
20. Oktober<br />
Fürchte dich nicht, glaube nur!<br />
(Markus 5, 36)<br />
Pfarrer Busch erzählt: Da wurde ich mitten in der<br />
Nacht in ein Krankenhaus gerufen. Ich eilte hin.<br />
Der Wärter führte mich in ein Zimmer, wo ein<br />
junger Mann offenbar im Sterben lag. Am Bett<br />
sass eine junge Frau, aufgelöst vor Verzweiflung.<br />
„Beten Sie mit meinem Mann, bitte…!“ Ich setzte<br />
mich an sein Bett und fing an, ihm ein Bibelwort<br />
nach dem andern zu sagen. Er hörte aufmerksam<br />
und begierig zu. Dann betete ich mit ihm. Als ich<br />
nun merkte, dass er sehr erschöpft war, sagte ich<br />
ihm: „Nun glauben Sie nur fest, dass Jesus <strong>von</strong><br />
Sünde und Tod erretten kann.“ Er nickte. Ich verliess<br />
das Krankenzimmer. <strong>Dr</strong>aussen im Gang unterhielt<br />
ich mich mit dem Wärter, der ein gläubiger<br />
junger Mann war. Nach einer halben Stunde<br />
ging ich wieder in das Zimmer. Zu meiner Freude<br />
und zu meinem Erstaunen fand ich den Kranken<br />
aufrecht im Bett sitzen. „Es geht mir besser!“ rief<br />
er. „Die Krise ist überstanden!“ Ich nahm seine<br />
<strong>Hand</strong>: „Nun bleiben Sie nur recht bei dem Heiland,<br />
der Ihnen heute so nahe gekommen ist“,<br />
sagte ich. Da lachte er: „Jetzt habe ich es nicht<br />
mehr nötig. Es geht ja besser.“ Mir grauste vor<br />
dieser Lästerung. Und in demselben Augenblick<br />
wurde er totenblass, sank zurück und war tot.<br />
Es ist nicht auszudenken, was das für die junge<br />
Gattin bedeutet hat. Und der Seelsorger nahm<br />
sich nun der Frau an. Er wird ihr gesagt haben,<br />
dass in der Schrift steht: Irret euch nicht, Gott<br />
lässt sich nicht verspotten. Aber auch alles, was<br />
dem Kranken gesagt worden war, galt jetzt in besonderer<br />
Weise der Zurückgebliebenen.<br />
Auch uns ist nichts anderes gesagt wenn wir im<br />
Glauben stark gefordert sind.
21. Oktober<br />
Ich will sie durchs Feuer gehen lassen und<br />
läutern, wie man Silber läutert, und prüfen,<br />
wie man Gold prüft. Dann werden sie meinen<br />
Namen anrufen, und ich will sie erhören.<br />
(Sacharja 13, 9)<br />
An manchen Bibelstellen verbietet Gott, dass<br />
Menschen in heidnischer Manier durchs Feuer<br />
gehen um sich zu reinigen. So kann unser Bibelwort<br />
nur im übertragenen Sinn verstanden werden.<br />
Aber jedenfalls schätzt Gott die Menschen<br />
als verunreinigt ein. Doch die Menschen sind<br />
nicht wertlos, ganz im Gegenteil, sie sind wertvoll<br />
wie Silber und Gott, aber sie wissen nichts da<strong>von</strong><br />
und leben in den Tag hinein, fern <strong>von</strong> Gott, ganz<br />
<strong>von</strong> sich selber eingenommen. Sie sind autonom<br />
und trotzdem unglücklich. Sie stellen fürs Leben<br />
selber den Massstab dar, nachdem man sich zu<br />
richten habe. Und sie laufen mit ihrem ganzen eigenen<br />
dicken Ich direkt ins Verderben. Das kann<br />
Gott nicht mehr mitansehen. Er weiss ja, was er<br />
wertvolles geschaffes hat. Das gibt er nicht einfach<br />
preis. Er lässt die Silber-Menschen durch<br />
<strong>Dr</strong>angsalshitze und andere Not geläutert werden<br />
und wie man Gold wäscht und prüft, werden die<br />
Menschen einer Kur unterzogen. Das alles führt<br />
sie in die Tiefe der Demut, wo sie <strong>Aus</strong>schau nach<br />
Rettung halten. Und es steigt in ihnen auf, den<br />
Namen des Herrn anzurufen – nicht nur als <strong>Aus</strong>weg<br />
sondern als Hot Line der Errettung und siehe<br />
da, sie rufen nicht vergeblich, Gott erhört sie nach<br />
seinem Versprechen. Und diese Menschen werden<br />
für Gott brauchbar, wenn sie im Silberglanz<br />
und im Goldstrahl leuchten. Diener Gottes und<br />
des Herrn Jesus Christus sind sie geworden.
22. Oktober<br />
Siehe doch, dass dies Volk dein Volk ist!<br />
(2. Mose 33, 13)<br />
Das sagt Mose, nachdem das Volk gesündigt hatte:<br />
„Dein Volk.“ Es ist eine merkwürdige Sache<br />
gewesen, dass Gott gesagt hat: Das Volk Israel ist<br />
mein Volk. Man fragt sich immer wieder: Ist auch<br />
noch solch ein Volk vorhanden, <strong>von</strong> dem der liebe<br />
Gott sagt: Das ist mein Volk? Man könnte sagen:<br />
Die Christen; aber die sind zuwenig einig ein<br />
Volk zu sein. Es bleibt dabei: Wiederum ist Jsrael<br />
das Volk Gottes und die Christen sind wie ein eigenes<br />
Völklein in diese Wurzel eingepflanzt. Es ist<br />
eine kleine Schar, ein Volk Jesu Christi kann man<br />
jetzt sagen, zu dem alle die gehören, denen der<br />
Herr Jesus die Sünde vergeben hat. Jedes Menschenkind,<br />
dem die Sünde vergeben ist, gehört<br />
durch Jesus Christus zum Volk Gottes. Und Gott<br />
sagt: So, jetzt bist du mein Kind, jetzt rechne dich<br />
zum Volk Jesu – zum Volk Gottes. So gibt es wie<br />
im Verborgenen doch ein Volk, zu dem wir gehören,<br />
welchen Namen wir ihm auch geben wollen.<br />
Zu diesem Volk sagt der Heiland:<br />
Fürchte dich nicht, du kleine Herde; denn es ist<br />
eures Vaters Wohlgefallen, euch das Reich zu geben.<br />
Heute hat niemand das Reich, auch kein Volk,<br />
auch wenn es stark ist und andere Völker überwinden<br />
kann. Das Reich gehört diesem Volk doch<br />
nicht. Das Reich, das unser Herr und Gott will<br />
auf Erden, wird einmal der kleinen Herde gegeben<br />
werden. Und diese kleine Herde soll dann<br />
<strong>von</strong> Gott unterrichtet sein und die anderen unterrichten,<br />
und es soll die Anbetung Gottes in Lauterkeit<br />
und Wahrheit durch die Erde gehen. Dann<br />
heisst es: Jetzt ist die ganze Erde, die ganze<br />
Menschheit zum Wohlgefallen Gottes geworden,<br />
es ist jetzt mit Israel alles zum Volk Gottes gehö-
ig, und nun gehören sie alle zu Gott. Er wird sie<br />
auch einmal richten. Er wird die kleine Herde<br />
einmal scheiden <strong>von</strong> der grossen Herde und sie<br />
werden ihm dienen und er weiss, wem er sein<br />
Wohlgefallen schenken wird.
23. Oktober<br />
Er hat unsre Sünden an seinem Leibe selber<br />
an das Holz hinaufgetragen.<br />
(1.Petrusbrief 2, 24)<br />
Wenn in Zentralafrika ein Eingeborener seine<br />
Steuern nicht bezahlt hat, wird er verhaftet und<br />
muss ein paar Wochen im Gefängnis dafür absitzen.<br />
Aber da dort ein ganz starkes Familienbewusstsein<br />
herrscht, ist es gar nicht ungewöhnlich,<br />
dass sein Bruder kommt und die Steuerschuld bezahlt,<br />
wenn er bereits vor dem Richter steht, um<br />
sein Urteil zu empfangen. Der Richter notiert<br />
dann in seinen Papieren hinter dem Namen des<br />
Angeklagten: Bezahlt. Er schreibt nicht den Namen<br />
des Bruders hin; an dem ist er überhaupt<br />
nicht interessiert. Er notiert nur, dass der Angeklagte<br />
bezahlt hat. Das ist gemeint.<br />
Der Sinn des Kreuzes Jesu kann man mit einem<br />
Wort charakterisieren: Stellvertretung. Einer hat<br />
für uns bezahlt. Einer hat für dich und mich seinen<br />
Kopf hingehalten. Er hatte das nicht nötig.<br />
Jesus war schliesslich ganz ohne Sünde. Aber<br />
Gott konnte unseren Zustand nicht mitansehen.<br />
Ihm blutete das Herz. Und so liess er es zu, dass<br />
Jesus mit seinem Leben für uns bezahlte und so<br />
wurde dies unser Zustand: Mit Jesus bin ich gekreuzigt<br />
worden, mit Jesus bin ich gestorben, mit<br />
Jesus bin ich begraben und auferstanden. Nun ist<br />
der Herrschaftsanspruch der Sünde zu Ende. Jesus<br />
hat für mich auf Franken und Rappen bezahlt<br />
– selbst für Schulden, die erst in der Zukunft liegen.<br />
Niemand kann uns mehr zur Rechenschaft<br />
ziehen. Denn: „Ihr müsst euch als tot für die<br />
Sünde betrachten, aber lebend für Gott in Jesus<br />
Christus, unserem Herrn“ (Röm.6,11).
24. Oktober<br />
Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken,<br />
und eure Wege sind nicht meine Wege,<br />
spricht der Herr. (Jesaja 55, 8)<br />
Der Theologieprofessor Tobias Beck in Tübingen<br />
schrieb an einen Freund, der sein vierjähriges<br />
Kind verloren hatte: „Ihren Schmerz kenne ich<br />
aus Erfahrung. Es wurden mir <strong>seiner</strong>zeit auch<br />
zwei Kinder durch den Tod entrissen; später starb<br />
mir auch die Frau, mit der mein Herz verwachsen<br />
war, und hinterliess mir sechs unmündige Kinder,<br />
mit denen ich in der Fremde, in Basel, stand. Da<br />
drangen auch Ihre ‚Warum?’ in mein Herz und<br />
quälten mich um Lösung. Das Licht aber brach<br />
bald durch, indem mir des Herrn Wort in die Seele<br />
drang: ‚Du meinest nicht was göttlich, sondern<br />
was menschlich’ ist, und ‚Meine Gedanken sind<br />
nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht<br />
meine Wege.’ Noch aber quälen mich, wie Sie, die<br />
Erinnerungen an die Leiden und Schmerzen, welche<br />
die Lieben durchzumachen hatten, und die<br />
sehnsüchtige Trauer über die mit ihnen verlorenen<br />
Freuden. Da gab mir der Herr einen neuen<br />
Spruch ins Herz: ‚Ich vergesse, was dahinten ist<br />
und strecke mich aus zu dem, was da vorne liegt.’<br />
An solche ewigen Worte muss man sich anklammern<br />
wie an einen Fels im Wellengewoge der Seele.<br />
Demgemäss riss ich mein Herz <strong>von</strong> der Vergangenheit<br />
zurück und richtete es vorwärts nach<br />
dem, was oben liegt, um dort, statt im Revier der<br />
Erde, mit meinen Lieben vor dem Herrn mich zu<br />
vereinigen und zu beten, dass er uns zusammenfasse<br />
und –halte in ihm selber als unserem Leben.<br />
So sollen die Vorangegangenen Magnete werden,<br />
die unser Herz aufwärts ziehen; und die obere<br />
Welt bevölkert sich für uns mit Lebendigen, während<br />
die untere für uns an Leben verliert. – Wenn<br />
Gott uns nimmt, will er uns Grösseres geben,
zum Ewigen helfen, mit dem das Vergängliche<br />
und Vergangene in keinen Vergleich kommt.“<br />
Diese Trostworte stützen sich auf Erfahrung, die<br />
ja nie bei zwei Menschen dieselben sind – aber es<br />
sind Erfahrungen mit der Bibel, die den höchsten<br />
Stellenwert haben. Jesus ist uns kaum einmal so<br />
nahe, wie wenn wir etwas hergeben müssen.
25. Oktober<br />
Gott ist mein Schutz und meine Zuflucht.<br />
(2. Samuel 22, 3)<br />
Antoine de Saint-Exupéry erzählt <strong>von</strong> einem Erlebnis<br />
nach einer Zwischenlandung in einem arabischen<br />
Land. Als er schon wieder eine Strecke<br />
geflogen war, entdeckte er, dass in Arabien eine<br />
Ratte in sein Fluzeug geraten war. Es überlief ihn<br />
heiss, weil er sofort die Gefahr erkannt hatte:<br />
Wenn die Ratte anfing, mit ihren scharfen Zähnen<br />
ein Kabel anzunagen, konnte eine Katastrophe<br />
eintreten. Er überlegte fieberhaft, was zu tun sei.<br />
Sollte er weiter fliegen oder landen? Dabei eine<br />
Bruchlandung riskieren? Weit und breit kein geeigneter<br />
Landeplatz. Er tat etwas anderes: Er stellte<br />
das Höhenruder ein und liess sich <strong>von</strong> der Maschine<br />
steil in die Höhe tragen, wo die Luft so<br />
dünn wird, dass keine Ratte mehr leben kann. Das<br />
war die Rettung. Nach der Landung fand er das<br />
verendete Tier in <strong>seiner</strong> Maschine.<br />
Es ist ein Bild für unser christliches Leben. Es<br />
gleicht einem Überlandflug. Bei diesem Flug reisen<br />
nur zu leicht ‚Ratten’ mit, die uns bedrohen.<br />
Unsere Müdigkeit, die Trägkeit des Herzens, das<br />
Resignieren, unsere Zweifel und unser Kleinglaube,<br />
das sind ‚Ratten’, die mit uns unterwegs sind.<br />
Sie ängstigen uns, und wir überlegen, wie wir sie<br />
loswerden. Entweder halten wir den Kurs bei und<br />
hoffen, dass alles gut geht, oder wir riskieren eine<br />
Bruchlandung. Wir geben auf. Es hat doch alles<br />
keinen Zweck. – Es gibt vor diesen ‚Ratten’ aber<br />
noch eine andere Rettung, wir stellen das Höhensteuer<br />
ein und lassen uns in die Zone des Glaubens<br />
tragen. Bei Gott ist Schutz und Zuflucht. Da<br />
können die ‚Ratten’ nicht mehr leben. Da geht<br />
ihnen die Luft aus. Warum versuchen wir eigentlich,<br />
die ‚Ratten’ auf andere Weise loszuwerden?
26. Oktober<br />
Singet dem Herrn ein neues Lied; singet dem<br />
Herrn, alle Welt! (Psalm 96, 1)<br />
Es ist ein kühnes Wort, das hier der Psalmist sagt:<br />
Singet dem Herrn, alle Welt, alle, alle Welt! Er<br />
nimmt es voraus und denkt: Die ganze Welt muss<br />
noch frische Lieder singen und ihre alten Lieder<br />
vergessen. Weil wir im Reich Gottes stehen, so<br />
kommen unsere Gedanken immer an die Welt<br />
Gottes, wohin das Reich Gottes sich ziehen muss,<br />
damit schliesslich alle Welt neue Lieder singen<br />
lernt. So erobern wir sozusagen mit Gesang die<br />
Welt. Mit Traurigkeit und Ängstlichkeit, auch mit<br />
Tadeln und Richten, erobern wir gar nichts; da<br />
bleibt immer alles beim alten. Aber der Jubel, der<br />
herauskommt aus der Hoffnung, dass die Welt<br />
das Gute Gottes noch sehen werde, kann die Welt<br />
im voraus schon erobern, kann Freunde und<br />
Feinde berühren, dass wir auch mit Singen im<br />
Frieden stehen unter allen Menschen. Einen andern<br />
Sieg dürfen wir nicht erwarten. – Die grösste<br />
Kraft aber hat dieses Singen, wenn es gerade <strong>von</strong><br />
den Herzen kommt, die in tiefster Finsternis stehen.<br />
Das soll uns das Sterben des Heilandes zeigen.<br />
Niemand kann über das hinwegkommen,<br />
was der Herr Jesus mit seinen Jüngern im Lobgesang<br />
gesungen hat, so frisch und lebensstark,<br />
trotzdem es ihm bange war auf seinen Tod hin.<br />
Und so ist es bis auf den heutigen Tag. Der Traurige<br />
und Kranke glaube nicht, dass er viel erreicht,<br />
wenn er immer in sein Dunkel hineinsieht. Heraus<br />
mit deinem Herzen. Die Hoffnung kann dir nie<br />
genommen werden. Wenn man die Augen dafür<br />
hat, kann man beobachten, wieviel gerade die aus<br />
der Trübsal heraus jauchzenden Menschen der<br />
Welt helfen. Es wird keinem erspart, auch einmal<br />
durch das allertiefste Leiden zu gehen; und dann<br />
merke er darauf: In der tiefsten Not gibt es noch
ein neues Lied und neue Wohltaten Gottes, die<br />
das neue Lied hervorbringen aus unsern Herzen.<br />
Alles äussere Glück der Menschen kann das nicht<br />
erreichen, was uns gegeben wird in der Gemeinschaft<br />
Gottes, die wir haben durch den Herrn Jesus<br />
Christus.
27. Oktober<br />
Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt,<br />
dass er die Welt richte, sondern dass<br />
die Welt durch ihn gerettet werde.<br />
(Johannes 3, 17)<br />
So hat man sich in der Lehre Israels unter anderem<br />
den Messias vorgestellt: Als Richter der Völker.<br />
Nun ist der Messias da, wird aber nicht erkannt,<br />
weil er dem Schema nicht entspricht. Einer,<br />
der Pharisäer Nikodemus zweifelt an der<br />
gängigen Meinung über Jesus und besucht ihn in<br />
der Nacht. Er bekommt Erstauunliches zu hören<br />
und nimmt alles eifrig auf. Er ist offen für die<br />
Wahrheit und scheut sich nicht, als ein ungelehrter<br />
Lehrer Israels da zu stehen und Fragen zu stellen.<br />
Jesus gibt sich ihm als Sohn Gottes zu erkennen,<br />
der <strong>von</strong> Gott nicht als Verderber der einen<br />
geschickt worden ist, sondern zum Retter aller<br />
Völker der Welt. Da das Thema des Gerichts im<br />
Volk Israel nicht zur Ruhe kommt, wird Jesus<br />
später sagen: „Wer mich verwirft und meine Worte<br />
nicht annimmt, hat seinen Richter; das Wort,<br />
das ich geredet habe, das wird ihn richten am<br />
jüngsten Tage.“ Gott, der Vater ist unendlich betrübt<br />
über den üblen und verlorenen Zustand der<br />
Welt, <strong>seiner</strong> Schöpfung, seines Menschengeschlechts.<br />
Damit will er sich nicht abfinden. Die<br />
Menschen wissen nicht, was sie tun. Gott aber<br />
weiss, wohin das führt. Und das will er nicht geschehen<br />
lassen. Rettung aber gibt es nur durch<br />
seinen Sohn. Und diese Aktion ist nun im Vollzug.<br />
So hört es Nikodemus. Wird er sich in diese<br />
Aktion einreihen? Demnach ist Jesus der ganz<br />
Andere. Anerkennt er ihn als Messias-Christus?<br />
Beginnt er ihn zu lieben, an ihn zu glauben?<br />
Und wo stehen wir, 2000 Jahre nach Nikodemus?
28. Oktober<br />
Und er bestellte die einen zu Aposteln, andere<br />
zu Propheten, andere zu Evangelisten, andere<br />
zu Hirten und Lehrern. Sie sollen die Christen<br />
heranbilden zur <strong>Aus</strong>übung des Dienstes.<br />
(Epheserbrief 4, 11-12)<br />
Es gibt ein Bild <strong>von</strong> einem Flughafen. Im Vordergrund<br />
stehen ein Verkehrsflugzeug und eine<br />
Herde Schafe. Zwei Welten prallen aufeinander.<br />
Natur und Technik, Idylle und Fortschritt, Romantik<br />
und Sachlichkeit. Wir sind kein Hirtenvolk<br />
mehr, und die Situation der Herde hat sich gewandelt.<br />
Darum formulierte es ein Kirchenrat so:<br />
„Der Pfarrer sollte heute weniger Hirte als vielmehr<br />
Trainer <strong>seiner</strong> Gemeinde sein.“ Unter diesem<br />
Gesichtspunkt lohnt es sich, einmal die Gemeinde<br />
als eine Mannschaft anzusehen.<br />
Die gemeinsame Aufgabe hält sie zusammen.<br />
Hier spielt nicht jeder einfach drauflos. Jeder hat<br />
seine Funktion, jeder hat seinen Platz einzuhalten.<br />
Die Gemeinde ist eine Mannschaft. Viele Gaben,<br />
viele Talente, viele Positionen, viele Posten, viele<br />
Dienste! Und hier bekommt der Pfarrer eine völlig<br />
andere Aufgabe. Er soll der Trainer der Gemeinde<br />
sein. Er soll die Mannschaft fit machen.<br />
Er muss dafür sorgen, dass die Kondition stimmt.<br />
Er hat die Begabungen und Eigenarten der Mitspieler<br />
im Auge zu behalten. Er muss koordinieren<br />
und die Christen heranbilden zur <strong>Aus</strong>übung<br />
des Dienstes. Jeder <strong>von</strong> uns hat also seinen Posten<br />
und seinen Platz. Sind wir mit unserer Position<br />
einverstanden?
Ist das Bild der verschiedenen Gaben und Diensten<br />
uns entgegenkommend oder brechen wir lieber<br />
aus der Gemeinschaft und der Gemeinde aus?<br />
Gott legt Wert darauf, dass wir nach <strong>seiner</strong> Anordnung<br />
leben und dienen, dass eines zum andern<br />
komme und Gottes liebende Absicht immer vollkommener<br />
verwirklicht werde.
29. Oktober<br />
Ich freue mich und bin fröhlich über deiner<br />
Güte, dass du mein Elend ansiehst und erkennst<br />
meine Seele in der Not. (Psalm 31, 8)<br />
Unsere Aufgabe in der Welt ist, Not zu überstehen,<br />
Elend durchzustehen. Darüber öffnet uns<br />
Gott die Augen. Wir sollen erkennen, dass darin<br />
ein gewisser Beruf liegt, unter allen möglichen<br />
Schwierigkeiten Überwinder zu werden, gleichsam<br />
in lauter <strong>Dr</strong>uck und Bedrängnis emporzuwachsen<br />
zu einem höheren Stand unseres Lebens. Das<br />
muss uns schliesslich eine Freude werden, damit<br />
wir nicht bei allem, was uns schwer wird, nur<br />
seufzen, damit, wenn wir oft auch mit Recht weinen,<br />
wir nicht ins Klagen kommen, sondern es<br />
erkennen, dass es nun für uns Menschen so bestimmt<br />
ist. So stehen wir immer im Kampf. Aber<br />
neben aller Not kommt das andere, das viel grösser<br />
ist, nämlich die Güte Gottes. Die ist wie hineingeboren<br />
ins menschliche Geschlecht. Und darum<br />
kann der Mensch die Hoffnung nie ganz verlieren.<br />
Es senkt sich etwas ganz still und leise in<br />
die Not hinein, und da glänzt es heraus als eine<br />
Kraft Gottes.<br />
„Darum werden wir nicht mutlos, sondern, ob<br />
unser äusserlicher Mensch verdirbt, so wird doch<br />
der innerliche <strong>von</strong> Tag zu Tag erneuert.“<br />
Auch die Apostel haben es gespürt, dass die Kraft<br />
Gottes nicht zum Ziel hat, unseren äusserlichen<br />
Menschen zu erhalten, nein er verdirbt, er geht<br />
seinen Weg der Natur. Aber die Kinder Gottes<br />
richten ihr Werk trotzdem aus, bei allem äusseren<br />
Verderben. Das ist Gottes Tat, den innerlichen<br />
Menschen <strong>von</strong> Tag zu Tag zu erneuern. Das ist<br />
es, was die Christen so enorm mutig macht. Da<strong>von</strong><br />
lebt die Welt ein gutes Stück weit, dass da ein<br />
Gottes Volk ist, das auch im Elend die Güte Gottes<br />
preist und über alles ihm die Ehre gibt.
30. Oktober<br />
Ist somit jemand in Christus, so ist er ein<br />
neues Geschöpf. Das Alte ist vergangen, siehe,<br />
Neues ist geworden. (2. Korintherbrief 5,<br />
17)<br />
Es war mitten in einer dunklen Regennacht, als<br />
Pfarrer Volkening in Jöllenbeck vom Knecht eines<br />
<strong>seiner</strong> ärgsten Feinde, einem sterbenden Bauern,<br />
geholt wurde. Durch Jahre hindurch hatte<br />
dieser Mann nur daran gedacht, wie er seinem<br />
Pfarrer schaden könnte.<br />
Nun lag ihm diese und manche andere Schuld<br />
schwer auf der Seele und bedrückte ihm das Gewissen.<br />
Still hörte Volkening dem Beichtenden zu<br />
und bezeugte ihm dann die Barmherzigkeit Gottes<br />
in Jesus Christus so herzandringend und<br />
freundlich, dass der Bauer unter Tränen zum Annehmen<br />
der Vergebung und zum Frieden mit<br />
Gott kam. Er bat, an seinem Grabe möge es gesagt<br />
werden, wie er es erlebte: Ist jemand in Christus<br />
, so ist er ein neues Geschöpf; das Alte ist vergangen,<br />
siehe, Neues ist geworden. Wie gern hat<br />
Volkening diese Bitte erfüllt! Viele <strong>von</strong> den ehemaligen<br />
Freunden des nun Verstorbenen waren<br />
bei der Beerdigung zugegen und hörten nun, wie<br />
der Pfarrer den Sieg Jesu über ein hartes Mannesherz<br />
rühmte und immer wieder sagte: Ist jemand<br />
in Christus, so ist er ein neues Geschöpf; das Alte<br />
ist vergangen, siehe, Neues ist geworden – und:<br />
Beinahe in der Hölle, und doch noch gerettet.<br />
Das ist ein Beispiel aus alter Zeit, das aber seine<br />
Gültigkeit auch in unserer Zeit hat. Niemand behaupte,<br />
die Herzen seien heutzutage weniger verhärtet.<br />
Wohl haben unsere Pfarrer weniger mit<br />
direkter Feindschaft zu kämpfen, dafür begegnen<br />
sie heute namenloser Gleichgültigkeit, was letztlich<br />
vielleicht schlimmer ist. Wir denken an das
Wort in der Offenbarung: O, wenn du doch heiss<br />
oder kalt wärest. Menschen in diesen zwei Verfassungen<br />
sind eher für das Evangelium zu gewinnen,<br />
als Menschen, die so lau dahin leben und<br />
sterben. Entscheiden wir uns rechtzeitig. Es lohnt<br />
sich, damit nicht bis zur Sterbenszeit zu warten,<br />
wenn wir dann überhaupt noch Zeit und<br />
Verstand haben.
31. Oktober<br />
Und sogleich fiel es <strong>von</strong> seinen Augen wie<br />
Schuppen, und er wurde wieder sehend.<br />
(Apostelgeschichte 9, 18)<br />
Saulus bekehrt sich zu dem dreieinigen Gott.<br />
An Gott hatte er immer schon geglaubt. Aber er<br />
hatte sich geweigert, zu glauben, dass Jesus, der<br />
Gekreuzigte, Gottes Sohn sein konnte. Dass Gott<br />
einen Sohn hatte und dass Gottes Sohn gekreuzigt<br />
werden konnte – es war beides absurd. Und<br />
das Allerunsinnigste war, dass ein rechtskräftig<br />
verurteilter und hingerichteter Betrüger wieder<br />
<strong>von</strong> den Toten auferstehen konnte.<br />
Aber jetzt hatte sich der Auferstandene auch Saulus<br />
gezeigt. Es blendete ihn und warf ihn um,<br />
auch im geistlichen Sinne. Er ass und trank nicht,<br />
wusste nicht aus noch ein. Aber er betete. Wir<br />
ahnen, worum er betete: dass Gottes Wille geschehen<br />
möge, dass er ihn auf seinen Weg führen<br />
würde. Koste es, was es wolle.<br />
Da kommt Hananias – der widerspenstige, kluge,<br />
vorsichtige Hananias, den Gott förmlich dazu<br />
überreden muss, zu dem berüchtigten Christenverfolger<br />
zu gehen. Und jetzt fällt es wie Schuppen<br />
<strong>von</strong> Saulus’ Augen – im wörtlichen und im<br />
geistlichen Sinne. Er kann sehen, was er vorher<br />
nicht sehen konnte: dass dieser Jesus der verheissene<br />
Messias ist, der „dies erleiden und in seine<br />
Herrlichkeit eingehen“ musste. Er erblickt das,<br />
was er später in einem <strong>seiner</strong> Briefe die „Herrlichkeit<br />
Gottes in dem Angesicht Jesu Christi“ nennt.<br />
Und er sieht, wie dies alles mit der Schrift übereinstimmt.<br />
So kommt man zum Glauben an Jesus<br />
Christus: nicht durch Spekulationen, sondern
durch die Begegnung mit ihm selber, dem Auferstandenen,<br />
den die Bibel uns bezeugt.<br />
Und mit dieser Erkenntnis kam auch der Heilige<br />
Geist in Saulus’ Leben hinein. Dazu hatte Gott ja<br />
Hananias zu ihm geschickt: damit er mit dem Heiligen<br />
Geist erfüllt würde. Auch dies war etwas<br />
ganz Neues für Saulus. Er sollte viele Jahre lang<br />
„im Geist leben“, und wie kein Zweiter hat er uns<br />
gezeigt, was dies bedeutet.<br />
So also kommt man zum Glauben an die <strong>Dr</strong>eieinigkeit<br />
Gottes.
1. November<br />
Jesus Christus habt ihr nicht gesehen und<br />
habt ihn doch lieb;<br />
Und nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn<br />
nicht seht;<br />
Ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher<br />
und herrlicher Freude.<br />
(1. Petrusbrief 1, 8)<br />
Man möchte am Schluss ergänzen: wenn ihr ihn<br />
seht! Das wird ein Staunen und Ergötzen sein, ein<br />
Jubel und Preisen ohne Ende. Wir haben zu dieser<br />
gewissen Hoffnung auch Anlass durch eine<br />
andere Bibelstelle, die sagt: Wir wissen nicht, was<br />
oder wie wir sein werden, aber wir werden sein<br />
wie er ist und ihn und uns in neuem Licht erkennen<br />
– mit unaussprechlicher und herrlicher Freude.<br />
Petrus schreibt an Menschen, die weit entfernt<br />
vom Leben Jesu wohnten. An ihnen ging leider<br />
diese kurze Zeit der Heilsgeschichte vorüber, ohne,<br />
dass sie etwas ahnten. Nun wurde sie ihnen<br />
verkündigt und sie haben sie angenommen. Ohne<br />
Jesus nur einmal gesehen zu haben, vertrauen sie<br />
ihm und haben ihn lieb! Das ist einzigartig – sie<br />
haben ihn lieb, bevor sie alle Kriterien des Glaubens<br />
erfüllen, was aber folgt – auch wieder auf<br />
blosse Verkündigung hin. Hier kommt uns ein<br />
entscheidender Hinweis für die Nachfolge Jesu<br />
entgegen: Wieviele Christenmenschen sind felsenfest<br />
überzeugt, in der Beziehung zu Jesus hange<br />
alles nur am rechten Glauben und ander rechten<br />
Lehre. Das trägt nicht durch in der Not und sonstigen<br />
Prüfungen. Die Petrusgemeinden lehren uns<br />
die Liebe zu Jesus – die Liebe vor dem grossen<br />
Glauben. Unsere Liebe ist die Antwort auf Jesu<br />
Liebe zu uns. Es ist ein liebevolles Hin und Her,<br />
in welchem wir uns wunderbar geborgen fühlen<br />
dürfen. Und doch, so prächtig dies in unsern irdi-
schen Verhältnissen erscheint, so ist dies auch<br />
Stückwerk, das in der Zukunft seine Vollendung<br />
finden wird. Wenn wir dann Jesus sehen wie er<br />
ist, wird das Stückwerk abgetan und die Vollkommenheit<br />
nimmt dessen Platz ein. Was sie aber<br />
ist, bleibt noch ein wunderbares Geheimnis.<br />
Hauptsache ist und bleibt, dass wir Jesus lieben.
2. November<br />
Jesus Christus spricht: „Wer zu mir kommt,<br />
den werde ich nicht hinausstossen.“<br />
(Johannes 6, 37)<br />
Jesus, der Herr verkündigt hier eine treffliche<br />
Entscheidung, die der monumentalen, alles umfassenden<br />
Einladung entspricht: „ Kommet her<br />
zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid;<br />
denn ich will euch Ruhe geben.“ Den Anstoss,<br />
dass es überhaupt zur Begegnung <strong>von</strong> uns Menschen<br />
mit Jesus kommt, geht vom himmlischen<br />
Vater aus. Doch den Weg zu ihm müssen wir<br />
schon selber gehen. Den können wir nicht aus<br />
Zeitgründen delegieren. Verschieben können wir<br />
die Begegnung wohl, aber einmal könnte es zu<br />
spät sein. Darum: Heute, wenn ihr seine Stimme<br />
hört, verstocket eure Herzen nicht. Wer kein Verlangen<br />
hat zu Jesus zu kommen, hat noch nicht<br />
erfasst, in welcher Situation er gefangen ist. Dabei<br />
hat Jesus das denkbar Schönste im Sinn mit jedem,<br />
der zu ihm kommt: Er darf bei ihm bleiben,<br />
im geschützten Raum, muss nicht fürchten, dass<br />
er ins Abseits geraten könnte, dass er ins Grauen,<br />
das draussen – fern <strong>von</strong> Jesus – herrscht, gestossen<br />
würde. Es ist <strong>von</strong> fern her nicht zu ermessen,<br />
was die Gegenwart Jesu für ein glückseliges Leben<br />
ans Licht bringt. Da wird einem die Liebe des<br />
Heilandes offenbar, die jedem Menschen gilt, zu<br />
welcher ‚Sorte’ im menschlichen Geschlecht er<br />
gehören mag. So ist einiges angesprochen, das zur<br />
Ruhe gehört, die Jesus verheissen hat. Aber damit<br />
ist unser Bibelwort noch lange nicht ausgeschöpft.<br />
Es könnte ihre Aufgabe sein, noch tiefer zu graben.
3. November<br />
Bittet, so wird euch gegeben. (Matthäus 7, 7)<br />
Der bekannte indische Evangelist Sadhu Sundar<br />
Sing erzählt, wie er auf einer Wanderung um die<br />
Mittagszeit an einem einsamen See vorüber kam.<br />
Die Sonne lag in strahlender Glut über dem Wasser.<br />
Es war ein wundervolles Naturschauspiel. Am<br />
Ufer des Sees stand ein Fischreiher. Regungslos<br />
schaut er auf die glitzernde Wasserfläche. Man hat<br />
den Eindruck, auch das Tier ist überwältigt <strong>von</strong><br />
der sommerlichen Pracht. Aber siehe da, plötzlich<br />
macht der Fischreiher schnapp und hält einen silbernen<br />
Fisch in seinem Schnabel. Er war gar nicht<br />
trunken <strong>von</strong> der Schönheit der Natur, er war nur<br />
darauf bedacht, Beute zu machen. Genauso,<br />
meint dieser indische Christ, kämen ihm die meisten<br />
Frommen vor. Man sieht sie ins Gebet<br />
versunken und wähnt, sie seien ganz erfüllt <strong>von</strong><br />
dem Gefühl der Gegenwart Gottes. In Wahrheit<br />
bewegt sie nur irgend ein kleiner, gieriger<br />
Wunsch, für dessen Befriedigung Gott da sein<br />
soll.<br />
Zwischen Bitten und Wünschen besteht ein Unterschied.<br />
Wir haben nicht die Verheissung, dass<br />
Gott alle unsere Wünsche erfüllt. Aber was wir<br />
Gott aufrichtig bitten, das will er hören und erhören.<br />
Er gibt es oft zu anderer Zeit und in anderer<br />
Form, als wir denken und bitten. Eines ist allerdings,<br />
nach Jesu eigenen Worten, sicher: er wird<br />
uns keine Schlange geben, wenn wir um einen<br />
Fisch bitten. Er weiss auch, was wir nötig haben,<br />
bevor wir darum bitten. Aber Gott legt Wert darauf,<br />
dass wir unsere echten Bedürfnisse mit Ernst<br />
vor ihn bringen. Nur wenn wir allem Egoismus<br />
abgesagt haben, kann Gott in <strong>seiner</strong> grossen Liebe<br />
und Güte an uns handeln. Demnach ist auch uns<br />
verheissen, was schon viele erlebt haben:<br />
Bittet, so wird euch gegeben!
4. November<br />
Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret<br />
ihnen nicht. (Markus 10, 14)<br />
Das war eine recht scharfe Zurechtweisung, dieses<br />
Wort Jesu an seine Jünger. Die Jünger meinten,<br />
dass die Kinder warten können. Wenn sie alt<br />
genug wären, um das mit Jesus zu begreifen, wäre<br />
es immer noch Zeit für eine Begegnung. Aber die<br />
Eltern, die da zu Jesus kamen, wollten das Richtige<br />
für ihre Kinder.<br />
Eltern sein ist eine der grössten Gaben und Aufgaben,<br />
die Menschen bekommen können. Gemeinsam<br />
ein Kind bekommen bedeutet ja, dass<br />
man an Gottes Schöpferwerk teilhat.<br />
Es haben sicher nicht alle die Berufung, Eltern zu<br />
werden.Nicht alle können heiraten, und nicht alle<br />
können Kinder bekommen. Aber wo man diese<br />
Möglichkeit hat, darf man Kindern ihr Lebensrecht<br />
nicht verweigern.<br />
„Lasst die Kinder zu mir kommen.“ Jesus hält es<br />
nicht mit jenen, die sagen: Lasset die Kinder erst<br />
aufwachsen, bis sie sich selber irgendwann entscheiden<br />
können. Nein, sagt Jesus, gerade solche<br />
Menschen brauchen als Kinder Gottes Reich; für<br />
sie ist es da – das Reich Gottes als Schutz, als Rückendeckung<br />
und als sicheren Bergungsort. Wer<br />
schafft das schon, in dieser bösen Welt aufzuwachsen,<br />
ohne seine Zuflucht bei Gott zu suchen?<br />
Lieber Vater im Himmel, du liessest deinen Sohn in einer<br />
grossen Familie unter sovielen Geschwistern aufwachsen.<br />
Herr ich will dir danken, dass meiner Frau und mir auch<br />
eine schöne Anzahl Kinder geschenkt wurden und wir sie<br />
schon früh sie dir zuführen durften. Herr, hilf uns allen,<br />
klar zu sehen und das zu tun, was recht vor dir ist.<br />
Amen.
5. November<br />
Nun hat mir der Herr meine Bitte gegeben,<br />
die ich <strong>von</strong> ihm erbeten habe. (1. Sam. 1, 27)<br />
Das ist <strong>von</strong> der Hanna gesagt, die um einen Sohn<br />
gebeten hatte. Das ist eine Gebetserhörung, die<br />
Mut macht, ebenso fest zu bitten, ebenso fest zu<br />
glauben, ebenso fest zu danken nach der Erhörung.<br />
Es ist sicher so, dass auch wir unsere Bitten<br />
auf den Herzen haben. Und wenn wir Geduld haben<br />
und zusehen, so wird unsere Bitte auch erhört.<br />
Unsere erste Bitte gilt dem Heiland, dass<br />
sein Reich zunehme und mächtig werde und sich<br />
ausbreite in der ganzen Welt. Das ist unsere Bitte:<br />
Dein Name werde geheiligt, dein Wille geschehe,<br />
dein Reich komme! Das hat uns der Heiland in<br />
den Mund gelegt und dabei wollen wir bleiben.<br />
Und diese Bitte wird endlich erhört werden. –<br />
Und dann heisst es:<br />
„Die Frucht des Geistes ist allerlei Güt5igkeit und<br />
Gerechtigkeit und Wahrheit.“<br />
Wenn das Reich Gottes kommt und wo es schon<br />
ist, da wächst die Gerechtigkeit heraus und der<br />
Friede und die Freude, wiewohl es soviel Trauriges<br />
gibt in der Welt. Und unsere Bitte ums Reich<br />
Gottes wird erhört; denn der Heilige Geist vertritt<br />
uns mit unaussprechlichem Seufzen. So sind auch<br />
wir getrost in unserer Arbeit; denn wir wissen, es<br />
ist etwas vom Geist Gottes drin; denn Gottes<br />
Geist leitet uns und sagt, was wir tun sollen. So<br />
sind wir getrost; denn das Reich Gottes ist nicht<br />
bloss in der Zukunft, es ist heute schon da. Gott<br />
regiert und leitet uns, bis sein Reich sich vollenden<br />
wird.
6. November<br />
Die Inseln harren auf mich und warten auf<br />
meinen Arm. (Jesaja 51, 5)<br />
In den Anschauungen des Alten Testamentes waren<br />
die Inseln etwas sehr Fernliegendes. Es sind<br />
nicht nur die griechischen Inseln gemeint; sondern<br />
manchmal sind die Schiffer auch durch die<br />
Meerenge hindurchgefahren und haben die Inseln<br />
des Ozeans gesehen; und das kam ihnen als das<br />
Entfernteste, über der Welt draussen Liegende<br />
vor. Also, die Verheissung beginnt sich zu erfüllen:<br />
Auch die weitest abgelegenen Länderteile und<br />
Völker warten auf mich – nicht vergeblich. In allen<br />
ist ja etwas Unbefriedigtes und sie warten auf<br />
eine Hilfe. Des Menschen Leben kann nicht befriedigt<br />
werden ohne Gott, auch die fernen Völker<br />
warten auf Gott. Und das tun wir im besonderen<br />
Sinn, im Andenken an Jesus, der uns sagt: Ich<br />
komme, wachet und betet, und ich komme als der<br />
Heiland! Denn<br />
„Jesus Christus ist die Versöhnung für unsere<br />
Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern<br />
auch für die der ganzen Welt.“<br />
Wär er nicht der, der unsere Sünden getragen hat,<br />
sie uns weggenommen und uns die Versöhnung<br />
mit Gott gebracht hat, dann müssten wir Angst<br />
haben, wenn er kommt. Aber niemand muss ohne<br />
Grund Angst haben. Wenn er kommt, ist er die<br />
Versöhnung für die Sünden der Nahen und auch<br />
für die Fernen, die ihn noch nicht kennen. So<br />
kommt er als die Versöhnung für die ganze Welt.<br />
Und vielleicht, weil es die ganze Welt angeht, verzögert<br />
sich sein Kommen. Alles muss zubereitet<br />
sein in der ganzen Welt, wenn Jesus, der Heiland<br />
kommt.
7. November<br />
Gott ist treu. (1. Korintherbrief 10, 13)<br />
Dass Gott treu ist, bedeutet, dass er zu seinem<br />
Wort und seinen Verheissungen steht. Er bleibt<br />
stets derselbe. Man kann sich voll auf ihn verlassen.<br />
Woraus zwei Dinge folgen. Erstens: Man darf<br />
Gott nicht versuchen. Gott versuchen – das bedeutet,<br />
dass ich herauszufinden versuche, ob er<br />
nicht doch anders ist. Ob er es wirklich so genau<br />
nimmt. Ob es sich wirklich so verhält, wie er in<br />
seinem Wort sagt.<br />
Paulus warnt vor solchen Experimenten. Seht<br />
euch Israel an! Alle Israeliten waren bei einer bestimmten<br />
Gelegenheit getauft worden. Trotzdem<br />
beteten sie fremde Götter an und es gelüstete sie<br />
nach dem Bösen. Sie murrten alleweil gegen Gott<br />
und waren im Unfrieden mit Gott.<br />
Das hat auch uns etwas zu sagen, sagt Paulus.<br />
Man kann sich auch in der Kirche in einer falschen<br />
Sicherheit wiegen: Ich bin ja getauft, ich<br />
gehe zu Abendmahl, ich gehöre zu den Gläubigen.<br />
Und so fängt man an Gott zu versuchen.<br />
Man nimmt es nicht so genau mit den Geboten,<br />
findet dieses und jenes in der Bibel nicht mehr<br />
zeitgemäss. Man findet <strong>Aus</strong>reden für sexuelle Unzucht.<br />
Man vermeint, sicher zu stehen, aber wer<br />
meint, dass er stehe, muss zusehen, dass er nicht<br />
fällt. Gott lässt sich nicht zum Narren halten, er<br />
ist treu und ändert sich nicht.<br />
Doch Gott ist auch treu und unveränderlich in<br />
seinem Willen, uns zu erlösen. Wenn wir uns nur<br />
an ihn halten und <strong>von</strong> ihm führen lassen, kann<br />
uns nichts geschehen. Er wird es nicht zulassen,<br />
dass wir über unsere Kraft versucht werden, sondern<br />
er sorgt immer für einen <strong>Aus</strong>weg. Dieser<br />
Weg ist oft schmal und unbequem – aber es ist<br />
ein Weg, den wir zusammen mit Jesus gehen.
8. November<br />
Als nun der Bräutigam lange ausblieb, wurden<br />
sie alle schläfrig und schliefen ein.<br />
(Matthäus 25, 5)<br />
Sie waren alle ausgezogen, um dem Bräutigam<br />
entgegenzugehen. Jesus spricht hier also <strong>von</strong><br />
Menschen, die warten. Sie haben die Einladung<br />
zur Hochzeit angenommen. Sie wollen dabei sein<br />
und haben sich bereit gemacht.<br />
Aber dann lässt der Bräutigam auf sich warten. Es<br />
kann sein sein, dass Jesus nicht so bald wiederkommt.<br />
Die Jahre gehen dahin, das Christenleben<br />
läuft in seinen eingefahrenen Geleisen, es geschieht<br />
nichts Besonderes.<br />
Sie schliefen alle ein, heisst es. Auch damit müssen<br />
wir also rechnen. Man kann nicht pausenlos hellwach<br />
sein.<br />
Dann kommt er plötzlich doch, der Bräutigam.<br />
Und jetzt zeigt sich der grosse Unterschied: Die<br />
eine Hälfte der Wartenden hat noch Öl in ihren<br />
Lampen. Die anderen haben keines, und es ist<br />
umsonst, dass sie ihre Freunde anbetteln, ihnen<br />
auszuhelfen. Was will das Gleichnis damit sagen?<br />
Es gibt etwas, <strong>von</strong> dem wir nicht einfach etwas<br />
abgeben können, noch nicht einmal unserem besten<br />
Freund oder unserem geliebten Kind, aber das<br />
absolut notwendig ist für unser Heil.<br />
Was ist dieses Öl, das wir so dringend brauchen?<br />
Es ist der Glaube – der Glaube, der uns mit Christus<br />
vereint, sodass er in uns leben kann.<br />
Was kann man tun, um dieses Öl zu bekommen?<br />
Gottes Wort lesen und hören und beten, über<br />
sein Herz wachen, damit man nicht den Heiligen<br />
Geist auslöscht.
Es liegt in diesem Gleichnis also sowohl eine<br />
Warnung als auch ein Trost. Sieh zu, dass Christus<br />
deinen Glauben lebendig halten kann. Dann<br />
bist du bereit, auch wenn er mitten in der Nacht<br />
kommt oder zu einer Zeit und an einem Ort, wo<br />
keiner <strong>von</strong> uns mit ihm rechnet.
9. November<br />
Ihr aber seid nicht in der Finsternis, dass der<br />
Tag wie ein Dieb über euch komme.<br />
(1. Thessalonicherbrief 5, 4)<br />
Wie macht man das – allezeit bereit sein, dass Jesus<br />
wiederkommt, auch wenn man mit ganz anderen<br />
Dingen beschäftigt ist und weder beten noch<br />
wachen kann?<br />
Paulus gibt uns die gleiche Antwort, die wir gestern<br />
<strong>von</strong> Jesus bekamen. Er tut es mit dem Bild<br />
<strong>von</strong> Tag und Nacht, Schlaf und Wachsein.<br />
Die Ungläubigen leben in der Finsternis. Sie<br />
schlafen und sind betrunken – natürlich im geistlichen<br />
Sinne. Sie sehen nicht, wohin sie gehen,<br />
und merken nicht, was auf sie zukommt. Sie sagen:<br />
Das mit dem Jüngsten Tag und Gericht ist<br />
doch nur eine Einbilduung, welche die Pfarrer erfunden<br />
haben, um uns Angst einzujagen.<br />
Und während sie noch so reden, kommt der<br />
Jüngste Tag, und sie bricht zusammen, die Welt<br />
dieser Menschen und entpuppt sich als Luftballon<br />
der Illusionen.<br />
Aber so ist es mit euch nicht, sagt Paulus. Ihr gehört<br />
nicht zur Nacht und zur Finsternis; ihr seid<br />
alle Kinder des Lichts und des Tages.<br />
Alle? Wer ist das – alle? „Ihr alle, die ihr an den<br />
Herrn Christus glaubt“, würde Paulus antworten.<br />
Da ist man <strong>von</strong> der Vergebung umschlossen, sie<br />
durchströmt das ganze Leben. So leben Gottes<br />
Kinder im Licht.<br />
Und wenn es doch einmal dunkel werden will in<br />
unserem Leben, trösten wir uns mit dem Wort:<br />
Wer Christus nachfolgt wird nicht wandeln müssen<br />
in der Finsternis, sondern wird das Licht des<br />
Lebens empfangen.
10. November<br />
Der Herr verzögert nicht die Verheissung,<br />
wie gewisse Leute es für eine Verzögerung<br />
halten.<br />
(2. Petrusbrief 3, 9)<br />
Christus wird wiederkommen. Wir haben sein eigenes<br />
Wort dafür. Aber warum dauert es so lange?<br />
Diese Frage hat Christenmenschen zu allen Zeiten<br />
umgetrieben, besonders in Verfolgungs- und<br />
Erweckungszeiten mit ihrer grösseren Nähe zum<br />
Herrn. Je mehr man Gottes Nähe und die Kräfte<br />
der zukünftigen Welt erlebt, umso natürlicher erscheint<br />
es einem, dass das Reich Gottes jetzt aber<br />
durchbrechen und in <strong>seiner</strong> ganzen Herrlichkeit<br />
kommen muss. Was hält es nur zurück?<br />
Gottes Geduld, antwortet Petrus. Gott will nicht,<br />
dass Menschen verloren gehen. Es gibt immer<br />
noch Menschen – Gott weiss wie viele - , die zur<br />
Busse kommen können. Solange er noch Menschen<br />
erretten kann, solange zögert Jesu mit seinem<br />
Kommen. Und überhaupt müssen wir die<br />
Zeit <strong>seiner</strong> Ankunft nach seinem Zeitmass berechnen<br />
und nicht nach unserem. Tausend Jahre<br />
sind bei ihm wie ein Tag. Vielleicht wird er noch<br />
einmal einen oder zwei Tage zögern; das weiss<br />
niemand, ausser dem Vater allein.<br />
Aber – Christus kommt! Unserer Welt ist eine<br />
Grenze gesetzt. Diese Schöpfung ist nicht ewig.<br />
Sie ist auf Gottes Befehl entstanden und wird an<br />
dem <strong>von</strong> ihm bestimmten Tag zergehzen mit lautem<br />
Krachen.<br />
Für den Unglauben bedeutet dergleichen eine<br />
furchtbare Katastrophe und sonst nichts. In Wirklichkeit<br />
liegt in ihm etwas, was dem ganzen Leben<br />
Sinn gibt. Dieser Tag wird ja „der grosse Tag“<br />
sein, „der Tag des Herrn“. Was für den Unglauben<br />
der Weltuntergang ist, bedeutet ja für uns,
dass wir – endlich – einen „neuen Himmel und<br />
eine neue Erde“ bekommen, „in denen Gerechtigkeit<br />
wohnt. Dann wird die Schöpfung wieder<br />
gut werden und die Welt ein Paradies, so wie Gott<br />
es am Anfang gemeint hatte. Eia, wär’n wir da!
11. November<br />
Jesus sprach: Himmel und Erde werden vergehen,<br />
aber meine Worte werden nicht vergehen.<br />
(Matthäus 24, 35)<br />
Jesus spricht hier nicht abschliessend über Himmel<br />
und Erde und was allenfalls mit ihnen noch<br />
geschehen wird. Andere Bibelstellen, wie z.B. Offenbarung<br />
21 am Anfang, geben schon deutlichere<br />
<strong>Aus</strong>kunft. Aber das müssen wir jetzt nicht wissen.<br />
Jesus stellt ganz einfach fest: Einmal wird<br />
Himmel und Erde vergehen, aber seine Worte<br />
werden alles überstehen. Alles was innerhalb der<br />
Schöpfung passiert, fällt der Vergänglichkeit anheim.<br />
Nur was durch des Schöpfers Wort in<br />
Himmel und Erde gelangt, hat Ewigkeitswert – es<br />
bleibt – es vergeht nicht! Dieses Wort ist dem<br />
Wort Jesu gleich, das er auf Erden gesprochen<br />
hatte. Wir kennen dieses Wort nur bruchstückhaft.<br />
Denn Jesus hat eine Menge mehr gesprochen,<br />
als in die Bibel aufgenommen worden ist.<br />
Man fürchtete, die Welt vermöchte die Menge der<br />
Bücher nicht zu fassen. Und dennoch vergeht<br />
kein einziges Wort – geht nicht verloren, weil es<br />
die himmlischen Botschafter für ewig notiert und<br />
registriert haben. Wenn wir nun vorausschauen,<br />
wo der Prophet Johannes berichtet <strong>von</strong> einem<br />
neuen Himmel und einer neuen Erde, so werden<br />
sie nach dem ewigen Wort Jesu gestaltet sein. Alles<br />
wird den Stempel dieses Wortes tragen. Der<br />
Umgang der Bewohner <strong>von</strong> Himmel und Erde<br />
wird ganz geprägt sein vom Wort Jesu. Da dabei<br />
zu sein, wird eine riesige Freude sein.
12. November<br />
Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde.<br />
(1. Mose 1. 27)<br />
Herr Hansen wollte am Sonntagnachmittag ein<br />
wenig Ruhe haben. Deshalb griff er nach <strong>seiner</strong><br />
Zeitung, in der er eine Weltkarte gefunden hatte,<br />
zerschnitt diese in viele Stücke, gab sie seinen<br />
Kindern und sagte: „Versucht mal, ob ihr sie wieder<br />
zusammensetzen könnt.“ Er glaubte, eine<br />
halbe Stunde auf sicher Ruhe zu haben. Aber<br />
schon nach fünf Minuten umgab ihn die Bande<br />
mit Triumphgeschrei. „Seid ihr schon fertig?“<br />
fragte Hansen ein wenig ärgerlich, aber zugleich<br />
auch ein wenig stolz auf seine fixen Kinder. „Ja“<br />
sagte der Älteste „das war keine Kunst. Auf der<br />
Rückseite war ein Bild eines Menschen und sieh,<br />
Vater, sobald der Mensch so war, wie er sein sollte,<br />
war die Welt es auch.<br />
Das grösste Problem in dieser Welt ist nicht die<br />
Atombombe, ist nicht der Nord-Süd Konflikt, ist<br />
nicht irgend etwas, sondern ist einzig und allein<br />
der Mensch. Welche Würde und Hoheit hat Gott<br />
dem Menschen gegeben. Die Anrede „Unser Vater“<br />
ist wie alle Worte Jesu im nächsten Wortsinn<br />
zu verstehen. Von meinem Vater stamme ich ab;<br />
in meinen Eltern liegt mein Ursprung. Der Gottesname<br />
des Neuen Testamentes erinnert uns daran,<br />
dass wir göttlicher Herkunft sind, dass wir<br />
göttlichen Geschlechts sind. Wenn wir diese Bestimmung<br />
verfehlen, geht es in der Welt und in<br />
unserer Familie, in der Poltik und in meinem Leben<br />
schief. Das Durcheinander der Welt ist ein<br />
Durcheinander des Menschen. Erst wenn der<br />
Mensch heil ist, ist es die Welt auch. Erst wenn<br />
der Mensch zu <strong>seiner</strong> Bestimmung zurückfindet,<br />
findet die Welt zu sich selbst.<br />
Aber um heil zu werden, braucht es einen Heiland.
13. November<br />
Zu Gott allein ist stille meine Seele; <strong>von</strong> ihm<br />
kommt mir Hilfe. (Psalm 62, 2)<br />
Modersohn erzählt: „Ich habe selten auf dem Gesicht<br />
und Wesen eines Menschen einen solchen<br />
Glanz liegen sehen, wie bei der heimgegangenen<br />
Gräfin Waldersee. Es lag ein wunderbarer Friede<br />
über ihrem ganzen Wesen… Es war mir nicht<br />
weiter aufgefallen, dass die Gräfin am Morgen<br />
nicht am Frühstückstisch erschien. Ich dachte<br />
mir, es ist eine alte Dame, gewiss wird sie etwas<br />
länger ruhen und etwas längere Zeit gebrauchen<br />
zum Ankleiden. <strong>Aus</strong> der Beschreibung ihres Lebens<br />
erfuhr ich dann den Grund ihres besonderen<br />
Liebreizes und ihrer wunderbaren, schier überirdischen<br />
Anmut: An jedem Morgen weihte sie eine<br />
Stunde der Begegnung mit dem Herrn. Durch<br />
niemand und durch nichts liess sie sich darin stören.<br />
Selbst wenn etwa der Kaiser früh kam, um sie<br />
zu besuchen, musste er warten, bis ihre Audienz<br />
bei dem König aller Könige beendet war.<br />
Solche Stille ist gesegnet. Sie gibt Gott die Ehre,<br />
die ihm gebührt – Lob und Preis für das Opfer<br />
Jesu Christi und Dank für den Beistand des Heiligen<br />
Geistes. Und uns bringt sie Ordnung in die<br />
Absichten für den aktuellen Tag und darüber hinaus<br />
– ordnet sie die Gedanken und setzt die Prioritäten.<br />
Wer eine Anleitung braucht, findet gleich mehrere<br />
in einer christlichen Buchhandlung.
14. November<br />
Einer ist für alle gestorben.<br />
(2. Korintherbrief 5, 14)<br />
Im Theaterstück „Tote ohne Begräbnis“ sind wir<br />
Zeuge eines Gespräches, das mehrere zum Tode<br />
Verurteilte vor der Hinrichtung führen. Dabei<br />
macht einer die Bemerkung: „Ich wäre so gerne<br />
für jemand nicht überflüssig gewesen.“ In diesem<br />
Satz spiegelt sich etwas wieder <strong>von</strong> der Ungeborgenheit<br />
des modernen Menschen. Das Überzähligseins<br />
kann mich ganz plötzlich überfallen – auf<br />
dem überfüllten Perron eines Hauptbahnhofs –<br />
bei einer Massenveranstaltung – bei der Abfertigung<br />
in einem grossen Verwaltungsgebäude und<br />
anderswo. Es kann mich auch in den eigenen vier<br />
Wänden überfallen wenn ich ganz allein bin. Oder<br />
auch am Fliessband in einer modernen Werkhalle.<br />
Wer fragt schon nach mir? Einige wenige Angehörige<br />
und Mitarbeiter werden es bemerken,<br />
wenn ich ausfalle. Ich werde aus der Personalkartei<br />
gestrichen, das Leben geht weiter.<br />
Unter dem Kreuz Jesu hört die Einsamkeit auf.<br />
Unter dem Kreuz Jesu kann ich mich nicht mehr<br />
einsam fühlen.<br />
Jesus hat an mich gedacht, als er rief: Es ist vollbracht!<br />
Diese Tatsache kann ein überflüssiges und<br />
einsames Leben verwandeln. Wer Jesus hat, ist<br />
nicht mehr überflüssig. Er gebraucht dich. Er<br />
verwandelt durch seine Liebe die Einsamkeit in<br />
dankbaren Dienst für andere – und das Leben<br />
wird wieder sinnvoll.
15. November<br />
Jesus Christus spricht: Siehe, ich stehe vor der<br />
Tür und klopfe an. Wenn jemand meine<br />
Stimme hören wird und die Tür auftut, zu<br />
dem werde ich hineingehen und das Abendmahl<br />
mit ihm halten und er mit mir.<br />
(Offenbarung 3, 20)<br />
Ununterbrochen ist Jesus unterwegs, <strong>von</strong> Tür zu<br />
Tür. Überall klopft er an und lässt seine Stimme<br />
hören. Es ist die Stimme des guten Hirten, der<br />
kein Anvertrautes verloren geben will und kann.<br />
Noch ist Zeit, auf das Pochen zu achten, die<br />
Stimme ernst zu nehmen und die Türe zu öffnen.<br />
Wohl dem, der sich Zeit nimmt für den Gast vor<br />
der Türe. Der jetzt nichts scheinbar Wichtigeres<br />
vorschiebt, was zu tun wäre, aber dann wäre der<br />
Gast schon weitergezogen. An der Stimme erkennt<br />
jeder sofort, dass der Gottes Sohn um Einlass<br />
bittet. Und ohne schwere Folgen verweigert<br />
sich ihm niemand.<br />
Jesus kommt nicht ohne Gabe. Er selber ist schon<br />
eine Gabe, die höchste, die uns begegnen kann<br />
und die wir annehmen dürfen. In ihm begegnet<br />
uns die Liebe Gottes in Person, die Gerechtigkeit<br />
Gottes, der Friede und die Sanftmut und die<br />
Freude Gottes. Aber was er bringt ist wie der<br />
Cantus firmus über allem. Er bringt sich dem, der<br />
einladend öffnet, im Abendmahl als der grosse<br />
Versöhner zwischen Mensch und Gott. Jesus hält<br />
das Abendmahl mit dem Sünder und dieser mit<br />
dem Gerechten. So ensteht Erlösung und Versöhnung<br />
und unendliche Freude. Von nun an ist<br />
eine innige Gemeinschaft zwischen Mensch und<br />
Gottes Sohn, ein Nachfolgen im Dienste Jesu und<br />
ein Leben mit einem freien Blick nach dem Reich<br />
Gottes.
16. November<br />
Wir wissen, dass Bedrängnis Geduld bringt,<br />
Geduld aber Bewährung, Bewährung aber<br />
Hoffnung. (Römerbrief 5, 3-4)<br />
Zu dieser Römerbriefstelle passt ein Vers aus dem<br />
Anfang des Jakobusbriefes: Erkennet, dass die Erprobung<br />
eures Glaubens Geduld wirkt! Die Geduld soll<br />
aber ein vollkommenes Werk zur Folge haben.<br />
Wir wissen – Wissen, ist unabdingbar wenn es um<br />
Bedrängnis, Erprobung, Bewährung, Geduld,<br />
Hoffnung und um Ziele geht.<br />
Der moderne Mensch muss in diesen beiden Bibelstellen<br />
direkt etwas vermissen. Sie sind völlig<br />
frei <strong>von</strong> allem Negativismus. Auch die Frage: Warum<br />
Gott? fehlt vollständig. Menschen haben ohne<br />
diese Frage und ohne negative Zwischenrufe<br />
Erfahrungen gemacht, die in eine ganz andere<br />
Richtung gewiesen haben. Diese Menschen scheinen<br />
nicht unglücklich zu sein – gerade wenn auch<br />
Bedrängnis ihr Leben begleitet. Sie haben ein<br />
kostbares Gut erworben – Geduld. Geduld bedeutet<br />
‚ruhiges, beherrschtes Ertragen <strong>von</strong> etwas,<br />
was unangenehm ist oder sehr lange dauert.’ Geduld<br />
ist <strong>Aus</strong>dauer, Beharrlichkeit, Beständigkeit,<br />
Sanftmut. Und zu diesem allem sagt die Bibel<br />
übergreifend: Geduld bringt Bewährung. Das ist<br />
was bei Gott zählt und hoch im Ansehen steht.<br />
Aber es ist noch nicht das Ziel – Bewährung<br />
bringt Hoffnung. Und ohne es weiter zu erwähnen,<br />
ist eine ganz bestimmte Hoffnung gemeint,<br />
nämlich das Vertrauen in die tägliche Zukunft,<br />
dass sie vom Heiligen Geist erfüllt sei und vom<br />
Leben in der Gemeinschaft mit Jesus Christus in<br />
der Freude des Reiches Gottes.<br />
Und dies alles hat zur Grundlage eben nicht eine<br />
Ahnung, sondern eine Gewissheit, die nicht trügt.
17. November<br />
Der Herr hat mich gesandt, zu trösten alle<br />
Traurigen, zu schaffen den Traurigen zu Zion,<br />
dass ihnen Schmuck für Asche und Freudenöl<br />
für Traurigkeit und schöne Kleider für<br />
einen betrübten Geist gegeben werden.<br />
(Jesaja 61, 2-3)<br />
Gott sieht auf das Traurige, und der Heiland sagt:<br />
“Selig sind, die da Leid tragen, selig sind die Armen,<br />
selig sind die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit.“<br />
Gott will die Traurigkeit auf Erden<br />
beseitigen und in Zion, das heisst in Jesus Christus<br />
ein neues Ziel geben. Das Ziel der Liebe Gottes<br />
sind die Traurigen, die Armen, die Hungernden<br />
und Dürstenden; und selig sind schliesslich<br />
alle, die sich zu Gott halten und traurig sind, dass<br />
die Sünde und das Böse, die Finsternis und der<br />
Tod noch soviel Jammer und Elend bringen. Wir<br />
dürfen in jede Traurigkeit mit Hoffnung hineinsehen;<br />
und in jede Betrübnis, die in unserem Geist<br />
noch aufkommen will, soll der Keim der Hoffnung<br />
gegeben werden; das ist in Gottes Liebe begründet<br />
und wird gegeben werden zu <strong>seiner</strong> Zeit.<br />
Und schon heute, wer wirklich den Heiland erkannt<br />
hat, der lässt keine Traurigkeit aufkommen,<br />
der hat immer einen <strong>Aus</strong>blick, dass sein betrübter<br />
Geist erweckt wird zu neuer Geduld, zu neuem<br />
Leben im Glauben und zu der Hoffnung, <strong>von</strong> der<br />
Paulus sagt:<br />
Ich halte dafür, dass dieser Zeit Leiden der Herrlichkeit<br />
nicht wert sei, die an uns soll geoffenbart werden.<br />
Das ist der stärkste Audruck dafür, dass Gott in<br />
die Leiden hinein die Hoffnung der Seligkeit legt.<br />
Es soll ja etwas Herrliches geschaffen werden, wie<br />
bei Jesus, aus dessen Leiden und Tod Herrlichkeit<br />
entstanden ist. Das ist eine Losung geworden in<br />
die ganze Welt hinein: Durch Tod zum Leben,<br />
durch Leiden zur Herrlichkeit, durch Dulden zum
Überwinden. Das bleibt für alle Zeit ewig wahr<br />
und in der Treue Gottes gewiss, sodass wir mit<br />
getrostem Herzen unsere Leiden auf uns nehmen<br />
dürfen.
18. November<br />
Ich sage euch: Also wird auch Freude sein im<br />
Himmel über einen Sünder, der Busse tut.<br />
(Lukas 15, 7)<br />
In der eisigen Winterkälte des Jahres 1077 zog ein<br />
deutscher Kaiser, nur <strong>von</strong> <strong>seiner</strong> Gattin, seinem<br />
zweijährigem Söhnchen und wenigen Freunden<br />
begleitet, über die Alpen, über den tief verschneiten<br />
Mont Cenis. Das Ziel der Reise war die Feste<br />
Canossa, die steil in den grauen Himmel emporragte.<br />
Dort weilte Papst Gregor, der über Heinrich<br />
IV. den Kirchenbann verhängt hatte. Ungeheuerliches<br />
Geschehen: Der Kaiser war aus der<br />
Kirche ausgeschlossen! Es gab keinen andern<br />
<strong>Aus</strong>weg: Der Kaiser musste Busse tun und sich<br />
beugen. In weissem Büsserhemd erschien er<br />
mehrmals vor dem Burghof, endlich nach drei<br />
Tagen öffnete sich das Tor. Heinrich warf sich<br />
vor dem stolzen Gegner nieder und wurde vom<br />
Bann gelöst. Was mag in <strong>seiner</strong> Seele vorgegangen<br />
sein? Wege der Busse sind schwer und unbequem.<br />
Niemand beugt sich gern. Wir möchten alle stolz<br />
und aufrecht dastehen, vor uns selbst und vor den<br />
Menschen. Busse sieht nach Schlappheit aus.<br />
Schuld eingestehen, ist immer eine peinliche Angelegenheit.<br />
Immer? Wir können ohne Bitterkeit<br />
im Herzen zu Jesus kommen. Es ist keine peinliche<br />
Angelegenheit. Er kostet nicht siegesbewusst<br />
die Situation aus, wenn wir kommen. Vielmehr<br />
herrscht im Himmel aufrichtige Freude über einen<br />
Menschen, der seinen Kurs ändert, der in sich<br />
und nicht um sich schlägt. Oder sind wir zu stolz?
19. November<br />
Da anwortete Paulus: „Was weint ihr so und<br />
macht mir das Herz schwer? Ich bin ja bereit,<br />
mich in Jerusalem nicht nur binden zu lassen,<br />
sondern auch den Tod für den Namen des<br />
Herrn Jesus zu erleiden.“<br />
(Apostelgeschichte 21, 13)<br />
Ein Märchen erzählt, der Tod habe eines Tages<br />
mit einem Menschen einen Vertrag abgeschlossen,<br />
in welchem er sich verpflichtete, diesen vor<br />
<strong>seiner</strong> letzten Stunde zu warnen, damit er Zeit habe,<br />
sich aufs Sterben vorzubereiten. Jahre vergingen.<br />
Plötzlich stand der Tod da und hiess den<br />
Menschen, ihm zu folgen. „Aber du hast mich ja<br />
gar nicht gewarnt“, rief der Sterbende in Verzweiflung.<br />
„Nicht gewarnt?“ rief der unerbittliche<br />
Bote, „jeden Tag habe ich dich gewarnt. Sind<br />
nicht deine Augenallmählich trüber geworden?<br />
Sind nicht deine Haare gebleicht, deine Kräfte<br />
entschwunden? Wie oft habe ich dir überdies in<br />
der Stadt die Leichenzüge begegnen lassen? Täglich<br />
habe ich dir in der Zeitung eine Reihe <strong>von</strong><br />
Sterbefällen gezeigt; mehr als die Hälfte <strong>von</strong> ihnen<br />
waren Leute, die in der Blüte des Lebens hingerafft<br />
wurden. Und du sagst, ich hätte dich nicht<br />
gewarnt? Und nun, bereit oder nicht, komm und<br />
folge mir.“<br />
Es ist wichtig! Niemand kann den Terminkalender<br />
Gottes einsehen. Wir sind auch als Christen<br />
nicht seine Geheimschreiber. Vor-Alarm wird<br />
nicht gegeben.<br />
Darum rüstet euch ihr Christenleut!<br />
„Ich bin bereit“, konnte Paulus sagen. „Ich bin<br />
jeden Tag vorbereitet.“<br />
Können wir das <strong>von</strong> uns auch sagen?
20. November<br />
Wer mich verwirft und mein Wort nicht annimmt,<br />
der hat schon seinen Richter: Das<br />
Wort, das ich verkündigt habe, wird sein<br />
Richter sein am jüngsten Tage.<br />
(Johannes 12, 48)<br />
In der dramatischen Novelle „Karmel“ <strong>von</strong> Herbert<br />
Kuhn sagt am Ende jenes aufregenden Zweikampfes<br />
zwischen Pfarrer und Soldat der Ritterkreuzträger,<br />
auf seine Pistole weisend: „Ich kapituliere<br />
nie, und solange ich schiessen kann, schiesse<br />
ich. Noch habe ich acht Schuss. Der Pfarrer<br />
antwortet: „Und wenn sie tausend hätten, sie hätten<br />
immer noch einen Schuss zuwenig. Die letzte<br />
Patrone steckt immer im Lauf Gottes.“ Wer mit<br />
dem letzten Schuss prahlt, denkt unrealistisch. Er<br />
denkt bis zum letzten Atemzug, aber nicht darüber<br />
hinaus.<br />
Der Pfarrer hat recht. Der Mensch hat immer einen<br />
Schuss zu wenig. Gott behält das letzte Wort.<br />
Wer ihn ignoriert, hat bereits seinen Richter. Sein<br />
Arm reicht weiter als unsere Überheblichkeit.<br />
Und der Jüngste Tag wird manchem Idealisten die<br />
Maske vom Gesicht reissen. Er ist kein Trostpflaster<br />
für fromme Gemüter. Er ist eine harte<br />
Realität. Gott bewahre uns vor Oberflächlichkeit<br />
und Gleichgültigkeit.
21. November<br />
Lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf,<br />
der uns bestimmt ist, und aufsehen zu Jesus,<br />
dem Anfänger und Vollender des Glaubens.<br />
(Hebräerbrief 12, 1-2)<br />
Gottes Kinder suchen sich ihren Weg in der<br />
Nachfolge nicht selber aus. Unsere Wünsche sind<br />
nicht massgebend, werden aber vielleicht berücksichtigt.<br />
Unsere Vorstellungen decken sich kaum<br />
mit denen unseres Herrn.<br />
Darum wird es uns dringend ans Herz gelegt,<br />
nicht nur einen Weg zu erkennen, sondern ihn als<br />
Kampfbahn anzugehen, in aller Ruhe, mit Geduld<br />
gewappnet den Kampf aufnehmend. Die Triebkraft<br />
ist eindeutig der Glaube. Aber auch da: kein<br />
Feld- Wald- und Wiesenglaube. Hier ist der Glaube<br />
umschrieben als der Glaube Jesu, der für den<br />
Anfang und die Vollendung bürgt.<br />
Und nun wird nicht aufgerufen, in dieser Weise<br />
an Jesus zu glauben, nach ihm sich zu richten.<br />
Fast etwas eigentümlich wird uns ans Herz gelegt,<br />
zu Jesus aufzusehen. Das können wir nicht mit unseren<br />
äusseren Augen. Aber innerlich haben wir<br />
scharfe Augen, die richten wir auf unseren Herrn.<br />
Das schafft eine Verbindung und Gemeinschaft<br />
ohnegleichen und die Voraussetzung für den Weg<br />
der Nachfolge, der uns bestimmt ist. Wie massgebend,<br />
lebenspendend und kräftigend dies ist, zeigt<br />
ein Psalmsänger auf, der im Psalm 25,15 festhält:<br />
Meine Augen sehen stets zu dem Herrn!<br />
Es ist meine eigene Erfahrung, und jene <strong>von</strong><br />
Freunden, dass dieses Bibelwort in wunderbarer<br />
Weise im Himmel Aktionen auslöst, die dann<br />
wiederum bei uns wahrnehmbar werden als Veränderungen,<br />
Erhörung <strong>von</strong> Gebeten, Erfahrung<br />
<strong>von</strong> Ruhe und Geduld in irgendeinem Kampf, der<br />
uns bestimmt ist und den wir bestehen werden.
Wagen doch auch sie, was zwar ungewohnt, aber<br />
verheissungsvoll ist, zu tun. „Meine Augen sehen<br />
stets zu dem Herrn.“ Und sie werden überrascht<br />
sein <strong>von</strong> der hohen Trefferquote in allen Anliegen,<br />
die sie begleiten im Lauf der ihnen im Kampf<br />
bestimmt ist.
22. November<br />
Ich lebe, und ihr sollt auch leben. (Joh. 14, 19)<br />
In dem Buch „Die Sonne Satans“ <strong>von</strong> Georges<br />
Bernanos wird in einem erschütternden Bild die<br />
Macht des Todes geschildert. Ein Priester versucht,<br />
einen toten Knaben ins Leben zurückzurufen.<br />
Er hebt den Leib des Knaben einem Kreuz<br />
entgegen. Einen Augenblick meint der Priester im<br />
Licht der flackernden Kerze, der Knabe lebe wieder.<br />
Da hört er hinter sich einen Schrei und ein<br />
schreckliches Hohngelächter. Der tote Körper<br />
sinkt auf die Bahre zurück. Der Priester flieht voller<br />
Entsetzen und bricht schliesslich zusammen,<br />
vom Schlag getroffen. Er konnte den Tod nicht<br />
bezwingen, der Tod bezwang ihn.<br />
Keine menschliche Macht vermag auf die Dauer<br />
dem Tode seine Herrschaft streitig zu machen.<br />
Nur einer konnte sich in Vollmacht dem Tod entgegenstellen<br />
und Sieger bleiben: Jesus Christus!<br />
Ostern ist darum das Fest der Feste. Jesus hat<br />
dem Satan das Maul gestopft. Das Hohngelächter<br />
ist verstummt. Der Tod ist einem Stärkeren begegnet.<br />
Ist es darum nicht logisch, dass ich mich diesem<br />
Stärkeren anvertraue, wenn ich dem Tod begegnen<br />
will? Einmal begegne ich ihm. Und dann?<br />
Jesus sagt: „Ich lebe, und ihr sollt auch leben!“
23. November<br />
Wo man leidet in des Herren Furcht, da ist<br />
Leben. (Sprüche 22, 4)<br />
Luther verglich einmal das Menschenherz mit einem<br />
Ball: „<strong>Dr</strong>ückt eine Last auf denselben, so<br />
schmiegt und biegt er sich, um im nächsten Augenblick<br />
wieder aufzuschnellen, wenn sie weggenommen<br />
ist. So ist das Herz fügsam unter dem<br />
<strong>Dr</strong>uck der Trübsal. Wendet sie Gott, so ist es gewöhnlich<br />
das alte hoffärtige Ding wie zuvor.“<br />
Und einer der berühmtesten Theologen des Mittelalters,<br />
Anselm <strong>von</strong> Canterbury, tröstete einmal<br />
einen Leidenden mit den Worten: „Da die Wasser<br />
wuchsen, hob sich die Arche in die Höhe. Das<br />
Leiden soll uns in die Höhe tragen.“<br />
Leid gehört zu den wenigen Tatsachen in der<br />
Welt, die sich nicht leichtfertig übersehen lassen.<br />
Es stimmt schon: Not lehrt beten, aber auch fluchen.<br />
Am Ende werden wir ganz einsam und verlassen<br />
dastehen. Aber als Christen dürfen wir wissen,<br />
Gott glänzt nicht durch Abwesenheit, wenn<br />
wir in die Schattenseiten des Lebens geraten. Leid<br />
ist Training – Gott nimmt uns in seine Schule.<br />
Und wenn wir ihm nicht weglaufen und „in der<br />
Furcht des Herrn“ bleiben, erfahren wir, was Leben<br />
heisst. Dieses Leben ist mehr als gesund und<br />
zufrieden sein. Es ist die Belohnung <strong>seiner</strong><br />
„Heim-suchung“.
24. November<br />
Paulus sprach: Ich habe euch in allem gezeigt,<br />
dass man so arbeiten und sich der<br />
Schwachen annehmen muss im Gedenken an<br />
das Wort des Herrn Jesus, der selbst gesagt<br />
hat: Geben ist seliger als nehmen. (Apostelgesch.<br />
20, 35)<br />
Paulus steht vor uns als das grosse Vorbild. Doch<br />
die Frage sei erlaubt, als welches Vorbild? Viele<br />
sehen in ihm den einzigartigen Theologen der<br />
neutestamentlichen Zeit, an dem sich zu orientieren<br />
unabdingbar ist. Hat er doch immerhin eine<br />
gültige Gemeindetheologie geschaffen, wobei<br />
immer genug Platz offenblieb für neue Erkenntnisse<br />
und neue Strategien in der Missionsarbeit.<br />
Wichtige Teile zu einer ganzheitlichen Theolgie<br />
haben auch andere Apostel beigesteuert und hie<br />
und da zu Paulus Fragen gestellt.<br />
Andere sehen in Paulus vor allem den überragenden<br />
Völkermissionar. Unter der Leitung des Heiligen<br />
Geistes hat er Volk um Volk besucht und<br />
überall Gemeinden gegründet. Es ist atemberaubend<br />
in der Bibel zu lesen, unter welchen Strapazen<br />
und Leiden er die frohe Botschaft verkündigte<br />
und Mitarbeiter ausbildete, <strong>von</strong> denen er jeweils<br />
ein oder zwei in einer neuen Gemeinde zurück<br />
liess, wenn er weiter zog. Eindrücklick sind auch<br />
die Briefe, mit denen Paulus Kontakt hielt mit<br />
seinen Gemeinden.<br />
Wiederum andere heben hervor, dass Paulus grossenteils<br />
für sich selber aufkam und nicht den Gemeinden<br />
zur Last fiel. Er arbeitete in seinem Beruf<br />
als Zeltmacher und Teppichweber.<br />
Und nun meldet sich mit obigem Bibelwort Paulus<br />
selber zu Wort. Nicht um den Vorbildern selber<br />
noch eins beizufügen, nein, das wäre der Demut<br />
<strong>von</strong> Paulus nicht entsprechend. Aber er weist
auf einen leicht zu vergessenden Punkt hin, der<br />
alle Christen angeht. Paulus erwähnt zunächst seine<br />
Arbeitsweise, die andernorts beschrieben ist,<br />
hier heisst es einfach: so zu arbeiten habe ich euch<br />
gezeigt. Paulus war ein Schwerarbeiter, der aber<br />
doch noch nach links und rechts sehen konnte.<br />
Er hatte keine Scheuklappen an. So hat er immer<br />
die Schwachen gesehen und sich ihrer angenommen,<br />
ihnen gegeben und nie etwas zurück erwartet.<br />
Man spürt förmlich, dass ihm dieser Dienst<br />
der Hingabe und des sich Verschenkens gleich<br />
wichtig war wie die Verkündigung mit Worten. Er<br />
sieht sich da in der Nachahmung Jesu Christi, der<br />
das vollkommen ausgeübt hat.<br />
Wenn wir nun das Ganze bedenken und so richtig<br />
in die Gedanken einfühlen, steigt unwillkürlich die<br />
Frage in uns auf: Wo ist unser Bezug dazu? Sind<br />
wir bereit, unser Christsein zu überprüfen und<br />
eventuell dies und jenes zu ändern, damit wir ganz<br />
in Übereinstimmung mit dem Bibelwort leben<br />
und wirken?
25. November<br />
Durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark<br />
sein. (Jesaja 30, 15)<br />
In meiner Kindheit hing dieser Vers, kunstvoll<br />
gestaltet, über einer Tür in der Stube. Durch diese<br />
Türe ging man ins Elternzimmer, wo der Vater<br />
krank und gelähmt lag. Ich verstand diesen Vers<br />
auf dem schönen Holz nicht, zumal es lange Zeit<br />
laut hinter der Türe her und zu ging. Viel später<br />
begriff ich ein wenig Jesaja 30,15.<br />
In vielen Jahren des Pfarrdienstes tat dieses Wort<br />
seinen tröstenden und ermutigenden Dienst. Und<br />
jetzt, da das schwere Leiden auch an mich kam,<br />
verstehe ich Jesaja 30,15 endlich in <strong>seiner</strong> ganzen<br />
Tiefe und Bedeutung. Vom Verstand her leicht zu<br />
begreifen, berührt es einem doch erst in der hoffnungslosen<br />
Lage des Leidens. Da wo in einem alles<br />
aufbegehrt und alles laut aus einem heraus<br />
schreit, da wo kein Sinn erkennbar ist, wo man<br />
mit dem Leben am liebsten abschliessen möchte,<br />
kann dieses Wort eine Bedeutung bekommen.<br />
Aber eigentümlich, der Kranke und physisch und<br />
psychisch Leidende will sich auf eine so einfache<br />
Art nicht helfen lassen. Der gläubige Kranke erwartet<br />
ein Eingreifen Gottes, einen Beistand aus<br />
der himmlischen Welt – aber doch keinen Hinweis<br />
auf Stillesein und Hoffen. Gott weiss es.<br />
Darum heisst es: …würdet ihr stark sein. Das sei<br />
herausgehoben. Wenn der Mensch nicht stille<br />
wird vor Gott und <strong>seiner</strong> Hoffnungslosigkeit<br />
nicht den Abschied gibt, ist er niemals bereit, dass<br />
Gott eingreifen kann, sodass der Mensch stark<br />
würde.<br />
Und nun gilt das Wort nicht nur den Leidenden,<br />
sondern den Menschen in jeder schwierigen Lebenslage,<br />
wobei hier noch ein Aspekt dazu<br />
kommt, nämlich, dass in solchen Fällen das Stillesein<br />
und Hoffen kein äusserliches Ruhen vor dem
Herrn sein kann, sondern eine innere Haltung,<br />
währenddem das Leben und die Arbeit weitergehen.<br />
Wollen wir es wagen, sei es als Leidende oder Betriebsame<br />
mit diesem Bibelwort zu leben, es ganz<br />
tief zu erleben. Manchmal geschehen Wunder,<br />
aber sie geschehen in der Stille.
26. November<br />
Denn Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern<br />
der Lebendigen. (Lukas 20, 38)<br />
Im „Buch <strong>von</strong> San Michele„ schreibt Axel<br />
Munthe an einer Stelle: Verfasser, die darauf bestehen,<br />
ihre Leser in die Armenviertel zu schleifen,<br />
gehen selber selten hin; Spezialisten für<br />
Krankheit und Tod lassen sich selten bewegen,<br />
mit dir ins Hospital zu gehen, wo sie gerade ihre<br />
Heldin erledigt haben. Dichter und Philosophen,<br />
die klangvoll den Befreier Tod besingen, erbleichen,<br />
wenn man diesen beim Namen nennt.<br />
Der alte Schopenhauer (1788-1860), der grösste<br />
moderne Philosoph, dem die Verneinung des Lebens<br />
Grundstein <strong>seiner</strong> Lehre war, pflegte jedes<br />
Gespräch über den Tod abzubrechen.<br />
Menschen ohne Gott fliehen nicht selten vor dem<br />
Tod. Sie verbannen ihn aus ihren Gesprächen. Sie<br />
wollen realistisch sein, aber sehen der letzten Realität<br />
nur ungern ins Auge. Sie verstehen ihn zu beschreiben,<br />
aber haben Angst vor ihm.<br />
Anders die Menschen, die Ostern feiern als Gottes<br />
Sieg über den Tod. Sie verheimlichen ihn<br />
nicht. Sie wissen, dass Gott das letzte Wort behält,<br />
weil er ein Gott der Lebendigen und nicht<br />
der Toten ist. Gott hat uns den Sieg gegeben.
27. November<br />
Nehmet mit Sanftmut das euch eingepflanzte<br />
Wort auf, das eure Seelen retten kann! Seid<br />
Täter des Wortes und nicht bloss Hörer, wodurch<br />
ihr euch selbst betrügt!<br />
(Jakobusbrief 1, 21.22)<br />
Die erste Ermahnung dieses Bibelwortes ist recht<br />
eigenartig. Man würde doch erwarten, dass der<br />
Mensch glücklich wäre über das geschenkte Wort<br />
Gottes. Aber genau das ist es nicht. Der natürliche<br />
Mensch sträubt sich mit Kraft gegen Gottes<br />
Kraft, weil er spürt, dass damit nebst dem Geschenk<br />
der Gnade und der Erlösung auch ein Anspruch<br />
auf ihn zukommt. Dagegen wehrt er sich,<br />
notfalls mit lauten <strong>Aus</strong>brüchen und Flüchen. Das<br />
ist eine Beleidigung Gottes, des Spenders des<br />
kostbaren Wortes.<br />
Jakobus kennt diesen Sachverhalt aus seinem<br />
Dienst sehr genau. Und er trägt Leid um alle, die<br />
abweisend sind. Darum die schlichte Ermahnung:<br />
Nehmt mit Sanftmut… Es gilt, sich zuerst Gedanken<br />
zu machen über das Geschehnis des eingepflanzten<br />
Wortes und hernach dankbar es willkommen<br />
zu heissen, mit dem festen Willen sich<br />
nach ihm zu richten und demütig und freudig gehorsam<br />
zu sein. Immerhin steht eine der grössten<br />
Verheissungen Gottes darauf, nämlich, dass unser<br />
Leben für die Ewigkeit gerettet wird. Jesus hat das<br />
vollbracht am Kreuz und das eingepflanzte Wort<br />
ist die Botschaft da<strong>von</strong>.<br />
Und nun erreicht uns dieses Wort nicht einfach<br />
zu unserer eigenen Begünstigung, sondern die<br />
zweite Ermahnung lehrt uns mit dem Wort umzugehen,<br />
es nicht für sich zu behalten, sondern<br />
weiterzugeben und nicht zuletzt dem Wort folgend<br />
zu leben: Täter und nicht Hörer allein zu<br />
sein. Dieser empfängt den vollen Segen Gottes.
28. November<br />
Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.<br />
(Psalm 23, 1)<br />
<strong>Werner</strong> Bergengruen erzählt in einem Gedicht<br />
<strong>von</strong> einer Meise, die im Winter bei Schnee und<br />
Eis den Futterplatz vor einem Fenster anfliegt<br />
und mitten im Flug immer wieder abgeschreckt<br />
wird <strong>von</strong> einer grossen, dunklen Gestalt hinter<br />
dem Fenster… Da steht, ins Zuschauen versunken<br />
der freundliche Spender all der ausgestreuten<br />
Herrlichkeiten. Ach, wenn die Meise es doch nur<br />
wüsste, wie wohl er es mit ihr meinte.<br />
Diese kleine ängstliche Meise wird nun unversehens<br />
zum Gleichnis alles Menschenwesens im<br />
Verhältnis zu Gott.<br />
Wem die Offenbarung <strong>von</strong> Christus zu einer<br />
fröhlichen Gewissheit geworden ist, der hat Vertrauen<br />
zu der freundlich spendenden und gütig<br />
zuschauenden, im Geben und Nehmen gleich<br />
barmherzigen und stets zur rechten Zeit eingreifenden<br />
Gestalt hinter der Scheibe der Weltgeschichte.<br />
Der lebt im Vertrauen auf seine Gnade<br />
ein getrostes, dankbares Leben.<br />
Sollten wir nicht Vertrauen haben zu dem Herrn,<br />
der uns gütig zuschaut und spendet? Der erlebt<br />
den Vater, der unser Wohl im Auge hat. Der<br />
Psalmsänger hat es erlebt. Er hat die Verse nicht<br />
aus der Fantasie produziert. Sie sind das Ergebnis<br />
vieler dankbarer Erfahrungen.<br />
Können wir auch ähnliches über unser Leben sagen?
29. November<br />
Tue rechtschaffne Frucht der Busse.<br />
(Matthäus 3, 8)<br />
Die christlichen Kirchen stellen seit alters her mitten<br />
in die Adventszeit die Gestalt Johannes des<br />
Täufers. Wer dieser strenge und mächtige Mann<br />
ist, hat niemand gewaltiger ausgedrückt als Matthias<br />
Grünewald auf seinem Isenheimer Altarbild.<br />
Da steht er neben dem zerschundenen Leib des<br />
Gekreuzigten, der seine Finger qualvoll spreizt,<br />
hilflos geöffnet zum Himmel streckt. Auf der andern<br />
Seite der klagende Jünger, der die zusammenbrechende<br />
Mutter Jesu auffängt; vor ihnen<br />
kniet mit schmerzgerungenen Händen Maria-<br />
Magdalena. Gegenüber diesen Bildern des Jammers<br />
und der Verzweiflung steht der Täufer, ein<br />
unerschütterlich ernster Mann, das Buch der alten<br />
Weissagungen in <strong>seiner</strong> Linken; mit dem überlangen<br />
Zeigefinger der krampfhaft ausgestreckten<br />
Rechten deutet er auf den Gekreuzigten. Inmitten<br />
des stummen Leidens sprechen seine Gesten allein<br />
ein deutendes, uns verständliches Wort: Tut<br />
Busse und: Seht auf den, welcher der Welt Sünde<br />
tragen muss.<br />
Vorweihnachtszeit ist Busszeit - Vorbereitungszeit<br />
und keine Zeit des Trubels. Busse tun heisst:<br />
in sich gehen, umkehren, auf den sehen, der alles<br />
ändern kann und will, dessen Kommen an Weihnachten<br />
gefeiert wird.<br />
Die überlegene Person des Johannes ist uns ein<br />
guter Helfer – besonders in den Adventswochen.
30. November<br />
Gesegnet ist der Mann, der sich auf den<br />
Herrn verlässt, und der Herr seine Zuversicht<br />
ist; der ist wie ein Baum, am Wasser gepflanzt<br />
und am Bach gewurzelt. (Jeremia 17,<br />
7.8)<br />
Sich auf den Herrn verlassen, gleichsam unbewusst,<br />
<strong>von</strong> Herzen, nicht mit Kopf und Gedanken,<br />
das ist eine grosse Sache.<br />
Man kann sich auf Geld und Gut verlassen, das<br />
versteht man; etwas, was man in die <strong>Hand</strong> nehmen<br />
kann, ein Beil, eine Axt, darauf kann man<br />
sich leicht verlassen.<br />
Aber nun der Herr; ganz leis und still kommt er<br />
zu uns. Auf den sich verlassen ist eine grosse Sache!<br />
Die müssen wir eben lernen; wir müssen unsere<br />
Herzen daran gewöhnen, gleichsam die Luft<br />
Gottes einzuatmen, und immer denken: Der Herr<br />
hilft mir ja, meine Zuversicht ist ja Gott, mein Vater<br />
und mein Heiland! Also bin ich getrost und<br />
kann wachsen und gedeihen und werde es auch<br />
erfahren, dass der gesegnet ist, der sich auf ihn<br />
verlässt und auf den Heiland Jesus Christus.<br />
Lieber Gott, Allmächtiger, unbegreiflich gross<br />
und heilig, wir dürfen und wollen unsere Zuversicht<br />
auf dich setzen. Segne alle, die zu dir aufschauen<br />
und lass ihr Leben in deinem Segen und<br />
in deiner Kraft gedeihen. Amen.
1. Dezember<br />
Der Herr hat Zion erwählt und hat Lust, daselbst<br />
zu wohnen: Dies ist meine Ruhe ewiglich;<br />
hier will ich wohnen; denn es gefällt mir<br />
wohl. (Psalm 132, 13.14)<br />
Gott muss uns erwählen. Es ist nicht so wie man<br />
meint, wenn man nur zu den Gläubigen gehört,<br />
dann sei alles in Ordnung. Oft erwählen wir uns<br />
selber, und dann fehlt’s, es ist nicht die Kraft drin.<br />
Wenn uns aber Gott erwählt, dann ist eine Kraft<br />
drin, wie es einmal <strong>von</strong> Petrus heisst: „Das haben<br />
dir nicht Fleisch und Blut geoffenbart, sondern<br />
mein Vater im Himmel.“ So war es bei den Aposteln;<br />
sie waren erwählt und dann gab es auch Gaben<br />
und Gnaden Gottes in allerlei Weise. In dieser<br />
Erwählung stehen wir auch in der Adventszeit<br />
und warten auf Gottes Erscheinung. Dann weckt<br />
uns etwas auf: Wachet und betet! Wenn wir wachen<br />
und beten, dann geht unser Herz auf und<br />
wird frei <strong>von</strong> anderen Dingen. Und wenn wir auf<br />
den Herrn warten, dann sind wir auch nur bei<br />
dem einen: Wir suchen Gott, den Herrn, und<br />
sonst nichts anderes! Wir suchen den Heiland,<br />
<strong>von</strong> dessen Einzug es heute heisst:<br />
Viel Volks breitete die Kleider auf den Weg; die andern<br />
hieben Zweige <strong>von</strong> den Bäumen und streuten sie auf den<br />
Weg.<br />
Da heisst es dann: Hosianna – Hilf Gott, diesem<br />
deinem König! Komm, Herr Gott! Und so schreien<br />
wir auch. Und viel Volks kommt zum<br />
Christtag und viel Volks bereitet sich zu, dass es<br />
den Heiland empfange.
So wollen wir die Adventszeit feiern als ein rechtes<br />
Zion (jüdisch-christliches geistliches Zentrum),<br />
das immer auf die Gaben und Gnaden Gottes<br />
schaut und darauf wartet, überall, wo die Herzen<br />
bereit sind. „Warte denn, o Zion, lass das<br />
Weinen, denn dein Heiland kommt heran. Warten<br />
schon bringt dir Gewinn.“
2. Dezember<br />
Und Jesus sagte: Wenn doch auch du an diesem<br />
Tage erkennen möchtest, was zu deinem<br />
Frieden dient! (Lukas 19, 42)<br />
In einem Bericht <strong>von</strong> <strong>Dr</strong>. Kallenbach ist folgendes<br />
zu lesen: Während einer Grönlandfahrt lässt<br />
ein Schiff versehentlich den gelandeten Teil der<br />
Mannschaft auf dem Eis zurück. Die Zurückgelassenen<br />
bauen sich auf dem Eis ein Winterhaus<br />
um das Kommen eines nächsten Schiffes abzuwarten.<br />
Mit der Zeit vergessen sie, dass nur das<br />
Eis sie <strong>von</strong> einer unvorstellbaren Tiefe trennt. So<br />
leben sie, indem sie sich durch Vergessen vor dem<br />
Grauen der Tiefe schützen. Eines Tages bricht ein<br />
Stück Scholle ab, und sie stehen plötzlich vor der<br />
furchtbaren Wirklichkeit, dass der Boden unter<br />
ihren Füssen zu wanken beginnt.<br />
Den meisten Menschen geht es ähnlich. Sie stecken<br />
den Kopf wie in den Sand und meinen, der<br />
Gefahr und der Wahrheit aus dem Wege gehen zu<br />
können. Für sie gelten die Christen als Schwärmer.<br />
Aber Jesus möchte , dass an diesem Tage die<br />
Menschen erkennen, was zu ihrem Frieden – zu<br />
ihrem Besten, dient. Heute – an diesem Tage, das<br />
heisst, in unserer Jugend, in unsern besten Jahren,<br />
auf der Höhe und im Alter des Lebens, heute und<br />
nicht morgen. Oder wollen wir warten, bis das<br />
‚Eis bricht’ und wir dem ‚Grauen der Tiefe’ in den<br />
Rachen schauen? Bis der <strong>von</strong> uns so oft zitierte<br />
Boden der Wirklichkeit, auf dem wir mit beiden<br />
Beinen zu stehen glauben, zu wanken beginnt?
3. Dezember<br />
So spricht der Herr: Ich habe dich erhört zur<br />
Zeit der Gnade und habe dir am Tage des<br />
Heils geholfen. (Jesaja 49, 8)<br />
Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, siehe, jetzt<br />
ist der Tag des Heils! (2. Korintherbrief 6, 2)<br />
Was hast du unterlassen<br />
zu meinem Trost und Freud,<br />
als Leib und Seele sassen<br />
in ihrem grössten Leid?<br />
Als mir das Reich genommen,<br />
da Fried und Freude lacht,<br />
bist du, mein Heil gekommen<br />
und hast mich froh gemacht.<br />
Paul Gerhardt<br />
Der Mensch, wie wir ihn im ersten Bibelwort vor<br />
uns haben, ist äusserst erinnerungsbedürftig.<br />
Wann und wohin mit <strong>seiner</strong> Not hat er augenblicklich<br />
gewusst. Und der Herr hat sich <strong>seiner</strong><br />
mit Gnade und Heil angenommen. Aber das hat<br />
der Mensch längst abgehakt. Hat er überhaupt dafür<br />
gedankt? Es scheint, als sei er allzurasch zur<br />
Tagesordnung zurückgekehrt. Nun schaltet sich<br />
Gott ein. Er spricht zum Menschen, dessen Namen<br />
er kennt und ihn auch bei seinem Namen<br />
ruft, ich habe dich erlöst und habe dir geholfen.<br />
Gott der Herr und Vater wartet auf das Echo,<br />
nämlich die Frucht, welche der Mensch bringen<br />
kann, sei es Dankbarkeit und sei es auch die Bemühung,<br />
andere Menschen in Not in das Kraftfeld<br />
Gottes zu bringen, dass auch ihnen geholfen<br />
werde. Denn, siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade<br />
und jetzt ist der Tag des Heils. Daran freut sich<br />
der Herr, wenn wir Multiplikatoren sind dessen,<br />
was der Herr an uns getan hat. Es ist ratsam,<br />
nichts zu verschieben; die Zeitangaben machen<br />
deutlich, dass es ein Ende der Zuteilung gibt.
4. Dezember<br />
Es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes<br />
allen Menschen. (Titusbrief 2, 11)<br />
Ich habe es oft erlebt, dass Menschen, die vor der<br />
Entscheidung für Jesus Christus standen, plötzlich<br />
einen Rückzieher machten mit dem Einwand,<br />
was denn vor der Welt eine solche Entscheidung<br />
gelten könne, wenn wahrscheinlich ganze Völker<br />
nie etwas <strong>von</strong> Jesus hören werden. Diese Sorge<br />
kennt unser himmlischer Vater und wir kennen<br />
sie auch. Aber er spricht in seinem Wort da<strong>von</strong>,<br />
dass die heilsame Gnade Gottes allen Menschen<br />
erschienen ist. Für alle Menschen. Alle werden es<br />
noch erfahren. Ohne Evangelium für alle Menschen<br />
gibt es keine Wiederkunft Christi. Das ist<br />
verbürgt.<br />
Die heilsame Gnade Gottes ist Jesus Christus.<br />
Das bedenken wir jetzt in der Adventszeit. Christus<br />
ist Gottes Liebe, Güte, Gerechigkeit, Barmherzigkeit,<br />
Friede, Erlösung, Versöhnung, Heil,<br />
Gnade usw. in Person und begegnet uns mit diesem<br />
Reichtum, uns hier und allen Menschen<br />
weltweit. Diese heilsame Gnade ist auch in besonderer<br />
Weise die Kraft der heutzutage verfolgten<br />
und getöteten Christen, vor allem in islamischen<br />
Ländern. Die Zahl geht jährlich in die Millionen.<br />
Ist es uns ein Anliegen, kräftig für sie zu<br />
beten?
5. Dezember<br />
Der Herr sprach: Fürchte dich nicht, sondern<br />
rede, und schweige nicht! Denn ich bin mit<br />
dir, und niemand wird dich antasten, um dir<br />
Böses zuzufügen; denn ich habe viel Volk in<br />
dieser Stadt. (Apostelgeschichte 18, 9.10)<br />
Man erliegt leicht der Versuchung, sich Paulus als<br />
einen furchtlosen, kämpferischen, ja kriegerischen<br />
Mann vorzustellen. So war er gewiss nicht, weil er<br />
genau auf die Weisungen Gottes achtgeben wollte.<br />
Aber die Widerstände und Gegnerschaften haben<br />
ihm zu schaffen gemacht. Er war dankbar für<br />
jeden Zuspruch seines Herrn. Und im heutigen<br />
Bibelwort ist ganz besonders die Seelsorge des<br />
Vaters zu erkennen: Er tröstet ihn nicht nur, ermuntert<br />
ihn nicht nur, sondern das alles wird verbunden<br />
mit einer Verheissung: Denn ich bin mit<br />
dir, und niemand wird dich antasten, um dir Böses<br />
zuzufügen. Da weiss Paulus, dass er sich darauf<br />
absolut verlassen kann. Das gibt ihm Gelegenheit<br />
sich ganz auf die Reden zu konzentrieren<br />
und sich der Armen anzunehmen.<br />
Interessant ist nun die Begründung, die der Herr<br />
gibt um all das vorherige in die Wege zu leiten:<br />
Denn ich habe viel Volk in dieser Stadt. Dieses<br />
Volk soll das Evangelium hören, es repetieren<br />
und ganz in sich aufnehmen. Paulus wird die Leute<br />
beten lehren und einer der Mitarbeiter <strong>von</strong> Paulus<br />
wird sie taufen. So wird Schar um Schar dieses<br />
Volkes zu Nachfolgern Jesu Christi – Gemeinde<br />
Gottes. Gott hat dazu freie Bahn gemacht und<br />
seine Diener haben gehorcht und die Wahrheit<br />
der Zusage erlebt.
6. Dezember<br />
Ich will euch ein neues Herz und einen neuen<br />
Geist in euch geben. (Ezechiel 36, 26)<br />
Der Herr ist der Geist; wo aber der Geist des<br />
Herrn ist, da ist Freiheit.<br />
(2. Korintherbrief 3, 17)<br />
Ach mache du mich Armen zu dieser heilgen Zeit aus<br />
Güte und Erbarmen, Herr Jesu, selbst bereit. Zieh in<br />
mein Herz hinein vom Stall und <strong>von</strong> der Krippen, so werden<br />
Herz und Lippen dir allzeit dankbar sein. Valentin<br />
Thilo<br />
Jahrtausende sind vergangen seit Gott den Menschen<br />
erschaffen hatte – ihm zum Bilde – ihm<br />
seinen Atem eingeblasen und zu guter Letzt alles<br />
als sehr gut befunden hatte. Der Mensch war ein<br />
Geschöpf, das Gott gefiel. Sein Herz war ganz auf<br />
Gott ausgerichtet, seinen Geist unterstellte er der<br />
Leitung des Gottesgeistes. Eines Tages ging der<br />
Mensch eigene Wege, verhärtete sein Herz und<br />
machte den Geist autonom. Während vielen Jahren<br />
gab der Herr den Menschen Gelegenheit umzukehren.<br />
Aber sie haben nicht gewollt. Sie nahmen<br />
lieber Existenzangst, Unglück, Krankheit<br />
und Leiden, Furcht vor dem Tod usw. in Kauf.<br />
Bis zu dem Tage, da Gott dieses todunglückliche<br />
Leben nicht mehr anschauen mochte. Er überwand<br />
die grenzenlose Gleichgültigkeit gegen Gott<br />
und wurde persönlich aktiv. Durch den Propheten<br />
lässt er es ausrufen: Ich will euch ein neues<br />
Herz und einen neuen Geist in euch geben. Das<br />
soll euch zu neuen Menschen machen. Denn wo<br />
der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit. Freiheit<br />
nicht mehr sich selber gehören zu müssen, dafür<br />
Gott und seinem Willen gehören zu dürfen; Freiheit<br />
<strong>von</strong> der negativen Lebenseinstellung zugunsten<br />
eines offenen, positiven Lebens; Freiheit <strong>von</strong>
der Glaubenslosigkeit hin zu einem erfüllten<br />
Glaubensleben voller Hingabe und Gehorsam.<br />
Gott steht zeitlos zu seinem Wort. Immer wieder<br />
geschiehts, dass da und dort Menschen erneuert<br />
werden. Dank sei Gott.
7. Dezember<br />
Wer meine Rede hört und tut sie, der gleicht<br />
einem klugen Mann, der sein Haus auf Fels<br />
baute. (Matthäus 7, 24)<br />
Hier spricht Jesus Christus; in <strong>seiner</strong> bevorzugten<br />
und beliebten Art der Vergleiche und Beispiele.<br />
Da geht also einer hin und will einen Bauplatz erwerben.<br />
Er sucht einen felsigen Untergrund.<br />
Niemand versteht ihn. Diese Mehrarbeit und<br />
Mehrkosten nimmt doch einer nicht ohne einen<br />
bestimmten Grund in Kauf. Die Alternative wäre<br />
ein Gebäude auf Sand errichtet – billiger, schneller,<br />
dafür gefährdet bei Sturm und Regen. Der<br />
Bauherr entscheidet sich eindeutig für den Felsengrund,<br />
der alle Sicherheit gegenüber den Naturgewalten<br />
bietet. Dieser Bauherr hat die ganze<br />
Sympathie des Christus. Diese kleine Geschichte<br />
eignet sich gut um sein jetziges Anliegen zu explizieren.<br />
Christus kämpft mit der Unart, dass die Menschen<br />
ihm zuhören aber keine Konsequenzen<br />
daraus ziehen und demzufolge auch keinen bleibenden<br />
Gewinn haben. Wer so Jesu Rede hört<br />
und verwertet, auferbaut sein Leben auf schwachen<br />
Grund – ein Haus auf Sand gebaut. Demgemäss<br />
hört einer das Wort, vergisst es aber wieder<br />
– er wird kein Christus-Nachfolger mit Kompetenzen,<br />
verleugnet gar die Rede des Christus an<br />
ihn. - Ganz anders der: Wer meine Rede hört und<br />
tut sie, der gleicht einem klugen Manne. Das ist<br />
der Mensch, der nicht in den Tag hinein lebt sondern<br />
klug mit der Rede Jesu umgeht. Er scheut<br />
die Konsequenzen nicht, weil er den Gewinn erstrebt.<br />
Klug ist Bauen auf festen Grund, auf felsigen<br />
Boden. Da entsteht eine echte, enge, freundschaftliche<br />
Verbindung – Christus-Gemeinde, die<br />
bis zum Ende stark und unüberwindbar ist.
8. Dezember<br />
Werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine<br />
grosse Belohnung hat. (Hebräerbrief 10, 35)<br />
In einer Erzählung <strong>von</strong> Rübezahl wird berichtet,<br />
wie der Waldgeist zwei Wanderern, die ihn um<br />
eine Gabe bitten, zwei Stöcke schneidet und gibt.<br />
Der eine spottet über das sonderbare Geschenk<br />
und wirft es nach kurzer Zeit wieder weg. Der<br />
andere glaubte dem Waldgeist und vertraut darauf,<br />
dass es ein wervolles Geschenk sei und behält<br />
es für sich. Immer wieder holt er den Stock hervor<br />
und erinnert sich. Eines Tages hält er den<br />
Stock ganz überzogen mit reinem Gold in den<br />
Händen.<br />
Wenn wir älter werden, meinen wir oft, unsern<br />
kindlichen Glauben über Bord werfen zu müssen.<br />
Wir vertrauen jetzt der Wissenschaft und unsern<br />
eigenen Erfahrungen mehr als Gott. Wir vertrauen<br />
dem, was wir angeblich sehen, begreifen, anfassen<br />
und beweisen können.<br />
Werft euer Vertrauen nicht weg. Eines Tages<br />
verwandelt sich der „simple Stock in Gold“. Millionen<br />
Christenmenschen haben es in Vergangenheit<br />
und Gegenwart erlebt. Sie haben es sich nicht<br />
eingebildet, sie haben es erfahren. Wem das zu<br />
billig erscheint, kann es ausprobieren. Heute<br />
schon. Denn wir spekulieren mit unserer Belohnung<br />
nicht nur auf das Jenseits.<br />
Wer Gott vertraut, macht hier schon eine totale<br />
Verwandlung durch.<br />
Auch das ist Advent – Vorweihnachtszeit.
9. Dezember<br />
Wahrlich, ich sage euch: Alles, was ihr einem<br />
<strong>von</strong> diesen Geringsten nicht getan habt, das<br />
habt ihr mir auch nicht getan. (Matth. 25, 45)<br />
Geno Hartlaub schrieb im ‚Sonntagsblatt’: Man<br />
hatte mich gewarnt, mit dem <strong>Prof</strong>essor über den<br />
tragischen Tod <strong>seiner</strong> Tochter zu sprechen.<br />
„Sie waren mit ihr befreundet, nicht wahr?“ begann<br />
der <strong>Prof</strong>essor. „Vielleicht haben sie mehr<br />
<strong>von</strong> ihr gewusst als ich. Natürlich ahnte ich, dass<br />
etwas mit ihr nicht in Ordnung war. Sie schwieg<br />
oft ganze Tage lang oder sie redete fieberhaft.<br />
Liebeskummer, sagte meine Frau. Den Mann, um<br />
den es sich handelte, habe ich ein einziges Mal gesehen.“<br />
Er bemühte sich sachlich zu sprechen, als<br />
halte er eine Vorlesung, plötzlich rief er so laut,<br />
dass man es ausserhalb des gepolsterten Arbeitszimmers<br />
hören musste: „Ich habe keine Schuld.<br />
Sie ist erblich belastet, wissen Sie. Dazu kam das<br />
Milieu mit den vielen Gesprächen über Neurosen<br />
und Geisteskranke.“ Er brach ab. Ich verabschiedete<br />
mich, er begleitete mich zur Tür. Bevor ich<br />
ging, ergriff er noch einmal meinen Arm und sagte<br />
tonlos, fast flüsternd: „Ich habe nichts getan<br />
um es abzuwenden. Das ist meine Schuld.“<br />
Ich habe nichts getan, um es abzuwenden – dies<br />
passive Schuldbekenntnis könnte jeder <strong>von</strong> uns<br />
jederzeit ablegen. Jawohl, auch durch Nichtstun<br />
kann man schuldig werden. Versäumnis ist<br />
Schuld. Wir sind so mit uns selbst beschäftigt,<br />
dass der andere hinter dem Horizont unserer<br />
Selbstsucht verschwindet. Gott ist nicht abstrakt.<br />
Er begegnet uns in den eigenen Kindern, dem<br />
Mann, der Frau, den Nachbarn. Wer sie aus Trägheit<br />
und Gleichgültigkeit übersieht, übersieht Jesus<br />
selbst!
10. Dezember<br />
Auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde<br />
erbauen, und die Pforten der Hölle sollen sie<br />
nicht überwältigen. (Matthäus 16, 18)<br />
Der römische Kaiser Julian (332-363 n.Chr.), dem<br />
die Kirche später den Namen ‚Apostata’, der Abtrünnige,<br />
gab, war ein erbitterter Feind des Christentums.<br />
Er liess die zerstörten Göttertempel<br />
wieder aufbauen und versuchte mit allen Mitteln,<br />
das alte Heidentum im Volk wieder lebendig werden<br />
zu lassen. Als der gewünschte Erfolg ausblieb,<br />
plante er eine blutige Christenverfolgung<br />
nach der Art <strong>seiner</strong> Vorgänger. Da starb er, erst<br />
32 Jahre alt. Er zog aus, um aller Welt zu zeigen,<br />
was für eine Macht seine Götter hätten. Aber in<br />
der Entscheidungsschlacht wurde er <strong>von</strong> einem<br />
Speer durchbohrt. Er starb mit den Worten: „Du<br />
hast doch gesiegt, Galiläer!“ So zerbrach ein<br />
menschlicher Versuch, das Heidentum zu retten.<br />
Was <strong>von</strong> Gott ist, das besteht, was <strong>von</strong> Menschen<br />
ist vergeht. Das ist der Schlüssel zum Verständnis<br />
der Weltgeschichte. Kein Atheismus und kein<br />
Kapitalismus, kein Mensch und keine Macht der<br />
Welt werden die Gemeinde Gottes vernichten<br />
können. Jesus hat den Seinen verheissen: Niemand<br />
wird sie aus meiner <strong>Hand</strong> reissen. Mag die<br />
bescheidene Arche der Kirche Jesu Christi noch<br />
so schaukeln und schlingern in dieser Welt, sie<br />
hält dem Sturmangriff der Hölle stand. Das hat<br />
nichts mit Mut und Standhaftigkeit in der Kirche<br />
zu tun. Das hat aber etwas mit Gott zu tun.<br />
„Er sitzt im Regimente und führet alles wohl.“<br />
Auch das ist ein Adventsgedanke.
11. Dezember<br />
Dafür halte uns jedermann: für Diener Christi<br />
und Haushalter über Gottes Geheimnisse.<br />
Nun fordert man nicht mehr <strong>von</strong> den Haushaltern,<br />
als dass sie für treu befunden werden.<br />
(1. Korintherbrief 4, 1.2)<br />
Alle Glaubenden haben als Glieder Gemeinschaft an dem<br />
Herrn Christus und an allen seinen Schätzen und Gaben.<br />
Darum soll auch jeder seine Gaben willig und mit Freuden<br />
zum Wohl und Heil der anderen gebrauchen.<br />
Heidelberger Katechismus, Frage 55<br />
Es ist Paulus durchaus nicht gleichgültig, für was<br />
die Leute ihn und sein Team halten. Aber absolut<br />
nicht aus Ehrsucht oder mangelndem Selbstwertgefühl.<br />
Darum geht es überhaupt nicht. Ganz anderes<br />
steht da im Vordergrund. Nicht wie sie sind,<br />
sondern was sie sind. Allerdings findet die Frage<br />
nach dem Wie auch eine Antwort. Treu sollen die<br />
Boten Gottes sein, ein Markenzeichen, das nicht<br />
übersehen werden darf. Aber nun zurück zum<br />
Anfang. Wer soll ein Urteil abgeben über die<br />
Apostel und Boten Jesu? Nicht nur eine handverlesene<br />
Schar der Anhänger und Bekannten, sondern<br />
jedermann in der lebhaften Stadt Korinth<br />
und überall. Und jedermann soll nichts anderes,<br />
kein Wünschen oder <strong>Dr</strong>ängen empfinden, sondern<br />
einzig und allein, dass sie Diener Christi und<br />
Haushalter über Gottes Geheimnisse sind. Das<br />
sind sie als <strong>von</strong> Christus erwählte Instrumente<br />
seines Reiches. Die <strong>Aus</strong>sage des Paulus ist ordentlich<br />
forsch. Es soll sich kein Zweifel einschleichen<br />
und vielleicht das Team spalten. Was damals galt<br />
hat auch heute noch seine Gültigkeit. Sind wir uns<br />
im Klaren, was wir gelten wollen in der Welt?
12. Dezember<br />
Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist<br />
uns gegeben – und er heisst Wunderbar, Rat,<br />
Kraft, Held, Ewig-Vater, Friedefürst.<br />
(Jesaja 9, 5)<br />
Rudolf Schäfer hat ein Bild gemalt, das vier starke<br />
Engel darstellt, die das Kind in der Krippe beschützen<br />
und sich wie eine eherne Wand um die<br />
Wiege des Christuskindes stellen. Er hat es „Engelswache“<br />
genannt. Der eine Engel mit der Bibel<br />
in der <strong>Hand</strong>, heisst: „Wunderbarer Rat“, der andere<br />
mit dem Schild in den Händen, heisst:<br />
„Kraft, Held“, und der dritte, der die Erdkugel in<br />
Händen hält, heisst: „Ewig Vater“, und der vierte<br />
mit der Krone: „Friedefürst“.<br />
Kein Kind also, das liebliche Erwartungen in uns<br />
weckt, das unsere Fantasie beflügelt und Weihnachten<br />
den stimmungsvollen Hintergrund gibt.<br />
Die Engelswache zeigt, wer Jesus ist: - Das Brot<br />
des Lebens, ein wunderbarer Rat, ein Schild aller,<br />
die ihm vertrauen. Kein hilfloses Kind, sondern<br />
„Kraft, Held“, kein gewöhnlicher Mensch, sondern<br />
der Herr der Welt, ein „ewiger Vater“, kein<br />
machtloses Geschöpf, sondern ein „Friedefürst“.<br />
Ob in der Weihnachtszeit dieses Bild vor unseren<br />
Augen steht?
13. Dezember<br />
Da sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut.(Matthäus<br />
2, 10)<br />
Wo nehmen wir den Stern her?<br />
Uns locken rote Ampeln.<br />
Wo nehmen wir den Stern her,<br />
der die Weisen wies?<br />
Ich, spricht der Herr, leuchte eurem Weg.<br />
Wo nehmen wir den Himmel her?<br />
Wir wohnen zwischen Steinen.<br />
Wo nehmen wir den Himmel her,<br />
der den Hirten sang?<br />
Ich, spricht der Herr, wohne unter euch.<br />
Wo nehmen wir das Wunder her?<br />
Wir kennen alle Preise.<br />
Wo nehmen wir das Wunder her,<br />
das die Nacht gebar?<br />
Ich, spricht der Herr, mache alles neu.<br />
Christine Heuser<br />
Der Stern <strong>von</strong> Bethlehem ist verdunkelt. Die Verfasserin<br />
des modernen Weihnachtsgedichtes<br />
macht deutlich, dass rote Ampeln, Steine, Preise<br />
und Alltagsprobleme den Blick in den Himmel<br />
und auf den Stern verdecken. Rote Ampeln, Steine<br />
und Preise sind uns näher als das Wunder <strong>von</strong><br />
Bethlehem. Wir leben hier mitten in unserer Welt<br />
und können zweifellos die Ampeln, die Steinkästen,<br />
in denen wir wohnen und die Preise nicht abschaffen.<br />
Sie gehören zu unserem Leben. Aber<br />
inmitten unserer Steinwüsten ruft Gott uns auf,<br />
den Blick auf den Stern zu erheben. Wir sollen<br />
aus dieser Welt nicht emigrieren. Christus, das<br />
Kind in der Krippe will uns Kraft geben für den<br />
Dienst in der Welt. Wir müssen nicht das Firmament<br />
absuchen, um den Stern zu entdecken. In<br />
dem Gedicht heisst es: „Ich, spricht der Herr,
wohne unter euch.“ Auch der blaue Himmel gibt<br />
uns keine Antwort.<br />
Wenn Christus in uns geboren werden darf, bekommen<br />
wir Augen für den Stern <strong>von</strong> Bethlehem,<br />
und wir werden hocherfreut.
14. Dezember<br />
Er kam in sein Eigentum, doch die Seinen<br />
nahmen ihn nicht auf. (Johannes 1, 11)<br />
Wolfgang Bocherts Bühnenstück „<strong>Dr</strong>aussen vor<br />
der Tür“, ist lange Zeit immer wieder auf den<br />
Spielplänen erschienen. Geschildert wird eine<br />
Heimkehrersituation. Ein Soldat kommt aus der<br />
Gefangenschaft. Jahrelang hat er auf diesen Augenblick<br />
gewartet. Und nun steht er endlich mit<br />
zitterndem Herzen da und klopft an seine Haustür.<br />
Da öffnet sich die Tür. Er sieht und erkennt<br />
blitzartig, dass die Frau gar nicht mehr auf ihn<br />
wartet. Es war ihr zu lang geworden. Nun hat ein<br />
anderer seine Stelle eingenommen. Das, wofür er<br />
blutete, worauf er gewartet hat, ist plötzlich nicht<br />
mehr da. Er steht draussen vor der Tür seines Eigentums.<br />
Das ist nicht nur ein Heimkehrerschicksal, das<br />
war auch das Schicksal des Sohnes Gottes. Vom<br />
ersten Augenblick an steht er draussen vor der<br />
Tür. Damals im Stall <strong>von</strong> Bethlehem, damals in<br />
Nazareth, damals in Jerusalem, als er über der<br />
Stadt weinen musste und dann, als sie ihn draussen<br />
vor dem Tor ans Kreuz hängten. „Er kam in<br />
sein Eigentum, und die Seinen nahmen ihn nicht<br />
auf.“<br />
Aber es ist ja doch seine eigene Welt, in die der<br />
Sohn Gottes kam und kommt. Durch ihn ist sie<br />
geschaffen worden. So ist er der Besitzer. Und er<br />
ist auch Eigentümer jedes einzelnen Lebens. Ist es<br />
darum nicht möglich, dass ich ihn gebieten lasse<br />
und dass ich meinen Besitz, meine Zeit, meine<br />
Kraft als sein Eigentum betrachte und es ihm willig<br />
zur Verfügung stelle?
15. Dezember<br />
Und sie gingen hinaus und durchzogen die<br />
Märkte, predigten das Evangelium und<br />
machten gesund an allen Enden. (Lukas 9, 6)<br />
„Der Tod des <strong>Hand</strong>lungsreisenden“ heisst ein<br />
vielbeachtetes Stück <strong>von</strong> Arthur Miller. Es zeigt<br />
vier Durchschnittsmenschen <strong>von</strong> heute, gleichsam<br />
eine Jedermann-Familie. Da ist die hilfsbereite<br />
und doch hilflose Mutter; der Vater, 60 jährig und<br />
krank, fristlos entlassen; da sind die zwei Söhne,<br />
erwachsen und sonst nichts. Eine Null nennt sich<br />
der Ältere, einen Herumstreicher nennt die Mutter<br />
den Jüngeren. Am letzten Tag, den der Vater<br />
noch bei ihnen ist, dämmert es den beiden Jungen<br />
endlich, dass sie Arbeit suchen sollten. Grosssprecherisch<br />
gehen sie <strong>von</strong> zu Hause weg, sie<br />
werden Arbeit finden und dann den Vater zu einem<br />
feudalen Essen einladen. Einer spricht dazu<br />
das unerhörte Wort aus – er weiss aber nicht, was<br />
er damit sagt -: „Eine gute Nachricht, und Vater<br />
wird gesund.“ Die eine gute Nachricht kommt<br />
aber nicht und, statt gesund zu werden, nimmt<br />
sich der Vater das Leben.<br />
Evangelium heisst gute Nachricht, frohe Botschaft.<br />
Nicht nur für Gesunde, moralisch Einwandfreie,<br />
sondern für Kranke, für Verzweifelte,<br />
Gestrauchelte, Resignierende, für Menschen die<br />
fertig sind wie der <strong>Hand</strong>lungsreisende, die nicht<br />
mehr aus und ein wissen, arbeitslos, hoffnungslos.<br />
Die gute Nachricht ist seit 2000 Jahren da. „Seht,<br />
das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde<br />
trägt.“ Die Jünger sagten diese gute Nachricht<br />
weiter und machten gesund bis an alle Enden.<br />
Und wir? Wieviele warten wohl auf eine gute<br />
Nachricht? Machen wir uns jetzt ernsthaft auf. Es<br />
kann morgen schon für den oder jenen zu spät<br />
sein.
16. Dezember<br />
Wo zwei unter euch eins werden, um was sie<br />
bitten sollen, das wird ihnen mein Vater geben.<br />
(Matthäus 18, 19)<br />
Sherwood Eddy schreibt in seinem Buch:<br />
„Schuldner der Welt“, wie Gott Gebete erhört.<br />
„Azariah wird auch noch aus einem andern<br />
Grund zu den wichtigsten Gestalten der indischen<br />
Kirchengeschichte gezählt werden müssen: Im<br />
Jahr 1910 waren er und ich Delegierte auf der<br />
Weltmissionskonferenz in Edinburgh. Nach unserer<br />
Ansicht konnten die schwachen Kräfte der<br />
vorhandenen indischen Missionen, aufgesplittert<br />
in etwa hundert Einzelbekenntnisse, niemals Indien<br />
als Ganzes erobern. Doch gemäss Matth. 18,<br />
19 beteten wir um die Vereinigung der getrennt in<br />
Indien arbeitenden Kirchen. Wir hielten 35 Jahre<br />
lang an dieser Bitte fest. Bis zu seinem Tode wirkte<br />
Azariah als führende Kraft auf dieses Ziel hin.<br />
Zwei Jahre danach (1947) trafen sich in der grossen<br />
Kathedrale <strong>von</strong> Madras tatsächlich die Delegierten<br />
und begründeten die Vereinigte Kirche<br />
Südindiens.“<br />
35 Jahre lang beteten einige Männer um Erhörung.<br />
Was für ein Glauben steckt dahinter! Sie<br />
warfen nicht die Flinte ins Korn, als nach einigen<br />
Jahren sich keine Erhörung einstellte. Unser Vater<br />
gibt. Wir haben seine Zusage. Wir beten nicht ins<br />
Blaue. Nur Geduld! Allerdings sind das „Wie und<br />
Wann“ seine Sache.<br />
Leben wir solche <strong>Aus</strong>dauer?
17. Dezember<br />
Gelobt sei, der da kommt im Namen des<br />
Herrn. (Matthäus 2, 2)<br />
Gedicht <strong>von</strong> Otto Wiemer: Advent.<br />
Holt den Sohn vom Bahnhof ab.<br />
Er kommt.<br />
Man weiss nicht genau,<br />
mit welchem Zug, aber die Ankunft<br />
ist gemeldet.<br />
Es wäre gut, wenn jemand<br />
Dort auf und abginge.<br />
Sonst verpassen wir ihn.<br />
Denn er kommt.<br />
Nur einmal.<br />
Advent heisst, der Sohn kommt. Ein aufregendes<br />
Ereignis. Es gibt tagelange Vorbereitungen.<br />
Und wie sieht unsere Erwartung aus? Wo ist etwas<br />
<strong>von</strong> der Spannung, <strong>von</strong> der Erwartung? Von<br />
der Sehnsucht? Wo ist etwas <strong>von</strong> der Vorbereitung<br />
zu spüren? Erwarten wir nicht viel stärker<br />
stille, ruhige Tage als den Herrn?<br />
Wann finden wir die Zeit, über uns selbst nachzudenken?<br />
Über unsre Unrast und über unsere<br />
Erwartungslosigkeit?<br />
„Vergib uns Herr, dass unsere Erwartung oft so<br />
lustlos, unsere Adventgesänge so routiniert, unsere<br />
Dankbarkeit gekünstelt und die <strong>Aus</strong>strahlung<br />
unseres christlichen Lebens mangelhaft ist.“
18. Dezember<br />
Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass<br />
er seinen eingeborenen Sohn hingegeben hat,<br />
damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren<br />
gehen, sondern das ewige Leben haben.<br />
(Johannes 3, 16)<br />
Am Anfang der Menschheitsgeschichte geht es<br />
schon los, ein falscher Blick, ein falsches Wort,<br />
ein falscher Griff, und die ersten Menschen, die<br />
zum Ebenbilde Gottes geschaffen wurden, sind<br />
verloren. Und seitdem liegt über der gesamten<br />
Menschheit ein Fluch.<br />
Darum feiern wir jedes Jahr Weihnachten, weil<br />
Christus nicht in der Etappe des Himmels geblieben<br />
ist, um sich das Erdenleid und über das Verlorensein<br />
der Menschen „nach oben“ berichten zu<br />
lassen und aus sicherer Distanz einige Trostworte<br />
uns zuzurufen, nein, er hat den Himmel verlassen<br />
und ist ganz nahe zu uns gekommen, „um zu suchen<br />
und selig zu machen, was verloren ist“.
19. Dezember<br />
Sie traten in das Haus ein und sahen das<br />
Kindlein. (Matthäus 2, 11)<br />
„Was will schon dieses Kind?“ Unter dieser Überschrift<br />
veröffentlichte die holländische Kirche ein<br />
Bild, das eindrucksvoll <strong>von</strong> sämtlichen Anzeigetafeln,<br />
Schildern und Plakatwänden auf die Menschen<br />
schaute, die daran vorbeiströmten.<br />
Man sah den Stern <strong>von</strong> Bethlehem, der über die<br />
Schulter eines Kollektivmenschen unserer Tage<br />
mit <strong>seiner</strong> Maschinenwelt und dem entsetzlichen<br />
Lärm schien und einen hellen Schein auf das Kind<br />
in der Krippe warf. Der Mensch schaute fragend<br />
dem Lichtstrahl nach, der ein unschuldiges Kind<br />
traf, wie die Christen sagen.. Er fluchte nicht, er<br />
spottete auch nicht. Er riss keine albernen Witze,<br />
aber die Falten auf <strong>seiner</strong> Stirn machten deutlich,<br />
dass er fragend und zweifelnd vor dem Kind in<br />
der Krippe stand. Die beiden Welten hatten für<br />
ihn nichts miteinander zu tun, die Welt des Kindes<br />
und die Welt der Maschinen. Der Mann suchte<br />
Antwort. Der Mann fragte ehrlich: „Was will<br />
doch dieses Kind?“<br />
Sieh, das gefällt mir an dem Mann, der zweifellos<br />
mit beiden Beinen im Leben steht. Irgendwie tat<br />
er wie es in unserem Text steht: Sie traten in das<br />
Haus ein. Die meisten bleiben draussen, weil sie<br />
mit dem Kind nichts anfangen können und wollen.<br />
Vielleicht schauen sie einmal durchs Fenster<br />
und lassen ihr Herz leicht höher schlagen. Aber es<br />
passiert nichts. Sie sind ergriffen, aber lassen sich<br />
<strong>von</strong> dem Kind nicht ergreifen. Tritt ein in den<br />
Stall <strong>von</strong> Bethlehem und du siehst und erlebst,<br />
wer Jesus ist!
20. Dezember<br />
Der Heiland ist geboren. (Lukas 2, 11)<br />
Advent ist zu Ende, Weihnachten beginnt. Lasst<br />
uns das nun bedenken, was kommt.<br />
Vor Jahren erschien in einer Witz-Zeitung ein<br />
Weihnachtsbild. Man sah in grob angedeuteten<br />
Strichen eine Karikatur des Weihnachtsengels, der<br />
hoch aus der Luft eine Figur des Jesuskindes auf<br />
einen Misthaufen auf Erden warf. Unter dem Bild<br />
stand geschrieben: „Halleluja, es bleibt alles beim<br />
alten!“<br />
2000 Jahre Christentum hat den ‚Misthaufen’ in<br />
der Welt nicht beseitigen können. „Alle Jahre<br />
wieder kommt das Christuskind auf die Erde nieder“,<br />
die Menschen feiern ein sentimentales Fest,<br />
und der Misthaufen bleibt. Ist das alles? Gott sei<br />
Dank nicht. Wer das Kind aufnimmt, hilft mit,<br />
dass nicht alles beim alten bleibt. Der Streit zwischen<br />
Mann und Frau und zwischen Vater und<br />
Sohn und das penetrante Nachtragen eines bösen<br />
Vergehens hat ein Ende. Die selbstverständliche<br />
Lüge am Telefon, im Geschäft und in der Familie<br />
hört auf. Der einzelne beseitigt seinen ‚Misthaufen’.<br />
So ist das, wenn das Kind nicht nur fromme<br />
Dekoration, sondern der Heiland unseres Lebens<br />
geworden ist.
21. Dezember<br />
Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen<br />
Sohn, geboren <strong>von</strong> einer Frau und unter<br />
das Gesetz getan. (Galaterbrief 4, 4)<br />
„Bei Gott ist kein Ding unmöglich“, sagte der<br />
Engel zu Maria. Auch Maria zweifelte, was nicht<br />
verwunderlich ist. Was der Engel ihr da ankündigte,<br />
war ja etwas, was noch nie zuvor geschehen<br />
war und nie wieder geschehen würde.<br />
Als die Zeit erfüllt war und Gott in unsere Welt<br />
eingriff, tat er dies auf eine Art und Weise, die<br />
vollkommen einmalig war. Was sonst unmöglich<br />
ist – hier geschah es. Man kann bei der Jungfrauengeburt<br />
nicht mit dem Argument kommen: Das<br />
kann doch nicht wahr sein, so was gibt’s doch gar<br />
nicht! Genau das widerlegt das Evangelium selber.<br />
Was hier berichtet wird, hat sich nur dies eine Mal<br />
zugetragen, als Gott seinen Sohn sandte und <strong>von</strong><br />
einer Frau geboren werden liess.<br />
Bei der Lektüre der ersten Kapitel des Lukasevangeliums<br />
bekommt man unwillkürlich den<br />
Eindruck, dass Lukas diese Dinge <strong>von</strong> Maria<br />
selbst gehört haben muss. Die Geschehnisse in<br />
Nazareth, die lange Wanderung nach Judäa, um<br />
Elisabeth zu besuchen, die Ereignisse bei der<br />
Schätzung in Bethlehem und bei der Geburt Jesu<br />
– wir erleben es alles gleichsam durch Marias Augen,<br />
und es wird seltsam lebendig und packend,<br />
wenn wir es vor diesem Hintergrund lesen.
22. Dezember<br />
Selig bist du, die du geglaubt hast!<br />
(Lukas 1, 45)<br />
Maria ist uns ein Vorbild geworden als Mensch<br />
des Glaubens. Sie hat ihren festen Platz nicht nur<br />
in jedem Weihnachtsstall bei der Krippe, sondern<br />
auch im Weihnachtsevangelium. Sie konnte <strong>von</strong><br />
sich sagen, dass alle Menschen sie selig preisen<br />
würden. Die Christenheit hat oft zu viel in diese<br />
Worte hineingelegt und Maria zur grossen Fürbitterin,<br />
zur Helferin in aller Not, zur Vermittlerin<br />
der Gnade Gottes gemacht. Diese Ehre kommt<br />
aber ihr nicht zu, sondern nur ihrem Sohn. Aber<br />
wir dürfen und sollen Maria selig preisen für ihren<br />
Glauben – gerade so, wie es Elisabeth tat.<br />
Es fiel Maria nicht leicht, zu glauben, dass das,<br />
was der Engel ihr gesagt hatte, in Erfüllung gehen<br />
würde. Es ging doch gegen alle bekannten Naturgesetze,<br />
und Maria war doch nur eine einfache<br />
Frau, und dann erst noch eine aus Nazareth in<br />
Galiläa.<br />
Maria muss über diese Dinge nachgedacht haben,<br />
und ihr grosser Lobgesang zeigt uns etwas <strong>von</strong><br />
der Antwort, die sie in ihren Gebeten bekommen<br />
hat. Gott ist ein Meister darin, unsere Massstäbe<br />
auf den Kopf zu stellen. Was für die Welt gross<br />
und mächtig aussieht, das kann er verwerfen, und<br />
was rein gar nichts ist, das kann er zu seinem<br />
Werkzeug erwählen. Der Glaube macht uns offen<br />
und aufnahmebereit für diese Sichtweise. Wer diesen<br />
Glauben hat, der kann Gottes Werkzeug werden.<br />
Denn dies ist wahre Grösse: dass ich grosse<br />
Dinge <strong>von</strong> Gott erwarte und ihn deshalb grosse<br />
Dinge durch mich tun lasse.
23. Dezember<br />
Ich sehe ihn, aber nicht jetzt; ich schaue ihn,<br />
aber nicht <strong>von</strong> nahem. Es wird ein Stern aus<br />
Jakob aufgehen und ein Zepter aus Israel aufkommen.<br />
(4. Mose 24, 17)<br />
Bibellesung: Lukas 2, 22-32<br />
Die heutige Lesung ist wie ein Schlüssel zu den<br />
Texten über Jesu Geburt und Kindheit. Sie gibt<br />
uns ein Bild <strong>von</strong> den Menschen, die auf Jesus<br />
warteten. Sie warteten auf den „Trost Israels“. Es<br />
waren oft ganz einfache Menschen, wie Josef und<br />
Maria. Sie kannten die Bibel. Sie wussten, was<br />
Gott getan hatte und was er noch tun würde. In<br />
längst vergangenen Zeiten hatte Gott schon geredet.<br />
Vor sehr langer Zeit, als Israel noch auf dem<br />
Weg nach Kanaan war, hatte ein Mann namens<br />
Bileam <strong>von</strong> einem König namens Balak gegen gutes<br />
Geld den Auftrag bekommen, Israel zu verfluchen.<br />
Aber zum grossen Verdruss Balaks drehte<br />
Gott Bileam um. Er musste Israel segnen, und als<br />
er das tat, bekam er, der Seher, einen Einblick in<br />
die Zukunft und sprach geheimnisvolle Worte<br />
über Einen, der kommen würde – aber noch nicht<br />
bald. Einen Stern aus Jakob sah er aufgehen und<br />
ein Zepter aus Israel aufsteigen. Viele, die nach<br />
ihm kamen, sahen dasselbe. <strong>Aus</strong> dem Geschlecht<br />
Davids würde der Verheissene kommen und in<br />
Bethlehem geboren werden. Der greise Simeon<br />
hatte <strong>von</strong> Gott die Zusage bekommen, dass er<br />
nicht sterben würde, bevor er den Messias, Gottes<br />
Gesalbten gesehen hatte. Der Messias würde grösser<br />
sein als alle Propheten und Könige, und er<br />
würde <strong>von</strong> Gottes eigenem Geist gesalbt sein.<br />
Herr, jetzt lässest du mich bald wieder Weihnachten<br />
feiern. Aber ich hätte kein einziges Weihnachtsfest<br />
erlebt, wenn du nicht deine Verheissungen<br />
erfüllt hättest.
24. Dezember<br />
Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter<br />
uns. (Johannes 1, 14)<br />
„Im Anfang war das Wort“ – so beginnt Johannes<br />
sein Evangelium. Mit voller Absicht beginnt er es<br />
so, wie die Bibel beginnt: „Im Anfang schuf Gott<br />
Himmel und Erde.“ Und jetzt sagt uns Johannes<br />
also, dass Jesus damals schon dabei war. Er ist<br />
genau so ewig wie sein Vater. Alles ist durch ihn<br />
geworden. Als er in der Weihnachtsnacht zur<br />
Welt kam, kam er in sein Eigentum, in die Welt,<br />
die er selber geschaffen hatte. Zu dieser Welt gehöre<br />
auch ich. Er hat sich etwas dabei gedacht, als<br />
er mich schuf. Jesus als das Wort heisst: in ihm ist<br />
Gott selber sprechend gegenwärtig. In ihm lebt<br />
alles, was Gott ist und hat. Wir müssen das im<br />
Gedächtnis behalten, um ahnen zu können, was<br />
es bedeutet, dass „das Wort Fleisch wurde und<br />
unter uns wohnte“. Fleisch – das bedeutet hier<br />
alles Leibliche, in welches Gott selber sich begab.<br />
Dieses Wunder hat noch ein grösseres Wunder<br />
möglich gemacht: Dass Gott mit seinem ewigen<br />
Leben in unseren Herzen wohnen kann.<br />
Herr Jesus, und jetzt bitte ich dich um dieses<br />
grosse Wunder, dass du auch in meinem Herzen<br />
geboren wirst und dort Wohnung nimmst, mit all<br />
dem, was du <strong>von</strong> deinem Vater mitbringst.
Weihnachten 25. Dezember<br />
Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden<br />
unter den Menschen seines Wohlgefallens.<br />
(Lukas 2, 14)<br />
In dem Gesang der Engel in der Geburtsnacht<br />
Jesu liegt das ganze Weihnachtsevangelium eingeschlossen.<br />
Hier ist jedes Wort randvoll vom<br />
Evangelium.<br />
„Ehre sei Gott“ – Ehre steht für Gottes Herrlichkeit,<br />
sein unaussprechliches Wesen. Es geht um<br />
das Licht, das kein irdisches Auge ertragen kann,<br />
das Licht, zu dem keiner <strong>von</strong> sich aus kommen<br />
kann. Eigentlich müssten wir <strong>von</strong> diesem Licht<br />
für immer ausgeschlossen sein. Aber jetzt geschieht<br />
das grosse Wunder: Gott kommt auf diese<br />
Erde herab. Nicht in seinem verzehrenden Glanz,<br />
sondern in der Gestalt eines neugeborenen Menschenkindes.<br />
Und die Engel fangen an zu singen,<br />
erstaunt und überwältigt und beglückt <strong>von</strong> diesem<br />
Wunder. Die Ehre gehört Gott, sagen sie. Bei ihm<br />
ist die Macht und die Herrlichkeit in Ewigkeit.<br />
Aber nun steigt sie herab, um der Erde Frieden zu<br />
bringen.<br />
„Friede“ – bedeutet Stille, Harmonie, Lieblichkeit,<br />
Geborgenheit, den Urzustand der Schöpfung, der<br />
beim Sündenfall verloren ging. Jetzt will Gott ihn<br />
wiederherstellen. Alles wird wieder gut. Vergebung,<br />
Erneuerung, alle guten Kräfte der göttlichen<br />
Barmherzigkeit senken sich auf die Menschen<br />
herab – unter die „Menschen seines Wohlgefallens“<br />
– gerade zu den gefallenen, ausgestossenen,<br />
gedemütigten und gescheiterten. Es war<br />
kein Zufall, dass die Hirten als Erste diese Botschaft<br />
erhielten. Gerade sie waren würdig, diese<br />
grosse Sache und Bewegung als Erstlinge zu erleben.
Stephanstag 26. Dezember<br />
Meint ihr, dass ich gekommen bin, Frieden<br />
zu bringen auf Erden? Ich sage: Nein, sondern<br />
Zwietracht. (Lukas 12, 51)<br />
Er ist schon merkwürdig, der zweite Weihnachtstag.<br />
Genau an diesem Tag gedenkt die Kirche<br />
ihres ersten Märtyrers, des Stephanus. Wie<br />
soll das mit dem Fest des Friedens und der Freude<br />
zusammenpassen? Doch es liegt ein tiefer Sinn<br />
darin, gerade heute den Stephanstag zu begehen.<br />
Die ersten Christen wussten, was das Martyrium<br />
eigentlich bedeutete. Es war kein Todestag, sondern<br />
ein Geburtstag. In der Stunde des Märtyrertodes<br />
begann das eigentliche Leben, daheim beim<br />
Herrn.Die ersten Jünger wussten aus persönlicher<br />
Erfahrung, dass der Glaube an Christus Unfrieden,<br />
Leiden und Tod bringen kann. Gewiss ist er<br />
der Friedefürst. „Geht hin in Frieden“ „Meinen<br />
Frieden gebe ich euch“, sagte Jesus seinen Jüngern.<br />
Aber dann fügte er hinzu: „Nicht wie die<br />
Welt gibt, gebe ich euch“. Die Welt versteht unter<br />
Frieden, dass man seine Ruhe hat und sich seines<br />
Lebens freuen kann. Christi Frieden hat auch damit<br />
zu tun, ist aber Gewissensfrieden, Frieden mit<br />
Gott, Frieden mit Menschen dadurch, dass man<br />
vergibt.<br />
Aber Friede mit Gott bedeutet gleichzeitig Unfrieden,<br />
Zwietracht mit allen Mächten, die gegen<br />
Gott stehen. Als Jesus zur Welt kam, wurden<br />
nicht nur die Hirten aktiv, sondern auch Herodes<br />
mit seinen <strong>Hand</strong>langern. Das Evangelium erfährt<br />
da und dort erbitterten Widerstand. Doch eines<br />
Tages wird das ein Ende haben, wenn Gott seine<br />
Reichsherrschaft endgültig aufrichtet. Bis dahin<br />
freuen wir uns der Nähe Jesu Christi. Mit ihm<br />
überwinden wir weit.<br />
Stephanus – Siegeskranz!
27. Dezember<br />
Er ist der Abglanz <strong>seiner</strong> Herrlichkeit und<br />
das Ebenbild seines Wesens. (Hebräerbrief 1,<br />
3)<br />
Als erstes hören wir im Hebräerbrief, dass Gott in<br />
vergangenen Zeiten viele Male und auf viele Arten<br />
durch die Propheten geredet hat. Doch jetzt<br />
hat er ganz neu gereder – durch seinen Sohn. Und<br />
dieser Sohn hat eine einzigartige, unvergleichliche<br />
Stellung im Universum. Er ist der Abglanz der<br />
Herrlichkeit des Vaters und das reine Abbild seines<br />
Wesens. Von diesem Wesen Gottes gibt es<br />
einen Widerschein in Christus. In Christus sehen<br />
wir den Vater.<br />
Christus ist genauso ewig wie der Vater. Die Zeit<br />
ist ja ein Teil der Schöpfung; die Welt hat einen<br />
Anfang und ein Ende. Doch Gott und mit ihm<br />
Christus ist über all das erhaben.<br />
Wir leben gleichsam eingesperrt in der Zeit. Unerbittlich<br />
rollt sie weiter, werden die Tage, die uns<br />
zugemessen sind, weniger. Und nicht nur wir altern,<br />
sondern die ganze Welt; sie wird „veralten<br />
wie ein Gewand“. Aber Christus bleibt derselbe,<br />
seine Jahre haben kein Ende.<br />
In Gottes Welt steht man über dem Gang der<br />
Zeit. Dort braucht man nie mehr seufzend an etwas<br />
zurückzudenken, das vergangen ist und nie<br />
mehr wiederkommt.<br />
Dort heisst Leben immer sich freuen und das<br />
empfangen wir als ewiges Leben schon jetzt, weil<br />
Christus als Abglanz Seiner Herrlichkeit uns erfreut<br />
und uns erfüllt.
28. Dezember<br />
Darum schämt er sich auch nicht, sie Brüder<br />
zu nennen. (Hebräerbrief 2, 11)<br />
Bei manchen Menschen tun wir uns schwer damit,<br />
sie ‚Brüder’ zu nennen. Manche Zeitgenossen<br />
sind so unangenehm anders. Aber der Unterschied<br />
zwischen diesen unmöglichen Menschen<br />
und uns ist nichts gegen den Unterschied zwischen<br />
uns und Gott. Und doch lesen wir hier über<br />
Christus, dass er sich nicht schämte, uns seine<br />
Brüder zu nennen.Als Christus als Bruder zu uns<br />
kam, da bedeutete das für ihn Leiden bis in den<br />
Tod. Er wurde ein Wesen aus Fleisch und Blut,<br />
damit er, der Gott war, leiden und sterben konnte<br />
– denn dies war die einzige Möglichkeit, dem die<br />
Macht zu nehmen, der Gewalt über den Tod hatte,<br />
nämlich dem Teufel. So gibt es ja auch die<br />
wirkliche Macht, die Gottes Schöpfung verderben<br />
will. Christus wurde einer <strong>von</strong> uns um in diesem<br />
Kampf zu kämpfen. Er trat dieser andern Macht<br />
entgegen, um die zu befreien, die durch Furcht<br />
vor dem Tod im ganzen Leben Knechte sein<br />
müssten. Dieser Knechtschaft und Angst versuchen<br />
viele dadurch zu entfliehen, dass sie tapfer<br />
nicht an den Tod denken. Und doch ist der einzige<br />
sichere Punkt im Programm unserer Zukunft<br />
der Tod, und wir wissen nie, wann er kommen<br />
wird – in zehn Jahren, oder schon morgen?<br />
Doch Christus setzt sein Leben ein für die Brüder<br />
und die Schwestern, dass sie sich nicht fürchten<br />
müssen. Er ist das Heil und bringt das Heil denen,<br />
die ihm als Bruder vertrauen.<br />
Darum schämte er sich auch nicht, sie Brüder zu<br />
nennen. Wie herrlich, dass in dieser Gemeinschaft<br />
all unsere Sorge Platz hat und Christus uns darin<br />
alle seine Liebe erweist.
29. Dezember<br />
Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet,<br />
so verstocket eure Herzen nicht.<br />
(Hebräerbrief 3, 7)<br />
Man kann sein Herz verstocken, verhärten, sagt<br />
der Hebräerbrief und nicht nur an einer Stelle. Er<br />
muss erschreckende Beispiele für solche Verstockungen<br />
miterlebt haben. Und so schärft er seinen<br />
Lesern ein, dass es dahin kommen kann, dass<br />
ein Mensch nicht mehr zu Gott und zur Vergebung<br />
zurückkommen kann. Gott kommt uns weit<br />
entgegen, er sehnt sich nach seinen Kindern. Er<br />
schickt ihnen Boten, die sie nach Hause einladen,<br />
und er hat dies nie so eindringlich und bewegend<br />
getan wie, als er seinen Sohn in die Welt sandte<br />
und ein bleibendes Werk der Barmherzigkeit und<br />
Erlösung errichtete. Es ist nicht leicht, darauf<br />
trotzig Nein zu sagen. Aber es ist möglich.<br />
Ein Mensch, der alles gesehen und erfahren hat,<br />
was Gott ihm gegeben und durch den heiligen<br />
Geist verklärt hat, kann sich doch wieder da<strong>von</strong><br />
losreissen und „abfallen vom lebendigen Gott“.<br />
Aber das geht nicht, ohne dass man sich verhärtet<br />
und verstockt. Man kann so werden, dass man<br />
einem tiefgefrorenen Klumpen gleicht. Von solchen<br />
Menschen sagt der Apostel, dass es unmöglich<br />
ist, sie zurück auf den rechten Weg eines lebendigen<br />
Glaubens zu holen. Solche Menschen<br />
meinte Jesus, dass sie nicht einfach sündigen.<br />
Sondern er warnte sie davor, dass sie die Sünde<br />
gegen den heiligen Geist begehen könnten. Es<br />
waren damals Menschen, die alle seine Worte gehört<br />
und alle seine Taten gesehen hatten, die seine<br />
Wunder nicht leugnen konnten und ihn doch ablehnten,<br />
indem sie sagten: „Das ist Teufelswerk;<br />
er steht mit dem Beelzebul im Bund.“<br />
Die ersten Christen waren sich über diese Dinge<br />
im Klaren. Und ihre Verkündigung war auch ent-
sprechend klar. Das war im Aufbau der ersten<br />
Gemeinden eine grosse Hilfe. Wir brauchen heute<br />
wieder diese Klarheit und eindeutige <strong>Aus</strong>richtung.<br />
Darum: Heute, wenn ihr seine Stimme hören<br />
werdet, so verstocket eure Herzen nicht!
30. Dezember<br />
Die Taufe der Busse zur Vergebung der Sünden.<br />
(Lukas 3, 3)<br />
Die Predigt Johannes des Täufers hatte ein ungeheures<br />
Aufsehen erregt. <strong>Aus</strong> allen Himmelsrichtungen<br />
strömten die Menschen herbei, um den<br />
neuen <strong>Prof</strong>eten zu hören – den ersten, der seit<br />
Jahrhunderten in Israel aufgetreten war. Viele<br />
glaubten, dass er der Messias war, aber er selber<br />
verneinte das. Er sei nur der Wegbereiter, sagte er.<br />
Nach ihm würde der kommen, der stärker sei als<br />
er: der Messias selber. Gottes Reich sei nahe.<br />
Das war es, was die Menschen packte. Der Messias<br />
würde „die zerfallene Hütte Davids wieder aufrichten“.<br />
Für viele Juden war es klar, dass dies eine<br />
politische Revolution und eine nationale Neugeburt<br />
bedeutete.<br />
Doch mit diesem Denken ging Johannes hart ins<br />
Gericht. Nein, er wird keine Privilegien bringen.<br />
Es genügte nicht, <strong>von</strong> Abraham abzustammen.<br />
Zu Gottes Volk zu gehören, das bedeutete, Gottes<br />
Diener zu sein. Es würde ein Tag des Gerichts<br />
und der Abrechnung kommen. Die Axt war<br />
schon an die Wurzel gelegt.<br />
Darum taufte Johannes. Darum verkündigte er so<br />
das Kommen des Messias.<br />
Tut Busse, denn das Himmelreich ist nahe herbei<br />
gekommen. Das war die Botschaft damals – und<br />
heute.
31. Dezember<br />
Komm und sieh! (Johannes 1, 39.46)<br />
Wie machte Jesus das, wenn er Menschen zu sich<br />
rief? Er fragte sie nicht, was sie glaubten und untersuchte<br />
nicht ihren Lebenswandel. Das wusste<br />
er ja alles schon – egal, ob es sich um einen Gerechten<br />
wie Nathanael handelte oder um eines<br />
<strong>von</strong> Gottes Problemkindern, wie die Frau am Jakobsbrunnen.<br />
Weder der Glaube noch die Taten<br />
der Menschen waren entscheidend; Jesus war ja<br />
gerade gekommen, um ihnen zu helfen. Darum<br />
sagte er immer als Erstes: Folge mir nach! – oder<br />
eben, was auf dasselbe hinausläuft: Komm und<br />
sieh! Wer Jesus ist, was er will und was er kann,<br />
das lernt man nur durch die persönliche Erfahrung<br />
mit ihm kennen. Das scheint auch Philippus<br />
begriffen zu haben. Als Nathanael mit ihm diskutieren<br />
will und fragt, was denn Gutes kommen<br />
kann aus dem Provinznest Nazareth, antwortet er<br />
einfach: Komm und sieh es!<br />
Diese Regel ‚Komm und sieh es!’, sie gilt für alle<br />
Jünger, und sie gilt ein Leben lang. Wie hoffnungsvoll,<br />
dies gerade an Sylvester festhalten zu<br />
dürfen.<br />
Als Nathanael ganz überrascht ist, dass Jesus<br />
schon so viel über ihn weiss, sagt Jesus zu ihm:<br />
Du wirst noch Grösseres sehen als dies! Wir werden<br />
nie fertig in der Nachfolge Jesu. Das ist tröstlich<br />
am Ende eines Jahres und beim Beginn eines<br />
neuen Jahres.<br />
Für dieses ‚Sehen’ braucht es nur eines, dass wir<br />
ständig wieder neu ‚kommen’ – zu Jesus selber;<br />
dass wir auf sein Wort hören und im Gebet mit<br />
ihm sprechen.<br />
Ich wünsche ihnen einen getrosten Übergang ins<br />
neue Jahr. Gott segne sie!