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Aus seiner Hand - Retislit-Edition, Werke von Dr. Prof. Werner S ...

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<strong>Werner</strong> Studer<br />

<strong>Aus</strong> Seiner <strong>Hand</strong><br />

365 Andachten aller Arten<br />

für alle Tage der Jahre<br />

<strong>Retislit</strong>-<strong>Edition</strong> 2010


<strong>Werner</strong> S. Studer<br />

<strong>Aus</strong> Seiner <strong>Hand</strong><br />

365 Andachten aller Arten<br />

für alle Tage der Jahre<br />

Titelbild <strong>von</strong> Shirin Stevens<br />

Gratis lesen und herunterladen.<br />

Sympathie-Postkonto:<br />

<strong>Werner</strong> Studer Uster 40-2927-9<br />

Echos willkommen auf:<br />

wernerstuder@gmx.ch<br />

Internetbuch 2010<br />

<strong>Retislit</strong>-<strong>Edition</strong>


1. Januar<br />

Setzt euer Vertrauen nicht auf Menschen die<br />

Einfluss haben und Macht ausüben! Sie sind<br />

vergänglich wie ihr und erretten euch nicht.<br />

Sie vergehen mit ihren falschen Plänen. Vielmehr<br />

lobet den Herr-Gott für seine mächtigen<br />

Taten! Lobt ihn, denn seine Herrlichkeit<br />

ist unermesslich. (<strong>Aus</strong> Psalmen 146 und 150)<br />

Einem Menschen, ohne darnach zu fragen ob das<br />

recht sei, grösste Ehre zu geben, bedeutet mehr,<br />

als ihn höher zu achten, als sich selbst. Irgendwie<br />

wird man leutselig ausdrücken, wie man sich freut<br />

an <strong>seiner</strong> Gegenwart und <strong>seiner</strong> Herablassung zu<br />

uns armen „Schluckern“ und an den milden Gaben<br />

aus seinen so genannten gemeinnützigen Leistungen<br />

der oft verdeckten Gesellschaften <strong>von</strong><br />

ihm und seinen Vertrauten.<br />

Seinen Weisungen kommt man gerne nach und<br />

lässt es sich etwas kosten ihm zu Diensten zu<br />

sein.<br />

Auch wenn wir den Menschen der Ehre positiver<br />

sehen dürfen, so kann uns auch ein solcher bei<br />

aller <strong>seiner</strong> Güte, Treue und seinen Qualitäten<br />

nicht geben, was wir tagtäglich wie selbstverständlich<br />

<strong>von</strong> Gott, der unser Schöpfer ist, empfangen.<br />

Erhält er dafür unseren Dank, Anerkennung, Ehrung,<br />

Lob und Liebe?<br />

Sollte es nicht gerade jetzt an Neujahr uns tief zu<br />

Herzen gehen, auf jede Weise Gott den Herrn,<br />

der die Schöpfung liebt, zu ehren? Und welches<br />

ist die beste Art? Grösste Ehre geben wir Gott,<br />

indem wir seine Gebote beachten und darnach<br />

leben! Die Bibel enthält sie in vielfältiger und<br />

leicht verständlicher Weise. Sie gehören zur Guten<br />

Nachricht <strong>von</strong> Gott in der Bibel und oft auch<br />

zur Antwort auf Gebete.


Erst die Gebote, als Gottes Anrede an uns verstanden,<br />

lassen uns die Wahrheit erkennen, wer<br />

Gott ist und wie wir ihn erfreuen können.<br />

Freude und Erfreuen sind <strong>Aus</strong>druck <strong>von</strong> innerer<br />

Freiheit. Wer sich freuen kann, ist keinem Zwang<br />

unterworfen.<br />

Menschen der Bibel und des Zeitlaufs haben Gottes<br />

Gebote akzeptiert und sie rufen einander<br />

werktags und sonntags zu: Lobet, danket, rühmet<br />

den Herrn unseren Gott!


2. Januar<br />

Im Kosmos läutet und schallt es:<br />

Immanuel – Halleluja! Gott mit uns – Preis<br />

dem Herrn! (Psalm 146, 10)<br />

Trotz aller Schuld des Menschen an der Schöpfung,<br />

trotz aller Bedrohung der Natur, des Weltraums<br />

(Weltraummüll u.a.) und selbst der<br />

Menschheit, ist noch klar zu erkennen, dass wir in<br />

einer gegebenen, überragenden Ordnung leben.<br />

„Solange die Erde steht, soll nicht aufhören Saat<br />

und Ernte, Frost und Hitze, Sommer und Winter,<br />

Tag und Nacht“ (1. Mose 8, 22) heisst es am Anfang<br />

der Bibel. Gott ist bis heute <strong>seiner</strong> Schöpfung<br />

treu geblieben.<br />

Die Wunderwerke Gottes und vor allem unser<br />

Leben sind Gaben, die uns zum Gebrauch gegeben<br />

wurden. Ungehorsam der Menschen machte<br />

sie zu Sündern, die fortan immer wieder Gottes<br />

Gebote übertreten werden. Die katastrophalen<br />

Folgen kennen wir alle, wenn wir die Augen nicht<br />

verschliessen. Die Missachtung einzelner Anordnungen<br />

stört die ganze Ordnung Gottes. So sind<br />

auch die <strong>Aus</strong>wirkungen umfassend und bestimmen<br />

unser Schicksal für Zeit und Ewigkeit.<br />

Was ist unsere Antwort auf die Klage des Propheten<br />

„Selbst der Storch am Himmel kennt seine<br />

Zeiten, und die Turteltaube, Schwalbe, Kranich,<br />

sie halten ein die Zeit ihrer Heimkehr; aber mein<br />

Volk will nichts wissen <strong>von</strong> der Ordnung des<br />

Herrn“ Jer. 8, 7


3. Januar<br />

Glücklich ist der Mensch, der nicht lebt wie<br />

solche ohne Gott… denn, was er auch unternimmt,<br />

es gelingt ihm wohl. (Psalm 1, 1 +3)<br />

Das ist ein guter Bescheid: Da gibt es also Leute,<br />

denen alles wohl gerät; mitten in einer Zeit, da alle<br />

gegebenen Ordnungen zusammen zu brechen<br />

drohen, da Verführung, Missbrauch und Verbrechen<br />

vor keinem Lebensbereich halt machen und<br />

die Menschheit sich selber zu vernichten droht.<br />

Wer sind sie denn, diese Glücklich-Gepriesenen?<br />

Es sind Menschen, die in klarem Bewusstsein<br />

Gott eine persönliche Antwort gegeben haben:<br />

Herr, ich vertraue dir. Ich freue mich, nach deinen<br />

Weisungen zu wandeln und zu handeln. Ich vergesse<br />

dein Wort nicht. Den Weg der Wahrheit<br />

habe ich erwählt, nach deinen Ordnungen verlangt<br />

mich (aus Psalm 119).<br />

Allerdings hat es für sie Konsequenzen: Sie sitzen<br />

nicht zusammen mit Leuten, denen nichts heilig<br />

ist; sie richten sich nicht nach dem Vorbild gewissenloser<br />

Menschen. Aber sie haben ihre Freude<br />

an den Weisungen des Herrn und sind Täter des<br />

Gotteswortes und nicht nur Hörer und Besinnliche.<br />

Wohl sind sie (oft gerade in lebendigen Gemeinden)<br />

in einer Minderheit, meistens als die Stillen<br />

im Lande. Aber als geprägte und prägende Menschen<br />

tun sie mehr für nachhaltige Veränderungen<br />

der Gesellschaft, als lärmige Massen.<br />

Dass Glück und Gelingen über ihrem Tun liegt,<br />

kommt oft gewiss auch ihnen selber zugut. Aber<br />

auch damit ehren sie den, auf dessen Weisungen<br />

sie definitiv eingegangen sind.<br />

Woher kennen sie ein solches Leben? Von dem,<br />

der es vollkommen gelebt hat: Jesus Christus. Mit


losser Vernunft beurteilt, war sein Leben am<br />

Ende ein Fiasko. Ich hoffe, du bist kritisch genug<br />

um Christi Passion zu betrachten und du wirst<br />

mehr erkennen, als dass der Tod am Kreuz mit<br />

allem Geschehen uns Menschen ermöglicht hat,<br />

Kinder Gottes zu werden, damit durch sie eine<br />

neue Weltordnung entsteht, Gottes Reich und<br />

ewige Herrschaft hervortreten.<br />

Darum interessiere dich für die Bibel und betrachte<br />

das Leben, Leiden und den Sieg Jesu. Etwas<br />

Anstrengung kann nicht schaden. Wisse, die<br />

Gebote Gottes fallen nicht, wenn du sie nicht<br />

hältst; vielmehr werden sie einst die Gerichtsparagraphen<br />

über deinem Leben sein.<br />

Noch einmal mahnt uns die Bibel im Römerbrief<br />

12, 1 ff: „Stellt euch Gott ganz zur Verfügung.<br />

Richtet euch nicht nach den Massstäben dieser<br />

Welt. Lasst euch vielmehr innerlich <strong>von</strong> Gott<br />

umwandeln und euch eine neue Gesinnung<br />

schenken. Dann könnt ihr erkennen, was Gottes<br />

Wille ist. Ihr wisst dann, was gut und vollkommen<br />

ist und was Gott gefällt“.


4. Januar<br />

Wer Verbindung zu Gott sucht, wird strahlen<br />

vor Freude und sein Gesicht soll nicht schamrot<br />

werden. (Psalm 34, 6)<br />

Es gibt wohl nur wenige Menschen zu allen Zeiten<br />

aber vor allem zu heutiger Zeit, die sich diese<br />

ersten Zeilen auf ein Plakat schreiben können und<br />

es dann vor sich hertragen um damit zu sagen:<br />

Seht nur her, da ist einer, der halt <strong>von</strong> der bösen<br />

Welt Abstand hält und ganz rein lebt, weil ich<br />

eben mit Gott im Bunde bin. Ich denke, Jesus<br />

hätte das nicht toleriert und tut es auch heute<br />

nicht, solchen geistlichen Hochmut zu goutieren<br />

und zu belohnen. Da ist schnell die Rechnung<br />

ohne den Wirt gemacht!<br />

Vielmehr ist es doch so, dass wir keinem Stammtisch<br />

zuhören, keine Zeitung aufschlagen, kaum<br />

Radio- oder Fernsehprogramme einschalten können,<br />

ohne uns tiefrot zu schämen. Was nützt es<br />

nun Zeitungen abzubestellen, keine Restaurants<br />

mehr zu besuchen und Radio samt Fernsehen ruhen<br />

zu lassen, wenn wir nicht bereit sind, Verantwortung<br />

zu übernehmen, eigene Meinungen zu<br />

bilden und sie zu vertreten usw.? Und da kommt<br />

nun der springende Punkt: Weil Gott sein Produkt<br />

(Schöpfung) liebt und nicht aufgibt, sind<br />

Menschen bereit das vorher Beschriebene zu tun<br />

– nicht aus sich selbst – sondern weil sie auf irgend<br />

eine der abertausenden Weisen Gott erfahren<br />

haben und nun nur noch die Verbindung zu<br />

ihm halten wollen, dass er weiter wirken kann. Erste<br />

Wirkung: Es wird die Schamröte <strong>von</strong> uns genommen<br />

und strahlende Freude geht <strong>von</strong> uns aus.


5. Januar<br />

Der Herr Gott spricht vom gottesfürchtigen<br />

Menschen. Er ruft mich an, und ich erhöre<br />

ihn. (Psalm 91, 15)<br />

Der angedeutete Mensch ist einer, der nicht für<br />

sich wie in einem geschlossenen Käfig lebt. Er ist<br />

auch nicht in absoluter Sicherheit. Es fehlt ihm<br />

vieles an allen Orten. Selbst die Gesundheit ist<br />

nicht die beste. Mitmenschen, denen er vertraute,<br />

wenden sich plötzlich scharf gegen ihn. Man<br />

könnte meinen, er hätte viel Grund zu dramatischer<br />

Opposition gegen den Himmel. Aber was<br />

tut er? –<br />

Ich habe <strong>von</strong> einem 43-jährigen jüdischen Mann<br />

aus dem Warschauer Getto des letzten Weltkrieges<br />

folgendes gelesen:<br />

„Ich sterbe ruhig, aber nicht befriedigt, ein Geschlagener,<br />

aber kein Verzweifelter, ein Gläubiger,<br />

aber kein Betender, ein Verliebter in Gott, aber<br />

kein blinder Amensager. Ich bin ihm nachgegangen<br />

auch wenn er mich <strong>von</strong> sich geschoben hat.<br />

Ich habe sein Gebot erfüllt, auch wenn er mich<br />

dafür geschlagen hat, ich habe ihn lieb gehabt und<br />

war und bin verliebt in ihn, auch wenn er mich<br />

zur Erde erniedrigt, zu Tode peinigt, zur Schande<br />

und zum Gespött gemacht hat.<br />

Und das sind meine letzten Worte an dich mein<br />

lieber zorniger Gott: Es wird dir nicht gelingen!<br />

Du hast alles getan, damit ich nicht an dich glaube,<br />

damit ich an dir verzweifle! Ich aber sterbe,<br />

genau wie ich gelebt habe, im felsenfesten Glauben<br />

an dich. Höre Israel, der Ewige ist unser<br />

Gott, der Ewige ist einig und einzig.“<br />

Es geht darum bei Gott zu bleiben. Er erhört uns<br />

auf Seine Weise. Unverständlich für bloss irdischen<br />

Geist – annehmbar für Menschen voll Heiligen<br />

Geistes. Das beruhigt und aktiviert positiv.


6. Januar<br />

Die Finsternis vergeht und das wahre Licht<br />

scheint jetzt. (1. Johannesbrief 2, 8b)<br />

Nicht erst heutzutage – aber jetzt umso häufiger<br />

und sich harmlos gebärdender und erst noch als<br />

Täter und Opfer Jung und Alt betreffend – ist die<br />

Welt brutal, morbid, voller Lüge, schier nur noch<br />

Sex and Crime: Finsternis voller Tod und Schrecken<br />

und endloser Katastrophen. Und es scheint,<br />

als gäbe Jesus noch einen drauf, wenn er sagt, es<br />

müsse alles zur Reife kommen, sonst könne das<br />

Reich Gottes mit all <strong>seiner</strong> umfassenden Liebe<br />

und Gerechtigkeit nicht sichtbar erscheinen.<br />

Aber bevor er das sagte, kam er! – Er kam in diese<br />

dunkle, abscheuliche Welt, wie sie allzeitlich<br />

war seit dem ungeheuerlichen Apfelmissbrauch<br />

im Paradies und was daraus folgte: Brudermord,<br />

Grössenwahnsinn (Babelturm) etc. – Er erschien<br />

auf staubigem Boden bei uns!! um der Finsternis<br />

das Ende zu bereiten. Wer Augen und Ohren hatte<br />

zu sehen und zu hören, lief hin das Kind anzubeten.<br />

Es waren Höchste und Niedrigste gleichermassen<br />

miteinander im grossen WILL-<br />

KOMM vereint.<br />

Vom Jesusstall sollte – trotz dem Kindermord des<br />

Herodes – das wahre Licht in die Welt scheinen,<br />

ja all den Unsinn der Menschen durchbrechen.<br />

„… und das wahre Licht scheint schon“, hat später<br />

der Jesusjünger Johannes rekapituliert. Merkt<br />

man heute, fast 2000 Jahre später, etwas da<strong>von</strong>?<br />

Gewiss, da und dort, auf allen Kontinenten. Sogar<br />

Ergreifendes!!! Dafür sind wir dankbar und glücklich<br />

und hoffnungsvoll. – Aber wo sind die ganzen<br />

Kirchen, die nicht zur Hauptsache mit sich<br />

selbst beschäftigt sind und vorgeben Gott zu dienen?,<br />

wo ist der schönste Lobpreis zu geniessen,<br />

sodass man gerne weite Hinreisen in Kauf<br />

nimmt?, wer hat die Millionen für tolle Gebäude


und immer die neusten Medien- und Trainingseinrichtungen<br />

mit allen Schikanen? – das<br />

sind doch die Fragen, die das Christenvolk weithin<br />

in einen Taumel und weg vom Zentrum des<br />

Christus reissen. An Samstagen in verschiedenen<br />

Zeitungen ist zu lesen <strong>von</strong> der ‚Gemeinde für Jesus’<br />

<strong>von</strong> ‚Freien Kirchen’ (frei <strong>von</strong> wem oder<br />

was?), <strong>von</strong> koptisch, katholisch, orthodox, evangelisch,<br />

lutherisch, reformiert – und alles gut gemeint.<br />

Aber gerade weil Gott sein Schöpfungsprodukt<br />

liebt, bleibt die Frage latent bis zur Erfüllung<br />

stehen: Wo ist Jesu-Kirche? Wo sind die<br />

Lichtträger ohne Wenn und Aber? Wo sind die<br />

<strong>von</strong> Jesus Erwählten? Um diese geht es ein für<br />

allemal, Jesus-Christen leben in Ewigkeit unter<br />

Gottes gütiger Herrschaft – im hellen Licht des<br />

Evangeliums und des Gottesreiches, was immer<br />

auch geschieht unser Leben lang. Sie gehen ein ins<br />

Freudenfest unseres Herrn und er wird abwischen<br />

alle Tränen und alle irdischen Defekte endgültig<br />

heilen, und der Tod wird nicht mehr sein, und<br />

kein Geschrei noch Schmerz wird mehr sein!<br />

(Offbg. 21, 4)


7. Januar<br />

Freuet euch in dem Herrn allezeit, und abermals<br />

sage ich: Freuet euch! (Philipper 4, 4)<br />

Angesichts der horrenden Umweltbelastung,<br />

Umweltverschmutzung und raffgierigem Abholzen<br />

des Regenwaldes kann bestimmt nicht <strong>von</strong><br />

Freude die Rede sein. Was da durch menschliche<br />

Eingriffe grauenvolle Katastrophen losbrechen,<br />

wobei immer die Ärmsten diejenigen sind, die am<br />

meisten Leid zu tragen haben. Und jeder Unmut<br />

der Schöpfung trägt die Saat neuer unheilvoller<br />

Ereignisse in sich. Wie hat sich doch der Mensch<br />

im allgemeinen und im besonderen pervertiert<br />

und sich in Gottes Ordnung eingeschlichen und<br />

eingemischt, voller Eigennutz, Ehrsucht, Kapitalfluch<br />

und laufendem Ärger, dass es den Nächsten<br />

gibt, ganz nach dem geflügelten Wort: Soll ich<br />

meines Nächsten Hüter und Bewahrer sein?<br />

Nein und nochmals nein! Da hat Freude keine<br />

Chance, und wer sich da noch freuen können sollte,<br />

ist mit dem Teufel im Bunde. Diese Fratzenperson<br />

ist aber durchaus nicht eingeladen sich zu<br />

freuen. Sie soll sich da<strong>von</strong> machen, Jesus ist Sieger!<br />

Der Kerl darf uns nicht bei Gott verpfeifen<br />

wegen unserer Schwächen oder Fehlerhaftigkeit.<br />

Jesus gibt uns die Möglichkeit zur Umkehr, zur<br />

täglichen Umkehr, wie Vater Luther lehrte.<br />

Umgekehrte Menschen sind mit dem Herrn (Jesus)<br />

im Bunde und wissen nichts Besseres zu tun,<br />

als die Schöpfung zu bewahren. Nicht die schon<br />

verderbte, sondern sie leben dafür mit ungezählten<br />

anderen, dass die Schöpfung wieder so ursprünglich<br />

wird wie möglich und dabei soll es<br />

dann bleiben können und dürfen!<br />

Bewahrung der Schöpfung und Umweltschutz<br />

fängt nicht beim Anderen an sondern bei mir<br />

(beim Schreiber und Leser). Was zu tun ist, Tipps<br />

und ganze Aktionen werden uns täglich allerarten


ins Haus geliefert. Berichte <strong>von</strong> gelungenen und<br />

missratenen Unternehmungen verschiedener<br />

Umweltorganisationen werden mediengerecht<br />

oder verzerrt dargestellt. Viel teurer Leerlauf an<br />

Menschen und Material sollte vermeidbar sein.<br />

Aber zu vieles geschieht in blindem Eifer. Dabei<br />

ist es leicht einzusehen, dass ohne den Erfinder<br />

und Liebhaber seines Produktes nichts Entscheidendes<br />

aufgegleist werden kann. Wir sind wieder<br />

an dem Punkt, ohne Bindung an Jesus Christus<br />

haben wir keinen Einfluss auf Gott und somit<br />

kein Ergebnis, vor allem kein erfreuliches. Halten<br />

wir uns zu Gott, dann gibt es auf einmal Ergebnisse,<br />

nicht nur vorgetäuschte und schöngeredete,<br />

sondern tatsächliche und lebendige Ergebnisse,<br />

die nicht zuletzt den grossen Aufmützigen schon<br />

einmal das Maul stopfen. Darum noch einmal: Bei<br />

Gottjesus gibt’s etwas zu feiern, Freude ohne Ende.<br />

Da ist Klarsicht, immer neuen Mut ohne Leerlauf,<br />

abermals sagt der himmlische Beauftragte:<br />

Freuet euch!!! „… aber Gott liebt sein Produkt“.


8. Januar<br />

Als die Weisen den Stern sahen, wurden sie<br />

sehr hoch erfreut. (Matthäus 2, 10)<br />

Es ranken sich viele Märchen und Legenden um<br />

die Astronomen auf dem Weg nach Bethlehem.<br />

Dabei handelt es sich nicht um blosse Kosmos-<br />

Wissenschafter, sondern um Menschen verschiedener<br />

Herkunft, die sich fanden zu einer gemeinsamen<br />

Unternehmung, weil sie weise waren. Kluge<br />

Menschen höheren Standes, die auf den Wink<br />

Gottes mit einem Stern achten konnten und ihm<br />

grosse Bedeutung beimassen. Sie folgerten keine<br />

flotten mathematischen Masse und Formeln – sie<br />

freuten sich, sie freuten sich sehr hoch. Wie hoch<br />

ist ‚sehr hoch erfreut’? Es muss ein besonders majestätischer<br />

König zur Welt gekommen sein, berichteten<br />

sie einander. Sie spürten, dass dieser<br />

König die Welt verändern wird. Die Sehnsucht<br />

darnach war ihr tägliches Brot. So stieg ihre Freude<br />

ins Unermessliche, als sie den Stern an einem<br />

bestimmten Ort stehen bleiben sahen. So erlebten<br />

sie in der Folge den Beginn der beispiellosen Geschichte<br />

<strong>von</strong> Jesus und seinen hingegebenen Jüngern<br />

aller Zeiten, die sich als wahrhaft weltverändernd<br />

auswirken wird.<br />

Mit anderen Worten ist es in eine Liedstrophe gefasst:<br />

<strong>Dr</strong>ei weise Männer, die kommen <strong>von</strong> fern, sie haben<br />

gesehen den mächtigen Stern.<br />

Die Köpfe voll Weisheit, die Herzen so leer, die<br />

Hände gefüllet mit Gaben so schwer.<br />

So treten sie hin vor das himmlische Kind und<br />

geben der Mutter die Gaben geschwind.<br />

Das Kind voll Erbarmen erkennt ihren Schmerz<br />

und nimmt sich gleich Wohnung in ihrem Herz.<br />

Die glücklichen Männer sind nicht mehr allein; sie<br />

tragen im Herzen den Heiland (Helfer) mit heim.


9. Januar<br />

Eile, mir beizustehen, Herr, du meine Hilfe!<br />

(Psalm 38, 23)<br />

War da nicht einmal zu lesen, dass Veränderung<br />

zum Guten und Geraden nicht bei den andern<br />

erwartet werden soll, bevor sie an mir selbst geschehen<br />

ist? So ist es und der Psalm 38 bestätigt<br />

diesen Sachverhalt. David nimmt es ernst, dass es<br />

überall in seinem Reich „kracht und tätscht“, sodass<br />

sich alle Welt erstaunt. Nicht nur Menschen,<br />

auch die Vegetation ist arg betroffen. Schnell wie<br />

der Blitz ist die Frage in aller Mund: „Wer ist<br />

schuld?“. Nur einer weist die Schuld nicht weit<br />

<strong>von</strong> sich. <strong>Aus</strong>gerechnet der König sieht sich in<br />

der Schuld stehen – möge die Welt denken, was<br />

sie mag. David wird <strong>von</strong> seinem Gewissen arg<br />

heimgesucht. Er wird förmlich zu Gott hingeschmissen.<br />

Er braucht Vergebung und Kraft zum<br />

Neuanfang. Er lässt sich nicht aufhalten, auch<br />

nicht, als ihm Feinde entgegen treten, weil sie <strong>von</strong><br />

Davids Demütigung erfahren haben. Sie wollen<br />

seine Umkehr als Farce hinstellen.<br />

Ohne Beistand wird er aber sang- und klanglos<br />

untergehen. Wie die Propheten schreit er gleichsam<br />

bis in die Christuszeit hinein: „Eile, mir beizustehen,<br />

Herr, …“! Dann wird Heiliger Geist<br />

genannt werden, was der eilende Helfer, Beistand,<br />

Tröster, Anwalt an Gottvaters Thron schon bei<br />

David seine gnadenvolle Wirkung hatte.<br />

Wo und wie auch wir engagiert sind, passieren<br />

Fehler, Irrtümer, Anklagen. Aber ebenso gilt auch<br />

uns, dass wir einen persönlichen Helfer haben:<br />

„… du meine Hilfe“!


10. Januar<br />

Obwohl sie <strong>von</strong> Gott wussten, haben sie ihn<br />

nicht als Gott gepriesen noch ihm gedankt,<br />

sondern sind dem Nichtigen verfallen in ihren<br />

Gedanken. (Römer 1, 21)<br />

Der Erste, der den Nihilismus beschrieben und<br />

sogar den Namen für ihn geprägt hat, ist Turgenjew<br />

gewesen und der Student Basaroff, der Held<br />

eines Romans „Väter und Söhne“, der erste Nihilist.<br />

Der Roman ist in demselben Jahr 1861 geschrieben,<br />

in dem die Leibeigenschaft in Russland<br />

aufgehoben wurde. In seinem fünften Kapitel<br />

steht die erste und noch immer beste Version des<br />

Begriffs. Es ist <strong>von</strong> Basaroff die Rede: „Er ist ein<br />

Nihilist“, wiederholte Arkadi. „Nihilist“ sprach<br />

Nikalaus Petrowitsch. „Das Wort kommt <strong>von</strong><br />

dem lateinischen nihil, nichts, soweit ich es beurteilen<br />

kann, und bezeichnet also einen Menschen,<br />

der . . . nichts anerkennt?“ „Oder vielmehr: der<br />

nichts achtet“, versetzte Paul Petrowitsch. „Oder<br />

vielmehr: der alles vom Standpunkt der Kritik aus<br />

beurteilt“, bemerkte Arkadi.“ „Kommt das nicht<br />

etwa auf eins heraus?“ fragte Paul Petrowitsch.<br />

„Nein, durchaus nicht. Ein Nihilist ist ein Mann,<br />

der sich vor keiner Autorität beugt, der kein einziges<br />

Prinzip auf Treu und Glauben annimmt,<br />

gleichviel in wie hohem Ansehen dieses Prinzip in<br />

der Meinung der Menschen steht.“<br />

Diese <strong>Aus</strong>legung des Nichtigen zusammen mit<br />

dem obigen Bibelwort ist ein schmerzvolles Ergebnis;<br />

auch wenn wir da<strong>von</strong> ausgehen, dass es<br />

unter uns wenige hoch profilierte Nihilisten gibt.<br />

Die meisten werden antworten, wenn sie nach<br />

Gott gefragt werden: „Es wird ihn wohl geben.“<br />

Aber in der Praxis sind sie Nihilisten und stecken<br />

andere damit an. Sie handeln so, als gäbe es keinen<br />

Gott, sie handeln so, als frage Gott nicht<br />

nach ihrem Tun. Wie viel praktizierter Nihilismus


gibt es in katholischen Kirchen, in vielen Landes-<br />

und Freikirchen und sonst wie unter so genannten<br />

„Christen“!! Mehrheitlich wird wohl an Gott geglaubt<br />

– seine Existenz zu leugnen ist nicht salonfähig<br />

– aber wer befolgt seinen Willen?<br />

Das Showbusiness lehrt diesen folgenschweren<br />

Sachverhalt. Der Glaube allein genügt den Leuten<br />

nicht, sie brauchen zum „Glauben auch die Familie“,<br />

eine starke „<strong>Hand</strong>, die begleitet und für einen<br />

da ist“, die findet man „im wunderbaren Ehepartner<br />

und in spirituellen Gebeten“.<br />

Frage in einem Kirchenboteninterview: „Was<br />

müsste geschehen, damit ihr Wunsch nach Frieden<br />

erfüllt würde?“ Antwort: „Etwas mehr Nächstenliebe<br />

<strong>von</strong> jedem Einzelnen wäre sicher ein<br />

Schritt in die richtige Richtung“.<br />

Denkt man da nicht unwillkürlich und sehnsüchtig<br />

an Zwingli: „Tut um Gottes willen etwas Tapferes!“<br />

Das Nichtige ist entlarvt, muss der Realität<br />

Platz machen: Ich glaube an Gott, ehre und respektiere<br />

ihn und setze mich in Beruf und übrigen<br />

Zeit mit den mir gegebenen Gaben voll für ihn<br />

ein, damit das Nichtige ausgebootet und überboten<br />

wird durch die mächtige erfahrbare Präsenz<br />

Gottes. Sie mischt sich heilsam ein in unser Leben<br />

und <strong>von</strong> Ferne grüssen bereits „eine neue Erde<br />

und ein neuer Himmel“.


11. Januar<br />

Wenn ihr das wisst, selig sei ihr, wenn ihr<br />

darnach handelt (Johannes 13, 17)<br />

Selig, das heisst, glücklich zu preisen sind die, die<br />

handeln. Es werden nicht die Wissenden selig gepriesen,<br />

die in der Bibel so genau Bescheid wissen,<br />

die in Glaubenssätzen auf dem Höhepunkt<br />

sind. Ein glänzender Theoretiker erhält kein Lob.<br />

Kierkegaard hat erzählt: „Die Christen leben wie<br />

die Gänse auf einem Hof. An jedem siebenten<br />

Tag wird eine Parade abgehalten und der beredsamste<br />

Gänserich steht auf dem Zaun und schnattert<br />

über das Wunder der Gänse, erzählt <strong>von</strong> den<br />

Taten der Vorfahren, die einst zu fliegen wagten,<br />

und lobt die Gnade und Barmherzigkeit des<br />

Schöpfers, der den Gänsen Flügel und den Instinkt<br />

zum Fliegen gab. Die Gänse sind tief gerührt,<br />

senken in Ergriffenheit die Köpfe und loben<br />

die Predigt. Aber das ist auch alles“. Wie passend<br />

ist hier das andere Wort des grossen Dänen:<br />

„Christus hat keine Dozenten angestellt, sondern<br />

Nachfolger“. Jesus hält wenig <strong>von</strong> Ergriffenheit,<br />

er will, dass wir zugreifen. Das ist doch unsere<br />

Not: Wir wissen oft gut Bescheid, aber wir handeln<br />

nicht darnach.


12. Januar<br />

Paulus schreibt: Ich bin darin guter Zuversicht,<br />

dass der in euch angefangen hat das<br />

gute Werk, der wird es auch vollenden bis<br />

zum Tage Jesu Christi. (Philipperbrief 1, 6)<br />

War das die Gute Alte Zeit? Also etwa vor 1900<br />

Jahren, ganz sicher vor unsern Grosseltern, deren<br />

Zeit wir gewöhnlich als die GAZ halten. Wie gesagt,<br />

Paulus lebte damals und stellte einer bis drei<br />

<strong>Hand</strong>voll Christen ein Zeugnis aus, das es in sich<br />

hatte. Schon damals war zu beklagen, wie die<br />

Krone der Schöpfung mit Gottes liebstem Produkt<br />

umging. Aber einer Gruppe <strong>von</strong> Menschen<br />

in Philippi war es gegeben, dass Gott Zugang zu<br />

ihnen fand und sie bereit waren, Gott ein gutes<br />

Werk in ihnen anfangen zu lassen. Dieses gute<br />

Werk ist zu umschreiben mit Hingabe an Gott,<br />

Lobpreis, Verehrung seines Namens, Tun des<br />

Gotteswillens, Liebe zu Gott und zu den Nächsten<br />

<strong>von</strong> ganzem Herzen und mit allem Engagement<br />

und aller Kraft usw. Aber nach einem andern<br />

Wort des Paulus bleibt das vorderhand noch<br />

Stückwerk, Detail, bis kommen wird das Vollkommene<br />

in der Vollendung. Man täusche sich<br />

nicht, das ist kein Krampf aber ein Kampf gegen<br />

die Zeit, deutlicher: Glaubenskampf zur Bewährung<br />

hin zum jüngsten (letzten) Tag dieser Erde.<br />

Paulus ist überzeugt, dass die Philipperschar die<br />

<strong>Aus</strong>dauer haben wird, dass Gott verlässliche Partner<br />

hat, immer das grosse Ziel vor Augen: die<br />

Wiederkunft <strong>von</strong> Jesus Christus. Das Ziel ist bis<br />

heute dasselbe geblieben, nur die Christenmenschen<br />

und ihr „Glaubenskampf“ haben sich weit<br />

herum entscheidend negativ verändert. War es<br />

damals schon eine kleine Schar, steigt doch die<br />

Frage auf, würde Paulus heute an einem Ort noch<br />

so viele Christen finden?


13. Januar<br />

Alles, was ihr tut mit Worten oder mit <strong>Werke</strong>n,<br />

das tut alles im Namen des Herrn Jesus<br />

und dankt Gott, dem Vater, durch ihn.<br />

(Kolosser 3, 17)<br />

Endlich ist nun einmal vom Tun die Rede und<br />

nicht grad wieder <strong>von</strong> Einsicht und Willensvollstreckung.<br />

Und wie fährt da der Apostel ein: Von<br />

Taten, <strong>Werke</strong>n, Unternehmungen, aber auch <strong>von</strong><br />

dergleichen mächtigen Worten ist die Rede. Das<br />

ist verlockend für jeden Christenmenschen, dem<br />

<strong>Hand</strong>arbeit mehr liegt als Überzeugungsarbeit mit<br />

Wörtern allein. Ideen sind gefragt und die Lust<br />

anzupacken und durchzuziehen, was klemmen<br />

will. Das ist doch ganz auf der Linie des Gottesbefehls:<br />

Machet euch die Erde untertan!<br />

Aber Obacht: Wie oft ist gerade dieses Wort extra<br />

missverstanden und missbraucht worden. Vieles<br />

da<strong>von</strong> haben wir tagtäglich vor Augen oder werden<br />

authentisch darüber informiert.<br />

Wir freuen uns, dass wir zum Tun und <strong>Werke</strong>n<br />

und zum Sprechen aufgerufen werden, und dass<br />

uns dazu die Mittel in die <strong>Hand</strong> gegeben werden.<br />

Es soll auch gar nicht kleinlich sein unser Werk,<br />

es darf alles umfassen, was uns möglich und sinnvoll<br />

erscheint. Doch wir spüren, dass da irgendwie<br />

ein Einwand vorhanden ist, der nicht straflos<br />

übergangen werden darf. Dass also erst bei der<br />

Beachtung dieser empfohlenen Beobachtung unser<br />

Unternehmertum reif, glücklich und wegweisend<br />

sein kann.


Ich weiss <strong>von</strong> einem währschaften Christen, der<br />

jetzt schon in der himmlischen Herrlichkeit lebt,<br />

dass er in <strong>seiner</strong> Werkstatt vor der kleinsten Arbeit<br />

oder Unternehmung bei einem Tabourettli<br />

niederkniete und Gott um Gelingen zu <strong>seiner</strong> Ehre<br />

bat. Das ist z.B. gemeint mit ‚im Namen des<br />

Herrn Jesus’ und ‚danket dem Vater durch ihn’.


14. Januar<br />

Ihr seid teuer erkauft; werdet nicht der Menschen<br />

Knechte (1. Korinther 7, 23)<br />

1979 hat eine Mutter ihrem Ältesten zur Konfirmation<br />

aus diesem Vers ein Lied gedichtet und<br />

vertont. Die erste Strophe heisst: „Du bist teuer<br />

erkauft; werde nicht der Menschen Knecht. Jesus<br />

ist der gute Hirte, er führt dich recht.“ Nach einer<br />

längeren Zeit der Reife will sich im Jahr 2000 der<br />

herangewachsene Mann verheiraten. – Gerade<br />

weil wir Christen der immerwährenden Ermutigung<br />

und Ertüchtigung bedürfen, geschieht etwas<br />

Unerwartetes. – Noch einmal soll dieses Lied seine<br />

‚Rolle’ spielen. Der Vater als Vorsänger und<br />

die Familie bei den Strophen singen eine vom<br />

jüngsten Bruder des Bräutigams arrangierte Fassung<br />

des Konf-Liedes. Uns so schallt es im<br />

Hochzeitsgottesdienst in die übervolle Kirche:<br />

1.+5. Ihr seid teuer erkauft;<br />

Werdet nicht der Menschen Knecht.<br />

Jesus ist der gute Hirte,<br />

er führt Euch recht.<br />

2. ……<br />

Jesus gab sein Leben hin,<br />

aus Liebe für Euch.<br />

3. ……<br />

Einer ist der Herr und Meister<br />

Jesus Christ.<br />

4. ……<br />

Viele Stimmen hört Ihr;<br />

Ihnen gehorchet nicht.<br />

In einer Welt zu leben, die es darauf abgesehen<br />

hat, Gott zu entmündigen, ist das eine starke Gegenwehr.


15. Januar<br />

Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer an<br />

mich glaubt, wird die <strong>Werke</strong>, die ich tue,<br />

auch vollbringen. (Johannes 14, 12)<br />

Wer sich <strong>von</strong> Jesus geliebt weiss, antwortet mit<br />

Liebe. Wer begriffen hat, was Jesus für uns getan<br />

hat, horcht auf. Wer richtig einschätzt, dass Jesus<br />

für die ganze Schöpfung sein Leben eingesetzt<br />

hat, legt seine Hände nicht in den Schoss. Christentum<br />

ist kein Selbstzweck. Christliches Leben<br />

hat nichts mit geistlichem Egoismus zu tun. Wer<br />

glaubt, setzt sich unentwegt in Bewegung. Glaube<br />

ist Aktion! Glaube ist Tat! Der Glaube mobilisiert<br />

Herzen und Köpfe, Hände und Füsse. Er öffnet<br />

uns Augen, Ohren, Mund und Hände für die Not<br />

der des andern – und nicht nur, sogar für die Bewahrung<br />

und Erneuerung (soweit das in unsern<br />

Möglichkeiten liegt) der ganzen Schöpfung in all<br />

ihrem Reichtum. Jesus macht uns deutlich, dass<br />

der Glaube mehr ist als ein kraftvolles Lippenbekenntnis<br />

und eine fromme Empfehlung. Der<br />

Glaube fordert unsere ganze Existenz.<br />

Der Japaner Kagawa erzählt: „In Kobe kam einst<br />

ein junger Mann zu mir und sagte, er hätte den<br />

Wunsch, Prediger zu werden.<br />

‚Haben Sie den Mut, ins Gefängnis zu gehen?, die<br />

unbeirrbare Willenskraft, einen Streikmarsch zu<br />

organisieren?’ fragte ich ihn.<br />

‚Nein’, erwiderte er.<br />

‚Dann geben Sie den Gedanken, Prediger zu werden<br />

auf’, sagte ich. ‚Ein Christentum, das mich<br />

nur nach meiner eigenen Seligkeit streben lässt, ist<br />

zwecklos. Wir müssen einen glühenderen, flammenderen,<br />

leidenschaftlicheren Glauben erlangen’!“<br />

Der echte Prediger Kagawa hat seine ganze Existenz,<br />

nicht nur seine Einkünfte, sondern auch seine<br />

Gesundheit, seinen Ruf, seine Zeit darange-


setzt, der in allen Belangen unendlichen Not Japans<br />

abzuhelfen: Glaubende Antwort auf die Liebe<br />

Christi.<br />

Auf einem Schild unter einem Kruzifix steht:<br />

‚Das tat ich für dich – was tust du für mich?“<br />

Entspricht unser Glaube Jesu Erwartung?


16. Januar<br />

Regiert euch aber der Heilige Geist, so seid<br />

ihr nicht mehr unter dem Gesetz.<br />

(Galater 5, 18)<br />

Wer regiert?<br />

„Ich bin der Regierer!“ erklärte der Knabe energisch.<br />

Das war der Augenblick, ihm zu zeigen,<br />

dass sich leider die Welt niemals um ihn drehen<br />

wird und auch er immer wieder wird gehorchen<br />

müssen.<br />

Aber nun kommt’s ja wirklich darauf an, wer regiert.<br />

Paulus sagt: Gesetz oder Geist. Ist denn der<br />

Heilige Geist nicht nur für den Glauben zuständig?<br />

Nein, wehrt sich da der Apostel Paulus mit<br />

Überzeugungskraft. Seine Auffassung greift weiter<br />

und tiefer. Der Geist Gottes leitet und führt den<br />

Alltag genauso wie den Sonntag. Die Treue zu<br />

Gott im problemgeladenen Alltagsleben zu bewahren,<br />

ist es, worum es einem Christenmenschen<br />

gehen soll. Wir haben die Wahl. Die oft leise<br />

Willensstimme Gottes ist nicht immer leicht<br />

auszusortieren und einzuordnen. Wer sie aber<br />

vernimmt und hört oder empfindet, entdeckt die<br />

Freiheit.<br />

Seinen Geist, den edlen Führer, gibt er mir<br />

In seinem Wort, dass er werde mein Regierer<br />

Durch die Welt zur Himmelspfort;<br />

Dass er mir mein Herz erfülle<br />

Mit dem hellen Glaubenslicht,<br />

Das des Todes Macht zerbricht.<br />

Paul Gerhardt


17. Januar<br />

Und siehe, es war in Jerusalem ein Mann mit<br />

Namen Simeon, und dieser Mann … wartet<br />

auf den Trost Israels. (Lukas 2, 25)<br />

Simeon - dessen Name ‚Erhörung’ bedeutet. Aber<br />

das war ihm nicht in die Wiege gelegt, dass dies in<br />

seinem Leben auch Wirklichkeit würde. Er sollte<br />

warten lernen. Viele heutige Menschen meinen,<br />

wie eine Umfrage belegt, warten sei die negativste<br />

Sache der Welt. Beschäftigung sei doch gefragt<br />

und nicht seelenloses Dasein im Wartezimmer.<br />

Aber das ist zu kurz gedacht und typisch für unsern<br />

gehetzten Zeitlauf. Ich behaupte, recht gewartet,<br />

das heisst in der klaren Zielsetzung, ist die<br />

anstrengendste Beschäftigung und Arbeit überhaupt.<br />

Und der biblische Simeon hat eine Zielvorgabe:<br />

Der Trost Israels.<br />

Eine kleine Rückblende: Warten muss auch nicht<br />

heissen, nichts tun, herum sitzen, die Hände in<br />

den Schoss legen usw. Simeon konnte durchaus<br />

seinen kleinen Rebberg bebauen, den Unterhalt<br />

<strong>seiner</strong> Wohnstatt besorgen usw., aber alles<br />

durchwirkt sein lassen <strong>von</strong> <strong>seiner</strong> grossen Erwartung.<br />

Was war das denn? Der Trost. Das tönt<br />

heute sentimental, negativ belastet – und ist dennoch<br />

ein vorzügliches Wort um zu sagen, dass es<br />

einem ums Zentrale, Eigentliche geht. Das ist<br />

hier, die Erwartung des Messias, des Christus –<br />

zunächst für Israel, aber schliesslich auch für die<br />

ganze Welt. (Der Messias wird später selber sagen,<br />

dass er ausserhalb Israels noch andere Menschenvölker<br />

zu führen hat.) Der Trost – diese Bitt-<br />

Erwartung ist bei Simeon erhört worden. Er wird<br />

das kleine Kind auf den Armen tragen und ausrufen:<br />

Meine Augen haben den Heiland gesehen!<br />

Er, Jesus Christus ist der einzige Trost im Leben<br />

und im Sterben!


Wer sein Wort annimmt, wird aktiv mit klarer Erkenntnisgabe.<br />

Der oder die hat sein oder ihr<br />

himmlisch zugewiesenes Betätigungsfeld erhalten.<br />

Wer sein Wort verwirft, hat seinen Ankläger im<br />

letzten Gericht gefunden. Gegen das Urteil kann<br />

nicht opponiert werden.<br />

Dem Namen nach sind vielleicht nur wenige Simeone<br />

aber in der Sache pickelhart. In Abwandlung<br />

eines Wortes <strong>von</strong> Basilea Schlink heisst es<br />

nun: „Wolle nicht aus dem Warten heraus – gib<br />

dich dazu hin, auch wenn es Weinen bedeutet. –<br />

Doch selig sind, die hier weinen, denn sie werden<br />

schon jetzt, erst recht aber in der Vollendung lachen<br />

und trunken sein <strong>von</strong> Freude“.


18. Januar<br />

Ihr bekehrt euch, aber nicht recht, sondern<br />

seid wie ein schlaffer Bogen;<br />

und eure Liebe ist wie der Tau, der frühmorgens<br />

vergeht. (aus Hosea 7, 16 + 6, 4)<br />

Gott lässt keinen Menschen ins Messer laufen, er<br />

schaut sogar zu, wie sich einer bekehrt.<br />

Da ist offenbar in einer brutalen Wirtschaftskrise<br />

das Donnerwetter einiger Propheten auf die verkehrte<br />

Gesellschaft niedergeprasselt, auf die, die<br />

nur noch die Chance hatten umzukehren und neu<br />

anzufangen. Aber die Schläue macht nicht Pause,<br />

selbst die Bekehrung soll einen Nutzen bringen.<br />

Man bildet sich ein, man könne in einer so enormen<br />

Krise selbst Gott hinters Licht führen. Aber<br />

zur Wirtschaftskrise kommt die Echtheitskrise<br />

dazu und entlarvt die Krämerseelen als schlaffe<br />

Bogen, mit denen nichts anzufangen ist. Beschämt<br />

stehen die Weltverbesserer aus eigenen<br />

Gnaden mit dem vermeintlichen Gütesiegel Gottes<br />

da.<br />

Stellte sich einer wirklich in solcher Not ganz hintenan<br />

und ist ehrlich in <strong>seiner</strong> Umkehr, so kann<br />

Liebe wachsen zum Schöpfer und Gehorsam im<br />

Befolgen der Regeln bei der Radikalkur innen und<br />

aussen. Aber selbst diese Frucht entsteht nicht.<br />

Wir Menschen sind so verbohrt, dass uns zwar<br />

gute Anfänge geraten – es entsteht wunderbarer<br />

Tau, der aber gleich frühmorgens vergeht – aber<br />

wir entwickeln keine <strong>Aus</strong>dauer und so ist unsere<br />

Liebe eine Scheinliebe, zu nichts nütze. Wohl uns,<br />

dass der Herr uns darauf aufmerksam macht und<br />

uns vor die Herausforderung der doppelten Bekehrung<br />

stellt: Wir sollen Salz sein in der Brühe<br />

unserer Welt, dass eine bekömmliche Nahrung<br />

entsteht – vor allem für die ewig Zukurzkommenden,<br />

aber auch für die ohnmächtig Reichen.


19. Januar<br />

Ich bot meinen Rücken dar, denen die mich<br />

schlugen, und meine Wange denen, die mich<br />

rauften. Mein Angesicht verbarg ich nicht vor<br />

Schmach und Speichel. (Jesaja 50, 6)<br />

Jesus sagte einmal zu einer misstrauischen Schar<br />

<strong>von</strong> Pharisäern und Schriftgelehrten: Ihr sucht das<br />

ewige Leben in der Schrift (AT) und sie ist es gerade,<br />

die <strong>von</strong> mir zeuget. Eine solche Belegstelle<br />

haben wir vor uns. Mag sie einstmals auch für einen<br />

Propheten gegolten haben, ihre wirkliche Erfüllung<br />

fand sie erst Jahrhunderte später durch<br />

Jesus. Er war der Knecht Gottes, den die Menschen<br />

schamlos ausnützten zu ihrem Spass und<br />

ihrer Belustigung – ohne zu wissen, was sie taten.<br />

Wir wissen es und können nur anbetend schweigen,<br />

dass man Jesus, unserem Heiland und Erlöser<br />

solches angetan hatte.<br />

Was ist aber hernach unsere Antwort? Sind wir<br />

nicht aufgerufen, wenn es sein muss, unserm<br />

Herrn auch in solchem Leiden zu folgen? Falsch<br />

wäre es, das Märtyrertum zu suchen oder Todessehnsucht<br />

aufzuspielen. Es ist früh genug, wenn<br />

es der Wille Gottes ist, uns zu demütigen. Die<br />

Kraft gibt er dannzumal, nicht einen Moment im<br />

voraus. Und wenn es vor Gericht zu reden gilt,<br />

gibt Gott die Worte zur Stunde. Mit allem können<br />

wir ihm unseren Respekt, unsere Liebe und Hingabe<br />

erweisen. Wir bewegen in unserer trudelnden<br />

Weltgeschichte und Weltgeografie auf diese Weise<br />

mehr, als mit aller irdischen Macht vom Messer<br />

bis zur Atombombe, <strong>von</strong> der Lüge bis zum miesen<br />

Betrug, vom einfachen Diebstahl bis zur Millionenunterschlagung<br />

usw. – aber auch mit Unsummen<br />

der Glückskette und anderer Hilfswerke,<br />

mit Darlehen vom Bürotisch aus veranlasst ohne<br />

die aktuelle Situation genau zu kennen usw. Lasst


uns offen sein für den rechten Einsatz unseres<br />

Geldes, unseres Einflusses, unseres Lebens.<br />

Gewiss leisten Menschen guten Willens weit herum<br />

ähnlich sinnvolle Einsätze, das sei klar festgehalten.<br />

Was <strong>von</strong> Gott anerkannt wird, entscheidet<br />

er und nicht wir. Aber <strong>von</strong> der Heiligen<br />

Schrift her sind Christen angehalten, den beschriebenen<br />

Weg und Einsatz zu wagen und nicht<br />

davor zurück zu schrecken. Und dies ist der Unterschied<br />

zu den Menschen guten Willens: Sie entscheiden<br />

<strong>von</strong> sich aus über das Risiko. Aber Christen<br />

handeln auf höheren Befehl, sonst sind sie<br />

keine Christen. Wer horchen und gehorchen kann<br />

ist Christ. Das Gebet leitet ihn nachhaltig und<br />

zielklar.


20. Januar<br />

Mache dich bereit, Israel, deinem Gott zu begegnen.<br />

(Amos 4, 12)<br />

„Glauben Sie an Gott?“ fragt in dem verfilmten<br />

<strong>Dr</strong>ama <strong>von</strong> Carl Zuckmayer „Des Teufels General“<br />

der Leutnant Hartmann den General, „Ich<br />

weiss es nicht“, antwortet der General, „er ist mir<br />

nicht begegnet. Aber – es lag an mir. Ich wollte<br />

ihm nicht begegnen. Er hätte mich vor Entscheidungen<br />

gestellt, denen ich ausweichen wollte …“<br />

Das ist genau der Punkt, warum sehr viele Menschen<br />

nicht an Gott glauben. Nicht, weil ihnen<br />

der Verstand einen Strich durch die Rechnung<br />

macht, sondern weil sie nicht wollen. Sie fürchten<br />

die Konsequenzen. Und denen wollen sie wie der<br />

General ausweichen. Man begegnet oft der irrigen<br />

Meinung, alle Menschen, die keine Christen sind,<br />

müssten Atheisten sein. Das stimmt nicht. Ihre<br />

Zahl ist gering. Nein, an der Existenz Gottes<br />

zweifeln die wenigsten. Auch der Satan glaubt an<br />

Gott – und zittert, sagt die Bibel. Er zittert, und<br />

wir sind gleichgültig. Wir halten Gott für möglich,<br />

lassen ihn aber links liegen. Ein neuer Werbespruch<br />

der Freidenker an den Autobussen sagt<br />

alles: „Wahrscheinlich gibt es keinen Gott. Darum<br />

sei fröhlich und geniesse das Leben.“<br />

Es stimmt schon, Gott bringt die Konzeption unseres<br />

Lebens durcheinander, wenn wir ihm begegnen.<br />

Das Selbstbehauptungsrecht hört auf.<br />

Wir können ihm nicht weglaufen. Spätestens beim<br />

letzten Atemzug hat er uns eingeholt.


21. Januar<br />

Söhne und Töchter, lasst uns einander lieben,<br />

nicht mit leeren Worten, sondern tatkräftig<br />

und in aller Aufrichtigkeit.<br />

(1. Johannesbrief 3, 18)<br />

Christliches Leben besteht nicht in brillanten Reden<br />

und klugen Ratschlägen. Es ist Tat und Vorbild<br />

zugleich. Alles andere ist unfruchtbares Geschwätz.<br />

Es geht um Hohes, um die Liebe untereinander,<br />

die Nächstenliebe dem nahen und fernen<br />

Nächsten zuliebe.<br />

Die Welt beobachtet die Christen genau. Sie will<br />

nicht in erster Priorität hören, sondern sehen.<br />

Von da aus werden sie beurteilt. Schon aus der<br />

frühen Christenzeit gibt es ein massgeschneidertes<br />

Wort der Nichtchristen über die Christen: „Seht,<br />

wie sie einander lieb haben“.<br />

Das Ärgernis für die Welt ist ein falscher missionarischer<br />

Lebensstil, bei dem es darum geht, mit<br />

möglichst vielen Worten einander zu übertrumpfen<br />

im Gewinnen <strong>von</strong> Seelen. Da muss man sich<br />

nicht wundern, wenn statt Liebe Zwietracht und<br />

Misstrauen sich in der Christengemeinschaft breit<br />

machen. Das sind die leeren Worte, ein Fass ohne<br />

Boden. Ein echter christlicher Lebensstil beinhaltet<br />

den andern höher zu achten, als sich selbst;<br />

nicht der Meister, sondern der Diener sein zu<br />

wollen, usw. Dazu braucht es tatkräftige Demut<br />

und demütige Aufrichtigkeit.<br />

Das ist das Gebot der Stunde in unserer aufgewühlten<br />

Zeit. Man bedenke in aller Schlichtheit:<br />

Christen haben Vorbildcharakter.


22. Januar<br />

Vergeltet nicht Böses mit Bösem. (Röm. 12,<br />

17)<br />

„Wie du mir, so ich dir“, das ist unsere natürliche<br />

Reaktion. Vergelten ist menschlich. Wer mir etwas<br />

zugefügt hat, muss es büssen, wenn auch nur<br />

in meinen dunkelsten Gedanken. Jeder Schlag<br />

fordert zum Gegenschlag heraus. Wir zahlen<br />

heim. – Es sei denn, wir sind dem höchsten König<br />

eigen, da hört das Kontern auf. Gott verbietet<br />

uns die Vergeltung, auch wenn es uns schwer fällt.<br />

„Mein ist die Rache“ behält sich Gott vor. Jesus<br />

hat nicht zurückgeschlagen, und seine Nachfolger<br />

tun es auch nicht.<br />

Viele kennen das Gedicht <strong>von</strong> C.F. Meyer: „Die<br />

Füsse im Feuer.“ Es erzählt eine Geschichte aus<br />

der Verfolgungszeit der Hugenotten.<br />

In Südfrankreich hat sich während eines wilden<br />

Sturmes ein französischer Offizier verirrt. Endlich<br />

findet er ein Schloss und wird freundlich aufgenommen.<br />

Als er allein im Esssaal vor dem offenen<br />

Kamin sitzt, geht es ihm auf einmal auf: Den<br />

Saal kenne ich. Bei einer Hugenottenjagd hat er<br />

den Schlossherrn gesucht, aber nicht gefunden.<br />

Um sein Versteck herauszubekommen, hat er die<br />

junge Schlossherrin gepackt und ihre nackten Füsse<br />

in die Glut des Feuers im Kamin gesteckt. Sie<br />

hat geschwiegen. Bald danach ist sie an den verkohlten<br />

Füssen gestorben.<br />

Als er jetzt mit der Familie zu Tisch sitzt, flüstern<br />

die Kinder dem Vater zu, wer der Gast ist. Und<br />

nun beginnt eine Nacht langer, furchtbarer<br />

Kämpfe im Herzen des hugenottischen Edelmannes.<br />

Mächtig ist in ihm das Verlangen, den Mord<br />

<strong>seiner</strong> armen Frau zu rächen. Aber vor dem Christen<br />

steht in dieser Nacht unerbittlich Gottes


Wort: „Rächet euch nicht selber; ich will vergelten“,<br />

spricht der Herr. Am nächsten Morgen entlässt<br />

der Edelmann den Mörder unangetastet. Er<br />

sagt dem französischen Offizier: “Ich bin dem<br />

höchsten König eigen, aber in dieser Nacht wurde<br />

mir der Dienst schwer, seinem Gebot und Wort<br />

restlos zu gehorchen“.<br />

Noch einmal: Jesus hat nicht zurückgeschlagen,<br />

und seine Mitarbeiter tun es auch nicht.


23. Januar<br />

Simon Petrus sprach: Meister, wir haben die<br />

ganze Nacht gearbeitet und nichts gefangen;<br />

aber auf dein Wort will ich die Netze auswerfen.<br />

(Lukas 5, 5)<br />

Simon ist kein Anfänger – ein Meisterfischer.<br />

Aber er kann einen Meister über ihm anerkennen.<br />

Simon Petrus ist resigniert und müde: Meister, wir<br />

haben die ganze Nacht vergeblich gearbeitet.<br />

Aber er ist fähig, aus der Resignation aufzubrechen:<br />

Auf dein Wort wage ich das Unmögliche.<br />

Er macht sich zum Gespött der andern Fischer,<br />

keiner, der etwas versteht, wirft am Morgen die<br />

Netze aus. Was ist nur mit Simon los? Er ist einem<br />

begegnet, der stärker ist als er; der tiefere Erkenntnis<br />

hat als er; der sogar Simons Beruf über<br />

die Grenzen hinaus kennt. Das macht Eindruck.<br />

Dieser Meister Jesus ist kein Tausendsassa, sondern<br />

der vom Himmel Gesandte, der die Naturgesetze<br />

tiefer ausloten kann, als jeder Gelehrte<br />

und erfahrenste <strong>Hand</strong>werker. Simon weiss, was er<br />

kann, er kann sich aber auch demütigen, denn er<br />

hat den erkannt, der ihn nicht in den Staub wirft,<br />

aber wirkungsvoll ihm die Augen öffnet. Simon<br />

ist die Autorität unter den Fischern. Nun lernt er<br />

die Autorität Gottes kennen und anerkennen und<br />

lieben.


24. Januar<br />

Es ist in keinem andern das Heil zu finden;<br />

denn es ist auch kein anderer Name unter<br />

dem Himmel den Menschen gegeben, in dem<br />

wir gerettet werden sollen.<br />

(Apostelgeschichte 4, 12)<br />

Gemeint ist die Person und der Name Jesus Christus.<br />

Er ist nicht irgendein Heiler – sondern das Heil.<br />

Er ist nicht ein Namenloser – sondern er hat den<br />

Namen aller Namen.<br />

Er ist nicht ein Leuchtender – sondern das Licht.<br />

6000 Jahre Menschheitsgeschichte sind beschrieben<br />

worden vom bedeutenden Historiker A.<br />

Toynbee. Er schliesst sein Werk mit den Worten:<br />

„Der eine bleibt, die vielen gehen und wechseln.<br />

Dies ist in Wahrheit das endgültige Ergebnis unserer<br />

Übersicht über die Erlöser. Als wir uns auf<br />

die Suche begaben, fanden wir uns mitten in einem<br />

mächtigen Schwarm, aber in dem Masse, wie<br />

wir vordrangen, sind Kolonne um Kolonne aus<br />

dem Rennen geschieden. Die ersten, die versagten,<br />

waren die Männer des Schwertes, die nächsten<br />

die Anarchisten und Futuristen, die nächsten<br />

die Philosophen, bis nur noch die Götter im Rennen<br />

waren. In der schliesslichen Todesprüfung<br />

haben wenige auch <strong>von</strong> diesen vorgeblichen Erlöser-Göttern<br />

gewagt, ihren Titel unter Beweis zu<br />

stellen. Und nun, wo wir stehen und starren mit<br />

unseren Augen auf das andere Ufer, steigt eine<br />

einzige Gestalt aus der Flut und erfüllt den ganzen<br />

Horizont. Es gibt den Erlöser – den in dem Menschen<br />

Jesus <strong>von</strong> Nazareth inkarnierten Gott.“


Er schrieb keine Bücher, sondern schrieb in das<br />

Herz und Gewissen der Leute. Er sagte nicht<br />

bloss, dass der Tod keinen Schrecken für uns zu<br />

haben braucht. Er stand auf <strong>von</strong> den Toten! Viele<br />

Lehrer der Welt haben versucht, alles zu erklären.<br />

Sie änderten wenig oder gar nichts. Jesus hat wenig<br />

erklärt und alles verändert. Sein Name ist über<br />

allen Namen. Er, der einstmals geschundene Helfer-Heiland<br />

ist übermächtig heilsam der heute so<br />

geschundenen Welt verbunden.


25. Januar<br />

Von David: Herr, du durchschaust mich. Ob<br />

ich sitze oder stehe – du weißt es; aus der<br />

Ferne erkennst du, was ich denke. ob ich gehe<br />

oder liege – du siehst mich; mein ganzes<br />

Leben ist dir vertraut. Schon bevor ich rede,<br />

weißt du, was ich sagen will. Von allen Seiten<br />

umgibst du mich – hast deine <strong>Hand</strong> auf mich<br />

gelegt. (Psalm 139, 1-5)<br />

Was für ein harter Gott! Es wäre wunderlich,<br />

wenn dieser Gedanke nicht aufkäme. Aber ist<br />

damit nur ein bisschen Verständnis entstanden für<br />

diese paar Sätze? Kann dies der Schlüssel sein?<br />

Nein, diese aufmüpfige Meinung führt in eine<br />

Sackgasse. Das Wort Gottes ist aber keine <strong>Dr</strong>ohbotschaft<br />

und will Freiheitsluft zuführen. Was ist<br />

damit gemeint? Schauen wir unser Leben an - unser<br />

Leben, hier und jetzt, nicht nur solches in diktatorisch<br />

regierten Völkern. Immer wieder einmal<br />

sickert die Nachricht durch, wie Staatsbetriebe<br />

darauf aus sind, unser Leben und unsere Lebensführung<br />

zu durchschauen, Antennen und Schnüffelcomputer<br />

auszurichten auf bestimmte Menschen<br />

um zu erfahren, was gedacht, geredet und<br />

geschrieben wird. Wer weiss, wie mancher Ring<br />

gerade um Christen gelegt ist und wie viele Hände<br />

bereit sind bei uns einzugreifen, wenn die Staatsräson<br />

etwas wittert. Einmal ehrlich konstatiert,<br />

unsere Freiheit ist sehr relativ und restriktiv.<br />

Der Staat ist nicht zu beurteilen nach gut oder böse,<br />

wohl aber, nach Schutz oder <strong>Aus</strong>lieferung <strong>seiner</strong><br />

Bewohner. Und genau da liegt für unser Verständnis<br />

der Bibelworte ‚der Hase im Pfeffer’. Der<br />

Herrgott ist Gott der Liebe und der Zuwendung<br />

und des Schutzes. Wohl uns, dass es Gott ist, der<br />

so achtsam ist auf uns, der seine schützende <strong>Hand</strong><br />

auf uns legt. So gesehen sind diese obigen Sätze<br />

handfester Trost, göttlicher Freiraum!


26. Januar<br />

Jesus sprach: Ich will euch Mund und Weisheit<br />

geben, der alle eure Gegner nicht widerstehen<br />

noch widersprechen können.<br />

(Lukas 21, 15)<br />

Wer sich aufmacht, den Befehl Jesu, ‚Gehet hin<br />

und vermittelt die frohe Botschaft’ ernst zu nehmen,<br />

der macht seine Erfahrungen. Einmal diese:<br />

das Evangelium ist nicht exklusiv. Es gehört nicht<br />

nur in fromme Stuben und hinter Kirchenmauern.<br />

Es gehört auf die Strasse, in die Fabriken, in<br />

die Politik, in die Gefängnisse und in die Konferenzsäle<br />

der Wirtschaftskapitäne und in die Studios<br />

und Redaktionen der Massenmedien. „Gehet<br />

hin“, sagt Jesus. Doch gerade da können uns gewaltige<br />

Gegner widersprechen wollen. Sie sollen<br />

es nicht können, lautet die Verheissung. Allerdings<br />

muss die Voraussetzung stimmen, dass wir<br />

uns Mund und Weisheit geben lassen. Die Gegner<br />

in all den Schaltzentralen der (Ohn)Macht wollen<br />

widerstehen und ihr eigenes Süppchen kochen<br />

und über der Menschheit ausleeren. Aber ‚Gott<br />

sieht vor’ steht auf unserem Schweizer Fünffrankenstück<br />

und so geschieht es auch. Wer sich ausrüsten<br />

lässt, sieht sich keinen Feinden gegenüber,<br />

doch kann er die frohe Botschaft trotz grosser<br />

Gegnerschaft tatkräftig ausrichten, mit einer<br />

Nachricht also, die ihn selber glücklich gemacht<br />

hat, darf er jetzt ohne Zaudern andere beglücken.<br />

Ehre sei Gott in der Höhe! Denn er bringt der<br />

Welt Frieden und wendet sich den Menschen in<br />

Liebe zu.


27. Januar<br />

Wenn ein Dämon ausgetrieben wird, irrt er in<br />

öden Gegenden umher auf der Suche nach<br />

neuen Opfern … Genauso wird es diesem<br />

gottlosen Volk ergehen.<br />

(Matthäus 12, 43+45)<br />

Walter Nigg beschreibt in einem <strong>seiner</strong> träfen Bücher<br />

den auf weite Strecken gleich gebliebenen<br />

Zustand der Welt so: Soll die Welt gerettet werden,<br />

muss es im Namen Jesu Christi zu Massendämonenaustreibungen<br />

kommen. Sonst sind wir<br />

verloren, ausser dem verbleibenden berühmten<br />

Rest, der schon im Alten Testament in der Volksgeschichte<br />

Israels beschrieben ist, mit welchem<br />

Gott wieder neu beginnt.<br />

Was geschieht aber mit den ausgetriebenen Dämonen?<br />

Sie gehören ins Finsternisreich, aber dahin<br />

wollen sie nicht. Menschen ziehen scheinbar<br />

oft die Hölle dem Lichtreich vor, weil es sie eine<br />

zu grosse Anstrengung kostet, Jesus nachzufolgen.<br />

Die Dämonen suchen neue Opfer. Und das<br />

geschieht auch unter uns, in unserem ‚christlichen’<br />

Volk. „Und sie merkten nichts“ klagt ein Schauspieler<br />

auf der Bühne.<br />

Von dem, welchem Dämonen ausgetrieben worden<br />

sind, gehen wundersame Kräfte aus – gesunde<br />

Kräfte, heilsame Wirkungen und Weiterreichen<br />

der frohen Botschaft. Dazu muss Sorge getragen<br />

werden, denn die Dämonen wollen zurückkehren.<br />

Wenn sie aber Leib, Seele und Geist gereinigt und<br />

<strong>von</strong> Jesus erfüllt und geschmückt vorfinden, ziehen<br />

sie ab! Der Mensch, und nach W. Nigg die<br />

Völker, erfüllen nun ihren Auftrag in dieser verwirrten,<br />

gottlosen Völkerwelt und im ganzen<br />

Kosmos.


28. Januar<br />

Der Herr sprach durch eine Erscheinung in<br />

der Nacht zu Paulus: Fürchte dich nicht!,<br />

sondern rede und schweige nicht.<br />

(Apostelgeschichte 18, 9)<br />

Der Zustand der Welt ist auch für den Apostel<br />

zum Fürchten. Zu keiner Zeit sind es mehr als<br />

nur wenige gewesen, die sich die Ermahnungen<br />

Gottes gefallen liessen. Wer wollte schon seine<br />

gehätschelte, liebgewordene Art zu leben, in Frage<br />

stellen lassen? Daran hat sich bis heute nichts geändert.<br />

Es ist die reine Liebe Gottes zu <strong>seiner</strong><br />

Schöpfung, dass dies aber nicht rundweg der<br />

Schlusspunkt der Menschheitsgeschichte sein<br />

muss. Diese Liebe hat in Jesus Christus Gestalt<br />

angenommen und ist erfahrbar für jeden Menschen.<br />

Da ist keiner zu gering und keiner zu hoch<br />

geraten. Das Evangelium hat eine Sprache, die<br />

jeder Mensch verstehen und akzeptieren kann.<br />

Damit soll Paulus nun in eine Stadt wo ihn <strong>von</strong><br />

vornherein nicht viel Sympathie erwartet. Doch<br />

auch das gehört zur Liebe Gottes, dass er seine<br />

Diener nicht nur beauftragt und dann laufen lässt,<br />

sondern sie im voraus ermutigt und seine Begleitung<br />

zusichert. Das geschieht bei Paulus durch<br />

eine eindrückliche Erscheinung. Wie heilsam ist<br />

das für Paulus und alle, die sich eines Mangels für<br />

die Verkündigung der frohen Botschaft bewusst<br />

sind. In jener Zeit glänzten die Redner, ihnen<br />

mochte man zuhören, sie säuselten und stellten<br />

kaum einmal eine Herausforderung in den Raum.<br />

Solches liebten die Menschen, jedenfalls die Freien.<br />

Die Diener und Sklaven sahen tiefer und empfanden<br />

die Reden als Geschwätz. Was ihn erwartet<br />

würde, wusste Paulus, denn er war ein schwacher<br />

Redner, kein Glänzer und Schwärmer, allezeit<br />

gefasst, dass man ihm schaden wird, wo und<br />

wie auch immer. Aber er hatte Überzeugungskraft


und schenkte niemandem etwas. Starke Herausforderungen<br />

waren sein Metier und er fand wohl<br />

seine Zuhörerschaft, wenn auch mehr beim niedern<br />

Volk. „Ich habe ein grosses Volk in dieser<br />

Stadt“ ist eine mutmachende Zusage, die er noch<br />

brauchen wird. Denn schon rüsten seine Gegner<br />

ihre Waffen der Verleumdung und schlimmere<br />

Dinge. Paulus redet <strong>von</strong> den grossen Taten Gottes<br />

und als man ihn ins Streitgespräch verwickelt,<br />

schweigt er nicht. Seine Antworten sind präzis,<br />

viel zu klar für das verwöhnte Publikum. Und sie<br />

haben genug Götter, auch solche, die gelitten haben<br />

und auferstanden sind. Was sollen sie sich<br />

dem Jesus <strong>von</strong> Nazareth öffnen? Bringt er’s denn<br />

wirklich? Stellt er die Götter nicht nur in den<br />

Schatten, sondern bringt er das ewige Heil, das<br />

den Menschen und nicht ihm selber dient?<br />

Gewiss haben wir heute eine etwas andere Situation,<br />

andere Götter, andere Huldigungen, andere<br />

Borniertheiten. Aber immer noch gilt für die<br />

Nachfolger Jesu: Geht hin! Redet und schweigt<br />

nicht! Dies geht nicht ins Leere! Das bringt Zuwachs<br />

zur Kirche Jesu und zur Bürgerschaft des<br />

Reiches Gottes in Ewigkeit.


29. Januar<br />

Niemand <strong>von</strong> uns lebt für sich selbst.<br />

Leben wir, dann leben wir für den Herrn.<br />

(Römerbrief 14, 7 + 8)<br />

Da ist vom Sinn des Lebens die Rede. Was soll<br />

das Leben – krankes Leben – so genanntes unwertes<br />

Leben – bedrohtes Leben – gefahrvolles<br />

Leben usw.? Es gibt immer nur die eine Antwort:<br />

Der Sinn liegt darin, dass ein Mensch für andere<br />

etwas sein darf, wo<strong>von</strong> er selber auch Gewinn hat.<br />

Es gibt nur einen kleinen ‚Umweg’, wenn unser<br />

Leben wirklich frei sein soll <strong>von</strong> Eigennutz: Wir<br />

geben es in erster Linie in die <strong>Hand</strong> Gottes und<br />

daraus setzen wir es ein für die andern. Ich denke<br />

da an die überragende Künstlerin Joni, welche seit<br />

ihrer Fast-Totallähmung für ihre Lebensverrichtungen<br />

ganz auf die Hilfe anderer angewiesen ist.<br />

Mit ihrem Glauben und ihrer Malkunst mit dem<br />

Mund ist sie in der Seelsorge und in Konferenzen<br />

und in der Korrespondenz ein solcher Segen für<br />

grosse Mengen <strong>von</strong> Menschen.<br />

Ein anderes Beispiel stammt aus dem Film „La<br />

Strada“ <strong>von</strong> Fellini. Das Stück offenbart den<br />

christlichen Sinn des menschlichen Schicksals.<br />

Fellini hat in der Gestalt der Gelsomina ein Beispiel<br />

dafür geschaffen, dass niemand auf dieser<br />

Welt umsonst lebt.<br />

Da ist Gelsomina, die kleine Assistentin des bärenstarken<br />

Muskelprotzen Zampano, der durch<br />

Städte und Dörfer zieht, um vor staunenden<br />

Menschen Eisenketten zu zerreissen. Sie ist am<br />

Leben verzweifelt. Ihr Dasein erscheint ihr sinnlos.<br />

Da begegnet ihr der Clown Matto. Er führt<br />

sie in einen Zirkus. Sie klagt ihm ihr Leid: „Alles<br />

ist sinnlos“, sagt sie. Einen Augenblick schaut der<br />

Clown sie an, dann bückt er sich und hebt vom<br />

Boden einen kleinen, unscheinbaren Stein auf.<br />

„Selbst dieser kleine, unbeachtete Stein liegt nicht


sinnlos hier herum. Er hat einen Sinn. Ich kenne<br />

den Sinn nicht. Aber Gott hat ihn bestimmt für<br />

einen guten Zweck hierher gelegt.“ Über das Gesicht<br />

des jungen, verzweifelten Menschen huscht<br />

ein Lächeln. Wieviel mehr hat Gott dem Menschen<br />

einen Sinn gegeben, für andere da zu sein.<br />

Gelsomina drückt den kleinen Stein an sich und<br />

ist glücklich. Sie hat den Sinn des Lebens wiedergefunden.<br />

Wie sagt Augustin in seinen Bekenntnissen: „Ruhelos<br />

ist unser Herz, bis es Ruhe findet in dir“, bis<br />

es weiss, wo es hingehört – bis es für den Herrn<br />

lebt und damit für andere da ist.


30. Januar<br />

Im Anfang schuf Gott Himmel und Erde.<br />

(1. Mose 1, 1)<br />

„Während wir die Schöpfung besser kennen lernen,<br />

sollten wir auch eine bessere Kenntnis des<br />

Schöpfers erhalten und eine tiefere Erkenntnis<br />

der Verantwortung des Menschen für das, was<br />

Gott damit will. Die bemannten Raumflüge sind<br />

phantastische Leistungen, aber bisher haben sie<br />

nur ein kleines Fenster in den gewaltigen Weltraum<br />

geöffnet. Doch das, was wir durch dieses<br />

Fenster <strong>von</strong> den unendlichen Geheimnissen des<br />

Universums sehen können, bekräftigt die Gewissheit,<br />

dass es einen Schöpfer gibt.“ (W. <strong>von</strong> Braun)<br />

Diesem wunderbaren <strong>Aus</strong>spruch in einem Presseinterview<br />

stehen so viele respektlose Sprüche und<br />

schauerliche Hypothesen der Naturwissenschaft<br />

und anderer Wissenszweige gegenüber. Nicht,<br />

dass uns auch ernsthafte und glaubende Forscher<br />

bekannt wären, aber die Norm ist es nicht. Allerdings<br />

kann auch Wernher <strong>von</strong> Braun nicht alle<br />

Fragen beantworten und alle Zweifel ausräumen.<br />

Doch es ist ein Pflock gesetzt, dass Gott als<br />

Schöpfer nicht verhandelbar ist. Wer Ergebnisse<br />

der Forschung im Licht der Bibel erscheinen lässt,<br />

muss zugeben, dass die Schöpfung zwar ein Produkt<br />

ist, dem aber die ganze Liebe Gottes zugewendet<br />

ist.<br />

Dieser Sachverhalt, der nicht nur unsere Erde<br />

sondern das ganze Universum betrifft, nimmt uns<br />

in höchst verantwortungsvolle Pflicht.<br />

Wir können uns nur beugen unter unsere verantwortungslose<br />

<strong>Hand</strong>lungsweise, die deutlich am<br />

Tage ist. Wir können nur bekennen, dass Gott im<br />

Recht ist und uns neu aufmachen, unsere Aufgabe<br />

ernst zu nehmen.


Gott liebt die Welt und damit auch uns. Seine<br />

Liebe will die unsrige entzünden, dass wir aus<br />

Freude und Gehorsam Gott dienen.


31. Januar<br />

Was bei den Menschen unmöglich ist, ist bei<br />

Gott möglich. (Lukas 18, 27)<br />

Dieser Satz ist dem Nachwort zu einem Gespräch<br />

Jesu mit einem reichen jüdischen Vorsteher entnommen.<br />

Es heisst dort, dass ein Reicher schwer<br />

in das Reich Gottes eingehen könne.<br />

Wir dürfen unser Bibelwort aber auch allgemeiner<br />

auffassen – im Sinn unseres Buchtitels. Haben wir<br />

nicht schon oft dargelegt, wie turbulent sich das<br />

Universum gebärdet, seit wir uns <strong>seiner</strong> scheinbar<br />

bemächtigt haben. Aber wir haben nie gesagt, rettet,<br />

was zu retten ist oder gar, rette sich wer kann.<br />

Sondern wir haben immer herausgehoben, dass es<br />

eine <strong>von</strong> Gott herausgegebene Aufgabe an seine<br />

Reichsgenossen ist, der Welt zu dienen, sie aufzurichten,<br />

zurechtzurichten und neu auszurichten<br />

auf ihre eigentlichen Ziele. Diese erkennen wir<br />

ganz leicht, wenn wir Zeiten und Stunden, Tag<br />

und Nacht, Sommer und Winter beobachten und<br />

wahrnehmen und entsprechend handeln im Tun<br />

oder Ruhen lassen. Zugegeben, wir kommen<br />

schnell an unsere Grenzen. Unsere Möglichkeiten<br />

werden beschnitten durch unsere Unzulänglichkeit<br />

und durch die Willkür der Mächtigen und<br />

Wirtschaftsbosse sowie durch die Politik der Anpassung<br />

und Volksverdummung und der übermässigen<br />

Kontrolle über die Bürger. Da ist uns<br />

vieles unmöglich wo wir Gelegenheiten sehen<br />

würden, aber die Hände sind uns gebunden. Gott<br />

sei Dank, sagt uns das Wort Gottes, bei Gott ist<br />

alles möglich. Nicht, dass er persönlich eingriffe –<br />

das ist kaum zu erwarten – aber dadurch, dass er<br />

uns den Weg frei schaufelt und uns Möglichkeiten<br />

eröffnet. Es bleibt dabei: Gott steht nicht im Abseits:<br />

Er liebt sein Produkt.


1. Februar<br />

Meine Kraft ist in den Schwachen mächtig.<br />

(2. Korinther 12, 9)<br />

Da kommen <strong>von</strong> links reihenweise, gerade, verantwortungsbewusste<br />

Männer, die ahnungslos auf<br />

einen Operationstisch zu wandeln oder sich willig<br />

hingeleiten lassen. Einer nach dem andern wird<br />

behandelt <strong>von</strong> einem Superwesen, das ihnen das<br />

Rückgrat herausoperiert. Sonst ordentlich hergerichtet<br />

kriechen sie auf allen Vieren aus dem<br />

Raum. Nun sind sie erbärmliche Gestalten, ohne<br />

Halt und auch ohne innere Überzeugung. Sie<br />

wanken durch die Gegend, ein willenloses Werkzeug<br />

anderer Menschen und Mächte. Im gleichen<br />

Trott tanzen sie nach der Pfeife eines dämonischen<br />

Wesens, das sie gefügig gemacht hat. (aus<br />

einer Satirezeitschrift)<br />

Ein Mensch ohne Rückgrat ist haltlos. Er wird<br />

<strong>von</strong> jeder Meinung, Weltanschauung und Einflüsterung<br />

hin- und hergerissen. (R. Ruthe) Er ist<br />

schwach und schwimmt in der Masse mit. Er trägt<br />

keine Verantwortung. Eine Instanz des modernen<br />

Lebens hat sie ihm abgenommen: Das „Man“. Er<br />

lebt nun, wie „man“ lebt; er ist nun, wie „man“<br />

ist; denkt, wie „man“ denkt, lügt, wie „man“ lügt<br />

und stielt wie „man“ stielt. – Er heult mit den<br />

Wölfen, ohne Überzeugung und feste Standpunkte.<br />

– Der Glaube an Jesus Christus gibt uns<br />

schwachen Menschen Kraft und Rückgrat. Wenn<br />

wir nicht Konformisten werden wollen, Menschen,<br />

die gleichgeschaltet und wie eine Herde<br />

abgerichtet und einer Gehirnwäsche unterzogen<br />

werden, brauchen wir zu jeder Zeit ein Rückgrat<br />

und einen festen Halt. Wir haben ihn nicht automatisch<br />

in uns selbst.<br />

Aber seine Kraft ist in den Schwachen mächtig!


2. Februar<br />

Ihr seid das Salz der Erde. Wenn nun das Salz<br />

fade geworden ist, wodurch soll es seine<br />

Würzkraft wiedergewinnen? Es ist nutzlos<br />

geworden, man schüttet es weg.<br />

(Matthäus 5, 13)<br />

Einfach und billig ist es nicht Christ zu sein. Um<br />

es deutlicher zu sagen, es ist nichts damit: werde<br />

ein Verehrer Jesu und setze dich zur Ruhe. Im<br />

Gegenteil, wer an Jesus Christus zu glauben beginnt<br />

ist in die Nachfolgerbahn eingetreten und<br />

macht sich bereit, zu wirken die <strong>Werke</strong>, die Christus<br />

gewirkt hatte auf Erden. Salz nennt er den<br />

Wirkstoff, der uns anvertraut ist. Ohne Salz ist die<br />

Suppe ungeniessbar. Ohne den Wirkstoff Christensalz<br />

ist die Welt ungeniessbar. Salz kann aber<br />

fade werden, das ist zur Warnung gesagt. Was bedeutet<br />

das? Wenn man sofort Erfolg sehen will,<br />

Frucht seines Wirkens sichtbar werden soll, dann<br />

will man gerne weitermachen, ansonsten verkriecht<br />

man sich in Resignation und Depression.<br />

Das ist gefährlich für den Wirkstoff und den Auftrag<br />

und enttäuschend für den Auftraggeber. Das<br />

Salz wird fade; Christen werden gesichtslos, ohne<br />

Schärfe und Überzeugungskraft. Wer nicht mehr<br />

herausfordert, ist nicht mehr interessant für eine<br />

Diskussion, obwohl einschränkend gesagt werden<br />

muss: „Das Reich Gottes kommt nicht durch<br />

Diskussionen sondern durch Kraft.“


3. Februar<br />

Ich bin die Wurzel und der Nachkomme Davids<br />

und der helle Morgenstern. (Offb. 22, 16)<br />

Wurzel, Nachkomme, Morgenstern sind so verschieden,<br />

finden aber interessanterweise ihre Einheit<br />

in einer Person. So stellt sich Jesus den damaligen<br />

Gemeinden vor. So sollen sie ihn annehmen<br />

und begreifen. Die Wurzel deutet auf die Präexistenz<br />

Jesu hin: „Im Anfang war das Wort, und<br />

das Wort war bei Gott, und das Wort war Gott!“<br />

und später „Nicht du trägst die Wurzel, sondern<br />

die Wurzel trägt dich.“ Auf die Menschheit bezogen<br />

heisst das, wir haben einen Urgrund, auf welchen<br />

Verlass ist.<br />

Konkreter wird Jesus, wenn er sich als Nachkomme<br />

Davids bezeichnet. Beim ersten Kommen<br />

des Messias wählte er eine menschliche Abstammung<br />

um uns Menschen gleich zu sein. Alle<br />

Nachfolger profitieren da<strong>von</strong>, wenn sie der Welt<br />

das Evangelium nahe bringen und zur Umkehr<br />

aufrufen.<br />

Der helle Morgenstern weist Jesu Bedeutung für<br />

das Universum nach. Er ist der Anfang und das<br />

Ende – so wie der Morgenstern schon am hellen<br />

Abend zu sehen ist und am Morgen bei Sonnenaufgang<br />

als letzter Stern noch sichtbar ist.<br />

Diese dreifache Bedeutung der Person Jesu und<br />

<strong>seiner</strong> Sendung hat einen enormen Einfluss auf<br />

unseren Dienst. Daraus schöpfen wir Überzeugungskraft<br />

und gibt uns Argumente in die <strong>Hand</strong>,<br />

die überaus vorteilhaft sind, wenn wir uns um Erde<br />

und sichtbaren Himmel bemühen.


4. Februar<br />

Wir liegen vor dir mit unserm Gebet und vertrauen<br />

nicht auf unsere Gerechtigkeit, sondern<br />

auf deine grosse Barmherzigkeit.<br />

(Daniel 9, 18)<br />

Es gibt ein Tun, das man besser mit Aktivismus<br />

oder Eifern bezeichnet. Das ist gerade auch den<br />

Kirchen wahrhaftig nicht fremd. Dabei ist es ganz<br />

vordergründig, dass sie sich darin wohl fühlen<br />

und meinen, Gott einen Dienst zu erweisen. Sie<br />

denken hoch <strong>von</strong> sich und sehen ihre eigene<br />

Schuld nicht mehr. Bagatellen brauchen keine<br />

Barmherzigkeit.<br />

Ganz anders bei Daniel und seinen Freunden in<br />

der Gefangenschaft in Babylon – dort wo die<br />

Menschen die grandiose Versuchung überkommen<br />

ist, einen Turm bis zum Himmel zu bauen.<br />

Von jeher liegt eine grosse Schuld auf dieser<br />

Stadt, auch wenn längst andere Völker und Herrscher<br />

über sie verfügen. (Übrigens ist es Archäologen<br />

gelungen, den genauen Standort des ehemaligen<br />

Turmes zu lokalisieren und L. Schneider ist<br />

überzeugt, dass er echte Gesteinsbrocken mit<br />

nach Hause nahm.) Dort also liegen die Freunde<br />

im Gebet auf dem Boden mit Blickrichtung Jerusalem.<br />

Ohne Einsicht in ihre und ihres gefangenen<br />

Volkes Schuld, würden sie es nicht wagen.<br />

Aber sie vertrauen auf des Höchsten Barmherzigkeit.<br />

Und diese Hoffnung täuscht nicht.<br />

Wie wohl würde es der Christenheit anstehen, so<br />

in sich zu gehen, dem Aktivismus den Abschied<br />

zu geben und unten durch zu gehen, bis Gottes<br />

Barmherzigkeit sie aufliest und neu zur Arbeit<br />

schickt. Oft ist weniger mehr und wie wahr ist das<br />

Sprichwort: Das Bessere ist der Feind des Guten.


5. Februar<br />

Nicht alle, die zu mir sagen: Herr, Herr! werden<br />

in das Reich der Himmel kommen, sondern<br />

wer meinen und des Vaters Willen tut.<br />

(Matthäus 7, 21)<br />

Zunächst ist zu sagen, dass dies kein sehr aktuelles<br />

Wort ist, so scheint es jedenfalls. Denn wo gibt<br />

es noch Herren und Diener, Damen und Mägde?<br />

Trotzdem das Wort steht seit langem immer noch<br />

in der Bibel. Es muss auch heute seinen Sinn haben.<br />

Sicher, die Verhältnisse haben sich massiv<br />

verschoben und trotzdem hat die Mehrheit der<br />

arbeitenden Bevölkerung eine Herrschaft über<br />

sich, und das bedeutet, der Herrschaft Wollen<br />

und Befehlen zu gehorchen. Selbst der oberste<br />

Boni-Empfänger hat seinen Chef, letztendlich<br />

Gott selbst. Wer seinem Chef hofiert, macht sich<br />

verdächtig, ob er wohl die Anweisungen perfekt<br />

ausführt. Ein distanziert auftretender Untergebener<br />

weckt eher mehr Vertrauen im Chef, trotzdem<br />

wird er ihm auf die Finger schauen. Diese<br />

Vertrauens- oder Misstrauensverhältnisse spielen<br />

sich im Innern ab, obwohl sie Äusserlichkeiten<br />

widerspiegeln.<br />

Jesus nimmt das tägliche Leben als Vorbild und<br />

wendet es im geistlichen Leben an. Nicht alle, die<br />

Herr Herr zu mir sagen … Menschen sind oft<br />

auch im Gebet clever und reden viel, leiten es ein<br />

mit wülstigen Anreden und sind erstaunt, dass ihr<br />

Gebet gerade bis zur Zimmerdecke gelangt. Er<br />

meint seine Nachfolger, die freudig an der Glaubensschale<br />

lecken, sich aber wenig oder nichts um<br />

den Willen Jesu und seines Vaters kümmern. Sie<br />

geben vor, die Bekehrung und der Glaube haben<br />

doch alles erledigt, nun könne nichts mehr passieren,<br />

das Schreiten durch die Himmel am Lebensende<br />

sei so gut wie sicher. Falsch, sagt das Evangelium,<br />

die frohe Botschaft. Nachfolger sind kei-


ne Genussmenschen. Sie haben einen Auftrag, der<br />

sie durchaus noch atmen lässt. Doch das Evangelium<br />

will in die Welt. Zuvor gilt aber als Einführung<br />

das Halten der Gebote Gottes, mit immer<br />

mutiger Überprüfung, ob’s noch stimmt. Über die<br />

Gebote sollte nicht die Rede sein. Wer hat nicht<br />

die 10 Gebote kennen gelernt, die Bergpredigt gelesen<br />

…? Nennen wir ausführlich nur ein Gebot,<br />

das den Eingang ins Gottesreich öffnet: Das Gebot<br />

der Liebe. Knapp zusammengefasst heisst es:<br />

„Du darfst Gott den Herrn lieben <strong>von</strong> ganzem<br />

Herzen, <strong>von</strong> ganzer Kraft und ganzer Hingabe;<br />

und deinen Nächsten wie dich selbst. Tue es!“<br />

Eine ebenso eindrückliche, aber etwas ausführlichere<br />

Darlegung schrieb Paulus im 1. Korintherbrief<br />

13: Liebe ist geduldig und freundlich. Sie ist<br />

nicht verbissen, sie prahlt nicht und schaut nicht<br />

auf andere herab. Liebe verletzt nicht den Anstand<br />

und sucht nicht den eigenen Vorteil; sie<br />

lässt sich nicht reizen und ist nicht nachtragend.<br />

Sie freut sich nicht am Unrecht, sondern freut<br />

sich, wenn die Wahrheit siegt. Liebe ist immer bereit<br />

zu verzeihen, stets vertraut sie; sie verliert nie<br />

die Hoffnung und hält durch bis zum Ende.<br />

Die Liebe vergeht niemals!


6. Februar<br />

Es begab sich, als Jesus die Rede vollendet<br />

hatte, dass sich das Volk entsetzte über seine<br />

Lehre; denn er lehrte mit Vollmacht, nicht<br />

wie ihre Schriftgelehrten. (Matth. 7, 28 + 29)<br />

Das ist in Kürze die Wirkung der ersten grossen<br />

Rede Jesu nach seinem Auftreten. Entsetzen hat<br />

die Leute gepackt, was nichts anderes ist, als namenloses<br />

Erstaunen bis hin zur inneren und äusseren<br />

Erschütterung der Zuhörer. Solches hatten<br />

sie noch nie gehört. Sie waren ganz in den Bann<br />

des Nazareners gezogen worden, überdrüssig der<br />

immergleichen stereotypen Hassreden der<br />

Schriftgelehrten gegen die Besatzungsmacht<br />

Roms und der eifernden Gesetzespredigten. Was<br />

war denn so anders bei Jesus? Da sind einige<br />

Stichworte, die so viel ernsthafter und liebevoller<br />

ausgelegt wurden: Die Seligpreisungen – Die Jünger<br />

das Salz der Erde und das Licht der Welt –<br />

Neue <strong>Aus</strong>legung des Gesetzes – Vom Almosengeben<br />

– Vom Beten – Das Unser Vater – Vom<br />

Fasten – Warnung vor irdischem Sorgen – Warnung<br />

vor strengem Richten – Der schmale und<br />

der breite Weg – Warnung vor falschen Lehrern –<br />

Das Gleichnis vom Haus auf dem Felsen. (Mat. 5<br />

– 7) Es ist nicht verwunderlich, dass diese Ouvertüre<br />

eine solche Reaktion ausgelöst hatte. Ein andermal<br />

schien den Zuhörern die Rede unzumutbar<br />

und sie baten Jesus wegzugehen, ja einmal<br />

wollten sie ihn sogar steinigen – aber er schritt<br />

mitten durch sie hindurch. Keiner, der Jesus nicht<br />

erträgt, ist tragfähig für die Herrschaft Gottes in<br />

seinem Reich. Keiner derselben kann Anteil haben<br />

an den Segnungsfolgen <strong>von</strong> Jesu Reden und<br />

Wundertaten. Vom Entsetzen ist es ein kleiner<br />

Schritt bis zum Irrewerden an Jesus. Darum sagte<br />

er: „Glücklich ist, wer sich nicht an mir ärgert“!


7. Februar<br />

Tut nichts aus Ränkesucht oder um eitler Ehre<br />

willen, sondern in Demut achte einer den<br />

andern höher als sich selbst. (Philipperbrief 2,<br />

3)<br />

Das ist ein ernstes Wort an die Kirche in ihrer<br />

Vielfalt, Mannigfaltigkeit und Abartigkeit, wie sie<br />

heute anzutreffen ist. Zwar ist der einzelne Kirchenchrist<br />

angesprochen, denn damals bei der<br />

Abfassung des Philipperbriefes gab’s das Durcheinander<br />

<strong>von</strong> heute noch nicht.<br />

Heute müssen wir <strong>von</strong> Einzelnen und <strong>von</strong> Körperschaften<br />

reden. Es wird ihnen ein Zeugnis<br />

ausgestellt, das erschrecken lässt. Da geht’s wie<br />

meistens ums Rechthaben, um die rechte <strong>Aus</strong>legung<br />

der Bibel, um die reine Lehre in Kirche und<br />

Universität, um die grösste Sonntagsgemeinde<br />

und um den höchsten Geldopfereingang usw.<br />

Und das alles – weil man nicht demütig und bescheiden<br />

sein kann und will – wird mit List und<br />

‚Andacht’, mit Raffinesse und ‚Gebet’, mit<br />

Scheinheiligkeit und ‚Lobpreis’ in Szene gesetzt,<br />

wer man ist und welch toller Gemeinde oder<br />

christlicher Sekte man angehört. Nein, so soll es<br />

unter uns nicht sein.<br />

Als erstes benötigen wir die Gabe der Geisterunterscheidung,<br />

damit wir nicht sind, wo wir nicht<br />

hingehören, dass wir uns nicht an Aufträgen<br />

beteiligen, die nicht <strong>von</strong> Gott animiert und gesteuert<br />

sind. Zum zweiten brauchen wir die Einsicht,<br />

dass nicht nur wir wirken und anerkennen<br />

können, was andern möglich geworden ist. Zuletzt<br />

oder zuerst soll sich unsere Einstellung so zu<br />

erkennen geben, dass der andere Christ oder die<br />

andere Gemeinde <strong>von</strong> uns höher eingestuft wird,<br />

zu Gottes Ehre!


Nur so erleben wir als Einzelne und in unseren<br />

Gemeinden den absolut dringenden Fortschritt<br />

im Glauben, in der Liebe zu Gott und den Menschen,<br />

in der Diakonie am nahen und fernen<br />

Nächsten und – und was euch noch einfällt.


8. Februar<br />

Paulus und Barnabas lehrten frei und offen<br />

im Vertrauen auf den Herrn, der das Wort<br />

<strong>seiner</strong> Gnade bezeugte und liess Zeichen und<br />

Wunder geschehen durch ihre Hände. (Apg.<br />

14, 3)<br />

Noch zu keiner Zeit wie heute erlebte die Weltbevölkerung<br />

eine Inflation <strong>von</strong> Worten, dass man<br />

nicht mehr hinhören mag, wenn wieder jemand<br />

das Wort ergreift. Vor allem die Kirchen leiden<br />

daran. Wer geht schon in die Predigt? „Das haben<br />

wir nun schon so oft gehört“ seufzt eine grosse<br />

Schar. Zu Recht? Der Vorwurf hat vielleicht etwas<br />

Wahres, wenn auch noch andere Motive eine<br />

Rolle spielen. Aber auch Wahl- und Parteiveranstaltungen<br />

leiden an Schwindsucht. Umso mehr<br />

schiessen die Massenmedien ins Kraut, vor allem<br />

die Bildmedien sind gefragt. Da fängt man an,<br />

sich nach den früheren Zeiten zu sehnen, als Paulus<br />

und Barnabas … Ja, da war alles noch besser,<br />

so unverdorben, meinen wir kurzschlüssig. Aber<br />

der Preis war hoch, wie einfach nachzulesen ist.<br />

Sind vielleicht die wahren Worte heute so rar, weil<br />

die Redenden den eventuellen Preis fürchten? Die<br />

Abwahl eines Pfarrers, der treu zum Evangelium<br />

steht bei den Kleinsten bis zu den Betagten und<br />

Sterbenden; die Nichtwiederwahl eines Politikers,<br />

der die Wahrheit obenan setzt; der Zorn einiger<br />

Eltern auf den Lehrer, der sich nicht beeinflussen<br />

lässt usw. Ob es das Wort des Evangeliums ist<br />

oder das christlich fundierte Wort in der Schule<br />

oder in der Politik oder in der Arbeitswelt, Gott<br />

steht dazu, so steht es geschrieben. Er unterstreicht<br />

es sogar mit Zeichen und Wundern, die<br />

auch in unserer Zeit bitter nötig wären.


9. Februar<br />

Heute, so ihr seine Stimme hören werdet, so<br />

verstocket eure Herzen nicht.<br />

(Hebräerbrief 3,15)<br />

<strong>Prof</strong>essor Hallesby schreibt in seinem Buch : „Religiosität<br />

oder Christentum“ über unser Herz:<br />

„Als Gott das Universum mit den unzähligen<br />

Sonnensystemen schuf, sass er ruhig auf seinem<br />

himmlischen Könisgthron und sprach ein schöpferisches<br />

Wort. Und wenn er das Weltall, <strong>von</strong> den<br />

gewaltigen Himmelskörpern hinab bis zu kleinsten<br />

Bazillen, regiert, sitzt er ruhig in seinem<br />

Himmel und trägt alle Dinge mit seinem kräftigen<br />

Wort. Aber als er das kleine willensharte Menschenherz<br />

brechen musste, konnte er nicht auf<br />

seinem himmlischen Thron verbleiben, sondern<br />

musste den Himmel verlassen, auf unsere Erde<br />

herabsteigen, Mensch werden und leiden und<br />

sterben zur Sühne für unsere Sünden. Eines so<br />

grossen Apparates bedurfte Gott, um das kleine<br />

Menschenherz zu brechen!“<br />

Ja, um mit dem ungehorsamen menschlichen<br />

Herzen fertig zu werden, musste Gott in Jesus<br />

Christus in diese Welt, auf diese Erde kommen.<br />

Kein Mensch kann sich bekehren und Christ werden<br />

und die göttliche Dienstanweisung übernehmen,<br />

dem Gott nicht das Herz durch einen Zerbruch<br />

zubereitet hat.<br />

Wer heute seine Stimme hört, kann seine Bekehrung<br />

nicht aufschieben. Ein Ertrinkender sagt<br />

auch nicht: Ja, ich will gerettet werden, aber nicht<br />

heute. Wer heute Gottes erbarmendes Zerbrechen<br />

spürt und nicht gehorcht, tut sich keinen<br />

Dienst. Wer will schon diese Gelegenheit verpassen?


10. Februar<br />

Wer Dank opfert, der ehrt mich!<br />

(Psalm 50,23)<br />

„Lied vom Kürbis“ Ein Protest-Song zum Erntedankfest:<br />

Mercedes vor der Türe,<br />

vier Konti auf den Banken,<br />

Ich spende einen Kürbis<br />

und fei’re Erntedank.<br />

<strong>Dr</strong>ei Pfund Filet im Kühlfach,<br />

Skotch Whisky in der Bar.<br />

Ich trage einen Kürbis<br />

am Sonntag zum Altar.<br />

Der Pfarrer sprach vom Teilen,<br />

der Hunger wäre gross;<br />

zu Hause ass ich meine Schnitzel<br />

und war den Kürbis los.<br />

Es ändern sich die Zeiten,<br />

für mich ist alles klar:<br />

Ich sing mein Lied vom Kürbis,<br />

ich sing es jedes Jahr.“<br />

Die Zeiten sind vorbei, dass wir mit einem Kürbis<br />

Dank opfern können. So billig kommen wir nicht<br />

da<strong>von</strong>. Wir spotten am Erntedankfest Gott eher<br />

ins Angesicht, wenn wir in mit Kleinigkeiten, wie<br />

ein paar Batzen abspeisen. Erntedankfest ist ein<br />

Prüfstein unseres Glaubens, unseres Dankes.<br />

Gott erwartet ein Opfer und keine Kollekte. Die<br />

Lunte an der Hungerbombe brennt. Wie sagte dazu<br />

Jesus: Was ihr einem dieser Geringsten getan<br />

habt, habt ihr mir getan; und: Ich war hungrig und<br />

ihr habt mich gespeist! Wenn das wahr ist unter<br />

uns, und um der <strong>Dr</strong>inglichkeit willen im grossen<br />

Stil, dann können wir uns freuen und ein anderes<br />

Lied anstimmen.


11. Februar<br />

Er der ewige Gott, breitet seine Arme aus, um<br />

euch zu tragen und zu schützen. (5.Mo 33, 27)<br />

Gott zu lieben und den nächsten wie mich selbst,<br />

ist kein Spaziergang und keine gemeinsame Wanderung<br />

mit Gott. Diese Zeit ist vorbei, seit die ersten<br />

Menschen sich gedrungen fühlten, im Paradies<br />

ein Versteck aufzusuchen um Gott auszuweichen.<br />

Sie birgt auch Gefahren, z.B., dass uns die<br />

Gunst bei Gott in den Kopf steigt und wir übermütig<br />

werden. Plötzlich werden wir inne, dass wir<br />

ohne den goldenen Fallschirm schutzlos dem harten<br />

Boden entgegen fallen. Es ist leicht möglich,<br />

dass wir damit gleich noch eine Schar Menschen,<br />

die uns anvertraut ist, mit ins Verderben ziehen.<br />

Das ist als schweres Vergehen einzuschätzen.<br />

Diskussion unnötig. Aber wie kommt man aus<br />

dieser Schuld heraus? Beim Computer gibt es für<br />

die verschiedensten Probleme eine ‚Hilfe’, ein<br />

Angebot zur Korrektur oder Reparatur. Gibt es<br />

so etwas auch für den inneren, geistig geistlichen<br />

Menschen? Da sind wir dann wieder froh <strong>von</strong><br />

dem ‚ewig reichen Gott’ zu wissen. Wenn nicht<br />

er, wer dann …? Unser Gewissen, versagt zu haben,<br />

wird nicht erleichtert, wenn wir uns nicht<br />

helfen lassen. Den Blick nach unten gerichtet, laufen<br />

wir durch die Gegend. Also reissen wir uns<br />

zusammen und stellen uns Gott. Da wird uns offenbart,<br />

dass der ewige Gott uns mit seinen ausgestreckten<br />

Armen längst aufgefangen hat und<br />

uns schützt vor den Vorwürfen des eigenen Gewissens<br />

und der Mitmenschen und falsch verstandenen<br />

Ordnungsbussen der Bibel. Dann gehen<br />

wir wieder mit neuer Freude und aufrechtem<br />

Gang an unsere Arbeit in der Welt ohne und mit<br />

dem Evangelium als Beitrag zum Kommen der<br />

Herrschaft (Reich) Gottes.


12. Februar<br />

Paulus schreibt: Ich vermag alles durch den,<br />

der mich stark macht. (Philipperbrief 4, 13)<br />

Als Schüler des jüdischen Gelehrten Gamaliels<br />

wuchs Saulus (Jugendname des Paulus) selber zu<br />

einem jungen Gelehrten heran. Man setzte grosse<br />

Hoffnungen in ihn. Saulus selbst sah ein Etappenziel<br />

darin, dass er die junge Christenheit auslöschen<br />

würde, nicht mit Gelehrsamkeit, sondern<br />

durch Verfolgung. Doch in Damaskus wurde ihm<br />

das zum Verhängnis. Jesus begegnete ihm und er<br />

wandte sich ihm zu. <strong>Aus</strong> einem Rabbi wurde ein<br />

Christ. Fortan nannte er sich mit seinem römischen<br />

Namen Paulus. Jesus hatte sich Paulus als<br />

Werkzeug der <strong>Aus</strong>breitung des Evangeliums auserwählt.<br />

Aber der Weg wird stein-reich sein. Ein<br />

Jünger bekam <strong>von</strong> Jesus den Bescheid: Ich will<br />

ihm zeigen, wieviel er um meines Namens willen<br />

leiden muss. Und so war es dann auch. Der<br />

enorm segensreiche Dienst des Paulus war gesättigt<br />

mit Gefahren, Nöten und Leiden sondergleichen.<br />

Er hat einmal einen eigentlichen Katalog<br />

zusammengestellt: „Diener Christi bin ich, mehr<br />

als andere, aber auch mehr in Mühsalen, mehr in<br />

Gefangenschaften, weitaus mehr in Schlägen,<br />

oftmals in Todesgefahren; fünfmal habe ich <strong>von</strong><br />

Juden vierzig Geisselhiebe weniger einen erhalten,<br />

dreimal bin ich mit Ruten geschlagen, einmal gesteinigt<br />

worden, dreimal habe ich Schiffbruch erlitten,<br />

einen Tag und eine Nacht habe ich auf dem<br />

tiefen Meer treibend zugebracht; oftmals auf Reisen,<br />

in Gefahren durch Flüsse und Räuber und<br />

Einöde und unter falschen Brüdern, in Mühsal<br />

und Beschwerde, oftmals in Hunger und Durst, in<br />

Kälte und Blösse, abgesehen <strong>von</strong> dem übrigen:<br />

der tägliche Zudrang zu mir und vor allem die<br />

Sorge um alle Gemeinden“.


Ein Wunder, dass das einer aushält, mag man<br />

meinen. Aber Paulus sieht das anders. Das Geheimnis<br />

liegt darin, wie er sich im Gefängnis zu<br />

Philippi leiten liess, um Mitternacht mit seinem<br />

Gefährten Silas Loblieder zu singen. Alles sollte<br />

zu Gottes Ehre geschehen. Aber auch er selbst<br />

backte nur kleine Brötchen. Die Stärke und<br />

Macht, alles mit Lobpreis zu tragen, kommt ihm<br />

zu <strong>von</strong> seinem Auftraggeber. Darum vermag er<br />

nicht nur einen Bruchteil, wie weit er’s selber abschätzen<br />

kann, sondern er vermag alles!! weil einer<br />

ihn stark macht.<br />

Es wird <strong>von</strong> Ihnen und mir nicht verlangt, Paulus<br />

zu kopieren – da würden wir kläglich scheitern.<br />

Aber den Auftrag des Herrn genau anschauen<br />

und umsetzen, das ist unsere Aufgabe. Dafür und<br />

für all die möglichen Begleitumstände übernimmt<br />

Jesus die Verantwortung und macht uns stark.<br />

Wagen wir es und hernach bezeugen wir es!


13. Februar<br />

Ich glaube, lieber Herr, hilf meinem Unglauben.<br />

(Markus 9, 24)<br />

Tolstoi sagte einmal der reifenden Jugend: „Wenn<br />

euch der Gedanke kommt, dass alles, was ihr über<br />

Gott gedacht habt, irgendwie verkehrt ist, und<br />

dass es vielleicht gar keinen Gott gibt, so geratet<br />

deswegen nicht in Bestürzung. Es geht allen aufrichtig<br />

Suchenden so. Glaubt aber nicht, dass euer<br />

Unglaube daher rührt, dass es keinen Gott geben<br />

soll. Wenn ihr nicht mehr an den Gott glaubt, an<br />

den ihr früher glaubtet, so rührt das daher, dass in<br />

eurem Glauben etwas verkehrt war, und ihr müsst<br />

euch bemühen, besser zu begreifen, was ihr Gott<br />

nennt.<br />

Wenn ein Wilder an seinen hölzernen Gott zu<br />

glauben aufhört, heisst das nicht, dass es keinen<br />

Gott gibt, sondern nur, dass er nicht aus Holz<br />

ist“.<br />

Glauben heisst: Auf den Herrn schauen und nicht<br />

auf die Wellen – wie bei Petrus in der Geschichte<br />

“Jesus kommt in der Sturmnacht zu seinen Jüngern“.<br />

Wer wie Petrus handelt, versinkt im Unglauben.<br />

Je fester wir Jesus im Auge behalten, desto<br />

weniger sehen wir die Wellen, die uns wegspülen<br />

wollen. Wir müssen auf den Wellen gehen.<br />

Auf den Wellen des Zweifels, des Unglaubens,<br />

der Skepsis – Jesus selbst fordert uns auf, über sie<br />

hinweg zu ihm zu kommen. Dabei weiss er was er<br />

tut, denn er kann sich nur zu gut in unsere Lage<br />

versetzen.


14. Februar<br />

Estomihi – sei mir ein starker Fels. (Ps. 31,3)<br />

In der frühen Kirche hat man gewissen Tagen einen<br />

Namen gegeben – ein Wort aus der lateinischen<br />

Uebersetzung der Psalmen, heute also:<br />

Estomihi. In der deutschen Bibel heisst es: Sei mir<br />

ein starker Fels.<br />

Wer in die Berge steigt, hofft auf starken Fels und<br />

nicht auf brüchigen. Brüchiger Fels kann die Hacken<br />

nicht halten die zur Sicherung eingeschlagen<br />

werden müssen. Nur fester Fels ist zuverlässig um<br />

eine gewagte Klettertour zu unternehmen. Das<br />

können wir gut nachvollziehen.<br />

Was ist aber geschehen, dass die Bibelleute nach<br />

einem starken Felsen <strong>Aus</strong>schau halten, ja danach<br />

rufen und bitten? Man braucht es nicht weit herzuholen.<br />

Die Menschen mit Gott haben keinen<br />

goldenen Mittelweg, sie sind <strong>von</strong> allen Seiten angegriffen.<br />

Der Weg ist ihnen nicht geebnet, überall<br />

stellen sich ihnen Hindernisse in den Weg. Ihr<br />

Auftrag, Liebe zu üben wird oft missverstanden<br />

und ihre geheimnisvolle Stärke wird ihnen als<br />

Schwäche angeschwärzt. Aber sie geben nicht auf.<br />

Ehrlich wie sie sind, schauen sie aber nach Hilfe<br />

aus. Niederlagen kommen nicht in Frage. Der<br />

Auftrag erlaubt keine Verzögerung – aber die<br />

Schwachheit nimmt zu. Also wendet sich der<br />

Christ an seinen Herrn und Auftraggeber: Du<br />

Herr, hast die Verantwortung für mich übernommen,<br />

ich danke dir dafür; nun sieh mich an,<br />

sei mir ein starker Fels, an dem ich Halt finde, an<br />

dem ich mich bergen kann, an dem meine Sicherungsseile<br />

halten: Estomihi!


Nun finde ich wieder Atem vor den Verfolgern,<br />

es wird wieder Licht in der Dunkelheit der Verzagtheit,<br />

die Sonne geht auf über meinem Lager<br />

unten am Felsen. Ich spüre Kraft in den Gliedern,<br />

der Rücken ist wieder gespannt, die Knie haben<br />

das Zittern verloren. Gott sei Dank! Heute am<br />

14. 2.


15. Februar<br />

Wohl denen, die nicht wandeln nach den<br />

Lehren der Gottlosen und nicht treten auf den<br />

Weg der Sünder, noch sitzen im Kreise der<br />

Spötter. (Ps.1, 1)<br />

„Irret euch nicht, Gott lässt sich nicht spotten.“<br />

Diese Wahrheit mussten die Fahrgäste der „Titanic“<br />

auf Kosten ihres Lebens lernen. In einem<br />

Brief an seine Eltern schildert einer der Matrosen,<br />

wie der ganze Schiffsrumpf beschrieben gewesen<br />

sei mit Worten, die Gott klein machten, ihn verspotteten<br />

und dagegen die Kraft und die Tüchtigkeit<br />

der Menschen rühmten. Eine Aufschrift<br />

hiess: „Selbst Christus kann es nicht zum Sinken<br />

bringen“, und unter der Wasserlinie stand in meterhohen<br />

englischen Buchstaben: „Wir brauchen<br />

keinen Gott“. Solchen Aufschriften entsprach<br />

auch die Gesinnung des Kapitäns und der meisten<br />

Reisenden. Mit einem in modernster Bauart gefertigten<br />

Schiff meinte er, alle Hindernisse zu überwinden,<br />

und änderte trotz mehrmaliger Warnung<br />

durch Funksprüche nicht den Kurs. Da geschah<br />

das Unheil: Das Schiff fuhr auf einen Eisberg und<br />

zerbarst genau an der Stelle, wo die Spottworte<br />

standen. Von den über 1800 Passagieren kamen<br />

rund 1600 ums Leben.<br />

Zweifellos macht Gott nicht jedem Spötter gleich<br />

den Mund zu. Jesus selbst hat für seine Spötter<br />

gebetet. Aber wir können seine Geduld erschöpfen.<br />

Gott ist kein Thema zum Witze machen. Das<br />

müssen wir unseren Kameraden und Kollegen<br />

deutlich sagen. Oder geht es uns mehr um die Solidarität<br />

mit ihnen als um die Majestät Gottes?


16. Februar<br />

Nicht, dass ich’s schon ergriffen habe oder<br />

schon vollkommen sei; ich jage ihm aber<br />

nach, ob ich’s wohl ergreifen möge, weil ich<br />

auch <strong>von</strong> Christus Jesus ergriffen worden bin.<br />

(Philipper 3, 12)<br />

Da redet ein Mensch <strong>von</strong> <strong>seiner</strong> Biografie. Es ist<br />

ihm widerfahren, dass einmal einer ihm in den<br />

Weg getreten ist und ihn ergriffen hat. Das war<br />

nicht die Polizei. Das war Jesus. Der Mann hiess<br />

Paulus und war mit schlauen kriminellen Plänen<br />

gegen die Christen unterwegs. Nach und nach ist<br />

ihm ein göttliches Ziel für sein Leben wichtig geworden.<br />

Er hat gelernt <strong>von</strong> seinem Gefühl der<br />

pharisäischen Ergriffenheit Abstand zu nehmen<br />

und nur noch Christus zu wollen. „Um Christus<br />

allein geht es mir. Ihn will ich immer besser kennen<br />

lernen.“ Und dieses innere Begehren hat er,<br />

obwohl er schon eine gewisse Zeit für Christus<br />

machtvoll wirkt.<br />

Aber er gibt sich keinen Illusionen hin, Christus<br />

hat man nicht einfach. Er ist das Ziel alles Bemühens<br />

– in aller Freiheit und ohne <strong>Dr</strong>uck irgend<br />

einer Institution. Aber das Ziel lässt er sich nicht<br />

verrücken, auch wenn es Leiden bedeutet, es zu<br />

erreichen. Es ist ja ein Teilen der Leiden Christi,<br />

wie er sagt.<br />

Er hat es wohl erreicht, aber das ist nicht das<br />

Massgebende für uns. Wichtig ist für uns, dass wir<br />

uns klar werden, ob unsere Verbindung zu Jesus<br />

Christus klar und sauber – durch die Vergebung<br />

unserer laufenden Schulden – ist und wir die Bedeutung<br />

unseres Lebens in <strong>seiner</strong> <strong>Hand</strong> erkannt<br />

haben. Dann gibt es auch für uns nur ein Ziel.<br />

Vielleicht formulieren wir es anders, aber im Sinn<br />

wird es paulinisch sein. Ein Gedanke ist noch


festzuhalten: „Aber eins steht fest, ich will alles<br />

vergessen, was hinter mir liegt, und schaue nur<br />

noch auf das Ziel vor mir. Mit aller Kraft laufe ich<br />

darauf zu.“


17. Februar<br />

Betet für uns! Wir haben ein gutes Gewissen,<br />

denn wir wollen in jeder Weise ein Leben führen,<br />

das Gott gefällt. (Hebräer 13, 18)<br />

Einer Staatsanwaltschaft in Deutschland stellt sich<br />

ein junger Mensch, Horst M. Er erklärt, in den<br />

wirren Tagen des Kriegszusammenbruchs einen<br />

Holländer getötet zu haben. Ueber den Toten,<br />

den er zusammengeschossen hatte, war buchstäblich<br />

Gras gewachsen. Kein Mensch hatte ihn gesucht<br />

und kein Mensch hatte je gefragt, was Horst<br />

mit dem Holländer gemacht habe. Aber nach fünf<br />

Jahren kommt Horst zu einem Staatsanwalt und<br />

zeigt sich selbst des Mordes an. „Warum stellen<br />

Sie sich selbst?“ fragt man ihn, und Horst antwortet,<br />

dass er zunächst versucht habe, durch seine<br />

Lebensführung den Mord abzusühnen; er habe<br />

schwer gearbeitet, zum Teil ohne Lohn, zum Teil<br />

habe er den Verdienst verschenkt. Und schliesslich:<br />

„Ich hatte bemerkt, dass ich mich andern<br />

Menschen in der Liebe nicht nähern könne, solange<br />

ich dieses Geheimnis in mir trug. Und ich<br />

glaube: Christus ist die Wahrheit. Wenn ich mich<br />

zur Wahrheit bekenne, dann stelle ich mich auf<br />

die Seite <strong>von</strong> Christus.“<br />

Das ist die Erfahrung des biblisch geprägten<br />

Menschen. Eigentlich will der Mensch seine Untat<br />

verschweigen. Aber da ist die Klarheit und Wahrheit<br />

Gottes. Sie schreit unaufhörlich in ihm. So<br />

geht er hin und bekennt – bekennt Gott und den<br />

Menschen.


18. Februar<br />

Wenn sie euch vor Gericht bringen werden,<br />

so sorgt nicht, wie oder was ihr reden sollt;<br />

denn es soll euch zu der Stunde gegeben<br />

werden, was ihr reden sollt. (Matthäus 10, 19)<br />

Es besteht die Gefahr, dass die Mehrheit der Bevölkerung<br />

der Meinung ist, mit dem Niedergang<br />

des Kommunismus in unsern Breitengraden seien<br />

auch die Verfolgungen der Christen verschwunden.<br />

Weit gefehlt. Es gibt noch viele kommunistische<br />

Länder in denen die Christen und auch Intellektuelle<br />

bedrängt und verfolgt werden, ganz abgesehen<br />

da<strong>von</strong> - wo<strong>von</strong> wir immer mehr hören -<br />

was in dieser Beziehung in arabischen Staaten geschieht,<br />

auch in der Türkei – ein Land, das in die<br />

EU drängt. Die muslimischen Länder haben<br />

schon längst massenweise ihre Vorboten in unsere<br />

Länder eingeschleust und wollen ihr Rechtsystem<br />

verwirklichen. Da kann, schneller als uns bewusst<br />

wird, Misstrauen gegen Christen gesät und<br />

Anklagen verschiedenster Art erhoben werden.<br />

Furcht ist da kein guter Ratgeber. Angst ermuntert<br />

die Gegner nur noch mehr. Wir sind nicht<br />

ohne Antworten und Mittel in beginnenden <strong>Aus</strong>einandersetzungen.<br />

Dabei müssen wir den<br />

Verstand nicht ‚an der Garderobe abgeben’, aber<br />

Gott bewusst einschalten. Fahrlässigkeit rächt<br />

sich. Gott verbürgt sich dafür, für uns die rechten<br />

Worte bereit zu halten, wenn es drauf ankommt.<br />

Das gilt für jede Diskussion und Begegnung, wo<br />

wir herausgefordert werden, aber besonders im<br />

Gericht. Ein Beispiel: Zur Zeit der Verfolgungen<br />

in der damaligen Sowjetunion ist ein Büchlein herausgekommen<br />

mit Voten <strong>von</strong> angeklagten Christen,<br />

die sie nicht vorbereiten konnten. Ich habe<br />

nur gestaunt, wie träf die Menschen in stundenlangen<br />

Verhören geantwortet haben. Wer innerlich<br />

auf Empfang war, konnte spüren, wie der


Heilige Geist in den meist total ungelehrten Christen<br />

gewirkt hatte. Oft konnten die Richter ihre<br />

Verblüffung nicht unterdrücken. Sollte Gott, der<br />

das Universum mit all seinen intelligenten Einrichtungen<br />

und gewaltigen Schöpfungen, wo<br />

nichts dem andern den Weg verbaut, nicht auch<br />

die Menschenherzen und den Verstand der Menschen<br />

bestücken und leiten?<br />

Freuen wir uns, dass wir allezeit einen verlässlichen<br />

Partner zur Seite haben, der uns kennt und<br />

führt, bewahrt und auch Leiden ermessen und<br />

Durchhilfe erweisen kann. Noch einmal: Er ist ein<br />

starker Fels, Estomihi!


19. Februar<br />

Ich, ich bin es, der deine Uebertretungen tilgt<br />

um meinetwillen und der deiner Sünden nicht<br />

mehr gedenken will. (Jesaja 43, 25)<br />

Gegen Ende des Krieges 1870/71 war ein junger<br />

schwedischer Graf im Lager <strong>von</strong> Paris und wollte<br />

gern ein Andenken <strong>von</strong> den berühmten Männern,<br />

mit denen er zu tun gehabt hatte, mit in die Heimat<br />

nehmen. So hat er sich denn manche <strong>Hand</strong>schrift<br />

gesammelt und in sein Stammbuch einbinden<br />

lassen. Da finden sich auf einer Seite, <strong>von</strong> der<br />

<strong>Hand</strong> des 80-jährigen Guizots, des ehemaligen<br />

Ministers König Louis Philippes, die Worte: „In<br />

meinem langen Leben habe ich zwei weise Lehren<br />

gelernt; die eine ist, vieles zu vergeben, die andere,<br />

nichts zu vergessen.“ Darunter schrieb ein anderer<br />

alter, französischer Staatsmann, Thiers: „Ich<br />

habe gefunden, dass ein wenig Vergessen der<br />

Aufrichtigkeit der Vergebung nicht schadet.“ Auf<br />

dem Blatte war noch Platz, und dahin setzte<br />

Bismarck: „In meinem Leben habe ich gelernt,<br />

viel zu vergessen und mir viel vergeben zu lassen.“<br />

„Ich will dir wohl vergeben, aber vergessen werde<br />

ich dir das nie.“ So sagen wir oft. Da bleibt im<br />

Herzen ein Stachel zurück. Doch vergeben heisst<br />

vergessen. Vergeben heisst, ausgelöscht sein. Die<br />

Schuld existiert nicht mehr. Wer an Jesus glaubt,<br />

hat das schriftlich. „Fürwahr, zum Heil ward mir<br />

die Bitternis, denn du hast alle meine Sünden hinter<br />

dich geworfen.“ Und Johannes ruft über Jesus<br />

aus: „Schaut, das ist Gottes Opferlamm, das die<br />

Sünde der Welt hinwegträgt!“


20. Februar<br />

Jesus sagt zu Thomas: Ich bin der Weg, die<br />

Wahrheit und das Leben; niemand kommt<br />

zum Vater ausser durch mich. (Joh. 14, 6)<br />

„Keine Religion kennt den zum letzten Opfer bereiten<br />

Liebesweg, den Jesus nicht nur lehrte, sondern<br />

in seinem Kreuzestod auch durch die entschlossenste<br />

Tatbereitschaft bewies. Je tiefer wir<br />

uns in die Wahrheit des Kreuzes versenken, desto<br />

klarer finden wir in ihm die einzige Lösung aller<br />

sozialen und ethischen Fragen und die Lösung der<br />

Probleme unseres eigenen Lebens.“ Der Japaner<br />

Kagawa ist, trotzdem er mit allen Fasern für sein<br />

Volk lebte, ein leidenschaftlicher Nachfolger Jesu<br />

und Wegbereiter zum Vater im Himmel geworden.<br />

Und Stanley Jones erzählt: „Eines Tages kam ein<br />

junger Brahmane zu mir und sagte vertraulich:<br />

‚Ihre Ansprachen haben grossen Anklang gefunden.<br />

Aber es ist dabei ein Punkt, auf den ich gerne<br />

hinweisen möchte. Es wäre alles gut, wenn Sie<br />

Christus als e i n e n Weg predigen würden. Fügen<br />

Sie doch ausdrücklich hinzu, dass es ebensogut<br />

auch andere Wege geben mag. Wenn Sie das tun,<br />

wird Indien Ihnen zu Füssen liegen.’ Ich antwortete:<br />

Der springende Punkt ist die Frage, wie die<br />

Tatsachen sind. Ich würde Ihnen gern den Gefallen<br />

tun, aber ich weiss nur <strong>von</strong> einem einzigen,<br />

der die Menschen erretten kann und auf den ich<br />

wirklich den Namen „Heiland“ anzuwenden wage,<br />

auf Jesus Christus, der zum himmlischen Vater<br />

führt“.


Diese Beispiele zeigen deutlich, dass es bei Christus<br />

keine Zugeständnisse geben kann. Wäre es<br />

anders, wir würden nur die Betrogenen sein. Viele<br />

Menschen haben den alleinigen Gott nur erkannt,<br />

weil Christus Jesus kompromisslos gepredigt<br />

worden ist.


21. Februar<br />

In allem erweisen wir uns als Diener Gottes;<br />

als Betrübte, aber allezeit fröhlich; als Arme,<br />

die aber viele reich machen; als solche, die<br />

nichts haben und doch alles besitzen.<br />

(2. Korinther 6, 4.10)<br />

Etwas vom Rühmenswertesten eines Menschen<br />

mit Gott ist die überraschende Abwechslung in<br />

seinem Leben. Dieser Wechsel ist durchaus positiv,<br />

auch wenn der erste Eindruck oft täuschen<br />

mag. Echte Nchfolger Jesu kennen betrübliche<br />

Erfahrungen; betrübliche Ereignisse in Beruf und<br />

Familie und im persönlichen Leben; betrübliche<br />

Eingriffe in ihre Engagements in Kontrollorganen<br />

des Staates oder im Einsatz in internationalen<br />

Hilfsprogrammen usw. Und doch sind sie nicht<br />

geknickt, schauen auf, wo andere am Boden zerstört<br />

sind, sind gar fröhlich wo sonst Trauer herrschen<br />

würde. Diese Menschen bezeichnen sich als<br />

Arme, weil sie ihren Reichtum in denen sehen, die<br />

sie glücklich machen; denen sie helfen‚ auf einen<br />

grünen Zweig zu kommen’; denen sie einen inneren<br />

Reichtum geben; die sie anleiten, verschiedenes<br />

mit andern Augen anzusehen; denen sie Gemeinschaft<br />

schenken. Diener Gottes erweisen<br />

sich als solche, die nichts haben und doch alles<br />

besitzen; will heissen, die nichts begehren, was<br />

ihnen nicht gehört und nicht gut für sie ist; die in<br />

den Geboten Gottes keine Verbote sehen, sondern<br />

die verheissungsvolle Erlaubnis zu einem<br />

einfachen Lebensstil; sie sind auf der Lohnliste<br />

Gottes.<br />

Menschen mit dieser Qualifikation sind Diener<br />

Gottes nach dem Buchstaben. Wer will da nicht<br />

dabei sein?


22. Februar<br />

Jesus antwortete dem Teufel und sprach: Der<br />

Mensch lebt nicht vom Brot allein, sondern<br />

<strong>von</strong> jedem Wort, das aus dem Munde Gottes<br />

hervorgeht. (Matthäus 4, 4)<br />

<strong>Dr</strong>eissigtausend Insassen zählt das Offiziersgefangenenlager.<br />

Die Verpflegung besteht aus ¾<br />

Liter Wasser mit einer <strong>Hand</strong>voll Körner. Täglich<br />

sterben Hunderte an Hunger und Erschöpfung.<br />

Eine teife Resignation herrscht unter den Gefangenen.<br />

Da kommen sie auf den Gedanken, draussen<br />

im Wald Kräuter zu sammeln. Es wird erlaubt.<br />

Einmal stossen sie auf ein verlassenes Gehöft<br />

und entdecken darin eine deutsche Bibel. Sie<br />

haben den Wunsch, die Bibel mit ins Lager zu<br />

nehmen, obwohl es verboten ist, Schriftliches ins<br />

Lager zu bringen. Vom Los bestimmt, verbirgt ein<br />

Missionsoffizier das Buch in seinem Sack. Er betet<br />

still um Gelingen. Am Eingang des Lagers ist<br />

Säckekontrolle. Der kontrollierende Mongole<br />

entdeckt die Bibel nicht. So kam sie ins Lager zu<br />

den dreissigtausend Gefangenen in Russland. Viele<br />

drängen sich um den kostbaren Besitz. Vorsichthalber<br />

wird die Bibel in 50 Teile zerlegt und<br />

an 50 Vertrauensmänner verteilt. Dem Kommandanten<br />

erklären sie, dass das Lesen dieser Schriften<br />

die Gefangenen zum Frieden stimme. Der<br />

Kommandant versteht das auf seine Weise und<br />

sagt: „Gutt, gutt, antifaschistisch Buch!“<br />

Jetzt können sie ungestört täglich zur Wortbetrachtung<br />

zusammenkommen. Viele wachen aus<br />

ihrer dumpfen Verzweiflung auf und fassen Mut.<br />

Die lebensmüde Niedergeschlagenheit weicht einer<br />

frohgemuten Stimmung und neuem Lebenswillen.<br />

Diese seelische Umstimmung wirkt sich<br />

auch körperlich aus. Die Sterbensziffer geht rapid<br />

zurück, obwohl die Verpflegung im Lager die gleiche<br />

geblieben ist. Ein ganz neuer Geist weht im


Lager. Eine grosse Männergemeinschaft hat den<br />

toten Punkt überwunden. Das grosse Wunder geschieht.<br />

<strong>Aus</strong> dem Todeslager wird für viele ein<br />

Erholungslager, obwohl die äusseren Verhältnisse<br />

dieselben geblieben sind. Eine Bibel hat diese<br />

Wandlung zum Leben vollbracht.<br />

Der Bibelvers geht da<strong>von</strong> aus, dass genug Brot da<br />

ist; aber auch darauf ist also kein Verlass um das<br />

ewige Leben zu erlangen. Das Wort Gottes gehört<br />

unbedingt und vor allem dazu, ist an erste<br />

Stelle zu setzen. Darum ist die Menge Lebensmittel<br />

nicht massgebend, was die Erfahrung im Lager<br />

deutlich gezeigt hat. Bei ihnen dort ist es vordergründig<br />

ums äusserliche Leben gegangen, das sie<br />

wiedererlangt haben; doch innerlich sind sie zum<br />

Leben mit Gott und seinem Sohn Jesus durchgedrungen.<br />

Das ist es, was letztlich zählt, auch ausserhalb<br />

eines Lagers, genau da, wo und wie wir<br />

dran sind.


23. Februar<br />

Noch bedecken dunkle Wolken die Erde, alle<br />

Völker leben in finsterer Nacht. Doch über<br />

dir leuchtet das Licht des Herrn auf, und seine<br />

Herrlichkeit überstrahlt dich. (Jesaja 60,<br />

2)<br />

Dunkle Wolken – „Es ist in Milliardenhöhe gestohlen<br />

und gelogen worden“ sagt ein Theologe<br />

zur Wirtschaftskriminalität der letzten Finanzkrise<br />

bei uns. Und die Ladenbesitzer klagen über jährlich<br />

hunderte <strong>von</strong> Millionen Franken, die durch<br />

Diebstahl verloren gehen.<br />

Alle Völker leben in finsterer Nacht – weil sie<br />

dasselbe erleben wie wir und noch dazu Hungersnöte,<br />

Tsunamis, Bürgerkriege, schamlose Kinderarbeit<br />

in Fabriken. Wer wollte da nicht am liebsten<br />

aus seinem Land emigrieren? Aber wohin?<br />

Man gerät in der Regel doch nur vom Regen in<br />

die Traufe.<br />

Doch die Bibel hat eine andere Botschaft als die<br />

Einladung zu desertieren: „Ueber dir leuchtet das<br />

Licht des Herrn auf“ hören die Menschen, die<br />

sich an den Wolken und an der finsteren Nacht<br />

nicht beteiligen und Ehrlichkeit und Wahrheit<br />

hochhalten als Gaben Gottes; ihnen geht ein<br />

Licht auf, über ihnen erscheint die Herrlichkeit<br />

Gottes. Nicht, dass sie fehlerlos wären, zeichnet<br />

sie aus, aber sie beteiligen sich nicht an den <strong>Werke</strong>n<br />

der Finsternis. Mit allen Mitteln streben sie in<br />

ihrer Umgebung darnach, Mitmenschen für das<br />

Licht zu gewinnen. Dass dies mitunter sehr<br />

schwer sein kann und die Lichtträger unter sich<br />

bleiben müssen um nicht aufgerieben zu werden,<br />

zeigen gerade die Vorgänge grosser Krisen. Da<br />

hat der Nächste erst recht seinen Stellenwert verloren.<br />

„Doch über ihm leuchtet das Licht des<br />

Herrn auf, und seine Herrlichkeit überstrahlt ihn!“


24. Februar<br />

Selig sind die Sanftmütigen. (Matthäus 5, 5)<br />

Eine Frau hatte ihren Mann schon öfters zu<br />

Evangelisationsabenden eingeladen. Weil er<br />

gleichgültig war, hatte er immer abgelehnt. Eines<br />

Tages, als sie ihn wieder einlud, tat er, der verstimmt<br />

aus <strong>seiner</strong> Arbeit nach Hause gekommen<br />

war, etwas, was er noch nie getan hatte - er gab<br />

<strong>seiner</strong> Frau aus plötzlicher Erregung einen Schlag<br />

ins Gesicht, sodass sie aus Mund und Nase blutete.<br />

Darauf sagte die Frau: „Verzeih mir, lieber<br />

Mann, dass ich dich so gereizt habe!“ „Was?“,<br />

dachte der Mann, „ich schlage sie ohne Grund,<br />

und sie bittet mich um Entschuldigung?“ Er wurde<br />

ganz blass bei dieser Einsicht. Mit beiden<br />

Händen hielt er sich fest, so zitterten ihm die<br />

Knie. Und dann stiess er die Worte hervor: „Wie<br />

kriegst du das fertig, mir so etwas Liebes zu sagen?“<br />

„Das lehrt mich Jesus“, sagte sie einfach. –<br />

An diesem Abend ging der Mann mit zur Versammlung.<br />

Und es währte nicht lange, da hatte die<br />

Frau durch ihre Sanftmut sein Herz für Christus<br />

gewonnen.<br />

Sanftmut ist „sanfter Mut“, also eine durchaus<br />

kräftige, starke Begabung, eine Sache bewusst anzugehen.<br />

Christen sind keine Weicheier, die sich<br />

vor jeder Herausforderung drücken. Es sind Menschen,<br />

die nach einem Wort Jesu, wirken wie er<br />

gewirkt hat und so das Wohlgefallen des himmlischen<br />

Vaters erregen. Christen sind auch Menschen,<br />

die sich nicht alles gefallen und es dabei<br />

bewenden lassen, sondern mit sanftem Mut in die<br />

Offensive gehen und die Angelegenheit zu gewinnen<br />

suchen. Sanftmut, so hat ein <strong>Prof</strong>essor<br />

träf gedeutet, ist Eisen mit Samt umwickelt.


25. Februar<br />

Wo zwei unter euch eins werden, um was sie<br />

bitten sollen, das wird ihnen mein Vater geben.<br />

(Matthäus 18, 19)<br />

Es wäre verwunderlich, wenn nicht sofort Fragen<br />

auftauchen würden, z.B. gibt es denn gar keine<br />

Beschränkung für die Gebetsanliegen; was für einen<br />

Glauben braucht es denn, dass eine solche<br />

Verheissung in Erfüllung gehen kann?<br />

Lesen wir, was S. Eddy in einem Buch schrieb:<br />

„Azariah wurde zu einer der wichtigsten Gestalten<br />

der indischen Kirchengeschichte. Im Jahre 1910<br />

waren er und ich Delegierte auf der Weltmissionskonferenz<br />

in Edinburgh. Nach unserer Ansicht<br />

konnten die schwachen Kräfte der etwa<br />

hundert Missionen niemals Indien erobern. Doch<br />

gemäss Matth. 18.19 beteten wir um die Vereinigung<br />

der getrennt in Indien arbeitenden Kirchen.<br />

Wir hielten 35 Jahre lang an dieser Bitte fest. Azariah<br />

wirkte mit aller Kraft auf dieses Ziel hin.<br />

Doch er starb. Zwei Jahre darnach, 1947, trafen<br />

sich in der Kathedrale <strong>von</strong> Madras die Delegierten<br />

und begründeten die Vereinigte Kirche Südindiens.<br />

Ueber eine Million Mitglieder – Bischöfliche<br />

Anglikaner, Methodisten, Presbyterianer und<br />

Kongrealisten – bilden in ihr eine organische Einheit.<br />

Soviel ich weiss, ist das der einzige Ort der<br />

Erde, an dem bischöfliche und präsidiale protestantische<br />

Kirchen nach ihrer Trennung vor vier<br />

Jahrhunderten sich wieder vereint haben.“<br />

35 Jahre lang beteten einige Männer um Erhörung.<br />

Sie warfen die Flinte nicht ins Korn, als<br />

nach kurzer Zeit sich noch keine Erhörung einstellte.<br />

Doch unser Vater gibt. Er weiss den richtigen,<br />

entsprechenden Zeitpunkt. Doch wir haben<br />

seine Zusage durch Jesus. Leben w i r solche<br />

<strong>Aus</strong>dauer?!


26. Februar<br />

Betrachtet die Raben: Sie säen nicht und ernten<br />

nicht, sie haben weder Vorratskammern<br />

noch Scheunen, und Gott ernährt sie doch.<br />

Wie viel mehr wert seid ihr ihm als die Vögel!<br />

(Lukas 12, 24)<br />

Gott, der die Schöpfung liebt, lässt kein Detail aus<br />

den Augen. Alle Einzelheiten sind ihm wichtig.<br />

Schliesslich ist alles einem klugen Plan entwachsen.<br />

Nichts ist entstanden, nur dass es da ist. Alles<br />

hat seine Aufgabe, seine <strong>Aus</strong>wirkung und einen<br />

Beitrag zu einem grossen Ziel. Dazu gehört dann<br />

auch, dass die Versorgung des Hervorgerufenen<br />

geregelt werden musste. Und das geschah mit einer<br />

Grosszügigkeit sondergleichen, wie am Beispiel<br />

der Raben dargelegt wird. Gott der Herr<br />

übersieht nicht das Kleinste und gibt uns Menschen<br />

damit allerlei Gleichnisse in Herz und<br />

<strong>Hand</strong>, damit wir das Vertrauen in Gottes Fürsorge<br />

lernen. Das hat einmal seinen Grund darin,<br />

dass uns das Sorgen abhanden kommt; das Sorgen<br />

um das tägliche Brot, um die nötige Kleidung<br />

und um wervolle Kontakte zu Mitmenschen, denen<br />

wir beistehen könnten.<br />

Vielmehr geht es aber noch darum, dass wir die<br />

richtige Gewichtung unseres Daseins begreifen.<br />

Erstens sind wir da und zweitens haben wir eine<br />

Zukunft. Zum Ersten gehört die Grundversorgung<br />

und unsere Entwicklung; für das Zweite<br />

braucht es eine Vision, die Vision des Reiches<br />

Gottes. Und da gilt eine grossartige Zusage Gottes:<br />

„Suchet zuerst das Reich, habt vor allem Verlangen<br />

nach dem Reich, dann wird euch das übrige<br />

nachgeworfen werden“. Denn es gefällt eurem<br />

Vater, euch das Reich zu geben.


27. Februar<br />

Dazu ist erschienen der Sohn Gottes, dass er<br />

die <strong>Werke</strong> des Teufels zerstöre. (1. Joh. 3, 8b)<br />

Nikolaus Bolt erzählt, wie er zu einem Bergfüher<br />

kommt, der in <strong>seiner</strong> Zelle einen Selbstmordversuch<br />

gemacht hat. Der Verzweifelte fragt: „Können<br />

sie mir mein Gehirn herausnehmen und waschen?<br />

Es treiben darin böse, dämonische Keime.“<br />

Wie war er nur unter die Gewalt dieser<br />

Mächte der Sünde gekommen? Das rührte <strong>von</strong><br />

Kinofilmen her. Unglücklicherweise wurde nebenan<br />

gerade ein Kino eröffnet. Die Musik wühlt<br />

ihn auf, malt Bilder an die Wand. Er schreibt in<br />

<strong>seiner</strong> Zelle: „Ich bin mit meinem Teufel lebendig<br />

begraben.“ In diesen Aufruhr <strong>seiner</strong> Seele greift<br />

die Gewalt <strong>von</strong> Christus, der gekommen ist, die<br />

<strong>Werke</strong> des Teufels zu zerstören. Der Gefangene<br />

schläft auf dem Neuen Testament. Aber das treibt<br />

den Teufel nicht weg. Erst als er liest und inbrünstig<br />

betet, wird die Gnade mächtiger als die<br />

Sünde. In dieser Uebermacht geschah der Sieg.<br />

Bolt tritt wieder einmal in die Zelle und hört den<br />

Mann vor sich hinsagen: „Das wäscht mein Gehirn.“<br />

Er meinte damit: „Jesus ist Sieger!“<br />

Viele Menschen möchten solches naiv finden und<br />

in den Bereich der Psychiatrie verlegen wollen.<br />

Aber das alltägliche Leben lehrt uns etwas anderes.<br />

Man mag den Teufel verneinen – er lacht uns<br />

aus – man mag die Dämonen verniedlichen – sie<br />

hocken umso lieber uns im Nacken. Der Flop in<br />

Wirtschaft und Finanz, der Niedergang der Moral<br />

in allen Generationen, der Möglichkeitswahn in<br />

Industrie und Gesellschaft, die falsche Toleranz<br />

zwischen den Religionen, die billige Gnadenverkündigung<br />

weiter Kreise der protestantischen Kirchen,<br />

die <strong>Prof</strong>ilierungssucht in Massenmedien


und Politik, der fruchtlose Kampf der verschiedenen<br />

Weltanschauungen usw. haben ihren Grund<br />

gewiss nicht in einer Abwesenheit Gottes, sondern<br />

in der Machtentfaltung des Gegners Gottes,<br />

die wir heimlich und unheimlich fördern!<br />

Gewiss, Christus ist gekommen, dass er die <strong>Werke</strong><br />

des Bösen zerstöre, aber wir müssen uns seine<br />

positive Gehirnwäsche auch gefallen lassen. Dann<br />

kann alles neu werden. Dafür haben wir die Zusicherung<br />

und die Bürgschaft Gottes im Dokument<br />

der Bibel.


28. Februar<br />

Jesus sprach: „Ich bin gekommen, die Sünder<br />

zu rufen und nicht die Gerechten“.<br />

(Matthäus 9, 13)<br />

Jesus erzählt eine Geschichte: Zwei Menschen<br />

gingen zum Tempel um zu beten. Einer ein Pharisäer<br />

und ein Zöllner.<br />

Der ‚Gerechte’ Pharisäer stellte sich auf dem<br />

grossen Platz auf und verkündigte sein Gebet:<br />

Herr, ich danke dir, dass ich nicht bin wie die andern,<br />

vor allem nicht, wie dieser Zöllner, ich…<br />

Der Zöllner hingegen verbarg sich hinter einer<br />

Säule, wo keine Leute waren und sprach leise:<br />

Herr, vergib mir, denn ich bin ein grosser Sünder!<br />

Da sprach Jesus, seht, dieser Mann ging gerechtfertigt,<br />

<strong>von</strong> Gott in Ordnung gebracht, in die<br />

Stadt hinunter, während über dem Pharisäer<br />

schon längst das letzte Urteilswort gesagt ist.<br />

Für die Möglichkeit des Sünders Zöllner ist Jesus<br />

in diese Welt gekommen. Wer sich zu hoch findet<br />

und zu schade vom hohen Ross herunter zu steigen,<br />

hat Jesus offenbar nicht nötig. Mit seinem<br />

ganzen Gehabe zeigt er das der kirchlichen und<br />

weltlichen Oeffentlichkeit. Was für eine Chance<br />

wird da vertan.<br />

Der Volksmund sagt: Einsicht ist der erste Schritt<br />

zur Besserung. Jesus ist enorm grosszügig, wer<br />

sich <strong>seiner</strong> nicht schämt, dessen schämt er sich<br />

auch nicht vor dem himmlischen Vater. Es gibt<br />

Stoffe, die den Schmutz durch die Oberseite hindurchlassen<br />

auf die Unterseite des Stoffes. Viele<br />

Menschen, gerade der oberen Schichten und Politiker<br />

tragen solche Kleider, aussen fix und innen<br />

nix.


Sie täuschen uns soviel Unwahres vor, bis man es<br />

fast zu glauben meint. Damit sind wir in den<br />

Strudel der Unwahrheiten und Täuschungen hineingeraten,<br />

wo man vor einer Entscheidung<br />

steht: „Pharisäer“ oder „Zöllner“?


29. Februar<br />

Eure Rede sei: „Ja, ja; nein, nein.“<br />

( Matthäus 5, 37)<br />

Der Kreuzweghofbauer wollte ein armes Mädchen<br />

heiraten. Da wurde er schwer krank. Vor seinem<br />

Sterben vermachte er jenem Mädchen den<br />

Hof und schickte seinem Bruder das Testament.<br />

Entsetzt hielt der Bruder das Papier in Händen –<br />

des Vaters reiche Erbschaft sollte in fremde Hände<br />

kommen. Wochenlang gab er das Papier nicht<br />

heraus, bis das Mädchen beim Gericht klagte.<br />

Dort kam dem Bruder zum erstenmal der Gedanke,<br />

zu sagen, dass kein Testament vorhanden sei.<br />

Trotzig ging er heim. Da forderte das Gericht das<br />

nächstemal <strong>von</strong> ihm einen Eid. Sollte er jetzt die<br />

Wahrheit sagen? Um sich, <strong>seiner</strong> Frau und <strong>seiner</strong><br />

Kinder willen hat der Bauer einen Meineid geschworen.<br />

Die <strong>Hand</strong> wurde ihm schwer wie Blei,<br />

als er die Finger zum Schwur erheben sollte, aber<br />

er tat es. – Der Bauer blieb auf seinem Hof. Seine<br />

Felder trugen reich. Er war immer in der Kirche<br />

zu sehen und gab reichlich für die Armen. In<br />

Wahrheit hatte er keine glückliche Stunde mehr.<br />

Das Unrecht, das er getan hatte, zehrte an seinem<br />

inneren Leben, bis er starb. Selbst im Sterben<br />

konnte er nicht mehr die Hände zu einem Gebet<br />

falten.<br />

Es gibt viele Situationen, wo wir nicht mit ja oder<br />

nein auskommen. Jesus denkt bei dieser Stelle<br />

nicht ans Predigen, Vorträge halten, Gespräche<br />

führen usw., sondern an Gelegenheiten <strong>von</strong> Entscheidungen.<br />

Da sollen wir nicht viele Worte machen,<br />

die leicht falsch verstanden werden können<br />

oder absichtlich missverstanden werden sollen.


Es dient der Wahrheitsfindung, wenn sich die Betroffenen<br />

klar ausdrücken und es scheint eine Binsenwahrheit,<br />

ja oder nein zu sagen. Warum tun<br />

wir es so wenig, dass sogar eine Ermahnung in die<br />

Bibel Eingang fand?


1. März<br />

Ich bin das A und das O, spricht Gott der<br />

Herr, der da ist und der da war und der<br />

kommt, der Allmächtige. (Offenbarung 1, 8)<br />

Im Namen Jesus, Gottes des Allmächtigen kommen<br />

alle Zeiten, Gegenwart, Vergangenheit und<br />

Zukunft zueinander. Wie hiess es doch schon<br />

ähnlich im Bericht <strong>von</strong> Moses Berufung am brennenden<br />

Dornbusch: „Ich bin, der ich sein werde,<br />

das ist mein Name“, sprach Gott. „In diesem<br />

Namen sollst du nach Aegypten gehen.“ Und genau<br />

in diesem Namen, der A und O umschliesst,<br />

soll Johannes die Offenbarung der letzten Zeit<br />

empfangen und den Gemeinden weitergeben. A<br />

und O sind im Griechischen Anfangs- und<br />

Schlusszeichen des Alphabeths und bedeuten also<br />

Anfang und Ende, Beginn und Vollendung!<br />

Durch Jesus ist die Schöpfung entstanden und in<br />

ihm findet sie ihre Vollendung durch einen neuen<br />

Himmel und eine neue Erde. Dann kommt der<br />

Herr der Herrlichkeit, der Allmächtige – für Juden<br />

der Messias, für uns Christen der wiederkommende<br />

und vollendende Jesus Christus; für alle<br />

andern Menschen der sich offenbarende Herr und<br />

Richter. Seine Allmacht ist aber nicht ein unbarmherziges<br />

Durchgreifen und ein hartes Urteil<br />

ohne Ansehen der Person, sondern ein klares<br />

Aufzeigen der Versäumnisse durch die Verweigerung<br />

der Nachfolge und der Dienstbereitschaft<br />

und deren Folgen, die nun zu zu erwarten sind.<br />

Die Bibel mahnt uns ausdrücklich, dass es keine<br />

Schlupflöcher geben wird, denn „Ich, der Herr,<br />

wandle mich nicht“ (Maleachi 3,6). Geben wir<br />

jetzt aber den frohen Ton unseres Verses nicht<br />

preis, dass noch Gnadenzeit ist, <strong>von</strong> alters her,<br />

jetzt und fürderhin. Wohl einem jeden Menschen,<br />

der jetzt mit Jesus gemeinsame Sache macht.


2. März<br />

Ihr habt gehört, dass gesagt ist: Du sollst deinen<br />

Nächsten lieben und deinen Feind hassen.<br />

Ich aber sage euch: Liebet eure Feinde,<br />

tut Gutes, denen, die euch hassen und bittet<br />

für die, welche euch verfolgen. (Matth. 5,<br />

43+44)<br />

In einer Diskussionsrunde nahm ein Ingenieur<br />

das Wort: Wenn Sie sich über die Missionare lustig<br />

machen, kann ich das schlecht ertragen. Ich<br />

habe nämlich vor Jahren auf einer Fahrt <strong>von</strong> Melbourne<br />

nach Liverpool etwas erlebt. – Wir fuhren<br />

auf einem Frachtschiff. Unter uns war eine Missionarsfrau;<br />

man hatte sie zur Erholung nach Hause<br />

geschickt. Sie lag fast den ganzen Tag für sich im<br />

Liegestuhl auf Deck. Aber da war ein Ire, dem sie<br />

offenbar ein Dorn im Auge war. Er warf nur so<br />

mit Bibel- und Gesangbuchversen um sich, erzählte<br />

bei Tisch schlechte Witze, und fast immer<br />

spielte darin ein Pfarrer oder ein Missionar die<br />

Rolle des Hanswursten. Die kleine Missionarin<br />

schaute währenddem in den Teller, sie tat, als hörte<br />

sie nicht hin; aber ich merkte wohl, dass ihr die<br />

Tränen im Halse steckten. – Es brach Typhus aus<br />

an Bord. Wer’s zuerst bekam: der Ire! Die Missionarsfrau<br />

meldete sich sofort beim Doktor zur<br />

Pflege des Schwerkranken. Er kam auch richtig<br />

durch, aber dann legte s i e sich nieder und starb.<br />

Es war sehr bitter für uns alle, die alten Eltern in<br />

Liverpool am Pier stehen zu sehen, um ihre Tochter<br />

abzuholen.<br />

Einem Hasser und Feind zu vergeben und Gutes<br />

zu tun ist nicht im <strong>Hand</strong>umdrehen gemacht. Dazu<br />

gehört innere Grösse und äussere Entschlossenheit<br />

im Vorgehen.


Die Geschichte zeigt uns, dass der Lohn nicht<br />

immer auf Erden ausgezahlt wird. Im Gegenteil.<br />

Aber welcher Diener <strong>von</strong> Christus wollte lieber<br />

auf Erden bleiben als gleich den Himmel zu ererben?


3. März<br />

Christus spricht: Ich lasse euch nicht als Waisen<br />

zurück; ich komme zu euch. (Joh. 14, 18)<br />

Dieser Satz birgt ein überirdisches Geheimnis.<br />

Kaum, dass eine solche <strong>Aus</strong>sage in einem Aufsatz<br />

bei einem Lehrer eine Chance hätte. –<br />

Jesus hatte ein sehr inniges und dichtes Verhältnis<br />

mit allen seinen Jüngern. Er hat sie nie im Unklaren<br />

gelassen. So hat er sie auch über Zukünftiges<br />

mehrmals ins Bild gesetzt. Doch eigentümlicherweise<br />

haben sie nicht eingehakt, nicht verstanden,<br />

den Empfänger auf stumm geschaltet. Wie könnten<br />

sonst die Jünger durch Thomas fragen: „Herr,<br />

wie können wir wissen, wohin du gehst; wie können<br />

wir für uns den Weg wissen?“ Doch Jesus<br />

lässt sich damit nicht aufhalten. Er weiss, dass er<br />

nach Kreuz und Auferstehung zum Vater im<br />

Himmel zurückkehren wird. Und dass seine Jünger<br />

zurück bleiben werden, mit dem bestimmten<br />

Auftrag, das Evangelium in die weite Welt hinaus<br />

zu tragen. Aber allein werden sie es nicht schaffen.<br />

Sie werden ohne ihn Waisenkinder sein, hilflos<br />

und mutlos, unbrauchbar. Nein, das wird nicht<br />

sein. Jesus hat eine Botschaft für sie; er lüftet das<br />

Geheimnis indem er den Satz in der Fortsetzung<br />

erläutert. Zunächst aber sollen die Jünger sich<br />

überzeugen lassen: sie werden keine Waisen sein.<br />

Und weiter: Ihr Herr geht und kommt, aber wie.<br />

Indem er einen Stellvertreter sendet, den Heiligen<br />

Geist, der Jesus verkörpert und sein Wort lebendig<br />

erhält, der tröstet, beisteht in Nöten und Anklagen,<br />

Klarheit schafft im Durcheinander <strong>von</strong><br />

Sündennot und das Zukünftige verkündigt. So<br />

klar und gediegen geht Jesus mit seinen Jüngern<br />

um. Das schafft Treue im Dienst und das darf der<br />

Herr auch <strong>von</strong> uns erwarten, denn er ist derselbe,<br />

gestern, heute und in alle Ewigkeit.


4. März<br />

Ihr nun sollt vollkommen sein, wie euer<br />

himmlischer Vater vollkommen ist.<br />

(Matthäus 5, 48)<br />

Der Duden deutet ‚vollkommen’ als fehlerlos,<br />

einwandfrei, perfekt, komplett, <strong>von</strong> A bis Z usw.<br />

Das ist sehr menschlich und salopp gesprochen,<br />

dass unser himmlischer Vater vollkommen sei.<br />

Aber es trifft zu. Und in himmlischer Sprache gäbe<br />

es noch träfere Bezeichnungen. Nun geht es<br />

darum, dass auch wir Gotteskinder vollkommen<br />

sein sollen. Zunächst ein Beispiel <strong>von</strong> Michelangelo.<br />

- Er hatte einmal eine Statue nahezu vollendet,<br />

arbeitete aber immer noch eifrig daran. Darüber<br />

verwunderte sich ein Freund, der ihn häufig<br />

bei <strong>seiner</strong> Arbeit besuchte und keinen Fortschritt<br />

an dem Bildwerk entdecken konnte. Da sagte ihm<br />

der Künstler: „Ich muss immer noch da und dort<br />

einen Muskel besser herausarbeiten, eine Unebenheit<br />

ausgleichen, einen Zug verfeinern.“<br />

„Aber das sind doch Kleinigkeiten“, erwiderte der<br />

Besucher. „Gewiss“, sagte der gewissenhafte<br />

Künstler, „aber Kleinigkeiten machen schlussendlich<br />

die Vollkommenheit, und die Vollkommenheit<br />

ist keine Kleinigkeit.“<br />

Es ist nicht die Meinung Jesu, dass seine Jünger<br />

vollkommen sein müssen als Ziel aller Dinge.<br />

Sondern das ist nur ein Bestandteil unseres Daseins,<br />

unseres Auftrages. Ungefähr so: Gott hat<br />

die Schöpfung vollkommen geschaffen; er hat sie<br />

als vollkommen den Menschen zur Verwaltung in<br />

die Hände übergeben. So ist klar, dass es vollkommene<br />

Menschen braucht, um mit der Schöpfung<br />

recht umzugehen.


Was aber erleben wir? <strong>Aus</strong>nützung, Verderbnis,<br />

Misswirtschaft der anvertrauten Güter, ein einziger<br />

Flop prägt die Schöpfung und dazu gehören<br />

auch wir. Was für eine elende Diskriminierung<br />

müssen weltweit gerade Menschen erleiden!


5. März<br />

Seht, welch eine Liebe hat uns der Vater erwiesen,<br />

dass wir Gottes Kinder heissen sollen<br />

– und wir sind es wirklich! Als seine Kinder<br />

sind wir Fremde für diese Welt, wie Gott ein<br />

Fremder ist für sie. (1. Johannesbrief 3, 1)<br />

„Er kam in sein Eigentum, und die Seinen nahmen<br />

ihn nicht auf“ – ein Fremder, wo er doch<br />

willkommen geheissen werden sollte. Was können<br />

seine Nachfolger anderes erwarten? Der Knecht<br />

sei nicht über dem Meister, beschied Jesus einmal<br />

seinen Fragern. Verfolgen sie den Chef, so auch<br />

den Untergebenen. Niemand hat versprochen,<br />

dass das Leben mit Jesus ein Honiglecken sei. Ist<br />

denn alles so negativ? Nein, nein. Es kommt aber<br />

aufs Verständnis an. Was Gott Vater und Gott<br />

Sohn hat und widerfährt, hat und widerfährt auch<br />

dem Gottes Kind. Es ist ein grosses Vorrecht<br />

daran teilzuhaben.<br />

Es ist ja die Welt, die am liebsten Gott ganz ausschliessen<br />

würde und damit auch die Gottes Kinder.<br />

Wer dieser Meinung ist, hat aber die Rechnung<br />

ohne den Wirt gemacht. Es gehört zum<br />

Heilsplan Gottes, dass er sich gewissermassen als<br />

Fremder aussperren lässt, sich aber über die Massen<br />

erbarmt über die, welche in dieser Sache hellhörig<br />

und wach geworden sind und Gegenmassnahmen<br />

ergreifen. Sie schauen und erkennen die<br />

Liebe des Vaters, die er uns geschenkt hat, dass<br />

wir Kinder Gottes heissen dürfen und wir sind es<br />

wirklich.<br />

Das ist ein so kostbares Gut, worüber nicht spekuliert<br />

werden kann, ob es sich wirklich so verhalte,<br />

es ist so! Wer in diesem Punkt nicht zur Ruhe<br />

kommt, hat allen Grund über die Bücher zu gehen<br />

und reinen Tisch zu machen, sonst reisst der


fremde Gott die Fassade ein und nimmt uns gegenüber<br />

wirkliche Gestalt an. Gnade sei mit uns,<br />

wenn wir da nicht ausweichen.


6. März<br />

Seid fruchtbar und mehret euch und füllet die<br />

Erde und machet sie euch untertan und herrschet<br />

über die Fische im Meer und die Vögel<br />

des Himmels, über das Vieh und alle Tiere,<br />

die auf der Erde sich regen. (1. Mose 1, 28)<br />

Der Atomphysiker Max Born schrieb: Das Einzige,<br />

was uns noch retten kann, ist ein alter Traum<br />

der Menschheit, Weltfriede und Weltorganisation.<br />

Der Weltfriede in einer kleiner gewordenen Welt<br />

ist keine Utopie mehr, weil er eine Notwendigkeit<br />

ist. Milliarden Menschen bevölkern die Erde. <strong>Aus</strong><br />

dem Menschen mit dem Faustkeil ist ein Mensch<br />

mit atemberaubenden technischen Möglichkeiten<br />

geworden. Die Elektronengehirne sind die Universalgenies<br />

<strong>von</strong> morgen. Ein neues Zeitalter hat<br />

begonnen. Das Zeitalter der Kybernetik. Die Kybernetik<br />

ist die Wissenschaft <strong>von</strong> der Regelung,<br />

Steuerung und Kommunikation im lebenden Organismus<br />

und in der Maschine. Diese erfasst die<br />

Steuerung einer Weltraumkapsel genauso wie die<br />

Steuerung gesellschaftlicher Prozesse.<br />

Die Welt <strong>von</strong> heute und morgen braucht verantwortliche<br />

Steuerleute. Es ist der Mensch, der den<br />

Maschinen das Programm gibt. Wir brauchen<br />

Menschen in der Verantwortung vor Gott, die<br />

den Maschinen die Programme liefern. Christus<br />

hat uns für den Dienst an dieser Welt bestimmt,<br />

und er sucht Christen, die Steuerleute der Zukunft<br />

werden wollen.


7. März<br />

Ihr seid unser Brief … der erkannt und gelesen<br />

wird <strong>von</strong> allen Menschen. (2. Korinther 3,<br />

2)<br />

Jawohl, wir sind ein Brief Christi, den jeder lesen<br />

kann, auch der Analphabet. Vielleicht liest der<br />

Analphabet in Asien und Afrika diesen Brief mit<br />

besonderem Interesse. Das bezeugt der folgende<br />

Bericht: „Ein Inder, welcher der Hindu-Religion<br />

angehört, ein ungewöhnlich intelligenter, gelehrter<br />

Mann, kommt mit einem Missionar ins Gespräch.<br />

Der Missionar fragt: Warum nehmt ihr uns denn<br />

die Botschaft nicht ab? Da sagt der Inder: Ja, sehen<br />

Sie sich doch einmal meine Landsleute an.<br />

Die können nicht lesen. Ihre eigene Sprache<br />

nicht, keine Sprache. Und da kommt ihr und sagt,<br />

die Leute sollten die Bibel lesen. Das geht doch<br />

nicht. Und doch geht es. Denn ihr – die Weissen<br />

– seid eben unsere Bibel. Ihr seid wie ein aufgeschlagenes<br />

Bibelbuch. Und wir sehen dauernd in<br />

dieses Bibelbuch hinein. Und was wir da lesen,<br />

das gefällt uns nicht. Ihr taugt nämlich nichts. Ihr<br />

seid die Bibel, und wir lesen in Euch. Wir wollten<br />

nur, es wäre erfreulicher, was wir da lesen …“<br />

Wir leben in einer Zeit, wo Worte wenig gelten.<br />

Die Menschen wollen Taten sehen! Vorbilder!<br />

Unsere Welt braucht Heilige – Menschen, die es<br />

andern Menschen leichter machen, an Jesus zu<br />

glauben. Der Glaube spielt sich doch nicht nur im<br />

Innern ab. Der Glaube hat nur soviel Wert, als er<br />

gelebt wird.<br />

Wir sind wandelnde Briefe. Erschrecken wir<br />

nicht? Was lesen unsere Mitmenschen darin?


8. März<br />

Ihr habt <strong>von</strong> ihm gehört und seid in ihm unterwiesen,<br />

wie es Wahrheit in Jesus ist. Legt<br />

<strong>von</strong> euch ab den alten Menschen mit seinem<br />

früheren Wandel. (Epheser 4, 21+22)<br />

„Früher hatte ich eine andere Religion“ erzählt<br />

Missionar Studd. „Da sprach man geziert und<br />

durchforschte die Bibel nach verborgenen Wahrheiten.<br />

Aber da gab es keinen Gehorsam, keine<br />

Selbstaufopferung. Dann kam bei mir die Wandlung.<br />

<strong>Aus</strong> der ‚sanften Rede’ wurde scharfes Salz.<br />

Worte wurden zu Taten. Die Zustimmung zum<br />

Glaubensbekenntnis wurde zur entscheidenden<br />

Gehorsamstat. Statt mit erfurchtsvoller Stimme<br />

immer wieder ‚Herr, Herr’ zu sagen und dabei<br />

ständig taub zu bleiben gegenüber den einfachsten<br />

Geboten Gottes, fing ich jetzt an, zu Gott<br />

aufzuschauen wie zu einem leiblichen Vater, auf<br />

ihn zu vertrauen als meinem wirklichen Vater. Ich<br />

legte alles salbungsvolle und feierliche Wesen ab<br />

und wurde ein Christ. Frömmigkeit ist nicht Unterwürfigkeit<br />

nach aussen, sondern kindlicher Gehorsam,<br />

Vertrauen und Liebe.“<br />

Alle echten Christenmenschen kennen dieses<br />

‚Einst’ und ‚Jetzt’. „Einst wart ihr Finsternis, jetzt<br />

aber seid ihr Licht im Herrn; wandelt als Kinder<br />

des Lichts! – denn die Frucht des Lichts besteht<br />

in lauter Güte und Gerechtigkeit und Wahrheit!“<br />

Wer ein kraftvoller Zeuge Jesu Christi ist, der<br />

kann zu <strong>seiner</strong> Vergangenheit stehen, aber Ruhm<br />

gibt es nur für das Neue, das einem geschenkt<br />

wurde. Unsere Mitmenschen haben ein feines<br />

Sensorium für unser Zeugnis, ob es zum ‚einst’<br />

oder zum ‚jetzt’ gehört. Da können wir nichts<br />

vormachen. - Schlichte Menschen bezeugen die<br />

Wahrheit oft echter als Studierte. Das Einst zum<br />

Jetzt lernt man am besten im harten Leben.


9. März<br />

Hütet euch, dass sich euer Herz nicht betören<br />

lasse, dass ihr abfallt und dient andern<br />

Göttern und betet sie an. (5. Mose 11, 16)<br />

„Hütet euch am Morgarten!“ hiess die präzise<br />

Warnung an die Kriegstruppe der Eidgenossen im<br />

Kriegsgeschehen mit den Habsburgern. Und die<br />

Schweizer haben gewonnen, weil sie auf die Warnung<br />

gehört haben.<br />

Genau so deutlich werden wir <strong>von</strong> Gott ermahnt.<br />

Hütet euch! Sind wir nicht so sehr beschäftigt mit<br />

uns selber, mit dem Beruf, mit der Familie, mit<br />

der Kirche mit Gesellschaftsfragen usw., dass wir<br />

keine Ohren mehr haben für Gottes Stimme? Vor<br />

lauter Engagements – auch als Nachfolger <strong>von</strong><br />

Jesus – kann es geschehen, dass uns die Fähigkeit<br />

abgeht auf die Stimme unseres Herrn zu hören.<br />

Doch sie sagt unentwegt: Hütet euch! Überprüft<br />

eure Situation. Bewertet eure Prioritätenliste. Hört<br />

auf den geistigen Puls. Bluthochdruck im geistlichen<br />

Leben ist gefährlich.<br />

Wir hören die Warnung Jesu: „Wachet und betet,<br />

dass ihr nicht in Versuchung fallet!“ Wenn die<br />

Fähigkeit zu unterscheiden nicht vorhanden ist,<br />

wird bald einmal unsere Arbeit und unser Einsatz<br />

für Christus zu einem Götzen, weil wir uns verselbständigt<br />

haben. In Zeiten, da wir Gottes Nähe<br />

nicht so deutlich wahrnehmen, da Jesus uns in<br />

unserer Verantwortung wirken lässt, geschieht es<br />

leicht, den schmalen Weg des Heils zu verlassen<br />

und in den breiten Weg zum Unheil einzuschwenken.<br />

Alles was wir tun, bekommt einen<br />

Stellenwert, welcher der Anbetung gleichkommt.<br />

Nichts ist so verheerend, wie <strong>von</strong> Gott abzufallen<br />

ohne dass man es sucht und will. Wer aber seinen<br />

Geist nicht dem Heiligen Geist unterordnet, wird<br />

in diese Falle tappen. Darum ist es mehr als sinn-


voll, die Worte <strong>von</strong> Ph. F. Hiller zu beten:<br />

„Gott ist Herr, der Herr ist Einer, und demselben<br />

gleichet keiner, nur der Sohn, der ist ihm gleich.<br />

Christi Thron ist unumstösslich, Christi Leben<br />

unauflöslich, und sein Reich ein ewig Reich.“<br />

Hütet euch, gebt Acht! Lasst euch nicht verführen,<br />

dem Herrn den Rücken zu kehren! Dient<br />

keinen Göttern, betet sie nicht an!


10. März<br />

Und ob ich schon wanderte im finstern Tal,<br />

ich fürchte kein Unglück; denn du bist bei<br />

mir, dein Stecken und Stab trösten mich.<br />

(Psalm 23, 4)<br />

„Jeder Kundige kennt jene verderbenbringende<br />

Langeweile eines Gefangenen, jene tödliche Leere,<br />

die aus den Tiefen seines Selbst emporsteigt,<br />

und die, ob es ihm nun bewusst wird oder nicht,<br />

unmittelbar an das Grauen vor dem Unendlichen<br />

streift. Der Mensch kann nicht wahrhaft allein<br />

sein, wenn er nicht mit Gott verbunden allein sein<br />

kann. – Irgendwann in seinem Leben, und nicht<br />

nur einmal, muss der Mensch in völliger Todeseinsamkeit<br />

Gott gegenüber treten, so wie er in<br />

<strong>seiner</strong> letzten Stunde Ihm allein Auge in Auge gegenüber<br />

treten wird, ehe er weiss, dass er vor ihm<br />

seine Existenz verantworten muss, und ehe er begreifen<br />

kann, was es für unsern Lebenslauf bedeutet,<br />

dass der Gottessohn durch seine Gottverlassenheit<br />

alle unsere Einsamkeit geheiligt hat.“<br />

Was Bischof Lilje Einsamkeit nennt, ist für den<br />

Hirten David das finstere Tal. Wer das aushält,<br />

mit Gott Auge in Auge zu sein, verliert die Furcht<br />

und durchschreitet <strong>von</strong> Stecken und Stab tröstend<br />

geleitet die schrecklichen Täler.<br />

Wir sind <strong>von</strong> Natur her in unserer Seele unglaublich<br />

labil und haltsuchend und geneigt, uns ständig<br />

zu verstellen. Das geht auf die Dauer schlecht.<br />

Einmal müssen wir zu unserer Schwachheit stehen.<br />

Doch sind wir bis dato vielleicht schon ordentlich<br />

<strong>von</strong> ‚wilden Tieren’ angefallen worden<br />

und zerschlissen, bis wir merken, dass es e i n e<br />

Hilfe gibt. Wer sich aber verrannt hat, muss den<br />

Weg wieder zurückgehen zum Anfang und dort<br />

wartet der barmherzige Vater Himmels und der<br />

Erde auf den Irregeleiteten aus dem finsteren Tal.


11. März<br />

Wir haben ja die Lüge zu unserer Zuflucht<br />

gemacht, und uns in Trug geborgen.(Jes.28,15)<br />

Eine vielgelesene amerikanische Zeitung richtete<br />

an eine Anzahl angesehener Männer ihres Landes<br />

folgende Anfrage: „Was würde geschehen, wenn<br />

die Menschen durch irgendeine übernatürliche<br />

Gewalt oder ein elementares Ereignis gezwungen<br />

würden, einmal 24 Stunden lang nicht zu lügen?“<br />

Diese Frage wurde <strong>von</strong> einflussreichen Staatsmännern,<br />

Geschäftsleuten, <strong>Prof</strong>essoren, Millionären,<br />

mit wenigen <strong>Aus</strong>nahmen, dahin beantwortet:<br />

„Die angenommenen 24 Stunden ohne Lüge<br />

würden ein nationales Unglück sein.“<br />

Ja, der Bürgermeister einer der bedeutensten Städte<br />

Nordamerikas äusserte sich dahin, dass das angenommene<br />

Ereignis ein grösseres Unglück darstellen<br />

würde als ein gewaltiges Erdbeben und<br />

dass es noch weit verderblichere Folgen haben<br />

würde als dieses.<br />

Die Lüge ist kein Unglück mehr; sie ist zum<br />

Massengebrauchsartikel geworden. Wir haben uns<br />

an sie gewöhnt. Sie beunruhigt uns nicht mehr.<br />

Das ist das Beunruhigende! Ohne sie ist unsere<br />

Politik und unser Wirtschaftsleben nicht mehr<br />

denkbar. Ohne sie treiben wir ins „nationale Unglück“.<br />

Man will uns weismachen, die Lüge gehöre<br />

zu unserem modernen Leben wie ein unabwendbares<br />

Schicksal. Das stimmt nicht! Wer lügt,<br />

missachtet Gott. Sein Gebot duldet keine <strong>Aus</strong>nahme,<br />

auf gar keinem Gebiet.<br />

„Herr, lass es geschehen, dass uns die kleinste Lüge<br />

wieder Not macht!“


12. März<br />

„Ich will zu dir gehören, nur erlaube mir noch<br />

eine Abschiedsfeier mit meiner Familie.“<br />

Doch Jesus wehrte ab: „Wer an den Pflug<br />

fasst, und dabei zurücksieht, taugt nicht für<br />

das Reich Gottes.“ (Lukas 9, 61+62)<br />

Ich weiss <strong>von</strong> einem Manne, der jahrelang Menschen<br />

‚aller Gattig’ beobachtete, wie sie sich gaben,<br />

wie sie sprachen, kurz, welchen Eindruck sie<br />

machten. Vielfach war das Resultat beeindruckend,<br />

irgendwie grossartig, überaus redegewandt<br />

waren sie, generös bis herablassend, selbstsicher<br />

und überzeugt <strong>von</strong> sich selbst. Aber oft und bei<br />

vielen Personen immer öfter wurde er unruhig<br />

und äusserte zu <strong>seiner</strong> Frau: „Ich möchte deren<br />

Nächte sehen, ob da nicht alles wie ein Putz abfällt<br />

und die Leute einsam und verzweifelt sind<br />

um am nächsten Tag dasselbe Maskenspiel aufs<br />

neue aufzuführen.“<br />

Das sind Menschen, die den Ruf Gottes vernehmen<br />

aber nicht hören. Sie verstellen sich den<br />

ganzen Tag dermassen und haben Qualen des<br />

Nachts, dass sie sich nicht auf etwas radikal Neues<br />

enstellen können. Abschied feiern vom alten<br />

Leben möchten sie, doch sie trauen dem Neuen<br />

noch nicht restlos. Das Herz ist noch nicht ganz<br />

erfasst vom Ruf. Das Ohr ist verdreckt und verschlossen.<br />

Nur der Verstand macht erste Freiübungen<br />

den Pflug zu erfassen und geradeaus zu<br />

schauen. Nein, das Zurückschauen ist uns naheliegender.<br />

Der Preis: Das Reich Gottes wird<br />

gründlich verfehlt. Jesus möchte als seine Nachfolger<br />

keine Möchtegernpuppen, sondern <strong>von</strong> der<br />

Aufgabe überzeugte, innerlich prachtvolle Menschen,<br />

urchige Typen wie ernsthafte Bauern hinter<br />

dem Pflug. Wir haben nicht das Reich Gottes zu<br />

bebauen, aber reichgottestauglich müssen wir<br />

sein.


13. März<br />

Ich weiss, dass mein Erlöser lebt. (Hiob 19,<br />

25)<br />

Der grosse Tonmeister Georg Friedrich Händel<br />

hatte den Wunsch, an einem Karfreitag zu sterben,<br />

und wirklich geschah dies auch so – er starb<br />

am 14. April 1759. Auf seinem Sterbebett erquickte<br />

er sich besonders an dem Auferstehungskapitel<br />

1. Korinther 15. Man las ihm noch den ersten<br />

Vers des Liedes „Ich bin gewiss in meinem Glauben“<br />

vor und er sagte dazu: „Oh, das ist eine<br />

schöne Sache, wenn jemand seines Glaubens so<br />

gewiss ist, ja: Allein zu dir, Herr Jesu Christ, mein<br />

Hoffnung steht auf Erden.“ Die letzten Worte,<br />

die man aus dem Munde des Scheidenden vernahm,<br />

waren die, welche er im ‚Messias’ so herrlich<br />

vertont hatte: „Ich weiss, dass mein Erlöser<br />

lebt!“<br />

Händel hatte eine besondere Gabe, Bibeltexte zu<br />

vertonen. So lautet der ganze Text der Messias-<br />

Arie aus Hiob und 1. Korinther so:<br />

„Ich weiss, dass mein Erlöser lebet<br />

und dass er erscheint am letzten Tag dieser Erd’.<br />

Wenn Verwesung mir gleich drohet, wird dies<br />

mein Auge Gott doch sehn.<br />

Ich weiss, dass mein Erlöser lebet:<br />

Denn Christ ist erstanden <strong>von</strong> dem Tod,<br />

der Erstling derer, die schlafen.“<br />

Damit ist eigentlich alles gesagt, und doch ist<br />

noch beizufügen: So erhebend diese Worte – und<br />

die Melodie – sind, sie sind zu nichts nütze, solange<br />

sie nicht unser Eigentum sind, wie es bei<br />

Händel war. Christus kann hundertmal da und<br />

dort Erlöser sein; wenn er nicht m e i n Erlöser<br />

sein darf, habe ich keinen Anteil an ihm – ist es<br />

bei mir nicht Karfreitag und Ostern, Himmelfahrt<br />

und Pfingsten geworden.


14. März<br />

Wir predigen euch das Evangelium, dass ihr<br />

euch bekehren sollt <strong>von</strong> den falschen, toten<br />

Göttern zu dem lebendigen Gott, der das<br />

Weltall und die Erde, das Meer und alles, was<br />

darin ist, geschaffen hat. (Apostelg. 14, 15)<br />

Achtung Sprengstoff! Haben Sie sich schon wieder<br />

geärgert an dem Wort ‚Bekehrung’? Hoffentlich<br />

heute zum letztenmal. Denn wie gesagt, das<br />

Evangelium ist keine <strong>Dr</strong>oh- sondern eine Frohbotschaft.<br />

Und in der Frohbotschaft ist das Wort<br />

Bekehrung ein fröhlicher und grundlegender Begriff<br />

der Freiheit und des frischen Atmens. Die<br />

Menschen denen das Team des Paulus begegnete,<br />

sind mit Haut und Haar abhängig <strong>von</strong> scheinbar<br />

toten Wesen. Es sind Dämonen, welche in der<br />

Verkleidung als Götter die Menschen plagen und<br />

drangsalieren. Paulus legt ihnen nahe, dass sie sich<br />

<strong>von</strong> diesen Wesen total abwenden und dem gepredigten<br />

Gott zuwenden sollen. Und dieser Gott<br />

weist sich aus, wie es sonst keiner der vermeintlichen<br />

Götter kann. Er hat das Weltall und die Erde<br />

gemacht, das Meer und alles, was darinnen ist.<br />

Dieser <strong>Aus</strong>weis ist eine über alles glänzende Einladung,<br />

es mit ihm zu wagen und ihm zu folgen,<br />

ihm zu gehorchen, seinen Willen zu erfüllen und<br />

ihn zu recht mit Lob zu grüssen.<br />

Wir neigen dazu, jene frühen Menschen als primitiv<br />

einzustufen und tun ihnen höchst Unrecht<br />

damit. Nur dass wir Heutigen nicht mehr an ihre<br />

damaligen Götzen glauben, stellt uns nicht auf<br />

eine höhere Stufe. Gehen wir doch in uns und<br />

prüfen uns, wo unsere Götzen hocken, dann entdecken<br />

wir sie ganz schnell in den Garagen, in<br />

den Kontobüchern, in den Villen mit Zweit- und<br />

<strong>Dr</strong>ittwohnungen, in Briefmarkensammlungen und<br />

andern kostspieligen Hobbys usw. Sie halten uns<br />

ab vom Beten, vom Gottesdienstbesuch – sie len-


ken uns ab vom Nachdenken über das Notwendige<br />

in unserem Leben und führen uns Wege und in<br />

Häuser, in welche Christus nicht mitkommt. Wir<br />

laufen direkt ins Leere und irgend einmal in die<br />

volle Hölle. Wenn das obige Götzen sind, müssen<br />

wir uns völlig <strong>von</strong> ihnen trennen, alles verkaufen<br />

und nach Jesu Rat, den Armen verschenken. Ist es<br />

anders, stehen wir in einer grossen Verantwortung<br />

Gott gegenüber, das darf uns schon bewusst sein.<br />

Denn Christus, der Herr ist nahe im doppelten<br />

Sinne: nahe bei uns und nahe vor der Tür mit<br />

Gottes Reich in der Vollendung <strong>seiner</strong> Herrschaft.<br />

Es ist wunderbar, sich dieser doppelten<br />

Freude hingeben zu können, auch wenn sich dabei<br />

allerlei Gesichtspunkte radikal verschieben<br />

und verändern.


15. März<br />

Bleibt im Glauben, gegründet und fest, und<br />

weicht nicht <strong>von</strong> der Hoffnung des Evangeliums,<br />

das ihr gehört habt. (Kolosserbrief 1, 23)<br />

Wenn die Welt in Aufruhr ist, ist es schwer für die<br />

Anhänger <strong>von</strong> Jesus. Die Erde taumelt <strong>von</strong> Krise<br />

zu Krise; Katastrophen folgen einander täglich; an<br />

Hungersnöte und Kriege fängt man an sich zu<br />

gewöhnen; die Regenwälder werden für die Massenpresse<br />

abgeholzt, aber nicht einmal den <strong>Prof</strong>it<br />

sehen die Eingeborenen; Reiche werden reicher<br />

und Arme werden ärmer; verantwortunsgvolle<br />

Arbeit ruft Spitzenleute aus dem <strong>Aus</strong>land aber<br />

unsere Jungen finden nur schwer eine Lehrstelle;<br />

der Arbeitsdruck auf allen Gebieten wächst, dennoch<br />

wird das Pensionsalter hinaufgeschraubt; die<br />

Gesundheitskosten steigen und die Krankenkassenprämien<br />

sind bald unbezahlbar; Kinder<br />

braucht das Land – fürs Militär und die AHV,<br />

aber bei den Steuern sind die Familien stark benachteiligt<br />

usw. Es ist nicht verwunderlich, wenn<br />

Menschen bei uns und vor allem in fremden Ländern<br />

verzagen. Die äussere Situation schlägt Vielen<br />

auf die Seele, sie werden krank – die Selbstmordrate<br />

steigt unaufhörlich! Und mitten drin<br />

stehen auch die Jünger Jesu, die er berufen und in<br />

die Welt hinaus geschickt hat. „Ich bin bei euch<br />

alle Tage bis ans Ende der Welt“ versprach der<br />

Herr. Anders, als mit dieser Zuversicht ist Leben,<br />

das den Namen verdient, nicht mehr möglich.<br />

Darum die Mahnung: Bleibt im Glauben, gegründet<br />

und fest! Was über sie kommt kann in Wahrheit<br />

keine Überraschung sein, denn es ist vorausgesagt.<br />

Doch sind Voraussage und Erfüllung zwei<br />

paar Schuhe. Darum: Weicht nicht <strong>von</strong> der Hoffnung!<br />

Wo soll die Welt Hoffnung lernen und<br />

schöpfen, wenn nicht <strong>von</strong> den Christen, die das<br />

Evangelium gehört und verwirklicht haben?


16. März<br />

Und er, Jesus, ist das Haupt der Kirche, er,<br />

der der Anfang ist. In ihm beschloss Gott, die<br />

ganze Fülle wohnen zu lassen.<br />

(Kolosserbrief 1, 18+19)<br />

Wer will die Welt heilen, wenn sie an sich selber<br />

krank wird und zugrunde geht? Wer weist in ihr<br />

zur Vergebung der Sünden? Wer tröstet die in ihr<br />

hoffnungslos Sterbenden? Wer eifert in ihr um<br />

Gerechtigkeit und Liebe, und das heisst um die<br />

Gebote Gottes und um den Gehorsam gegen sie<br />

mitten in aller Auflehnung gegen Gott? Wer<br />

schlägt in ihr die Bibel unermüdlich und kräftig<br />

auf? Wer singt dem Herrn ein neues Lied? Wer<br />

lobt, wer dankt, wer betet? Wer bietet die Verheissung<br />

der Taufe an und Brot und Wein des<br />

Abendmahls? Wer? Arme Welt, Welt ohne Kirche!<br />

Diese vielen Fragen <strong>von</strong> Pfarrer Ed. Thurneysen<br />

sind bedrängend und gegen den Schluss kaum<br />

mehr auszuhalten. „Arme Welt, Welt ohne Kirche!“<br />

Die Kirche ist mutlos geworden, hat sich<br />

über die Massen der Gesellschaft angepasst, ist<br />

praktisch verschwunden, auch wenn der Service<br />

noch geleistet wird. Diese Fragen stammen aus<br />

der Hitlerzeit. Heute ist es die Säkularisierung, die<br />

einen üblen Standart erreicht hat, dass die Welt<br />

wiederum arme Welt ohne Kirche ist.<br />

Aber die Bibel hat noch andere Töne, die durch<br />

alle Zeiten dringen und nicht zum Schweigen gebracht<br />

werden können. Irgendwo ist ein „Rest,<br />

der sich Kirche nennt, deren Haupt Christus ist<br />

und in welchem die ganze Fülle der Gottheit<br />

wohnt.“ Und dieser Rest macht Mut. Es ist nicht<br />

ein Häuflein, sondern verstreut bilden einige<br />

Christen dieses Instrument in Gottes <strong>Hand</strong>. Es ist


ganz und gar nicht nach innen gerichtet, sondern<br />

der Welt verpflichtet. Arme, reiche Welt – mit der<br />

Kirche?!


17. März<br />

Gott wird abwischen alle Tränen <strong>von</strong> ihren<br />

Augen, und der Tod wird nicht mehr sein,<br />

noch Leid noch Geschrei noch Schmerz wird<br />

mehr sein; denn das Erste ist vergangen.<br />

(Offenbarung 21, 4)<br />

Immer wieder hört man den billigen Vorwurf an<br />

die Bibel und an die Adresse der Christen, man<br />

wisse ja nichts über ein eventuelles Jenseits, den<br />

Himmel Gottes. Wahr ist, dass sie nicht viele<br />

Worte macht und so auch die Christen keine lange<br />

Rede halten können. Was aber zu vernehmen<br />

ist, ist eindeutig und kräftig und entscheidend.<br />

Denn wer vermöchte zu sagen, dass er nie Leid zu<br />

tragen hätte, dass er sich nie mit Missbildung und<br />

Schmerz aller Art und letztlich mit dem Tod auseinander<br />

zu setzen hätte? Das setzt einem mächtig<br />

zu und man schaut nach Hilfe aus. Wer jetzt<br />

durchhält, dem widerfährt das Wunderbare, das<br />

Gott verheisst.<br />

Wie aber Gottes Durchhilfe jetzt schon erfahrbar<br />

ist, zeigt als Beispiel folgender Bericht:<br />

„Ich weiss den Herrn an meiner Seite, und das<br />

macht mich mutig und fröhlich. Wie hätte ich armer,<br />

irrender Mensch durch die unzähligen Gefährlichkeiten<br />

der Welt, durch alle die Versuchung,<br />

das Leid, das Unglück, durch all die heuchlerischen<br />

Widersacher und grimmigen Feinde den<br />

Weg finden können bis hierher? Er war mit mir. –<br />

Im Taumel der Lust, des Erfolges, des Beifalls, ja<br />

selbst in der süssen Wonne des häuslichen Glückes<br />

hätte ich übermütig werden müssen; <strong>von</strong><br />

Feinden gehetzt, kauernd an Gräbern zerstörten<br />

Glückes, im Bewusstsein persönlicher Schuld und<br />

Armseligkeit hätte ich verzweifeln müssen.


Doch er war mit mir. – Immer kräftiger und unbedenklicher<br />

wage ich heute Unternehmungen, zu<br />

denen mich meine geringen Fähigkeiten nicht berechtigten<br />

– denn an meiner Seite steht der Herr.“


18. März<br />

Wenn das Weizenkorn nicht in die Erde fällt<br />

und stirbt, bleibt es ein einzelnes Weizenkorn;<br />

wenn es aber in der Erde stirbt, keimt<br />

es und bringt viel Frucht. (Johannes 12, 24)<br />

Ein Pfarrer bat einmal in einem Gottesdienst ganz<br />

spontan einen Bauern, der Gemeinde zu erklären,<br />

was da vor sich geht, wenn ein Weizenkorn stirbt,<br />

keimt und Frucht bringt. Er sagte ungefähr folgendes:<br />

„Der Bauer wirft beim Säen die Weizenkörner<br />

gleichmässig auf den Acker. Mit der Zeit<br />

versinken sie im Boden. Sie brauchen für den nun<br />

folgenden Vorgang eine gewisse Feuchtigkeit. Das<br />

einzelne Korn stirbt ab, indem der Kern eine um<br />

die andere Schicht abgibt und schliesslich nackt<br />

und bloss in der Erde liegt, scheinbar tot. Aber<br />

nun werden Kräfte geweckt, dass aus dem Kern<br />

ein oder mehrere Keimlinge wachsen. Einer wird<br />

bestehen und aus dem Boden schiessen. Ein hoher<br />

Halm entsteht und am Ende entsteht die<br />

Frucht, die Ähre mit vielen Taschen, in denen<br />

neue Körner stecken.“<br />

Jesus hat dieses Gleichnis für seine Nachfolger<br />

und Boten verwendet. Es wird sehr oft ausser<br />

Acht gelassen. Viele Menschen, jung an Jahren<br />

und jung im Glauben, neigen dazu, gleich als erstes<br />

einen Missions- und Bekehrungseifer zu entwickeln<br />

und stossen damit viele ihrer Mitmenschen<br />

vor den Kopf. Auch ist es üblich geworden,<br />

noch vor der persönlichen Glaubensreife gleich in<br />

eine Bibelschule zu rennen um darnach möglichst<br />

im <strong>Aus</strong>land an die Front zu gehen.<br />

Doch es ist des Herrn Wille und Absicht uns in<br />

jedem Fall in eine Lebensschule zu stecken, gleich<br />

dem Weizenkorn, das in die Erde fällt. Das Ich<br />

muss seine Schichten, wie Selbstsicherheit,<br />

Selbstüberschätzung, Eigennutz, Sucht nach Erfolg<br />

und Ruhm, Vorgehen nach eigener Regie,


Solo-Christsein usw. ablegen am Kreuz Jesu, dass<br />

der Kern, die Seele rein werde, schlicht und einfach,<br />

bereit für das Bearbeiten des Schöpfers. Wir<br />

mögen den Eindruck gewinnen, dass wir gegenüber<br />

andern in Nachteil geraten, aber es ist der<br />

Herr, der uns nahe ist und uns zur Reife bringt.<br />

Nun geschieht es, dass unser Botendienst aus der<br />

Stille heraus geschieht und Frucht bringt, nämlich<br />

Menschen, die echt in der Tiefe ihrer Seele bewegt<br />

sind Christus nachzufolgen und seinen gnädigen<br />

Willen zu tun. Die Frage, welcher Lebensweg<br />

der echtere sei, erübrigt sich völlig, oder?


19. März<br />

Der Herr ist mein Licht<br />

und mein Heil<br />

vor wem sollte ich mich fürchten?<br />

Der Herr ist meines Lebens Zuflucht,<br />

vor wem sollte ich erschrecken?<br />

(Psalm 27, 1)<br />

Eine Erfahrung <strong>von</strong> David ist das. Er ist ein Erprobter.<br />

Als junger Hirte und später als Kriegsmann<br />

und König ist er nie sein eigener Herr und<br />

Meister gewesen. Seine freie Abhängigkeit <strong>von</strong><br />

Gott hat ihm erst die rechte Sicht für das Bestehen<br />

des Lebens gegeben. So weiss man es auch<br />

<strong>von</strong> einem jungen Hugenotten. „In wundervoller<br />

Gestrafftheit steht der junge Florent Venot vor<br />

dem Präsidenten des Gerichtes Lizet, der ihn auf<br />

vier Monate in den Kerker geworfen hatte, um<br />

ihn zu zermürben. Als dies erfolglos war, hat man<br />

den Gefangenen in ein Sonderverlies gebracht, in<br />

die sogenannte Poche im Palais. In diesem Loch,<br />

in welchem man weder sitzen noch liegen konnte,<br />

hielt es niemand länger als 14 Tage aus, ohne irrsinnig<br />

zu werden. Da soll der Widerstand Venots<br />

gebrochen werden. Der junge Hugenotte besteht<br />

die Probe und sagt Lizet ins Gesicht: ‚Sie nehmen<br />

wohl an, dass Sie durch die Länge der Marter<br />

meinen Geist schwächen können. Aber Sie vergeuden<br />

Zeit damit! Denn ich hoffe, dass Gott mir<br />

die Gnade geben wird bis zum Ende durchzuhalten<br />

und seinen heiligen Namen durch meinen<br />

Tod zu preisen, denn er ist meines Lebens Zuflucht,<br />

vor wem sollte ich erschrecken’?“


20. März<br />

Ich bin dessen gewiss, dass weder Tod noch<br />

Leben, weder Engel noch Gewalten, weder<br />

Gegenwärtiges noch Zukünftiges, noch andere<br />

Mächte, weder Hohes noch Tiefes, noch<br />

irgendein andres Geschöpf uns zu scheiden<br />

vermag <strong>von</strong> der Liebe Gottes, die in Christus<br />

Jesus ist, unsrem Herrn.<br />

(Römerbrief 8, 38+39)<br />

Paulus und sein Team machten seit langem eine<br />

betrübliche Erfahrung, wie sie in Psalm 44, 23 beschrieben<br />

ist: „Weil wir zu dir gehören, Herr, werden<br />

wir überall verfolgt und schier getötet – wie<br />

Schafe werden wir geschlachtet!“ Doch aus dieser<br />

Erfahrung erwuchs die Überzeugung der obigen<br />

Verse.<br />

Hat sich an der ganzen Sache im Laufe der Jahrhunderte<br />

etwas geändert? Ja und Nein. Nein, weil<br />

wir seit Generationen beobachten, wie Christen<br />

verfolgt und getötet werden, in allen Himmelsrichtungen,<br />

im Wechsel da und dort einmal stärker<br />

und einmal schwächer. Ja, weil im Grossen<br />

Ganzen die Christenheit eine verfängliche Lauheit<br />

ergriffen hat, in allen Himmelsrichtungen. Und<br />

Jesus sagt: „Weil du weder heiss noch kalt, sondern<br />

lau bist, will ich dich ausspeien aus meinem<br />

Munde.“ Wo ist nur die Überzeugung des Paulus<br />

geblieben? Es braucht sie ja nicht mehr, wenn wir<br />

in der Christenheit so weitermachen wie bisher.<br />

Merken wir dabei aber auch, dass wir gar nicht<br />

mehr an die Liebe Gottes angeschlossen sind? Es<br />

ist grauenhaft, dass es irgendeiner Macht gelungen<br />

ist, uns <strong>von</strong> der Liebe Gottes zu trennen. Kommen<br />

<strong>von</strong> daher die Verschwommenheit in Glaubensfragen,<br />

die falsche Toleranz gegenüber andern<br />

Religionen, die Vernachlässigung des Gebetes<br />

und die irrigen Vorstellungen des Sterbens


und des Darnach? Wir müssen wieder lernen was<br />

es heisst: „Weisst du nicht, dass dich Gottes Güte<br />

zur Umkehr leitet?“


21. März<br />

Wer an mich glaubt, aus dessen Leibe werden,<br />

wie die Schrift sagt, Ströme lebendigen<br />

Wassers fliessen. (Johannes 7, 38)<br />

Auf einer Weltkonferenz des CVJM fand eine interessante<br />

Diskussion statt. Das Thema lautete:<br />

„Wie kommen wir an den fremden jungen Mann<br />

heran?“<br />

Einer der Teilnehmer, <strong>Dr</strong>. Gladstone aus London<br />

meinte: „Ich will nur eine Tatsache aus der Physik<br />

und Chemie anführen. Ein Stück Eisen hat wenig<br />

Anziehungskraft, umgibt man es aber mit einem<br />

Kabel galvanischen Stroms, so zieht es unendlich<br />

mehr an.<br />

Wir sind das Stück Eisen, die Gnade Gottes, das<br />

ist die Freundlichkeit und Vergebung Gottes, ist<br />

der galvanische Strom. Wenn dieser Strom unser<br />

Herz umströmt, so werden wir auch für die draussen<br />

stehenden jungen Menschen anziehend sein.<br />

Ich spreche den betenden Wunsch aus, dass die<br />

Vereinsmitglieder danach ringen möchten, mehr<br />

Liebe zu Gott und dem Nächsten zu haben, dann<br />

kann es nicht fehlen, dass eine Kraft <strong>von</strong> ihnen<br />

ausgeht.“<br />

Der Glaube verändert einen Menschen. Das alte<br />

Leben – Luther sagte, der alte Adam kann<br />

schwimmen – muss ersäuft werden. Eine neue<br />

Kreatur, eine neue Schöpfung ist da. Man fühlt<br />

sich nicht nur wie neugeboren, sondern man ist<br />

es. Das Alte ist vergangen, seht, es ist alles neu<br />

geworden. Die Gnade Gottes macht den Menschen,<br />

wie der galvanische Strom das Eisen, anziehend.<br />

Es geht vom Jünger Jesu etwas aus: Einfluss.<br />

Die Bibel nennt es: Ströme lebendigen Wassers.<br />

Jawohl, es gibt nicht nur ansteckende<br />

Krankheiten, es gibt auch eine ansteckende Gesundheit,<br />

einen ansteckenden Glauben.


22. März<br />

Friede sei mit euch! (Johannes 20, 19)<br />

Wenn wir den Historikern glauben können, sind<br />

<strong>von</strong> 3000 Jahren überschaubarer menschlicher<br />

Geschichte nur 234 Friedensjahre gewesen. Für<br />

100 Jahre der jüngsten Vergangenheit wurden in<br />

der Welt 136 Waffengänge errechnet. Die alten<br />

Kulturen und Stämme des Vorderen Orients –<br />

wie auch unsere Vorfahren und die Indianer –<br />

zählten ihre Völker nach „Kriegern“. Krieg war<br />

das Normale. Und doch grüssen sich die Menschen<br />

mit dem Sehnsuchtsgruss ‚shalom’ – Friede.<br />

Menschen können ihre Art ausrotten, Tiere nicht.<br />

Den Tieren ist eine Sperre eingebaut, den Menschen<br />

nicht. Das sind bei den Tieren programmierte<br />

Hemmungen; bei uns Menschen wachsen<br />

die Hemmungen nicht <strong>von</strong> selbst. Nur der Glaube<br />

an Jesus kann Vorurteile, Hass und Rache<br />

überwinden. Denn: „Selig, die den Frieden schaffen,<br />

denn sie werden Söhne Gottes heissen.“<br />

Ein Papst hat einmal gesagt: „Nur einen Krieg<br />

kann man legitim propagieren: ‚Krieg dem Kriege’!“<br />

Wo Christus unter uns lebendig ist, ist der<br />

Friede lebendig. Wo Christus verraten wird, wird<br />

der Friede verraten. Wo Christus nicht sein kann,<br />

kann der Friede nicht sein; aber dieser Herr<br />

braucht unsere Gedanken, unsern Mund, unsere<br />

Hände und Füsse, damit die Welt verändert wird,<br />

wie er es will. Schwätzen wir auch die Thesen<br />

nach, dass Kriege nicht auszurotten sind? Halten<br />

wir uns für Realisten, wenn wir den Waffen eine<br />

Chance einräumen?<br />

Ist denn die Botschaft des Evangeliums nicht eine<br />

Botschaft der Versöhnung und der Gruss des<br />

Auferstandenen Christus zu Ostern nicht ein<br />

Friedensgruss?


23. März<br />

Ich bin überzeugt, dass dieser Zeit leiden<br />

nicht ins Gewicht fallen gegenüber der Herrlichkeit,<br />

die an uns offenbart werden soll.<br />

(Römerbrief 8, 18)<br />

Wenn es früher um Entwicklungshilfe ging sprach<br />

man schnell vom Tropfen auf den heissen Stein<br />

und zog sich wieder zurück. Heute ist das anders.<br />

Heute steht man angesichts des weltumspannenden<br />

Hungers und Leides zum Tropfen auf den<br />

heissen Stein. Und es kann geholfen werden,<br />

wenn man es klug anpackt. Nur verbieten viele<br />

Hilfswerke die Verkündigung des Evangeliums.<br />

So erfahren die Notleidenden nie, was Paulus aus<br />

eigenem Erleben formuliert und postuliert hat.<br />

Achten wir auf ein paar Beispiele aus der Kirchen-<br />

und Weltgeschichte:<br />

A n s e l m <strong>von</strong> Canterbury, gest. 1109: „Da die<br />

Wasser wuchsen, hob sich die Arche in die Höhe.<br />

Das Leiden soll uns in die Höhe tragen.“<br />

Claus H a r m s: „In sehr tiefen Höhlen und<br />

Brunnen sieht man am hellen Tage die Sterne.“<br />

T h o l u c k: „In jedem Leidenskelche liegt tief<br />

auf dem Boden eine Perle; suche sie nur.“<br />

Otto F u n c k e: „Leiden ist Heimsuchung, etwas,<br />

wodurch Gott uns heimzubringen sucht.“<br />

Erich F r o m m e l: „Werde an Gottes Herzen<br />

nicht irre, wenn du auch einmal seine <strong>Hand</strong> nicht<br />

verstehst.“<br />

Einmal antwortete Frommel einem Menschen,<br />

der ihm über schwere Lebensführung klagte:<br />

„Wenn der Herr deinen Lebensbaum schüttelt,<br />

dass die Blätter herunterfliegen, was will er anderes,<br />

als dass du durch die kahlen Äste und Zweige<br />

den lichten Himmel umso besser siehst?“


Und die B i b e l sagt: „Das Kreuz Jesu (und unser<br />

Kreuz) ist zwar denen, die verloren gehen, eine<br />

Torheit; uns aber, die wir gerettet werden, ist<br />

es die Kraft Gottes.“


24. März<br />

Er ist der lebendige Gott. Er errettet und befreit,<br />

er tut Zeichen und Wunder am Himmel<br />

und auf Erden. –<br />

Dazu ist Christus gestorben und wieder lebendig<br />

geworden, dass er über Tote und Lebende<br />

Herr sei.<br />

(Daniel 6, 27+28; Römer 14, 9)<br />

Es wird immer wieder im Volk kritisiert, man wisse<br />

überhaupt nicht, wozu Jesus am Kreuz gestorben<br />

sei. Es gebe nichts Schriftliches dazu in der<br />

Bibel. Jesus selbst habe sich auch nicht, weder vor<br />

der Kreuzigung oder nach der Auferstehung dazu<br />

geäussert. Das stimmt natürlich nur für diejenigen,<br />

welche die Bibel ungenau lesen. Paulus<br />

macht eine überaus klare <strong>Aus</strong>sage, nebst denen<br />

der Evangelien, dass Jesus unsere Sünden aufs<br />

Holz hinaufgetragen und für viele in der Welt<br />

Vergebung erwirkt habe. Die Stelle im Danielbuch<br />

sind eine Vorwegnahme der Schilderung<br />

<strong>von</strong> der Auferstehung und Himmelfahrt Christi.<br />

Da bekommen wir einen Begriff da<strong>von</strong>, was für<br />

eine Sprengkraft die Auferstehung in sich hat.<br />

Und doch scheint es uns Menschen aller Zeiten<br />

schwer zu fallen, die Auferstehung Jesu zu glauben,<br />

wie folgendes Beispiel zeigt:<br />

Der Redaktor einer grossen Zeitung liess sich eines<br />

Tages, auf einem Spaziergang an einem See<br />

begriffen, mit einem alten Fischer in ein Gespräch<br />

ein. Mit Verwunderung hörte er den Mann in einfältigem<br />

Glauben <strong>von</strong> dem auferstandenen Heiland<br />

reden. „Woher wissen Sie denn“, fragte er<br />

ihn, „dass Christus auferstanden ist?“ „Mein<br />

Herr“, so lautete die Antwort, „sehen Sie dort<br />

hinten an den Felsen am Ufer die kleinen Häuser?<br />

Nun, bisweilen, wenn ich weit draussen auf dem<br />

See bin, erkenne ich an dem Widerschein der<br />

Sonne in den Fenstern jener Häuser, dass die


Sonne aufgegangen ist. Woher weiss ich, dass<br />

Christus auferstanden ist? Sehe ich denn nicht<br />

sein Licht täglich in den Gesichtern lebendiger<br />

Christen widerstrahlen, und spüre ich nicht das<br />

Licht <strong>seiner</strong> Herrlichkeit in meinem eigenen Leben?<br />

So wenig, wie Sie behaupten können, dass<br />

die Sonne nicht aufgegangen ist, wenn ich ihren<br />

Widerschein sehe, ebensowenig können Sie behaupten,<br />

dass mein Herr nicht auferstanden ist.“<br />

Und diesem Auferstandenen fällt es zu, was Daniel<br />

schon in früherer Zeit erlebte, dass Gott errettet<br />

und befreit und Wunder tut. Genau das ist<br />

in Jesus Christus für alle Menschen Wirklichkeit<br />

geworden, dass er Herr ist, nicht nur über wilde<br />

Tiere (bei Daniel) sondern über unsere Schuld,<br />

Herr über die Dämonenkräfte, über allen Negativismus,<br />

über alles Richten und Verleumden, kurz,<br />

über alles Unwahre in unserem Leben.<br />

„Jesus stirbt. Da wird es Nacht; doch er bricht die<br />

Finsternis, reisst durch seinen Tod, uns aus Nacht<br />

und Tod.“


25. März<br />

Als die Freundlichkeit und Menschenliebe<br />

Gottes, unseres Heilands, erschien, machte er<br />

uns selig nach <strong>seiner</strong> grossen Barmherzigkeit.<br />

(Titus 3, 4-5)<br />

Die Welt hat sich so gründlich <strong>von</strong> Gott abgewendet,<br />

dass es nicht leicht fällt zu beschreiben,<br />

dass Gott seine Schöpfung liebt und erhält. Es<br />

scheint nicht auszurotten zu sein, wenn man sich<br />

schon mit Gott beschäftigt, Gott ein Thema der<br />

Philosophie oder der Theologie, ein Objekt der<br />

Forschung in der Archäologie usw. ist. Gott kann<br />

man sich nicht vorstellen als Person, höchstens<br />

als höhere Macht, ein Ideal, eine fromme Idee, ein<br />

Lückenbüssergott, eine Theaterfigur oder Literatursubjekt<br />

(siehe Hiobbuch), ein Ding, mit dem<br />

nicht zu rechnen ist. Doch 1. lässt Gott <strong>seiner</strong><br />

nicht spotten und 2. lässt er diejenigen Menschen,<br />

die offen sind für Gott als Persönlichkeit, seine<br />

Freundlichkeit und Menschenliebe spüren. Sie<br />

sollen wissen und erleben, dass er lebt und wirkt.<br />

Als persönlichstes Liebeszeichen liess er unsern<br />

Heiland erscheinen, als Kind in der Krippe, angebetet<br />

<strong>von</strong> Menschen niederen Standes seines Volkes<br />

und <strong>von</strong> hohen Repräsentanten heidnischer<br />

Völker. Er hat sein Leben dahin gegeben und es<br />

wieder empfangen, ist zum Vater zurückgekehrt<br />

und sandte als Tröster und Stellvertreter den Heiligen<br />

Geist. Das ist das Evangelium, das uns selig,<br />

glücklich und fröhlich macht.<br />

Und nun gilt diese Liebe als Angebot allen Menschen,<br />

aller Kreatur, dem ganzen Universum, allen<br />

Sonnensystemen, dem wunderbaren Sternenhimmel,<br />

den wir bewundern <strong>von</strong> Auge oder in<br />

einer Sternwarte mit einem Teleskop. Gott liebt<br />

die Schöpfung, sein Produkt!


„Glücklich zu preisen sind alle, die nur noch <strong>von</strong><br />

Gott etwas erwarten – mit Gott werden sie leben<br />

in <strong>seiner</strong> neuen Welt.“


26. März<br />

Darum sorget euch nicht um den morgigen<br />

Tag; denn der morgige Tag wird seine eigenen<br />

Sorgen haben. Jeder Tag hat genug an<br />

<strong>seiner</strong> eigenen Plage. (Matthäus 6, 34)<br />

Sorge macht krank. Sie verbittert und macht unzufrieden.<br />

Sie zieht uns <strong>von</strong> der Gegenwart und<br />

vom Heute weg. Sie verdunkelt unser augenblickliches<br />

Glück. Sie verdirbt den Genuss am Heute.<br />

Lilie und Vogel sind uns ein Gleichnis für die<br />

Freude am Gegenwärtigen, für die Freude am<br />

Augenblick.<br />

Die Devise einer Heiligen, Therese <strong>von</strong> Lisieux,<br />

lautete: „Alles nur für das Heute.“ Und bei Kierkegaard<br />

findet sich folgender schöne Text: „Du<br />

bist erschaffen, du bist da, du bekommst ‚heute’<br />

das zum Dasein Nötige, du wurdest erschaffen,<br />

du wurdest Mensch, du kannst sehen, hören, riechen,<br />

schmecken, fühlen. Lerne <strong>von</strong> der Lilie und<br />

vom Vogel, deinen Lehrern, was es heisst, für<br />

‚heute’ da sein: das ist Freude!“<br />

Christen pfeifen zwar nicht auf die Zukunft. Sie<br />

wissen um eine gute Zukunft, darum können sie<br />

ganz für die Gegenwart da sein.<br />

Können wir uns dem Heute völlig hingeben, oder<br />

zerstören wir uns das Heute mit dem sorgenvollen<br />

Warten auf Morgen. Sollen wir Christus Vorwürfe<br />

machen, dass er nur das Heute garantiert<br />

und das Morgen eben morgen mit uns anpackt?<br />

Das sei ferne. Er hat doch den Überblick. Reicht<br />

das?


27. März<br />

Der See wurde aufgewühlt <strong>von</strong> einem starken<br />

Wind. Als die Jünger etwa eine Stunde vergeblich<br />

gerudert hatten, sahen sie Jesus auf<br />

dem See gehen und nahe an das Boot kommen;<br />

und sie fürchteten sich sehr. Er aber<br />

sprach zu ihnen: Ich bin’s, fürchtet euch<br />

nicht! (Johannes 6, 18-20)<br />

Wir können z.B. mit einem neuen Wagen schon<br />

allerhand Erfahrungen gemacht haben. Aber da<br />

bleiben wir in einem langen Tunnel mit Gegenverkehr<br />

stecken und können zunächst nur Rauch<br />

feststellen. Wir sind völlig verunsichert, fürchten<br />

uns, wissen nicht was tun ausser die Warnblinker<br />

einzuschalten. Da kommt auf der Gegenfahrbahn<br />

ein Polizeiauto – Freund und Helfer, oder …?<br />

Wir haben Angst. Bis die anvisierte Autohilfe ankommt<br />

und uns beruhigt: „Ihr müsst keine Angst<br />

haben, es ist nicht so schlimm, wie es aussieht.“<br />

So haben auch die Jünger Jesu schon einige mächtige<br />

Erfahrungen mit ihrem neuen Meister Jesus<br />

gemacht. Und trotzdem fürchten sie sich, wenn er<br />

so unerwartet und unüblich zu ihnen kommt.<br />

„Ich bins, fürchtet euch nicht“ sagt er, als kennten<br />

sie ihn nicht. Es ist nicht egal, seinesgleichen zu<br />

begegnen und Hilfe zu empfangen oder dem Gottessohn,<br />

dem alles untertan ist. Darüber sind sich<br />

die Jünger noch nicht im Klaren.<br />

Das mag hin und wieder auch unser Problem<br />

sein. Wer ist für uns Jesus? Ein guter Begleiter<br />

oder der Heiland, der Helfer; ein netter Zuhörer<br />

für unsere Gebete oder der Herr, der Macht hat<br />

Gebete zu erfüllen; ein guter Prediger oder der<br />

Erlöser <strong>von</strong> Golgotha; ein unglücklicher Fall eines<br />

Justizirrtums oder der Auferstandene und Sieger<br />

vom Ostermorgen?


Im Anfang, das ist er. Der Vollender des Gottesreiches,<br />

das ist er auch. Die Liebe Gottes, das ist<br />

er im Besonderen. Wer hat da noch Lust, sich einem<br />

andern anzuvertrauen?


28. März<br />

Denn das Gesetz des Lebensgeistes in Jesus<br />

Christus hat mich <strong>von</strong> dem Gesetz der Sünde<br />

und des Todes freigemacht. (Römerbrief 8,<br />

2)<br />

Jeder <strong>von</strong> uns weiss, was eine Kettenreaktion ist.<br />

Sie geht beispielweise in der Atombombe vor<br />

sich, wenn sie explodiert. Ein winziges Uranteilchen<br />

wird getroffen <strong>von</strong> einem Äther-Geschoss.<br />

Es zerfällt und Neutronen treffen vielleicht zehn<br />

andere Uranteilchen. Die machen es ebenso und<br />

die Kettenreaktion ist im Gang und überschreitet<br />

im Nu die Grenze mit zerstörender Gewalt. In<br />

einer amerikanischen Atomstadt ereignete sich<br />

vor Jahren eine stille Heldentat. Eine Kontrolllampe<br />

versagte, der kritische Punkt wurde überschritten<br />

und der unheimliche Prozess nahm ein<br />

immer beängstigenderes Tempo an. Die Katastrophe,<br />

die Tausenden das Leben gekostet hätte,<br />

konnte nicht mehr aufgehalten werden. Da ging<br />

ein junger jüdischer Physiker in die Todeskammer,<br />

tat dort rasch die notwendigsten <strong>Hand</strong>griffe,<br />

um die Kettenreaktion zum Stehen zu bringen.<br />

Von Milliarden unsichtbarer Strahlen durchbohrt,<br />

verliess er still den unheimlichen Raum. Er fuhr<br />

ins Krankenhaus und starb unter furchtbaren<br />

Qualen.<br />

Vor 2000 Jahren starb auch einer, lange und qualvoll,<br />

Christus; er hat Millionen und Milliarden vor<br />

einem unausweichlichen Tod gerettet. Aber was<br />

ist ihm widerfahren? Wir haben ihm unsere Unverschämtheit<br />

und Gleichgültigkeit gezeigt, den<br />

Rücken zugekehrt, ihn links liegen gelassen und<br />

er? Er trägt es uns nicht nach, schenkt uns seine<br />

Liebe, schreibt uns nicht ab. Er ist Tag und Nacht<br />

bereit, uns die Versöhnungshand hinzustrecken.<br />

Wer wagt es, diese <strong>Hand</strong> auszuschlagen, wenn<br />

doch die Kettenreaktion der Sünde gestoppt wurde?


29. März<br />

Betet für uns! Wir haben ein gutes Gewissen,<br />

denn wir wollen in jeder Weise ein Leben führen,<br />

das Gott gefällt. (Hebräerbrief 13, 18)<br />

Es gab eine heilige Frau, die nie etwas <strong>von</strong> Gott<br />

für sich erbat, sondern nur der Fürbitte lebte. Das<br />

war ihre Führung. Es darf aber sein, dass Jünger<br />

Jesu darum bitten: Betet für uns! Obwohl sie gewiss<br />

sind, ein gutes Gewissen zu haben und Gott<br />

zu Gefallen leben. Solange wir noch auf Erden<br />

weilen, sind wir noch nicht vollendet und was wir<br />

erreicht haben, kann noch gefährdet sein. Darum:<br />

betet für uns!<br />

Es gibt viele Beispiele zum Thema Gewissen. Es<br />

fällt aber auf, dass die positiven in der Minderheit<br />

sind. Viel mehr ist die Rede, wie schwer es ist, zu<br />

einem guten Gewissen zu gelangen, wie das folgende<br />

Beispiel zeigt:<br />

F. <strong>von</strong> der Ropp bekennt aus seinem Leben: „Ich<br />

kannte früher als oberstes Gesetz meines Lebens<br />

nur eines: Die Entwicklung meiner Anlagen zur<br />

höchsten Vollkommenheit. Mein Gewissen war<br />

nachlässig und immer zu Konzessionen bereit. Es<br />

gibt viele, die sagen, das Gewissen sei Gottes<br />

Stimme, was in meinem Fall kaum zutreffen<br />

konnte. <strong>Aus</strong> meiner Erfahrung erkannte ich, dass<br />

das Gewissen sehr wohl ein wichtiger Teil im<br />

Menschen ist, aber wenn es nicht unter der festen<br />

Führung Gottes steht, bleibt es den eignen Wünschen<br />

zugeneigt und kann derart vergröbert werden,<br />

dass es die abscheulichsten Lieblosigkeiten<br />

zulässt, ja den Egoismus geradezu fördert.“<br />

Heute setzt <strong>von</strong> der Ropp sein ganzes Leben für<br />

Christus ein und führt in jeder Weise ein Leben,<br />

das Gott gefällt.<br />

Sind wir auch willig, diese Schritte zu tun? Betet<br />

jemand für uns?


30. März<br />

Achtet also genau darauf, wie ihr lebt: nicht<br />

als unwissende, sondern wie weise Menschen.<br />

Dient Gott, solange ihr es noch könnt,<br />

denn wir leben in einer schlimmen Zeit.<br />

(Epheserbrief 5, 15-16)<br />

Es gibt wohl keinen, der so kühn wäre zu behaupten,<br />

das Leben hier auf Erden sei nicht befristet.<br />

Nein, es ist gerade umgekehrt. Das zeigt das ungeheure<br />

Interesse der Massenpresse am Ende des<br />

Lebens, dem Sterben und dem Tod. Keine <strong>Aus</strong>gabe<br />

der renommierten Illustrierten kommt ohne<br />

ein Interview aus, in welchem die entsprechenden<br />

Fragen gestellt werden. Weil überaus selten ein<br />

gläubiger Christ gefragt wird, vernehmen wir die<br />

erstaunlichsten Antworten. Es kommt soviel Sorge<br />

und Furcht zum <strong>Aus</strong>druck, denn wir leben in<br />

einer schlimmen Zeit. Das gilt den Gottlosen wie<br />

den Dienern Gottes. Es ist aber ein Unterschied,<br />

die Gottesdiener leben bewusst im Dienst, bewusst,<br />

dass die Tage ein Ende haben, weil die Tage<br />

böse sind. Sie nutzen ihre Zeit für Ewigkeitswerte.<br />

Sie sind nicht unwissende, sondern weise<br />

Menschen – sie achten darauf ganz genau. Sie<br />

sind klug und bekommen vom Herrn ein gutes<br />

Zeugnis.<br />

Wir wissen <strong>von</strong> den Bestrebungen <strong>von</strong> vielen<br />

Staaten, sich zu Unionen zusammen zu schliessen.<br />

Viele sehen darin eine schlimme Zeit, weil die<br />

Demokratie zunehmend eingeschränkt wird und<br />

die ganze Sache nur der Geschäfts- und Finanzwelt<br />

dienen soll. Christen haben <strong>von</strong> solchen Bestrebungen<br />

nichts Gutes zu erwarten. <strong>Dr</strong>um<br />

kommt die Bibel uns mit obigem Wort zur Hilfe,<br />

aus einer Zeit, die noch schlimmer war, als im<br />

Moment die unsrige. Bleiben wir fest und unverzagt,<br />

als weise Menschen, die Gott dienen - aufrichtig.


31. März<br />

Einer unter euch wird mich verraten.<br />

(Matthäus 26, 21)<br />

Der holländische Maler Vincent van Gogh hat ein<br />

Bild gemalt, das 12 Sonnenblumen in einer Vase<br />

darstellt. Der Maler selbst hat es „Die Jünger“ genannt.<br />

Elf Blumen sind lebendig, kräftig in den<br />

Farben und leuchten in der Sonne. Eine ist kraftlos,<br />

welk und hängt herunter. Mit der zwölften<br />

Blume hat van Gogh Judas darstellen wollen.<br />

So sieht es in Wirklichkeit aus. Mitten unter den<br />

lebendigen Christen sitzt der Verräter. Die einen<br />

drängen sich zum Licht, die andern verkümmern<br />

im Dunkeln. Der Verräter sitzt nicht „draussen“,<br />

der Verräter sitzt „drinnen“. Jesus sagt: „Unter<br />

euch.“ Ein Christ, der welk und kraftlos in den<br />

Tag hinein lebt, ist ein Judas. Er lässt seinen Kopf<br />

hängen und wird untauglich zum Dienst. Er ist<br />

wie eine Blume geknickt, das Wasser kann nicht<br />

mehr bis in die feinen Verästelungen der Blüte<br />

hinaufsteigen. Er vertrocknet. Wieviel vertrocknete<br />

„Christen“ laufen unter uns herum. Sie sind eine<br />

schlechte Empfehlung. Sie verraten Christus<br />

und seine Gemeinde nicht durch Worte und <strong>Werke</strong>,<br />

aber durch ihr Leben. Sie wirken abstossend<br />

wie die zwölfte Sonnenblume in der Vase <strong>von</strong> van<br />

Gogh. Christsein strahlt aus. Christsein macht<br />

Freude. Auch andern. Oder bei ihnen stimmt etwas<br />

nicht. Wer seinen Kopf hängen lässt, kann<br />

keine frohe Botschaft verkündigen. Er resigniert.<br />

Denn wer lässt sich schon durch schöne Worte<br />

einfangen?<br />

Auf das Leben kommt es an!<br />

Wie sieht Ihres aus?


1. April<br />

Wir sollten aber lernen, unser Vertrauen nicht<br />

auf uns selbst zu setzen, sondern auf Gott,<br />

der die Toten auferweckt. (2. Korintherbrief<br />

1, 9)<br />

Die Wissenschaft ruft uns zu: „Der Beweis ist erbracht“.<br />

So und ähnlich lauten die Sirenenklänge,<br />

auf die der Mensch so gern hereinfällt. Der Glaube<br />

an die Wissenschaft hat den Glauben an Gott<br />

verdrängt. Das heisst aber: Vertrauen auf sich selber<br />

setzen. Seiner Einsicht mehr Glauben schenken<br />

als Gott. Das Wort ruft uns zu: Wir sollen<br />

lernen…, und wir werden es lernen, dass unserem<br />

Heiland alle Gewalt gegeben ist im Himmel und<br />

auf Erden, Gewalt über Lebende und Tote.<br />

Eine Zeitschrift brachte vor Jahren einen Bericht<br />

über einen Theologieprofessor, der jahrelang die<br />

Auferstehung der Toten geleugnet hatte. Er<br />

schloss eine Vorlesung: „Es tut mir leid, dass ich<br />

Ihnen heute das letzte Fünkchen frommen Kinderglaubens<br />

raubte.“ – Als der Erzähler tags darauf<br />

wegen eines Herzleidens einen Mediziner aufsuchte,<br />

fragte ihn dieser plötzlich: „Weisst Du<br />

schon, dass die junge Gattin Deines <strong>Prof</strong>essors<br />

vergangene Nacht gestorben ist?“ – Vierzehn Tage<br />

später hielt der <strong>Prof</strong>essor wieder seine Vorlesung,<br />

nochmals über das alte Thema. Grabesstille<br />

herrschte. „Meine Herren“ begann er mit gedämpfter<br />

Stimme, „es gibt in der Tat eine Auferstehung<br />

der Toten! Der grosse und starke Gott<br />

hat es mir, dem armen Sünder an dem Sterbebette<br />

meiner geliebten Frau greifbar bezeugt. Vergeben<br />

Sie mir, wie Gott mir vergeben wolle, dass ich je<br />

das Gegenteil gesagt habe…“ Weiter kam er<br />

nicht. Mit einem Schrei des Schmerzes brach er<br />

zusammen.


2. April<br />

Der Herr wird zurechtweisen viele Völker. Da<br />

werden sie ihre Schwerter zu Pflugscharen<br />

und ihre Spiesse zu Sicheln machen. (Jes. 2,<br />

4)<br />

Die Liebe Gottes zu seinem Werk, die Schöpfung,<br />

ist keineswegs eine Gefühlsduselei. Sie kann auch<br />

strenge Züge annehmen. Gerade dann, wenn die<br />

Menschen, die Völker, nicht merken wollen, was<br />

jetzt dran ist, was der nächste Schritt ist, was<br />

Dankbarkeit und Gehorsam bedeuten usw. Liebe<br />

spielt sich nicht einfach im Kopf ab, sondern ist<br />

Realität mit ‚<strong>Hand</strong> und Fuss’. Liebe verschliesst<br />

die Augen nicht, sondern ist ganz besonders aufmerksam<br />

im Geschehen unter den Menschen.<br />

Gottes Liebe ist nicht neutral, aber auch nicht<br />

parteiisch – sie ist gerecht, soweit, dass er die Missetaten<br />

der Menschheit durch sich selber, durch<br />

Jesus, gesühnt hat. Aber die Völker merkten<br />

nichts, merken bis heute nichts.<br />

Gott weist auf mancherlei Weise, gerade auch<br />

durch Gefahr und Unglück, zurecht; aber wer<br />

hört darin Gottes Stimme. Es sind Einzelne, die<br />

als Schwärmer, Verrückte und Schamlose abgetan<br />

werden. Es sieht gar nicht danach aus, dass<br />

Schwerter zu Pflugscharen und Spiesse zu Sicheln<br />

gemacht würden – etwas moderner ausgedrückt,<br />

dass heutige Waffen in Mähdreschern und im<br />

Traktorenbau Verwendung finden würden. Was<br />

muss noch alles geschehen, bis man gewillt ist, aus<br />

den vielen Stimmen Gottes Stimme herauszuhören<br />

und ihr zu gehorchen?<br />

Wer jetzt schon ein Nachfolger Jesu ist, kann nur<br />

wünschen, dass Gott bald auch sein Land zurechtweisen<br />

und zur Ordnung rufen wird. Denn<br />

darin liegt der Sprengstoff <strong>von</strong> Gottes Liebe, die<br />

alle menschlichen Hindernisse überwindet, dass<br />

Friede sein wird.


3. April<br />

Er ist um unserer Sünden willen zerschlagen,<br />

auf dass wir Frieden hätten, und durch seine<br />

Wunden sind wir geheilt. (Jesaja 53, 5)<br />

Es ist erschütternd, was die katholische Dichterin<br />

Gertrud <strong>von</strong> Le Fort in ihrem Buch „Das<br />

Schweisstuch der Veronika“ erzählt: „Statt zum<br />

Sakrament floh ich zur Wissenschaft: Ich beichtete<br />

dem Arzt und empfing <strong>von</strong> ihm die einzige Absolution,<br />

welche die Welt zu spenden vermag,<br />

nämlich die Absolution des Psychiaters, vor dem<br />

es keine Sünde gibt. Und diese Absolution hat mir<br />

jenen furchtbaren Frieden verliehen, in welchem<br />

heute Tausende leben, deren Krankheit nichts anderes<br />

ist, als dass sie den Frieden Gottes verschmähen!<br />

Denn auch die ganz Fernen haben ein<br />

Entweder-Oder zu Gott, andernfalls lebten sie gar<br />

nicht.“<br />

Die Wissenschaft kennt keine Sünde. Sie kennt<br />

nur Hemmungen, Komplexe, Kontaktstörungen<br />

und Krankheit. Sie weiss alles <strong>von</strong> einem „labilen<br />

Nervensystem“, aber nichts <strong>von</strong> Frieden.<br />

Geheilt sein heisst heil sein. Doch solange die<br />

Sünde wie ein gefährlicher Bazillus unser Leben<br />

bedroht, sind wir krank und kommen nicht zur<br />

Ruhe, zum Frieden. Jesus ist unser Friede und<br />

durch seine Wunden sind wir geheilt.


4. April<br />

Gelobt sei Gott, der Vater unseres Herrn Jesus<br />

Christus, der uns nach <strong>seiner</strong> grossen<br />

Barmherzigkeit wiedergeboren hat zu einer<br />

lebendigen Hoffnung durch die Auferstehung<br />

Jesu Christi <strong>von</strong> den Toten. (1. Petrusbrief 1,<br />

3)<br />

Zu Unrecht ist in der spanischen Freiheitsbewegung<br />

um 1800 herum ein Edelmann ins Gefängnis<br />

geworfen worden. Nun kündet ein Minister<br />

eine Inspektion dieses Gefängnisses an und<br />

kommt überraschend, als der Gouverneur den<br />

Edelmann ermorden will. Die Willkommenstrompete<br />

erschallt und der Gefängniswärter ruft<br />

freudig und überrascht aus: „Gelobt sei Gott!“<br />

Der Edelmann wird frei und alle sind gespannt,<br />

wie der Minister verfahren wird.<br />

„Gelobt sei Gott“ weil der Edelmann sein Leben<br />

neu gewonnen hat. „Gelobt sei Gott“ sagt die Bibel,<br />

dass wir unser Sündenleben hinter uns haben<br />

können und wiedergeboren sind zu einer lebendigen<br />

Hoffnung. Beide Male gibt’s ein neues Leben.<br />

In Spanien durch die Ankunft des Ministers; im<br />

biblischen Bericht geschieht es durch die Auferstehung<br />

Jesu Christi <strong>von</strong> den Toten. Das allerdings<br />

ist eine Freiheit in höchster Potenz, unüberbietbar,<br />

unerreichbar mit dem besten Willen.<br />

So sehr liebt Gott seine Schöpfung! Und wir<br />

Menschen sind die ersten ‚<strong>Prof</strong>iteure’.<br />

Gelobt sei Gott! Dank sei Dir ewiglich!


5. April<br />

Euer Anliegen sei der verborgene Mensch im<br />

Wesen des sanftmütigen und stillen Geistes!<br />

Das ist köstlich vor Gott. (1. Petrusbrief 3, 4)<br />

Nichts ist verhängnisvoller für unser inneres Leben<br />

und für unsere Wirksamkeit, als Mangel an<br />

Stille für stille Begegnungen mit Gott und Vertiefung<br />

in sein Wort. Wieviele Klagen hören wir<br />

über fruchtlosen Kampf mit der Sünde! Ach die<br />

Menschen nehmen sich keine Zeit für die Stille,<br />

die zum Ablegen des alten Menschen unentbehrlich<br />

ist. Wie soll ich <strong>von</strong> der in mir wohnenden<br />

Sünde frei werden, wenn ich mir keine Zeit nehme,<br />

im Heiligtum meinem Heiland ins Auge zu<br />

schauen? Mit solchen Fragen berühre ich einen<br />

der tiefsten Schäden unserer Tage. Die Menschen<br />

haben heutzutage für alles mögliche Zeit, für<br />

Rennen, Laufen und Reden; nur nicht für die Stille.<br />

Oh, mehr Stille, mehr Stille. Mehr Heiligtum<br />

und mehr Gotteskraft! (E.Schrenk)<br />

Christenmenschen machen kein Aufhebens <strong>von</strong><br />

sich. Sie kommen aus der Stille an die Arbeit für<br />

Christus und gehen still ihres Wegs in der Nachfolge<br />

um schliesslich wieder in die Stille abzutauchen.<br />

Das ist köstlich vor Gott. Allein in dieser<br />

Lebensweise ist die stetige Verbindung zu Gott<br />

möglich ohne die Konzentration für unsere Berufsarbeit<br />

oder Lebensaufgabe zu verlieren. Das<br />

ist ähnlich auch gemeint mit dem immerwährenden<br />

Gebet. Dieses Gebet braucht keine gefalteten<br />

Hände. Vielmehr ist es eine innere Haltung und<br />

<strong>Aus</strong>richtung, welche unser Gebet ausmachen. Das<br />

ist köstlich vor Gott!


6. April<br />

Die Strafe liegt auf ihm zu unserem Heil, und<br />

an seinen Wunden sind wir genesen.<br />

(Jesaja 53, 5)<br />

Es hat letzthin einer, der aus jahrelanger persönlicher<br />

Kenntnis alle fünf Erdteile einigermassen<br />

kennt, den überraschenden <strong>Aus</strong>spruch getan,<br />

neun Zehntel der Menschheit hätten das Kreuz<br />

nicht angenommen, neun Zehntel der Menschheit<br />

seien heute Heiden. (Walter Lüthi) Hat der Mann<br />

übertrieben? Die Altäre, auf denen das 20. und 21.<br />

Jahrhundert opfert, sind ungezählt, und es sind<br />

nicht Lämmer und Stiere, es sind wiederum Menschen,<br />

die da geopfert werden. Was doch schon<br />

bei uns in Friedenszeiten nicht alles „Opfer forderte“.<br />

Da warens die Berge, bald warens die<br />

Seen, bald warens die Strassen, bald die Schienen.<br />

Wie menschenopferhungrig sind sie doch, diese<br />

Götter der letzten Jahrhunderte! Und dann die<br />

Kriege. Wer ist der Krieg? Der Krieg bin ich, der<br />

Krieg bist du, der Krieg ist das Offenbarwerden<br />

des heidnischen Menschen, der selber Opfer<br />

bringt, weil er das einmalige, vollgenügsame Opfer<br />

des Karfreitags verschmäht und nicht an den<br />

glaubt, der gerufen hat: „Es ist vollbracht!“ – Wer<br />

jetzt noch meint, weiteropfern zu müssen, der<br />

traut dem Opfer Christi nicht und lehnt es ab.<br />

Der Heide opfert, aber nicht der Christ. Das Heidentum<br />

sieht den opferbringenden Menschen im<br />

Mittelpunkt, die Christen den opferbringenden<br />

Gott. Das Heidentum kennt opferhungrige Götter.<br />

Gott aber bringt das Opfer selbst. Heidnisches<br />

Denken sagt: „Ich will’s vollbringen!“ Gott<br />

aber sagt: „Es ist vollbracht!“ Die Strafe liegt auf<br />

ihm, und an seinen Wunden sind wir genesen.


7. April<br />

Er erniedrigte sich selbst und wurde gehorsam<br />

bis zum Tode, ja, bis zum Tode am<br />

Kreuz.<br />

(Phil. 2, 8)<br />

Soldaten unter sich. Sie kommen auf Jesus Christus<br />

zu sprechen. „Was liegt denn eigentlich so Besonderes<br />

am Opfertod Jesu auf Golgatha? Seht<br />

euch die Helden an, die auf dem Feld der Ehre<br />

gestorben sind, unter schwersten Bedingungen.<br />

Wieviel Hingabe, wieviel Opferbereitschaft, wieviel<br />

stellvertretendes Leiden. Sind sie etwa nicht<br />

gehorsam gewesen bis zum Tode? Haben es viele<br />

nicht freiwillig getan? Wo liegt da der Unterschied?“<br />

Die Frage ist berechtigt. Allerdings sieht sie nur<br />

das Äusserliche. Der Tod am Kreuz ist mehr als<br />

blosse Hingabe des körperlichen Lebens, ist mehr<br />

als Unterwerfung des Willens zum Leben und der<br />

Furcht vor Leiden unter dem Willen Gottes. Es<br />

kommt auf den Geist an, in welchem Jesus gestorben<br />

ist. Sein ganzes Leben war Opfertod.<br />

Hinter jedem <strong>seiner</strong> Worte steht das Kreuz, vollkommener<br />

Sieg über die menschliche Natur. Er<br />

ist der Weltüberwinder, Herr über jede Regung.<br />

Das Kreuz ist nur die letzte Vollendung, der<br />

Punkt auf dem i. Jesu Tod ist das Gegenteil <strong>von</strong><br />

Heldenbewusstsein, Menschenverachtung, Hass,<br />

Rechthaberei, Selbstgerechtigkeit und Märtyrerstolz.<br />

Das Herz des Gekreuzigten strömt über vor<br />

Liebe. Er schliesst Frieden mit den Menschen.<br />

Jene sterben im Hass. Merken wir den Unterschied?<br />

Was der Mensch an Sünde und Schuld<br />

überhaupt tun kann, damit ist Jesus fertig geworden.<br />

Für uns. Er hat dafür gesühnt. Darum ist Jesus<br />

nicht unser Held, sondern unser Heiland.


8. April<br />

Er hat euch berufen durch unser Evangelium<br />

zum herrlichen Eigentum unseres Herrn Jesu<br />

Christi. (2. Thessalonicher 2, 14)<br />

Es war am Gründonnerstag des Jahres 1724, als<br />

Gerhard Tersteegen die Schriftfeder zur <strong>Hand</strong><br />

nahm, sie jedoch nicht ins Tintenfass tauchte,<br />

sondern mit ihr <strong>von</strong> seinem eigenen Blut aufnahm<br />

und im feierlichen Ernst auf ein Papier die Worte<br />

schrieb: „Ich verschreibe mich dir, meinem Heiland<br />

Christus Jesus, zu deinem völligen und ewigen<br />

Eigentum. Ich entsage <strong>von</strong> Herzen allem<br />

Recht und Macht, die mir der Satan über mich<br />

selbst mit Unrecht möchte gegeben haben, <strong>von</strong><br />

diesem Abend an, da du die Pforten der Hölle<br />

zersprengt und das liebevolle Herz deines Vaters<br />

mir eröffnet hast. Von nun an bis in Ewigkeit soll<br />

nicht mein, sondern dein Wille geschehen! Befehle,<br />

herrsche und regiere in mir!“<br />

Wir nüchternen Menschen der heutigen Zeit<br />

bringen in der Regel wenig Verständnis für diese<br />

überschwängliche Gebärde auf. Eins bleibt auf<br />

alle Fälle: Tersteegen wollte keine hohlen Worte<br />

und leeren Versprechen, er wollte es handfest<br />

bezeugen, dass er ab diesem Augenblick seinem<br />

Herrn mit Leib und Seele, mit Haut und Haar gehöre.<br />

Eigentum sein heisst: Nicht mehr mit sich<br />

machen können, was man will; nicht mehr auf eigene<br />

Faust leben. Niemand kann sich teilen und<br />

zwei Herren dienen.<br />

Auch Sie sind gerufen, s e i n Eigentum zu sein.


9. April<br />

Richtet nicht, auf dass ihr nicht gerichtet<br />

werdet. (Matthäus 7, 1)<br />

Von dem bekannten Pfarrer Oberlin wird erzählt,<br />

er habe über seinem Schreibtisch ein Bild hängen<br />

gehabt, das <strong>von</strong> rechts gesehen bläulich und <strong>von</strong><br />

links rötlich schimmerte. Kam nun ein Brautpaar<br />

zu ihm, um die Trauung zu bestellen, dann liess er<br />

den Bräutigam das Bild <strong>von</strong> rechts betrachten und<br />

die Braut <strong>von</strong> links. Nachdem sie gesagt hatten,<br />

welche Farbtönung das Bild habe, liess Oberlin<br />

die Beiden den Platz wechseln und fragte wiederum<br />

nach der Farbtönung. Diesmal wars natürlich<br />

umgekehrt. Das benutzte Oberlin unter anderem<br />

für seine Belehrung. An diesem Beispiel machte er<br />

klar, dass sie in Meinungsverschiedenheiten und<br />

Streit in Gedanken die Plätze wechseln sollen, die<br />

andere Seite wählen und so beurteilen, was Sache<br />

ist.<br />

Jedes Ding hat mindestens zwei Seiten. In der Regel<br />

sehen wir nur eine und unser Urteil ist gemacht.<br />

Diese Einseitigkeit verhärtet die Herzen.<br />

Sich in die Lage des andern zu versetzen, erfordert<br />

Selbstverleugnung und Nächstenliebe. Wir<br />

müssen herunter vom Sockel der Selbstgerechtigkeit.<br />

Denn Richten ist selbstherrlich. Ein Wort<br />

<strong>von</strong> <strong>Dr</strong>. B. Schlink heisst: „Sprich nicht, wo du’s<br />

nicht vom Amts wegen tun musst, ein richtendes<br />

Wort oder abfälliges Urteil über jemanden aus –<br />

es kann dir das Verdammungsurteil Gottes einbringen.<br />

Dagegen richte dich – und du wirst einst<br />

frei beim Gericht ausgehen.“


10. April<br />

Die Stunde ist da, aufzustehen vom Schlaf,<br />

denn unser Heil ist jetzt näher als zu der Zeit,<br />

da wir gläubig wurden. (Römerbrief 13, 11)<br />

Die frühen Christen interpretierten Jesu Worte so,<br />

als würde seine Wiederkunft nahe vor der Türe<br />

stehen. Dabei haben sie übersehen, dass sie zunächst<br />

in alle Welt geschickt worden sind um alle<br />

Menschen für das Reich Gottes zu gewinnen. Das<br />

braucht Zeit, viel Zeit, wie wir unterdessen wissen.<br />

Denn es gibt schmerzliche Zwischenräume,<br />

wo die Verkündigung zu schlafen scheint und<br />

damit auch die Christen. Es gibt bereits Zeiten<br />

des Abfalls, weil das Warten vielen nicht gefällt<br />

und zu lange dauert. Dann kommt das mediale<br />

Zeitalter mit den enormen Möglichkeiten, die aufs<br />

Ganze gesehen, nur zu einem kleinen Teil genutzt<br />

werden. Alles stockt. Und doch ist zu jeder Zeit,<br />

Zeit zum Aufstehen vom Schlaf weil das Heil näher<br />

ist, als früher. Für uns und für die andern wird<br />

es höchste Zeit. Die Jahre fliegen dahin. In Gottes<br />

Zeitrechnung sind 2000 Jahre eine kurze Zeit – so<br />

sollen wir es auch sehen. Die Zeichen <strong>von</strong> denen<br />

Jesus sprach, die <strong>seiner</strong> Wiederkunft vorangehen,<br />

erfüllen sich nach und nach, nur die frohe Botschaft<br />

hat die Welt noch nicht völlig erreicht. Dafür<br />

sind viele Faktoren verantwortlich. Heute sollten<br />

wir aber dazu in der Lage sein, den letzten<br />

Menschen mit dem Evangelium zu erreichen.<br />

Aber der Schlaf ist so angenehm, das Geld bleibt<br />

so gerne im Portemonnaie und am liebsten auf<br />

dem Konto, die Unsicherheit für Missionare ist<br />

heute am grössten usw. So bleibt das Evangelium<br />

bei uns und ist unsere Labsal, bringt aber keine<br />

Frucht! Doch so ganz wohl kann es uns doch<br />

nicht sein, wenn der Apostel ermahnt an Jesu<br />

Statt. Möge die Unruhe zunehmen, bis wir das<br />

Wort verwirklichen und unsern Auftrag neu in


Angriff nehmen und für uns selber das Heil nicht<br />

verlieren. Sind sie dabei in diesem weltumspannenden<br />

Projekt, das Gott selber ins Leben gerufen<br />

hat? Lesen sie doch wieder einmal den Titel<br />

dieses Buches!


11. April<br />

Der Gerechten Pfad glänzt wie das Licht am<br />

Morgen, das immer heller leuchtet bis zum<br />

vollen Tag.<br />

Ihr scheint als Lichter in der Welt, dadurch<br />

dass ihr feshaltet am Wort des Lebens.<br />

(Sprüche 4, 18+Philipper 2, 15-16)<br />

Gemeint ist der Lebensweg eines <strong>von</strong> Gott in<br />

Ordnung gebrachten Menschen, der da in der<br />

Welt zu sehen ist, schon als Morgenlicht und<br />

dann als hellstes, freundliches Tageslicht. Wer hat<br />

schon einmal solches erlebt? Wir sehnen uns so<br />

nach Licht, gerade wenn wir früh aufstehen mussten,<br />

aber für uns ist das eine physikalische Sache.<br />

Doch viel erhellender ist ein Morgen, wenn uns<br />

ein Christ mit einem leuchtenden Lebensweg begegnet.<br />

Das ist ein Glück, das den ganzen Tag<br />

bestimmen kann. Wir gehen mit einem ganz neuen<br />

Gefühl in den Tag hinein und fragen uns, was<br />

haben andere, was uns fehlt. Die Bibel gibt uns<br />

eindeutigen Bescheid: Christus hat seine Nachfolger<br />

als Lichter in der Welt ausgerüstet. Das wurde<br />

möglich, weil die Christen bereit waren, am Wort<br />

des Lebens festzuhalten. Ich will das erklären.<br />

Das Wort des Lebens ist nichts anderes als Jesus<br />

Christus und seine Botschaft selbst. Wer dasteht<br />

und staunt, entscheidet sich am besten für einen<br />

Versuch, nämlich derart, dass sie beginnen Jesus<br />

zu vertrauen in allen Situationen des Tages und<br />

sie werden erleben, dass Jesus sie nicht enttäuscht<br />

und zu ihnen steht: Sie werden zu Licht, dass andere<br />

in ihrem Umkreis sich wohl fühlen und<br />

dankbar sind für die Erfahrungen des Tages. Daraufhin<br />

werden Sie den Versuch abbrechen und<br />

<strong>von</strong> Grund auf sich Jesus anvertrauen und seinen<br />

Weg annehmen. So bleiben sie Licht weil sie das<br />

Wort des Lebens lieben lernen und darin wachsen.<br />

Wie freundlich, höflich und hilfreich müsste


doch unsere Welt aussehen, wenn alle Menschen,<br />

die sich Christen nennen, solche Weltlichter sein<br />

würden, weil das Wort Gottes sie antreibt! Nebenbei<br />

bemerkt: Das würde wohl zur Folge haben,<br />

dass wir wieder mehr die Bibel lesen als die<br />

Zeitung.


12. April<br />

Und er gab seinen Jüngern Macht über die<br />

unreinen Geister, sie auszutreiben und jeder<br />

Krankheit und jedes Gebrechen zu heilen.<br />

(Matthäus 10, 1)<br />

Eine Tochter wird mit einem Geschwür am Fuss<br />

ins Missionsspital gebracht. Nach Entfernung der<br />

schmutzigen Lappen klafft eine riesige Wunde<br />

mitten im Bein, die den Knochen blossgelegt hat.<br />

Darunter ist der Fuss schwarz, abgestorben. Wegen<br />

einer kleinen Fussverletzung hatte ein indischer<br />

Kurpfuscher einen Zauber um das Bein gebunden<br />

und dabei den Fuss so abgeschnürt, dass<br />

die Blutzirkulation unterbunden wurde. Angstvoll<br />

sehen die Mutter und Schwester zu, wie der tote<br />

Fuss abgetrennt wird; denn der Ehemann wird die<br />

junge Frau verstossen, weil sie nicht mehr arbeiten<br />

kann. Nun geschieht etwas Grosses an ihr in<br />

den folgenden Tagen. Sie erfährt im Spital die<br />

Liebe Christi, die stärker ist als alle Dämonenfurcht.<br />

Sie ist glücklich, trotzdem ihr Mann sie<br />

verlassen hat und sie an Krücken gehen lernen<br />

muss, denn ein neues Leben hat für sie begonnen.<br />

Sie, ihre Mutter, ihre Schwester und ihre Brüder<br />

stehen im Taufunterricht. Eine ganze Familie hat<br />

die köstliche Perle gefunden.<br />

Da möchte man sagen: Der Auftrag geht weiter.<br />

Was Jesus den Jüngern anbefohlen hat, hat nie<br />

aufgehört zu sein bis heute. Nur ist heute auch<br />

immer noch die Frage des Vertrauens: Erwarten<br />

wir alles nur <strong>von</strong> den Ärzten und der Chemie und<br />

erst in zweiter Linie etwas <strong>von</strong> Gott? Oder setzen<br />

wir unsere Hoffnung auf Gott den Herrn, der<br />

Wunder tut und Dämonen vertreibt? (Medizin ist<br />

nicht einfach ausgeschlossen.) Das Ganze ist eine<br />

Frage der Priorität. Ich will aber gerne bezeugen,<br />

dass ich oft, mit andern Christen zusammen, erlebt<br />

habe, wie Gott Menschen <strong>von</strong> Dämonen be-


freit und ein neues Leben geschenkt hat und auch<br />

wie Krankheiten durch Gottes Wunderwirken<br />

weichen mussten. Gott ist derselbe, gestern, heute<br />

und in alle Ewigkeit. Dank sei Gott!


13. April<br />

Wenn ihr bleiben werdet an meinem Wort, so<br />

seid ihr wahrhaftig meine Jünger und werdet<br />

die Wahrheit erkennen, und die Wahrheit<br />

wird euch frei machen. (Johannes 8, 31-32)<br />

Dem Jünger Johannes ist ‚das Bleiben’ ein besonderes<br />

Anliegen. Sein ganzes Evangelium ist<br />

durchzogen <strong>von</strong> diesem Wort: Bleiben in Christus,<br />

bleiben am Evangelium, bleiben in der Jüngerschaft,<br />

bleiben in der Gemeinschaft, bleiben<br />

im Glauben, und nun eben bleiben an seinem<br />

Wort und bleiben in der Wahrheit. Jesus selbst<br />

sagte: „Ich bin der Weg, die W a h r h e i t und<br />

das Leben“ und bezeugte damit nicht einfach das<br />

Gegenteil <strong>von</strong> Wahrheit, die Lüge, sondern strich<br />

die Einzigartigkeit der Wahrheit heraus. Das zeigt<br />

das Beispiel ‚Die Macht der Wahrheit’. „In diesem<br />

Hause habe ich erfahren, dass Wahrheit Macht<br />

ist“, schrieb Admiral Scheer ins Gästebuch des<br />

Erfinders Baurat Schmidt. – Schmidt forschte<br />

nach Wahrheit bei den gottgesandten Meistern<br />

der Wahrheit aller Zeiten, vor allem aber in der<br />

Bibel. Jeden Tag begann und beschloss er, ohne<br />

es einmal zu vergessen, mit dem Studium der Bibel.<br />

Hier fand er die Wahrheitszeugen, die er<br />

suchte. Wenn er <strong>von</strong> ihnen sprach, tat er es als<br />

<strong>von</strong> Menschen der Gegenwart und nicht der Vergangenheit.<br />

Die erkannte Wahrheit setzte er im<br />

Leben um. „Wenn die Wahrheit auf mich zukommt,<br />

so beuge ich mich bedingungslos“ sagte<br />

er öfters, und so hielt er es auch. Erkannte Fehler<br />

in seinem Geschäft, die, mochten sie im Urteil der<br />

Mitarbeiter durchaus nicht als Fehler gelten, dennoch<br />

vor dem Urteil der göttlichen Wahrheit<br />

nicht bestanden, so drang er sofort auf Abstellung.<br />

Versehen und Kränkungen Menschen gegenüber<br />

gestand er, sobald er sie eingesehen hatte,<br />

unweigerlich zunächst sich selbst und dann auch


dem Betroffenen. Oft pflegte er zu sagen: „Alle<br />

unsere Fehler sind nicht so schlimm wie die Mittel,<br />

die wir anwenden, sie zu verbergen.“ In sein<br />

Tagebuch schrieb er: „Lieber mit der Wahrheit<br />

fallen, denn mit der Lüge siegen. Denn wenn wir<br />

mit der Wahrheit fallen, fallen wir in die Arme<br />

Gottes.“


14. April<br />

Kein anderer Gott ist wie du, Herr; und nichts<br />

gleicht deinen <strong>Werke</strong>n.<br />

Du hast alle Völker geschaffen. Sie werden<br />

kommen und dich anbeten und werden deinen<br />

Namen ehren, o Herr! (Psalm 86, 8-9)<br />

Wer ist wie Gott! Keiner dir gleicht, ja keiner ist<br />

dir gleich.<br />

Dich, Herr, wir beten an, du ewger und du starker<br />

Gott, der du die Enden der Erde, die Himmel erschaffen<br />

hast, allmächtig, allgewaltig bist du.<br />

Dich, Herr, wir beten an, des <strong>Werke</strong> gross, gewaltig<br />

sind, unerforschlich sind deine Gedanken, du<br />

Herr, der unser König, regierst mit Weisheit aller<br />

Geschick.<br />

Anbetung dir, Herrscher der Welt, voll Majestät,<br />

dein Name herrlich ist auf Erd.<br />

Wer ist wie Gott! (M.B.)<br />

Dieses Lied besingt die Schöpfermacht Gottes.<br />

Alles ist aus <strong>seiner</strong> <strong>Hand</strong> hervorgegangen – auch<br />

die Völker, die herzukommen und ihre Knie beugen<br />

und den Namen Jesu Christi bekennen werden.<br />

Alle gewordenen <strong>Werke</strong> haben ihren Namen<br />

und sind gross, aber einer hat den Namen über<br />

allen Namen, Jesus Christus, dem alle Anbetung<br />

und Ehre und Lobpreis gebührt in Ewigkeit.<br />

Es gibt nichts, womit die Schöpfung vergleichbar<br />

wäre. Nur die Schandtat, wie mit der Schöpfung<br />

umgegangen wird ist vergleichbar mit andern derartigen<br />

Vorkommnissen. Die Schöpfung und die<br />

daraus namentlich erwähnten Teile, die <strong>Werke</strong><br />

und die Völker, stehen in der Verantwortung vor<br />

Gott. Weil Gott die Schöpfung liebt, schaut er zu<br />

ihr und nach ihr aus. So ist alles auf ihn, den


Schöpfer ausgerichtet, genauso wie auf das Wort,<br />

durch das alles geworden ist, Jesus Christus. Wohl<br />

uns, wenn wir froh und mit gutem Gewissen beten<br />

können:<br />

Wer ist wie Gott! Keiner dir gleicht. Dich, Herr,<br />

wir beten an, der du nur ein Wort sprichst, und<br />

siehe – es steht da.


15. April<br />

Jesus sah Levi, den Sohn des Alphäus, am<br />

Zoll sitzen und sagte zu ihm: Folge mir nach!<br />

Und er stand auf und folgte ihm nach.<br />

(Markus 2, 14)<br />

Der Zufall hat eine grosse Anhängerschar, ebenso<br />

wie ‚Glück gehabt’. Oft ist es Denkfaulheit oder<br />

einfach Feigheit, die Sache beim Namen zu nennen.<br />

Auch die grosse Anzahl der Christen macht<br />

da keine <strong>Aus</strong>nahme. Man könnte nun leicht, das<br />

was Levi widerfahren ist, Zufall nennen, weil Jesus<br />

gerade zufällig an seinem Zollhäuschen vorbeiging<br />

und Levi zufällig eben <strong>von</strong> der Kaffeepause<br />

zurückgekehrt ist. Nein und nochmals nein.<br />

Mit dieser Deutung sind sie nicht einverstanden.<br />

So dick darf man doch nicht auftragen. Da versteht<br />

jedermann, dass <strong>von</strong> einer Fügung oder<br />

Führung gesprochen werden muss. Denn Jesus<br />

folgt dem Plan seines Vaters im Himmel und geht<br />

bewusst zum Zoll. Der Ruf Jesu nach Levi hat<br />

erstaunliche Konsequenzen. Da geht einer also<br />

schnurstraks darauf ein, einem Fremden nachzufolgen.<br />

Und nicht nur das. Er zählt das Geld nicht<br />

mehr zusammen, vergisst die Buchhaltung, lässt<br />

alles liegen wie es ist, baut keine Sicherungen ein<br />

und verlässt sein Häuschen auf der Stelle. Möge<br />

ein Anderer da weiterfahren. Er verzichtet auch<br />

auf den Lohn. Jetzt ist sein Platz an Jesu Seite.<br />

Das ist ja eine ganze Menge <strong>von</strong> Ueberlegungen<br />

bei Levi, wie er diese Fügung, dass der fremde Jesus<br />

ihn, gerade ihn zu sich holt, rasch in die Tat<br />

umsetzen kann. Das Resultat heisst: Lass fahren<br />

dahin, es ist sowieso kein Gewinn. Was hat Levi<br />

dermassen erleuchtet, dass er das gewagt hat und<br />

wahrhaftig zu ‚neuen Ufern’ aufgebrochen ist?<br />

Darüber ist kein Wort geredet worden, überhaupt<br />

liegt eine besondere Weihestille über dieser Berufung.<br />

Doch wir wissen, dass dies das Werk des


Heiligen Geistes war, welcher seinen Auftrag zielsicher<br />

landen konnte. Jesus war der Begünstigste<br />

in diesem Auftrag, er hat einen Jünger gewonnen<br />

und Levi einen Meister, <strong>von</strong> dem er ohne Ende<br />

lernen und sich eins übers andermal verwundern<br />

wird. Fügungen Gottes bringen Gewinn.


16. April<br />

Niemand lebt da<strong>von</strong>, dass er Ueberfluss und<br />

Einfluss hat. (Lukas 12, 15)<br />

Ein Schriftsteller unserer Tage hat die Geschichte<br />

vom reichen Kornbauern in eine moderne Fassung<br />

gebracht mit der Überschrift: „Termine.“<br />

Ein Mensch hatte einen grossen Terminkalender<br />

und sagte zu sich selbst: „Alle Termine sind eingeschrieben,<br />

aber noch sind die Tagung X und die<br />

Tagung Y sowie die Sitzungen der Unterausschüsse<br />

nicht eingeplant. Wo soll ich sie alle unterbringen?“<br />

Und er kaufte sich einen grösseren Terminkalender<br />

mit Einteilungsmöglichkeiten der Nachtstunden.<br />

Er disponierte noch einmal und trug alles<br />

sorgfältig ein und sagte zu sich selbst: „Nun sei<br />

ruhig, liebe Seele, du hast alles gut eingeplant, versäume<br />

nur nichts!“ Aber je weniger er versäumte,<br />

umso mehr stieg er im Ansehen und wurde in den<br />

<strong>Aus</strong>schuss Q und in den Vorstand K gewählt,<br />

wurde Vicepräsident und Präsident, Ehrenmitglied,<br />

und eines Tages war es dann soweit und<br />

Gott sagte: „Du Narr, heute Nacht stehst du auf<br />

meinem Terminkalender!“<br />

Fliehen wir in die Betriebsamkeit, in die Geschäftigkeit,<br />

in die Zerstreuung und Abwechslung, um<br />

der Leere unseres Lebens auszuweichen? Sind wir<br />

bereit, unsere Unentbehrlichkeit, für unseren heroischen<br />

Einsatz und für unsere Dienstbereitschaft<br />

offen zu legen? Gehören wir vielleicht auch<br />

zu denen, die ihren unermüdlichen, rastlosen Einsatz<br />

damit rechtfertigen, dass Jesus uns braucht?


17. April<br />

Machet nicht das Haus meines Vaters zum<br />

Kaufhause. Da sagten einige zu ihm: Was für<br />

ein Zeichen oder Wunder weisest du uns dafür<br />

auf, dass du solches tun darfst?<br />

(Johannes 2, 16+18)<br />

Wunder sind nicht im Gegensatz zu den Naturgesetzen.<br />

Es gibt höhere Naturgesetze, die wir gewöhnlich<br />

nicht kennen. Die Wunder sind im Einklang<br />

mit diesen höheren Naturgesetzen. Durchs<br />

Gebet gelangen wir stufenweise zur Erkenntnis<br />

dieser höheren Gesetze. Das höchste Wunder ist<br />

das Erfülltwerden unserer Seele mit Frieden und<br />

Freude. Wir mögen denken, dass solcher Friede in<br />

einer Welt <strong>von</strong> Sünde und Leiden unmöglich ist.<br />

Aber das Unmögliche wird möglich.<br />

Noch einmal: Im Lichte der Naturwissenschaft<br />

scheinen Wunder absurd, aber im Lichte Jesu<br />

werden sie das Allernatürlichste. Christus ist das<br />

zentrale Wunder. Wo er ein Wunder ist, würde es<br />

ein Wunder sein, wenn er nicht Wunder vollbracht<br />

hätte. Nicht die Wunder tragen Jesus – er<br />

trägt sie.<br />

Martin Luther schrieb: Gottes Wunder geschehen<br />

nicht darum, dass wir sie ermessen und fangen,<br />

sondern dadurch glauben und getrost werden sollen.<br />

– Göttliche Wunder sind Zeugnisse und Stützen<br />

des Wortes Gottes wie Siegel und Unterschrift<br />

bei den Briefen. – Die Zeichen sollen dem<br />

Wort dienen und folgen, nicht das Wort führen.


18. April<br />

Philippus taufte den Hofbeamten aus Äthiopien.<br />

Als sie aus dem Wasser stiegen, blieb<br />

Philippus zurück aber der Hofbeamte zog<br />

fröhlich seine Strasse. (Apostelg. 8, 38f)<br />

Menschen, die eine klare Entscheidung für Jesus<br />

treffen, haben das Verlangen, dies mit einem Zeichen<br />

zu bestätigen. Das kann die Taufe sein. Es<br />

kann aber auch ein Bekenntnis sein vor einer<br />

Schar <strong>von</strong> Mitmenschen. Die Qualität dieses Zeichens<br />

darf aber nicht sentimental, deprimierend<br />

oder gequält sein, sondern hat einen freien Atem,<br />

Fröhlichkeit und Heiterkeit, ist anspornend und<br />

einladend, lässt gewisse Schritte tun. ‚Er zog<br />

fröhlich seine Strasse’.<br />

Bevor also der Missionsbefehl Jesu an die Jünger,<br />

hinzugehen in alle Welt, kommt die Welt zunächst<br />

zu den Jüngern nach Jerusalem. Da machen sie<br />

die ersten Erfahrungen, wie das Evangelium vom<br />

gekreuzigten und auferstandenen Herrn fremden<br />

Menschen zu verkündigen sei. Sie begegnen auch<br />

der Herausforderung, prophetische <strong>Aus</strong>sagen im<br />

Alten Testament auf Jesus zu deuten, was mindestens<br />

Philippus gut gelang. Der Hofbeamte verlangt<br />

die Taufe.<br />

So wird wunderbar deutlich, wie Gott seine Herrschaft<br />

sichtbar macht und sein Reich Konturen<br />

annehmen lässt.


19. April<br />

Nicht ihr habt mich erwählt, sondern ich habe<br />

euch erwählt und bestimmt, dass ihr hingeht<br />

und Frucht bringt. (Johannes 15, 16)<br />

Geläufiger als Frucht sind uns Erfolg und Gewinn.<br />

Das haben wir Christenleute der Wirtschaft<br />

und Bankenwelt abgeguckt. Es gibt auch ein<br />

Evangelium des Erfolges, der Gesundheit ohne<br />

Diskussion, des unbedingten Wachstums der<br />

Gemeinde usw. Das Fernsehen bringt uns eine<br />

Verkündigung nah, die sich an die Weltanschauung<br />

des positiven Denkens anlehnt. Das alles ist<br />

nicht auf der Wunschliste <strong>von</strong> Jesus. Er lehnt das<br />

ab und wir am besten auch und zwar sofort. Er<br />

sucht bei uns Christen die Frucht. Als Beispiel<br />

dient ihm die Natur. Es gefällt ihm nicht, dass<br />

z.B. der Feigenbaum nur zu gewissen Zeiten<br />

Früchte trägt und sonst nur ein Blätterkleid. Bei<br />

uns sucht der Herr jederzeit Frucht, weil wir dazu<br />

in der Lage sind, ohne Unterbruch fruchtbringend<br />

zu leben. Er sucht sie nicht nur bei uns, sondern<br />

er hat auch die Initialzündung dazu gegeben, indem<br />

er uns erwählt und bestimmt hat, hinzugehen<br />

und Frucht zu bringen. Er ist für die Zündung<br />

verantwortlich und wir, dass wir sie wirken lassen.<br />

Alles andere ergibt sich wie <strong>von</strong> selbst. Denn Jesus<br />

lässt uns nicht hängen, wenn wir auch in widrigen<br />

Umständen seine Zeugen sind; wenn die<br />

Klagepsalmen zu unseren Worten werden, wir<br />

aber erst recht die Laufbahn des Meisters nicht<br />

verlassen. Dann bringt unser Wirken in den<br />

Schuhen des Meisters Frucht. Die Welt wird weiter<br />

<strong>von</strong> Erfolg der Christen, der Kirche lavern,<br />

aber Erfolg ist meine Sache, gehört mir. Frucht<br />

liefere ich ab, meinem Auftraggeber. Deswegen<br />

gibt es kein Evangelium der Frucht. Es ist reine<br />

Gnade, reine Gunst Gottes, dass wir zur Schöpfung<br />

gehören und reine Gunst Christi, dass wir


keine Anstregung machen müssen, zu ihm zu gehören,<br />

sondern dass er uns an seine Seite geholt<br />

hat. Darum ist es kein Krampf, statt Erfolg zu<br />

haben Frucht zu bringen, aus lauter Dankbarkeit<br />

und Freude.


20. April<br />

…die Liebe ist die grösste unter ihnen.<br />

(1.Korinther 13, 13)<br />

Im Koreakrieg hatte ein nordkoreanischer Trupp<br />

ein südkoreanisches Dorf erstürmt. Der den Angriff<br />

leitende Leutnant dringt in das Gehöft der<br />

christlichen Kirche ein und sieht zwei junge Burschen,<br />

die augenscheinlich zur Christengemeinde<br />

gehören. Kurzenhand schiesst er sie über den<br />

Haufen. Gleich darauf erfolgt der Gegenstoss der<br />

Amerikaner. Ein Augenzeuge der Erschiessung<br />

der beiden Jungen meldet das dem amerikanischen<br />

Hauptmann, der sofort den Befehl zur<br />

standrechtlichen Erschiessung des Leutnants gibt.<br />

Da eilt der Vater der beiden Jungen, der Pfarrer<br />

der Gemeinde, herbei und ruft: „Nicht erschiessen!<br />

Er hat mir beide Söhne genommen. Ich will<br />

ihn an Sohnes Statt annehmen!“ Tief ergriffen<br />

ruft der amerikanische Hauptmann aus: „Wenn<br />

das Christentum ist, will ich Christ werden!“<br />

Bilden wir uns nur nicht ein, dass wir zu solcher<br />

<strong>Hand</strong>lungsweise ohne weiteres fähig seien. Es<br />

hilft nicht, wenn man sich am Riemen reisst, seinem<br />

Herzen einen Stoss gibt, und wie die schönen<br />

Sprüche alle heissen. Erst wenn unserer Ego-<br />

Liebe die Liebe Gottes, die Liebe Jesu aufgepfropft<br />

wird, sind wir veredelt und erneuert. Und<br />

die Frucht dieses erneuerten Geistes ist: Liebe,<br />

Freude, Friede, Geduld, Freundlichkeit, Gütigkeit<br />

usw. Aber die Liebe ist die grösste unter ihnen.


21. April<br />

Und er, Petrus, ging hinaus und weinte bitterlich.<br />

(Matthäus 26, 75)<br />

Weine, solange Zeit zum Weinen ist! Die Überlebenden<br />

<strong>von</strong> Hiroshima konnten es nicht mehr.<br />

Da zuckten nur noch die trockenen Augen, die<br />

Funktionen versagten, es kam nichts mehr.<br />

Tränen sind keine Schande. Auch bei Männern<br />

nicht. Sokrates weinte über seinen Freund, Jesaja<br />

über sein Volk, Alexander der Grosse über ein<br />

Unrecht, das er getan hatte, David über seinen<br />

Ehebruch, Hiob über sein Unglück, Petrus über<br />

seine Verleugnung, Jesus über die Stadt Jerusalem.<br />

Petrus weinte, weil er versagt hatte. Er hatte Jesus<br />

Treue geschworen, grosse Sprüche gemacht und<br />

jämmerlich versagt. Aber er weinte herzergreifend.<br />

– Menschen, die nicht weinen können, sind<br />

zu bedauern. Sie verachten die Reue, fühlen sich<br />

stark und trotzen sich durchs Leben. Wohl dem,<br />

der über seine Sünde und Schuld weinen kann –<br />

Tränen der Reue, der Busse und der Rettung. Wer<br />

aber trotzig seine Zähne zusammenbeisst, die Augen<br />

erhebt, keine Rührung und keine Erschütterung<br />

zeigt, für den kommt die Rettung zu spät.<br />

Auch für Tränen des Leides und der Schmerzen<br />

hat Gott der Herr eine Antwort bereit. Auf den<br />

dunklen Abend folgt ein heller Morgen neuer<br />

Hoffnung, immer wieder neu. Es kann sein, dass<br />

wir unsern Heiland nicht verstehen ob all der<br />

Schmerzen, aber vertrauen können wir ihm.


22. April<br />

Irret euch nicht, liebe Brüder: lauter gute Gabe<br />

und lauter vollkommenes Geschenk<br />

kommt <strong>von</strong> oben herab, vom Vater der Himmelslichter.<br />

(Jakobusbrief 1, 16-17)<br />

Eine Nachtsitzung im amerikanischen Kongress.<br />

Man hatte schon viel verhandelt. Nur <strong>von</strong> einer<br />

wichtigen Erfindung, die auch auf der Traktandenliste<br />

stand, war noch nicht die Rede und man<br />

wollte die Sitzung beenden. In der Ecke der Galerie<br />

sass der Erfinder. Auf seinem klugen Gesicht<br />

wurde die Sorge zur Hoffnungslosigkeit. So stand<br />

er auf und verliess das Haus. Er hatte alles, was er<br />

besass, in die Erfindung gesteckt. Daheim kniete<br />

er nieder und legte seine Sache in Gottes Hände.<br />

Mehr konnte er nicht tun. Am andern Morgen<br />

erfuhr er, dass der Kongress noch am Schluss der<br />

Sitzung 30 000 Dollar zu einem Versuch mit <strong>seiner</strong><br />

Maschine bewilligt hatte. „Irgend etwas schien<br />

es dem Hause aufzudrängen“ sagte man ihm.<br />

Morse, der Erfinder der Telegraphie wusste, wer<br />

dies dem Kongress „aufgedrängt“ hatte. Ein Jahr<br />

später diktierte er selbst das erste Telegramm. Es<br />

bestand aus vier Wörtern: „Das hat Gott getan!“ -<br />

Denken wir im Leben eigentlich daran, dass alle<br />

Gaben, Fähigkeiten und Talente Geschenke und<br />

Gaben Gottes sind? Dann aber gilt:<br />

Wenn Gott der Herr ist, können wir nicht selbstherrlich<br />

sein.<br />

Wenn Gott der Geber ist, werden wir keine Angeber.<br />

Wenn Gott Talente in uns gebildet hat, werden<br />

wir nicht eingebildet.<br />

Wenn wir uns zu Gott erheben, werden wir nicht<br />

überheblich. Weil wir wisssen:<br />

„Das hat Gott getan!“


23. April<br />

So spricht der Herr, Dein Schaden ist verzweifelt<br />

böse, und deine Wunden sind unheilbar.<br />

Aber ich will dich wieder gesund machen<br />

und deine Wunden heilen. (Jeremia 30,<br />

12. 17)<br />

Gott macht in <strong>seiner</strong> Menschheit Inventar - Bestandesaufnahme.<br />

Das Resultat ist verheerend,<br />

absolut kein positives Ergebnis, nur Minus – der<br />

Schaden ist verzweifelt böse, krank und krankmachend.<br />

Der Konkurs ist unabwendbar, wenn…<br />

Die Menschheit betreibt ihr Geschäft, d.h. ihren<br />

Lebensauftrag so miserabel, dass die Menschen<br />

nur darauf aus sind, einander unheilbare Wunden<br />

zuzufügen, Wunden, welche die Knochen freilegen.<br />

Auch <strong>von</strong> dieser Seite her ist der Konkurs<br />

harte Realität, wenn…<br />

Aber was für uns Menschen der absolute Tiefpunkt<br />

und das resolute Ende bedeutet, ist für unsern<br />

Herrgott der willkommene Anfang einer<br />

neuen Aera. Da erweist er seine Schöpferherrlichkeit.<br />

<strong>Aus</strong> dem Nichts wird etwas Herrliches. Gott<br />

fährt fort mit <strong>seiner</strong> Schöpfung. Nur so ist es<br />

nachvollziehbar, dass Gott uns nicht aufgibt, uns<br />

gesund macht und uns heilt. Der Konkurs ist<br />

nicht nur abgewendet, sondern gar nicht der Rede<br />

wert.<br />

Was für eine Liebe, was für eine Kraft der Vergebung<br />

kommt da auf uns zu! Nicht der kleinste<br />

Vorwurf trifft bei uns ein, sondern lauter Gnade,<br />

lauter Freundlichkeit und Gunst Gottes ergreift<br />

uns arme Wesen. Dank sei Gott!


24. April<br />

Da bildete der Herr den Adam, Staub <strong>von</strong> der<br />

Erde, und hauchte ihm in sein Antlitz, den<br />

Odem des Lebens, und so ward der Mensch<br />

zu einer lebendigen Persönlichkeit. (1. Mose<br />

2, 7)<br />

Was sind Persönlichkeiten? Nicht nur Menschen<br />

mit weitbekannten Namen, sondern Menschen,<br />

die Charakter haben. Viele meinen, die Vernunft<br />

mache den Menschen zum Ebenbilde Gottes.<br />

Das stimmt nicht. In jedem Lebewesen hat Gott<br />

seine Bestimmung angelegt. Nur der Mensch<br />

muss seine Bestimmung, ein Ebenbild Gottes zu<br />

werden, erst verwirklichen. Der Mensch kann seine<br />

Bestimmung verfehlen. Das Tier nie.<br />

Das Wort Charakter ist aus dem Griechischen<br />

entlehnt und bezeichnet den Prägestock, der zur<br />

Herstellung <strong>von</strong> Münzen bestimmt ist. Die Alten<br />

verstanden unter Charakter auch das Bild auf der<br />

Münze, die immer eine genaue Zeichnung des<br />

Kaisers tragen musste. Gut war die Münze dann,<br />

wenn die Züge des Herrschers klar und deutlich<br />

erkennbar waren.<br />

Wenn wir Charaktere Jesu sind, lassen wir in Wort<br />

und Wesen und in allem Werk das Bild unseres<br />

Herrn erkennen. Menschen, die dem Bild unseres<br />

Königs nicht ähnlich werden wollen, verfehlen<br />

ihre Bestimmung. Christen sind Charaktere ihres<br />

Herrn und keine Karikaturen.


25. April<br />

Ich bin der gute Hirte. Meine Schafe hören<br />

meine Stimme, und ich kenne sie, und sie folgen<br />

mir; und ich gebe ihnen das ewige Leben.<br />

(Johannes 10, 11.27.28)<br />

Jesus sprach viel und präzis in Gleichnissen und<br />

Bildern und Bräuchen jener Zeit. Das Bild vom<br />

Hirten und den Schafen ist immer noch zeitgemäss.<br />

Aber wir modernen Menschen verbitten es<br />

uns, als Schafe bezeichnet zu werden, denn Schafe<br />

gelten als ausgesprochen dumm und führungsabhängig.<br />

Das widerspricht unserem Dünkel.<br />

Doch geht es Jesus nicht um irgendwelche dumme<br />

Schafe, sondern um „meine“ Schafe. Schafe<br />

alias Menschen, die sich Jesus anvertraut haben,<br />

Menschen, die <strong>von</strong> Jesus erwählt worden sind,<br />

Menschen, die Jesus in- und auswendig kennt und<br />

die ihm nachfolgen, wohin er sie führt. Er führt<br />

zu guten (Weide)Plätzen, in aufbauende Situationen,<br />

in hoffnungsvolle Ereignisse. Sie dürfen sein,<br />

wo ihr Hirte ist, der sie beschützt und zusammenhält,<br />

der das Verirrte sucht bis er es findet.<br />

Müssen wir angesichts solch herrlicher Zusagen<br />

nicht unsern Stolz ablegen und es eher rühmen,<br />

dass wir Schafe, Lämmer heissen dürfen? Zumal<br />

einst bei der Vollendung des Gottesreiches der<br />

Hirte selbst zum Lamme wird, <strong>von</strong> dem es heisst,<br />

überwunden hat das Lamm, den Sieg erworben<br />

über Tod und Teufel. Darin liegt begründet das<br />

ewige Leben, das der gute Hirte den Seinen zuspricht.<br />

Wie herrlich ist Dein Name: Jesus, Du<br />

Lamm Gottes!


26. April<br />

Selig ist der Mensch, der die Versuchung<br />

standhaft erträgt; denn nachdem er sich bewährt<br />

hat, wird er die Krone des Lebens empfangen,<br />

welche Gott denen verheissen hat, die<br />

ihn lieben.<br />

(Jakobusbrief 1, 12)<br />

„Gruss den Brüder aus ‚vita miserima!’ Jetzt erheblich<br />

weiterer Postweg aus Russland. Betet weiter<br />

für uns. Ich sehe meine Wüstenzeit unter Jesaja<br />

48, 10 und 28, 29.“<br />

Das ist ein sonderbarer Brief. Dabei bewegt mich<br />

vor allem: ein schlimmer Weg durch Wüste und in<br />

Hunger, und dieser Weg mündet nicht aus in die<br />

Befreiung, nein gar nicht, im Gegenteil, er mündet<br />

in den Ofen des Elends, aber zugleich werden<br />

über diesen Weg die Worte geschrieben – man<br />

traut den Augen nicht – „Wunderbar“ und „herrlich“.<br />

Und dazwischen steht die geheimnisvolle<br />

Deutung: Versuchung und Läuterung Gottes, da<br />

erfahren wird wie Gott in der <strong>Dr</strong>angsal in ganz<br />

ungeahnter Weise stärkt und gar keine Sorge aufkommen<br />

darf, dass er’s nicht zu einem herrlichen<br />

Ziele hinausführt.


27. April<br />

Der Herr erlöst die Seele <strong>seiner</strong> Knechte, und<br />

alle, die zu ihm sich flüchten, brauchen nicht<br />

zu büssen. (Psalm 34, 23)<br />

Vor dem Schlafzimmer des Zaren Alexander II.<br />

<strong>von</strong> Russland hatte ein Offizier Wache. In <strong>seiner</strong><br />

Langeweile schrieb er auf einen Zettel alle seine<br />

Schulden und setzte in verzweifelter <strong>Aus</strong>weglosigkeit<br />

die Frage darunter:<br />

„Wer bezahlt mir alle meine Schulden?“<br />

Sorge und Müdigkeit übermannten ihn. In den<br />

frühen Morgenstunden fand der Zar seinen schlafenden<br />

Offizier und den Zettel. In einem Anflug<br />

<strong>von</strong> Gutmütigkeit schrieb der Zar seinen Namen<br />

unter die Abrechnung und verschwand still.<br />

Als der Offizier erwachte, war sein erster Gedanke:<br />

Hoffentlich hat niemand gemerkt, dass ich geschlafen<br />

habe. Als er den Zettel zur <strong>Hand</strong> nahm,<br />

sah er zu seinem Erschrecken das Zeichen des<br />

Zaren. Der Offizier wusste: Nun bin ich ein Kind<br />

des Todes. Sobald er konnte, meldete er sich bei<br />

seinem Herrn, zitternd und hoffnungslos.Was<br />

immer er auch vorbrachte, das Wachvergehen war<br />

unentschuldbar. „Den Tod hättest du verdient,<br />

aber ein Kaiserwort gilt“, antwortete der Zar, und<br />

der Offizier bekam alles geschenkt, seine Schuld<br />

und seine persönlichen Schulden.<br />

Wer Jesus seine Schuld bekennt, braucht nicht zu<br />

büssen. Aber das ist die Bedingung: Zu ihm sich<br />

flüchten. Der Offizier ohne Zar wäre ein Kind<br />

des Todes gewesen. Ohne Jesus geht es uns auch<br />

so. Golgatha heisst unsere Zufluchtsstätte. Wer in<br />

Ewigkeit nicht büssen will, muss im Geist dahin<br />

gehen. Einen andern und besseren Weg gibt es<br />

nicht. Macht sich eigentlich jeder Mensch die Folgen<br />

klar, wenn er zu stolz, zu selbstbewusst oder<br />

zu gleichgültig ist, sich zu Jesus zu flüchten?


28. April<br />

Der Herr lasse sein Angesicht leuchten über<br />

dir und sei dir gnädig.<br />

Jesus spricht: Friede sei mit euch! Wie mich<br />

der Vater gesandt hat, so sende ich euch.<br />

(4. Mose 6, 25+Johannes 20, 21)<br />

Das ist es wohl, was Mose auf dem Berg erlebt<br />

hatte: dass Gott der Herr sein Angesicht über ihm<br />

leuchten liess, sodass auch sein Gesicht leuchtete<br />

wie die Sonne und er es vor dem Volke verbarg<br />

um nichts Besonderes sein zu wollen. Nun aber<br />

gilt der Satz als Segenszuspruch für alle Kinder<br />

Gottes mit der Ergänzung „und sei dir gnädig“.<br />

Wieviel Hoffnung ist durch diesen Zusatz schon<br />

in ungezählte Menschenherzen eingekehrt. Und<br />

dass das Angesicht Gottes über uns leuchtet,<br />

macht uns zu Licht, hell und strahlend und einladend,<br />

aber auch sauber und ehrlich und aufrichtig<br />

und ohne Misstrauen. Das hat ausdauernde Wirkung,<br />

weil Jesus seinen Frieden dazu gibt. Und<br />

alles miteinander ergibt die Basis für die <strong>Aus</strong>sendung<br />

der Jünger Jesu. Sie orientiert sich ganz an<br />

der Sendung Jesu durch den Vater aus dem<br />

Himmel zur Erde. Jesu Jünger werden kein beschauliches<br />

Nachfolgerdasein haben, sondern sie<br />

werden gewissermassen in die Höhle des Löwen<br />

geschickt werden. Was anderes als Feinschaft hat<br />

Jesus auf Erden erwartet. So sind seine Nachfolger<br />

in guter Gesellschaft und hören die Botschaft:<br />

„Siehe, ich komme bald und mein Lohn mit mir,<br />

einem jedem zu geben, wie seine <strong>Werke</strong> sind.<br />

(Offb. 22, 12)


29. April<br />

Die Furcht des Herrn ist der Weisheit Anfang.<br />

(Psalm 111, 10)<br />

Ein Rabbi ging eines Tages über den Marktplatz<br />

und stellte sich neben einen in seine Geschäfte<br />

vertieften Menschen. Lange schaut er zu, dann<br />

fragt er: „Was tust du?“ Jener antwortete: „Ich<br />

gehe meinen Geschäften nach.“ Der Rabbi wiederholt<br />

seine Frage: „Was tust du?“ Der Beschäftigte<br />

wird ärgerlich: „Du siehst es doch, ich gehe<br />

meinen Geschäften nach. Lass mich in Ruhe.“<br />

Der Rabbi aber schaut ihn unverwandt an und<br />

fragt immer wieder: „Ja, aber – was tust du?“ Da<br />

endlich blickt der Mann auf, schaut den Rabbi an<br />

und – man sagt: er habe in diesem Augenblick<br />

zum erstenmal verspürt, was Furcht Gottes sei.<br />

Gewiss, vielleicht ist es leichter, den persönlichen<br />

Anruf „Was tust du?“ <strong>von</strong> einem Menschen zu<br />

erfahren in einer Stunde des Erkennens, in einer<br />

Stunde der Gnade. Der Anruf Gottes an uns ist<br />

aber genauso bedrängend gegenwärtig, auch wenn<br />

er nicht immer durch den Mund eines Menschen<br />

vernehmbar wird. Leben wir oder existieren wir?<br />

Wer lebt, gestaltet sein Tun im Angesichte Gottes.<br />

Wer existiert, lebt in den Tag hinein. Wer den<br />

Herrn fürchtet, ehrt, respektiert, gibt seinem Leben<br />

und <strong>seiner</strong> Arbeit einen Sinn.<br />

„In allen meinen Taten lass ich den Höchsten raten,<br />

der alles kann und hat; er muss zu allen Dingen,<br />

soll’s anders wohl gelingen, mir selber geben<br />

Rat und Tat.“<br />

Das ist Weisheit!


30. April<br />

Die Apostel hörten nicht auf, alle Tage im<br />

Tempel und hier und dort in den Häusern zu<br />

lehren und zu predigen das Evangelium <strong>von</strong><br />

Jesus Christus. (Apostelgeschichte 5, 42)<br />

Wenn die Schöpfung flopt, ist die Gefahr nicht<br />

weit, dass auch die Kirche selber flopt und vielleicht<br />

sogar damit angefangen hat. Auch die Kirche<br />

ist nicht mehr das, was sie einmal war, hört<br />

man oft sagen. Aber das betrifft nur einen kleinen<br />

Zeitraum bei 2000 Jahren Kirchengeschichte. Ja,<br />

es ist wahr, die Kirche verhüllt sich immer mehr<br />

in Unklarheiten und ist ein Mehrheitenbetrieb<br />

geworden. So sehr die Einheit beschworen wird,<br />

desto weiter weg ist sie. Meditation und Exerzitien<br />

haben Hochkonjuktur, betreffen aber nur Insiderkreise.<br />

Mit Schamanismus und Kriminalliteratur<br />

versucht man die Grenzen zu <strong>Aus</strong>senstehenden<br />

aufzubrechen, vergebens. Unverfängliche<br />

Wort-zum-Sonntag-Fernsehsendungen geben ein<br />

falsches Bild einer ‚lebendigen’ Kirche.<br />

War es früher besser? Ja, aber ganz früher. Zuvor<br />

war aber auch eine Periode des Niedergangs.<br />

Darum weinte Jesus über Jerusalem. Heute muss<br />

er über die Kirche weinen – seine Kirche sollte es<br />

sein, ist sie aber nicht; wir haben die Kirche verselbständigt,<br />

sind nicht auf Jesus angewiesen –<br />

nicht überall, aber weitherum, leider!<br />

Aber als alles gut war, war die Kirche noch nicht<br />

weltumspannend, setzte klare Masstäbe und lebte<br />

nach Jesu Wort täglich neu. Die Augenzeugen Jesu,<br />

die Apostel, wie sie jetzt genannt wurden,<br />

nahmen ihre Verantwortung ernst. Gegen allen<br />

Widerstand waren sie täglich im Tempel und predigten<br />

offen das Evangelium. Und in überschaubaren<br />

Hausgemeinden lehrten sie die ersten<br />

Christen, was Christsein überhaupt ausmacht und<br />

was die Nachfolge Jesu bedeutet. Wir könnten


daraus lernen, unsere Mammutkirchen aufzubrechen<br />

und durch kleinere Hausgemeinden zu ersetzen.<br />

Die Amtskirche müsste sich einiges einfallen<br />

lassen, wie sie sich ersetzen könnte um auf<br />

kluge Weise die Besorgung der Hausgemeinden<br />

sicherzustellen. Der einzelne Christ würde in den<br />

Vordergrund rücken und sich <strong>seiner</strong> Verantwortung<br />

bewusst werden und sich je nachdem entscheiden,<br />

wohin er gehören möchte, zur Gemeinde<br />

mit allem Engagement oder ausserhalb aller<br />

Gnade und Verpflichtungen. Jede Gemeinde wäre<br />

autonom und nur innerlich den andern verbunden.<br />

Alle Räte und hierarchischen Einrichtungen<br />

würden überflüssig und die <strong>Aus</strong>bildung der Leiter<br />

müsste nicht mehr obligatorisch universitär sein.<br />

Die sogenannten Laien würden endlich ihre Aufgaben<br />

bekommen, wie sie in den Briefen des Paulus<br />

zusammen gestellt sind, Aufgaben entsprechend<br />

den Gaben des Heiligen Geistes. Wenn<br />

weltweit solche Hausgemeinden, wie wir sie bereits<br />

aus China kennen, entständen, wäre auch die<br />

Diakonie leichter zu handhaben, weil immer Hilfe<br />

vor Ort geschehen könnte. Ist das alles eine Illusion?<br />

Nicht, wenn wir etwas Tapferes wagen, aber<br />

nicht <strong>von</strong> uns aus, sondern weil es in der Bibel als<br />

Gottes Wille vorgezeichnet ist und sich bewährt<br />

hat. Auch die Frage wie die Mission zu gestalten<br />

wäre, ergäbe sich wie <strong>von</strong> selbst. Denn wir haben<br />

schon heute die Situation, dass fast nur noch Berufsfachleute<br />

als Missionare in fremden Ländern<br />

Eingang finden. Das würde das Normale werden.<br />

So appeliere ich an die heutige Christenheit, rasch<br />

und mutig zu reduzieren um wirkliche Grösse zu<br />

erreichen, sich zu demütigen, dass wir endlich Jesu<br />

Christi Kirche werden.


1. Mai<br />

Abraham glaubte dem Herrn und so fand er<br />

Gottes Anerkennung. (1. Mose 15, 6)<br />

Der Seefahrer Vasco da Gama war einst auf der<br />

Suche nach Indien, elf Monate auf dem Meer.<br />

Seine Mannschaft glaubte, er führe sie in den Tod<br />

hinein, und wollte schliesslich über ihn herfallen.<br />

Da nahm er vor ihren Augen seine Karten, seinen<br />

Kompass und was er sonst noch hatte, und warf<br />

alles ins Meer. Da liessen sie <strong>von</strong> ihm ab. Sie<br />

merkten: Der Mann ist <strong>seiner</strong> Sache sicher.<br />

Da sollten wir alle unsere Rechtfertigungen und<br />

<strong>Aus</strong>flüchte, sollten unser Wenn und Aber fahrenlassen<br />

und einfach auf Gott hin zu glauben wagen.<br />

Wie er mit unserer Lage fertig wird, das ist<br />

seine Sache.<br />

Abraham ist eine einmalige <strong>Aus</strong>zeichnung widerfahren;<br />

Paulus nennt ihn Vater des Glaubens!<br />

Kein Mensch wüsste heute noch seinen Namen,<br />

wenn er nicht Gott blindlings vertraut hätte. Er<br />

setzte alles aufs Spiel; seine Familie, seine Existenz,<br />

sein Leben. Er ging das grösste Risiko seines<br />

Lebens ein. Gegen alle Einsicht sagte er ja. Er<br />

hatte keine Ahnung, was ihn erwartete. Er glaubte<br />

dem Herrn. Er glaubte ihm mehr als <strong>seiner</strong> Erfahrung.<br />

Er zog los, ohne Kenntnis des Landes, ohne<br />

Kenntnis der Wasserquellen, ohne Kenntnis der<br />

lauernden Gefahren. Nach menschlichem Ermessen<br />

ein Wahnsinnsakt. Und doch war Abraham<br />

kein Abenteurer. Er glaubte und vertraute dem<br />

Herrn. Das hat ihn unvergessen gemacht.


2. Mai<br />

Sie verwandelten die Herrlichkeit ihres Gottes<br />

in das Bild eines Ochsen, der Gras frisst.<br />

Irret euch nicht! Gott lässt sich nicht verspotten.<br />

Denn was der Mensch sät, das wird er<br />

ernten. (Psalm 106, 20+Galater 6, 7)<br />

Der Mensch ist in mancher Hinsicht ein sonderbares<br />

Wesen. Er meint ganz bestimmt, sich immer<br />

im Griff der Wahrheit zu haben. Doch ist es<br />

unglaublich, wie häufig sich der Mensch irrt und<br />

behauptet im Recht zu sein, oder zu diesem oder<br />

jenem berechtigt zu sein. Es kann sich nicht immer<br />

um Lappalien handeln, sonst würde sich<br />

doch nicht Gottes Wort in bestimmten Fällen<br />

darum kümmern. Eine häufige Unart ist die Verspottung<br />

Gottes und <strong>von</strong> Jesus. Oft ist es nicht so<br />

ernst gemeint, doch ändert das nichts daran, es ist<br />

jedesmal ein Vergehen mit Folgen. Ernst wird die<br />

Lage, wenn mit Ueberlegung Gott klein gemacht ,<br />

sein herrlicher Name in den <strong>Dr</strong>eck gezogen wird.<br />

Von grossem Uebel ist es, das Kreuz Christi zu<br />

verhunzen und das Heil zu verleugnen usw. Das<br />

alles ist böse Saat und die Frucht da<strong>von</strong> wird der<br />

Mensch ernten müssen. Dann gehen wohl allen<br />

die Augen auf. Obs nicht zu spät ist?<br />

In früher Zeit ist man sogar frevelhaft handgreiflich<br />

geworden. Hat sich Gott in <strong>seiner</strong> Herrlichkeit<br />

– ganz die Ehre des Volkes Israel – nicht<br />

ständig gezeigt, hat man kurzerhand eine Götterfigur<br />

geschaffen. Und um den Frefel vollzumachen,<br />

schufen sie einen Stier, ein gewaltiges und<br />

gewalttätiges Tier. Das sollte ihr Gott sein. Welche<br />

Verirrung. Nicht zu beschreiben. Einen solch<br />

furchtbaren Schlag ins Gesicht kann Gott nicht<br />

einfach aussitzen. Es ziehen Gerichtswolken auf.<br />

Wäre nicht Mose, der Mann Gottes mit <strong>seiner</strong><br />

Fürbitte, es lebte kein Mensch mehr. Gott lässt<br />

sich nicht verspotten. Später formuliert Jesus die


Gebetszeile: Dein Name werde geheiligt! Darum<br />

soll es uns gehen. Dass der Name Gottes gross<br />

werde, dass man vorsichtig ist im Umgang mit<br />

dem Namen „Gott“. Ehre, Ehre soll Dir werden!


3. Mai<br />

Wer glaubt, flieht nicht. (Jesaja 28, 16)<br />

Victor Hugo: „ Kain, der Brudermörder, errichtete<br />

einen Turm, der <strong>von</strong> einer siebenfachen Mauer<br />

umgeben war – ohne Fenster. Er wollte nicht,<br />

dass ihn Gott sah. Aber trotz der dicken Mauern<br />

spürte er das Auge Gottes. Und eine Stimme rief:<br />

‚Nähme ich Flügel der Morgenröte und bliebe am<br />

äussersten Meer, so würde mich doch deine <strong>Hand</strong><br />

daselbst führen. Und führe ich gen Himmel, so<br />

bist du da. Und bettete ich mich in die Hölle, siehe,<br />

so bist du da.’“<br />

Das Gewissen ist Gottes ‚Staatsanwalt’. Dieser<br />

Staatsanwalt kriegt mich und spürt mich auf, wo<br />

ich auch immer mich verstecke. Fliehen hilft<br />

nichts. Jeder Mensch findet sich durch diesen inneren<br />

Richter beobachtet. Wer aber glaubt, hat<br />

keinen Grund, zu fliehen, hat es nicht nötig, Gott<br />

aus dem Weg gehen zu wollen. Aber in dem Augenblick,<br />

wo das Vertrauen zu Gott erschüttert<br />

ist, versteckt sich der Mensch. Das ging schon im<br />

Paradies los. Zwischen Gott, Adam und Eva ist<br />

etwas kaputt gegangen. Der Glaube hat einen Riss<br />

bekommen. Und schon flohen sie vor ihm. Sie<br />

versteckten sich, mit einem schlechten Gewissen.<br />

Doch Gott fand sie und stellte sie zur Rede.<br />

So ist das bis heute. Es hilft keine Flucht in die<br />

Einsamkeit oder in die Zerstreuung, keine Flucht<br />

in die Betäubung und Ablenkung. Es hilft allein<br />

der Glaube. Er befreit uns vom <strong>Dr</strong>uck, <strong>von</strong> der<br />

Gewissensqual. Er legt alles Gott hin, er bemäntelt<br />

nicht und verharmlost nichts. Er allein weiss<br />

um Gottes Erbarmen.


4. Mai<br />

Jesus sprach: Ich bin gekommen, ein Feuer<br />

anzuzünden auf Erden; was wollte ich lieber,<br />

als dass es schon brennte! (Lukas 12, 49)<br />

Jesus gelingt es, seinen Auftrag in immer neuen<br />

Bildern und Gleichnissen den Menschen nahe zu<br />

bringen. Wie spricht er uns heute an? Von Feuer<br />

ist die Rede. Doch kann es wohl kein verzehrendes<br />

Feuer sein. Unwillkürlich kommt uns die Geschichte<br />

vom brennenden Dornbusch in den<br />

Sinn. Mose wurde dort, wo der Busch nicht verbrannte,<br />

zum Gesandten Gottes für Ägypten bestellt<br />

und verpflichtet. Gottes Stimme aus dem<br />

Feuer beschied ihm, dass sein Name sei: „Ich bin,<br />

der ich sein werde.“ Mose ging hin im Namen<br />

dieses Gottes „Ich bin“ und entfachte in Ägypten<br />

ein wahres Feuerwerk <strong>von</strong> Wundern und <strong>Werke</strong>n,<br />

bis der Pharao das Volk Israel in die Freiheit ziehen<br />

liess.<br />

Nun ist Jesus da auf Gottes Erde. Die Menschen<br />

sind geknechtet <strong>von</strong> der Sünde wie noch nie. Kein<br />

Mensch sieht eine Rettung, sofern einer das überhaupt<br />

wünschte. Doch Gott ist auf dem Plan. Er<br />

kann diesem Flop nicht mehr zusehen und schickt<br />

seinen Sohn zu uns. Er wird ein Feuer anzünden,<br />

ein Feuer der Liebe, der Gnade, der Zurechtweisung,<br />

der Vergebung und Versöhnung. Kreuz und<br />

Auferstehung sind die Zeitzünder dieses gewaltigen<br />

<strong>Werke</strong>s. Aber noch brennt Jesu Werk auf<br />

kleinem Feuer. Jesus wünscht einen Flächenbrand<br />

und der entsteht mit dem Kommen des Heiligen<br />

Geistes und der mutigen Evangelisation der Apostel<br />

in und um Jerusalem, <strong>von</strong> wo er sich über die<br />

ganze Welt ausbreiten wird. Viel Ungeschick,<br />

Langeweile und sündhaftes Verhalten der Christen<br />

hält diesen Brand da und dort immer wieder<br />

auf, bis er unerwartet an einem neuen Ort wieder<br />

ausbricht. „O dass doch bald dein Feuer brennte,


o möchte es doch in alle Lande gehn, auf dass<br />

bald alle Welt erkennte, was zur Erlösung ihr <strong>von</strong><br />

dir geschehn. O Herr der Ernte, siehe doch darein:<br />

die Ernt ist gross, die Zahl der Knechte<br />

klein.“


5. Mai<br />

Jesus sprach zu den Jüngern: Als ich euch<br />

ausgesandt habe ohne Geldbeutel, ohne Tasche<br />

und ohne Schuhe, habt ihr da je Mangel<br />

gehabt? Sie sprachen: Niemals! (Lukas 22,<br />

35)<br />

Die Jünger waren damals sprachlos, als ihr Meister<br />

sie ohne jede äussere <strong>Aus</strong>rüstung aussandte,<br />

das Evangelium zu verkündigen und zu heilen.<br />

Aber sie widersprachen nicht. Sie wollten diesen<br />

Test bestehen. Nun sind sie zurück und haben<br />

rapportiert. Nur <strong>von</strong> diesem einen Punkt war<br />

nicht die Rede. Später kommt Jesus in einem andern<br />

Zusammenhang darauf zurück und er fragt<br />

die Jünger über die <strong>Aus</strong>wirkungen jenes Testes.<br />

Die Antwort fällt ganz in seinem Sinne aus. Was<br />

bedeutet das? Der Vater im Himmel hat sie auf<br />

mancherlei Weise versorgt. Wie es heisst: Die Vögel<br />

säen nicht und ernten nicht und sammeln<br />

nicht in Scheunen und der himmlische Vater ernährt<br />

sie doch. So können auch die Jünger bezeugen,<br />

dass es ihnen nie an etwas gemangelt hat.<br />

Das ist die Treue des Vaters. So werden die Jünger<br />

vorbereitet auf Führungen und Erprobungen<br />

noch ganz anderer Art. Zunächst ist es die<br />

schreckliche Passion Jesu. An dem ersten Test<br />

haben die Jünger begonnen, ihrem Meister zu<br />

glauben und zu vertrauen. Sie können sich noch<br />

nicht vorstellen, wieviel Gelegenheiten sie noch<br />

haben werden, diesen Glauben zu erneuern und<br />

zu bewahren. Aber durch jede Erprobung werden<br />

sie stärker, sodass sie schliesslich auch für die<br />

künftigen Christenverfolgungen gerüstet sind.


6. Mai<br />

Herr, deine rechte <strong>Hand</strong> tut grosse Wunder.<br />

(2. Mose 15, 6)<br />

In einem Zimmer sitzen zwei Fliegen, die sich<br />

allmählich mit den Gegebenheiten des Zimmers<br />

vertraut gemacht haben und dahintergekommen<br />

sind, dass eine Uhr regelmässig die Stellung der<br />

Zeiger verändert. Erfahrungsgemäss wissen die<br />

beiden Fliegen, dass die Zeiger eine Viertelstunde<br />

oder eine halbe Stunde weiterrücken, je nachdem<br />

wie lange sie gewartet haben.<br />

Eines Tages kommt der Besitzer des Zimmers<br />

nach Hause und entdeckt, dass die Uhr vorgeht.<br />

Er schiebt den grossen Zeiger eine halbe Stunde<br />

zurück und verschwindet wieder. Als eine Fliege<br />

kurz darauf auf die Uhr zufliegt und sich niederlassen<br />

will, erschrickt sie, dass die Zeiger nicht erfahrungsgemäss<br />

weitergerückt sind, und sie ruft<br />

ihren Gemahl: „Es ist ein Wunder passiert, der<br />

eine Zeiger hätte längst unten sein müssen.“<br />

Uns Menschen geht es ebenso. Wir sind kurzsichtig<br />

wie die Fliegen. Wir bezeichnen das als Wunder,<br />

was gegen die Naturgesetze, die wir bisher<br />

kannten, verstösst. Warum soll es nicht ‚höhere<br />

Gesetze’ geben? Mit unserer Erkenntnis die Dimension<br />

Gottes erfassen wollen ist so unmöglich<br />

wie für die Fliege, unsere Dimension erkennen zu<br />

wollen.<br />

Wunder geschehen nicht darum, dass wir sie analysieren,<br />

testen, untersuchen, sondern dass sie uns<br />

im Glauben getrost machen. Sie sind Wegweiser<br />

Gottes. Sie kamen damals vor und kommen heute<br />

vor. Gott sei Dank!


7. Mai<br />

Gott hat etwas aus uns gemacht: Wir sind<br />

sein Werk, durch Jesus Christus neu geschaffen,<br />

um Gutes zu tun. Damit erfüllen wir nur,<br />

was Gott schon im voraus für uns vorbereitet<br />

hat.<br />

(Epheserbrief 2, 10)<br />

Gott hat bei der Schöpfung, ja schon vorher, an<br />

alles gedacht und alles bedacht, was geschehen<br />

könnte. Er hat für alle Fälle vorgesorgt, wohl verstanden<br />

in <strong>seiner</strong> Güte und Barmherzigkeit hat er<br />

für uns alles im voraus vorbereitet. Der Misstritt –<br />

Sündenfall – im Paradies konnte Gott nicht beirren,<br />

obwohl sehr betrüben. Nicht für Gott aber<br />

für die damaligen Menschen brach eine Welt zusammen<br />

und sie sahen keinen <strong>Aus</strong>weg mehr. Sie<br />

glaubten, die Gnade und Gunst Gottes völlig verspielt<br />

zu haben. Ja, hätten sie früher daran gedacht<br />

und sich nicht zum Ungehorsam verführen<br />

lassen. Doch Gott handelt nicht wie Menschen<br />

sich verhalten. Er bleibt treu – nur unter anderem<br />

Vorzeichen, anderen Umständen. Es wird viel,<br />

viel ungemütlicher für die Menschheit.<br />

Man sage nicht, Gott hätte den Sündenfall vorausgesehen,<br />

aber er hatte vorgesorgt, falls so etwas<br />

geschehen sollte. Und er hat nicht nur den<br />

Fortbestand seines <strong>Werke</strong>s gesichert, sondern<br />

auch seine völlige Heilung zu einem bestimmten<br />

Zeitpunkt. Dieser ist eingetreten mit Jesus Christus<br />

auf dieser Erde, mit <strong>seiner</strong> Predigt, mit <strong>seiner</strong><br />

Erwählung <strong>von</strong> Augenzeugen und späteren Aposteln,<br />

mit seinem Opfer am Kreuz und <strong>seiner</strong> herrlichen<br />

Auferstehung an Ostern. Durch ihn hat<br />

Gott vollzogen, was er längst für uns vorbereitet<br />

hatte. Er hat etwas aus uns gemacht: Sein Werk<br />

durch Jesus erneuert, soll Gutes tun. Die Vergebung<br />

hat uns frei gemacht, Gutes zu tun, vollkommene<br />

<strong>Werke</strong> zu vollbringen, was eigentlich


das Natürlichste der Welt ist nach dem Schöpfungsplan<br />

Gottes. Es gibt keine Sünde, kein Unglück,<br />

was Gott nicht durch seine grandiose Veränderungstechnik<br />

ins Gleis bringen könnte. Mit<br />

andern Worten: kein Tief der Schöpfung und der<br />

Menschheit im besonderen ist zu tief, als dass<br />

Gott der Herr durch Jesus Christus ein Hohes<br />

daraus machen würde. Denn das ist ihm das Liebste,<br />

wenn wir ihm unsere Sünden bringen.


8. Mai<br />

Die Weisheit <strong>von</strong> oben ist fürs erste rein,<br />

dann friedsam, freundlich, fügsam, voll<br />

Barmherzigkeit und guter Früchte, frei <strong>von</strong><br />

Zweifel, frei <strong>von</strong> Heuchelei. (Jakobusbrief 3,<br />

17)<br />

Die Weisheit <strong>von</strong> oben, das sind ebenso die<br />

Früchte des Geistes, wie sie <strong>von</strong> Paulus im Galaterbrief<br />

5, 22f aufgezählt werden: Liebe, Freude,<br />

Friede, Langmut, Freundlichkeit, Gütigkeit,<br />

Treue, Sanftmut, Enthaltsamkeit, keine eitle Ehre,<br />

kein Neid und einer trage des andern Last.<br />

Jakobus legt einen kleineren Katalog vor und unterteilt<br />

ihn in zwei Etappen. Zuerst nennt er die<br />

Reinheit. Wie weit entfernt ist unsere Zeit <strong>von</strong><br />

Reinheit. Manchmal hat man den Eindruck, je<br />

grauslicher und unzüchtiger gerade die Jugend ist,<br />

desto mehr ist sie in. Ein anständiges Mädchen<br />

wird schnell als Landei tituliert und abgeschrieben.<br />

Kaum eines lässt das auf sich sitzen. So geratet<br />

man schnell in den Müll der Moderne und der<br />

Show. In zweiter Linie werden als Weisheitsmerkmale<br />

genannt: friedsam, gütig, fügsam usw.<br />

unparteiisch, ohne Heuchelei. Lauter Tugenden,<br />

die man heute wie die berühmte ‚Stecknadel im<br />

Heuhaufen’ suchen muss. Unser Leben lechzt<br />

nach Qualität in den Lebensmitteln, in der Autobranche,<br />

in der Unterhaltung, im Bildungswesen<br />

usw. aber die Qualitäten der Weisheit bleiben auf<br />

der Strecke. Selbst die Weisheit des Alters ist uns<br />

nur noch ein müdes Lächeln wert.<br />

Das Wort Gottes sieht das anders. Es ist ein Angebot<br />

erster Güte. Denken wir um, verändern wir<br />

uns, wenden wir uns Gott zu, damit wir in Wahheit<br />

ein erfülltes Leben haben. Es ist gar nicht so<br />

schwer, gegen den Strom zu schwimmen.


9. Mai<br />

Du tust mir kund den Weg zum Leben; vor<br />

dir ist Freude die Füllle. (Psalm 16, 11)<br />

„Weil Gott ist“<br />

Der italienische Fischer Antonio hat eine Familie<br />

<strong>von</strong> 10 Personen und ist immer guter Laune. Sie<br />

fahren zusammen eines Tages aus, der Autor der<br />

Geschichte und der Fischer Antonio, über den<br />

lautlosen See unter dem sternenklaren Himmel.<br />

Sie werfen ihre Netze aus und ziehen sie ein, eine<br />

mühselige Arbeit. Aber es ist nichts zu machen.<br />

Die Fische sind woanders. Die Netze bleiben leer.<br />

„Mensch“ rief ich ihn an, „ich verstehe dich<br />

überhaupt nicht. Nichts im Netz, alle Arbeit umsonst.<br />

Ist ja schön hier, aber morgen hungert vielleicht<br />

deine Familie. Mensch, warum freust du<br />

dich eigentlich?“ – „Perché é dio – weil Gott ist.“<br />

Ja dieser Mann ist zu beneiden. Er lebt aus einer<br />

Freude heraus, die kein Geld, keinen Rum und<br />

keinen Schnaps braucht. Er ist fröhlich, weil Gott<br />

ist. Das heisst Leben!<br />

Ohne Gott bin ich ein Fisch am Strand,<br />

ohne Gott ein Tropfen in der Glut.<br />

Ohne Gott bin ich ein Gras im Sand<br />

und ein Vogel, dessen Schwinge ruht.<br />

Wenn mich Gott bei meinem Namen ruft,<br />

bin ich Wasser, Feuer, Erde, Luft.


10. Mai<br />

Gott widersteht den Hochmütigen, den Demütigen<br />

aber gibt er Gnade. (1. Petrusbrief 5,<br />

5)<br />

Lars Skrefsrud reist für seine Mission durch England<br />

und Amerika, allenthalben bewundert als<br />

grosser Gelehrter, der 43 Sprachen spricht und als<br />

hervorragender Redner. Man macht ihm ein<br />

Festmahl. Er sitzt als gefeierter Ehrengast an<br />

reichgeschmücktem Tisch. Die Reden nehmen<br />

kein Ende. Er aber hört nur wie im Traum all die<br />

Lobreden, sein Auge ist wie nach innen gekehrt:<br />

„Herr“, fleht er, „schätze du mich!“ Und da steigt,<br />

wirklicher als der prunkvolle Saal, eine kleine, enge<br />

Zelle vor seinem Blicke auf, und er sieht sich<br />

selbst im Sträflingskleid am Boden kauern und die<br />

Hände hungrig nach der Blechschüssel ausstrecken,<br />

und er hört eine Stimme sein Urteil verlesen.<br />

– Unter dem Tisch presst er die Hände fester<br />

zusammen: „ Herr! Herr! ich danke dir, dass du<br />

mich so tief gedemütigt hast.“<br />

Der Hochmut ist einer der gefährlichsten Feinde<br />

des Christen. Ohne es absichtlich zu fördern, bilden<br />

wir uns immer etwas mehr ein auf unser Wirken<br />

für den Herrn. Nicht, dass wir uns nicht freuen<br />

dürften, wenn uns ein Werk gelungen ist, wenn<br />

ein Mensch durch uns zu Jesus gefunden hat; aber<br />

nach geschehener Tat ist sie schnell zu vergessen<br />

und dem Himmel abzugeben, dass uns nichts in<br />

den Kopf steige. Es gehört Mut dazu, wie der<br />

Missionar sich in lobender Gesellschaft <strong>von</strong> Gott<br />

schätzen zu lassen. Doch ist es die einzige Möglichkeit<br />

um wahr zu bleiben und ehrlich und demütig<br />

seinen Weg fortzusetzen.


11. Mai<br />

Dient dem Herrn; seid fröhlich in Hoffnung,<br />

geduldig in Trübsal, beharrlich im Gebet.<br />

(Römerbrief 12, 11-12)<br />

Dient dem Herrn – das ist wie die Überschrift<br />

zum ganzen Vers. Das will sagen: Stellt euch zur<br />

Verfügung; nehmt euch Zeit; macht den Herrn<br />

zur ersten Priorität; fragt nicht nach Meinungen<br />

links und rechts; verlasst euch nicht auf seelische<br />

Eindrücke; dient dem Herrn: liebt die Demut;<br />

sucht aufbauende Unterstützung; preist und lobt<br />

unsern einzigartigen Gott; schweigt nicht, wo der<br />

Name des Herrn verspottet wird; macht das<br />

Evangelium bekannt, zur Zeit oder zur Unzeit<br />

usw. Wenn wir aus dieser Zusammenstellung<br />

auswählen oder am besten alles zu tun gewillt<br />

sind, haben wir eine sehr gute Grundlage, um<br />

dem Herrn zu dienen. Und wenn wir das verstanden<br />

haben, dann haben wir erst den Auftakt unternommen.<br />

Der Apostel weiss auch darum, dass<br />

der Dienst für Jesus Christus in einem gewissen<br />

Klima geschieht, das am besten als frostig bezeichnet<br />

wird. Aber da gibt es erprobte Lichtblicke:<br />

seid fröhlich in Hoffnung, geduldig in Trübsal,<br />

beharrlich im Gebet. So wie jeder <strong>Hand</strong>werker<br />

sein eigenes Werkzeug besitzt, das er genau<br />

kennt, so hat auch jeder Christ seine spezielle<br />

<strong>Aus</strong>rüstung für seinen Dienst. Wenn kein Fortschritt<br />

zu sehen ist, wenn sich niemand bekehrt,<br />

wenn man vor verschlossenen Türen steht: Seid<br />

fröhlich in Hoffnung! Wenn Traurigkeit uns<br />

übermannt, wenn man ausgelacht wird, wenn ein<br />

Bauer einem eine Heugabel entgegen wirft, wenn<br />

Türen zugeschlagen und Telefone aufgehängt<br />

werden, wenn Velo- oder Autoreifen zerstochen<br />

werden: Seid geduldig in Trübsal! Wenn trotz allem<br />

vorbereitendem Gebet niemand etwas <strong>von</strong><br />

unserer Botschaft annehmen will, wenn unser


Gegenüber Jesus in die Wüste schickt, indem er<br />

sagt, mit dem Vater kann ich etwas anfangen, mit<br />

Jesus nichts, wenn Kranke, denen nichts mehr<br />

anderes bleibt, das Gebet für sie ablehnen, wenn<br />

uns das frostige Klima zu schaffen macht: Seid<br />

beharrlich im Gebet!<br />

Dann verstehen wir auch das Wort das vornean<br />

steht: Seid brennend in Gottes Geist! Das genügt!


12. Mai<br />

„Doch vergiss nicht“ sagt Christus, „ich komme<br />

plötzlich und unerwartet wie ein Dieb!“<br />

(Offenbarung 16, 15)<br />

Ich glaube, wir Menschen <strong>von</strong> heute sind deshalb<br />

solche Sicherheitsfanatiker, solche blindwütigen<br />

Scheinrealisten, weil wir nicht mehr begreifen,<br />

dass dies das Entscheidende ist: mit Gott ins Reine<br />

zu kommen und die biblische Besinnung an<br />

den Anfang unserer Arbeit zu stellen. Weil wir das<br />

verlernt haben, darum leben wir in dem Wahn,<br />

alles selbst machen zu müssen. Wir denken: Zuerst<br />

muss ich meine beruflichen Dinge ordnen,<br />

muss ich mein Geschäft auf eine solide Basis stellen,<br />

muss ich gerade noch dieses Examen bestehen<br />

oder jene Hürde in meiner Laufbahn noch<br />

nehmen. Zuerst muss ich mich in dem sogenannten<br />

„elementaren“ Bezirk des Lebens abstrampeln<br />

– und dann erst, wenn ich das alles hinter mir habe,<br />

kann ich mir erlauben, auch an den inneren<br />

Komfort des Lebens zu denken; dann habe ich<br />

Zeit, zur Seelenpflege überzugehen und meinen<br />

inneren Menschen ein bisschen zu kultivieren.<br />

(Helmut Thielicke)<br />

Der innere Komfort ist wichtiger als der äussere.<br />

Was nützen mir alle Erfolge, was nützt mir alles<br />

Geld, wenn mich morgen der Herzinfarkt überfällt?<br />

„Ich komme plötzlich und unerwartet wie<br />

ein Dieb“ sagt Jesus. Diebe überfallen uns. Plötzlich<br />

und unerwartet. So steht es auch oft in den<br />

Todesanzeigen. Wir haben uns auf alle Eventualitäten<br />

vorbereitet, auf schlechte Zeiten, auf einen<br />

guten Lebensabend, auf krisenfeste Währungen<br />

und Hypozinsen, auf alles. Nur nicht: Auf Seine<br />

Wiederkunft. Er kommt!! Aber wann? Nur keine<br />

Überstürzung!<br />

Wagen Sie so – mit dieser Gesinnung – Gott gegenüber<br />

zu treten?


13. Mai<br />

Erachtet es für lauter Freude, meine Brüder,<br />

wenn ihr in mancherlei Anfechtungen geratet.<br />

(Jakobusbrief 1, 2)<br />

Woher kommt die Anfechtung? Ein Schwarzer<br />

begleitete einst seinen weissen Herrn auf die Entenjagd.<br />

Er war Christ. Beide kamen bei der Gelegenheit<br />

auf Glaubensfragen zu sprechen. Der<br />

Herr sagte: „Ich begreife nicht, was du immer <strong>von</strong><br />

Sünde und Anfechtung und Teufel zu reden hast.<br />

Ich spüre nichts <strong>von</strong> Anfechtung. Mich lässt der<br />

Teufel in Ruhe. Noch nie hat er mich gestört oder<br />

angegriffen.“<br />

Da antwortete der Schwarze: „Das will ich dir erklären.<br />

Wenn wir auf der Entenjagd sind und du<br />

hast geschossen, dann fallen einige Enten tot hin.<br />

Die lasse ich liegen. Einige aber flattern angeschossen<br />

weg und suchen zu entkommen. Denen<br />

laufe ich mit meiner langen Stange nach und<br />

schlage sie tot. Du bist eine Ente, die der Teufel<br />

schon totgeschossen hat. Dich lässt er liegen. Er<br />

weiss schon, dass er dich kriegt. Ich bin wie eine<br />

angeschossene Ente, die ihm gerne entfliehen<br />

möchte. Darum ist er hinter mir her und sucht<br />

mich zu erschlagen.“<br />

Und Martin Luther sagt dazu: „Das ist mir aber<br />

sehr nützlich und gut gewesen; denn solche Anfechtungen<br />

sind uns sehr nütze, gut und not und<br />

geschehen nicht, wie man meint, darum, dass wir<br />

dadurch verderbt und verloren, sondern unterwiesen<br />

und gelehrt werden. Denn ein jeglicher Christ<br />

soll bedenken und wissen, dass er Christus ohne<br />

Anfechtung und Kreuz nicht recht erkennen<br />

kann.“<br />

Daraus folgt: Wir brauchen die Anfechtungen in<br />

unserem Christsein zur Heiligung!


14. Mai<br />

In Christus ist alles geschaffen, was im Himmel<br />

und auf Erden ist, das Sichtbare und das<br />

Unsichtbare. ( Kolosserbrief 1, 16)<br />

Es ist paradox, während es uns nicht gelingt, auf<br />

unserer kleinen Erde den Hunger zu besiegen, üble<br />

Krankheiten auszurotten und Frieden zu stiften,<br />

stossen unsere Forscher mit ihren Teleskopen<br />

und Raumschiffen immer weiter in den Weltraum<br />

vor. Das Sichtbare befriedigt sie nicht mehr, darum<br />

ist jetzt nur noch das vorläufig Unsichtbare<br />

interessant. Es muss auch unbedingt eine naturwissenschaftliche<br />

Erklärung her über die Entstehung<br />

der Erde. Mit Milliarden Dollars wird im<br />

CERN in Genf der sogenannte Urknall simuliert,<br />

der Aufschluss darüber geben soll. Milliarden, die<br />

auf der Erde zum Wohlergehen der Menschheit<br />

fehlen! Ich streite ein gewisses Interesse der Naturwissenschaft<br />

nicht ab. Aber es gibt Grenzen.<br />

Und die liegen in der Gesinnung der Forscher.<br />

Wer sich in seinem Gewissen <strong>von</strong> den biblischen<br />

<strong>Aus</strong>sagen leiten lässt, geht anders an seine Arbeit<br />

heran als andere. Er anerkennt die Heiligkeit und<br />

Grösse Gottes, denn er kennt die <strong>Aus</strong>masse der<br />

ganzen universalen Schöpfung, alles Sichtbaren<br />

und Unsichtbaren.<br />

Gott wird dem eigensinnigen Forschen im Universum<br />

genauso ein Ende machen wie dem<br />

Turmbau zu Babel, denn es gibt Forscher, die sagen<br />

offen, dass sie mit ihren Teleskopen herausfinden<br />

werden, wo Gott hockt. Solche Anmassung<br />

wird nicht ungestraft bleiben.<br />

Christen aber dürfen sich freuen, dass sie im<br />

Grunde genommen mehr wissen als die Wissenschaft.<br />

Ihnen ist gesagt worden, dass die ganze<br />

Schöpfung vom himmlischen Vater durch den<br />

Gottessohn Jesus Christus geschaffen wurde; dass<br />

sie Bescheid wissen über den vollen Umfang des


Universums. Mag da die Erde nur ein winziger<br />

Punkt sein im All, wie herrlich ist es zu wissen,<br />

dass unser Herr uns kennt und betreut. Und diesen<br />

Punkt hat Gott erwählt, um seinen Sohn zu<br />

senden und die Menschheit zu erlösen, Frieden zu<br />

geben und sein Wohlgefallen kundzutun.<br />

Ehre sei Gott in der Höhe!!


15. Mai<br />

Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts<br />

mangeln. (Psalm 1, 1)<br />

Bischof Lilje erzählte über seinen Besuch der<br />

Theosophischen Gesellschaft in Indien folgendes:<br />

Er habe in einer Halle die Bilder der vier grossen<br />

Religionsstifter gesehen, Buddha, Mohammed,<br />

Zoroaster und Jesus Christus. Der Inder, der ihn<br />

führte, hätte bei dem Anblick dieser Bilder gesagt:<br />

„Sehen Sie wohl den Unterschied?“ <strong>Dr</strong>ei dieser<br />

Religionsstifter waren in tiefes Nachdenken<br />

versunken dargestellt. Das Bild des Herrn Jesus<br />

zeigte ihn als guten Hirten, der sich über ein Gestrüpp<br />

beugt um ein Schaf zu befreien, das sich<br />

verfangen hat. Der Inder sagte ihm: „Sehen Sie,<br />

der einzige, der nicht mit sich beschäftigt ist und<br />

nicht an sich denkt!“<br />

Der Herr ist mein Hirte. Er ist der Beschützer<br />

meines täglich bedrohten Lebens. Er hat sein hohes<br />

Leben für mein geringes zum Opfer gebracht.<br />

Er hat nicht an sich gedacht, sondern an die Welt.<br />

Andere Religionsstifter haben gegrübelt und<br />

nachgedacht, Christus hat gehandelt. Die andern<br />

haben den Menschen Ratschläge für ihr Leben<br />

gegeben, Christus hat sein Leben für uns dahingegeben.<br />

Die andern haben Hirtenworte gesprochen,<br />

Christus ist unser Hirte geworden. Wahrhaftig,<br />

der Inder hat den Nagel auf den Kopf getroffen:<br />

„Er ist der einzige, der nicht mit sich beschäftigt<br />

ist.“ Er ist der einzige, der kein phantasievolles<br />

und rührseliges Bild vom Hirten entworfen<br />

hat, sondern er ist unser guter Hirte geworden.<br />

Mir wird nichts mangeln!


16. Mai<br />

Seit ich Christus kenne, ist für mich alles<br />

wertlos, was ich früher für so wichtig gehalten<br />

habe. Denn das ist mir klar geworden: Gegenüber<br />

dem unvergleichlichen Gewinn, dass<br />

Jesus Christus mein Herr ist, hat alles andere<br />

seinen Wert verloren. Ja, alles andere ist nur<br />

noch <strong>Dr</strong>eck, wenn ich bloss Christus habe.<br />

(Philipperbrief 3, 7-8)<br />

Was meint wohl Paulus, was für ihn wertlos sei?<br />

Andere übersetzen gar, dass es sich um „Schaden“<br />

handle, welchen Paulus sich vom Halse<br />

schaffen will. Es ist seine ruhmreiche Vergangenheit<br />

in der jüdischen Frömmigkeit: „Darin kann<br />

ich es mehr rühmen als andere, beschnitten am<br />

achten Tage, aus dem Volk Israel, dem Stamm<br />

Benjamin, ein Hebräer <strong>von</strong> Hebräern, ein glänzender<br />

Pharisäer nach dem Gesetz, voll Eifer die<br />

Gemeinde Jesu verfolgend, in der im Gesetz verlangten<br />

Gerechtigkeit untadelig geworden.“ Das<br />

war Gewinn, jetzt aber um Christi willen reiner<br />

Schade, ja lauter <strong>Dr</strong>eck, der einem am Bein klebt.<br />

Den wirft er jetzt weg, weil Christus der wahre<br />

Gewinn ist! „Wenn ich nur dich habe, so frage ich<br />

weiter nach nichts, seis im Himmel oder auf Erden.“<br />

Dieser Gewinn lässt sich mit nichts vergleichen.<br />

Er ist die Ähnlichkeit mit Christus als Zielvorgabe.<br />

Paulus sagt dazu: „Ich habe das Ziel im<br />

Auge und laufe darauf zu, um es zu ergreifen,<br />

nachdem Christus mich zuerst ergriffen hat. Ich<br />

lasse alles liegen, was hinter mir ist. Ich strecke<br />

mich nach dem aus, was vor mir liegt. Ich laufe<br />

auf das Ziel zu, weil ich den Preis will, der auf den<br />

Sieger wartet. Und das ist der Preis: dass Gott<br />

mich zu sich holt, weil ich zu Christus gehöre.“<br />

Womit Paulus sich so rühmt, will er ansteckend<br />

wirken. Als kleines Beispiel kommt er sich vor,<br />

das, wenn es sich in vielen Christen multipliziert,


grosse Wirkung in der Welt hat. Und um diese<br />

<strong>Aus</strong>wirkung geht es ihm, dass der ganze Erdkreis<br />

<strong>von</strong> Christus hört und durch seine Versöhnung<br />

für das Himmelreich gewonnen wird. Und es wird<br />

geschehen: „Wo sein Name genannt wird, sollen<br />

alle Knie sich beugen im Himmel, auf Erden und<br />

unter der Erde und jeder Mund soll bekennen:<br />

‚Jesus Christus ist Herr!’, und Gott, den Vater,<br />

rühmen und preisen.“


17. Mai<br />

Herr, wie sind deine <strong>Werke</strong> so gross, du hast<br />

sie alle weislich geordnet. (Psalm 104, 24)<br />

Ein Bauer lag im Schatten einer Eiche und betrachtete<br />

eine Kürbisstaude, die an dem gegenüberstehenden<br />

Gartenzaun emporwuchs. Da<br />

schüttelte er den Kopf und sagte: „Fürwahr, dies<br />

ist doch schlecht gemacht, dass die niedrige Staude<br />

dort so herrliche Früchte trägt; denn schöner<br />

würden sie an diesem starken Eichbaum prangen.<br />

Es schlief wohl der, der alles soll erschaffen haben.“<br />

Kaum hatte er das gesagt, da fiel aus dem<br />

Wipfel des Baumes eine Eichel herab und traf ihn<br />

so stark auf die Nase, dass sie blutete. „O weh“,<br />

rief der erschrockene Mann, „wie froh bin ich,<br />

dass diese Eichel kein Kürbis war, sonst hätte er<br />

mir die ganze Nase zerquetscht.“<br />

Diese Fabel macht deutlich, dass nicht ein blinder<br />

Zufall am <strong>Werke</strong> war, sondern ein überlegener<br />

und überlegender Geist. Kein Stümper, sondern<br />

der Herr der Welt. Gottes Schöpfung ist kein<br />

Produkt einer Laune, sondern das Ergebnis <strong>seiner</strong><br />

Weisheit. Wir gehen täglich mit seinen Wunderwerken<br />

um und wundern uns nicht mehr. Alles<br />

erscheint uns selbstverständlich. Und doch: „Mein<br />

Auge sieht, wohin es blickt, die Wunder deiner<br />

<strong>Werke</strong>. Wer kleidet sie mit Majestät?“


18. Mai<br />

Wer will uns <strong>von</strong> der Liebe Christi scheiden?<br />

(Römer 8, 35)<br />

Wo durch den Glauben Menschen an Gott gebunden<br />

sind, gibt es keine Kraft der Welt, die sie<br />

auseinanderziehen könnte. Sie gehören zusammen.<br />

Und die geheimnisvolle Kraft zwischen beiden<br />

ist die Liebe Jesu. Darum sagt Paulus im Römerbrief:<br />

„Wer will uns <strong>von</strong> der Liebe Christi<br />

scheiden? Etwa Trübsal oder Bedrängnis, Verfolgung<br />

oder Hunger oder Mangel an Kleidung, Gefahr<br />

oder Henkerbeil?“ Die geheimnisvolle Kraft<br />

ist grösser und unsere Angst überflüssig. Wir sind<br />

sein Eigentum. Und selbst die raffinierteste Macht<br />

der Welt reisst keinen aus <strong>seiner</strong> <strong>Hand</strong>.<br />

Dazu ein kleines Beispiel: Otto <strong>von</strong> Guericke war<br />

der Erfinder, der die ungeheure Kraft des Luftdrucks<br />

entdeckte. Er liess zwei eiserne Halbkugeln<br />

anfertigen, und es gelang ihm, den Hohlraum<br />

zwischen ihnen luftleer zu pumpen. Dann liess er<br />

Pferde anspannen, welche die Halbkugeln nach<br />

beiden Seiten auseinanderreissen sollten, ein Paar,<br />

zwei Paare, schliesslich drei Paar Pferde auf jeder<br />

Seite. Und zum Staunen der aller Welt brachten<br />

sie die Halbkugeln nicht auseinander. Die Magdeburger<br />

Kugeln bleiben uns ein Gleichnis!


19. Mai<br />

Die Güte des Herrn ist’s, dass wir nicht gar<br />

aus sind.<br />

Der Herr hat Geduld mit euch und will nicht,<br />

dass jemand verloren werde, sondern dass jedermann<br />

zur Busse finde.<br />

(Klagelieder 3, 22+2. Petrusbrief 3, 9)<br />

Wer ein düsteres Bild unserer Welt und im besonderen<br />

unserer Menschheit zeichnet, wird als<br />

Weltfremder, Weltuntergangsprophet, Nestbeschmutzer<br />

und Spielverderber abgeschrieben.<br />

Wird ein Pfarrer dazu ein Wörtlein wagen,<br />

schenkt man ihm wenigstens ein müdes Lächeln.<br />

Dabei hat er klipp und klar zu sagen, dass es ohne<br />

einen bestimmten Vorbehalt, einfach aus und fertig<br />

wäre mit uns. Was wäre dann mit unseren<br />

hochfliegenden Plänen in der Forschung; was mit<br />

der Spitzenmedizin, welche dem grossen Krankheitselend<br />

einsam und erschrocken gegenüber<br />

stehen muss; was mit der elenden Unterhaltungsmaschinerie,<br />

welche die Jugend verpäppelt und<br />

unreif bleiben lässt; was mit der verlogenen Politik<br />

und Wirtschaft usw? Der Vorbehalt kommt<br />

<strong>von</strong> Gott selber: „Die Güte des Herrn ist’s!“ Aber<br />

es heisst nicht: …dass wir noch einmal da<strong>von</strong> gekommen<br />

sind, dass wir noch einmal Glück gehabt<br />

haben – nein, die Gefahr unterzugehen besteht<br />

noch: „dass wir nicht g a r aus sind.“ Wir<br />

haben trotz der Güte des Herrn kein Freibillett<br />

ins Zirkusleben. Deutlich stehts da: Gott hat Geduld<br />

mit euch und will, dass jedermann den Weg<br />

zur Busse findet. Diese Forderung mag uns zu<br />

steil und unmodern sein. Doch es führt kein Weg<br />

daran vorbei. Die Frage ist doch, was wir unter<br />

Busse verstehen und ob wir gewillt sind die Konsequenzen<br />

zu vollziehen. Busse heisst einfach<br />

Umkehr, Umdenken, Neuausrichtung usw. Wer<br />

das wagt, erfährt spürbare Erleichterung. Der


drückende Rucksack wird angenehmer und weicht<br />

schliesslich. Es kann dahin kommen, was eine<br />

weise Frau in einem Buchtitel formuliert hat: Busse<br />

– glückseliges Leben! Gott hat den ersten verlässlichen<br />

Schritt getan, zum zweiten sind wir herausgefordert.<br />

Es ist unser ewiger Gewinn oder<br />

ewiger Verlust, je nachdem wie wir uns entscheiden.


20. Mai<br />

Zwei Männer in weissen Gewändern sagten:<br />

Ihr Männer <strong>von</strong> Galiläa, was steht ihr da und<br />

seht zum Himmel? Dieser Jesus, der <strong>von</strong><br />

euch weg gen Himmel aufgenommen wurde,<br />

wird so wiederkommen, wie ihr ihn habt gen<br />

Himmel fahren sehen. (Apostelgeschichte1,11)<br />

<strong>Aus</strong> der Werkstatt der modernen Theologie:<br />

„Die Bibel sagt: Vor langer Zeit flog Gottes eigner<br />

Sohn bei Tagesanbruch himmelwärts zu seines<br />

Vaters Thron.<br />

Seit diesem Tag erwartet man den Gottessohn zurück;<br />

doch wartet man noch heute drauf und hat<br />

damit kein Glück.<br />

Mancher sucht ein Paradies im Himmel, weil er<br />

dabei ganz vergisst, dass ein Paradies auf Erden<br />

besser für die Menschen ist.“<br />

In der neuen Phase der Aufklärung meldet sich<br />

die Vernunft lautstark zu Wort und hält das ganze<br />

Geschehen für einen Mythos,, den wir ehrlicherweise<br />

nicht mehr ernst nehmen dürften.<br />

Die englische Sprache hat für Himmel zwei<br />

grundverschiedene <strong>Aus</strong>drücke: Sky und heaven. In<br />

den sky kann man mit Fernrohren schauen, sky ist<br />

das Universum mit Sonnen, Monden und Sternen.<br />

Der Himmel im UnserVater dagegen heisst heaven,<br />

den man weder mit Teleskopen noch mit Radargeräten<br />

durchforschen kann. Jesus ist nicht in den<br />

Sky sondern in den heaven hinaufgefahren. Eins ist<br />

richtig, zwischen Himmelfahrt und Wiederkunft<br />

haben wir nicht gen Himmel zu schauen und zu<br />

spekulieren, wann der Herr wiederkommen wird.<br />

Luther hat dafür ein treffendes Wort gesagt: „Was<br />

gaffst du gen Himmel? Der Herr Christus steht<br />

vor der Tür.“ Vor Deiner Tür!


21. Mai<br />

Ihr habt ihn nie gesehen und liebt ihn doch.<br />

Ihr glaubt an ihn, obwohl ihr ihn auch jetzt<br />

nicht sehen könnt, aber eure Freude wird<br />

grenzenlos sein, denn ihr kennt das Ziel eures<br />

Glaubens: die Rettung für alle Ewigkeit.<br />

(1. Petrusbrief 1, 8-9)<br />

Viele Menschen meinen, wenn sie Jesus sehen<br />

könnten, würden sie an ihn glauben. Das sind<br />

Menschen, denen das Wort gilt: „Glücklich sind,<br />

die nicht sehen und doch glauben.“ Und manche<br />

Christen denken, ihr Glaube hätte mehr Tiefgang,<br />

wenn sie Jesus erleben könnten wie die Jünger<br />

damals. Für sie gilt: “Mir aber ist es köstlich, Gott<br />

nahe zu sein, ich setze meine Zuversicht auf Gott<br />

den Herrn und verkünde alle deine <strong>Werke</strong>.“ Und<br />

doch sehen wir die obigen Wünsche schon in den<br />

frühen Christengemeinden vorhanden zu sein.<br />

Aber Petrus macht wunderbare Erfahrungen. Die<br />

Gemeinden, an die er schreibt, stellen ihre Wünsche<br />

nicht in den Vordergrund. Im Vordergrund<br />

stehen die Liebe und unverbrüchlicher Glaube<br />

und die grenzenlose Freude der Zukunft, wenn<br />

ihre Rettung offenbar werden wird.<br />

Sicherlich haben die Apostel als Augenzeugen<br />

mehrere Vorteile gegenüber den jungen Gemeinden.<br />

Doch sind sie auch ganz besonders den Angriffen<br />

des Bösen und dem Neid vieler Menschen<br />

ausgesetzt. Sie kennen vieles langes Leiden und<br />

sind in manchem Martyrium bewährt. Auch die<br />

Gemeinden werden bald ganz neuen Erprobungen<br />

ausgesetzt werden und wie wir wissen, haben<br />

sie auch darin die Liebe zu Jesus und den Glauben<br />

an ihn, kräftig bewahrt.


22. Mai<br />

Fürchtet euch nicht, wenn euch die Leute<br />

schmähen, und entsetzt euch nicht, wenn sie<br />

euch verhöhnen!<br />

Habt ein gutes Gewissen, damit die, die euch<br />

verleumden, zuschanden werden, wenn sie<br />

euren guten Wandel in Christus schmähen.<br />

(Jesaja 51, 7+1. Petrusbrief 3, 16)<br />

Altes und Neues Testament begegnen sich. Kraft<br />

wird verheissen. Ein gutes Gewissen wird zum<br />

starken Trost postuliert. Furcht wird zur Seite geschoben.<br />

Der Herr triumphiert.<br />

Was ist dessen Grund und wen betrifft es überhaupt?<br />

Es geht um die Kinder Gottes aller Zeiten<br />

der Menschheitsgeschichte. Wo Licht ist, ist auch<br />

Schatten. Wer sich zu Gott bekennt, bringt Mitmenschen<br />

gegen sich auf. Aber: fürchtet euch<br />

nicht, entsetzt euch nicht, habt ein gutes Gewissen.<br />

Die Schattenmenschen machen mit ihrer<br />

Verhöhnung und Schmähung grossen Lärm,<br />

sonst nichts, ausser dass sie damit lügen. Eigentlich<br />

anerkennen sie den guten Wandel der Kinder<br />

Gottes und Nachfolger Jesu, sie geben es selber<br />

zu.<br />

Die Lichtmenschen mögen sagen: Gewiss ist unser<br />

Auftrag leichter mit diesen Ermunterungen<br />

Gottes, aber durchlitten muss es alleweil doch<br />

sein. Aber da müssen wir ehrlich sein und<br />

zugeben, dass uns Gott nie einen roten Teppich<br />

durchs Leben versprochen hat. Doch ist es ein<br />

starker Trost, dass uns der Lebensfürst zur Seite<br />

steht und den schmalen Weg mit uns geht.


23. Mai<br />

Und betet stets in allen Dingen.<br />

(Epheserbrief 6, 18)<br />

Pfarrer Rothenberg wurde eine merkwürdige Frage<br />

gestellt: „Darf man dafür beten, dass die Einmachgläser<br />

nicht aufgehen?“<br />

Er antwortete: „Wenn mitten im Unservater die<br />

Bitte um das tägliche Brot steht und wenn dazu<br />

alles gehört, was zur Leibesnahrung und Körperpflege<br />

gehört, dann darf man auch um das alles<br />

bitten. Mach aus allem ein Gebet. Wenn es aus<br />

einfältigem, kindlichem Herzen kommt, und du<br />

kannst um die Erweckung der ganzen Welt beten,<br />

und es ist ein närrisches Gebet, wenn du nicht<br />

glaubst, dass es einen Gott gibt, der das tun will<br />

und der Gebete erhört. Wenn der Gerechte sich<br />

seines Viehs erbarmt, kriegen also die Kühe im<br />

Stall es zu merken. So ihr nicht werdet wie die<br />

Kinder…!“<br />

Ist das primitiv? Nein. Das entspricht dem Vater-<br />

Kind Verhältnis. Oder bilden wir uns ein, jemals<br />

„Erwachsene“ Gottes zu werden? Diesen Begriff<br />

kennt die Bibel nicht. Nur Kinder kommen mit<br />

allen Dingen zum Vater. Mit den bequemen und<br />

unbequemen, mit den grossen und den kleinen,<br />

mit den aussergewöhnlichen und den alltäglichen<br />

Dingen, mit den klügsten und scheinbar dümmsten<br />

Fragen Und wir finden ein offenes Ohr – die<br />

Bibel bezeugt es. Wir bekommen Hilfe und Antwort,<br />

wir müssen nur warten können; über den<br />

Zeitpunkt und der Art der Erhörung bestimmt<br />

der Herr.


24. Mai<br />

Ihr werdet Kraft empfangen, wenn der Heilige<br />

Geist über euch kommt und ihr werdet<br />

meine Zeugen sein in Jerusalem, in ganz Judäa,<br />

in Samaria und bis an die Enden der Erde.<br />

(Apostelgeschichte 1, 8)<br />

Da steht man vor lauter Ergriffenheit innerlich<br />

geradezu auf, wenn man erfährt, dass dies die letzten<br />

Worte Jesu sind, die er auf Erden gesprochen<br />

hat bis zu <strong>seiner</strong> Wiederkunft. Und es ist nicht der<br />

letzte Wille wie bei einem Sterbenden, sondern es<br />

handelt sich um eine erregende Verheissung, eine<br />

Zusage inklusive eines Auftrages.<br />

Von Kraft ist die Rede. Von einem Mythos unserer<br />

Zeit? Kraft im Beruf, Kraft in der Freizeit,<br />

Kraft in der politischen <strong>Aus</strong>einandersetzung,<br />

Kraft zwischen den Generationen, Kraft der Motoren,<br />

Windkraft, Wasserkraft, Atomkraft usw. ?<br />

Nichts <strong>von</strong> alledem. Das ist zum grossen Teil<br />

menschliche Kraft und in allem sicher diesseitige<br />

Kraft, zum Teil Schöpfungskraft. Aber nun erfahren<br />

wir <strong>von</strong> einer jenseitigen Kraft, Kraft des Heiligen<br />

Geistes oder Kraft die auf einen kommt,<br />

wenn der Heilige Geist erscheint – eine wahrhaft<br />

neue Dimension <strong>von</strong> Kraft, die alles andere<br />

sprengt. Diese Kraft hat keine zerstörerische<br />

Macht, sie ist positiv, aufbauend, liebreich und<br />

anteilnehmend. Sie hat den Auftrag, uns zu Zeugen<br />

zu machen und durch uns mit dem Evangelium<br />

<strong>von</strong> Stadt zu Stadt, <strong>von</strong> Land zu Land zu gelangen<br />

bis an die Enden der Erde.<br />

Der Heilige Geist ist der Vertreter Jesu Christi<br />

und lehrt nichts anderes, als was er <strong>von</strong> Christus<br />

empfängt. Der Heilige Geist ist der Fürsprecher<br />

der glaubenden, liebenden und hoffenden Menschen<br />

bei Gott. Er ist der Beistand derjenigen, die<br />

meinen, es geht nicht mehr, die Umstände sind zu<br />

mächtig für uns. Der Heilige Geist ist der Tröster


aller Bekümmerten, Trauernden Verzweifelten,<br />

Deprimierten und sonstwie Gestrandeten. Das<br />

Evangelium ist die Grundlage für alles Wirken des<br />

Heiligen Geistes durch uns, Christi Zeugen. Zeuge<br />

zu sein ist eine hoheitsvolle Aufgabe, welche in<br />

erster Linie eine Gabe des Heiligen Geistes ist.<br />

Wir wissen heute mehr über diesen Auftrag, Für<br />

die Jünger damals war das ein Riesenrisiko, aber<br />

sie haben gehorcht, zaghaft zwar, da und dort<br />

Halt fassend, aber sie erlebten, wie sie <strong>von</strong> ihrem<br />

Herr ausgerüstet worden sind. Vergleicht man die<br />

Jünger der Passionszeit mit denen der Himmelfahrts-<br />

und Pfingstzeit, so kennt man jetzt die<br />

Jünger kaum mehr. Soviel Mut und Kraft ist in sie<br />

gefahren, dass man nur staunt und dankbar ist für<br />

das Kommen des Heiligen Geistes, der aus verzagten<br />

Jüngern, strahlende Zeugen <strong>seiner</strong> Liebe<br />

und Macht, <strong>seiner</strong> Vergebung und Versöhnung<br />

gestaltet hat. Ihr werdet meine Zeugen sein!


25. Mai<br />

Selig sind, die das Wort Gottes hören und<br />

bewahren. (Lukas 11, 28)<br />

Der „Gläubige“ <strong>von</strong> Ernst Barlach.<br />

Er entstammt einer Reihe <strong>von</strong> Figuren, die den<br />

Namen „Fries der Lauschenden“ tragen. Es sind<br />

Menschen, die einer Botschaft lauschen, hingebungsvoll,<br />

erwartend, gläubig, fragend und zweifelnd.<br />

<strong>Aus</strong> dem Gesicht des Mannes mit dem<br />

strahlenden Lächeln spricht eine tiefe Freude. Er<br />

ist ganz dabei. Er sträubt sich nicht und wendet<br />

sich nicht ab, weil die Dinge der andern Welt für<br />

ihn antiquiert sind. Seine Züge kennzeichnen kein<br />

Vorurteil, und er zieht keine Grimassen, weil er<br />

mit den sogenannten „frommen Geschichten“<br />

fertig ist. Er lässt sich nicht ablenken und <strong>von</strong><br />

tausend Kleinigkeiten und Wichtigkeiten abhalten.<br />

Ja, man hat geradezu den Eindruck, als habe er<br />

kurz zuvor das Telefon und das Radio abgeschaltet,<br />

um ganz für eine lebensnotwendige Nachricht<br />

frei zu sein.<br />

Glückselig sind die Menschen, sagt Jesus, die<br />

Gottes Wort hören und bewahren. Die nicht <strong>von</strong><br />

vornherein skeptisch sind und abschalten; die sich<br />

die Ohren zuhalten und mit tausend Wenn und<br />

Aber an die Sache herangehen. Der „Gläubige“<br />

öffnet seine Hände und schliesst sich der Botschaft<br />

auf. Wieviel Hetze und Betriebsamkeit,<br />

Abwehr und Vorurteil bringen wir mit. Wir brauchen<br />

offene Hände, offene Augen und offene<br />

Herzen. Dann geht die Botschaft nicht ins eine<br />

Ohr hinein und zum andern wieder hinaus. Wir<br />

halten sie fest, wir bewahren sie und sie verwandelt<br />

uns. Glücklich zu preisen sind solche Leute.


26. Mai<br />

Der Herr sättigte sie mit Himmelsbrot. Er<br />

öffnete den Felsen, da flossen Wasser heraus,<br />

dass Bäche liefen in der dürren Wüste. Denn<br />

er gedachte an sein heiliges Wort, das er Abraham,<br />

seinem Knechte gegeben hatte.<br />

(Ps.105, 40-42)<br />

Dieser Psalm trägt die Überschrift: „Gottes Wundertaten<br />

an den Vätern“. Es ist der Anfang und<br />

der Fortgang der Geschichte eines ganzen Volkes.<br />

Mit einer Familie, Abrahams, hat alles begonnen<br />

und findet seinen vorläufigen Halt in der Eroberung<br />

verschiedener Länder und Völker bis ins<br />

Heilige Land. Keine Sekunde war es allein gelassen,<br />

auf sich selbst gestellt, selber verantwortlich.<br />

Immer war der Segen Gottes mit ihm. Wie oft<br />

war das Volk Israel unzufrieden mit seinem Gott<br />

und murrte drauflos, bis sich Mose erbarmte und<br />

bei Gott vorstellig wurde. Und Gott schlug Mose<br />

keine Bitte ab. <strong>Aus</strong> Murren wurden Wunder:<br />

Himmelsbrot und Wasserbäche aus den Wüstenfelsen.<br />

Es wäre aber fatal, aus diesen Situationen einen<br />

Lehrsatz aufstellen zu wollen, so in der Art: je<br />

mehr Murren desto grössere Wunder. Gottes<br />

Verhalten ist in jedem einzelnen Falle ein Unikat,<br />

unvergleichlich mit andern Ereignissen. Gott ist<br />

doch nicht an unser Murren gebunden. Wunder<br />

aufgrund <strong>von</strong> unserem Murren lassen uns nicht<br />

frei aufblicken, sind eher bedrückend, haben uns<br />

in Schuld gegenüber Gott gebracht. Ganz echte<br />

Freude über das Wunder gibt es erst, wenn wir<br />

Vergebung unserer Schuld erfahren haben. Das<br />

muss uns ein grosses Anliegen sein.<br />

Die Treue Gottes hat aber bei den Vätern ihren<br />

tiefsten Grund darin, dass Gott <strong>seiner</strong>zeit dem<br />

Abraham sein unverbrüchliches Wort gegeben<br />

hat. Für uns Christen hat die Treue Gottes ihren


Grund in der Hingabe Jesu Christi, als Opfer für<br />

all unsere Schuld. Unsere Antwort könnte sein:<br />

„Nun, ich kann nicht viel geben in diesem armen<br />

Leben; eins aber will ich tun: Es soll dein Tod und<br />

Leiden, bis Leib und Seele scheiden, mir stets in<br />

meinem Herzen ruhn.“


27. Mai<br />

Vergiss nicht, was er dir Gutes getan hat.<br />

( Psalm 103, 2)<br />

„Während das Bombardement den Schützengraben<br />

in Fossalta in Stücke zerriss, lag er flach und<br />

schwitze und betete: ‚Ach, lieber Herr Jesus, hilf<br />

mir hier raus. Lieber Herr Jesus, bitte, hilf mir<br />

raus. Christus, bitte, bitte, bitte, Christus. Wenn<br />

du mich vor dem Tod bewahrst, will ich alles tun,<br />

was du verlangst. Ich glaube an dich, und ich<br />

werde allen Leuten in der ganzen Welt sagen, dass<br />

du das Einzige bist, worauf es ankommt im Leben.<br />

Bitte, bitte, lieber Herr Jesus.’ Das Granatfeuer<br />

zog weiter hinauf. Wir begannen in unserem<br />

Graben zu arbeiten, und am Morgen ging die<br />

Sonne auf, und der Tag war heiss und erfreulich<br />

und ruhig. Am nächsten Abend hinten in Mestre<br />

erzählte er dem Mädchen, mit dem er in die Villa<br />

Rossa hinaufging, nichts, keine Silbe <strong>von</strong> Jesus.<br />

Und er erzählte überhaupt keinem <strong>von</strong> Jesus und<br />

interessierte sich nicht für seinen Willen.“ (Hemingway)<br />

Diese Situationen kennen viele <strong>von</strong> uns. Im Spital<br />

haben wir sie erlebt. Bei einer Geburt oder nach<br />

einem schweren Unfall. Wir haben Gelübde abgelegt<br />

und Versprechungen gemacht. Und nachher?<br />

Vergessen oder zu feige, wie der Soldat im Schützengraben<br />

<strong>von</strong> Fossalta. Wir haben gejammert,<br />

die leeren Hände hingehalten und die Gaben ganz<br />

selbstverständlich angenommen. „Vergiss nicht,<br />

was er dir Gutes getan hat.“ Schliesslich versprechen<br />

wir nichts dem blauen Himmel, sondern<br />

dem lebendigen Gott.


28. Mai<br />

Denn erschienen ist die Gnade und Barmherzigkeit<br />

Gottes, mit der er alle Menschen retten<br />

will. (Titusbrief 2, 11)<br />

„Also wirklich, liebe Frau, das ist ein ausgezeichnetes<br />

Buch für Ihren Sohn“, erläutert der Buchhändler<br />

einer Dame. „Ja, - aber das andere da –<br />

das muss doch besser passen. Da steht ja: Soeben<br />

erschienen.“ Der Geschäftsmann schwieg höflich<br />

und packte das ‚soeben erschienene’ Buch in Papier.<br />

Nachher sagte er zu mir: „Unbegreiflich, wie<br />

kurzsichtig manche Leute sind. Nun hat sie für<br />

ihren Jungen dieses Buch gekauft, bloss weil es in<br />

der Neuauflage den Zettel trug : ‚Soeben erschienen’.“<br />

Da steht nun das Wort vor uns: „Es ist<br />

(damals) e r s c h i e n e n die Gnade und Barmherzigkeit<br />

Gottes allen Menschen.“ „Ach – die<br />

alte Geschichte!“ Und das Urteil ist fertig, zugunsten<br />

irgendeiner Weisheit des Tages, die den Vorzug<br />

trägt: „Soeben erschienen!“ (D.Horch)<br />

So sind wir. Das Neue, das Aktuelle interessiert<br />

uns. Die alten Geschichten interessieren uns<br />

nicht. Sie sehen nach staubbedeckter Vergangenheit<br />

aus. Und doch sind sie aktueller und heilsamer<br />

als jede Zeitung. Jawohl, Jesus ist vor 2000<br />

Jahren in die Welt gekommen, aber seine Gnade<br />

und Barmherzigkeit ist jeden Morgen neu. Das<br />

„soeben erschienen“ hilft keinem Menschen.<br />

Aber die „damals erschienene“ Gnade rettet auch<br />

heute noch den, der sie in Anspruch nimmt. Seine<br />

Gnade und Barmherzigkeit ist nicht – wie die Zeitungsnachricht<br />

– morgen überholt.


29. Mai<br />

Und biete dich selbst ihnen in jeder Beziehung<br />

als Vorbild für ein gutes Verhalten dar.<br />

(Titusbrief 2, 7)<br />

In einem Frauenkloster hatte eine Novizin einen<br />

ganz schweren Verstoss gegen Gehorsam und<br />

Ordnung begangen. Die Angelegenheit wurde der<br />

Priorin gemeldet; sie erbleichte, gab aber keine<br />

weitere Anweisung, sondern wies schweigend die<br />

Schwestern <strong>von</strong> sich, die ihr den Vorgang mitgeteilt<br />

hatten, und ging allein in die Kapelle hinüber.<br />

Am Nachmittag versammelte sie alle Schwestern<br />

und sagte: „Heute früh habe ich vernommen, was<br />

gestern abend in diesem Hause geschehen ist.<br />

Was für eine Priorin muss ich sein, dass dies unter<br />

meiner Leitung geschehen konnte, wie wenig lebendiger<br />

Glaube muss aus meinen Worten reden,<br />

wie wenig wahre Treue muss aus meinem Gesicht<br />

leuchten! Nie wäre solches gewagt worden in diesen<br />

heiligen Mauern, wenn ich meine Seele so geheiligt<br />

hätte, wie es meine Verantwortung für<br />

euch erfordert.“<br />

Sie verhängte eine schwere Busse über sich, um in<br />

den Wochen der Entbehrung und inneren Einkehr<br />

ein umso besserer Halt für die übrigen<br />

Schwestern zu werden. Das gab eine ungeheure<br />

Erregung unter den Schwestern. Sie hatten etwas<br />

anderes erwartet. Ihre moralische Erbitterung<br />

über die Sünderin war nicht befriedigt worden.<br />

Eine ging zur Priorin und machte ihr Vorhaltungen.<br />

Aber sie zeigte auf das Kreuz Christi.<br />

Ein gutes Vorbild reizt zum vorbildhaften Verhalten.<br />

Schlechte Vorbilder verderben gute Sitten.<br />

Vielleicht hat unser Christentum darum so wenig<br />

Ansteckendes für unsere ungläubige Umgebung,<br />

weil wir so wenig vorbildlich leben.


Wir haben nichts Einladendes und Gewinnendes,<br />

nichts Überzeugendes an uns. Wieviel Verlorene<br />

gehen wohl auf unser Konto?


30. Mai<br />

Gott hat aus einem Menschen das ganze<br />

Menschengeschlecht gemacht, damit sie auf<br />

dem ganzen Erdboden wohnen, und er hat<br />

festgesetzt, wie lange sie bestehen und in welchen<br />

Grenzen sie wohnen sollen, damit sie<br />

Gott suchen sollen. Fürwahr, er ist nicht ferne<br />

<strong>von</strong> einem jeden <strong>von</strong> uns.<br />

(Apostelgeschichte 17, 26-27)<br />

Mit einem Schlag werden wir in den Anfang der<br />

Schöpfung versetzt. Ein Mensch ist da und steht<br />

der ganzen Schöpfung Himmels und der Erden<br />

hilflos gegenüber – er ist einsam. Er hat Tieren<br />

und Pflanzen Namen gegeben aber sie sind keine<br />

Partner für ihn geworden. <strong>Aus</strong> dem ersten Menschen<br />

– Adam – wird die Frau geschaffen und aus<br />

dieser Beziehung wird nach und nach die<br />

Menschheit. Wie im Verborgenen wird vom Sündenfall<br />

gesprochen; <strong>von</strong> einer Frist des Lebens<br />

der Menschheit ist die Rede und <strong>von</strong> Grenzen des<br />

Wohnens, damit sie immer im Gegenüber <strong>von</strong><br />

Gott leben und ihn suchen sollen, ob er ihnen<br />

gnädig sei. Und „fürwahr, er ist nicht ferne <strong>von</strong><br />

einem jeden <strong>von</strong> uns.“ Damit sind wir in der Gegenwart<br />

angelangt. Es wird deutlich, dass sich<br />

zwar die Menschheit gebildet und vergrössert hat,<br />

dass sie sich aber auch in grosse Schuld verstrickt<br />

hat. Busse wird ihr im Folgenden angeraten, Umkehr,<br />

Umdenken, Umsinnen, Neuformulieren <strong>von</strong><br />

Weg und Ziel des Menschseins. Im Gegenüber<br />

mit Gott kommt die Rede auf einen Mann, der<br />

auferstanden sei <strong>von</strong> den Toten und der Gerechtigkeit<br />

schaffen werde durch den Glauben an ihn.<br />

Dieser Mann, Christus, ist der Erlöser und Versöhner,<br />

der auch die Frist des Lebens und die<br />

Grenzen des Wohnens erträglich macht.


31. Mai<br />

Ich will meinen Geist in euer Inneres legen<br />

und solche Leute aus euch machen, die nach<br />

meinen Geboten handeln und mein Wort halten.<br />

Die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere<br />

Herzen durch den Heiligen Geist, der uns<br />

gegeben ist.<br />

(Ezechiel 36, 27+ Römerbrief 5, 5)<br />

Nach langer Ungehorsamszeit nimmt Gott das<br />

Heft wieder ganz neu in seine Hände. Die Menschen<br />

haben alles getan, um alle Gunst bei Gott<br />

zu verlieren und nach ihrer eignen Pfeife zu tanzen.<br />

Kein Gottesgericht konnte sie alarmieren, im<br />

Gegenteil, sie sind sich unvorteilhaft behandelt<br />

vorgekommen. Sie sind hart geworden, hart im<br />

Verstand, hart in den Herzen – Steinen gleich!<br />

Gottes Einschätzung der Lage der Menschen ist<br />

100% negativ, nie werden sie sich selbst befreien<br />

können, wenn sie aufwachen aus ihrem Schlamassel.<br />

Weil Gottes Wesen Liebe ist und er nicht zu<br />

lange zuschauen kann, greift er heilend ein, auch<br />

wenn es den Menschen weh tun muss. Lest das<br />

bitte an der obigen Stelle in der Bibel nach. Das<br />

Entscheidende ist aber, dass Gott seinen Geist in<br />

das Innere der schuldigen Menschen legt und<br />

Menschen aus ihnen macht, die ihm gehorchen<br />

und sein Wort halten. Doch über die Schuld<br />

wächst kein Gras, darf keines wachsen – es wäre<br />

niemandem gedient damit. Aber die Sünder können<br />

nicht sühnen, es übersteigt ihre Schwachheit.<br />

Es braucht einen anderen, einen Starken, einen<br />

Gottessohn. Und der kommt und ist gekommen.<br />

<strong>Aus</strong> lauter Liebe hat er das Kreuz erduldet und<br />

die Sünde aller Welt hinaufgetragen und vernichtet.<br />

Und diese Liebe ist nun in unsern Herzen eingegossen.<br />

Das ist die Tat des Heiligen Geistes, der<br />

das Werk Christi für jeden vollkommen erfahrbar


macht, der darnach Verlangen hat. Welch grosse<br />

Freude leitet unsern Herrn, dass er so gnädig mit<br />

uns verfährt. Wie danken wir das unserem Heiland?<br />

Sieh, du kommst nie aus dem Danken heraus,<br />

welches Glück, welche Freude!


1. Juni<br />

Jesus sagte: Jeder, der Sünde tut, ist der Sünde<br />

Knecht. Wenn nun aber der Sohn euch frei<br />

macht, werdet ihr wirklich frei sein.<br />

(Johannes 8, 34+36)<br />

Ich erinnere mich an eine Debatte in den Vereinten<br />

Nationen, in deren Verlauf der amerikanische<br />

Delegierte und ich uns gezwungen sahen, aufs<br />

entschiedenste gegen die Ungenauigkeiten des<br />

sowjetischen Vertreters einzuschreiten. Der Russe<br />

musste schweigen, zum mindesten zeitweilig.<br />

Nach der Versammlung näherte sich der Amerikaner<br />

unserem sowjetischen Kollegen und sagte:<br />

„Trotz allem, was ich heute über Sie gesagt habe,<br />

weiss ich, dass unser Land auch nicht vollkommen<br />

ist. Wir sind oft Sünder.“ Ich nahm das sowjetische<br />

Mitglied beim Arm. Ich sagte: „Dieser<br />

Amerikaner gibt zu, ein Sünder zu sein. Ich gebe<br />

zu, wir Briten sind auch oft Sünder. Und wie steht<br />

es mit Ihnen? Sind Sie jemals ein Sünder?“ Er<br />

dachte einen Augenblick nach und erwiderte feierlich:<br />

„Ich glaube nicht, dass wir dieses Wort in<br />

unserer Sprache haben.“ (K.Mackenzie)<br />

Dieser Russe war der irrigen Ansicht, <strong>von</strong> Natur<br />

aus schon frei zu sein <strong>von</strong> Sünde. Das ist der eine<br />

Irrtum, der andere ist, dass die Wörter Sünde und<br />

Sünder durchaus in der russischen Sprache geläufig<br />

sind.<br />

Die Einschätzung vom himmlischen Himmel her<br />

war brutal. So sehr Gott <strong>Aus</strong>schau hielt nach einem<br />

Menschen, der ohne Sünde ist, er fand keinen.<br />

Was muss das für eine Klage gewesen sein<br />

im Himmel, keiner, nicht einer, der ohne Sünde<br />

ist. Das hat grosse Mobilisation ausgelöst. Wir<br />

kennen die Geschichte. Es blieb dem Gottessohn<br />

vorbehalten, die Knechtschaft der Sünde zu<br />

durchbrechen und aufzulösen. Ob ein Wort in<br />

einer Sprache fehlt oder nicht, ist nicht massge-


end. Gott sieht, was Menschen nicht wahr haben<br />

wollen. Er sieht, ob wir gebunden oder frei sind.<br />

Wohl uns, wenn wir uns nicht um die Wahrheit<br />

herum drücken, sondern dazu stehen, dass wir<br />

einen Löser brauchen und dafür danken.


2. Juni<br />

Sollte aber Gott seinen <strong>Aus</strong>erwählten, die Tag<br />

und Nacht zu ihm rufen, ihr Recht nicht<br />

schaffen? Ich sage euch, er wird es tun in einem<br />

Augenblick. Wird jedoch der Menschen-<br />

und Gottessohn, wenn er kommt, auf Erden<br />

den Glauben finden? (Lukas 18, 7-8)<br />

Zuvor erzählte Jesus das Gleichnis vom ungerechten<br />

Richter, um den Jüngern zu zeigen,<br />

dass sie allezeit beten und nicht müde werden<br />

sollten, und sprach: Es war ein Richter in einer<br />

Stadt, der Gott nicht fürchtete und sich vor keinem<br />

Menschen scheute. Und eine Witwe war in<br />

jener Stadt, die kam immer wieder zu ihm und<br />

sagte: Schaffe mir Recht gegenüber meinem Gegner!<br />

Und er wollte eine Zeitlang nicht; doch<br />

nachher sagte er bei sich selbst: Wenn ich auch<br />

Gott nicht fürchte und keinen Menschen scheue,<br />

so will ich doch, weil mir diese Witwe Mühe<br />

macht, ihr Recht schaffen, damit sie nicht<br />

schliesslich kommt und mich ins Gesicht schlägt.<br />

Es scheint das Normale zu sein, dass die Nachfolger<br />

Jesu viel und öfters ins Unrecht versetzt<br />

werden. Sie werden dabei behaftet und die unmöglichsten<br />

Forderungen an sie gestellt. Dabei<br />

handelt es sich nicht nur um menschliche Gegner,<br />

sondern vielmehr um geistige Mächte als Gegenerschaft.<br />

Deswegen rufen sie Tag und Nacht zu<br />

Gott und bitten um sein Eingreifen. Und er<br />

schiebt das nicht auf die lange Bank, sondern<br />

greift plötzlich ein in einem Augenblick.<br />

Soweit so gut. Die Erwählten können aufatmen –<br />

sie sind frei. Dies geschieht in der Heilsgeschichte<br />

am laufenden Band, immer <strong>von</strong> Neuem bis zur<br />

Wiederkunft Christi. Und da geht nun Jesus über<br />

das Gleichnis hinaus: „Wie wird es sein, wenn ich<br />

wiederkomme, sind die Jünger gewachsen, haben


sich die Christen positiv entwickelt oder alles einfach<br />

an sich geschehen lassen? Werde ich den<br />

Glauben, die Hingabe und die Liebe zu mir finden<br />

und empfangen als reife Frucht ihres Erlebens<br />

mit mir?“ An dieser Frage und Antwort<br />

hängt alles, wenn wir nicht nur auf unser Recht<br />

pochen, sondern als dankbare Geschöpfe Christus<br />

preisen!


3. Juni<br />

Christus spricht: In der Welt habt ihr Angst;<br />

aber seid getrost, ich habe die Welt überwunden.<br />

(Johannes 16, 33)<br />

Angst – wovor Angst?<br />

Angst vor dem Strassenverkehr.<br />

Angst vor dem Arbeitsstress.<br />

Angst vor der Seekrankheit.<br />

Angst vor der Flugangst.<br />

Angst vor dem Sterben.<br />

Angst vor Hals- und Beinbruch.<br />

Angst vor Arbeitslosigkeit.<br />

Angst vor Rentenkürzung.<br />

Angst – wovor Angst?<br />

Vor allem in der Welt!<br />

Angst muss sein, sagen uns die gescheiten Psychiater;<br />

Angst macht vorsichtig. Gut so. Aber ich<br />

plädiere für Aufmerksamkeit und Geistesgegenwart.<br />

Angst ist wie eine Seuche. Sie greift um sich,<br />

ist ansteckend und masslos. Impfstoff gibt es keinen<br />

und wenn, macht er noch Angst, Angst vor<br />

der Nadel.<br />

In der Welt habt ihr Angst. Aber <strong>von</strong> der Welt<br />

kann man sich nicht abmelden. Wohin ginge die<br />

Fahrt? Statt Angst zu suchen, lesen wir weiter:<br />

Ein A b e r! Ein Wendepunkt, kein Kreisel! Halt,<br />

da gibt es eine neue Blickrichtung. Wohin? „Seid<br />

getrost; ich habe die Welt überwunden!“ Da, wo<br />

Christus ist, gibt’s diesen Trost, gibt’s diesen neuen<br />

Boden unter den Füssen, gibt’s eine neue Haltung<br />

und Zuversicht: Er hat überwunden. Nicht<br />

die böse Welt, sie war gut <strong>von</strong> Anfang an; aber die<br />

Welt, die wir teuflisch unterwandern liessen bis<br />

wir auf diesem heissen Boden nur noch tanzten<br />

vor Angst. Diese Unterwanderung ist besiegt,<br />

überwunden. Das gilt auf allen Gebieten. Überall<br />

heisst es „aber“ und „überwunden“. Seid getrost!!


4. Juni<br />

Er erniedrigte sich selbst und ward gehorsam<br />

bis zum Tode, ja zum Tode am Kreuz.<br />

(Philipperbrief 2, 8)<br />

Auf den Helmen der römischen Soldaten standen<br />

zwei Buchstaben, ein S und ein T. Das war die<br />

Abkürzung der beiden Wörter: „Semper Talis“, zu<br />

deutsch „Immer Derselbe“!<br />

Dem römischen Soldaten war es eine Mahnung,<br />

stets, in Krieg und Frieden, die gleiche Gesinnung<br />

der Vaterlandsliebe, des Todesmutes, der Kampfesfreudigkeit<br />

zu zeigen. –<br />

Bei Christus kann man im vollsten Masse dieses<br />

Wort in Anwendung bringen: Er war immer derselbe!<br />

In Lehre und Wirken, in Stille und Sturm,<br />

in Frieden und Kampf, - voller Gehorsam gegen<br />

den Vater, das war sein innerstes Interesse.<br />

Wir sind nicht immer dieselben. Und die römischen<br />

Soldaten sind es auch nicht immer gewesen.<br />

Unser steter Gehorsam ist mehr als zweifelhaft.<br />

Heute geht mit uns die Leidenschaft durch und<br />

morgen tun wir Busse. Mal so, mal so. Ein fortwährendes<br />

Auf und Ab. Semper talis, so möchten<br />

wir sein. <strong>Aus</strong> eigener Kraft werden wir es nie<br />

schaffen. Wir sind auf Christus angewiesen. Er ist<br />

nicht nur unser Vorbild, er ist auch unsere Kraft.<br />

Er ward gehorsam um unseres Ungehorsams willen.<br />

Er blieb derselbe, auch wenn wir es nicht fertig<br />

brachten. Das ist ein Grund zum täglichen<br />

Dank!


5. Juni<br />

Am siebenten Tag ist die Versammlung des<br />

Herrn. (5. Mose 16, 8)<br />

Zwei drastische Einladungen zum Gottesdienstbesuch:<br />

Die eine lautete: Nur Fassade? – Deinen Leib, der<br />

morgen schon im Grabe liegt, pflegst du mit Hingabe,<br />

deine Seele aber lässt du verkommen. Gib<br />

deiner Seele einen Sonntag. Geh zur Kirche.<br />

Daneben war eine Frau abgebildet, deren Gesicht<br />

eben aufgearbeitet wurde.<br />

Auf einem andern Plakat waren eine Kirche und<br />

ein Gefängnis abgebildet. Als Schlagzeile fiel in<br />

die Augen: Geheime Zusammenhänge. Durchschnittlicher<br />

Kirchenbesuch 9:1. Im Gefängnis ist<br />

es umgekehrt: 1:9.<br />

Der Sonntag ist mehr als ein freier Tag. Sonntags<br />

findet die Versammlung des Herrn statt. Wer den<br />

Gottesdienst verschläft, lässt seine Seele verkommen.<br />

Für unsere Fassade haben wir jede Zeit.<br />

Denn was Menschen <strong>von</strong> uns denken, ist uns<br />

zehnmal wichtiger, als was Gott <strong>von</strong> uns denkt.<br />

Gott interessiert sich wirklich nicht für unseren<br />

Teint. Gott schaut nach der Seele. Lässt uns das<br />

kalt? Die Versammlung am siebenten Tag ist die<br />

beste Kosmetik für die Seele. Gib deiner Seele einen<br />

Sonntag! Geh zur Kirche!


6. Juni<br />

Jesus sprach: Wer mich bekennt vor den<br />

Menschen, den will ich auch bekennen vor<br />

meinem himmlischen Vater. (Matthäus 10,<br />

32)<br />

Unter Gleichgesinnten in der Kirche fromm zu<br />

sein, ist kein Kunststück. Aber in der Schule, inder<br />

Fabrik, auf dem Bauplatz und auf dem Sportplatz,<br />

da wird die Sache problematisch. Da tauchen<br />

wir gerne unter, gleichen uns an und bekommen<br />

die Lippen nicht mehr auseinander.<br />

Wieviele geben ihr Christsein beim Eintritt in die<br />

Fabrik an der Garderobe ab? Der Glaube und das<br />

Fabrikleben sind für sie wie Kleider, die austauschbar<br />

sind. In der Kirche, im kirchlichen Verein,<br />

im Bibelkreis ist man fromm. In der Öffentlichkeit<br />

passt man sich an, wie ein Chamäleon an<br />

den farbigen Untergrund, auf dem es sitzt. Jesus<br />

will keine Chamäleonchristen, keine Konformisten<br />

und Mitläufer. Er will Menschen, die sich zu<br />

ihm bekennen – und zwar in jeder Situation.<br />

Gib, dass ich nicht <strong>von</strong> jenen,<br />

mein Heiland, möge sein,<br />

die morgen dich verhöhnen<br />

und heut’ dir Palmen streun.


7. Juni<br />

Simon, Simon, siehe, der Satan hat sich <strong>von</strong><br />

Gott ausgebeten, um euch im Sieb zu schütteln<br />

wie den Weizen; ich habe aber für dich<br />

gebeten, dass dein Glaube nicht aufhöre; und<br />

du, wenn du dich einst bekehrt hast, stärke<br />

deine Brüder! (Lukas 22, 31-32)<br />

<strong>Dr</strong>ei Jahre sind es nun, dass Jesus mit seinen Jüngern<br />

im Heiligen Land umher gezogen ist. In dieser<br />

kurzen Zeit haben die Jünger Erstaunliches<br />

erlebt, gesehen und gehört. Auch sind sie selber<br />

ausgezogen und haben gepredigt und geheilt und<br />

wurden Zeugen <strong>von</strong> der Macht ihres Meisters, der<br />

ganz woanders war. Sie waren treu behütet und<br />

bewahrt, jegliche Prüfungen und Erprobungen<br />

waren <strong>von</strong> ihnen ferngehalten. Sie lebten unter<br />

dem einzigartigen Schutz ihres Meisters.<br />

Nun kommt ein Schritt, den sie kennen könnten,<br />

denn Jesus hat öfters mit ihnen darüber gesprochen.<br />

Doch sie hatten andere Vorstellungen <strong>von</strong><br />

Jesus, legten ihm in Gedanken andere Pläne vor,<br />

hatten ganz andere Zukunftsvorstellungen, sie<br />

waren verschlossen für die göttlichen Pläne und<br />

die nächsten Schritte. Es scheint, dass nur einer<br />

wirklich an Jesus interessiert war. Simon Petrus.<br />

Ihn nimmt Jesus jetzt auch zur Seite und offenbart<br />

ihm himmlisches Geschehen. Der Satan hat<br />

sich <strong>von</strong> Gott auserbeten, die Jünger wie Weizen<br />

zu schütteln, bis sie vielleicht sogar irre werden an<br />

Jesus. Für Petrus hat aber Jesus gebetet, dass er<br />

bestehe im Glauben. Aber auch er muss durch<br />

tiefste Tiefen, bis er sich bekehren und <strong>von</strong> Jesus<br />

neu angenommen wird und seine Brüder stärken<br />

kann. Aber er hat eine Basis, die andere nicht haben<br />

– der nicht aufhörende Glaube. Was für eine<br />

Gnade für den Heissporn Petrus! Er wird zu einem<br />

der verlässlichsten Jünger werden. Diese<br />

Gnade gilt jedem und jeder, die sich ganz und gar


für Jesus und seinen Willen öffnen. Und dieser<br />

Wille ist umschlossen <strong>von</strong> der Liebe Jesu: Mein<br />

Joch ist sanft. Und halten wir es auch für uns fest:<br />

Ich habe für dich gebeten, dass dein Glaube nicht<br />

aufhöre.


8. Juni<br />

Nur durch Christus können wir die rettende<br />

Botschaft verkünden, den neuen Bund, den<br />

Gott mit uns Menschen geschlossen hat. Wir<br />

verkünden nicht länger die Herrschaft des<br />

geschriebenen Gesetzes, sondern das neue<br />

Leben durch Gottes Geist. Denn der Buchstabe<br />

tötet, Gottes Geist aber schenkt Leben.<br />

(2. Korintherbrief 3, 6)<br />

Paulus und seine Mitarbeiter sind ein starkes, gut<br />

eingespieltes Team. Sie könnten sich durchaus<br />

etwas auf sich einbilden. Vor allem sind so gewieft,<br />

dass sie die fruchtbare Verkündigung ihrer<br />

Geschicklichkeit zuschreiben könnten. Aber nein,<br />

sie sind so demütig und realistisch, dass sie ihr<br />

Werk nur Christus zuschreiben wollen. „Nur<br />

durch Christus“ ist ihre Parole. Und diese Parole<br />

wirkte damals und wirkte fort und fort bis sie<br />

auch in der Gegenwart wirkt. Nur durch Christus<br />

kann die gute Nachricht in die Welt kommen,<br />

sonst wird zwar geredet, aber das Evangelium<br />

bleibt draussen. Wer diese Vorbedingung nicht<br />

anerkennen kann, ist nicht tauglich im Dienst des<br />

Herrn. Es geht ja auch nicht um irgend eine Botschaft,<br />

sondern um die „rettende Botschaft, den<br />

neuen Bund“ den Gott gestiftet hat. Dies verlangt<br />

die höchste Autorität. Und wenn Gott die Proklamation<br />

dieser Botschaft schon uns Christen<br />

anvertraut, dann müssen wir ganz im Hintergrund<br />

stehen. Wir geben damit Gottes Geist Raum, dass<br />

er seinen Dienst tun kann, nämlich Leben zu<br />

schenken, da<strong>von</strong> ist Paulus fest überzeugt und will<br />

es nicht mehr preisgeben.<br />

Das gehört auch zur Liebe Gottes zu der Schöpfung,<br />

dass er nicht aufhört, die Menschen zu suchen,<br />

das Gesetz des Buchstabens durch das neue<br />

Leben aus dem Geist Gottes zu ersetzen und das


Ganze durch uns Christen als wunderbares Angebot<br />

der Welt anzukünden: Nur durch Christus legitimiert<br />

und wahr gemacht!


9. Juni<br />

Denn ich habe gelernt, in welcher Lage ich<br />

mich auch befinde, mir genügen zu lassen.<br />

(Philipperbrief 4, 11)<br />

Ein reicher und sonderlicher Amerikaner liess<br />

einmal eine Anzeige in die Zeitung setzen: „Ich<br />

schenke einen Luxuswagen einem zufriedenen<br />

Menschen.“ Flugs kamen die Leute zu Dutzenden<br />

und meldeten sich für das Geschenk. „Seid ihr<br />

denn wirklich zufrieden?“ fragte der Spender. „Ja,<br />

gewiss, wir sind ganz zufriedene Leute!“ „Nun,<br />

warum wollt ihr dann noch einen Luxuswagen,<br />

wenn ihr ganz zufrieden seid?“ – Verblüfft gingen<br />

die Bewerber da<strong>von</strong>.<br />

Zufriedenheit ist keine Frage des Geldbeutels,<br />

sondern der Einstellung. Allgemein wird man<br />

Paulus, der das oben genannte Bibelwort gesagt<br />

hat, einen Lebenskünstler nennen. Vielleicht ist<br />

er’s auch. Wer sich genügen lassen kann, ist frei<br />

<strong>von</strong> Neid und Habgier. Er schielt nicht fortwährend<br />

nach dem Lebensstandard des anderen. Zufriedenheit<br />

erreicht man nicht durch Autosuggestion<br />

und gute Vorsätze. Sie ist uns leider nicht angeboren.<br />

Auch Paulus nicht. Aber woher hat er<br />

sie? Zwei Verse weiter nennt uns Paulus den<br />

Grund: Alles vermag ich durch den, der mich<br />

stark macht, Christus. Der Glaube an Jesus macht<br />

nicht fatalistisch – wie böse Zungen behaupten.<br />

Im Gegenteil. Er gibt Kraft, sich in jeder Situation<br />

genügen zu lassen. Wer sehnt sich nicht danach?


10. Juni<br />

Er hat alles getan, weil er wollte, dass die<br />

Menschen ihn suchen. Sie sollen ihn spüren<br />

und finden können. Und wirklich, er ist jedem<br />

<strong>von</strong> uns ja so nahe! Durch ihn allein leben<br />

und handeln wir, ja, ihm verdanken wir<br />

alles, was wir sind.<br />

(Apostelgeschichte 17, 27-28)<br />

Ein bekehrter Chinese charakterisierte treffend<br />

den Unterschied der verschiedenen Religionen<br />

mit folgendem Gleichnis: Ich war durch meine<br />

Sünden in eine tiefe Grube mit schlammigem Boden<br />

gefallen. Da kam Konfuzius, unser grosser<br />

Sittenlehrer, sah mich drunten liegen und sprach<br />

zu mir: „Armer Mann, du tust mir leid! Aber wie<br />

konntest du so töricht sein und in dieses Loch fallen?<br />

Bist du einmal wieder glücklich draussen, so<br />

nimm dich ja in acht, dass dir nicht wieder etwas<br />

Ähnliches zustösst.“ Darauf kam Buddha und rief<br />

mir zu: „Könntest du dich nur zur Hälfte heraufarbeiten,<br />

so wollte ich dir gerne vollends heraushelfen.“<br />

Aber ich vermochte ja gar nichts. Endlich<br />

kam Jesus, stieg zu mir in die Grube hinunter und<br />

hob mich mit starkem Arm heraus. Dann sprach<br />

er zu mir: „Gehe hin und sündige hinfort nicht<br />

mehr!“<br />

Gott räumte soviel Schutt weg, dass wir Menschen<br />

ihn suchen können. Wir sollen ihn spüren<br />

und durch ihn leben. Sehen wir genau hin: bevor<br />

wir ihn suchen, ist Gott durch Jesus Christus<br />

schon in Aktion, uns zu suchen, die Vorbereitungen<br />

zu treffen, dass wir schlussendlich ihn suchen<br />

können. Ja, ihm verdanken wir alles, was wir sind.<br />

Das ist das ganz andere als bei allen Stiftern einer<br />

Religion. Jesus hat keine neue gebracht. Er brachte<br />

das wahre Vertrauen, den Glauben und die<br />

Liebe und die Hoffnung in diese Welt! Er brachte


persönlich das Erlösungsopfer und veränderte<br />

uns durch die Vergebung unserer Schuld. Aber<br />

die Welt und darin weite Teile der Kirche danken<br />

es ihm nicht, lassen der flopenden Schöpfung ihren<br />

Lauf. Doch einige sind auf Empfang, wenn<br />

Gott seine Liebe sendet und handeln darnach. Ihnen<br />

steht es täglich vor Augen, dass sie ihm alles<br />

verdanken!


11. Juni<br />

Die vorausgingen, fuhren den Blinden an, er<br />

solle schweigen. Er aber schrie noch viel<br />

mehr: Du Sohn Davids, erbarm dich über<br />

mich! Und Jesus sagte zu ihm: Sei sehend!<br />

Dein Glaube hat dich gerettet. (Lu. 18, 39.42)<br />

.<br />

Die vorausgingen, verstehen sich als Leibgarde<br />

Jesu. Sie halten alle Störungen <strong>von</strong> ihm fern. Sie<br />

kennen aber auch gar keine Unterscheidung der<br />

eintretenden Ereignisse. Sie kennen auch kein<br />

Feingefühl. Sie haben Jesus für sich gewonnen<br />

und nun wird er nicht wieder mit anderen geteilt.<br />

Er ist ihr Heiland, mögen die andern zusehen, wie<br />

sie ihren Heiland finden können. Doch der Blinde<br />

weiss, jetzt oder nie. Er verstärkt seine Anstrengungen<br />

und dringt damit durch bis zu Jesus. Der<br />

Trupp kommt zum Stehen und Jesus nimmt sich<br />

des Blinden vollkommen an. Der Blinde wird sehend<br />

und hört die erstaunlichen Worte Jesu: Dein<br />

Glaube hat dich gerettet. Das wunderbare Wort<br />

„gerettet“ deutet an, dass an dem Mann noch viel<br />

mehr geschehen ist als eine Heilung. Zur äusseren<br />

Heilung kam die innere Heilung. Ohne, dass nur<br />

ein Wort darüber gesagt wurde, wird es klar, Jesus<br />

macht den Mann auch innerlich sehend, macht<br />

ihn innerlich heil, weil er in dem Manne den<br />

Glauben gefunden hat. Er folgt nun Jesus nach<br />

und was er weitergibt ist die Botschaft <strong>seiner</strong> Rettung,<br />

seines inneren und äusseren Heilwerdens.<br />

Das ist die gute und frohe Nachricht, dass Jesus<br />

gekommen ist, den ganzen Menschen zu retten<br />

für das Himmelreich. Da staunte dann auch die<br />

‚Leibgarde’ Jesu und stimmte in den Lobpreis ein.<br />

Gibt uns ein solches Geschehnis nicht auch heute<br />

einen ganz neuen Mut, auf Jesus zu vertrauen, für<br />

uns und für andere, die uns anvertraut sind? Alles<br />

geschieht wie im Vorübergehen. Jesus macht kein<br />

Aufhebens. Sein Auftrag gehört zum natürlichen


Lebensverlauf. Was für ein Reichtum des Lebens!<br />

Haben wir denn gar kein Verlangen, diesen Reichtum<br />

auch in unserem Leben wirken zu sehen?,<br />

denn es ist so düster, kalt und einsam in unseren<br />

Christenleben. „Wach auf, du Geist der ersten<br />

Zeugen!“


12. Juni<br />

Denn dein ist das Reich und die Kraft und die<br />

Herrlichkeit in Ewigkeit. (Matthäus 6, 13)<br />

Als <strong>Prof</strong>essor Karl Barth <strong>seiner</strong>zeit dem Papst einen<br />

Besuch machte, soll er ihn beim Abschied<br />

ermuntert haben: „Seien Sie nicht so bekümmert!<br />

Christus siegt!“ Und der Kirchenvater Chrysostomus<br />

hat zu dieser Stelle gesagt: „Wenn sein das<br />

Reich ist, so braucht sich wahrlich niemand zu<br />

fürchten, da der Widersacher ein Nichts ist und<br />

Christus die Herrschaft an sich nimmt.“ Seine<br />

Herrschaft ist nicht fragwürdig, sie steht nicht in<br />

den Sternen. Seine Herrschaft ist keine Vertröstung<br />

auf spätere Zeitalter. Gottes Reich ist mitten<br />

unter uns. Christen stehen nicht auf verlorenem<br />

Posten. Die Kirche Jesu steht noch nicht vor dem<br />

Untergang. Resignation und Verzweiflung ist unbiblisch.<br />

Christus siegt, sein ist das Reich.<br />

Woher kommt unsere Angst, die Kirche könnte<br />

<strong>von</strong> liberaler oder radikaler Theologie, <strong>von</strong> Irrlehrern<br />

oder <strong>von</strong> einer Säkularisierungswelle verschlungen<br />

werden? Sollte unser Glaube an den<br />

lebendigen Gott auch schon angefressen sein?


13. Juni<br />

Es ist aber der Glaube eine Zuversicht auf<br />

das, was man hofft und eine Überzeugung<br />

<strong>von</strong> Dingen, die man nicht sieht. (Hebräer 11,<br />

1)<br />

Glauben heisst mit dem Herzen Jesus sehen.<br />

Missionar Hoffmann suchte lange Zeit nach einem<br />

Wort für Glauben in der Papuasprache. Da<br />

kam eines Tages ein Eingeborener zu ihm und<br />

fragte: „Hoffmann, hast du den Herrn Jesus gesehen?“<br />

„Nein.“ „Hat ihn dein Vater gesehen?“<br />

„Nein“ „Aber dein Grossvater?“ „Auch nicht“<br />

„War denn Jesus in deinem Land?“ „Nein“ „Aber<br />

woher weisst du, dass Jesus da ist?“ „Oh“, sagte<br />

ich, „so wahr die Sonne da am Himmel steht, so<br />

wahr weiss ich auch, dass Jesus da ist.“ Der Mann<br />

ging nachdenklich nach Hause, kam aber am<br />

nächsten Tage wieder, und stellte dieselben Fragen.<br />

Als er wieder die gleiche Antwort bekam, sah<br />

er mich eine Weile an und meinte: „Ich verstehe<br />

dich jetzt, dein Auge hat Jesus nicht gesehen; aber<br />

nicht wahr, dein Herz kennt ihn, dein Herz hat<br />

ihn gesehen.“ Als der Mann wegging, fuhr es mir<br />

durch den Sinn, das gibt ein schönes Wort für<br />

Glauben.<br />

In einer andern Eingeborenensprache heisst<br />

Glaube: ‚durch den Horizont sehen’. Und bei uns<br />

wird immer öfters das Wort ‚Vertrauen’ angewendet.<br />

Eine gründliche Definition gibt der Hebräerbrief-Schreiber<br />

mit der obigen Textstelle. Wozu<br />

diese Fülle? Nicht, dass sie für jeden und jede etwas<br />

hergibt, sondern um zu zeigen, dass Glaube<br />

bei verschiedenen Vorkommnissen wie einen andern<br />

Ton hat, etwas eingegrenzt auf dieses oder<br />

jenes Ereignis ist. Aber nicht, dass wir jetzt mit<br />

diesen verschiedenen Deutungen hausieren gehen,<br />

das stände uns nicht gut an. Aber verinnerlicht


kann das alles eine gründliche Hilfe sein, wenn<br />

wir zum glauben herausgefordert sind und es eher<br />

schwer haben damit.


14. Juni<br />

Und ich sage euch: Bittet, so wird euch gegeben<br />

werden; suchet, so werdet ihr finden,<br />

klopfet an, so wir euch aufgetan werden!<br />

Denn jeder, der bittet, empfängt; und wer<br />

sucht, der findet; und wer anklopft, dem wird<br />

aufgetan werden. (Lukas 11, 9-10)<br />

Es ist immer wieder dasselbe. Wo das Evangelium<br />

verkündet und zu einem Leben mit Jesus aufgerufen<br />

wird, ziehen sich viele Leute zurück. Nicht,<br />

dass sie kein Interesse gehabt hätten an der Botschaft,<br />

ganz im Gegenteil, auch der Botschafter<br />

hat ihnen Eindruck gemacht. Aber die Konsequenz,<br />

die sich da abzuzeichnen begann und am<br />

Schluss ganz klar vor einem stand, überforderte<br />

und nahm einem die Freude am sonst gelungenen<br />

Anlass. Wie soll man sich das anders vorstellen,<br />

ein Leben als Christ muss doch langweilig sein,<br />

fordert doch sicher jede Freude <strong>von</strong> einem,<br />

schränkt einen doch überall ein und fordert am<br />

laufenden Band Verzichte usw. Nein danke. Das<br />

ist etwas für spezielle Leute, aber für mich doch<br />

nicht. Das ist zu wenig anspruchsvoll, ohne Herausforderung,<br />

die einzige Forderung ist der Verzicht<br />

auf Vergnügen, Abwechslung, Leben im<br />

Rampenlicht, Vereine usw. Und dann hört man<br />

da<strong>von</strong> oder liest selber so eine Bibelstelle wie die<br />

obige und dann sieht die Vorstellung doch plötzlich<br />

ganz anders aus. Da werden in einer eindrücklichen<br />

Verdoppelung Versprechungen gemacht,<br />

die aufhorchen lassen. Was ist jetzt mit<br />

dem Verzichten, wenn Gott um alles gebeten<br />

werden kann und er Erfüllung zusagt? Jesus fährt<br />

im Gleichnis fort zu sagen, wer sucht, der findet,<br />

der findet Erfüllung zum Beispiel; wer anklopft<br />

um Gemeinschaft zu haben, dem wird aufgetan<br />

werden und er wird die Gegenwart Gottes erfahren.


Was zu gewinnen ist, lässt sich kaum beschreiben,<br />

lässt sich aber erfahren. Die Probe muss gewagt<br />

werden. Und wer’s tut, gelangt <strong>von</strong> Klarheit zu<br />

Klarheit.


15. Juni<br />

Da antwortete Agrippa dem Paulus: Beinahe<br />

bringst du es fertig, mich zu einem Christen<br />

zu machen. (Apostelgeschichte 26, 28)<br />

In dem Film „Der Spieler“ <strong>von</strong> Dostojewsky wird<br />

am Schluss die Grossmutter des Generals als leidenschaftliche<br />

Spielerin gezeigt. Die dürre alte<br />

Dame mit ihren glühenden Augen spielt mit einem<br />

Orientalen, der kühl und überlegen dabeisteht.<br />

8 Millionen stehen auf dem Spiel. Wenn sie<br />

jetzt verliert, ist sie bettelarm. Dann fällt die Entscheidung.<br />

Um eine Zahl bleibt sie unter der des<br />

andern. Eine Zahl, die ihr „beinahe“ ein Vermögen<br />

in den Schoss gelegt hätte. Aber diese Zahl<br />

wird ihr zum Verhängnis. Die Karten werden<br />

aufgedeckt, und sie sinkt im Sessel zusammen.<br />

Die Umstehenden können nur noch den Tod<br />

feststellen.<br />

So etwas gibt es im Christentum oft. Ein „Beinahe-Christentum“<br />

ist ein totes Christentum, unfruchtbar<br />

und zum Tode verurteilt, wie die alte<br />

Dame im Film „Der Spieler“. Dem „Beinahe-<br />

Christen“ Agrippa fehlte nur ein Schritt – aber<br />

der entscheidende. Die guten Vorsätze reichen<br />

nicht aus. Wer beinahe den Zug erreicht hätte, hat<br />

ihn verpasst. Wer beinahe gewonnen hätte, hat<br />

verloren. Wer beinahe Christ geworden wäre, ist<br />

keiner geworden. Man kann <strong>von</strong> der Kirche, <strong>von</strong><br />

der Bibel und <strong>von</strong> Jesus viel halten, man kann positiv<br />

eingestellt sein und steht doch draussen. Beinahe<br />

heisst: Es hat nicht gereicht. Die Chance ist<br />

verpasst. Schrecklich, wenn wir das am Ende unseres<br />

Lebens sagen müssten!


16. Juni<br />

Auch in den fernsten Ländern werden Menschen<br />

Gott erkennen und umkehren zum<br />

Herrn, ja, alle Völker werden sich vor ihm<br />

niederwerfen. (Psalm 22, 28)<br />

Im Römerbrief vernimmt man <strong>von</strong> Paulus entschiedene<br />

Worte über die Gottlosigkeit der Heidenvölker,<br />

zu denen auch wir gehörten: „Sein unsichtbares<br />

Wesen, das ist seine ewige Kraft und<br />

Gottheit, ist ja seit Erschaffung der Welt – wenn<br />

man es in den <strong>Werke</strong>n betrachtet – deutlich zu<br />

ersehen. Sie kannten zwar Gott, aber gaben ihm<br />

nicht die ihm zustehende Ehre und den Dank.“<br />

So fiehlen sie ab vom lebendigen Gott und erwählten<br />

allerlei andere Götter, die ihnen mehr zusagten.<br />

Doch diese Worte stehen dem prophetischen<br />

Psalm 22 gegenüber, dessen Erfüllung mit<br />

dem Kreuz auf Golgatha begann. Jesus gebrauchte<br />

in seinen letzten Worten Teile aus diesem<br />

Psalm und der Auftrag an seine Jünger findet hier<br />

seine Beschreibung. Den Völker, die einst Gott<br />

kannten, wird das Evangelium neu verkündigt<br />

und bis an die Enden der Erde wird es Völker geben,<br />

die sich zum Herrn bekehren und ihn ehren<br />

werden. Und wo<strong>von</strong> wir kaum zu träumen wagen,<br />

wird hier in <strong>Aus</strong>sicht gestellt: alle Völker werden<br />

sich vor dem Herrn niederwerfen. Auch das hat<br />

Paulus ganz neu formuliert im Brief an seine geliebten<br />

Philipper: „Gott hat Jesus Christus erhöht<br />

und ihm den Namen gegeben, der über allen Namen<br />

steht. Vor Jesus werden einmal alle auf die<br />

Knie fallen: alle im Himmel, auf der Erde und im<br />

Totenreich. Und jeder ohne <strong>Aus</strong>nahme soll zur<br />

Ehre Gottes, des Vaters, bekennen: Jesus Christus<br />

ist der Herr!“<br />

Ob es uns klar ist, dass wir dieses Geschehen<br />

nicht einfach in aller Ruhe aus einem Sofasessel<br />

heraus beobachten können? Nein, das ist eine


Herausforderung an uns, der wir uns stellen müssen.<br />

Das ist Arbeit, die einem nicht unbedingt so<br />

leicht <strong>von</strong> der <strong>Hand</strong> läuft. Denn heutzutage sind<br />

wir mit den gängigen Missionsstrategien ziemlich<br />

am Ende. Heute sind Fachleute gefragt, die bis in<br />

die fernsten Länder sich schicken lassen. Leute<br />

voll Heiligen Geistes, die ein gutes Zeugnis haben<br />

in der Gemeinde, wie es schon verlangt wurde bei<br />

der Wahl <strong>von</strong> sieben Gehilfen der Apostel. Diese<br />

Leute sollen es richten, was der Wille des Herrn<br />

ist.


17. Juni<br />

Wer sein Leben festhält, der wird es verlieren;<br />

und wer sein Leben hingibt um meinetwillen,<br />

der wird es finden. (Matthäus 10, 39)<br />

Hergeben oder hingeben? Zwischen diesen beiden<br />

Begriffen ist ein grosser Unterschied. „Hergeben“,<br />

d.h. einfach „weggeben“, und nun hat<br />

man es nicht mehr. „Hingeben“ heisst ein Opfer<br />

bringen. Bei der Hingabe bejahe ich den Empfänger.<br />

Und weil ich das tue, so bekomme ich das,<br />

was ich hingab, in einem höheren Sinn wieder zurück.<br />

Hergeben macht ärmer, hingeben reicher.<br />

Verlust ist etwas Negatives, Opfer etwas Positives.<br />

Beim Hergeben behalte ich meine Persönlichkeit<br />

zurück, beim Hingeben ist gerade dies das<br />

Wesentliche, dass sie mit der Gabe verbunden ist<br />

und ihr folgt. Hingabe ist nicht Wegwerfen, sondern<br />

Einreihung in einen höheren Zusammenhang<br />

– das Reich Gottes. Hingabe ist Gott zur<br />

Verfügung stellen, aber damit ist es für mich nicht<br />

verloren, sondern erst recht gewonnen, weil ja<br />

dieser Gott mein Vater ist und sein Reich meine<br />

Heimat.


18. Juni<br />

Gott lässt aber auch seinen Zorn sichtbar<br />

werden. Vom Himmel herab trifft er alle<br />

Menschen, die sich gegen Gott auflehnen und<br />

so die Wahrheit mit Füssen treten. Sie führen<br />

ein Leben ohne Gott und tun, was ihm missfällt.<br />

(Römerbrief 1, 18)<br />

Wer es heutzutage wagt, über den Zorn Gottes zu<br />

predigen, muss mit dem Zorn der Zuhörer rechnen.<br />

Wir Menschen billigen es nicht, dass Gott<br />

zornig sein darf und als Folge da<strong>von</strong> ein Gericht<br />

halten kann. Es ist nur noch vom „lieben“ Gott<br />

die Rede. Gnädig und barmherzig hat er zu sein,<br />

ohne dass wir etwas beizutragen hätten. Lieb ist<br />

er, wenn wir uns getrauen dürfen, Sünde und<br />

Schuld nicht mehr zu erwähnen. Christi Kreuz ist<br />

kein Liebes- und Sündopfer sondern ein Justizirrtum.<br />

Seine Liebe ist bei der Beziehung zu Maria<br />

Magdalena zu finden. Dort sind auch viele <strong>von</strong><br />

uns anzutreffen und lassen sich lieben. Liebe ist<br />

zum Modegag pervertiert und selbst die Theologie<br />

macht diese Nivellierung auf weite Strecken<br />

mit. Da sind, unter anderen, die Menschen zu suchen<br />

und zu finden, „die sich gegen Gott auflehnen<br />

und so die Wahrheit mit Füssen treten.“ Zum<br />

letzten Mal: für sie gibt es keinen lebendigen und<br />

gerechten Gott – nur den l i e b e n Gott. Es ist<br />

höchste Zeit mit dieser Vorstellung und Verkündigung<br />

zu brechen. Eigentlich wüssten wir es<br />

schon <strong>von</strong> der kirchlichen Unterrichtung her:<br />

Gott ist Liebe und das ist wahr! Diese Liebe sucht<br />

aber den Menschen in <strong>seiner</strong> Verirrung auf und<br />

bietet ihm Hilfe. Jesus Christus ist da und übernimmt<br />

die Aufgabe. Das geschieht im Angesicht<br />

<strong>von</strong> Bekenntnis und Gericht. Es wirkt heiliger<br />

Ernst, bar jeder Gefühlsduselei. Aber daraus entsteht<br />

der Friede mit Gott, der höher ist als alle<br />

Vernunft.


„Zieh uns in dein Liebesreich; mach aus Sündern<br />

Gotteskinder; mach uns dir, o Heiland, gleich:<br />

Helfer, Kämpfer, Überwinder, im Geringsten<br />

wahr und treu; grosser Gott, mach du uns frei.<br />

Karl <strong>von</strong> Greyerz.


19. Juni<br />

Als mein Herz erbittert war, da war ich dumm<br />

und ohne Einsicht. Nun aber bleibe ich stets<br />

bei dir, denn du hältst mich bei meiner rechten<br />

<strong>Hand</strong> und nimmst mich hernach in die<br />

Herrlichkeit. (Psalm 73, 21-24)<br />

Da ist einer zur Ruhe gekommen. Aufgewühlt<br />

sind seine Tage verlaufen seit er die übermütigen<br />

Gottlosen beobachtete. Gut ging es ihnen. Alles<br />

gelingt ihnen nach Wunsch. „Ganz umsonst hielt<br />

ich rein mein Herz“, klagt der Psalmsänger. Bis er<br />

acht hatte auf ihr Ende. Da wurde ihm Kopf und<br />

Herz zurecht gerückt. Es öffneten sich ihm die<br />

Augen für das gerechte Walten Gottes. Er macht<br />

Erfahrungen, für die er bisher verschlossen war,<br />

die aber längst auf ihn warteten. Nun aber – heisst<br />

die Parole. Jetzt geht’s einen andern Weg, nun<br />

aber spielen die scheinbar Glücklichen keine Rolle<br />

mehr, nun aber lass ich die Faust im Sack frei,<br />

nun aber bleibe ich stets bei dir! Mir widerfährt<br />

das Kostbarste, das es zu erleben gibt:“Denn du<br />

hältst mich bei meiner rechten <strong>Hand</strong> und nimmst<br />

mich hernach in die Herrlichkeit.“ Der Mann bekommt<br />

einen ganz sicheren Schritt. Sein Leben<br />

verläuft nun in Bahnen der Dankbarkeit. Wie<br />

wertvoll ist ihm die Erfahrung geworden – wie<br />

nahe ist ihm Gott gekommen, dass er am Ende<br />

ausrufen kann:<br />

Mir aber ist es köstlich,<br />

Gott nahe zu sein;<br />

ich setze meine Zuversicht<br />

auf Gott den Herrn,<br />

und verkünde alle deine <strong>Werke</strong>.


20. Juni<br />

Du lässt Menschen zum Staub zurückkehren<br />

und sprichst: „Kommt wieder, ihr Menschenkinder!“<br />

(Psalm 90, 3)<br />

In dem grauenvollen Gewirr des zerschellten und<br />

verbrannten Flugzeuges fand man ein verkohltes<br />

Buch mit dem Titel: „Weg ohne Wiederkehr.“ Da<br />

sass also einer der Passagiere in dem bequemen<br />

Sessel des Flugzeuges, las in diesem Buch und<br />

ahnte nicht, dass dieser Weg ohne Wiederkehr<br />

schon vor der Türe stand. Das ist es ja gerade,<br />

was den Gedanken des Todes so unerhört bitter<br />

macht. Darum sprechen wir auch nicht gerne da<strong>von</strong><br />

und spüren es doch gerade in jedem Augenblick,<br />

dass die Schatten des Todes über unserem<br />

Leben liegen – wenn man nichts da<strong>von</strong> wüsste,<br />

dass einer wiedergekommen ist. Einer ist in die<br />

Nacht des Todes hinabgestiegen und ist zu uns<br />

zurückgekehrt. Darum kann uns dieser Jesus nicht<br />

kalt lassen. Sein Leben, Sterben und Wiederkommen<br />

gehen uns etwas an. Gott hat ihn aus dem<br />

Staub, aus der Hoffnungslosigkeit und der Vergänglichkeit<br />

zurückgeholt. Er war stärker als der<br />

Tod. Und die an ihn glauben, müssen nun nicht<br />

mehr krampfhaft alle Gedanken des Todes aus<br />

ihren Gesprächen verbannen. Der Tod ist nicht<br />

das Letzte. Dem „Weg ohne Wiederkehr“ setzt<br />

ER sein kraftvolles: „Kommt wieder, ihr Menschenkinder“<br />

entgegen. Das macht das Leben lebenswert.


21. Juni<br />

Heiliger Vater, erhalte sie bei deinem Namen,<br />

den du mir gegeben hast, damit sie eins<br />

seien wie wir! (Johannes 17, 11)<br />

Kaum war die Siedlung Herrnhut gegründet, so<br />

rissen auch schon Gegensätze der Lehre, Unterschiede<br />

der Tradition und des Kultus tiefe Klüfte<br />

auf. Der Verwalter des Grafen Zinzendorf, Heitz,<br />

war reformierter Schweizer; Pfarrer Rothe <strong>von</strong><br />

Berthelsdorf feuriger Lutheraner. Der Anführer<br />

der mährischen <strong>Aus</strong>wanderer, Christian David,<br />

schloss sich der reformierten Auffassung <strong>von</strong><br />

Heitz an, seine Genossen aber hielten sich zu dem<br />

Lutheraner Rothe. Zu diesem Streit um die Lehre<br />

kam noch der Gegensatz zwischen Pietismus und<br />

Orthodoxie. Christian David vertrat den Pietistenstandpunkt<br />

und vermisste bei den andern die<br />

wahrhaftige Bekehrung, die andere Seite warf ihm<br />

hartes Aburteilen und Mangel an Demut vor.<br />

Diese Gegensätze dauerten Jahre hindurch und<br />

brachten die Gemeinde zeitweilig an den Rand<br />

des inneren Zusammenbruchs, bis es nach fünfjährigem<br />

Ringen durch wunderbare Führung zur<br />

völligen Einheit kam. Das Jahr 1727 brachte die<br />

ersehnte Einheit. In einer Versammlung nahmen<br />

sie „durch eine mächtig waltende Gnade des<br />

Herrn, nicht nur überzeugt, sondern gleichsam<br />

hingerissen und übermannt“, Vereinigungspunkte<br />

an, die zur Einheit dienten. Dann feierten sie ein<br />

Abendmahl als wunderbare Bestätigung der gewonnenen<br />

Einheit. Das Abendmahl wurde zur<br />

eigentlichen Gebetsstunde der Brüdergemeine<br />

Herrnhut.<br />

Es wäre für Gott ein Leichtes, den Menschen die<br />

Einheit einfach überzustülpen. Aber dann wären<br />

sie nicht verändert worden, hätten keinen Weg


zueinander zurückgelegt. Es hätte keine Busse,<br />

keine Reue, kein Suchen und Finden gegeben. Die<br />

Freude über die kostbare Führung durch den Heiligen<br />

Geist wäre ausgeblieben. Wir sehen: Auf so<br />

vieles müsste verzichtet werden, wenn Gott den<br />

einfachen Weg wählen würde.<br />

Eine Frage bleibt: Warum dauert es stets so lange,<br />

bis sich die Gläubigen zu wirklicher Einheit zusammenfinden?


22. Juni<br />

Als Simon Petrus das sah, warf er sich zu den<br />

Knien Jesu nieder und sprach: Geh <strong>von</strong> mir<br />

hinaus, denn ich bin ein sündiger Mensch, o<br />

Herr! Und Jesus sprach zu Simon: Fürchte<br />

dich nicht! Von nun an wirst Du Menschen<br />

fangen. Und sie verliessen alles und folgten<br />

ihm nach. (Lukas 5, 8.10.11)<br />

Die ersten Jünger Jesu waren tüchtige Leute in<br />

ihrem Beruf – Fachleute, zum Teil mit Meisterausweis,<br />

keine Weicheier, die gerade noch zum<br />

Besuch einer Kurzbibelschule sich eigneten. Jesus<br />

brauchte ganze Leute, wie das heute in der Mission<br />

auch wieder eingetreten ist – zum Glück! Und<br />

doch ist das erst die eine Hälfte der Voraussetzung<br />

zum Zeugendienst. Den Meisterbrief haben<br />

sie ohne Jesus geschafft. Den zweiten Teil schafften<br />

sie nur durch ihn. Aber auch darin werden sie<br />

zur Fachkraft ausgebildet. Vor Jesus und angesichts<br />

dieses Fischwunders öffnet sich Simon und<br />

erkennt, „ich bin ein sündiger Mensch, geh <strong>von</strong><br />

mir hinaus.“ Aber Jesus bleibt, vergibt die Sünde<br />

und gibt einen neuen Auftrag „<strong>von</strong> nun an sollst<br />

du Menschen fangen“. Das wird nicht nur er tun,<br />

sondern auch die andern Jünger. Sie verliessen<br />

alles und standen zur Verfügung – ohne jedes eigene<br />

Sicherungsseil. Das sind die ersten Stunden<br />

der <strong>Aus</strong>bildung und diese ist nie abgeschlossen.<br />

Am meisten lernen die Jünger – lernen auch wir,<br />

in der Praxis. Es können Fehler passieren und<br />

dann machen wir die Erfahrung: Gott schreibt<br />

auch auf krummen Zeilen gerade.<br />

Jesus braucht für sein Lebenswerk laufend Menschen,<br />

die „in seinem Dienst sich üben“, welche<br />

ihm furchtlos zur Verfügung stehen um die reiche<br />

Ernte einzubringen. Wir selber finden diese Arbeiter<br />

nicht, darum bitten wir den Herrn dafür,<br />

dass er Arbeiter in seine Ernte sende. Doch ist


dieses Gebet nur echt und hat <strong>Aus</strong>sicht auf Erhörung,<br />

wenn wir bereits im Dienst stehen und unsere<br />

Aufgabe fachgerecht und geistlich klar erfüllen.<br />

Vertraut den neuen Wegen, auf die uns Gott gesandt.<br />

Er selbst kommt uns entgegen. Die Zukunft<br />

ist sein Land. Wer aufbricht, der kann hoffen<br />

in Zeit und Ewigkeit. Die Tore stehen offen,<br />

das Land ist hell und weit. (K.P. Hertzsch)


23. Juni<br />

Tut alles ohne Murren und ohne Zweifel,<br />

damit ihr ohne Tadel und lauter seid, Gottes<br />

Kinder, ohne Makel mitten unter einem verdorbenen<br />

und verkehrten Geschlecht, unter<br />

dem ihr scheint als Lichter in der Welt.<br />

(Philipperbrief 2, 14-15)<br />

„Vergiss nie, dass du ein Ravenstein bist“, so sagte<br />

ein alter Edelmann beim Abschied seinem<br />

Sohne: „wenn je die Versuchung zu ehrlosem Tun<br />

an dich herantreten sollte, so sage dir: „So etwas<br />

tut ein Ravenstein nicht!“ – Der Sohn versprach<br />

es. An der Universität traf er einen weisen Ratgeber,<br />

der auch zum Geschlecht der Ravensteiner<br />

gehörte. Dem erzählte der Jüngere mit Stolz das<br />

Mahnwort, das ihm der Vater mit auf den Weg<br />

gegeben. Der Alte schüttelte den Kopf und sagte:<br />

„Mein Lieber, wenn ich heute an all das denke,<br />

was ich in meinem Leben getan habe, dann kann<br />

ich nur mit Grauen die Worte hören: „So etwas<br />

tut ein Ravenstein nicht!“ Ich sage Dir heute umgekehrt:<br />

„Vergiss nie, welche gefährliche Erbschaft<br />

du in dir trägst, wir haben riesige Schufte<br />

und heimliche Banditen unter uns gehabt.“ Der<br />

Junge unterbrach den Alten: „Ich ahne, dass ihr<br />

unbedingt recht habt, aber woran soll ich mich<br />

halten?“ Er rief ihm zu: „Vergiss, dass du ein Ravenstein<br />

bist, aber vergiss nicht, dass du ein Gotteskind<br />

bist und dass Gott Mensch wurde, um<br />

Dich an diese Deine vornehmste Herkunft zu erinnern;<br />

in allem Zwiespalt des Lebens habe Gott<br />

vor Augen und im Herzen.“<br />

Wir tragen das Kleid des höchsten Königs. Welche<br />

Schande, es zu beschmutzen oder es zu verunehren!<br />

Christen stehen im Scheinwerferlicht der<br />

Öffentlichkeit. Den Mitmenschen entgeht nichts.<br />

„Wie der Herr, so s’Geschirr!“ Kann man das <strong>von</strong><br />

uns sagen?


24. Juni<br />

In deine <strong>Hand</strong> befehle ich meinen Geist.<br />

(Psalm 31, 6)<br />

Gorch Fock schrieb <strong>seiner</strong> Mutter:<br />

„Wenn ich falle und mein Leib auf den Meeresboden<br />

versinkt, kann ich nur in die hohle <strong>Hand</strong><br />

meines Heilandes fallen, aus der mich nichts reissen<br />

kann.“<br />

Was steckt da für ein Glaube dahinter! Wer so<br />

sprechen oder schreiben kann, wischt alle Furcht<br />

und Verzweiflung aus seinem Herzen. Gottes<br />

Hände sind die Geborgenheit im Diesseits und<br />

Jenseits. Nicht bei allen Menschen sucht der<br />

Psalmist Zuflucht, sondern bei Gott. Wenn der<br />

Tod in unsere Nähe kommt, hören Geld, langer<br />

Arm und Beziehungen auf.<br />

Das hat auch Matthias Claudius, der Wandsbeker<br />

Bote, gewusst, als er seinem Sohn schrieb, dass er<br />

einmal einen braucht, der ihm die <strong>Hand</strong> unter den<br />

Kopf legt, wenn er alt wird, wenn es ans Sterben<br />

geht. Gott kümmert sich nicht nur um den Kosmos,<br />

um die grosse Welt, wie viele oft meinen,<br />

selbst Spatzen auf dem Dach und meine Haare<br />

auf dem Kopf hat er gezählt und registriert.<br />

Nichts ist ihm zu klein, dass er es nicht für wichtig<br />

halten würde. Und alles, was nach seinem Willen<br />

ist, trägt seinen Segen.<br />

Gottes Hände halten die weite Welt,<br />

Gottes Hände tragen das Sternenzelt<br />

Gottes Hände führen das kleinste Kind,<br />

Gottes Hände über dem Schicksal sind.


25. Juni<br />

Freuet euch in dem Herrn allezeit; nochmals<br />

will ich sagen: Freuet euch! Der Herr ist nahe.<br />

(Philipperbrief 4, 5.6)<br />

Swett Marden erzählt, dass in einer amerikanischen<br />

Schule einmal ein Preis <strong>von</strong> 500 Dollar ausgesetzt<br />

wurde für den besten Gedanken. Folgender<br />

wurde mit dem Preis gekrönt: „Die Menschen<br />

murren, dass Gott den Rosen Dornen gab. Sollten<br />

wir nicht lieber danken, dass er neben den Dornen<br />

Rosen wachsen lässt?“ Ein Gefangener hört<br />

da<strong>von</strong> und Marden besucht ihn. Der Gefangene<br />

berichtet, er hätte sein Lebtag lang immer auf die<br />

Dornen und nie auf die Rosen geachtet. Marden<br />

empfiehlt ihm, für den Rest <strong>seiner</strong> Strafzeit ein<br />

Freudentagebuch anzulegen. „Nein. Freiheit und<br />

Freude gehören zusammen.“ Aber er fängt doch<br />

an in ein Heft Einträge zu schreiben. Nach einiger<br />

Zeit liest Marden die ersten Einträge und gibt das<br />

Tagebuch zurück mit der Bemerkung: „Sie dämpfen<br />

jede aufflackernde Freude sofort wieder durch<br />

ein ‚aber’. Lernen Sie doch, sich einmal rückhaltlos<br />

zu freuen.“ Von da an wird das Heft wirklich<br />

ein Freudentagebuch. Er freut sich am Jauchzen<br />

kleiner Kinder unter seinem vergitterten Fenster.<br />

Er freut sich aufrichtig, als sein Bruder und seine<br />

Braut ihn besuchen. Er freut sich an einer Blume,<br />

die der Wachtmeister ihm bringt, auf ein gutes<br />

Essen, das es gibt, über einen Brief <strong>seiner</strong> Mutter,<br />

weil sie immer noch an ihn glaubt, über die Freudenbotschaft,<br />

die allem Volk in der Weihnachtszeit<br />

widerfahren soll, auf die Singstunde, in der<br />

ein Osterlied eingeübt wird, über die Anerkennung<br />

seines Verhaltens, über den Sing-Sang, der<br />

vom Kinderfest zu ihm herüber klingt. Vor <strong>seiner</strong><br />

Entlassung überreicht ihm der Pfarrer ein Neues<br />

Testament mit der Widmung: „Die mit Tränen<br />

säen, werden mit Freuden ernten“. Er schied aus


dem Zuchthaus mit dem Bekenntnis: „Die Freude<br />

am Herrn ist meine Stärke.“<br />

Und weil es in unserem Schriftwort heisst, dass<br />

der Herr nahe ist, gibt dies der Freude gerade<br />

noch einmal einen köstlichen Ton. Jesus ist seinen<br />

Nachfolgern in der Freude nahe und nahe in <strong>seiner</strong><br />

Wiederkunft. Alles zusammen wieder viel<br />

Grund zur Freude. Danket dem Herrn, wir danken<br />

dem Herrn!


26. Juni<br />

Ich hebe meine Augen auf zu den Bergen -<br />

woher kann ich Hilfe erwarten?<br />

Meine Hilfe kommt vom Herrn, der Himmel<br />

und Erde gemacht hat. (Psalm 121. 1.2)<br />

Die Pilger sind <strong>von</strong> überall her unterwegs nach<br />

Jerusalem. Sie haben beschwerte Herzen. Ihnen<br />

soll Hilfe werden, aber wie? Wir richten unser<br />

Augenmerk auf einen bestimmten Pilger. Er<br />

kennt die Geschichte seines Volkes Israel genau.<br />

Er erinnert sich, angesichts der Berge <strong>von</strong> Juda,<br />

der Gottesbegegnungen <strong>von</strong> Mose auf dem Berg<br />

Sinai. Damals hat Mose dem Volk das Entscheidende<br />

herab gebracht, den Willen Gottes in den<br />

10 Geboten, als Hilfe für das vollkommene Leben<br />

des Volkes vor Gott. Und nun fragt der Pilger nur<br />

noch rhetorisch nach der Hilfe <strong>von</strong> den Bergen.<br />

Nach Tausenden <strong>von</strong> Jahren hat sich etwas gewandelt.<br />

Das Volk ist angelangt, angelangt im<br />

Heiligen Land, ist sesshaft geworden und auf dem<br />

Berg Zion steht der Tempel des Herrn. Die Sicht<br />

hat sich gewandelt, nicht mehr <strong>von</strong> den Bergen<br />

herab wird Hilfe erwartet, sondern die Hilfe kann<br />

einen überall erreichen. Sie ist „Hilfe des Herrn,<br />

der Himmel und Erde gemacht hat.“ Diese Hilfe<br />

hat auch unseren Pilger erreicht und um dafür zu<br />

danken läuft er zum Berg Zion – zum Tempelberg<br />

wo er ein Opfer bringen wird und sich der<br />

Vergebung <strong>von</strong> Sünden gewiss werden will. Und<br />

wie der Schöpfer in <strong>seiner</strong> gewaltigen Grösse die<br />

Welt erschaffen hat, so gewaltig erbarmt er sich<br />

auch über den Hilfe suchenden Pilger. Lange bevor<br />

der Gottessohn unsere Erde betritt, schenkt<br />

Gott bereits den ehrlichen Suchern Heil und Gerechtigkeit.<br />

„Meine Hilfe kommt <strong>von</strong> dem Herrn, der Himmel<br />

und Erde gemacht hat.“ Amen. Amen.


27. Juni<br />

Die Liebe duldet alles (1. Korinther 13, 7)<br />

„Der Herr hat ein Reich angefangen“ heisst es in<br />

einem Psalmwort. Ja, als Jesus in dieser Welt erschien,<br />

richtete er unter den Menschen sein Reich<br />

auf. Und das Hauptkennzeichen dieses Reiches ist<br />

Liebe.<br />

Es ist eine starke, göttliche Liebe, die in diesem<br />

Reich regiert. Paulus sagt <strong>von</strong> dieser Liebe: „Sie<br />

duldet alles.“ Die griechische Sprache des Neuen<br />

Testamentes hat hier ein Wort, das „fest bleiben,<br />

stehen bleiben“ bedeutet. Stehen bleiben, wenn<br />

alle anderen weglaufen!<br />

Solche Liebe hatte Jesus zu seinen Jüngern. Wie<br />

abscheulich haben sie ihn verraten, preisgegeben<br />

und verleugnet, als er zum Kreuz geführt wurde!<br />

Wir müssten uns nicht wundern, wenn er nach<br />

<strong>seiner</strong> Auferstehung solche Gesellen abgeschrieben<br />

hätte. Wir hätten es sicher so gemacht. Aber<br />

Jesus suchte sie auf, ging ihnen nach und hielt die<br />

Liebe zu ihnen fest.<br />

Das gilt ja nicht nur für die Jünger damals. So hat<br />

er ja auch an uns gehandelt. Seine Liebe duldet<br />

alles.<br />

Und nun sollten wir auch solch eine Liebe zu ihm<br />

haben? Eine Liebe, die zum Heiland hält, auch<br />

wenn alle andern weglaufen.<br />

Diese starke Liebe, die Jesus und seine Jünger<br />

verbindet, soll aber hinausstrahlen in alle Welt.<br />

Mit solcher Liebe dürfen wir zu denen halten, die<br />

<strong>von</strong> allen andern aufgegeben und abgeschrieben<br />

werden. Schnell sagt man: „Mit diesem Menschen<br />

kann ich’s einfach nicht.“ Jesus-Jünger wollen so<br />

nie sagen. Sie haben eine Liebe, die standhält,<br />

auch wenn alle andern nicht mithalten.<br />

Die Liebe erduldet alles – auch jede Gemeinheit.


28. Juni<br />

Herr, unser Herrscher! Wie herrlich ist dein<br />

Name in allen Landen! (Psalm 8, 2)<br />

„Nun ja“, wird mancher verdriesslich sagen, „das<br />

ist ja ein grossartiger Lobgesang! Nur – in meinen<br />

grauen Alltag passt er nicht hinein! In der himmlischen<br />

Welt, in der Gott lebt, da mag man wohl<br />

solche Töne hören! Sie passen wohl auch noch in<br />

die Kirche, wo man ja die grossen Worte gern hat.<br />

Aber <strong>von</strong> meinem grauen Alltag ist solch ein<br />

Lobwort himmelweit entfernt.“<br />

„Herr, unser Herrscher! Wie herrlich ist dein Name<br />

in allen Landen! Grossartig! Gewiss! Aber ich<br />

habe es zu tun mit kläglichen Kleinigkeiten, mit<br />

viel Ärger, mit missgünstigen und kleinlichen<br />

Mitmenschen… Kurz: dieser Lobgesang und<br />

mein Alltagsleben sind zwei ganz verschiedene<br />

Welten. Der Lobvers passt in die Bibel, aber nicht<br />

in mein tägliches Leben!“<br />

So wird manch einer denken.<br />

Aber nun wollen wir den Spiess umdrehen! Wahrscheinlich<br />

ist unser Alltag so grau, kleinlich und<br />

verdriesslich, weil wir die Herrlichkeit Gottes und<br />

sein Lob aus unserem täglichen Leben ausgeschlossen<br />

haben. Wir füllen unser Leben aus mit<br />

Sorgen, mit Befriedigung primitiver Bedürfnisse,<br />

mit kleinen Streitereien usw. Und gegen die Herrlichkeit<br />

Gottes haben wir die Fenster dicht gemacht.<br />

Darüber werden unser Alltag und unsere<br />

Seelen klein und muffig.<br />

Wie wäre es, wenn wir unseren Tag beginnen<br />

würden mit einem solchen anbetenden Satz:<br />

„Herr, unser Herrscher! Wie herrlich ist dein Name<br />

in allen Landen!“ Da würde unsere Seele weit<br />

und froh! Das wäre eine Atemübung in Himmelsluft!


29. Juni<br />

Ich hatte viele Bekümmernisse in meinem<br />

Herzen; aber deine Tröstungen ergötzten<br />

meine Seele. (Psalm 94, 19)<br />

Dieses „aber“ ist wundervoll.<br />

Dieses „aber“ unterscheidet den Glauben vom<br />

Unglauben. Denn das haben die Kinder Gottes<br />

mit der ganzen Welt gemeinsam, dass sie „viele<br />

Bekümmernisse in ihrem Herzen“ haben. Die Bibel<br />

spricht nirgendwo da<strong>von</strong>, dass der Herr seine<br />

Leute <strong>von</strong> den Bekümmernissen verschont. Im<br />

Gegenteil. Als das Volk Gottes aus Ägypten auszog,<br />

da führte es der Weg durch eine schreckliche<br />

Wüste. Bald fehlte es an Brot und bald am<br />

Fleisch. Es gab kein Wasser. Und als es endlich<br />

eine Quelle fand, da war das Wasser bitter.<br />

Und genauso erging es den Aposteln: Auf dem<br />

Meer gerieten sie in einen Sturm. Ein andermal<br />

war ihr Fischfang ohne Erfolg. Sie mussten den<br />

Hass der Welt ertragen und den Verrat in den eigenen<br />

Reihen. Ja, der Herr sagt ihnen einmal mitleidig:<br />

„Ihr habt nun Traurigkeit.“<br />

Da werden wir es ja wohl kaum besser haben.<br />

Das ist die Lebensgeschichte eines jeden: „Ich<br />

hatte viel Bekümmernisse in meinem Herzen.“<br />

Doch wohl ist uns, wenn über unserer Lebensgeschichte<br />

dann auch das schöne „aber“ steht: „aber<br />

deine Tröstungen ergötzten meine Seele.“<br />

Diese Tröstungen sind nicht eine unklare, unbestimmbare<br />

Sache. Sie gehen im Grunde alle aus<br />

vom Kreuz Jesu. Da dürfen wir es ablesen, dass<br />

wir mit Gott versöhnt und nun in jedem Fall geborgene<br />

Kinder Gottes sind. Da erfahren wir es,


dass unsere Sünden vergeben werden. Und das ist<br />

die grösste Tröstung, die es geben kann!<br />

Herr, wir wollen nicht über die Kümmernisse<br />

murren, sondern deine Tröstungen preisen!


30. Juni<br />

Eure Wege sind nicht meine Wege.<br />

(Jesaja 55, 8)<br />

Auf einem Feigenbaum, so erzählt eine indische<br />

Fabel, wohnten zwei Tauben. Eines Tages sagte<br />

die eine: „Ach, nun ist unser Stündlein gekommen!<br />

Siehst du dort unten den Schützen mit Bogen<br />

und Pfeil? Er zielt schon nach uns. Und über<br />

uns kreist der blutrünstige Falke, um sich auf uns<br />

zu stürzen. Wir sind verloren!“ – „Warum grämst<br />

du dich so?“ erwiderte die Gefährtin. „Wenn Gott<br />

uns gnädig ist, werden berghohe Nöte klein wie<br />

Strohhälmchen. Sein Wille geschehe!“ – In diesem<br />

Augenblick biss eine Schlange den Schützen in die<br />

Ferse. Verwirrt drückte er ab, und der Pfeil<br />

durchbohrte den Falken. Die Täubchen aber flogen<br />

fröhlich da<strong>von</strong>.<br />

Eine verlorene Situation ist für Gott keine verlorene<br />

Situation. Das Wort „hoffnungslos“ gibt es<br />

bei Gott nicht. Wo wir Menschen am Ende sind,<br />

fängt Gott erst an. Seine Wege verlaufen anders<br />

als unsere Wege, und seine Vorstellungen sind<br />

andere als unsere. Gott muss nicht so handeln wie<br />

in der Fabel. Aber er kann. Wie sagte die zweite<br />

Taube: „Warum grämst du dich? Sein Wille geschehe!“<br />

Warum sich und andere verrückt machen?<br />

Warum verzweifeln? Sein guter, gnädiger<br />

Wille geschieht. Unser Weg ist auf <strong>seiner</strong> Karte<br />

eingezeichnet. Und es wird der beste Weg sein –<br />

für uns!


1. Juli<br />

Niemand kann zwei Herren dienen; entweder<br />

er wird den einen hassen und den andern lieben,<br />

oder er wird dem einen treu sein und den<br />

andern verachten. Ihr könnt nicht Gott dienen<br />

und dem Mammon. (Matthäus 6, 24)<br />

Ein Geschäftsmann, dessen Geschäft sehr gut<br />

ging, wurde, je mehr er Geld verdiente, immer<br />

lauer in seinem Glauben und blieb zuletzt ganz<br />

aus den Gottesdiensten weg. Da besuchte ihn ein<br />

älterer Freund und legte ihm nach der Begrüssung<br />

einen weissen Bogen Papier auf den Tisch, auf<br />

dem ein Wort geschrieben war. „Kannst du das<br />

Wort lesen?“ „Natürlich, es heisst ‚Gott’.“ Darauf<br />

zog der andere einen Fünfliber aus der Tasche,<br />

legte ihn auf das Wort und fragte weiter: „Kannst<br />

du noch lesen, was geschrieben steht?“ „Nein“<br />

„Warum nicht?“ „Weil das Geldstück draufliegt.“<br />

Da sprach der Ältere mit grossem Ernst: „O mein<br />

Freund, es ist immer so, dass das Geld den Blick<br />

auf Gott verdeckt. Weil du reich geworden bist,<br />

siehst du Gott und seine Sache nicht mehr. Willst<br />

du nicht umkehren <strong>von</strong> deinem falschen Weg?“<br />

Einer der reichsten Männer dieser Welt hat sinngemäss<br />

gesagt: Es wäre nicht richtig, alles Geld zu<br />

haben, das man mit redlichen Mitteln verdienen<br />

kann – aber es wäre ebenso nicht richtig, alles<br />

Geld zu behalten, das man zu guten Zwecken einsetzen<br />

könnte.<br />

Reichtum ist also auch für Christen nicht falsch<br />

und ungehörig. Wenn die Einstellung und die Aktivität<br />

mit dem Vermögen stimmt, ist es ein Segen<br />

Gottes. Das ist schon so beschrieben im Alten<br />

Testament der Bibel, z.B. bei Hiob ganz ausgeprägt!


Letztlich geht es darum, wem wir dienen, Gott<br />

oder dem Geld oder ob wir meinen, jedem ein<br />

bisschen. Das ist ausgeschlossen. Das wäre Gottesverrat.


2. Juli<br />

Ihr habt einen Geist empfangen, der aus euch<br />

Adoptivkinder macht, und durch den wir rufen:<br />

Abba, Vater! Dieser Geist nun bezeugt<br />

unserem Geist, dass wir Kinder Gottes sind.<br />

(Römerbrief 8, 15-16)<br />

Unter den Religionen der Welt gibt es viele, die<br />

interessante Standards haben und edle Werte lehren.<br />

Zum Beispiel besteht der Islam darauf, Gott<br />

die geschuldete Ehrerbietung entgegenzubringen,<br />

und in <strong>seiner</strong> Botschaft findet sich auch, dass<br />

Gott ein Erbarmer und Barmherziger ist. Der in<br />

China entstandene Konfuzianismus hat eine hohe<br />

Auffassung <strong>von</strong> Ordnung, Disziplin und Respekt<br />

gegenüber Gott und betont den Wert der Bildung.<br />

Die Bahai, die man in fast allen Ländern antreffen<br />

kann, haben eine bemerkenswerte Auffassung<br />

<strong>von</strong> der Gleichheit <strong>von</strong> Männern und Frauen und<br />

vertreten eine Botschaft <strong>von</strong> universellem Frieden,<br />

die sie sehr tolerant gegenüber Menschen aller<br />

Glaubensrichtungen sein lässt. Die Buddhisten<br />

lehren eine gesunde Moral nach dem Vorbild ihres<br />

Gründers Gautama… und wir könnten die<br />

Liste noch verlängern. Also: Wir Christen sind<br />

nicht die Besseren oder einzigen Guten auf diesem<br />

Planeten!<br />

Aber was die Christen grundlegend <strong>von</strong> Angehörigen<br />

anderer Religionen unterscheidet, ist, dass<br />

sie eine Beziehung zu Gott haben können. (Zahlreiche<br />

Namenchristen legen allerdings wenig Wert<br />

darauf.) Aber überzeugten Christen geht es gerade<br />

um diese lebendige Beziehung zu Gott durch Jesus<br />

Christus: „Seht, welch eine Liebe hat uns der<br />

Vater erwiesen, dass wir Gottes Kinder heissen<br />

sollen – und wir sind es auch!“ Gottes Liebe<br />

bringt den Gläubigen dazu. Gott hat den Menschen<br />

deswegen geschaffen, und dieses Bild ist,<br />

obgleich durch die Rebellion des Menschen ent-


stellt, doch das Bild Gottes geblieben. Und dieses<br />

menschliche Bild hat Gott durch die Fleischwerdung<br />

Jesu Christi sogar als Verbindungspunkt und<br />

zur Wiederherstellung der Beziehung gewählt.


3. Juli<br />

Herr, mein Schöpfer! Du hast mir das Leben<br />

gegeben. Schenke mir nun auch die Einsicht,<br />

die ich brauche, um nach deinen Ordnungen<br />

zu leben!<br />

Sei mir gnädig und erhalte mein Leben!<br />

Ich sah, dass alles ein Ende findet, nur dein<br />

Wort bleibt für immer. (Psalm 119, 73.88.96)<br />

Es gehört zu den grossen Themen unserer Zeit,<br />

immer neu zu fragen: Woher wir kommen und<br />

wohin wir gehen? Jedes Wissensgebiet ist damit<br />

beschäftigt und die jeweiligen Hypothesen sind<br />

nicht uninteressant. Jedem Leser wird dies oder<br />

das bekannt sein. Unsere Aufgabe ist es, auf die<br />

Bibel zu hören. Schnell einmal wird klar, dass über<br />

unsere Herkunft deutlichere Worte zu hören<br />

sind. Es entsteht kein Lehrgebäude. Der Psalmdichter<br />

ist ein Bekenner und findet Worte der Anerkennung:<br />

Herr, mein Schöpfer! Du hast mir das<br />

Leben gegeben! Es wird kein Beweis angetreten,<br />

aber der Mensch findet sich aufgehoben in der<br />

<strong>Hand</strong> dessen, der der Schöpfer <strong>von</strong> Himmel und<br />

Erde ist. Ist er der Schöpfer des Universums, ist<br />

er auch mein Schöpfer. Das ist mein Anfang.<br />

Damit begann mein Leben und der Schöpfer möge<br />

es auch erhalten mein Leben lang. Der Mensch<br />

sieht sich freudig aufgerufen, seinen Teil nun auch<br />

zu leisten: Schenke mir die Einsicht nach deinen<br />

Ordnungen zu leben. Und wohin führt nun dieses<br />

geordnete Leben? Mit unseren Worten gesagt, hat<br />

es ein Ende. Nur Gottes Wort bleibt für immer.<br />

Jesus wird sagen: Himmel und Erde vergehen, aber<br />

meine Worte werden nicht vergehen. Und so<br />

ist das Ende hinein genommen in das ewige Wort,<br />

das Jesus Christus selber ist. Hinein genommen in<br />

das A und O des Schöpfers einer neuen Schöpfung.


Woher – Wohin? Entscheidend ist eigentlich der<br />

Weg. Für Menschen ohne Gott, ist er eine Zitterpartie.<br />

Für Menschen mit Gott, ist er Leben in<br />

Frieden und Gerechtigkeit.


4. Juli<br />

Jesus spricht: Ich bin der Weinstock, ihr seid<br />

die Reben. Wer in mir bleibt und ich in ihm,<br />

der bringt viel Frucht, denn ohne mich könnt<br />

ihr nichts tun. (Johannes 15, 5)<br />

Die landläufige Meinung ist doch die, dass wir<br />

sehr wohl viel tun können ohne Jesus, ohne dass<br />

wir nach seinem Willen fragen, ohne, dass wir ihn<br />

beachten. Schaut nur her, sagt man, was alles in<br />

der Welt entstanden ist, allein aus des Menschen<br />

Geist und Kraft. Die Frage sei erlaubt: Hätte<br />

wirklich alles entstehen müssen, wenn es nach<br />

dem Willen Gottes gegangen wäre? Aber nun<br />

steht es da und der Mensch wirkt weiter in seinem<br />

Erfindungsreichtum – viele alltägliche Dinge fügen<br />

sich zu immer neuen Produkten, die uns gewaltig<br />

in der Werbung oder in Fernsehprogrammen<br />

vorgeführt werden. Der Mensch ist stark<br />

ohne Jesus. Der Mensch als Mass aller Dinge, das<br />

ist nichts Neues.<br />

Vertieftes Nachdenken bringt aber an den Tag,<br />

dass wir – ob wir’s glauben oder nicht – ohne<br />

Gott, ohne Jesus, keine Gegenwart und keine Zukunft<br />

hätten; keine Möglichkeit etwas zu tun oder<br />

auf etwas zu verzichten. Denn wir sind Gottes<br />

Geschöpfe durch Jesus Christus geschaffen und<br />

bestimmt, in dieser Welt zu leben und sie zu verwalten.<br />

Und ob uns das bewusst ist oder nicht,<br />

wir leben in dieser Luft und können nur durch<br />

Jesu Einwirken selber wiederum wirken. Es fragt<br />

sich nur, welchen Stellenwert unser Wirken hat.<br />

Unser selbstbewusstes Können und Tun ist nicht<br />

die Frucht, <strong>von</strong> der Jesus spricht. Ihm geht es aber<br />

um diese. Um <strong>Werke</strong>, die zum Reich Gottes<br />

passen, z.B. Liebe, Gütigkeit, Barmherzigkeit,<br />

Treue, Vergebung, Hoffnung, Selbstbeherrschung.<br />

Was zum täglichen Leben gehört, ist da<br />

inklusiv, weil wir uns ja darin bewähren können.


Das ist nun allerdings nicht nur <strong>von</strong> unserer Erschaffung<br />

abhängig, sondern <strong>von</strong> der lebendigen<br />

Verbindung zu Jesus Christus, wie es das Beispiel<br />

vom Weinstock begreiflich macht. Jesu diesbezüglichen<br />

Worte an seine Jünger sind sowohl Zuspruch<br />

als auch Ermahnung: Bleibet in mir, bleibt<br />

immer mit mir in Verbindung, lasst den Kontakt<br />

keinen Moment abbrechen; <strong>von</strong> mir aus zu euch<br />

hin ist es so, darum, bleibt in mir und ich bleibe in<br />

euch. Dann bringt ihr viel Frucht, denn ohne<br />

mich könnt ihr nichts tun. Mit mir aber alles, was<br />

Gott ehrt, was zur Vollendung seines Reiches<br />

dient, was Mitmenschen zu Diensten ist, was dazu<br />

beiträgt, das Evangelium bis zu den fernen und<br />

abweisenden Völkern zu bringen, was dazu dient,<br />

dass mit der prachtvollen Schöpfung endlich<br />

sorgfältig umgegangen wird.<br />

Bleibt in mir und ich bleibe in euch!


5. Juli<br />

Seine Gnade an mir ist nicht vergeblich gewesen.<br />

(1. Korintherbrief 15, 10)<br />

Ein Windhundrennen ist eine grandiose Sache.<br />

Da sitzen die Tiere nebeneinander in ihren Boxen<br />

und vibrieren. Hochbeinige, schlanke Tiere mit<br />

langen schmalen Köpfen. Auf einmal saust ein<br />

Hase an den Käfigen vorbei. Automatisch öffnen<br />

sich mit einem Schlage die Zwinger, und die<br />

Hunde stürzen wie besessen hinter dem Hasen<br />

her. Aber so schnell sie laufen, sie erwischen den<br />

Hasen nicht. Es ist ein falscher Hase, der an einem<br />

Seil vor den heranstürmenden Hunden hergezogen<br />

wird. Die Hunde geben ihr Letztes her,<br />

aber der Hase ist schneller. Alles vergeblich!<br />

Sind die Menschen eigentlich soviel anders als die<br />

Windhunde? Sie hetzen und jagen auch ständig<br />

falschen Hasen nach. Sie stürzen sich vielleicht ihr<br />

Leben lang auf ein Ziel, das sich letzten Endes als<br />

Täuschung herausstellt. – Ist es schon ärgerlich,<br />

einen langen Weg vergeblich gelaufen zu sein, ist<br />

es noch furchtbarer, ein Leben vergeblich gelebt<br />

zu haben. Gott bietet uns täglich in Jesus Christus<br />

zur Bewältigung des Lebens seine Gnade und<br />

Gunst an, dass wir nicht vergeblich leben und tätig<br />

sind. „Vergeblich“ ist das härteste Urteil, das<br />

Gott uns am Ende unseres Lebens ausstellen<br />

kann. Bei Paulus war das Angebot nicht vergeblich.<br />

Und bei uns?


6. Juli<br />

Siehe, des Herrn Arm ist nicht zu kurz, dass<br />

er nicht helfen könnte. (Jesaja 59, 1)<br />

Von Heinrich Heine, dessen Gesundheit durch<br />

selbstverschuldetes Leiden zerrüttet war, wird erzählt,<br />

dass er im grossen Museum zu Paris einst<br />

vor der berühmten Statue der Venus <strong>von</strong> Milo<br />

gestanden habe. Wir kennen ja das herrliche Bild<br />

der Göttin nur in verstümmeltem Zustande; ihr<br />

fehlen die Arme. Zu den Füssen dieser Statue<br />

warf sich Heine voll Verzweiflung nieder, und<br />

durch seine Seele strömten die Gedanken, die er<br />

nachher selbst in die Worte fasste: „Dort lag ich<br />

eine lange Zeit und weinte so leidenschaftlich,<br />

dass sich ein Stein meiner hätte erbarmen mögen.<br />

Die Göttin blickte auf mich herab, aber sie war<br />

machtlos, mich zu trösten. Es war, als wollte sie<br />

sagen: ‚Siehst du denn nicht, dass ich keine Arme<br />

habe und dir deshalb nicht helfen kann’?“<br />

Ja, das ist der letzte Trost dieser Welt: „Siehst du<br />

denn nicht, dass ich keine Arme, keine Füsse, keinen<br />

Willen, kein Erbarmen habe und dir deshalb<br />

nicht helfen kann?“ Wenn es darauf ankommt,<br />

dann haben alle Philosophien, alle Kunstwerke,<br />

alle Weisheiten und Errungenschaften der<br />

Menschheit keine Arme. Man kann sie bewundern.<br />

Helfen tun sie nicht.<br />

Und der Arm und die <strong>Hand</strong> des Herrn? Millionen<br />

haben es schon erfahren, überall in der Welt: Auf<br />

sie ist Verlass. Sie sind gegenwärtig und lebendig,<br />

bereit zur Hilfe. Der Arm Gottes ist nicht zu kurz<br />

um an jedem Ort einzugreifen. Glückselig, wer<br />

darauf vertraut!


7. Juli<br />

Geht ein durch die enge Pforte. Denn die<br />

Pforte ist weit und der Weg ist breit, der zum<br />

Verderben führt; und es sind viele, die auf<br />

ihm hinein gehen. Aber die Pforte ist eng,<br />

und der Weg ist schmal, der zum Leben führt;<br />

und es sind wenige, die ihn finden.<br />

(Matthäus 7, 13-14)<br />

Sieht es nicht fast danach aus, als ginge das alles<br />

wie automatisch, schön vorsortiert vor sich: die<br />

einen dahin, die andern dorthin. Und damit wäre<br />

das Problem der Guten und Bösen gelöst – Ruhe!<br />

Solche Gedanken gehen total in die falsche Richtung.<br />

Denn der erste Satz ist entscheidend. Jesus<br />

fordert seine Zuhörer, vor allem seine Jünger, kategorisch<br />

zu einer einmaligen und entschlossenen<br />

Tat auf: Geht ein durch die enge Pforte. Es ist die<br />

Pforte, die zum Leben, zu einem reichen Leben,<br />

zum ewigen Leben führt. Für Menschen, die sich<br />

Jesus anschliessen wollen, gibt es gar keine Wahl.<br />

Die Bestimmung ist gefallen, nun gilt der Gehorsam.<br />

Doch allgemein gibt es die zwei Möglichkeiten für<br />

das irdische Leben: die weite Pforte und der breite<br />

Weg und andererseits die enge Pforte und der<br />

schmale Weg. Kein Wunder, dass die meisten<br />

Menschen den bequemen Weg für sich wählen.<br />

Obwohl alle Menschen vor den beiden Toren informiert<br />

werden über das Ziel des folgenden Weges.<br />

Das Ziel des breiten Weges ins Verderben,<br />

wird nicht als bare Münze genommen, Gott wird<br />

sich doch meiner erbarmen und fünfe grad sein<br />

lassen, denkt der Einzelne. Er ist der Geniesser<br />

und kommt in seinen Tagen voll auf seine Rechnung.<br />

Anders der Mensch auf dem schmalen<br />

Weg. Er hat viel Mühe und Leid <strong>seiner</strong> Tage zu<br />

ertragen, es wird ihm nichts geschenkt im Blick<br />

auf sein Ziel, das Leben zu gewinnen. Aber er ist


getröstet wunderbar; währenddem der andere<br />

stets in Ängsten lebt, ob ihm nichts genommen<br />

werde.<br />

Es stimmt einen traurig, dass offenbar auf dem<br />

breiten Weg ein Gedränge ist, während auf dem<br />

schmalen Weg nur wenige Läufer zu sehen sind.<br />

Zudem scheinen es Wege ohne Umkehrmöglichkeit<br />

zu sein. Sicher eignen sie sich nicht zum ausprobieren.<br />

Aber durch Jesu Kreuzestod und Versöhnung<br />

gibt es den Weg der Umkehr vom Verderbensweg.<br />

Doch zuwarten ist lebensgefährlich.<br />

Glücklich sind, die bei Anruf zur Pforte zu kommen,<br />

sich <strong>von</strong> Anfang an recht entscheiden. Es<br />

dürfen gern noch einige mehr sein auf dem<br />

schmalen Weg…


8. Juli<br />

Nehmt mein Joch auf euch und lernet <strong>von</strong><br />

mir; denn ich bin sanftmütig und <strong>von</strong> Herzen<br />

demütig. (Matthäus 11, 29)<br />

„Wir werden lernen“, sagt hoffnungsfroh und zuversichtlich<br />

ein geschlagener deutscher Soldat auf<br />

dem Marsch in die russische Kriegsgefangenschaft<br />

zu einem Armeepfarrer. Diese Szene spielt<br />

in dem erschütternden Film: „Hunde, wollt ihr<br />

ewig leben?“ Es geht um die furchtbare Tragödie<br />

des Untergangs einer ganzen Armee in Stalingrad.<br />

Es war im Herbst 1942. Ein Wort schrieb sich<br />

damals mit Blut und Tränen in die Weltgeschichte<br />

ein – Stalingrad. Bei diesem Namen verstummen<br />

alle schönen Worte.<br />

Stalingrad – das ist der Krieg ohne Maske.<br />

Stalingrad – das ist die Preisgabe des Menschen.<br />

Stalingrad – das ist die Sackgasse ohne Gott.<br />

„Lernet <strong>von</strong> mir!“ sagt Jesus. Ich habe euch ein<br />

Beispiel gegeben. In der grossen Politik und bei<br />

den Militärs hat das Wort wenig Anziehungskraft.<br />

Jesus hat uns ein Vorbild gegeben. Er war sanftmütig<br />

und demütig – bis zum bittern Ende. Wer<br />

ihm nachfolgt, kann nicht plötzlich alle Wahrheiten<br />

auf den Kopf stellen. Sie gelten für den Christen<br />

bedingungslos. Niemand kann ihn lossagen,<br />

niemand kann ihn <strong>von</strong> diesen Geboten entbinden.<br />

Die Sanftmütigen werden die Erde besitzen. Stalingrad<br />

ist das Gegenteil. „Lernet <strong>von</strong> mir!“ sagt<br />

Jesus. Wir müssen seine Worte neu kennen und<br />

halten lernen.


9. Juli<br />

Jesus spricht: Kommt her zu mir alle, die ihr<br />

mühselig und beladen seid; ich will euch erquicken.<br />

(Matthäus 11, 28)<br />

Tagein Tagaus werden wir laufend gerufen,<br />

kommt her, geht dorthin, unternehmt dies, lasst<br />

anderes liegen, gehorcht da, seid vorsichtig dort.<br />

Man will uns in Aktion sehen, uns hingebend verschleissend<br />

für das Unternehmen. Nicht zu vergessen<br />

die Mütter, die alleingelassen <strong>von</strong> den Vätern<br />

ihren 24Stundenjob leisten. Das Leben ist für<br />

die meisten ein Trümmerfeld – ehrlich betrachtet.<br />

Milder sind unsere Erinnerungen an die Schulturnstunden<br />

mit ihren Kommandos: Im Halbkreis<br />

daher. Dann gab’s mehr Tadel als Lob. Im Militär<br />

dasselbe. Dafür stehen wir auf und legen uns nieder.<br />

Dafür geht ein Jahr ums andere vorüber.<br />

Immer: Kommt und geht, was haben wir da<strong>von</strong>?<br />

Wir haben es schon erwähnt. Zu guter Letzt doch<br />

nur 0 Punkte.<br />

Jesus sieht das, hat es schon gesehen vor dem industriellen<br />

Zeitalter – es war nicht anders. Die<br />

Menschen waren geplagt, überstrapaziert, ausgenützt,<br />

oft schlechter als das Vieh behandelt, übervorteilt<br />

und ihres Lohnes beraubt. Und dahinein<br />

ruft der Heiland-Helfer: Kommt her, alle! Er<br />

weiss um ihre Schicksale: mühselig und beladen<br />

sind sie alle. Was wird er tun? Ändert er die Strukturen,<br />

die Verhältnisse oder schafft er mit einem<br />

Streich alle Ungerechtigkeit ab? Nein, viele sind<br />

enttäuscht – er verspricht Erquickung, neuen Atem,<br />

den Rücken strecken, aufrecht stehen können.<br />

Ja gewiss, für gewöhnlich ist das nicht viel,<br />

doch weil es Jesus ist der das verspricht, ist es wie<br />

ein Himmelsfest, das immer wieder stattfindet,<br />

wenn man aufs Neue zu ihm kommt. Denn sein


Ruf ist nicht einmalig, sondern permanent und<br />

sein Angebot gilt. Nur hingehen müssen wir selber.


10. Juli<br />

Wer Sünde tut der ist der Sünde Knecht.<br />

(Johannes 8, 34)<br />

In Afrika gibt es eine merkwürdige Sitte Affen zu<br />

fangen. Man stellt grosse Steinkrüge mit engem<br />

Hals an die Ränder der Felder und füllt sie mit<br />

Maiskörnern. Die Affen sind entsetzlich neugierig<br />

und haben die Gewohnheit, die Hände überall<br />

hineinzustecken. Sie sind aber so gefrässig und<br />

habgierig, dass sie ihre Hände selbst bei Gefahr<br />

nicht leer zurückziehen. Sie versuchen, mit der<br />

gefüllten Faust durch den engen Steinkrughals zu<br />

kommen. Unter keinen Umständen wollen sie den<br />

Mais fahren lassen. Die Wärter eilen mit dicken<br />

Stöcken heran. Mühelos werden die Tiere betäubt.<br />

Man fragt sich unwillkürlich: Warum lassen die<br />

Affen die Beute nicht los und flüchten, wenn der<br />

Mensch sich nähert? Sie haben es sich in den<br />

Kopf gesetzt, an den lächerlichen Kernen festzuhalten<br />

und büssen es letztlich mit dem Leben.<br />

Den Menschen geht es ähnlich. Sie sind in gewisse<br />

Sünden so vernarrt und halten sie mit allen<br />

Kräften fest, dass sie lieber die Freiheit ihres Lebens<br />

dabei einbüssen, als loszulassen und frei zu<br />

werden. Jesus ist gekommen um uns die Augen zu<br />

öffnen und uns die Freiheit zu geben. Bis er an<br />

uns wirken kann, sind wir Knechte der Sünde,<br />

hängen sklavisch an der Sünde.<br />

Gibt es das auch bei uns, dass einer <strong>von</strong> <strong>seiner</strong><br />

Sünde nicht lassen will?


11. Juli<br />

So spricht Gott der Herr, der dich geschaffen<br />

hat: Fürchte dich nicht, denn ich habe dich<br />

erlöst; ich habe dich bei deinem Namen gerufen;<br />

du bist mein. (Jesaja 43, 1)<br />

Die ersten Hörer dieser Worte waren ganze Teile<br />

des Volkes Israels, die aus aller Herrenländer zurückgekehrt<br />

sind ins Heimatland, heim aus der<br />

Zerstreuung, wohin sie kamen wegen ihres Ungehorsams<br />

Gott gegenüber. Aber er zürnt nicht ewig<br />

und führt sie selber wieder ins Heilige Land<br />

zurück, spricht zu ihnen als ein gütiger Vater, erinnert<br />

sie, dass er sie geschaffen hat und sie sich<br />

vor ihm nicht zu fürchten brauchen. In der Tat,<br />

Israel fürchtete sich wohl mit Recht vor der Anrede<br />

Gottes, denn es hatte ihn schwer enttäuscht<br />

und im Stich gelassen, den lebendigen Gott verlassen<br />

und nichtigen Göttern gedient. Aber diesmal<br />

ist kein Grund zur Vorsicht. Gott nimmt das<br />

Wort in aller Fürsorge und überzeugt sein Volk<br />

sogar damit, dass er es beim Namen ruft und es<br />

sein Volk nennt. Das ist das Höchste der Empfindung,<br />

welche Israel überzeugen wird.<br />

Und nun sind auch wir Hörer dieser Worte. Haben<br />

auch wir Grund uns vor Gottes Anruf zu<br />

fürchten? Ja, die Situation ist ganz ähnlich wie<br />

damals. Unsere Sünden scheiden uns <strong>von</strong> Gott.<br />

Doch Gottes Antwort ist massiv. Seine Erlösung,<br />

seine Heimsuchung ist die Sendung des Gottessohnes<br />

Jesus in unsere Welt, mitsamt seinem Opfer<br />

am Kreuz. Und das Erstaunliche: Jeder Einzelne<br />

darf es hören, Gott ruft ihn bei seinem eigenen<br />

Namen und sagt ihm zu, dass er Gottes Eigentum<br />

ist. Das ist das Zentrale, wenn jemand ein<br />

Christ wird, sei er Frau oder Mann.


Da ist alle Furcht sinnlos und soll der Freude über<br />

die Nähe Gottes Platz machen. Und es gibt nur<br />

eine Folgerung: <strong>von</strong> Herzen willig und bereit sein<br />

fortan für Jesus zu leben.


12. Juli<br />

Jesus sprach: Der Geist des Herrn ist auf mir,<br />

weil er mich gesalbt hat, den Armen das Evangelium<br />

zu verkündigen; er hat mich gesandt,<br />

die zerbrochenen Herzens sind zu heilen,<br />

Gefangenen Befreiung zu verkünden und<br />

den Blinden, dass sie wieder sehen, Zerschlagene<br />

zu befreien, und ein angenehmes Jahr<br />

des Herrn auszurufen.<br />

Heute erfüllt sich nun dieses Wort vor euch.<br />

(Lukas 4, 18-19.21)<br />

Jesus weilt am Sabbat in Nazareth, in der Stadt,<br />

wo er aufgewachsen ist. Er besucht die Synagoge.<br />

Alle sind gespannt, wie er sich verhalten wird. Er<br />

liest aus der Bibel vor und bestätigt das Gelesene<br />

mit den Worten: Heute erfüllt sich dies vor euren<br />

Ohren. Anfängliches Staunen und Bewundern ihres<br />

Mitbürgers schlägt plötzlich in Hass und Zorn<br />

um und die Meute will ihn töten. Aber er ging<br />

mitten durch sie hindurch an einen andern Ort.<br />

Nazareth hat die Segnungen, <strong>von</strong> denen Jesus<br />

sprach, nicht mehr erlebt, umso mehr wendet sich<br />

Jesus nun auch Orten zu, die nicht direkt zum<br />

Heiligen Land gezählt wurden. Vielerorts wird die<br />

grandiose Predigt Jesu dankbar aufgenommen,<br />

weil sie nicht nur in Worten bestand, sondern<br />

durch Zeichen und Wunder bestätigt wurde. Es<br />

ist leicht verständlich, dass sich Jesus zu den Armen<br />

gesendet weiss, denn sie sind es, die noch<br />

mit Gott rechnen und sich nichts auf sich selbst<br />

einbilden. Ihnen wird die frohe Botschaft des<br />

Gottesreiches verkündet, sie persönlich werden<br />

angesprochen in ihr Leben hinein und sie sind es,<br />

die Jesus nachfolgen werden. Sie haben es aufgegeben<br />

auf wesentliche Veränderungen <strong>von</strong> ihrer<br />

Obrigkeit zu hoffen. Stattdessen haben sie sich<br />

verändert und sind Jesu Jünger geworden und leben<br />

nun in der Fülle der Gnade Gottes. Ebenso


ergangen ist es den Gefangenen, denen mit zerbrochenen<br />

Herzen, den Blinden und Gehörlosen<br />

und über die Erfüllung ihrer persönlichen Bedürfnisse<br />

hinaus, wird allen ein „angenehmes Jahr<br />

des Herrn“ zugesprochen.


13. Juli<br />

Und dienet einander, ein jeglicher mit der<br />

Gabe, die er empfangen hat, als die guten<br />

Haushalter der mancherlei Gnade Gottes.<br />

1. Petrusbrief 4, 10)<br />

Eines Tages kam ein bekannter Engländer zu dem<br />

berühmten Chirurgen <strong>Prof</strong>essor Sauerbruch, um<br />

sich einer schweren Operation unterziehen zu lassen.<br />

Vertrauensvoll übergab er sich den gewandten<br />

Händen des Meisters. Als die Operation<br />

glücklich verlaufen und die Wunde schön abgeheilt<br />

war, beugte sich eines Tages der Patient über<br />

die Hände des Arztes, küsste sie und sagte: „Ich<br />

danke Ihnen und Ihren wunderbaren, genialen<br />

Händen.“ <strong>Prof</strong>essor Sauerbruch zog sie zurück<br />

und sagte schlicht zu ihm: „Danken Sie nicht mir<br />

und meinen Händen, sondern dem genialen<br />

Schöpfer, der mir diese Gabe verliehen hat.“<br />

Alle Gaben haben wir <strong>von</strong> Gott empfangen. Kein<br />

Mensch ist leer ausgegangen. Und wem viel gegeben<br />

ist, <strong>von</strong> dem wird viel erwartet. Gaben sind<br />

anvertrautes, geliehenes Gut. Wir haben darüber<br />

Rechenschaft abzugeben. Darum gilt: Wenn Gott<br />

der Herr ist, sind wir nicht selbstherrlich. Wenn<br />

Gott der Geber ist, sind wir keine Angeber. Wenn<br />

Gott Talente in uns gebildet hat, sind wir nicht<br />

eingebildet. Wir nutzen sie nicht egoistisch, sondern<br />

wir dienen einander, ein jeglicher mit der<br />

Gabe, die er empfangen hat. Wenn jeder so handelt,<br />

entsteht eine wunderbare Dienstgemeinschaft<br />

für das Reich Gottes – für das Sichtbarwerden<br />

der Herrschaft Gottes in der neuen Welt.


14. Juli<br />

Gott, er allein breitet den Himmel aus und<br />

schreitet einher auf den Wogen des Meeres.<br />

Er schuf den Grossen Bären, den Orion, das<br />

Siebengestirn und die Sterne des Südens.<br />

(Hiob 9, 8-9)<br />

Jesus spricht: Habe ich dir nicht gesagt:<br />

Wenn du glaubst, wirst du die Herrlichkeit<br />

Gottes sehen? (Johannes 11, 40)<br />

Hiob und damit auch wir, erleben für einen Augenblick<br />

einen herrlichen Einblick in die Schöpferherrlichkeit<br />

unseres Herrn. Was für eine gewaltige<br />

Vorstellung erfasst uns mit dem Bild, wie<br />

Gott den Himmel ausbreitet – er allein! Und wie<br />

ergreifend ist es fürs innere Auge, den Herrn über<br />

die Wogen des Meeres einher schreiten zu sehen.<br />

Wenn wir dann abends den Blick zum Himmel<br />

erheben, erstaunt uns die Herrlichkeit Gottes ein<br />

weiteres Mal mit der Flut <strong>von</strong> lauter geordneten<br />

Sternensystemen in allen Himmelsrichtungen.<br />

Als Wunderwerk wird dies nur dem glaubenden<br />

Menschen offenbar.<br />

Auch war es nur den Jüngern Jesu vergönnt, ihren<br />

Meister auf den unruhigen Wogen des Sees Genezareth<br />

entgegen kommen zu sehen. Hätten sie die<br />

Hiobstelle gekannt, hätten sie sich nicht gefürchtet.<br />

Umso grösser war dann das Erstaunen und<br />

die liebende Anbetung der Jüngerschar: Jesus,<br />

Meister, du bist wirklich Christus, der Messias Israels<br />

und der ganzen Welt.<br />

Solche Bibelworte wie die obigen sind uns ja nicht<br />

zur Belehrung gegeben, sondern zur Anleitung für<br />

die Anbetung und den Lobpreis. So werden wir<br />

sorgsam herangeführt, Dankworte, Lobworte,<br />

Ehrenworte, Liebesworte und Hingabeworte zu<br />

finden und auszusprechen. Einzelne Psalmen und<br />

das Gesangbuch der Gemeinde können eine Hilfe<br />

sein.


Jesus Christus und seinem Vater gebührt höchster<br />

Respekt. Lasst uns mächtig erfinderisch sein, diesem<br />

Respekt <strong>Aus</strong>druck zu verleihen.


15. Juli<br />

Ich bin bei euch alle Tage. (Matthäus 28, 20)<br />

Peter Rosegger: „Ich weiss den Herrn an meiner<br />

Seite, und das macht mich mutig und fröhlich.<br />

Wie hätte ich armer, irrender Mensch durch die<br />

unzähligen Verfänglichkeiten der Welt, durch all<br />

die heuchlerischen Widersacher und grimmigen<br />

Feinde den Weg finden können bis hierher? – Er<br />

war bei mir! – Im Taumel der Lust, des Erfolgs,<br />

des Beifalls, ja selbst in der süssen Wonne des<br />

häuslichen Glücks hätte ich übermütig werden<br />

müssen; <strong>von</strong> Feinden gehetzt, kauernd an Gräbern<br />

zerstörten Glückes, im Bewusstsein persönlicher<br />

Schuld und Armseligkeit hätte ich verzweifeln<br />

müssen. – Doch Er war bei mir! – Immer<br />

überlegener fühlte ich mich den Dingen, die mich<br />

einst unterjocht hatten; unbedenklich wage ich<br />

heute Unternehmungen, zu denen mich meine<br />

gebrechliche Natur, meine geringen Fähigkeiten<br />

nicht berechtigten – denn an meiner Seite steht<br />

der Herr.“<br />

Das Beispiel zeigt uns wie kostbar dieses Nahesein<br />

des Herrn ist. Das gibt es nicht in der Theorie.<br />

Das können nur Menschen wissen, die es<br />

selbst erfahren haben und immer wieder erfahren.<br />

Darum heisst es irgendwo: Sei klug, die rettende<br />

und tröstende Nähe Gottes lässt sich durch kein<br />

anderes, noch so wertvolles Gut ersetzen. Dies ist<br />

gerade zu Menschen gesagt, die zu grosser Traurigkeit<br />

neigen und vielleicht schon x-Therapien<br />

hinter sich haben. Gläubige Menschen leben ganz<br />

entscheidend <strong>von</strong> der Nähe, vom Da-Sein Gottes.<br />

„Komm, belebe alle Glieder, du der Kirche heilig<br />

Haupt; treibe aus, was dir zuwider, was uns deinen<br />

Segen raubt. Komm, entdeck uns in der<br />

Klarheit Gottes Herz voll Gnad und Wahrheit;<br />

lass uns fühlen allzu gleich: ‚Ich bin mitten unter<br />

euch’.“ (J.M.H.)


16. Juli<br />

Jesus spricht: Mir ist gegeben alle Gewalt, im<br />

Himmel und auf Erden. – Darum gehet hin<br />

und machet zu Jüngern alle Völker.<br />

(Matthäus 28, 18-19)<br />

Alle Gewalt. Das steht in einem triumphalen Satz<br />

und wirft sogleich viele Fragen auf. Die brennendste<br />

Frage ist wohl die: Warum lässt Gott –<br />

Jesus Christus – all das Elend, das Leid, die Ungerechtigkeit,<br />

den Hunger, die Verzweiflung, überhaupt<br />

jegliche persönliche und öffentliche Not<br />

zu? In dieser Frage kumuliert sich alles, was man<br />

noch fragen könnte. Das ist uns am allernächsten<br />

und lässt uns aufschreien wenn die Not uns selber<br />

nahe rückt. Es gibt in der Kürze keine eindeutige<br />

Antwort, schon gar nicht <strong>von</strong> dieser Textstelle<br />

her. Trotzdem ein Versuch. Wir werden immer<br />

mehr beobachten, dass es wir Menschen sind, die<br />

in den meisten Fällen Not und Leid verbreiten.<br />

Wir reden am eindeutigsten <strong>von</strong> der gefallenen<br />

Menschheit oder gar der Schöpfung. Ungehorsam<br />

gegen Gott, Superegoismus und Skrupellosigkeit<br />

im Umgang mit der Natur haben uns in einen tiefen<br />

Fall gestürzt, aus dem wir uns nicht selber<br />

hochziehen können. Je höher einer den Kopf<br />

trägt, desto mehr zeigt er an, wie tief er im Morast<br />

steckt und kaum mehr Luft kriegt. Und dafür soll<br />

Gott verantwortlich sein? Dafür wollen wir ihn<br />

verantwortlich machen, weil wir ja so schwach<br />

sind und weil es ja sooft um unschuldige Opfer<br />

geht? Gott steht auf der Seite der Entwürdigten,<br />

der Armen und hilft ihnen auf mancherlei Weisen,<br />

die wir oft kaum wahrnehmen. Er hat Praktiken,<br />

die uns verborgen sind. Doch vieles kann nicht<br />

geschehen, weil wir Christen den Wink <strong>seiner</strong><br />

<strong>Hand</strong> nicht sehen und nicht bereit sind zu tun,<br />

was sein Wille ist, jetzt und zur selbigen Stelle.


Gott macht seine Sache, und er macht sie gut.<br />

Wie steht es um uns Menschen, um uns Christen?<br />

Unser Bibelwort will uns nun sagen, dem Herrn<br />

ist alle Gewalt verliehen, damit die Jünger unter<br />

seinem Schutz hinausziehen können, um die frohe<br />

Botschaft vom Reich Gottes auszubreiten. Er<br />

macht freie Bahn. Er stützt und schützt die wankenden<br />

Missionare, sorgt für ihre Bedürfnisse und<br />

steht ihnen bei, wenn sie zur Ehre ihres Meisters<br />

in grosse Bewährungsnöte geraten. Wir sehen und<br />

wissen nur das Äussere und lassen uns beunruhigen.<br />

Was die Gegenwart Jesu innerlich auslöst,<br />

kennen nur die Betroffenen und bekennen auf<br />

mancherlei Weise:<br />

„Er ist gerecht, ein Helfer wert; Sanftmütigkeit ist<br />

sein Gefährt, sein Königskron ist Heiligkeit, sein<br />

Szepter ist Barmherzigkeit. All unsre Not zum<br />

End er bringt, derhalben jauchzt, mit Freuden<br />

singt. Gelobet sei mein Gott, mein Heiland gross<br />

<strong>von</strong> Tat.“ (G.W.)


17.Juli<br />

Erforsche mich, Gott, und erkenne mein<br />

Herz; prüfe mich und erkenne, wie ich’s meine.<br />

Und sieh, ob ich auf bösem Wege bin,<br />

und leite mich auf ewigem Wege.<br />

(Psalm 139, 23-24)<br />

„Dem heissen Süden zu geht die Fahrt. Die Strasse<br />

<strong>von</strong> Messina wird passiert. Der Kapitän ist guter<br />

Laune. Einige Passagiere werden <strong>von</strong> dem gut<br />

aufgelegten Seebär in einem interessanten Rundgang<br />

geführt. Ein Teilnehmer meint zum Schluss:<br />

‚Wozu eigentlich so viele Messgeräte, die Führung<br />

des Steuerrades dürfte doch sehr einfach sein?’ –<br />

‚Bitte, probieren Sie es. Sie steuern jetzt mal fünf<br />

Minuten. Hier beachten Sie den Steuerstrich und<br />

den Kompass. Es müssen stets 176 Grad am<br />

Strich liegen.’ Das vorlaute Greenhorn steht frohgemut<br />

am Steuer. Die Probezeit ist um. ‚Ging es<br />

nicht ausgezeichnet?’ – ‚Wollen sehen!’ brummt<br />

der Alte. Geht zum Kursschreiber und zieht die<br />

Papierrolle mit dem aufgezeichneten Kurs heraus.<br />

‚Da, vergleichen Sie die Kurslinie unseres Steuermanns<br />

mit ihrer Kurslinie!’ O weh! Eine einzige<br />

krumme Linie, kein gerades Stück dabei! Der<br />

Kursschreiber hat den krummen Weg ans Licht<br />

gebracht.“ (K.E. Koch)<br />

Gleicht unser Leben auch so einer Seefahrt? Wir<br />

stehen selbstbewusst am Steuer und meinen einen<br />

geraden Kurs zu steuern. Im Licht des Wortes<br />

Gottes kriegen wir einen gehörigen Schrecken.<br />

Unser Kurs ist schlecht, unsere Kurslinie krumm<br />

und „böse“. Wir haben uns übernommen. Ein<br />

anderer muss ans Steuer, wenn wir nicht ins Unglück<br />

fahren wollen. Wer sich <strong>von</strong> Jesus führen<br />

lässt, lebt einen sicheren Kurs, er wird auf ewigem<br />

Wege geleitet.


18. Juli<br />

Und Gott schuf den Menschen nach seinem<br />

Bilde, als Mann und Frau schuf er sie. Und<br />

Gott segnete sie. (1. Mose 1, 27-28)<br />

Im Oratorium „Die Schöpfung“ <strong>von</strong> Joseph<br />

Haydn heisst es an dieser Stelle triumphierend:<br />

Mit Würd’ und Hoheit angetan, mit Schönheit,<br />

Stärk’ und Mut begabt, gen Himmel aufgerichtet,<br />

steht der Mensch, ein Mann und König der Natur.<br />

Die breit gewölbt’ erhabne Stirn verkündt der<br />

Weisheit tiefen Sinn, und aus dem hellen Blicke<br />

strahlt der Geist, des Schöpfers Hauch und Ebenbild.<br />

An seinen Busen schmieget sich für ihn, aus ihm<br />

geformt die Gattin, hold und anmutsvoll. In froher<br />

Unschuld lächelt sie, des Frühlings reizend<br />

Bild, ihm Liebe, Glück und Wonne zu.<br />

Wie passend dazu sind die Worte <strong>von</strong> Winnig:<br />

„Das eigentlich Menschliche ist dies, dass der<br />

Mensch sich <strong>seiner</strong> Herkunft aus der <strong>Hand</strong> des<br />

Schöpfers bewusst ist. Kein anderes Geschöpf<br />

weiss das. Das Bibelwort ‚Gott schuf den Menschen<br />

ihm zum Bilde’ will dies ausdrücken. <strong>Aus</strong><br />

dieser Urbeziehung zu Gott ist alle Menschheitsgeschichte<br />

entstanden. Ohne diese Urbeziehung<br />

wären wir geschichtslos wie die Tiere. Doch gehört<br />

zu einer Beziehung nicht ein gewisser Kontakt?<br />

Das zeigt folgendes Beispiel: Eine Mutter<br />

steht mit ihrem Sohn vor dem Affenhaus eines<br />

Zoos. „Sieh doch, mein Junge, sind sie nicht fast<br />

wie die Menschen?“ fragt die Mutter. Einen Augenblick<br />

schweigt der Knabe, dann aber fragt er<br />

nachdenklich: „Mutter, können die Affen auch<br />

beten?“<br />

Diese Frage weist auf den Kern unseres Bibelwortes.<br />

Dass Gott uns geschaffen hat, verlangt nach<br />

einer Antwort. Und diese Antwort kann nichts


anderes sein als das Gebet und das Wirken im<br />

Auftrag Gottes. Das Gebet nicht als ein Aneinanderreihen<br />

<strong>von</strong> Bitten, sondern als Reden und Hören<br />

in der Audienz beim himmlischen Vater.<br />

Haben Sie als Mensch schon einmal Ihr Leben so<br />

betrachtet und sind Sie bereit, die entsprechenden<br />

Folgerungen zu ziehen?<br />

Haben Sie als Christ schon immer Ihr Leben so<br />

betrachtet und leben Sie freudig in den Konsequenzen,<br />

die unsere Urbeziehung uns nahe legt?<br />

Und Gott gab seinen Segen – damals und gibt ihn<br />

heute und in Ewigkeit.


19. Juli<br />

Er ist unser Friede. (Eph. 2, 14)<br />

In Südamerika steht hoch in den Bergen der Anden<br />

an der Grenze zwischen Chile und Argentinien<br />

ein merkwürdiges Standbild, das seinesgleichen<br />

kaum auf der Erde haben dürfte. Es ist ein<br />

Christusbild, zu dem Kanonen das Erz geliefert<br />

haben. Diese beiden Länder standen einst im Begriff,<br />

wegen Grenzstreitigkeiten gegeneinander den<br />

Krieg zu eröffnen. In letzter Stunde gelang es jedoch<br />

dem Einfluss <strong>von</strong> Christen, den drohenden<br />

Krieg zu verhindern. Nun goss man die aufgefahrenen<br />

Kanonen um und formte aus ihnen ein<br />

Standbild Jesu Christi <strong>von</strong> riesengrossem <strong>Aus</strong>mass.<br />

Auf der Grenzscheide der Länder stehend,<br />

hält Christus in der einen <strong>Hand</strong> sein Kreuz, die<br />

andere erhebt er segnend über die Völker. Der<br />

Sockel des Standbildes aber trägt die Inschrift:<br />

„Eher sollen diese Berge der Anden in Staub zerfallen,<br />

als dass die Völker <strong>von</strong> Argentinien und<br />

Chile den Frieden brechen, den sie zu Füssen ihres<br />

Erlösers zwischen sich aufgerichtet haben.“<br />

Christus ist unser Friede. Er ist unser Friedefürst.<br />

Denn wer Krieg macht, rebelliert gegen Gott.<br />

Gott musste Christus auf Golgatha verbluten lassen,<br />

damit der Krieg aufhört. Die Möglichkeit<br />

zum Frieden besteht jetzt. Wer Christus nachfolgt,<br />

muss die Waffe fallen lassen. Das ist das Eine.<br />

Doch wir realisieren, dass gewisse Kreise sogar<br />

Interesse an Streit und kriegerischen <strong>Aus</strong>einandersetzungen<br />

haben, teils aus Rechthaberei,<br />

teils aus Gewinnaussichten. Und selbst kalter,<br />

psychologischer Krieg ist nicht auszurotten. Aber<br />

für Jesu Gemeinde gilt: Christus ist unser Friede.<br />

Von daher ist mit aller Kraft und Intensität Friedensarbeit<br />

zu leisten, auch wenn die Politik dazu<br />

lächelt. Es mögen wenige Christen sein, die daran<br />

glauben, aber nur getrost, Christentat hat einen<br />

enormen Wirkungsgrad.


20. Juli<br />

Trachtet vor allem nach dem Reich Gottes.<br />

(Matthäus 6, 33)<br />

Das Reich Gottes ist etwas anderes als nur ein<br />

gewisser moralischer oder sozialer Fortschritt. Es<br />

ist: Kraft Gottes, Regiment Gottes, Lebensoffenbarung<br />

Gottes, ist die Schaffung neuer Herzen,<br />

neuer Gesinnung, dass wir aufs rechte Ziel hingelenkt<br />

werden: Jesus der Herr zur Ehre Gottes des<br />

Vaters. Und nun ist nicht die wichtigste Frage:<br />

„Wann kommt das Reich?“ oder „Wo kommt das<br />

Reich?“ Das sind lauter Irreführungen. Die wichtigste<br />

Frage heisst: Kommt das Reich Gottes auch<br />

in mir, d.h. hat die Herrschaft Gottes in mir<br />

schon begonnen? Pfarrer Geiss gibt in ein paar<br />

Sätzen einiges zu bedenken:<br />

1. Das Reich Gottes kommt nicht durch Diskussion,<br />

sondern durch Gehorsam!<br />

- Schluss mit allem ‚Geschwätz’, auch<br />

wenn es noch so fromm daherkommt.<br />

Gerede macht die Wege Gottes undeutlich.<br />

Mehr gehorchen!<br />

2. Wir haben das Reich Gottes nicht herzustellen<br />

durch unsern Betrieb, sondern darzustellen<br />

durch unseren Wandel.<br />

- Schluss mit aller Wichtigtuerei, auch<br />

wenn sie noch so fromm aussieht.<br />

Hingabe tut not.<br />

3. Das Wachstum im Reich Gottes geschieht<br />

nicht durch Vorschriften, sondern durch<br />

Vorbilder.<br />

- ‚Tod’ allen Kritikastern und Besserwissern!<br />

Selbstkritik und Bessermachen<br />

tut not.<br />

<strong>Aus</strong> dem allen wird schnell klar, was das höchste,<br />

erstrebenswerte Ziel unseres Lebens sein kann,<br />

die Bürgschaft in Gottes Reich, da hineinzugehören,<br />

wo wir unserem Herrn am nächsten sind, da


unsere Hingabe am stärksten wirken zu lassen,<br />

dass Jesu Name als der Name über allen Namen<br />

der Welt erscheinen kann. Wir sind auf dem richtigen<br />

Weg, wenn das Reich Gottes in unserem<br />

Leben erste Priorität hat.


21. Juli<br />

Und nach einer langen Zeit kam das Wort des<br />

Herrn zu Elia und sprach: Gehe hin und zeige<br />

dich Ahab. Und Elia ging hin.<br />

(1. Könige 18, 1-2)<br />

Was war das für ein entsetzlicher Gang!<br />

<strong>Dr</strong>ei Jahre lang hatte der Herr den Propheten Elia<br />

heimlich verborgen. In dieser Zeit hatte der abgöttische<br />

König Ahab alles aufgeboten, den Mann<br />

Gottes zu finden, den er glühend hasste. Er wollte<br />

ihn umbringen. Elia aber war in Gottes <strong>Hand</strong> geborgen.<br />

Doch nun lässt der Herr den Elia los. „Gehe hin<br />

und zeige dich Ahab!“ Das hiess ja, in die Höhle<br />

des Löwen zu gehen. Das hiess ja, sehenden Auges<br />

in den Tod zu laufen.<br />

„Und Elia ging hin.“ Man ist versucht, hier <strong>von</strong><br />

der Furchtlosigkeit eines starken Mannes zu reden.<br />

Aber ich glaube nicht, dass Elia furchtlos war. Ich<br />

bin überzeugt, dass auch in seinem Herzen Angst<br />

und Schrecken lebten. Aber – und das ist entscheidend<br />

– er gab dieser Furcht nicht nach. Er<br />

überwand seine Natur.<br />

Das ist eine wichtige Seite der Gottesbotschaft.<br />

Sie gibt Kraft, die eigene Natur zu überwinden.<br />

Als Jeremia zum Propheten berufen wurde, sah er<br />

im Geist die Nöte, in die eine solche Berufung ihn<br />

führen musste und wendete erschrocken ein: „Ich<br />

bin zu jung!“ Aber dann ging er doch als Bote des<br />

lebendigen Gottes gegen eine ganze Welt an. Das<br />

ist Überwindung der eigenen Natur.


Auch heute wird so etwas möglich durch Jesus<br />

und sein Evangelium. Er hat unsere alte Natur in<br />

sein Sterben hinein genommen. Durch sein Leben<br />

werden auch wir mit ihm neu leben.<br />

Vertrauen wir dem göttlichen Eingreifen?<br />

Lasst uns anbeten und knien und niederfallen<br />

vor dem Herrn, der uns gemacht hat. O dass<br />

ihr heute auf seine Stimme hörtet.<br />

(Psalm 95, 6.7)<br />

„Gott ist gegenwärtig. Lasset uns anbeten und in<br />

Ehrfurcht vor ihn treten. Gott ist in der Mitte.<br />

Alles in uns schweige und sich innigst vor ihm<br />

beuge. Wer ihn kennt, wer ihn nennt, schlag die<br />

Augen nieder; gebt das Herz ihm wieder.“<br />

„Lasset uns miteinander uns hinkehren zu dieser<br />

Quelle aller Gnade, aller Erbarmung und aller<br />

göttlichen Kraft.“ Gerhard Tersteegen<br />

Walter Nigg schreibt über den Schöpfer dieser<br />

Zeilen: „Tersteegen strebte mit der gesammelten<br />

Kraft <strong>seiner</strong> Seele die Vollkommenheit an. Er<br />

wollte die grösstmögliche Nähe Gottes erreichen.<br />

Über seinem Leben war eine wunderbare Ruhe<br />

ausgebreitet, ohne dass es im geringsten langweilig<br />

wirkte. An seinem Grabe wurde er ‚ein grosser<br />

Heiliger’ genannt, welcher der verfallenen protestantischen<br />

Kirche geschenkt worden sei.“<br />

Der Mensch mit Gott scheint ein passiver<br />

Mensch zu sein. Der Schein trügt. Aktiv heisst<br />

aber auch nicht wie ein Wirbelwind tätig zu sein.<br />

Unser Bibelwort legt uns ein Verständnis nahe,<br />

das manchem fremd sein könnte. Es geht darum,<br />

in aller Stille höchste Aufmerksamkeit zu entwickeln<br />

und Aug und Ohr zu schärfen für die Äusserungen<br />

Gottes durch sein Wort, um dann mit


aller Intensität Gott zu feiern, dass andere mit<br />

hinein genommen werden und das alles zu <strong>seiner</strong><br />

Ehre durch Jesus Christus.


23. Juli<br />

Da fragte Gott: „Du hast doch nicht etwa <strong>von</strong><br />

dem Baum gegessen, <strong>von</strong> dem zu essen ich<br />

dir verboten habe?“ Da antwortete Adam:<br />

„Die Frau, die du mir gegeben hast, die hat<br />

mir vom Baum gegeben, da habe ich gegessen.“<br />

(1. Mose 3, 11-12)<br />

Vor vielen Jahren wurde Adolf Eichmann, ein ehemaliger<br />

SS-Offizier, <strong>von</strong> einem israelischen Gericht<br />

zum Tode verurteilt. Das Erschütternde war,<br />

dass Eichmann in keiner Weise bereit war, Schuld<br />

einzugestehen und Schuld auf sich zu nehmen. Er<br />

schob den ‚schwarzen Peter’ den vorgesetzten<br />

Dienststellen zu.<br />

Seit Adam und Eva ist es so gewesen; immer war<br />

der andere schuld. Gott fragte Adam und Adam<br />

sagte: „Nicht ich bin’s gewesen, sondern Eva.“<br />

Eva sagte: „Ich war es nicht, sondern die Schlange.“<br />

Und wenn beim besten Willen kein Mensch mehr<br />

aufzutreiben ist, der als Sündenbock herhalten<br />

kann, dann ist es eben das Wetter, sind es die ungünstigen<br />

erblichen Anlagen.<br />

Nicht die andern sind schuld, sondern ich. Ich<br />

muss den Kopf hinhalten, für meine Schuld gerade<br />

stehen und die Schuld begleichen. Anders als<br />

so lassen sich keine klaren Verhältnisse schaffen.<br />

Und anders als so wird auch nie der Weg frei zu<br />

einem neuen Anfang.<br />

Gott hat noch einen ganz anderen und einen<br />

noch viel schwereren Weg gewählt. Er hat uns<br />

nicht im Paradies bereits abgeschoben und aufgegeben.<br />

Er hat den Menschen nur das Allernötigste<br />

aufgeladen. Die Schuld nahm er auf sich, trug er<br />

hinweg – immer wieder. Hätte Gott nicht so gedacht<br />

und gehandelt, wäre auf Golgatha nie ein<br />

Kreuz gestanden!


24. Juli<br />

Was sollen wir tun, ihr Brüder? Petrus sagte:<br />

Tut Busse und vertraut auf den Namen Jesu<br />

Christi zur Vergebung der Sünden.<br />

(Apostelgeschichte 2, 37-38)<br />

Friso Melzer erzählt: Vor einiger Zeit sah ich einen<br />

indischen Heiligen auf einem Nagelbrett liegen.<br />

Ich fragte ihn: „Zu welchem Zweck quälst du<br />

dich auf diese Weise?“ Er erwiderte: „Es bedeutet<br />

Busse und Abtötung des Fleisches. Ich diene Gott<br />

auf diese Weise, aber ich bekenne, die Stiche dieser<br />

Nägel sind nicht so schlimm wie die Schmerzen,<br />

die meine Sünden und bösen Begierden mir<br />

bereiten.“ „Wie lange treibst du das schon und<br />

wie weit hast du dein Ziel erreicht?“ Er entgegnete:<br />

„Ich begann es vor 18 Monaten, aber ich habe<br />

mein Ziel noch nicht erreicht. Es ist auch nicht<br />

möglich, dass man es in so kurzer Zeit erreicht.<br />

Dazu sind viele Jahre und wohl viele Geburten<br />

nötig.“<br />

Da erzählte ich ihm <strong>von</strong> meiner eignen Erfahrung:<br />

Wie es mir misslang, als ich es unternahm,<br />

durch meine eignen Anstrengungen Erlösung zu<br />

erlangen, wie aber der Herr Jesus mit seinem wahren<br />

Frieden meine ruhelose Seele stillte. Ich bin<br />

<strong>von</strong> den Stichen meiner Sünden und den bösen<br />

Begierden und Versuchungen befreit worden.<br />

Aber nicht, weil ich irgendwie würdig gewesen<br />

wäre oder irgendein Recht hätte, es <strong>von</strong> Gott zu<br />

fordern, sondern durch seine Gnade und Barmherzigkeit<br />

ist es geschehen. Und ich habe mich<br />

dem übergeben, der nicht nur meine Sünden,<br />

sondern die Sünden der ganzen Welt hinweg nehmen<br />

kann. Als er das hörte, sagte er: „Ich kann<br />

niemals zugeben, man könne Erlösung als freies<br />

Geschenk und in einem kurzen Leben erlangen.“


Sie nötigen einem alle Achtung ab, diese indischen<br />

Selbsterlöser, aber andererseits macht es<br />

einen auch zutiefst traurig, wie sie in ihrem Wahn<br />

an der Wirklichkeit der Erlösung und Versöhnung<br />

durch den lebendigen Gott vorüber gehen. Vielleicht<br />

kommen wir mit unserem Zeugnis an diesem<br />

Punkt schon zu spät. Grundsätzlich entscheidend<br />

ist für diese Menschen unser täglicher<br />

Wandel als Christen. Und dazu müssen wir heute<br />

nicht einmal mehr nach Indien gehen, nachdem<br />

schon eine Riesenzahl Inder in unserem Land leben.<br />

Was geben wir ihnen für ein Beispiel? Ist Religionsfreiheit<br />

alles?


25. Juli<br />

Denn das Wort vom Kreuz ist zwar denen, die<br />

verloren gehen, eine Torheit; uns aber, die wir<br />

gerettet werden, ist es eine Kraft Gottes.<br />

(1. Korintherbrief 1, 18)<br />

Eine berühmte schwedische Dichterin erzählt aus<br />

ihrer Kindheit, wie ihr ein Onkel einmal ein Bild<br />

des gekreuzigten Heilandes zeigte und ihr klar<br />

machte, dass Christus immer noch auf der Erde<br />

wirke, aber die Menschen ihn nicht in sich lebendig<br />

werden lassen wollen, weil sie ihr eigenes<br />

Kreuz nicht tragen wollen. Wenn sie grösser sei,<br />

werde sie das Geheimnis des Kreuzes besser verstehen<br />

lernen. – Wieviel ich da<strong>von</strong> schon verstanden<br />

habe, weiss ich nicht mehr, aber ich weiss<br />

heute, dass das „Wort vom Kreuz“ für mich weder<br />

ein „Ärgernis“ noch eine „Torheit“ ist, sondern<br />

die höchste Weisheit und eine unendlich tiefe<br />

Einsicht. Ich sehe, wie der Weg der Menschheit<br />

einem tieferen Begreifen des Geheimnisses vom<br />

Kreuz, einem neuen oder bewährten Christentum<br />

entgegengeht, in dem unser Kreuz in der Nachfolge<br />

<strong>von</strong> Jesu Kreuz, das Opfer des Eigenwillens,<br />

des Machttriebes, das Wunder der Wiedergeburt,<br />

der strahlende Mittelpunkt ist. Aber „die Pforte<br />

ist eng und der Weg ist schmal“.<br />

Dieses Beispiel ist uns eine wertvolle tiefsinnige<br />

Betrachtung <strong>von</strong> Jesu Kreuz zu unserem Kreuz,<br />

das zur engen Pforte und zum schmalen Weg<br />

führt. Wir werden damit daran erinnert, dass Jesus<br />

gesagt hat: Wer nicht sein Kreuz auf sich nimmt,<br />

ist meiner nicht wert. Das soll mit allem Ernst beachtet<br />

sein.<br />

Nun aber hat unser Bibelwort eine erste Komponente,<br />

die wir bisher ausser Acht gelassen haben.<br />

Es ist da drin eine sehr ernste <strong>Aus</strong>sage: es gibt<br />

Menschen, die verloren gehen. Es sind Menschen,<br />

auch Christen, denen das Kreuz Jesu eine „Tor-


heit“ ist, ein Irrtum, eine Einfältigkeit, eine<br />

Dummheit, ein Unsinn, ein Leichtsinn, eine Unvernunft,<br />

ein Irrsinn usw.<br />

Für Christen, denen das Kreuz Jesu der Mittelpunkt<br />

des Glaubens ist, bedeutet es Kraft, Liebe,<br />

Erlösung, Versöhnung. Da ist <strong>von</strong> Menschen die<br />

Rede, die gerettet werden. Sie lieben Jesus als ihren<br />

Herrn und wissen, was sie ihm zu verdanken<br />

haben.


26. Juli<br />

Du sollst Gott lieben und deinen Nächsten<br />

wie dich selbst. (Matthäus 22, 37-40)<br />

In Kiplings Roman „Das Licht, das erlosch“, sagt<br />

der Soldat Tommy Atkins: „Bringt mich nach jenseits<br />

<strong>von</strong> Suez, wo die zehn Gebote nicht mehr<br />

gelten.“ So ist die Politik immer wieder als ein<br />

„jenseits <strong>von</strong> Suez“ behandelt worden, wo ganz<br />

andere Gesetze gelten als im Privatleben. Das Ergebnis<br />

ist der heutige Weltzustand.<br />

Was moralisch falsch ist, kann politisch niemals<br />

richtig sein. Unser Denken und <strong>Hand</strong>eln hat zwei<br />

Komponenten, eine Senkrechte und eine Waagrechte<br />

– Gott und der Nächste. Schalten wir Gott<br />

aus, muss automatisch der Nächste dran glauben.<br />

Wir handeln gottlos, weil wir Gott los gelassen<br />

haben. Schalten wir den Nächsten aus, ist unser<br />

Glaube an Gott nur Fassade. An beiden Geboten<br />

hängt das Gesetz Gottes, hängt auch das Leben,<br />

hängt die Ordnung, hängt der Friede. Leider haben<br />

wir uns angewöhnt, in Schulen und Universitäten,<br />

in Fabriken und Büros, in der Wirtschaft<br />

und in der Politik „jenseits <strong>von</strong> Suez“, oder „jenseits<br />

<strong>von</strong> Eden“ zu leben und zu arbeiten. Gott<br />

aber fordert in den beiden Geboten ein Leben<br />

ohne Abstriche, ungeteilt in zwei Bereiche und<br />

ohne Vorbehalte. Es hilft nichts. Wir können uns<br />

nicht darum herum drücken. Wir müssen die Gebote<br />

wieder neu lernen bis in die Tiefe ihrer Bedeutung.<br />

Gott lässt sich nicht zum Narren halten.


27. Juli<br />

Wir wissen, liebe Brüder und Schwestern,<br />

dass Gott euch liebt und auserwählt hat.<br />

Denn wir haben euch die rettende Botschaft<br />

verkündet, nicht allein mit Worten, sondern<br />

Gottes Macht wirkt durch uns. Sein Heiliger<br />

Geist stand uns bei, und so hatten wir grosse<br />

Überzeugungskraft. Nun seid ihr unserem<br />

Beispiel und dem unseres Herrn gefolgt und<br />

seid für viele Christen zum Vorbild geworden.<br />

( 1. Thessalonicherbrief 1, 4-7)<br />

Wir wissen; nicht wir meinen oder wir vermuten,<br />

oder wir denken, oder wir nehmen einmal an, dass<br />

ihr erwählt seid. Nein, wir wissen. Das allein gibt<br />

die nötige Grundlage dafür, dass die Christen <strong>von</strong><br />

Thessalonich zum Vorbild für Christen ganzer<br />

Provinzen werden konnten. Wie ist das möglich<br />

geworden? Paulus und seinem kleinen Team ist in<br />

ihrer Verkündigung besondere Gnade widerfahren.<br />

Durch den Heiligen Geist hatten sie grosse<br />

Überzeugungskraft. Und die Zuhörer erkannten<br />

die Stunde der Entscheidung und folgten dem angebotenen<br />

Beispiel. An jedem bekannten Ort besprach<br />

man die Vorgänge in Thessalonich und<br />

vor allem, wie sich die Christen vehement <strong>von</strong><br />

den Götzen weg zum lebendigen Gott hin bekehrt<br />

haben um dem wahren Gott zu dienen und<br />

aus den Himmeln seinen Sohn zu erwarten.<br />

Es ist in der Tat beeindruckend, wie das Wort<br />

Gottes in Thessalonich Eingang gefunden hat.<br />

Der Bericht ist ein Jubelruf durch die ganze Stadt:<br />

Freuet euch allezeit, betet ohne Unterlass, danket<br />

bei allem! Den Geist löschet nicht aus. Alles aber<br />

prüfet, das Gute behaltet! Gott hat euch erwählt,<br />

er ist treu und was er verspricht, das hält er auch.<br />

Denken wir doch einen Augenblick nach, wie es<br />

war, als wir zum Glauben fanden, was sich damals


veränderte, wofür wir heute noch dankbar sein<br />

können, oder wo wir etwas wieder klarer gestalten<br />

müssen. In allem aber: Er ist treu!


28. Juli<br />

Herr, wer wird wohnen in deinem heiligen<br />

Zelt? Wer mit <strong>seiner</strong> Zunge nicht verleumdet<br />

und seinem Nächsten kein Arges tut und ihn<br />

nicht schmäht. (Psalm 15, 1+3)<br />

Als Henry Stanley aus Afrika zurückkehrte, wurde<br />

er ein Opfer eines so wilden und wohl vorbereiteten<br />

Verleumdungsfeldzuges, dass jedermann ihn<br />

schon unter den Trümmern seines Lebenswerkes<br />

begraben wähnte. Er schüttelte den Staub ab und<br />

sagte ernst: „Dieser tolle Spuk wird mir ein Anlass<br />

werden, in meiner eigenen <strong>Aus</strong>sage über andere<br />

Menschen künftig die denkbar grösste Zurückhaltung<br />

und Gewissenhaftigkeit zu üben.“<br />

Eine Verleumdung und eine Falschbeurteilung<br />

kann für uns eine unentbehrliche Prüfung und<br />

Läuterung sein. Sie dient zur Festigung unseres<br />

Lebensweges. Sie dämpft unsere Selbstgerechtigkeit<br />

und Selbstüberschätzung. Wohl uns, wenn<br />

wir nicht aus der Haut fahren. Aber auch nur der<br />

hat Gemeinschaft mit Gott, der seine Zunge im<br />

Zaum hält. Die Zunge ist ein kleines Ding und<br />

kann viel Unheil anrichten. Die Liebe tut dem<br />

Nächsten kein Arges. Auch mit der Zunge nicht.<br />

Was wir an lieblosen und abträglichen Worten<br />

verbreiten, richtet sich auch gegen Gott. Die Bindung<br />

an Gott will auch meine Zunge binden.<br />

Denn zu einem bekehrten Menschen gehört auch<br />

eine ‚bekehrte Zunge’. Gottes Geist benutzt für<br />

mein Dasein nicht nur meinen Verstand und meine<br />

Glieder, sondern auch meine Zunge. Was aus<br />

dem Munde herauskommt verunreinigt den Menschen<br />

und nicht, was in ihn hinein geht. Also lassen<br />

wir den Heiligen Geist prüfen, wie es um unsere<br />

Zunge steht. Danken wir Gott für diese Vorsichtsmassnahme.<br />

Der Gebrauch der Zunge zeigt<br />

den Reifegrad eines Christen an.


29. Juli<br />

Jesus sprach zu den Jüngern: Ihr Kleingläubigen,<br />

was bekümmert ihr euch doch, dass<br />

ihr kein Brot habt? Versteht ihr noch nicht?<br />

Denkt ihr nicht an die fünf Brote für die fünftausend<br />

und wieviel Körbe voll ihr da aufgesammelt<br />

habt? (Matthäus 16, 8-9)<br />

Eigentlich wollte Jesus mit den Jüngern über ein<br />

anderes Thema reden. Aber er musste warten.<br />

Wie sollte er ein geistliches Thema aufgreifen,<br />

während die Jünger noch mit einer ganz natürlichen<br />

Sache beschäftigt sind? Sie haben kein Brot.<br />

Sie haben Hunger. Ganz plötzlich, ganz natürlich.<br />

Den Aufruf Jesu, Trachtet vor allem nach dem<br />

Reich Gottes ist gehört und vergessen. Sie sind<br />

Naturburschen und keine Geistesarbeiter. Dennoch<br />

gehört zu ihrer Jüngerschaft z.B. Jesu ernstes<br />

Wort: Sehet zu und hütet euch vor dem Sauerteig<br />

der Pharisäer und Sadduzäer! Doch in ihren<br />

Gedanken kommen sie nur bis zu ihrem Hunger.<br />

Und Jesus ist so grosszügig, lässt vorerst sein<br />

Thema fallen und holt die Jünger bei dem ihrigen<br />

ab. Erst kürzlich haben sie die beiden grossen<br />

Speisungswunder erlebt und sie offenbar als Einzeltaten<br />

ihres Jesus abgehakt – ohne Zukunftsvision<br />

und Gegenwartsbedeutung. Wenn’s denn<br />

sein muss, gibt’s Brot, aber jetzt geht es einen<br />

Schritt weiter. Jesus vermittelt den Jüngern die<br />

Einsicht, dass sie sich vor dem Einfluss der Pharisäer<br />

und Sadduzäer hüten müssen, ohne zu Fall<br />

zu kommen. Das ist die ganze Geschichte, die zu<br />

lernen war. Unser Bibelwort bleibt aber da stehen,<br />

wo die Jünger im Begriff sind, Jesus einen stillen<br />

Vorwurf zu machen, dass ihr Versehen nicht einfach<br />

wundermässig bereinigt und ihrem Mangel<br />

abgeholfen wird. Klein- nicht Ungläubige werden<br />

sie genannt. Das ist eine <strong>Aus</strong>zeichnung, auf der<br />

sich aufbauen lässt. Jesus stampft niemand ein-


fach in den Boden hinein. Die Kleingläubigen haben<br />

die Chance, sich selber zu überholen und frische<br />

Taten des Glaubens zu wagen. Und die Jünger<br />

tun das gründlich. Man lese nur ein wenig weiter.


30. Juli<br />

Schmecket und sehet, wie freundlich der Herr<br />

ist. (Psalm 34, 9)<br />

Das muss man nur einmal laut in unsere Welt hineinrufen.<br />

Dann prasseln <strong>von</strong> allen Seiten die<br />

Proteste. „Gott freundlich? Und all das Schreckliche,<br />

das täglich passiert?! Hört auf mit diesem<br />

Unsinn!“ In einem Roman erklärt eine verzweifelte<br />

Mutter: „Der liebe Gott ist einfach ein Verbrecher,<br />

wenn er einem solche Kinder nimmt!“ Ein<br />

Mann schrieb: „Wir haben uns daran gewöhnt,<br />

dass wir Angeklagte Gottes sein sollen. Nun muss<br />

es endlich einmal gesagt werden: Wenn es heute<br />

einen Angeklagten gibt, dann ist es der Gott der<br />

Christen. Und der Ankläger ist die geplagte, gepeinigte<br />

Menschheit.“<br />

Müsste nicht David vor solchem Protest einpacken<br />

mit seinem ganzen Psalm <strong>von</strong> der „Freundlichkeit<br />

Gottes“? Gewiss, Gott ist ein verborgener<br />

Gott. Er lässt einen gerechten Hiob arm und<br />

krank auf dem Aschenhaufen sitzen. – Er lässt zu,<br />

dass der Weg seines grossen Zeugen Paulus sich<br />

verliert im Dunkel römischer Kerker.<br />

Und doch: Wir möchten es in die Welt hinein<br />

schreien: „Schmecket und sehet, wie freundlich<br />

der Herr ist!“ Es gibt einen hellen Beweis für seine<br />

Barmherzigkeit, Liebe und Freundlichkeit: Das<br />

ist das Kreuz Jesu Christi. Das ist der Leuchtturm<br />

der Liebe Gottes in dieser dunklen Welt. Wer das<br />

Kreuz nicht im Glauben ansehen kann, dem versinkt<br />

alles im Dunkel. Aber: „Welche auf ihn sehen,<br />

die werden erquickt.“


31. Juli<br />

Heute ist diesem Hause Heil widerfahren.<br />

(Lukas 19, 9)<br />

Zachäus liess den Heiland machen; darum ist ihm<br />

Heil widerfahren. Er sah nicht auf sich, auf „möglich“<br />

oder „unmöglich“, als Jesus ihm zum Baum<br />

hinaufrief. Zunächst hiess es einfach gehorchen.<br />

Das andere wird sich finden. Damit ist alles gewonnen<br />

gewesen. Die Verantwortung übernimmt<br />

Jesus; ich habe nichts dazu zu sagen. – Wenn wir<br />

das nur <strong>von</strong> dem Oberzöllner lernen wollten!<br />

Aber je gerechter wir sind, desto mehr machen<br />

wir grad unsere Vorbehalte und Einwände; denn<br />

unsere Gerechtigkeit hat uns rechnen, vergleichen<br />

und abstufen gelehrt. Wir wollen durchaus zu Jesus<br />

kommen – aber ! Jesus hingegen kann mit diesem<br />

„Aber“ nichts anfangen. Es ist ja seine Sache,<br />

nicht unsere. Seine Sache ist unser Heil, es geht<br />

uns selber gar nichts an. Jesus ist um Gottes und<br />

seines Reiches willen da. Wer mitmachen will,<br />

wird angenommen, denn Jesus kann in seinem<br />

Weinberg alle brauchen, die ihm vertrauen, weil er<br />

nicht auf die Fähigkeit schaut, sondern auf die Bereitschaft.<br />

Zachäus war bereit, daran lag’s. Mach auch du<br />

dich bereit!


1. August<br />

Lobe den Herrn, meine Seele, und vergiss<br />

nicht, was er dir Gutes getan!<br />

Eine neue Schwester war Leiterin eines Altersheimes<br />

geworden. Schwer litt sie unter dem Klagen<br />

und Murren der Alten. Eines Tages schlägt<br />

sie ihnen vor, eine Dankstunde zu halten. Die Alten<br />

sehen sie verwundert an. Danken? Wir haben<br />

nichts zu danken! Aber sie kommen doch am<br />

nächsten Tag zur Dankstunde, wenn auch mehr<br />

aus Neugier. Recht aus dem Herzen heraus dankt<br />

die Schwester, dass die meisten unter den Alten<br />

noch sehen und hören können, dass sie im Heim<br />

gut und wohl versorgt seien…, dass sie einen Heiland<br />

besässen, der alle Tage bei ihnen sei, dass sie<br />

durch ihn Gottes liebe Kinder seien und das Morgenrot<br />

einer seligen Ewigkeit schon <strong>von</strong> ferne ihnen<br />

leuchte… Stille hören die Alten zu und können<br />

ihre Ergriffenheit nicht verbergen. Bei der<br />

nächsten Dankstunde einen Monat später waren<br />

sie alle da und baten, die Dankstunde öfter zu halten,<br />

ja, sie besannen sich selbst auf immer neue<br />

Dinge, für die sie danken wollten. In das Heim<br />

war aber ein ganz anderer, neuer Geist eingezogen.<br />

Von Unzufriedenheit hörte man nicht mehr<br />

viel.<br />

Dieses Beispiel zeigt, dass letztlich jeder Mensch<br />

noch etwas zu danken hat. Es muss aber eine innere<br />

Barriere der Verstockung durbrochen werden,<br />

damit die Resignation weicht und der Weg<br />

zum Danken frei ist.


2. August<br />

Der Herr ist nahe denen, die zerbrochenen<br />

Herzens sind. (Psalm 34, 19)<br />

Hat Gott besondere Lieblinge?<br />

Ja! Sagt die Bibel. Menschen mit zerbrochenen<br />

Herzen sind Gottes besondere Lieblinge.<br />

Stimmt denn das? Die Bibel sagt doch: „So sehr<br />

hat Gott die Welt geliebt…“ Die Welt! Also alle!<br />

Ein Bild kann es uns klar machen. Von Jesus, der<br />

am Kreuze starb, geht ein Strom der Liebe Gottes<br />

in die Welt. Wir wissen: Die Wasser fliessen ab an<br />

den hohen, stolzen Felsenbergen. So fliesst die<br />

Liebe Gottes ab an den stolzen Steinherzen. Es ist<br />

erschütternd, dass Jesus weinte über die Stadt Jerusalem,<br />

in der die stolzen Herzen die Gottesliebe<br />

an sich abfliessen liessen.<br />

In die Tiefe fliessen die Wasser. Nach unten! So<br />

fliesst der Strom der Liebe Gottes zu den Menschen,<br />

die ‚unten’ sind.<br />

‚Unten’ – das ist nicht dasselbe wie ‚down’. So<br />

sagt man ja in unserer modernen Sprache: „Ich<br />

bin down.“ ‚Down’ und ‚unten’ unterscheiden<br />

sich wie ‚Katzenjammer’ und ‚Jammer’. ‚Unten’<br />

sind die Leute, die Gott zerbrochen hat, denen er<br />

ihren verlorenen Zustand gezeigt hat, die ihr verklagendes<br />

Gewissen nicht mehr aushalten, die anders<br />

werden möchten und die nicht wissen, wie<br />

das geschehen soll.<br />

Zu denen fliesst der Strom der Liebe Gottes. Und<br />

darum sind solche zerbrochenen Herzen Gottes<br />

Lieblinge, weil sie seine Liebe so gern aufnehmen.


3. August<br />

So spricht der Herr: „Ich will…!“<br />

(Sacharia 12, 10)<br />

Ich will! Das ist der fordernde Mensch, der sein<br />

Recht verlangt. Das ist der Mensch, der seinen<br />

Plan ausführt, ohne Rücksicht auf Verluste –<br />

wenn es sein muss über Leichen. Am Roten Platz<br />

in Moskau ist das Mausoleum Lenins. Da liegt er<br />

in seinem Glassarg: mit der geballten Faust auf<br />

der Brust. Das ist dieses: „Ich will!“ Der Mensch<br />

mit der geballten Faust. Und der ist nicht nur<br />

drüben in Moskau. Der hat viele Namen, besonders<br />

in der modernen westlichen Welt.<br />

Wenn zwei dasselbe sagen, ist es nicht das gleiche.<br />

Was ist das für ein freies, königliches Wort, wenn<br />

Gott sagt: Ich will! Und was ist das für ein trotziges<br />

Wort, wenn der Mensch sagt: Ich will!<br />

„Ich will“ so sagt Gott und macht seine beiden<br />

Hände auf. Das ist der schenkende Gott, der sich<br />

uns hingibt. „Ich will mit dir sein“ steht schon im<br />

Alten Testament als Verheissung. Und dann im<br />

Neuen Testament heisst es: „Ich will ausgiessen<br />

den Geist der Gnade und des Gebets.“ Gnade<br />

heisst doch, dass Gott das erste Wort fand – zu<br />

uns. Gnade ist Geschenk. Er schenkt es auch,<br />

dass wir unsere verkrampften und geballten Hände<br />

aufmachen und uns beschenken lassen und beten:<br />

„Wie die zarten Blumen willig sich entfalten und<br />

der Sonne stillehalten, lass mich so, still und froh<br />

deine Strahlen fassen und dich wirken lassen.“


4. August<br />

Die Liebe ist langmütig. (1. Korinther 13, 4)<br />

In einer Gesellschaft erzählte jemand <strong>von</strong> einem<br />

kleinen Jungen: „Er hat alles, was das Herz sich<br />

nur wünschen kann. Alles kann er bekommen<br />

<strong>von</strong> seinem reichen Vater. Nur – keine Liebe. Die<br />

Eltern sind geschieden. Dieser arme reiche Junge<br />

wächst in einer liebeleeren Welt auf.“<br />

Wieviele Menschen mag es wohl geben, denen es<br />

wie diesem kleinen Jungen geht: Kein Mensch hat<br />

ihnen Liebe geschenkt.<br />

Das ist ein Ruf an uns Christen. Die Welt hungert<br />

nach der Liebe, die der Heilige Geist in unserem<br />

Herzen wirken will. Damit die Welt nicht vergeblich<br />

hungert, muss der Heilige Geist schon eine<br />

rechte Herzerweiterung bei uns vornehmen.<br />

Liebe können wir bei unserem Erlöser, bei Jesus,<br />

lernen. Die Liebe kann leiden. Wie hat er gelitten,<br />

als er für uns am Kreuze hing! Aber er hat nicht<br />

aufgehört zu lieben. Und er liebt uns immer noch.<br />

„Das ist eine Liebe!“ sagte erschüttert ein junger<br />

Gottloser, als er zum erstenmal da<strong>von</strong> hörte.<br />

„Das ist eine Liebe!“


5. August<br />

Gott hat mir gezeigt, keinen Menschen gemein<br />

oder unrein zu heissen.<br />

(Apostelgeschichte 10, 28)<br />

Ja, das war etwas, als dem Apostel Petrus diese<br />

einfache Erkenntnis aufgegangen ist! Das war der<br />

Aufgang eines neuen Tages, die Wiederentdeckung<br />

der ursprünglichen Gotteswelt. Denn im<br />

Selbstverständlichen und Einfachen manifestiert<br />

Gott seine Herrlichkeit. Es ist keine Kunst, Unterschiede<br />

zu machen, keine Kunst, kompliziert<br />

zu sein und Schwierigkeiten auf Schwierigkeiten<br />

zu häufen; unser ganzes Leben besteht ja in dieser<br />

kunstlosen Torheit. Aber das ist eine Kunst, wie<br />

sie Gott versteht: Alle Menschen gleich zu achten,<br />

keinen „gemein und unrein zu heissen“. Niemand<br />

anders versteht das Geheimnis dieser Kunst, es ist<br />

Gottes alleiniges Geheimnis – denn er hat den<br />

Menschen nach seinem Bilde geschaffen. Verstehen<br />

wir das? Würden wir es verstehen, so müssten<br />

wir ja unsere Mitmenschen <strong>von</strong> Grund aus anders<br />

ansehen und behandeln, als wir es tun. O ich sage<br />

euch: Was hat es zu bedeuten, ob einer Kaiser<br />

oder Steinklopfer, ein Heiliger oder gemeiner<br />

Verbrecher ist – wenn ihm doch Gott seinen<br />

Stempel aufgedrückt hat? Würden wir das verstehen,<br />

so würden wir uns vor Gott scheuen, einen<br />

Menschen gemein zu achten. Wir sähen dann<br />

nicht mehr seine Erbärmlichkeit, sondern seine<br />

göttliche Herkunft. Eben die ist es, die Jesus wieder<br />

offenbar gemacht hat. In Jesus finden wir uns<br />

alle wieder zu unserer Ebenbildlichkeit mit Gott<br />

zurück. Und das ist wahrlich keine Vergötterung<br />

des Menschen, sondern der Preis der Gottesliebe.


6. August<br />

Ich glaube, lieber Herr, hilf meinem Unglauben.<br />

(Markus 9, 24)<br />

Tolstoi sagt einmal dem reifenden Menschen:<br />

„Wenn dir der Gedanke kommt, dass alles, was<br />

du über Gott gedacht hast, verkehrt ist und dass<br />

es keinen Gott gibt, so gerate darüber nicht in<br />

Bestürtzung. Es geht allen so. Glaube aber nicht,<br />

dass dein Unglaube daher rührt, dass es keinen<br />

Gott gibt. Etwas war verkehrt in deinem Glauben<br />

und du musst dich bemühen, besser zu begreifen,<br />

was du Gott nennst. Wenn einer aufhört an einen<br />

hölzernen Gott zu glauben, heisst das nicht, dass<br />

es keinen Gott gibt, sondern nur, dass er nicht aus<br />

Holz ist.<br />

Viele jungen Menschen, verlieren oft deshalb ihren<br />

Glauben an Gott, weil das Gottesbild ihrer<br />

Kindheit die Macht über ihre Seele verliert. Sie<br />

schütteln buchstäblich das Kind mit dem Bade<br />

aus. Warum das? Glauben heisst: Auf den Herrn<br />

zu schauen und nicht – wie bei Petrus – auf die<br />

Wellen. Wer wie Petrus tut, versinkt im Kleinglauben;<br />

aber Jesus hält uns fest. Er versteht uns.<br />

Doch je fester wir Jesus im Auge behalten, desto<br />

weniger sehen wir die Wellen, die uns wegspülen<br />

wollen. Wir müssen auf den Wellen gehen. Auf<br />

den Wellen des Zweifels, des Unglaubens, der<br />

Skepsis – Jesus selbst fordert uns auf, über sie<br />

hinweg zu ihm zu kommen. Wagen wir es!


7. August<br />

Ihr wisst aber, dass Jesus dazu erschienen ist,<br />

um die Sünden wegzunehmen.<br />

(1.Johannesbrief 3, 5)<br />

Auf einer Mitarbeitertagung erzählte ein Pfarrer<br />

folgende Geschichte: „Vor Jahren sah ich in einem<br />

Bahnhof ein sehr interessantes Plakat. Es<br />

stellte einen Reisenden dar, dem ein Koffer am<br />

Bein festgebunden war. Die Bahn gab dem Reisenden<br />

den guten Tip, seinen Koffer nicht mehr<br />

mit sich herumzuschleppen, sondern ihn einfach<br />

und preiswert am Bahnschalter abzugeben.<br />

Das ist ein gutes Gleichnis für uns Christen. Auch<br />

wir sollten den Koffer oder den Sack, den wir am<br />

Bein hängen haben, abgeben, damit wir frei, leicht<br />

und unbeschwert durchs Leben gehen können,<br />

ohne den schweren Sack unserer Schuld und Sünde.“<br />

Vergebung der Sünde heisst: die Sünde ist bei Jesus<br />

abgegeben und wir sehen und hören nichts<br />

wieder <strong>von</strong> ihr. Weg ist weg. Und niemand hat<br />

ein Recht, alte Gechichten wieder aufzuwärmen.<br />

Auch in der Ewigkeit werden uns nicht alte<br />

Schulden präsentiert. „Der Schuldbrief ist zerrissen.“<br />

Darum: Gib deinen Sack oder Koffer bei<br />

Jesus Christus ab und du erlebst die grösste Erleichterung<br />

in deinem Leben.<br />

Schliesslich ist Jesus nicht erschienen, um eine<br />

neue Religion zu begründen – er ist gekommen,<br />

um uns unsere Sünden abzunehmen und uns <strong>von</strong><br />

aller Schuld zu erlösen.


8. August<br />

Wir haben hier keine bleibende Stadt, sondern<br />

die zukünftige suchen wir.<br />

(Hebräer 13, 14)<br />

Solange wir leben, haben wir auch die verschiedensten<br />

Sehnsüchte. Eine betrifft ganz zuvorderst<br />

die Sehnsucht nach Heimat, Dasein und Wohnen.<br />

Für ein befriedigendes Wohnen und Dasein sind<br />

wir auch bereit, einen respektablen Teil unseres<br />

Erwerbs einzusetzen. Das ist uns etwas wert. Und<br />

das ist gut so. Denn wer zum Kampf im Leben<br />

noch auf ein angenehmes Daheim verzichten<br />

muss, ist zu bedauern. Dem fehlt viel. Und er<br />

kann vielleicht aus verschiedenen Gründen, aus<br />

sich selbst gar nicht viel ändern. Was bleibt ist die<br />

Hoffnung, dass es einmal besser wird, dass im<br />

Toto doch einmal ein Gewinn winkt und man eine<br />

schönere Wohnung suchen kann. Aber, wenn<br />

diese Hoffnung schon gestorben ist? Und es<br />

kommt ja noch dazu, dass wir auf Erden keine<br />

Stätte haben, wo wir ewig bleiben können. Selbst<br />

die schönste Wohnung in der schönsten Stadt<br />

müssen wir einmal verlassen. Leicht kommen resignierende<br />

Gedanken auf.<br />

Das ist der Normalfall unserer Bevölkerung.<br />

Aber wie ist das bei Christenmenschen? Sie haben<br />

alle diese Sehsüchte auch, aber nicht vordergründig.<br />

An erster Stelle steht die Sehnsucht nach der<br />

himmlischen Heimat. „Suchet was droben ist, wo<br />

Christus ist“, ist ihr Leitspruch. Es geht um die<br />

Teilhabe an der Herrlichkeit <strong>von</strong> Jesus Christus.<br />

Er sitzt zur Rechten seines Vaters und seine <strong>Aus</strong>erwählten<br />

sind vor ihm und dienen ihm. Sie haben<br />

alle ihre Wohnungen im Reiche des Vaters,<br />

denn Christus ist ja damals <strong>von</strong> der Erde weggegangen<br />

um Wohnstätten für die Vollendeten herzurichten.<br />

Das ist die zukünftige Stadt für uns, in<br />

der die Liebe herrscht.


Christenmenschen setzen alles daran, diese Stadt<br />

zu erreichen, kein Opfer ist ihnen zu gross und<br />

keine Zeit zu schade, um sie einzusetzen, diese<br />

Stadt zu finden. Und Jesus freut sich auf jeden,<br />

der auf dem schmalen Weg in die himmlische<br />

Stadt gefunden hat.<br />

So ist auch für uns Christen die Sehnsucht ein<br />

Markenzeichen des echten Suchens und Findens<br />

der zukünftigen Heimatstadt.


9. August<br />

Ihr seid das auserwählte Geschlecht, die königliche<br />

Priesterschaft, das heilige Volk, das<br />

Volk des Eigentums, dass ihr verkündigen<br />

sollt die Wohltaten dessen, der euch berufen<br />

hat <strong>von</strong> der Finsternis zu seinem wunderbaren<br />

Licht.(1. Petrus 2, 9)<br />

Wenn das Ruhmesblatt der Gemeinden des Petrus<br />

bis zu uns erhalten geblieben ist, hat das wohl<br />

seine Bedeutung. Es hat nicht nur historischen<br />

Sinn. Es will uns aufrufen, nachzuprüfen, ob unsere<br />

Gemeinden diesem Prüfungsblatt standhalten<br />

können. Und da kommen wir weitherum nicht<br />

gut weg. Unsere Gemeinden haben schon gar<br />

kein Sensorium dafür, was es heisst, auserwähltes<br />

Geschlecht, königliche Priesterschaft, heiliges<br />

Volk zu sein. Denn in jedem dieser Charakterisierungen<br />

sind diejenigen Menschen dem allegemeinen<br />

Getümmel <strong>von</strong> Gesellschaft und allgemeiner<br />

Kirche entnommen und herausgehoben zu einem<br />

einmaligen Dienst: zu verkündigen die Wohltaten<br />

dessen, der sie berufen hat <strong>von</strong> der Finsternis zu<br />

seinem wunderbaren Licht. Und die Frage ist berechtigt,<br />

wo sind sie, diese Menschen? Sehen Sie<br />

sie, wo nehmen Sie sie wahr? Oder gehören Sie<br />

glücklicherweise zu ihnen? Dann geht aber etwas<br />

<strong>von</strong> Ihnen aus. Für sich selber können Sie das<br />

nicht sein – es ruft nach Multiplikation. Nur die<br />

Priesterschaft, das Volk, die Generation kann ausführen,<br />

was Gott vorgesehen hat. Und es genügt<br />

Gott nicht, einzelne <strong>von</strong> der Finsternis zum Licht<br />

zu führen. Es ist dem auserwählten Geschlecht,<br />

der königlichen Priesterschaft, dem heiligen Volk,<br />

dem Volk des Eigentums vorbehalten aus dem<br />

Scheinlicht, der Finsternis der Welt, in das wunderbare<br />

himmlische Licht einzutreten. Wir selbst<br />

können unsere Gemeinde nicht prüfen und beurteilen,<br />

wir können nur feststellen, ob wir den bib-


lischen Auftrag erfüllen. Wir bedürfen geisterfüllte<br />

Zeugen <strong>von</strong> auswärts, die uns prüfen und dann<br />

hoffentlich zu dem Urteil des Petrus gelangen.<br />

Lassen wir nie aus den Augen, dass es die Wohltaten<br />

Gottes sind, die uns zu dem gemacht haben,<br />

was wir sind. Diese haben wir ohne Unrterlass zu<br />

verkündigen, dass wir <strong>von</strong> der Finsternis zu seinem<br />

wunderbaren Licht berufen worden sind.


10. August<br />

Und sie gingen hinaus und durchzogen die<br />

Märkte, predigten das Evangelium und<br />

machten gesund an allen Enden. (Lukas 9, 6)<br />

Der bedeutende <strong>Dr</strong>amatiker Arthur Miller hat ein<br />

vielbeachtetes Theaterstück geschrieben: „Der<br />

Tod des <strong>Hand</strong>lungsreisenden“ Es zeigt vier<br />

Durchschnittsmenschen <strong>von</strong> heute, gleichsam eine<br />

Jedermann-Familie. Da ist die hilfsbereite und<br />

doch hilflose Mutter; der Vater, 60jährig und<br />

krank, fristlos entlassen; da sind die zwei Söhne,<br />

erwachsen und sonst nichts. Eine Null nennt sich<br />

der Ältere, einen Herumstreicher nennt die Mutter<br />

den Jüngsten. Am letzten Tag, den der Vater<br />

noch bei ihnen zu sein scheint, dämmert es den<br />

beiden Jungen endlich, dass sie Arbeit suchen<br />

sollten. Grosssprecherisch gehen sie <strong>von</strong> zu Hause<br />

weg, sie werden Arbeit finden und dann den<br />

Vater zu einem feudalen Essen einladen. Einer<br />

<strong>von</strong> ihnen spricht dazu das unerhörte Wort aus –<br />

er weiss aber nicht, was er damit sagt - : „Eine<br />

gute Nachricht, und Vater wird gesund.“ Die eine<br />

gute Nachricht kommt aber nicht und, statt gesund<br />

zu werden, nimmt sich der Vater das Leben.<br />

Evangelium heisst gute Nachricht, frohe Botschaft.<br />

Nicht für Gesunde, moralisch Einwandfreie,<br />

sondern für Kranke, für Verzweifelte, Gestrauchelte,<br />

Resignierende, für Menschen, die fertig<br />

sind wie der <strong>Hand</strong>lungsreisende, die nicht<br />

mehr ein und aus wissen, arbeitslos, hoffnungslos.<br />

Die gute Nachricht ist da seit 2000 Jahren. „Seht,<br />

das ist Gottes Lamm, das die Sünde der Welt<br />

trägt.“ Die Jünger sagten diese gute Nachricht<br />

weiter und machten gesund bis an allen Enden.<br />

Und wir? Wieviele warten auf eine gute Idee, eine<br />

Möglichkeit die gute Nachricht einzusetzen? Der-


weil warten viele jetzt auf die gute Nachricht.<br />

Vielleicht ist es morgen für diesen oder jenen<br />

schon zu spät! Wie bei dem <strong>Hand</strong>lungsreisenden.


11.August<br />

Ja, der Herr, der allmächtige Gott, hat geschworen:<br />

Was ich mir vorgenommen habe,<br />

das tue ich. Was ich beschlossen habe, das<br />

geschieht. (Jesaja 14, 24)<br />

Wir wissen, dass denen, die Gott lieben, alle<br />

Dinge zum Besten dienen. (Römerbrief 8, 28)<br />

Es ist selbst in der Wissenschaft üblich geworden,<br />

irgend eine Kraft anzuerkennen, die „das alles“<br />

gemacht hat und zusammenhält, was wir Christen<br />

die Schöpfung nennen. Laut Wissenschaftler handelt<br />

es sich um eine merkwürdige Kraft, die sich<br />

leider den Methoden der Wissenschaft entzieht.<br />

Das hat aber nur eine Bedeutung, solange sich die<br />

Wissenschaft mit Gott messen will. Es gibt nichts<br />

zu diskutieren: die Königsdisziplin der Erkenntnis<br />

hat keinen wissenschaftlichen Ansatz, sondern<br />

gründet in der Erforschung der Bibel und dass<br />

unser Geist sich dem Geist Gottes öffnet. So wird<br />

auch unser obiger Vers aus dem Jesajabuch verständlich.<br />

Es ist nicht Rechthaberei, was Gott leitet,<br />

sondern eine Garantieerklärung, dass auf Gott<br />

absoluter Verlass ist, zu unseren Gunsten. Wir<br />

sind sicher, wenn wir uns auf Gott verlassen. Wir<br />

wissen ihn auf unserer Seite. Das leitet über zum<br />

Römerbrieftext. Dieses Wort geht noch einen<br />

überraschenden Schritt weiter. Paulus, dem Verfasser<br />

sind Erfahrungen zuteil geworden, die weit<br />

über das hinausgehen, was in Jesaja steht. Ja, wir<br />

wissen Gott auf unserer Seite – aber wann? Wenn<br />

es uns passt oder auch, wenn wir die Zusammenhänge<br />

nicht überblicken? Wenn wir mit ihm beschäftigt<br />

sind oder gerade etwas anderes für nötiger<br />

erachten? Wenn wir uns sicher oder auch unsicher<br />

fühlen? Nur schon die Fragen stellen ist<br />

kühn. Kühn ist vor allem und bei allem die Antwort:<br />

Alle Dinge müssen uns zum Besten dienen.


Das können wir mit dem Verstand nur fassen,<br />

wenn wir unseren Verstand in die barmherzigen<br />

Hände Gottes legen. Ein gedruckter Satz kann<br />

uns in solcher Sache nicht restlos beruhigen. Es<br />

braucht die liebende Nähe Gottes durch Jesus<br />

Christus, dass wir diesen Satz ohne Aufbegehren<br />

annehmen können. Denn es geschieht an uns und<br />

um uns soviel Schweres, soviel Leid, soviel<br />

Nachteile, soviel Neid und Verleumdung, Mobbing<br />

und Nichtbeförderung – alles Dinge, die uns<br />

Christen zum Besten dienen werden. Durch diesen<br />

Satz hat sich vom Schweren unseres Lebens<br />

noch nichts verändert. Aber wir haben uns verändert.<br />

Wir schauen jetzt aus nach dem Besten, wozu<br />

alle Dinge dienen sollen. Und das ist zweifellos<br />

die Gemeinschaft mit unserem Herrn Christus,<br />

die ins Reich Gottes führt und sich in der neuen<br />

Schöpfung vollendet. Doch auch die Situationen,<br />

in denen wir uns befinden, erhalten ein anderes<br />

Gesicht und Gewicht. Vielleicht können wir uns<br />

an diesem oder jenem, was uns widerfährt, sogar<br />

freuen, wenn wir nun die rechte innere Haltung<br />

gefunden haben. Spüren wir, wie das Leben merklich<br />

an Spannung gewonnen hat?


12. August<br />

In Demut achte einer den andern höher als<br />

sich selbst. (Philipper 2, 3)<br />

Wir meinen, das sei nun wirklich zu schwer, zuviel<br />

verlangt. Zu diesem Schluss kommen wir,<br />

weil wir zu genau die Ursache kennen, dass wir<br />

keinen über uns achten wollen. Denn das bedeutet,<br />

zurückstehen in einer Meinungsverschiedenheit;<br />

nachgeben wo <strong>Aus</strong>sage gegen <strong>Aus</strong>sage steht;<br />

den ersten Schritt zur Versöhnung tun und vor<br />

allem die vielen Streitereien der Tage beenden,<br />

indem ich meine Schuld bekenne, selbst wenn ich<br />

letzten Endes recht hätte! Ungefähr so wie es das<br />

folgende Beispiel zeigt:<br />

Ein Pfarrer erzählt. Es war Sonntag, zehn Minuten<br />

vor dem Gottesdienst. Da hat ein Pfarrer<br />

Kopf und Herz voll und kann keine Störung<br />

brauchen. Plötzlich ein furchtbares Geschrei. Ich<br />

eile an den Unglücksort und sehe meine beiden<br />

Jüngsten, den elfjährigen Ueli und die siebenjährige<br />

Eva, mit hochroten Köpfen einander gegenüberstehen.<br />

Kaum bin ich da, so beginnt jedes das<br />

andere leidenschaftlich anzuklagen. Ich sagte:<br />

„Wir wollen jetzt einen Augenblick ganz still sein<br />

und wollen uns darüber besinnen, ob wir selber<br />

etwas Falsches getan haben.“ – Wir schwiegen<br />

wohl drei Minuten. Dann sah ich die Kinder an.<br />

Sie waren beide ganz weiss geworden. Ich fragte:<br />

„Ueli, was ist dir in den Sinn gekommen?“ Er<br />

antwortete und seine Stimme klang ganz ernst:<br />

„Ich hätte nicht so aufgeregt sein sollen.“ Darauf<br />

fragte ich die kleine Eva: „Und was ist dir in den<br />

Sinn gekommen?“ Unter Schluchzen sagte sie:<br />

„Und ich hätte nicht so schreien sollen.“ Und nun<br />

war grosser Friede unter den Beiden. Die Kinder<br />

achteten einander und gingen befreit zu ihrem<br />

Spiel und ich voll tiefen Glückes in meine Kirche.


Was Kindern gelingt, müsste doch auch unter uns<br />

Erwachsenen an der Tagesordnung sein. Irgendwann<br />

müsste dann ja auch aller Streit und alles<br />

Heruntersetzen ein Ende haben. Aber wir sind zu<br />

stolz zur unabdingbaren Demut. Und trotz der<br />

täglichen Lügen in Wirtschaft, Politik, Polizei,<br />

Medien Finanzwelt usw. soll es uns gelingen, den<br />

Nächsten höher zu achten, als sich selbst. Damit<br />

sind verschiedene Verheissungen der Bibel verbunden.<br />

Versuchen Sie eine oder zwei herauszufinden.


13. August<br />

Vom Sämann. Und das auf dem guten Land<br />

sind die, die das Wort gehört haben und in<br />

einem feinen und guten Herzen behalten und<br />

Frucht bringen in Beharrlichkeit.<br />

(Lukas 8, 15 und //Apg. 16, 14)<br />

Es ist <strong>Aus</strong>säzeit. Jesus beobachtet einen Sämann.<br />

Er streut seinen Samen grosszügig aus, auch auf<br />

den Weg und unter die Dornen fallen die Samenkörner.<br />

Als anschliessend Jesus seinen Jüngern<br />

das Gleichnis deutet, wird klar, dass er mit dem<br />

Samen Menschen meint. Sie fallen auf verschiedenen<br />

Grund und entwickeln sich auch ganz verschieden.<br />

Unser Beispiel ist das Schönste und Herrlichste<br />

und Positivste in der ganzen Reihe. Da atmet man<br />

Himmelsluft, freut man sich mit dem Landmann<br />

Jesus. Da sind Menschen, die das köstliche Wort<br />

Gottes mit Freude in sich aufgenommen haben,<br />

es hüten und bewahren. Sie setzen es ein zu gegebener<br />

Zeit mit Beharrlichkeit, dass es Frucht<br />

bringe. Es sind Menschen, welche die Nöte ihrer<br />

Mitmenschen wahrnehmen und beheben helfen,<br />

die ihre Augen nicht verschliessen, wenn dem<br />

Nachbarn Unrecht geschieht, die Kinder lehren<br />

miteinander auszukommen – es sind Menschen,<br />

denen es ein Anliegen ist, dass das Evangelium in<br />

der jeweilig rechten Gestalt zu den Menschen gelangt,<br />

da, wo man flucht, da wo man abschätzig<br />

<strong>von</strong> Gott redet, da wo der Mensch über alles gestellt<br />

wird usw. Es sind Menschen, die im Namen<br />

des Gotteswortes nicht schweigen, wenn auch eine<br />

Mehrheit politisch etwas Falsches durchdrücken<br />

will, wenn in einem Geschworengericht aus<br />

lauter Hitze und Langeweile alle auf schuldig zu<br />

plädieren scheinen und dann einer den Mut hat<br />

auf nichtschuldig zu plädieren, bis er das ganze<br />

Gericht gewonnen hat.


Heiland, deine grössten Dinge<br />

Beginnest du still und geringe.<br />

Was sind wir Arme, Herr, vor dir?<br />

Aber du wirst für uns streiten<br />

Und uns mit deinen Augen leiten;<br />

Auf deine Kraft vertrauen wir.<br />

(Albert Knapp)


14. August<br />

Ich übe mich zu haben ein unverletztes Gewissen<br />

vor Gott und den Menschen.<br />

(Apostelgeschichte 24, 16)<br />

Schiller hat in seinem Gedicht „Die Kraniche des<br />

Ibykus“ die Macht des Gewissens gezeichnet. Wir<br />

können es niedertrampeln und vernachlässigen.<br />

Plötzlich ist es wieder da. Ibykus wird auf <strong>seiner</strong><br />

Reise zu den Sängerfestspielen in Korinth ermordet.<br />

Im letzten Augenblick ruft er vorüberziehenden<br />

Kranichen diesen ruchlosen Mord zu. Und<br />

als die Spiele mit feierlichem Ernst beginnen,<br />

zuckt plötzlich einer der Mörder, der frech im<br />

Stadion sitzt, zusammen und ruft: „Sieh da, sieh<br />

da Timotheus, die Kraniche des Ibykus.“ Einige<br />

Besucher sehen sich erschrocken um. Das Gewissen<br />

hat den Mörder überführt. „Kaum ist ihm das<br />

Wort entfahren…“, hat die Gerechtigkeit die<br />

Mörder schon am Kragen.<br />

Das Gewissen ist eine Art Wachhund des inneren<br />

Menschen. Aber der Hund braucht einen Herrn.<br />

Ein herrenloser Hund gleicht einem herrenlosen<br />

Gewissen. Wenn das Gewissen einen Herrn hat,<br />

wenn das Gewissen der Stimme Gottes gehorcht,<br />

wird es geschärft, dann wird es zum hörbaren<br />

Echo der Stimme Gottes in unserem Leben. Daran<br />

wird deutlich, dass es tatsächlich ein krankes,<br />

herrenloses Gewissen gibt. Es funktioniert nicht<br />

mehr. Im gleichen Augenblick, wo es einen Herrn<br />

bekommt, wo es angebunden wird, reagiert es<br />

„unverletzt“ und fein wie eine Briefwaage, die bei<br />

der kleinsten Belastung ausschlägt, und nicht wie<br />

eine Viehwaage, die sich erst rührt, wenn schwere<br />

Brocken drauffallen.<br />

Wie reagiert unser Gewissen? Untersteht es bereits<br />

der Herrschaft unseres Heilandes Jesus<br />

Christus? Kann es sich frei entfalten und in gewissen<br />

Situationen das Steuer unseres Lebens sein?


Und sind wir uns bewusst, dass wir nicht ohne<br />

weiteres und ein für allemal ein gutes, unverletztes<br />

Gewissen haben können, sondern dass es ein<br />

Übungsfeld ist, auf dem wir uns zu bewähren haben<br />

durch den Glauben?<br />

Macht es uns freudig und getrost, dass Gott uns<br />

das Gewissen als Leitplanke durchs Leben gegeben<br />

hat?


15. August<br />

Von Hiobs standhaftem <strong>Aus</strong>harren habt ihr<br />

gehört, und ihr habt das Ende gesehen, das<br />

der Herr für ihn bereitet hat; denn der Herr<br />

ist voll Mitleid und Erbarmen. (Jakobus 5, 11)<br />

Hiob war ein ganzer Mann. Schon am Anfang<br />

seines Buches steht: „Er war untadelig und rechtschaffen,<br />

ein Mann, der Gott fürchtete und das<br />

Böse mied.“ Und nachdem ihn schweres Unglück<br />

traf, sprach er die hehren Worte: „Der Herr hats<br />

gegeben, der Herr hats genommen, der Name des<br />

Herrn sei gelobt.“ Freunde besuchten ihn und<br />

wollten ihm einreden, er müsse eine miserable<br />

Sünde getan haben, sonst würde ihm Gott gnädig<br />

sein. Hiob lässt sich nicht betören und wehrt sich<br />

mit klugen Worten. Einmal aber verliert er die<br />

Fassung und ruft Gott als Zeugen an. Er fordert<br />

ihn heraus, Stellung zu nehmen, ob er, Hiob nicht<br />

im Recht sei. Zuvor aber gibt es noch eine bewegende<br />

Situation, als Hiob noch ganz ruhig Gott<br />

vertraute und wie zu einer Königsspitze ausholte<br />

und sprach: „Ich weiss, dass mein Erlöser lebt!“<br />

Nun aber folgt eine scharfe <strong>Aus</strong>einandersetzung<br />

zwischen Hiob und Gott. Aber glücklicherweise<br />

bleibt sich Hiob treu und schliesst mit den Worten:<br />

„Fürwahr, ich habe geredet, was ich nicht<br />

verstehe. Vom Hörensagen hatte ich <strong>von</strong> dir gehört,<br />

aber nun hat mein Auge dich gesehen. Darum<br />

spreche ich mich schuldig und tue Busse in<br />

Staub und Asche!“<br />

Und der Herr wendete Hiobs Geschick und der<br />

Herr segnete das spätere Leben Hiobs mehr als<br />

sein früheres.<br />

Das ist in Kürze ein Teil der Biographie <strong>von</strong> Hiob.<br />

Die Zusammenfassung ist das Bibelwort aus<br />

Jakobus, das obenan steht.<br />

Viele Menschen erleben eine ähnliche Lebensführung<br />

wie Hiob. Sie wissen, dass es nicht leicht ist,


in allen Momenten des Leidens, dankbar und treu<br />

zu bleiben. Vielfach ringen sie darum, kraftvoll<br />

sagen zu können: Ich weiss, dass mein Erlöser<br />

lebt. Doch gelobt sei der Herr, der auch uns sein<br />

Mitleid und Erbarmen erfahren lässt, das alles zu<br />

einem guten Ende werden lässt. Wir können nicht<br />

damit rechnen, dass dieses gute Ende noch auf<br />

dieser Erde sein wird; vielleicht erleben wir es erst<br />

in der Herrlichkeit – welche Freude dann bei Jesus<br />

zu sein.


16. August<br />

Herr, sieh an ihr <strong>Dr</strong>ohen und gib deinen<br />

Knechten, mit allem Freimut zu reden dein<br />

Wort. Und als sie gebetet hatten, erbebte der<br />

Ort und alle verkündigten freimütig das Wort<br />

Gottes. (Apostelgeschichte 4, 29.31)<br />

Petrus und Johannes im Gefängnis, das war ein<br />

schwerer Schlag der Feinde der ersten Christen.<br />

Die Gemeinde betet und wacht. Unter Bedingungen<br />

werden die Apostel frei und als Antwort aufs<br />

Gebet geschieht ein Erdbeben. Gott hat durchaus<br />

überraschende Möglichkeiten Gebete zu erhören.<br />

Der Hohe Rat ist ratlos und muss zur Kenntnis<br />

nehmen, dass nicht er, sondern Gott Regie führt.<br />

Die fromme Feuerwehr kann nicht verhindern,<br />

dass das Wort Gottes vom auferstandenen Christus<br />

frei gepredigt wird. Dabei geht es darum, ob<br />

Jesus der Messias ist. Und wir fragen konsterniert,<br />

warum darf er es einfach nicht sein? Was verliert<br />

die geistliche Regierung, wenn Jesus der Messias<br />

ist? Offenbar entspricht er nicht ihren Träumen<br />

und Vorstellungen, wie er zu sein hat. Er kann ihn<br />

nicht sein, das beweist schon die einfache Art, ihn<br />

zu Tode zu bringen. Der Messias leidet nicht und<br />

stirbt nicht, obwohl Jesus gerade für das Gegenteil<br />

Beispiele aus der jüdischen Bibel vorlegte.<br />

Nun aber ist Jesus vom Tod auferstanden und das<br />

ist den jüdischen Glaubensgelehrten ein Ärgernis.<br />

Diese Botschaft muss mit Verfolgung unterdrückt<br />

und ausgerottet werden. Es braucht einen anderen<br />

Messias und auf diesen wartet man bis heute und<br />

andauernd bis zum Kommen des Messias, das zusammenfällt<br />

mit der mächtigen Wiederkunft<br />

Christi in grosser Herrlichkeit.<br />

Auf das Gebet der Gemeinde folgte ein Erdbeben<br />

und alle wurden erfüllt mit dem heiligen Geist<br />

und alle verkündigten freimütig das Wort Gottes.


Das ist die geistliche Antwort auf die Worte Davids:<br />

„Warum toben die Völker<br />

und sinnen die Nationen vergebliche Dinge?<br />

Die Könige der Erde treten auf<br />

Und die Fürsten rotten sich zusammen<br />

Wider den Herrn<br />

Und wider seinen Gesalbten (Christus)“


17. August<br />

Gepriesen sei Gott, der Vater unsres Herrn<br />

Jesus Christus, der uns mit jedem geistlichen<br />

Segen durch Christus gesegnet hat.<br />

(Epheserbrief 1, 3)<br />

An einem Abend sass auf dem Fichtenhof bei Bethel<br />

ein besonders schlimmer Bursche in einer<br />

Ecke, als wollte er wieder eine neue Schandtat<br />

ausbrüten. Als ihn der Hausvater fragte: „Warum<br />

bist du so still?“ antwortete er nach langem<br />

Schweigen: „Ich bin heute im Garten des Eichenhofs<br />

Vater Bodelschwingh begegnet, als er gerade<br />

im Rollstuhl spazierengefahren wurde. Als er<br />

mich sah, winkte er mich heran.“ „Was hat er<br />

denn zu dir gesagt?“ fragte der Hausvater. „Erkann<br />

nicht viel sprechen, aber er hat mich gefragt<br />

wie ich heisse und in welchem Hof ich bin. Und<br />

dann hat er mir seine <strong>Hand</strong> auf den Kopf gelegt<br />

und nur gesagt: ‚Ich segne dich im Namen Jesu’“<br />

Der Bursche brach in Tränen aus: „Hausvater, ich<br />

bin in meinem Leben viel herumgestossen worden,<br />

habe Prügel über Prügel bekommen, aber nie<br />

hat ein Mensch zu mir gesagt: Ich segne dich im<br />

Namen Jesu!“ … Als seine Fürsorgezeit herum<br />

war, ging er weg und schrieb monatelang nicht,<br />

und der Hausvater glaubte schon, er sei wieder<br />

auf seinen alten Weg gekommen. Da kam eines<br />

Tages ein Brief: „Hausvater, Sie müssen nicht<br />

denken, ich hätte gestohlen. … Ich vergesse nicht,<br />

dass jemand zu mir gesagt hat: Ich segne dich im<br />

Namen Jesu!“<br />

Es ist anzunehmen, dass es bei diesem jungen<br />

Mann zu einem neuen Leben gekommen ist. Wer<br />

vollmächtig den Segen Christi weitergeben kann,<br />

legt den Grundstein zu einem gesegneten Leben,<br />

ganz in der Hingabe an Jesus. Er soll ein Empfänger<br />

<strong>von</strong> jedem geistlichen Segen in der Himmelswelt<br />

werden. Gerne wüsste man mehr, was


für ein Mitarbeiter Gottes dieser junge Mann geworden<br />

ist, denn an ihm haben sich viele Verheissungen<br />

erfüllt.<br />

Wagen wir es auch, uns als Träger dieser Verheissungen<br />

zu betrachten und wagen wir es wie Vater<br />

Bodelschwingh, den Segen Jesu weiterzugeben,<br />

nicht nur an Menschen, die uns verdienstlich erscheinen,<br />

sondern an alle, die uns der Vater zeigt.


18. August<br />

Ehe sie rufen, will ich antworten, wenn sie<br />

noch reden, will ich hören. (Jesaja 65, 24)<br />

Eine merkwürdige Sprache führen doch die biblischen<br />

Propheten. Sie fangen beim Ende an, wo<br />

wir uns mühselig nach ihm hinbewegen, sie sehen<br />

immer nur eins, wo wir zwei oder einen ganzen<br />

Haufen sehen. Die Bibel predigt, dass Gott <strong>von</strong><br />

Anfang an zu den Menschen steht und sie zu ihm<br />

gehören, bevor sie anfangen zu rufen und zu reden.<br />

Ja, aber das glauben wir nie so recht, wir machen<br />

unsere Vorbehalte dabei und meinen etwa,<br />

die Propheten und Apostel nehmen den Mund<br />

zuweilen auch gar so voll! Aber o ich sage dir:<br />

Gott ist fertig mit dir, göttlich fertig, nicht<br />

menschlich fertig, wo man ja nie fertig wird, nicht<br />

im Soll und im Haben fertig, sondern in der Vergebung<br />

fertig und in der Liebe fertig, die schon<br />

lange weiss, was du bedarfst, ehe denn du ihn bittest.<br />

Mach dich dran, lieber Mensch, rolle deinen langen<br />

Sorgenfaden auf und nimm Anfang und Ende<br />

in deinem Gott zusammen und meine endlich<br />

nicht mehr, das sei leichtfertig geredet, wo es<br />

doch grad das Wort der Propheten und Apostel<br />

und das Evangelium Jesu Christi ist!<br />

Vertraue darauf, dass die Verheissung in Erfüllung<br />

geht, denn Gott steht zu seinem Wort gestern,<br />

heute und in alle Zukunft.


19. August<br />

Jesus nahm Brot und sagte: Nehmet! Das ist<br />

mein Leib. Und er nahm den Kelch und sie<br />

tranken alle daraus. (Markus 14, 22-23)<br />

Das Abendmahl ist ein so kostbares Gut <strong>von</strong> unserem<br />

Herrn Jesus Christus, dass wir es öfters feiern<br />

dürften, als es gegenwärtig der Fall ist. Auch<br />

wäre es hilfreich, in den Kirchen endlich grundsätzliche<br />

Überlegungen zum Abendmahl zu machen.<br />

Ich meine, dass wir aus lauter Angst vor<br />

Ansteckung und Unappettitlichkeit den wahren<br />

Grund des Abendmahls völlig verpassen. Die<br />

Form kommt wieder einmal mehr vor dem Sinn<br />

und Inhalt. Nehmen wir doch das folgende Beispiel<br />

zu Herzen.<br />

Pfarrer W. Busch wurde einmal zu einer Schwerkranken<br />

gerufen, ihr das Abendmahl zu reichen.<br />

Sie gestand offen, dass ihr nicht soviel an seinem<br />

Besuche liege, aber ihre Angehörigen hätten es<br />

gewünscht, und weil er nun einmal da sei, könne<br />

er ihr das Abendmahl geben. Da Busch ihr das<br />

Mahl so nicht geben konnte, setzte er sich zu ihr<br />

und sagte: „Wir beide sind in ganz ähnlicher Lage.<br />

Ich bin kränklich, und nieman kann wissen, wer<br />

<strong>von</strong> uns zuerst stirbt. Und wenn ich mein Leben<br />

überlege, so finde ich soviele Versäumnisse, alte<br />

Schulden wachen in schlaflosen Nächten auf und<br />

machen mir zu schaffen.“ Wie mag sich die Frau<br />

gewundert haben, dass der gefeierte Pfarrer mit<br />

ihr sich gleichstellte. „Aber in einem“, fuhr er<br />

fort, „ist doch ein Unterschied. Ich kenne den,<br />

der alles in Ordnung gebracht hat und mir Vergebung<br />

schenkt durch sein Blut. Den möchte ich<br />

Ihnen zeigen, aus keinem andern Grund.“ Sie<br />

wurde tief ergriffen und sagte nach einer Weile:<br />

„Geben Sie mir, bitte, das heilige Abendmahl.“ –<br />

„Warum bitten Sie jetzt darum?“ – „Weil ich auch<br />

den brauche, der alles ins Reine bringt zwischen


Gott und mir.“ Das gab eine ernste, gesegnete<br />

Feier! Der heimkehrende Mann konnte sich nicht<br />

genug wundern, welche Veränderung mit <strong>seiner</strong><br />

Frau vorgegangen war. Und ihr Friede blieb, bis<br />

sie selig heimging.<br />

Was uns auch deutlich wird ist dies, dass das<br />

Abendmahl nicht einfach so eine Art evangelischer<br />

‚letzter Ölung’ ist, sondern ein Mahl zum<br />

Leben. Es ist auch nicht nur das Mahl zur Vergebung,<br />

sondern das Mahl zur Vorwegnahme der<br />

grossen Feier in dem Reich, dem wir entgegen<br />

gehen.


20. August<br />

Alles ist mir erlaubt; aber nicht alles ist heilsam.<br />

Alles ist mir erlaubt; aber ich darf mich<br />

<strong>von</strong> nichts beherrschen lassen.<br />

(1. Korintherbrief 6, 12)<br />

Gott steht nicht mit lauter Verbots- und Gebotstafeln<br />

vor uns im Wege. Er hat die Möglichkeit ja<br />

oder nein zu sagen in unser Leben gelegt. Oft wäre<br />

es einfacher für uns, wir wären programmiert.<br />

Aber das würde uns dann auch wieder nicht immer<br />

passen. Massgebend ist, dass unser Verhalten<br />

absolut passend zur Ehre Gottes ist, wie Pfarrer<br />

Oberlin in Steintal erzählt: „Ich nahm gegen meine<br />

starken Zahnschmerzen gern eine Prise Tabak.<br />

Wenn ich aber merkte, dass das Schnupfen mir<br />

zur Leidenschaft werden wollte, so sagte ich: ‚Ah,<br />

meine Dose, du willst über mich herrschen! Ich<br />

will dir zeigen, wer <strong>von</strong> uns beiden gehorchen<br />

muss. Marsch ins Gefängnis!’ Ich schloss dann<br />

meine liebe Dose eine Zeitlang in den Schrank,<br />

der unten in der Stube stand, immerhin eine<br />

schöne Entfernung vom Studierzimmer und ich<br />

hatte eine gute Weile Ruhe.“<br />

Ein zweites Beispiel zur Ehre und Liebe Gottes.<br />

H.Hadley berichtete einmal: Das alte Schiff war<br />

gesunken, aber es schwammen noch viele Trümmer<br />

im Wasser herum. Ich rauchte und kaute Tabak.<br />

Da sagte der Herr zu mir: „Liebes Kind, gib<br />

doch diese Dinge auf!“ Ich erwiderte: „Lieber<br />

Herr, wenn ich das lassen soll, so ist es mein Tod,<br />

ich kann es nicht lassen!“ Doch Jesus sprach:<br />

„Liebes Kind, hast du schon je etwas für mich<br />

aufgegeben?“ „Nein, Herr“ musste ich ihm beschämt<br />

erwidern, „ich habe dir zuliebe noch<br />

nichts aufgegeben, aber den Tabak will ich jetzt<br />

aus Liebe zu dir aufgeben. Und ich tat es. Dann<br />

zeigte mir der Herr, meinen Jähzorn zu behalten,


oder aufzugeben. Ich entschloss mich für Wegnahme<br />

und es geschah.“ --<br />

Wir haben täglich viele Entscheidungen zu treffen.<br />

Es wird uns leichter gemacht, wenn wir Jesus<br />

vor Augen haben, dass wir ihn ehren, loben und<br />

lieben mit unseren Entscheidungen. So arbeiten<br />

wir unserem Herrn in die Hände, dass er sein<br />

Reich gestalten kann.


21. August<br />

Alle Geschlechter der Erde werden „den Sohn<br />

des Menschen auf den Wolken des Himmels<br />

kommen“ sehen mit grosser Macht und Herrlichkeit.<br />

(Matthäus 24, 30)<br />

Ist das Zukunftsmusik ohne jeden lebendigen Bezug<br />

zu uns jetzt Lebenden? Gibt es irgend einen<br />

Anlass zu denken, wir könnten Anteil haben an<br />

diesem grossartigen Ereignis? Es scheint fast, dass<br />

wir uns diesem Wort nur mit negativen Gedanken<br />

nähern können. Aber das ist der falsche Weg und<br />

eine verkehrte Meinung. Wahren Gewinn haben<br />

wir nur, wenn wir das Wort exakt uns sagen lassen,<br />

uns darauf einstellen, was es aussagt, uns gewaltig<br />

freuen auf den Mächtigen, der da im<br />

Kommen ist – für alle Geschlechter der Erde aufs<br />

Mal erkennend. Also sagen wir uns, gerade weil<br />

wir jetzt leben, haben wir die Chance, das Kommen<br />

Jesu zu erleben in all <strong>seiner</strong> Macht und Herrlichkeit.<br />

W i r dürfen uns freuen, auf uns wartet<br />

das grandiose Ereignis; wir dürfen uns zum Jubel<br />

bereit machen.<br />

Bei allem Triumph verspüren wir aber dennoch,<br />

das ‚noch nicht’ in Gottes Vorgehen. Wir lernen<br />

Tag um Tag leben, jeder ganz neu in der völligen<br />

Abhängigkeit <strong>von</strong> Gott. Nicht <strong>von</strong> aussen her,<br />

gewissermassen <strong>von</strong> der Zuschauertribüne, sondern<br />

<strong>von</strong> der Mitte des Geschehens her. Nur so<br />

sind wir voll beteiligt mit unserer ganzen Existenz.<br />

So hat es Albert Knapp besungen:<br />

Du wirst dein herrlich Werk vollenden,<br />

der du der Welten Heil und Richter bist;<br />

du wirst der Menschheit Jammer wenden,<br />

so dunkel jetzt dein Weg, o Heilger, ist.<br />

<strong>Dr</strong>um hört der Glaub nie auf, zu dir zu flehn,<br />

du tust doch über Bitten und Verstehn.


22. August<br />

Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen,<br />

und den glimmenden Docht wird er nicht<br />

auslöschen. (Jesaja 42, 3)<br />

Das ist ein wundersamer Blick in die Seelsorge<br />

Gottes. Da macht ein Mensch eine grossartige Erfahrung.<br />

Er ist unterwegs. Es ist nacht, dunkel<br />

ringsumher; der Weg uneben, ein Stab als Stütze<br />

und Wegsuche unerlässlich. Der dicke Schilfrohrstab<br />

knickt ein, die Lampe gibt kaum einen<br />

Schimmer. Bald ist alles aus und das Leben verspielt.<br />

Doch der Mensch ist mit Gott unterwegs.<br />

Der traurige Wanderer merkt, dass der Stock<br />

noch hält und der Docht nicht auslöscht. Gottes<br />

Tat ist es, sein Trost, seine Ermutigung, seine<br />

Einladung ihm zu vertrauen. Hat er das irgendwie<br />

verdient? Keineswegs. Im Gegenteil, Schuld hat er<br />

auf sich geladen, für die er um Vergebung bitten<br />

wird. Er schreitet munter voran und ist überraschend<br />

schnell zu Hause. Er legt vorsichtig das<br />

geknickte Rohr auf den Tisch, daneben die Lampe<br />

mit dem glimmenden Docht. Allen Tischgenossen<br />

wird aufs Mal klar: Das hat der Herr getan und<br />

nicht nur einmal, sondern einmal um es dauernd<br />

zu wiederholen, solange die Sonne auf- und nieder<br />

geht.<br />

Das geknickte Rohr wird er nicht zerbrechen, und<br />

den glimmenden Docht wird er nicht auslöschen.<br />

Wo ein Mensch sich so fühlt, als geknicktes Rohr<br />

und als glimmenden Docht, wird er genau diejenige<br />

Kraft empfangen, die er für seine Aufgabe<br />

braucht. Er wird nicht nur ein wenig getröstet,<br />

sondern <strong>von</strong> Grund auf erneuert werden.<br />

„Bei dir Jesu will ich bleiben, stets in deinem<br />

Dienste stehn: Nichts soll mich <strong>von</strong> dir vertreiben,<br />

will auf deinen Wegen gehen.“


23. August<br />

Herzlich lieb habe ich dich, Herr meine Stärke!<br />

Herr, mein Fels, meine Burg, mein Erretter,<br />

mein Gott, mein Hort, auf den ich traue,<br />

mein Schild und Horn meines Heils und<br />

mein Schutz! (Psalm 18, 2-3)<br />

Das heisst einmal den Mund voll nehmen! Es ist<br />

ja so – das wird dir grad beim <strong>Aus</strong>sprechen klar:<br />

der Herr ist deine Stärke. Gott ist keine Redensart.<br />

Der Herr ist meine Stärke, er ist’s nicht, weil es so<br />

in der Bibel steht und er ist’s nicht um des schönen<br />

Verses willen. Nein, er ist’s um seinetwillen<br />

und du fängst an, eine Hülle um die andere, die<br />

über deinen Augen gelegen haben, abzulegen und<br />

du siehst und begreifst es immer besser: Er, er<br />

ist’s, ja er ist mein Fels, meine Burg, mein Hort,<br />

mein Schild, mein Horn, mein Schutz! Und jetzt!<br />

O jetzt fasse ich’s: Gott lebt nicht nur in der Bibel,<br />

er lebt in sich selbst, er ist Gott! Und weil er<br />

Gott ist, darum hat er gerade diese eigene Gottesstärke<br />

und macht sie zu meiner Stärke; darum ist<br />

er Fels, Burg, Hort, Horn, Schild, Heil und<br />

Schutz. O herzlich lieb hab ich dich. Mag’s mir<br />

‚drum’ sein, wie es will, „ich will mir meinen<br />

Mund nicht stopfen lassen, Herr, das weißt du“<br />

(Psalm 40,10).


24. August<br />

Bleibt im Glauben, gegründet und fest, und<br />

weicht nicht <strong>von</strong> der Hoffnung des Evangeliums,<br />

das ihr gehört habt und das gepredigt<br />

ist überall in aller Welt. (Kolosserbrief 1, 23)<br />

„Der Herr sei vor dir, um dir den rechten Weg zu<br />

zeigen. Der Herr sei neben dir, um dich in die<br />

Arme zu schliessen und dich zu schützen. Der<br />

Herr sei unter dir, um dich aufzufangen, wenn du<br />

fällst. Der Herr sei in dir, um dich zu trösten,<br />

wenn du traurig bist. Der Herr sei über dir, um<br />

dich zu segnen. So segne dich der gütige Gott.“<br />

Dieser altirische Segensvers ist allein schon eine<br />

prägnante <strong>Aus</strong>legung des Bibelwortes. Dankbar<br />

dafür wollen wir nun aber doch den Wörtern des<br />

Bibelwortes gründlich nachspüren. „Bleibt im<br />

Glauben…“ tönt fast wie bei Johannes. In Christus<br />

bleiben, ist ein Lieblingsausspruch <strong>von</strong> Johannes<br />

und irgendwie ist es dies auch bei Paulus geworden.<br />

Hier nun, bleibet im Glauben, gegründet<br />

und fest und weicht nicht <strong>von</strong> der Hoffnung des<br />

Evangeliums. Der Glaube hat seinen Grund im<br />

gepredigten Evangelium. Sein Kern ist Jesus<br />

Christus, der getötete und auferstandene Herr.<br />

Seine Liebe und Vergebung ist’s, was der ganzen<br />

Welt zu Heil und Leben verkündigt ist – der ganzen<br />

damals bekannten Welt.<br />

Unterdessen hat die Kenntnis <strong>von</strong> der Grösse der<br />

Welt enorm zugenommen. Umgekehrt ist es mit<br />

der Kenntnis des Evangeliums. Es werden zum<br />

Teil kräftige Anstrengungen gemacht aber viel<br />

zuwenige. Angesichts der elektronischen Möglichkeiten<br />

ist die Lage blamabel.<br />

Nehmen wir doch einen <strong>Aus</strong>spruch <strong>von</strong> Jesaja<br />

ernst: „Wer wird für uns gehen? Wer will unser<br />

Bote sein?“ Der uns ruft, weiss auch den Weg<br />

und bereitet ihn.


25. August<br />

Kein Einwohner wird sagen: ich bin schwach,<br />

denn das Volk, das darin wohnt, wird Vergebung<br />

der Sünden haben. (Jesaja 33, 24)<br />

Was heisst schwach sein? In unvergebenen Sünden<br />

leben. Und was heisst stark sein? Vergebung<br />

der Sünden haben. Der Mensch ist nur dann gesund,<br />

wenn ihm das Angesicht seines Schöpfers<br />

leuchtet. Er muss Liebe haben wie ein Kindlein,<br />

er muss Aufmunterung haben. Er muss ein Angesicht<br />

haben, das ihm teilnehmend zusieht und ihm<br />

zulächelt.<br />

Das ist eben die grosse Not unserer Christenheit,<br />

dass die meisten kein Gefühl da<strong>von</strong> haben, dass<br />

Gott ihnen zulächelt; er ist eine kalte neutrale<br />

Grösse für sie; er hat keine Teilnahme, kein Herz<br />

für sie. Warum? Weil man ihnen zuerst <strong>von</strong> den<br />

Sünden und der Bekehrung gepredigt hat, nicht<br />

<strong>von</strong> der Vergebung. Und doch hätte man das Wesen<br />

und Walten der Liebe immerdar an jeder rechten<br />

Mutter studieren können!<br />

Was gibt dem schuldigen Kind einzig wieder<br />

Kraft, Frische auf die Wangen und Feuer in die<br />

Augen? Lange Busse, lange Bereuungsprozedur<br />

und schliesslich Einmünden in die Vergebung? O<br />

nein! Sondern die vergebende Liebe, womit die<br />

Mutter sogleich dem Trotzkopf begegnet, die so<br />

sehr das Gegenteil <strong>von</strong> Schwäche ist, dass sie dem<br />

Schuldigen selbst die Türe zum freiwilligen Bussetun<br />

und Sündengeständnis auftut. Freilich, das<br />

kann nur wahre Mutterliebe. Und so steht’s <strong>von</strong><br />

Gott im Evangelium geschrieben. Predigt <strong>von</strong> der<br />

Liebeskraft Gottes und füllt euch mit ihr – so<br />

wird die kranke Christenheit wieder gesund.


26. August<br />

Ihr wisst, dass ihr nicht mit vergänglichem<br />

Silber oder Gold erlöst seid, sondern mit dem<br />

teuren Blut Christi. (1. Petrusbrief 1, 18-19)<br />

Was für eine Befreiung diese Botschaft für Menschen<br />

ist, die sich durch eigene Anstrengungen<br />

zerquälten oder mit Zweifel und Ungewissheit<br />

plagten, hat der spätere Begründer der China-<br />

Inland-Mission, Hudson Taylor, erfahren: „Oft<br />

versuchte ich mich selbst zum Christen zu machen,<br />

aber natürlich misslangen alle Anstrengungen.<br />

Ich fürchtete, dass ich aus irgendeinem<br />

Grunde überhaupt nicht mehr gerettet werden<br />

könnte.“ Da sucht er eines Tages in der Bibliothek<br />

seines Vaters ein Buch zur Unterhaltung.<br />

Dabei fiel ihm eine kleine Schrift in die Hände.<br />

„Während ich las, wurde ich <strong>von</strong> dem <strong>Aus</strong>druck<br />

gefesselt: ‚Das vollendete Werk Christi’. Warum<br />

braucht der Schriftstellern diesen <strong>Aus</strong>druck? fragte<br />

ich; warum nicht das versöhnende oder stellvertretende<br />

Werk Christi? Augenblicklich durchzuckten<br />

mich die Worte: ‚Es ist vollbracht!’ – Was<br />

ist vollbracht? Und sofort antwortete ich: eine<br />

vollkommene Versöhnung und Genugtuung für<br />

die Sünde. Die Schuld unsrer Sünde ist bezahlt<br />

und nicht allein die unsere, sondern die der ganzen<br />

Welt. – Dann kam der weitere Gedanke:<br />

Wenn das ganze Werk vollbracht und die ganze<br />

Schuld bezahlt ist, was bleibt dann für mich zu<br />

tun übrig? Und damit dämmerte in mir die wundervolle<br />

Überzeugung auf, dass es nichts, gar<br />

nichts zu tun gab, als auf die Knie zu fallen und<br />

diesen Erlöser anzunehmen und seine Errettung<br />

<strong>von</strong> Ewigkeit zu Ewigkeit zu preisen.“


27. August<br />

Ehre deinen Vater und deine Mutter, damit<br />

du lange lebst in dem Land, das der Herr,<br />

dein Gott, dir geben wird. (2. Mose 20, 12)<br />

In einem Märchen der Gebrüder Grimm heisst es:<br />

Es war einmal ein steinalter Mann, dem waren die<br />

Augen trüb geworden, die Ohren taub, und die<br />

Knie zitterten ihm. Wenn er nun bei Tische sass,<br />

schüttete er die Suppe auf das Tischtuch, und es<br />

floss ihm auch immer wieder etwas aus dem<br />

Mund. Deswegen musste sich der alte Grossvater<br />

endlich hinter den Ofen setzen, und sie gaben<br />

ihm sein Essen in einem irdenen Schüsselchen<br />

und dazu nicht einmal genug. Da sah er betrübt<br />

nach dem Tisch und die Augen wurden ihm nass.<br />

Einmal konnten seine zittrigen Hände das Schüsselchen<br />

nicht festhalten, es fiel zu Boden und zerbrach.<br />

Die junge Frau schalt, er sagte aber nichts<br />

und seufzte nur. Da kaufte sie ihm ein hölzernes<br />

Schüsselchen für ein paar Batzen, daraus musste<br />

er nun essen. Wie sie so dasitzen, so trägt der<br />

kleine Enkel <strong>von</strong> vier Jahren auf der Erde kleine<br />

Brettlein zusammen. „Was machst du denn da?“<br />

fragt der Vater. „Ich mache ein Tröglein“ antwortete<br />

das Kind, „daraus sollen Vater und Mutter<br />

essen, wenn ich gross bin.“ Da sahen sich Mann<br />

und Frau eine Weile an, fingen an zu weinen, holten<br />

sofort den alten Grossvater an den Tisch und<br />

liessen ihn <strong>von</strong> nun an immer mitessen, sagten<br />

auch nichts, wenn er ein wenig verschüttete.<br />

Das Gebot, seinen „Vater und seine Mutter ehren“,<br />

bedeutet: Ihnen gehorchen, sie lieb und wert<br />

halten. Heisst für sie sorgen, wenn sie alt und gebrechlich<br />

geworden sind; heisst Dank abstatten<br />

für tausendfach erwiesene Liebe. Gott hat es gesagt,<br />

und er will es uns schon in diesem Leben<br />

vergelten.


28. August<br />

Christus spricht: Wenn ihr meine Gebote haltet,<br />

so bleibt ihr in meiner Liebe. Das sage<br />

ich euch, damit meine Freude in euch bleibe<br />

und eure Freude vollkommen werde.<br />

(Johannes 15, 10-11)<br />

Es mag genügen, anstelle der einzelnen Gebote,<br />

die Zusammenfassung wiederzugeben, die <strong>von</strong><br />

Jesus selber stammt: „Das gebiete ich euch, dass<br />

ihr einander lieben sollt“. Jesu Anliegen ist es<br />

auch gar nicht, die Gebote aufzuzählen, sondern<br />

das Klima herauszuheben, wie es ist, wenn seine<br />

Gebote gehalten werden: „dann bleibt ihr in meiner<br />

Liebe“. Und zu diesem Klima gehört Freude,<br />

Jubel, Lobpreis, Friede und vor allem gegenseitige<br />

Liebe mit Jesus und untereinander. – Aber eben<br />

nicht nur, es gehören auch schwere Stunden der<br />

Prüfung dazu, wo der Glaube reift, gerade in der<br />

Beziehung zur Liebe. „In dir ist Freude in allem<br />

Leide.“ Freude ist das Ziel Jesu für seine Freunde,<br />

vollkommene Freude. Eingepflanzt in die Liebe,<br />

wächst die Freude Jesu in uns, bleibt in uns und<br />

wird vollkommen. Das geschieht alles durch die<br />

engste Gemeinschaft mit ihm und keinen Augenblick<br />

ohne ihn.<br />

Betrachten wir unser Bibelwort noch mit dem<br />

Lied KGB 652,1:<br />

In dir ist Freude in allem Leide, o mein lieber Jesu<br />

Christ! Durch dich wir haben himmlische Gaben,<br />

du der wahre Heiland bist, hilfest <strong>von</strong> Schanden,<br />

rettest <strong>von</strong> Banden. Wer dir vertrauet, hat wohl<br />

gebauet, wird ewig bleiben. Halleluja. Zu deiner<br />

Güte, steht unser Gmüte, an dir wir hangen in<br />

Freud und Bangen; nichts kann uns scheiden.<br />

Halleluja.


29. August<br />

Stehe mir bei, Herr, mein Gott! Hilf mir nach<br />

deiner Gnade. (Psalm 109, 26)<br />

Es gibt in jedes Christen Leben Augenblicke – oft<br />

sind es Wochen und Monate! – wo wie man sagt,<br />

alles aufhört, die guten Vorsätze, das Gleichgewicht,<br />

die Sicherheit, die Frömmigkeit, der Glaube<br />

– alles hilft nichts mehr. Man spürt nur noch<br />

vollständige Not, Verlassenheit. Es geht an’s Lebendige.<br />

Da gibt’s nur noch eins: Stehe mir bei,<br />

Herr, mein Gott, hilf mir nach deiner Gnade!<br />

Das sind die Stunden – oder Tage – wo das Verhältnis<br />

zu Gott ganz und gar aufgehört hat ein<br />

Verhältnis der blossen Idee zu sein und ganz real<br />

geworden ist. Da ist man auf Gott geworfen, da<br />

umklammert man seine Hände, da empfindet man<br />

die Not um Gott, nicht nur die Not der eigenen<br />

Schmerzen, da wird es klar, wie es Hiob klar geworden<br />

ist: Nicht um meines Glückes, nicht um<br />

irgend etwas bete und schreie ich zu dir, mein<br />

Gott, sondern darum, weil du mein Gott bist. Ja,<br />

das allein bleibt: Mein Gott. Das ist das einzige.<br />

Aber das ist auch alles. Ganz losgelöst <strong>von</strong> allen<br />

unreinen Menschenzutaten: Gott, mein Gott.<br />

Und das ist zu gleicher Zeit ein neuer Anfang.<br />

Du könntest dich selbst nie völlig ausleeren. Aber<br />

Gott kann! Durch den Heiland Jesus Christus hat<br />

er es getan, tut er’s und wird’s immer wieder tun,<br />

dass wir’s realisieren: jetzt bist du wieder neu geboren.<br />

Denke zum voraus, bevor die Gottesnot kommt –<br />

die selige Gottesnot! – an dieses ihr Neues schaffende<br />

Ende!<br />

„Was wäre ich ohne dich, Gott?<br />

Ohne deine zuverlässige Führung<br />

auf all meinen Wegen?<br />

Ohne dein wachsames Auge


über all meinen Taten?<br />

Ohne dein gutes Geleit<br />

an allen Tagen meines Lebens?<br />

Auf Schritt und Tritt lässt du mich spüren,<br />

wie wichtig ich dir bin.“


30. August<br />

Ich weiss, dass mein Erlöser lebt. (Hiob 19,<br />

25)<br />

Ludwig Richter erzählt: „Der erste Sonnenstrahl,<br />

den der Neujahrsmorgen in mein Kämmerlein<br />

schickte, und das helle Glöckchen <strong>von</strong> San Isidoro<br />

weckten mich aus einem tiefen Schlaf. Ich erwachte<br />

plötzlich mit dem Gefühl eines so unaussprechlichen<br />

Glückes, erfüllt mit Friede und<br />

Freude, dass ich mich wie neugeboren fühlte. Wie<br />

ein Blitz durchdrang mich das Bewusstsein: Ich<br />

habe Gott, ich habe meinen Heiland gefunden!<br />

Nun ist alles gut’. ‚Ich weiss, dass mein Erlöser<br />

lebt!’ So bedeutsam wie das Neujahr 1825 hatte<br />

mich vorher noch keines begrüsst; denn diesmal<br />

hatte es seinen Zuruf: ‚Das Alte ist vergangen,<br />

siehe es ist alles neu geworden’ vollständig wahrgemacht.<br />

Hatte ich es früher in den besten Momenten<br />

doch nur bis zur Ahnung eines höchsten<br />

Wesens bringen können und in den Stunden der<br />

Begeisterung zu dem gehobenen Gefühle: ‚Überm<br />

Sternenzelt muss ein lieber Vater wohnen!’, so<br />

war es jetzt geschehen, dass nahe im eigenen Herzen<br />

und Gewissen die Stimme des Gottes und Erlösers<br />

zu mir gesprochen hatte: ‚Ich bin der Herr,<br />

dein Gott, wandle vor mir und sei fromm’; und<br />

die Stimme des Menschensohnes und Erlösers:<br />

‚Wer mich sieht, der sieht den Vater; komm und<br />

folge mir nach!’ Wie anders als jene Ahnung war<br />

nun die zuversichtliche Gewissheit des Glaubens<br />

und der Erlösung, die sich nicht nur in einzelnen<br />

Momenten kundgibt, sondern als ein lebendiger<br />

Spross, aus und in das ewige Leben spriessend,<br />

die Seele gesund erhält und alle Morgen neu ist.<br />

An seinem Sterbetage sagte er schliesslich: ‚O das<br />

ist eine schöne Sache, wenn jemand seines Glaubens<br />

so gewiss ist, ja: Ich weiss, dass mein Erlöser<br />

lebet.’


31. August<br />

Alle miteinander haltet fest an der Demut;<br />

denn Gott widersteht den Hochmütigen, aber<br />

den Demütigen gibt er Gnade. (1. Petrus 5, 5)<br />

„Mühen wir uns, dem Bösen zu widerstehen,<br />

So sind wir oft zu schwach und unterliegen.<br />

Komm, du Kraft und Weisheit Gottes.<br />

Stärke unsern Mut, führe uns an deiner <strong>Hand</strong><br />

Und leite uns auf deinem Weg.“<br />

Der bekannte Pfarrer Harms traf einmal auf einer<br />

Eisenbahnfahrt einen Zünfholzfabrikanten. Der<br />

prahlte mit seinen Millionen. „Sehen Sie mich an“<br />

sagte er, „ich bin ein steinreicher Mann!, und ich<br />

bin es geworden rein durch mich selbst! Verstehen<br />

Sie etwas <strong>von</strong> der Zündholzfabrikation?“<br />

„Nicht viel“ antwortete Harms, „ich bin ein Pfarrer.“<br />

Ach so, schön, ein Pfarrer! Das trifft sich<br />

gut. Erlauben Sie mir, man redet jetzt viel <strong>von</strong> einem<br />

alten und einem neuen Glauben. Ich bitte<br />

Sie, was verstehen Sie unter dem alten und was<br />

unter dem neuen Glauben?“<br />

Harms zeigte sich bereit, auf diese Frage einzugehen.<br />

– „Sehen Sie“ begann er, „wenn Gott einen<br />

im irdischen Beruf mit seinem Segen krönt und<br />

der Mann bleibt klein und demütig dabei und<br />

denkt: ‚Das hab ich nicht verdient’; aber Gott<br />

fährt immer fort, den kleinen Mann zu segnen<br />

und macht ihn am Ende zum grossen, reichen<br />

Manne! Doch der Mann bleibt demütig; wohlzutun<br />

vergisst er nicht und spricht in allem: ‚Ich bin<br />

zu gering aller Barmherzigkeit und Treue, die<br />

Gott an mir tut’, sehen Sie, das ist der a l t e<br />

Glaube. – Wenn einer dagegen <strong>von</strong> Gott mit<br />

manchem Besitz gesegnet wird, merkt aber nicht,<br />

dass das eine Probe der Demut und Dankbarkeit<br />

sein soll, und statt alle Tage kleiner und demütiger<br />

zu werden, wird er alle Tage grösser und hoffärti-


ger und vergisst seines himmlischen Wohltäters so<br />

sehr, dass er am Ende jeder Eisenbahnfahrt den<br />

Mitreisenden sagt: ‚Sehen Sie mich an; das bin ich<br />

rein aus mir selbst’ – sehen Sie, das ist der n e u e<br />

Glaube.“


1. September<br />

Ich erachte es alles für Schaden gegen die<br />

überschwengliche Erkenntnis Christi Jesu,<br />

meines Herrn, auf dass ich Christus gewinne<br />

und in ihm erfunden werde. (Philipper 3, 8-9)<br />

Wir müssen bei solchen Kernsprüchen der Bibel<br />

Geduld mit unserer eigenen Schwachheit haben<br />

und uns nicht in etwas hineinsteigern, das wir<br />

einfach haben wollen. Der Apostel Paulus ist wie<br />

ein Baum, <strong>von</strong> Gott gepflanzt, in dem der Saft<br />

des Geistes Gottes treibt. Er kann gar nichts dafür,<br />

dass er so redet, er redet sich nichts vor, nein,<br />

er redet aus sich heraus, es quillt und schwillt und<br />

treibt und schafft in ihm, und seine Worte sind<br />

wie aufbrechende Blüten am Baum. Und <strong>von</strong> den<br />

Früchten, die daraus entstanden, lebt noch heute<br />

die ganze Christenheit. Du lebst auch da<strong>von</strong>.<br />

Aber wenn du nun meinst, gerade da, wo es dich<br />

treibt, an dieser Knospe müsse derselbe Baum herauskommen,<br />

an dem du ja selber hängst, so ist<br />

das ein wüster Grössenwahn. Und denk nicht:<br />

Wenn’s mich nicht treibt, wie es den Apostel getrieben<br />

hat, so treibt’s mich halt nicht, so bin ich<br />

nur ein Buchstabenchrist, ein „Herr-Herr-Sager“,<br />

der verworfen wird; nein, solches ist nichts als<br />

geistlicher Hochmut. Glaub’s doch einfach in die<br />

Luft hinaus, wie das Zweiglein am Baum, dass es<br />

dich auch treibt, dass du Christum gewinnest.<br />

Sieh, das ist ja grad dieselbe Not, die auch der<br />

Apostel empfand, er musste sich strecken nach<br />

oben, trotz, ja wegen <strong>seiner</strong> ‚überschwänglichen<br />

Erkenntnis’ – denn im Reiche Gottes treibts einem<br />

mehr, je mehr man hat. – Und so geht’s auch<br />

bei dir nicht ohne Not. Aber eine herrliche<br />

Wachstumsnot ist das, weil sich die Triebkräfte<br />

Gottes – beim Apostel und bei dir – darin bemerkbar<br />

machen.


2. September<br />

Wenn du der Stimme des Herrn, deines Gottes,<br />

gehorchen wirst: Gesegnet wirst du sein<br />

bei deinem Eingang und gesegnet bei deinem<br />

<strong>Aus</strong>gang. (5. Mose 28, 1.6)<br />

Das ist so ein geläufiger Vers, dass man leicht<br />

über den Kern hinweg liest. Das ganze Leben gehen<br />

wir ein und aus, angefangen mit der Geburt<br />

und hier abgeschlossen mit dem <strong>Aus</strong>gang aus diesem<br />

Leben. Wenn wir Gott gehorchen, wird<br />

rückgängig unser Eingang ins Leben gesegnet sein<br />

und im Blick auf unsern <strong>Aus</strong>gang legen wir Segenskapital<br />

an. Und dazwischen erleben wir dauernd<br />

Gottes Segen in <strong>seiner</strong> Liebe, Güte und<br />

Barmherzigkeit. Was für glückliche Menschen stehen<br />

hinter diesen etwas trockenen Sätzen! Zu den<br />

Segnungen des täglichen Lebenslaufes stellen sich<br />

die Segnungen des gottesdienstlichen Lebens: da<br />

gehen wir in und aus der Stille – gehen ein zur Bibelstunde<br />

oder zum Hauskreis und verlassen sie<br />

auch wieder – treffen uns zum Sonntagsgottesdienst<br />

und zerstreuen uns wieder. Und burschikos<br />

fragen wir, was haben wir nun <strong>von</strong> allem? Die<br />

Frage ist falsch gestellt. Richtig heisst sie, was<br />

können wir da<strong>von</strong> haben? Die Antwort ist lapidar:<br />

Segen! Segen in allen Facetten und Farben, leicht<br />

und gewichtig usw. Bei alledem gibt es nur eine<br />

Voraussetzung: Der Stimme des Herrn ist zu gehorchen<br />

– bedingungslos, ohne wenn und aber.<br />

Ist es abwegig an Johannes zu denken: Christus<br />

spricht: ‚Wer mein Wort hält, der wird den Tod<br />

nicht sehen in Ewigkeit.’ Und dazu an ein Wort<br />

<strong>von</strong> Bonhoeffer:<br />

‚Denken und <strong>Hand</strong>eln im Blick auf die kommende<br />

Generation, dabei ohne Furcht und Sorge jeden<br />

Tag bereit sein zu gehen – das ist die Haltung,<br />

die uns praktisch aufgezwungen ist und die tapfer<br />

durchzuhalten nicht leicht, aber notwendig ist.’


3. September<br />

Und dem Engel der Gemeinde zu Smyrna<br />

schreibe: Das sagt der Erste und der Letzte,<br />

der tot war und ist lebendig geworden.<br />

(Offenbarung 2, 8)<br />

Domitian war der erste der römischen Kaiser, der<br />

dazu überging, sich ausdrücklich „Gott und Herr“<br />

zu titulieren. Als dieser Domitian, selber erst<br />

Thronanwärter, im Jahre 73 ein Söhnlein erhielt,<br />

da kannte sein Glück keine Grenzen. Aber als der<br />

Knabe zehn Jahre alt war, - sein göttlicher Vater<br />

war inzwischen Kaiser geworden – da starb das<br />

hoffnungsvolle Kind. Am Tode findet der „Gott<br />

und Herr“ auf dem Kaiserthron seinen Meister.<br />

Domitian lässt daraufhin eine Gedenkmünze prägen<br />

mit dem Wortsinn: der göttliche Caesar, Sohn<br />

des Kaisers Domitian. Die Münze stellt den verstorbenen<br />

Prinzen dar, auf dem nackten Himmelsgewölbe<br />

sitzend, spielend mit den sieben Planeten,<br />

die das Symbol der Weltherrschaft darstellen.<br />

Als der allgewaltige ‚Gott und Herr’ Kaiser<br />

Domitian nach 15 jähriger Schreckensherrschaft<br />

durch Mörderhand fiel, beschloss der Senat in<br />

Rom die feierliche Verfluchung seines Andenkens,<br />

die Entfernung seines Namens aus allen Inschriften,<br />

die Zerstörung all <strong>seiner</strong> Bildsäulen.<br />

So ist tatsächlich kein Mensch „der Erste und der<br />

Letzte“. Christus erhebt den Anspruch, der Erste<br />

und der Letzte zu sein. Menschen, die sich göttliche<br />

Ehren zulegen, hat es seit Domitian immer<br />

wider gegeben. Die Weltgeschichte ist darüber zur<br />

Tagesordnung übergegangen. Wir kennen kaum<br />

ihre Namen. Der Tod hat ihnen ein für alle mal<br />

ein Ende bereitet.<br />

Es gilt schon, was Bundespräsident Heinemann<br />

gesagt hat: „Die Herren dieser Welt gehen – unser<br />

Herr kommt!“


Jesus ist auch in dem Fall der Letzte, der etwas zu<br />

sagen hat, weil er auch das letzte Wort über den<br />

Tod spricht.


4. September<br />

Singet dem Herrn ein neues Lied! Denn er<br />

hat Wunder getan! (Psalm 98, 1)<br />

Es ist ein regennasser Abend. Trotz Tiefdruck<br />

und schlechten Sichtverhältnissen ist auf dem<br />

Einsatzhafen Schiphol 22.30 Uhr der Start <strong>von</strong> 20<br />

Ju 88 zum Feindflug angesetzt. Die Peilstation<br />

wird wie üblich <strong>von</strong> dem Start verständigt. 22.30<br />

Uhr rollt die erste Maschine schwer beladen an<br />

und fliegt nur wenige Meter über dem Peiler in<br />

die Höhe. 22.31 Uhr, die zweite zieht besser hoch.<br />

22.32 Uhr braust die dritte heran und so Minute<br />

um Minute eine Maschine. Die meisten hängen<br />

sehr tief. Da rast eine Maschine ganz niedrig heran.<br />

Am Ende des Rollfeldes ist kaum das Fahrgestell<br />

frei. Die Maschine nähert sich in gerader Linie<br />

dem Peiler. Der Funker kann sich gerade noch<br />

auf den Boden werfen. Da kracht es. Ein ohrenbetäubender<br />

Lärm erfüllt den Raum – ist zuviel<br />

gesagt. Es ist kein Raum mehr da. Die schwere<br />

Maschine hat die Peilstation wie ein Kartenhaus<br />

zusammengedrückt. – Und nun die Reihe der<br />

Wunder:<br />

1. Der diensttuende Peilfunker erhebt sich<br />

noch ganz benommen vom Boden. Er ist<br />

unverletzt, nur voll Schmutz und Glassplittern<br />

im Haar.<br />

2. Die vier Kameraden liegen noch immer in<br />

den Fallen. Das eine Rad vom Fahrgestell<br />

ging zwischen den Betten hindurch. Keiner<br />

ist verletzt. Sie sind nur mit Brettern zugedeckt<br />

und kriechen verdutzt, aber völlig unversehrt<br />

aus der Verschalung.<br />

3. Die Maschine liegt in wenig erfreulichem<br />

Zustand 60 Meter weiter. Die Besatzung<br />

kam mit einigen leichten Schrammen da<strong>von</strong>.<br />

4. Die Bomben sind beim Aufschlag aus dem<br />

Schacht gefallen, ohne Schaden anzurichten.


Seit der 98. Psalm geschrieben wurde sind unglaublich<br />

viele Wunder geschehen bis zu diesem<br />

Beispiel in Holland und bis zum heutigen Tag.<br />

Die Welt könnte die Bücher nicht fassen, wollte<br />

man alles zu Papier bringen. Und das lenkt uns<br />

zur Frage der Dankbarkeit. Im Psalm ist es deutlich<br />

in Worte gefasst: Singet dem Herrn ein neues<br />

Lied – Jauchzet dem Herrn alle Lande – Brecht in<br />

Jubel aus und spielt! Und sogar: Die Ströme sollen<br />

in die Hände klatschen und die Berge allzumal jubeln.<br />

Denn Wunder heisst ja nicht einfach ‚Glück<br />

gehabt’, sondern, das ist etwas Erstaunliches vor<br />

unsern Augen, ist eine bestimmte Fügung oder<br />

Führung, ist eine klare Bewahrung. So gross ist<br />

unser Vater im Himmel, dass er acht gibt auf jede<br />

Begebenheit unseres Lebens, dass sie so verlaufe,<br />

dass es uns weiterbringt in unserem Leben. Das<br />

kann aber nur verspüren, wer sein Leben Gott<br />

anvertraut.


5. September<br />

Wer jedoch diese meine Worte hört und nicht<br />

nach ihnen tut, der gleicht einem törichten<br />

Manne, der sein Haus auf den Sand baute.<br />

(Matthäus 7, 26)<br />

Der verstorbene <strong>Prof</strong>. Karl Heim erzählte einmal,<br />

dass während <strong>seiner</strong> Studienzeit die Kunde durch<br />

Europa ging, dass der Campanile auf dem Marktplatz<br />

<strong>von</strong> Venedig ganz plötzlich am hellichten<br />

Tage zusammengestürzt sei. Wie konnte das passieren?<br />

Der Bau selbst hatte nirgends Risse gezeigt.<br />

Die Quadersteine waren fest aufeinandergefügt.<br />

Der Fehler hatte am Fundament gelegen.<br />

Die schweren Balken, mit denen der alte Bau in<br />

den Meeresgrund der Lagunen eingerammt war,<br />

hatten nicht ausgereicht. Und eines Tages war der<br />

Zusammenbruch passiert. „Wie oft habe ich bei<br />

jungen Menschen einen ähnlichen, ganz unerwarteten<br />

Zusammenbruch erlebt. Es waren Menschen,<br />

die mitten in einer sozialen oder christlichen<br />

Arbeit standen.“<br />

Über Menschen, die ein Haus auf Sand bauen,<br />

ohne festes Fundament, würden wir den Kopf<br />

schütteln. Und doch machen es viele <strong>von</strong> uns genau<br />

so. Sie jagen irgendwelchen faszinierenden<br />

Illusionen nach und und erleben eines Tages die<br />

Katastrophe. Man kann auf Lügen kein Leben<br />

aufbauen. Jesus sagt: Wer meine Worte hört und<br />

tut, der baut richtig. Er ist die Wahrheit, und<br />

Wahrheit ist immer ein stabiles Fundament.<br />

Wie sagt der Liederdichter:<br />

„Ich habe nun den Grund gefunden,<br />

der meinen Anker ewig hält.<br />

Woanders als in Jesu Wunden,<br />

da lag er vor der Zeit der Welt.“


6. September<br />

Erkenne und sieh: böse und bitter ist dein<br />

Abfall <strong>von</strong> dem Herrn. (Jeremia 2, 19)<br />

Samuel Keller erzählt: Ein deutscher Kolonist<br />

hatte einen <strong>Hand</strong>elsmann durch die weite russische<br />

Steppe zu fahren. Letzterer prahlte ganz offen<br />

mit seinem Unglauben und <strong>seiner</strong> Gottlosigkeit.<br />

Der Kolonist, ein ernster, christlich gesinnter<br />

Mann, sagte nicht viel dazu, warf aber einigemal<br />

die Bemerkung ein, dass an verschiedenen Orten<br />

der menschenleeren Einöde schon Kaufleute ermordet<br />

worden seien. Das machte den Reisenden<br />

doch etwas kleinlaut und ängstlich. Plötzlich hielt<br />

der Kolonist und Fuhrmann an, fasste seinen<br />

Fahrgast mit eisernem Griff, zog ein langes Messer<br />

heraus und schrie ihn an: „Mach deine Rechnung<br />

mit dem Himmel, dein Geld gib her, du<br />

musst jetzt sterben!“ „Erbarmen, Erbarmen!“ rief<br />

der Händler, „ich habe Frau und Kind daheim!“<br />

Der Kolonist liess ihn noch ein Weilchen zappeln<br />

und sagte dann: „Seid ruhig, es geschieht euch<br />

nichts; denn ich fürchte Gott, an den ich glaube.“<br />

Von da an hat der Kaufmann nie mehr über Gottesfurcht<br />

sich lustig gemacht; ja, er bedankte sich<br />

beim Abschied noch besonders für die heilsame<br />

Lektion, die er <strong>von</strong> dem wackeren Kolonisten bekommen<br />

hatte.<br />

Der Christ allein weiss, was ist und was sein wird,<br />

und die leeren Schrecken bewegen seine Seele<br />

nicht. Denn die Furcht des Herrn macht das Herz<br />

fröhlich und gibt Freude und Wonne allezeit. Wer<br />

den Herrn fürchtet, wird den Segen behalten, ist<br />

fröhlich im Leben und im Sterben. Den gottesfürchtigen<br />

Menschen erkennt man daran, wie er<br />

sich im Unglück verhält und es ünberwindet,<br />

denn das ist eine Probe, wie jemand glaubt.


7. September<br />

Ich will mich aufmachen und zu meinem Vater<br />

gehen und zu ihm sagen: Vater, ich habe<br />

gesündigt gegen den Himmel und vor dir.<br />

(Lukas 15, 18)<br />

Heinz war Schlossergeselle. Vor einigen Jahren<br />

wurde er konfirmiert, aber war dann wie so viele,<br />

dem Gottesdienst fern geblieben. Nach mehreren<br />

Jahren erschien er eines Tages in der Kirche, und<br />

dann kam er häufiger. Er suchte. Er war nicht befriedigt<br />

<strong>von</strong> dem, was die andern Kameraden ihm<br />

als Leben anboten. Er spürte irgendwie, dass all<br />

der Hohn und Spott, der auf das Evangelium ausgegossen<br />

wurde, das Evangelium gar nicht traf.<br />

Am Ende eines Gespräches schenkte ich ihm ein<br />

Neues Testament. Und nun setzte Heinz sich hin,<br />

lange Wochen und studierte; wie er wohl einst als<br />

Kind in der Fibel gelesen hat, so las er jetzt im<br />

Worte Gottes. Und dann kam der Tag, den ich<br />

nicht vergessen kann. Er war inzwischen Meister<br />

geworden und nun stand dieser starke Mann vor<br />

meinem Schreibtisch, schlug in grosser Erregung<br />

mit dem Neuen Testament auf den Schreibtisch<br />

und rief laut: „Das lebt ja alles!“<br />

Das ist ja alles so befreiend, gerade wenn es um<br />

Schuldenlasten geht. Wie hätte der einstmals verlorene<br />

Sohn noch leben sollen und können ohne<br />

diese einmalige Vaterliebe?<br />

„Ich will zu meinem Vater gehen heut am Tag.<br />

Er wird ein jedes Wort verstehn, das ich wag.<br />

Weil es noch ein Zuhause gibt, lauf ich hin.<br />

Ich weiss, dass mich mein Vater liebt,<br />

wie ich bin.“


8. September<br />

Jesus sprach: Niemand, der die <strong>Hand</strong> an den<br />

Pflug legt und zurückschaut, taugt für das<br />

Reich Gottes. (Lukas 9, 62)<br />

<strong>Aus</strong> diesem Jesuswort ist schon allerlei abgeleitet<br />

worden. Vor allem, dass es im Reich Gottes ungeheuer<br />

viel zu tun gibt, und dass es bestimmte<br />

Qualifikationen braucht, wobei die wichtigste im<br />

Text genannt wird. Es geht das merkwürdige<br />

Wort um vom ‚Bau des Reiches Gottes’, wobei<br />

das weitgehend in unsere Hände gelegt ist – Pflug<br />

hin oder her, das interessiert weiter nicht. Wer Jesus<br />

als Baumeister und uns als Gesellen und<br />

<strong>Hand</strong>langer sieht, hat’s noch nicht begriffen. Jesus<br />

sagte doch, seht, das Reich Gottes ist mitten unter<br />

euch; er ist der Herr, wir die Bürger. Alle wirken<br />

einander in die Hände, ganz ohne Egoismus und<br />

eigenen Auftrag. Wir tragen lediglich zur Vollendung<br />

des Reiches Gottes bei. Das ist auch unsere<br />

ganze Freude, die uns erfüllt.<br />

Und wenn nun in diesem kurzen Sätzchen gar viel<br />

<strong>von</strong> Arbeit antönt, ist doch nicht zu übersehen,<br />

dass es grad noch einmal nicht um schwere Arbeit<br />

geht. Jesus spricht mit einigen Bewerbern über die<br />

Nachfolge. Das ist das Thema. Taugen fürs Reich<br />

Gottes heisst genau: taugen für die Nachfolge Jesu.<br />

Und damit sind wir völlig weg <strong>von</strong> dem Werk-<br />

und Verdienstgedanken. Taugen heisst hier auch<br />

würdig sein für das Reich Gottes. Würdig sein für<br />

die neue Welt und Herrschaft Gottes.<br />

„Du bist ein Hauch aus Gott<br />

und aus seinem Geist geboren.<br />

Darum liege nicht im Tod,<br />

bist zu Gottes Reich erkoren.<br />

Suche Jesus und sein Licht,<br />

alles andre hilft dir nicht.“


9. September<br />

Hoffnung lässt nicht zuschanden werden;<br />

denn die Liebe Gottes ist ausgegossen in unsere<br />

Herzen durch den Heiligen Geist, der<br />

uns gegeben ist. (Römerbrief 5, 5)<br />

Seit Pfingsten gilt es: „Der Heilige Geist ist da!“<br />

Aber das Leben der Welt besteht aus Geldverdienen<br />

und Karrieremachen, aus Selbstsucht und<br />

Geltungsbedürfnis. Doch ist noch etwas anderes<br />

da: Da gibt ein Albert Schweizer seine hoffnungsvolle<br />

Karriere als <strong>Prof</strong>essor auf und geht in den<br />

afrikanischen Urwald, um den Schwarzen dort in<br />

aller Stille als Arzt zu helfen. Alle Bekannten<br />

schütteln den Kopf. Aber es ist möglich.<br />

Die Welt führt ihre Existenz in einer ständigen<br />

Furcht vor dem Tode. Man hat nur den einen<br />

Gedanken, den Tag, der dem Leben ein Ende<br />

macht, soweit hinauszuschieben wie möglich.<br />

Und da ist dann ein russischer Bischof, der erschossen<br />

wird, weil er keine Kompromisse machen<br />

will. Der ruft aus: „Lebt wohl ihr Toten, ich<br />

gehe zu den Lebendigen!“ – Wie ist so etwas<br />

möglich?<br />

Der Heilige Geist krempelt Menschen um. <strong>Aus</strong><br />

der Sucht zum Verdienen, wird der Antrieb zum<br />

Dienen. <strong>Aus</strong> Menschen, die haben wollen, werden<br />

Menschen, die schenken. <strong>Aus</strong> Menschen, die geniessen<br />

wollen, werden Menschen, die bereichern.<br />

Dazu kann man sich nicht zwingen und überreden.<br />

Nur der Heilige Geist kann dieses Leben,<br />

diese Hoffnung und Liebe in unser Herz eingiessen.<br />

Da<strong>von</strong> lebt die Welt, dass es Menschen gibt,<br />

welche diese Hoffnung hochhält und nicht zuschanden<br />

werden lässt.<br />

„Hoffnung kann das Herz erquicken;<br />

Was ich wünsche, wird sich schicken,<br />

wenn es meinem Gott gefällt.“


10. September<br />

Es ist den Menschen bestimmt, einmal zu<br />

sterben und darauf folgt das Gericht.<br />

(Hebräerbrief 9, 27)<br />

Pfr. Busch erzählt eine Geschichte <strong>von</strong> einem ihm<br />

gut bekannten Offizier, der mit seinen Kameraden<br />

am Strassenrand lag und auf den Vormarschbefehl<br />

wartete. Er hatte eben einen üblen Witz<br />

erzählt, als ein feindlicher Flieger Bomben abwarf.<br />

Der Witz ist zu Ende, der andere lacht gar nicht.<br />

Er springt auf und sieht, dass sein Freund <strong>von</strong> einem<br />

Splitter ins Herz getroffen, lautlos gestorben<br />

ist – mitten in einem Witz. Da überfällt es den<br />

jungen Soldaten: „Der steht jetzt vor Gott!“ und<br />

die Frage taucht vor ihm auf: „Wie, wenn wir nun<br />

anders gelegen hätten? Dann stünde ich vor Gott.<br />

Könnte ich jetzt vor Gott stehen?“ Da meldet<br />

sich der Verstand und sagt: „Sicherlich! Ich tue ja<br />

genau meine Pflicht und damit kann ich geradestehen!<br />

Mit 19 Jahren schon Leutnant. Lieber<br />

Gott, ich kann geradestehen!“ Und er weiss im<br />

selben Augenblick: Das gilt doch vor Gott gar<br />

nichts! Hier ist einzig die Rede <strong>von</strong> deiner Sünde<br />

und deiner Gottlosigkeit. Als er wieder aufs Pferd<br />

steigt, da faltet er, ein furchtloser Mann, zum ersten<br />

Mal die Hände und bittet Gott: „Lass mich<br />

nicht fallen, ehe ich mit dir in Ordnung gekommen<br />

bin, ehe ich weiss, wie ich Vergebung meiner<br />

Sünde bekomme.“<br />

Dazu gehört die Bezeugung vieler und auch meiner<br />

Erfahrung, dass es unter Umständen schon<br />

lange vor der Todesstunde innere Gerichte und<br />

Prüfungen gibt, welche die Seele mit unbeschreiblichem<br />

Ernst erfüllen. Sie hinterlassen in uns eine<br />

Furcht vor der Frage unseres Gottes: Was suchst<br />

du eigentlich? Suchst du, was droben ist, wo Christus<br />

ist und suchst du zugleich deine Ehre, was da


unten ist? Suchst du Christus, zugleich aber ein<br />

behagliches Leben?<br />

Lasst uns tiefer graben in das eigene Herz und<br />

näher heranrücken an die Gnade Christi, <strong>von</strong> der<br />

wir alle leben, auf die hin wir alle auch sterben.


11. September<br />

Die Liebe ist nicht rücksichtslos, sie sieht<br />

nicht den eigenen Vorteil. (1. Korinther 13, 5)<br />

Sören Kierkegaard zeigt in seinem Bändchen<br />

„Entweder – Oder“ das Wesen der Verführer:<br />

Don Juan und Faust. Uns interessiert vor allem<br />

Don Juan.<br />

Wenn man einen flachen Stein so wirft, dass der<br />

die Wasseroberfläche nur schneidet, dann kann er<br />

eine Zeitlang darüber hinspringen; sobald er aber<br />

zu springen aufhört, sinkt er augenblicklich in den<br />

Abgrund. So tanzt Don Juan in der kurzen Frist,<br />

die ihm gegeben ist, jubelnd über dem Abgrund.<br />

Don Juans Liebe ist nicht seelisch, sondern sinnlich.<br />

Sie liebt nicht ein Mädchen, sondern alle, und<br />

das heisst: sie verführt alle.<br />

Der Verführer ist rücksichtslos. Er sucht den eigenen<br />

Vorteil. Don Juan will sich selbst befriedigen.<br />

Er will geniessen. Er sieht nur sich. Die Liebe<br />

dagegen, die Gott uns schenkt, sieht den andern.<br />

Agape, wie diese Liebe heisst, will selber<br />

nicht glücklich werden, sondern glücklich machen,<br />

nicht geniessen, sondern schenken.<br />

Ohne die Agape, die göttliche Liebe, sind wir<br />

Don Juans, rücksichtslos und auf den eigenen<br />

Vorteil bedacht. Warum beten wir nicht um die<br />

Agape-Liebe? Was würde sich durch sie nicht alles<br />

verändern!


12. September<br />

Vergiss nicht, sagt Christus, ich komme<br />

plötzlich und unerwartet wie ein Dieb. Nur<br />

wer wach bleibt und bereit ist, wird an diesem<br />

Tag glücklich sein. (Offenbarung 16, 15)<br />

Ein Missionar erzählt: „Meine Begegnungen mit<br />

einem Teil <strong>von</strong> Arabern haben mir eine ergreifende<br />

und bis dahin wenig bekannte Tatsache offenbart:<br />

Diese Araber erwarten die Wiederkunft<br />

Christi! Die Hüter der Omar-Moschee in Jerusalem<br />

sagen z.B., dass die goldene Pforte sich nur<br />

noch einmal öffnen werde, und zwar, um den<br />

wiederkommenden Herrn Christus durchgehen zu<br />

lassen. In Algerien sagte eine Gruppe <strong>von</strong> Muselmanen:<br />

Heute gilt Christus auch bei uns als ein<br />

grosser Prophet. Wenn er aber wiederkommt,<br />

wird er der Herr der Welt sein. Überall sagen mir<br />

die Mohammedaner: Unser Zeitalter geht zu Ende!<br />

Die Wiederkunft Christi wird plötzlich hereinbrechen!<br />

Ein arabischer Lehrer sagte: Alle Tage predigt<br />

man in allen Moscheen während des Ramadan,<br />

dass Christus eines Tages wiederkommt und die<br />

Welt richten wird. Im Hintergrund mancher Moscheen<br />

ist zu lesen: Sidn Aisa, Jesus Christus, ist<br />

der Prophet Gottes! Lasst uns an ihn glauben! Als<br />

ich mit einem Priester über diese Dinge sprach,<br />

sagte er zu mir: Ganz Arabien und ganz Marokko<br />

glaubt das. Man redet zwar nicht öffentlich da<strong>von</strong>.<br />

Aber alle Araber wissen es. Und ganz unvermittelt<br />

haben uns oft die Häuptlinge gefragt, wie lange es<br />

wohl noch dauern könnte.<br />

Die ganze Seele Jesu schafft auf das Ende dieses<br />

Weltzeitalters hin. – Ehe das Ende kommt, ist mit<br />

der Welt nicht viel anzufangen. Darum schimpfet<br />

nicht über die Welt. Sie kann nicht anders.


Einstweilen können wir in der Welt bloss Tautröpfchen<br />

sein, damit sie ein wenig leuchtet und<br />

können der Welt das Evangelium predigen: Jesus<br />

ist euer Heiland. – Meinet nie, dass wir die Welt<br />

bekehren vor dem grossen Tage Jesu Christi.<br />

Aber ringen wir trotz dieser Tatsache damit, dass<br />

uns die Schläfrigkeit nicht erwischt.


13. September<br />

Hat nicht Gott erwählt die Armen in der Welt,<br />

die im Glauben reich sind und Erben des<br />

Reiches, das er denen verheissen hat, die ihn<br />

lieb haben? (Jakobusbrief 2, 5)<br />

„Sonne der Gerechtigkeit,<br />

gehe auf zu unsrer Zeit;<br />

brich in deiner Kirche an,<br />

dass die Welt es sehen kann.<br />

Erbarm dich, Herr!“<br />

Wie oft haben Christenmenschen die merkwürdige<br />

Selbsteinschätzung, sie seien im Vergleich mit<br />

andern Menschen ganz vergeblich Christen – sie<br />

würden sich ganz umsonst an die Gebote Gottes<br />

halten – man sei ohnehin stets im Nachteil. So<br />

unqualifisziert reden aber nur Leute daher, die<br />

nicht lesen können. Denn unser Bibelwort spricht<br />

deutlich <strong>von</strong> erwählten Armen, erwählten Benachteiligten<br />

<strong>von</strong> erwählten falsch eingeschätzten<br />

Menschen in der Welt mit getrübtem <strong>Aus</strong>sehen.<br />

Bei näherem Zusehen sind alle diese auserwählten<br />

Menschen nahe bei Gott, weil sie reich sind im<br />

Glauben; sie sind sogar Erben des Reiches Gottes.<br />

Wer diesen Gott liebt, gehört zu dieser Schar,<br />

die eine Verheissung hat. Da wird ein Reichtum<br />

ausgebreitet, der niemals schon mit einem ersten<br />

Rundumblick erfasst werden kann. Ein Beispiel<br />

steht in der Apostelgeschichte 4,13: ‚Die Oberen<br />

des Volkes sahen den Freimut der zwei Jünger<br />

und wunderten sich; denn es waren ungelehrte<br />

und einfache Leute und man wusste <strong>von</strong> ihnen,<br />

dass sie mit Jesus gewesen waren.’


Dieser Reichtum ist ein Vermögen, das nicht im<br />

<strong>Hand</strong>umdrehen erworben werden kann. Das hat<br />

dem Vater den Sohn gekostet und hat uns das<br />

Leben gerettet. Das ist die Vaterliebe Gottes, die<br />

im Gegenzug auf unsere Liebe wartet und damit<br />

erst Jakobus 2,5 zum Laufen bringt.


14. September<br />

„Und Gott sprach…“ (1. Mose 1, 6)<br />

Martin Buber erzählt in einer der schönsten Geschichten<br />

<strong>von</strong> einem Rabbi, der jedesmal, wenn er<br />

die Heilige Schrift aufschlug und die Worte las:<br />

„Und Gott sprach“ in eine solche Begeisterung<br />

geriet, dass man ihn aus der Versammlung fortbringen<br />

musste. In der kleinen Holzkammer, in<br />

die man ihn brachte, hat er an die Wände geschlagen<br />

und unablässig ausgerufen: „Und Gott<br />

sprach!“<br />

Diese Begeisterung des Rabbi ist heute kaum<br />

noch zu verstehen. Heute ‚leiden’ viele unter dem<br />

‚schweigenden Gott’. In einer Schülerzeitung war<br />

zu lesen: ‚Nach langer Untätigkeit verschied Gott<br />

der Herr…’ Wir verschaffen uns eine glänzende<br />

Entschuldigung, wenn wir meinen, Gott müsse<br />

pausenlos mit Eisenbahnschienen dazwischenschlagen,<br />

wie einmal ein Evangelist gesagt hat, um<br />

den Ungerechtigkeiten, Brutalitäten und Gemeinheiten<br />

der Menschen und Völker zu begegnen.<br />

Und sein Wort ist lebendig. Es ist keine verstaubte<br />

Wahrheit. Wir müssen nur bereit sein, uns ihm<br />

auszuliefern. Darum ist es ein Unsinn, zu sagen,<br />

das Evangelium sei eine ‚Information’. Eine Information<br />

ist eine Sachmitteilung. Das Evangelium<br />

aber ergeht als personhafte Anrede, als Aufruf,<br />

als Proklamation. Das Evangelium will nicht<br />

Wissen vermitteln, es will zur Entscheidung rufen.<br />

Liegt es denn an der Bibel, wenn Gott nicht<br />

spricht oder uns einfach sein Wort kalt lässt?<br />

Wenn sein Wort ohne Resonanz verhallt?<br />

Liegt es nicht vielmehr an uns, dass Gott<br />

schweigt, wenn sein Wort ohne Widerhaken, ohne<br />

Echo und ohne Antwort bleibt?


Gott spricht wie zur Zeit des Rabbi. Aber wen<br />

packt es so wie den Rabbi, dass die Wände zittern,<br />

wenn es heisst: ‚Und Gott sprach’?


15. September<br />

Schaffe uns Hilfe in der Not, denn Menschenhilfe<br />

ist nichts nütze. (Psalm 108, 13)<br />

Das ist so recht ein Wort für unsere Zeit, denn<br />

unsere Zeit weiss sich nicht mehr zu helfen. Zwar<br />

ist sie gerade so erfinderisch, fleissig und erfolgreich<br />

wie die vorangegangenen, aber sie hat keine<br />

rechte Freude mehr an dem, was sie schafft. Die<br />

Illusionen sind ihr eine nach der andern vergangen.<br />

Der Mensch hat etwas Grösseres in sich als<br />

alle Herrlichkeiten der äusseren Welt. In aller<br />

Pracht der äusseren Kultur und Zivilisation hungert<br />

und dürstet heute die Menschenseele und ist<br />

mitten in allem Reichtum bettelarm geworden;<br />

denn es ist eben nicht wahr, dass der Mensch vom<br />

Brot allein lebt.<br />

Das hat unsre gegenwärtige Welt gemerkt. Sie<br />

ahnt, dass sie sich selbst betrogen hat; sie will es<br />

zwar nicht wissen und wird fast unsinnig in dem<br />

Versuch ohne Gott auszukommen. Aber alle Anstrengungen<br />

sind umsonst. Sie ist bankrott geworden.<br />

Nichts kann ihr mehr helfen. Nur den<br />

Sachen, den Geldschränken und tausend andern<br />

herrlichen Sachen ist geholfen, die sind schöner<br />

und voller, nur den Menschen ist nicht geholfen.<br />

Macht was ihr wollt, bauet Rettungsanstalten,<br />

Kirchen und Kapellen, strengt euer Christentum<br />

aufs äusserste an – es hilft alles nichts mehr. Menschenhilfe<br />

ist nichts nütze. Nur einer allein kann<br />

noch helfen: Gott.<br />

Und das tut er auch. Gerade seine Nähe ist schuld<br />

daran, dass wir so unruhig, so unglücklich und<br />

unbefriedigt sind. Seine Nähe hat den Hunger<br />

und Durst nach ihm geweckt. Das Bild des Vaters<br />

ist in dem verlorenen Sohn wieder aufgegangen<br />

im Herzen nach langer Vergessenheit. O höret auf<br />

ihr Gottesgläubigen, euch auf eure Kirchen und<br />

Kapellen, auf Protestantismus oder Katholizismus


zu verlassen, hebt eure Augen auf „zu den Bergen,<br />

<strong>von</strong> welchen uns Hilfe kommt“, und fanget<br />

an zu bitten, zu suchen und anzuklopfen: „Schaffe<br />

uns Hilfe in der Not, denn Menschenhilfe ist<br />

nichts nütze.“


16. September<br />

Und geht es auch durch dunkle Täler, fürchte<br />

ich mich nicht, denn du Herr, bist bei mir.<br />

(Psalm 23, 4)<br />

Ein Beispiel aus dem zweiten Weltkrieg, das gerade<br />

sogut aus dem letzten Serbienkrieg stammen<br />

könnte:<br />

Als Rudolf Koch in Serbien mit seinen Kameraden<br />

einmal <strong>von</strong> der Umwelt völlig abgeschnitten<br />

war, brach über ihn eine tiefe innere Verlassenheit<br />

herein, <strong>von</strong> der er schreibt: „Völlig erlahmt, völlig<br />

hinausgestossen ins Unbekannte, kein Kämpfen,<br />

nicht Arbeit, nur marschieren, schlafen, nichts zu<br />

essen, marschieren, hungern… Allein und verlassen<br />

<strong>von</strong> allen Freunden; die eigene Familie weit<br />

weg und keine Nachricht <strong>von</strong> ihnen! Ich meinte<br />

nur noch das eine zu wissen: Der liebe Gott hat<br />

mich verlassen. Es war das entscheidende Ereignis<br />

meines Lebens – lauter dunkle Täler. Doch<br />

diese Verlassenheit bereitet einen Boden. Später<br />

in Ungarn ist es mir klar geworden, dass der liebe<br />

Gott mir noch nie so nahe gewesen ist wie in Serbien<br />

und noch nie so nahe neben mir hermarschiert<br />

ist. Als ich dachte, es sei niemand da, ist er<br />

gekommen. Von dieser Zeit her stammt alles andere.“<br />

„Alles andere“: ‚Das ist der gute Hirte, der es einem<br />

an nichts fehlen lässt – das ist er, der neue<br />

Kraft gibt, sicheren Schritt und Tritt – das ist der<br />

Herr, der bei mir ist und mich schützt mit dem<br />

Hirtenstab – das ist der Gastgeber, der mich im<br />

Angesicht meiner Feinde königlich bewirtet – und<br />

der mir lebenslang sein Haus offenhält, dass ich<br />

ihm begegnen kann.’<br />

Zu „allem anderen“ gehört: ‚Der gute Hirte Jesus,<br />

der sein Leben gibt auf meinem Sündenschlachtfeld<br />

und siegt zu meinen Gunsten – das ist er, der<br />

niemanden hinausstösst, der zu ihm kommt – das


ist Christus ‚der Weg die Wahrheit und das Leben’<br />

– und er ist ganz die Liebe des Vaters.’<br />

Würde das alles nicht gelten, hätten die Menschen<br />

in den dunklen Tälern viel Grund zur Furcht.<br />

Furcht ist immer das erste, wenn uns drohende<br />

Überraschungen anfallen. Ach, wieviel mal mehr<br />

fürchten wir uns, als dass wir furchtlos unsere Tage<br />

durchgehen. Aber was nützt es, dass damals<br />

einer sich nicht gefürchtet hat und in uns keine<br />

Nachfolger findet? Wir fürchten uns lieber zweimal<br />

als nur schon einmal grad <strong>von</strong> Anfang an<br />

Gott furchtlos zu vertrauen. Es ist tragisch, dass<br />

die Bibel voll der Sprüche ‚Fürchte dich nicht’<br />

sein muss. Was sind wir für ein schwaches,<br />

schwach-sinniges Geschlecht?


17. September<br />

Wer glaubt, der flieht nicht. (Jesaja 28, 16)<br />

Dostojewsky schildert einen Menschen, der das<br />

Leben restlos satt hat und „Schluss machen“ will.<br />

Es ist spät und er schläft kurz ein. Er träumt. Er<br />

sieht vor sich die entschwebende Erde. Aller<br />

Kram liegt hinter ihm. In der Tat findet er sich in<br />

einem paradiesischen Lande wieder. Er stösst auf<br />

Lebewesen, die wie Menschen leben. Es herrscht<br />

völliger Friede. Aber plötzlich geht eine Veränderung<br />

vor sich, Streit und Misstrauen gehen um<br />

und Mord und Totschlag kommen vor. Der neuangekommene<br />

macht die grässliche Entdeckung,<br />

dass er schuld an allem ist. Er hat die Eigensucht,<br />

den Unfrieden und die Todesgefahr mitgebracht<br />

und alle wie mit einem virulenten Bazillus angesteckt.<br />

Der Mann erwacht und weiss: Das Übel<br />

meines Lebens sitzt in mir selber.<br />

Die Flucht ist eine beliebte Methode, mit den<br />

Schwierigkeiten und Komplikationen des Lebens<br />

fertig zu werden. Die einen fliehen vor der Familie,<br />

sind keinen Abend zu Hause und sitzen in<br />

Clubs und „wichtigen Gremien“. Andere fliehen<br />

ins <strong>Aus</strong>land auf allerhand Geschäftsreisen. Oder<br />

da ist die Flucht in einen anderen Beruf, in die<br />

Scheidung und neue Ehe. – Und nachher? Die<br />

alten Schwierigkeiten sind wieder da. Der alte<br />

Mensch hat alles ins Neue mitgeschleppt.<br />

Eine echte Chance zur Lebensveränderung hat<br />

nur der Mensch, der auf die Stimme Gottes hört<br />

und die Flucht einstellt. Wer anfängt zu glauben,<br />

der besteht, aus ihm wird ein völlig neuer Mensch.<br />

Wer glaubt, flieht nicht – er erkennt seinen Platz<br />

als den, der ihm <strong>von</strong> Gott zugewiesen ist.


18. September<br />

Durch den Glauben verliess Mose Ägypten<br />

und fürchtete nicht den Zorn des Königs;<br />

denn er hielt sich an den, den er nicht sah, als<br />

sähe er ihn. (Hebräerbrief 11, 27)<br />

Was ist das doch für eine monumentale Sprache<br />

um ein Ereignis zu beschreiben, das nur angedeutet<br />

ist. Mose verlässt mit einem ganzen Volk<br />

Ägypten. Längst nicht alle sind einverstanden,<br />

aber sie verlassen sich auf Mose, der seinen ganzen<br />

Glauben an seinen Schöpfergiganten Gott<br />

Israels einsetzt. Er hat einen Umgang mit Gott<br />

dem Unsichtbaren als würde er ihn sehen. Für<br />

Mose ist Gott Wirklichkeit, sonst würde er es<br />

nicht wagen, alles auf eine Karte zu setzen. Durch<br />

den Glauben hat er eine lebendige Vergangenheit,<br />

die Präsenz ist genauso durch den Glauben geprägt<br />

und ebenso zielklar weist der Glaube in die<br />

Zukunft. Das Naheliegende, die Furcht vor Königen<br />

und Göttern hat keinen Platz. Echter Glaube<br />

lässt dafür keinen Raum. Mose weiss den Namen<br />

seines Gottes „Ich bin der ich bin“ und ist damit<br />

vollkommen ausgerüstet. Mose hat uns damit einen<br />

klaren Weg gewiesen. Es ist der Weg zu Jesus<br />

Christus. In diesem Namen bezeugen wir heute<br />

unsern unverbrüchlichen Glauben. Sind wir wirklich<br />

soweit oder sind das erst schöne Gedanken?<br />

„Erhalt uns in der Wahrheit,<br />

gib ewigliche Freiheit,<br />

zu preisen deinen Namen<br />

durch Jesum Christum, Amen.“


19. September<br />

Christus Jesus hat dem Tode die Macht genommen<br />

und das Leben und ein unvergängliches<br />

Wesen ans Licht gebracht durch das<br />

Evangelium. (2. Timotheus 1, 10)<br />

Christus selbst hat unsre Sünde hinaufgetragen<br />

an seinem Leibe auf das Holz, damit wir,<br />

der Sünde abgestorben in der Gerechtigkeit<br />

leben. (1. Petrusbrief 2, 24)<br />

„Holz auf Jesu Schulter, <strong>von</strong> der Welt verflucht,<br />

ward zum Baum des Lebens<br />

und bringt gute Frucht.<br />

Wollen wir Gott loben, leben aus dem Licht.<br />

Streng ist seine Güte, gnädig sein Gericht.“<br />

Laufend gibt es neue Umfragen zu den ewig gleichen<br />

Themen: „Was haben Sie für Vorstellungen<br />

vom Tod?“ „Haben Sie Angst vor dem Sterben?“<br />

„Was kommt nacher?“ „Wissen Sie etwas da<strong>von</strong>?“<br />

Die Antworten sind ernüchternd bis blamabel.<br />

Am sichersten scheint man über den Tod<br />

Bescheid zu wissen: er ist nicht zu fürchten, er<br />

öffnet das Tor zum Jenseits, wie immer das sein<br />

wird; der Tod macht einfach Schluss, was man<br />

doch so ersehnt hat in gewissen Fällen usw. Was<br />

die Bibel da zu sagen hätte, interessiert nicht.<br />

Wenn schon Informationen <strong>von</strong> aussen, dann<br />

werden sie <strong>von</strong> den gegenwärtig populären Weltanschauungslehren<br />

ausgeliehen.<br />

Aber ich bleibe bei der Bibel: Christus Jesus hat<br />

dem Tode die Macht genommen! Schaurig, wenn<br />

man nur einen Augenblick überlegt, was das<br />

heisst: „dem Tode die Macht“. Das würde ja bedeuten,<br />

dass er da bei jedem Menschen ohne<br />

<strong>Aus</strong>nahme das letzte Wort hätte. Hat der Tod je<br />

nur einen Moment lang absolute Macht gehabt,<br />

war das ein makabrer Moment in der Menschheitsgeschichte.<br />

Doch Gott liess das nicht anste-


hen, sein eigener Sohn war bereit, „dem Tod seine<br />

Macht zu entreissen und hat das Leben ans Licht<br />

gebracht.“ Das hat zunächst ihm selbst das Leben<br />

gekostet. Der Grund liegt in unserer Sünde, die er<br />

an seinem Leibe auf das Holz (Kreuz) hinaufgetragen<br />

hat. So ist er auch der Auferstandene geworden,<br />

der dem Tod seine endgültige Macht<br />

weggefegt hat und uns ganz neue Ewigkeitsformationen<br />

eröffnete. Also ist Furcht vor dem Tode<br />

wirklich unnötig, aber der Pass zum freien Durchtritt<br />

ist das Leben mit Christus in <strong>seiner</strong> Gerechtigkeit.<br />

„Christus Jesus hat dem Tode die Macht genommen<br />

und das Leben und ein unvergängliches Wesen<br />

ans Licht gebracht.“


20. September<br />

Bleibt niemand etwas schuldig, ausser dass<br />

ihr einander liebt; denn wer den andern liebt,<br />

hat damit das Gesetz erfüllt. (Römer 13, 8)<br />

Ein französisches <strong>Dr</strong>ama trägt den Titel: „Ein<br />

Mann Gottes.“ Hauptperson ist der Pfarrer Lemoyne,<br />

<strong>von</strong> <strong>seiner</strong> Gemeinde als ein Vorbild<br />

evangelisch-christlicher Tugenden verehrt. Sein<br />

Familienleben ist zerrüttet, und durch die Kraft<br />

der Güte und Barmherzigkeit versucht er es zu<br />

reformieren. Er verzeiht <strong>seiner</strong> Frau, die ihn betrog,<br />

und zieht das Kind des Liebhabers als seine<br />

eigene Tochter in seinem Hause auf. Seine Entscheidung<br />

beruht auf seinem Glauben. Er muss<br />

so handeln. Aber die Liebe fehlt. Die Frau spürt<br />

statt Liebe nur Gerechtigkeit, sie verkümmert an<br />

<strong>seiner</strong> Seite. Die Tochter leidet unter der Lüge<br />

und unter dem Verschweigen.<br />

Die Eheleute bleiben zusammen, weil Gott sie<br />

zusammengeführt hat. Der Pfarrer handelt wie<br />

eine Marionette nach dem Willen Gottes. Er ist<br />

gerecht, aber ohne Liebe.<br />

Er glaubt an Gott, aber seine Liebe hat ihn nicht<br />

<strong>von</strong> Grund auf erneuert. Er bleibt <strong>seiner</strong> Frau und<br />

<strong>seiner</strong> Tochter etwas schuldig. Beiden bleibt er<br />

das Entscheidende schuldig: Liebe! Pfarrer Leymone<br />

hat das Gesetz erfüllen wollen, nur die Liebe<br />

fehlt.<br />

Was nützen mir meine Gerechtigkeit, mein Glaube,<br />

meine Erkenntnis und meine Geduld, wenn<br />

die Liebe fehlt? Die Liebe ist grösser, die Liebe ist<br />

mehr – die Liebe ist das Wichtigste. Wer den<br />

Mitmenschen liebt, hat das Gesetz wirklich erfüllt.


21. September<br />

Siehe, es kommen Tage, spricht Gott der<br />

Herr, da sende ich einen Hunger ins Land,<br />

nicht Hunger nach Brot und nicht Durst nach<br />

Wasser, sondern das Wort des Herrn zu hören.<br />

(Amos 7, 11)<br />

Der spätere Hofprediger A. Stoecker (1835-1909)<br />

erlebte in <strong>seiner</strong> Jugend im Hause des Geheimen<br />

Justizrates Krüger in Halberstadt zum erstenmal,<br />

was lebendiges Christentum ist. Damals kam dem<br />

Achtzehnjährigen zum Bewusstsein, dass ihm<br />

„tiefere religiöse Erkenntnis und Wärme“ bisher<br />

fehlte und manches, was er als Junge und Schüler<br />

tat, „Sünde“ hiess. Mit Schmerzen empfand er,<br />

dass er bisher „ohne Aufblick nach oben und ohne<br />

wahre Heiligung“ sein Leben geführt hatte.<br />

„Ich bin ein guter Schüler, aber ein schlechter<br />

Christ gewesen. Jahrelang habe ich so hingelebt,<br />

ohne dass mir das Gewissen schlug. Endlich, im<br />

letzten Jahre meiner Schulzeit nahm sich Gott<br />

meiner an und brachte mich ans Licht…So tief<br />

bin ich damals in die Lebensmacht des christlichen<br />

Glaubens hineingeführt worden, dass ich<br />

<strong>von</strong> da ab niemals wieder ernstlich in Zweifel<br />

oder Anfechtung des Glaubens gefallen bin.“<br />

Es ist eigentlich merkwürdig, dass das Verlangen<br />

nach Gott, der Hunger nach seinem Wort nicht<br />

grundsätzlich im Menschen entsteht. Gott selbst<br />

muss – gemäss seinem Wort – den Hunger und<br />

Durst nach <strong>seiner</strong> Wahrheit in uns legen, meist<br />

durch andere Menschen, wie das obige Beispiel<br />

zeigt. Aber alles ist ein Zeichen, dass Gott kein<br />

Mensch gleichgültig ist und er jeden für sein<br />

Reich gewinnen will. Darum setzt er alles dafür<br />

ein. Viele Menschen gehen oft lange Jahr absolut<br />

eigene Wege und irgendeinmal hören sie den Ruf:<br />

Besinne dich, du hast ja Hunger und Durst, du


ist unbefriedigt <strong>von</strong> deinem jetzigen Leben, du<br />

empfindest ein Verlangen nach einem neuen Sinn.<br />

Und der Herr Gott ist bereit zu geben und zu erfüllen,<br />

alles in einer wunderbaren Fülle. Da<br />

kommt niemand zu spät oder zu kurz.


22. September<br />

Im Übrigen werdet gekräftigt im Herrn und<br />

in der Macht <strong>seiner</strong> Stärke! (Epheser 6, 10)<br />

J. G. Hamann, der grosse Zeitgenosse und Gegner<br />

Kants, neigte zu Hypochondrie und erlitt in<br />

London äusserlich wie innerlich völligen Schiffbruch.<br />

In dieser verzweifelten Lage ruft ihn die<br />

Bibel zur Umkehr. „Ich vergass alle Bücher über<br />

ihr. Ich fand die Einheit des göttlichen Willens in<br />

der Erlösung Jesu Christi, dass alle Geschichte,<br />

alle Wunder, alle Gebote und <strong>Werke</strong> Gottes auf<br />

diesen Mittelpunkt zuliefen. Ich erkannte meine<br />

eigenen Verbrechen in der Geschichte des jüdischen<br />

Volkes, ich las meinen eigenen Lebenslauf<br />

und dankte Gott für seine Langmut mit diesem<br />

seinem Volk, weil nichts als ein solches Beispiel<br />

mich zu einer gleichen Hoffnung berechtigen<br />

konnte.“ Am 31. März beim Lesen <strong>von</strong> 5. Mose 5<br />

geschah es: „Ich fühlte auf einmal mein Herz quillen,<br />

es ergoss sich in Tränen, und ich konnte es<br />

nicht länger meinem Gott verhehlen, dass ich der<br />

Brudermörder war. Der Geist Gottes fuhr fort,<br />

ungeachtet meiner grossen Schwäche – aber im<br />

Lesen <strong>von</strong> Epheser 6, 10 – mir das Geheimnis der<br />

göttlichen Liebe und die Wohltat des Glaubens an<br />

unsern einzigen Heiland immer mehr zu offenbaren.“<br />

Immer tiefer drang Hamann in das Wort Gottes<br />

ein und durfte Hilfe erfahren: „Ich fühle, gottlob!,<br />

jetzt ist mein Herz ruhiger, als ich es jemals in<br />

meinem Leben gehabt hatte. In den Augenblicken,<br />

da die Schwermut aufsteigen wollte, bin ich<br />

mit einem Trost überschwemmt worden, der alle<br />

Furcht und alles Misstrauen verschlang. An mir<br />

wurde war, was Paulus sagt: „Im Übrigen werdet<br />

gekräftigt im Herrn Jesus und in der Macht <strong>seiner</strong><br />

Stärke.“


Mein Gebet wenn ich in Not bin:<br />

Ach – allmächtiger Gott, lieber Vater, barmherziger<br />

Gottessohn, heiliger Geist, erbarme dich über<br />

mich. Es ist ganz finster und leer in meiner Seele;<br />

sie hat den Glauben, das Hoffen, das Lieben verloren.<br />

Aber weil deine Barmherzigkeit so gross ist,<br />

bringe ich mein ganzes Elend vor dich. Gib mir,<br />

wonach ich mich sehne. Was es ist – weiss ich ja<br />

selbst nicht. Du aber weißt es. Wenn es sein muss,<br />

dass mein Herz noch zubereitet werde, so wirke<br />

du auch das noch. Ach, ich habe entsetzliche<br />

Angst und bin unendlich traurig. Hab Erbarmen,<br />

mein Heiland.


23. September<br />

Er hat für die Übeltäter gebeten.<br />

(Jesaja 53, 12)<br />

Das heisst im Neuen Testament so: Jesus aber<br />

sprach: Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht,<br />

was sie tun! - Wenn uns Unrecht geschieht, sind<br />

das in der Regel nicht unsere ersten Gedanken,<br />

sondern wir sind aufgebracht und <strong>von</strong> Gedanken<br />

der Gegenwehr erfüllt. Und es gibt noch manche<br />

Unterschiede zwischen uns und Jesus. Einer ist<br />

der, dass wir ohne grosse Nachteile in der Lage<br />

wären zu vergeben – Jesus aber hängt am Kreuz<br />

und leidet ohne Mass; und er hat nur Gedanken<br />

der Liebe, des Friedens, der Vergebung und der<br />

Hingabe seines Lebens zur Versöhnung der Menschen<br />

mit dem himmlischen Vater. Jesus erkennt<br />

genau, was die Menschen zu ihrem Tun antreibt –<br />

es sind böse Gedanken, über die sie sich nicht im<br />

Klaren sind. Es sind heimtückische <strong>Hand</strong>lungen,<br />

über deren <strong>Aus</strong>wirkungen und „Erfolg“ sie nichts<br />

wissen. Sie sind wie blind und gedankenlos den<br />

Befehlen folgsam. Aber Jesus betet: Vater vergib<br />

ihnen, denn sie wissen nicht, was sie tun! Mag<br />

man ihm antun, was man will, er bleibt mit dem<br />

Vater verbunden; in allem sind sie eins. Der Vater<br />

leidet mit dem Sohn und Jesus verspürt die unendliche<br />

Liebe seines Vaters.<br />

Längst bevor das aktuell wurde, ist es vorher gesagt<br />

vom Propheten Jesaja: Er hat für die Übeltäter<br />

gebeten. Da werden göttliche Geheimnisse zu<br />

realen Geschehnissen. Doch ist dies noch nicht<br />

der Schlusspunkt. Was am Kreuz erkämpft worden<br />

ist, begründete das Evangelium, die gute<br />

Nachricht, die nun alle Welt erreichen soll. Wer<br />

geprägt ist <strong>von</strong> Jesu Leben und Vergebung ist berufen,<br />

in solchem Auftrag mitzuwirken.<br />

Evangelium – Frohe Botschaft – ohne <strong>Aus</strong>nahme.


24. September<br />

Christus spricht: Wer <strong>von</strong> dem Wasser trinken<br />

wird, das ich ihm gebe, den wird in Ewigkeit<br />

nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich<br />

ihm geben werde, wird in ihm eine Quelle des<br />

Wassers werden, das in das ewige Leben<br />

sprudelt. (Johannes 4, 14)<br />

Jesus spricht mit einer Frau am Wasserbrunnen.<br />

Jeden Tag kommt sie <strong>von</strong> weit her zum Wasserschöpfen.<br />

Wenn es doch nur eine Möglichkeit gäbe,<br />

diese Situation zu verbessern. Fast macht es<br />

den Anschein, diesem Fremden am Brunnen<br />

könnte das gelingen. Wenn da nur kein Missverständnis<br />

wäre… Die Frau kennt Jesus gerade erst<br />

ein paar Momente und hat noch kein Verständnis<br />

für dessen Gleichnisreden. Sie hat ein einfaches<br />

Gemüt, aber Jesus trifft sie dort mit seinen Worten.<br />

Abholen nennt man das heute. Jesus verspricht<br />

Wasser ohne Ende, ohne Durst in alle<br />

Ewigkeit. Bald wird klar, dass Jesus sein ewiges<br />

Wort meint und sogar im Menschen eine Wasserquelle<br />

eröffnet, deren Wasser zu einem Strom<br />

wird und das ewige Leben wässert. Letztendlich<br />

wird die Frau nachwievor jeden Tag ihr Wasser<br />

am Brunnen holen; ihr inneres Leben hat aber eine<br />

entscheidende Änderung erfahren. Sie hat das<br />

geistliche Wasser des ewigen Lebens kennen gelernt<br />

und sorgt mit allen Kräften zu dessen Verteilung,<br />

wo sie nur kann.<br />

Laufet nicht hin und her, eilet zur Quelle; Jesus, der bittet:<br />

Kommet alle zu mir! Sehet, wie lieblich, wie lauter und<br />

helle fliessen die Ströme des Lebens allhier! Trinket, ihr<br />

Lieben, und werdet erquicket; hier ist Erlösung für alles,<br />

was drücket.


25. September<br />

Jesus Christus ist das Haupt des Leibes, der<br />

Kirche. (Kolosserbrief 1, 18)<br />

Inmitten polnischen Landes besteht eine Kirche<br />

deutscher Sprache. 46 Lektoren, grossenteils in<br />

Bergwerken, Fabriken und Betrieben tätig, halten<br />

am Sonntag Lesegottesdienste, Abendmahlsfeiern<br />

und Amtshandlungen, leiten Kirchenchöre und<br />

Jugendzusammenkünfte. Es gibt keine Kirche im<br />

deutschen Sprachraum, die in solchem Masse eine<br />

Kirche der Laien geworden wäre wie diese.<br />

Einer, der dort als Laiendekan Dienst tut, berichtet:<br />

In drei Jahren habe ich mit dem Fahrrad<br />

12'168 und in der Bahn 2'114 Kilometer zurückgelegt.<br />

Diese Wegstrecken in 24 Gemeinden hin<br />

und her schliessen in sich: 536 Gottesdienste, 61<br />

Passionsandachten, 17 kirchenmusikalische Feierstunden,<br />

91 Beerdigungen, 33 Taufen, 10 Trauungen,<br />

332 Chorproben, 172 Unterrichtsstunden,<br />

dazu die ungezählten Krankenbesuche, Konfirmandenstunden<br />

und andere Dinge. Über diesem<br />

allem soll aber nur dies eine Wort stehen: „Zu<br />

seines Namens Verherrlichung.“<br />

Unterstützt werden die Laiendekane <strong>von</strong> Lektoren,<br />

die auch ein grosses Aufgabengebiet in der<br />

Laienkirche haben. Während der Woche arbeiten<br />

die Lektoren 100% in Betrieben und die Laiendekane<br />

teilzeit.<br />

Mir scheint, dass auf dieser Laienkirche ein besonderer<br />

Segen liegt. Ja, ich vermute, dass dies ein<br />

Modell der Kirche der Zukunft sein wird. Unsere<br />

jetzigen Kirchen mit ihrem ganzen Betrieb waren<br />

schon bei deren Gründung <strong>Aus</strong>laufmodelle.


26.September<br />

Der Sohn Gottes hat uns einen Sinn in unser<br />

Leben gegeben, dass wir ihn erkennen, den<br />

Wahrhaftigen, und in ihm in Wahrheit erfunden<br />

werden. (1. Johannesbrief 5, 20)<br />

Er hiess Christoph Probst und wurde 1943 <strong>von</strong><br />

den Nationalsozialisten ermordet. Er hatte zur<br />

Gruppe der „Weissen Rose“ gehört, die durch<br />

Flugblätter und andere Aktionen die Münchner<br />

Studentenschaft über die Verbrechen der Nationalsozialisten<br />

und die Sinnlosigkeit des Hitlerkrieges<br />

aufklären und zum passiven Widerstand gegen<br />

Hitler und die Führung überhaupt, aufrufen wollte.<br />

Christoph Probst war verheiratet und hatte<br />

zwei Kinder. Dennoch brachte er das Opfer seines<br />

Lebens und <strong>seiner</strong> Ehre für die Freiheit, die<br />

Sauberkeit und das Wohl seines Volkes. In seinem<br />

letzten Brief an die Mutter gibt er Rechenschaft<br />

über das, was er als den Sinn seines Lebens erkannt<br />

hatte:<br />

„Ich danke dir, dass du mir das Leben gegeben<br />

hast. Wenn ich es recht bedenke, war es ein einziger<br />

Weg zu Gott. Ich gehe jetzt einen Sprung<br />

euch voraus, um euch einen herrlichen Empfang<br />

zu bereiten …“<br />

Ein „einziger Weg zu Gott“. Das ist eine tiefe<br />

Antwort. Das ist die Antwort auf die Frage nach<br />

dem Sinn des Lebens. Denn wo Jesus Christus<br />

erkannt wird, wird auch der Sinn des Lebens erkannt.<br />

Plötzlich weiss man um den Sinn <strong>von</strong> Zeit<br />

und Ewigkeit, <strong>von</strong> Not und Tod, <strong>von</strong> Freud und<br />

Leid. Man weiss um das Woher und Wohin, um<br />

den Anfang und das Ende, um das Diesseits und<br />

das Jenseits, um das Wofür und Wozu. Man<br />

weiss, dass aller Sinn in Jesus Christus beschlossen<br />

ist.


27. September<br />

Wenn wir im Licht wandeln, wie er im Licht<br />

ist, so haben wir Gemeinschaft untereinander,<br />

und das Blut Jesu, seines Sohnes, macht uns<br />

rein <strong>von</strong> aller Sünde. (1. Johannesbrief 1, 7)<br />

Wir sind ständig unterwegs – wir wandeln. Das<br />

muss uns niemand sagen oder schreiben. Das ist<br />

doch selbstverständlich. Was nicht selbstverständlich<br />

ist, sind die Umstände unseres Unterwegsseins.<br />

Es gibt ein Laufen bei Licht und ein Laufen<br />

bei Dunkelheit. Das ist nicht das Gleiche. Dunkelheit<br />

trennt. Man ist völlig auf sich allein gestellt.<br />

Man kommt nur mühsam vorwärts, denn<br />

man muss sich auf alle Seiten sorgsam schützen.<br />

Und vor allem nehmen wir die Mitmenschen<br />

nicht wahr, wir sind allein, sie sind allein, keine<br />

Kommunikation, keine Verständigung findet statt.<br />

Jeder geht seine Wege, vielleicht haarscharf aneinander<br />

vorbei, das ist direkt tragisch.<br />

Auf diesem Hintergrund äussert unser Bibelvers<br />

eine ganze Reihe positiver <strong>Aus</strong>sagen, Hilfen nicht<br />

nur für den Moment, Wegzeichen aber auch nur<br />

nicht fürs Jenseits. Alles findet hier schon statt,<br />

erfüllt das Leben, macht den Lebenslauf ungemein<br />

spannend und reich. Gott und sein Sohn<br />

sind keine Randfiguren, keiner der Mitmenschen<br />

ist überflüssig. Es gibt Ergebnisse auf diesem<br />

Weg, weil der Weg schon voller Überraschungen<br />

ist. Es besteht ein Angebot: Ein Wandel im Licht.<br />

Und nicht selbstgebasteltes Licht, sondern Gottes<br />

Licht, in dem Jesus erscheint und unsern Wandel<br />

erhellt. Und ohne Umschweife ergibt sich ein erstes<br />

tiefes Ergebnis und Erlebnis: Es ensteht <strong>von</strong><br />

uns aus mit unsern Mitmenschen Gemeinschaft<br />

und als Zweites oder als Erstes werden wir gewahr,<br />

dass wir frei werden <strong>von</strong> aller Sünde durch<br />

das Blut, das Jesus am Kreuz für uns vergossen<br />

hat. Und dies ist einmal geschehen. Aber es ist


leibende Kraft darin. Wenn wir unter unsern<br />

Sünden geplagt sind, rufen wir unsern Herrn an<br />

und beziehen uns auf sein Blut, dann macht er<br />

uns völlig rein.<br />

Wie dankbar dürfen wir sein, dass unser Herr uns<br />

wie in einem Geniestreich völlig verändert und<br />

tauglich macht fürs tägliche Leben.


28. September<br />

Ich habe sie in deinem Namen, den du mir<br />

gegeben hast, erhalten und habe sie behütet,<br />

und keiner ist <strong>von</strong> ihnen verloren gegangen,<br />

ausser dem Sohn des Verderbens.<br />

(Johannes 17, 12)<br />

Das war ein merkwürdiger alter Mann, der da<br />

zwischen den Zuhörern im Gerichtssaal sass. Jedesmal,<br />

wenn der Angeklagte etwas gefragt wurde,<br />

stand er mit ihm auf, und wenn er sich setzte,<br />

nahm auch er wieder seinen Platz ein. Das ging so<br />

eine ganze Weile, bis es dem Richter auffiel. Der<br />

fragte: „Warum stehen Sie denn dauernd auf?<br />

Bleiben Sie doch sitzen und stören Sie nicht.“ Da<br />

sagte der alte Mann mit etwas zittriger Stimme:<br />

„Ach, Herr Richter, der Angeklagte ist doch mein<br />

Sohn.“ Der Richter sah ihn lange still an und<br />

verstand: Das ist ein alter Mann, der will nichts<br />

weiter, als seinen Sohn spüren lassen, dass er in<br />

der schweren Stunde nicht allein ist. Mag gewesen<br />

sein, was will, der Vater steht zu seinem Kind.<br />

Wenn es menschenmöglich gewesen wäre, hätte<br />

er sicherlich die Schuld auf sich genommen und<br />

wäre für seinen Sohn ins Gefängnis gegangen.<br />

Das was der alte Mann getan hat, ist nur ein<br />

schwaches Bild für das, was Jesus täglich für uns<br />

tut. Er bürgt für uns. Was immer uns trifft, trifft<br />

ihn. Er lässt keinen, der an ihn glaubt, im Stich.<br />

Er stellt sich vor ihn, er hält seine <strong>Hand</strong> darüber.<br />

In dieser Welt, wo der Teufel heiss um uns<br />

kämpft, sind wir nur scheinbar allein. In Wirklichkeit<br />

ist Jesus wie ein Schatten über unserer rechten<br />

<strong>Hand</strong>. Und sollten die Hände, die eine ganze<br />

Welt halten, zu schwach sein, uns zu beschützen?<br />

Kein Zweifel: „Niemand wird sie aus meiner<br />

<strong>Hand</strong> reissen.“


29. September<br />

Sprich nur ein Wort, so wird mein Knecht gesund.<br />

(Lukas 7, 7)<br />

Gewiss war der römische Besatzungsoffizier aus<br />

dem Standort Kapernaum nicht sehr „religiös“. In<br />

Rom kannte man viele Götter. Und man nahm sie<br />

alle nicht mehr ernst. <strong>Aus</strong>serdem: Solch ein Offizier<br />

kam in viele Länder und sah viele Tempel. Da<br />

wird er skeptisch. Es gab wohl nur einen einzigen<br />

Gott, dem der Offizier opferte: das war der römische<br />

Kaiser, der sich zum Gott erklärt hatte.<br />

Nein, „religiös“ war dieser Hauptmann sicher<br />

nicht. Aber er hatte angefangen nach der Wirklichkeit<br />

zu fragen. Und da war er auf den Gott<br />

Jsraels gestossen. Darum war es wohl keine leere<br />

Geste, dass dieser Hauptmann ein Gebetshaus<br />

bauen liess. „Die ‚Schule’ hat er uns erbaut“,<br />

rühmten die Ältesten der Stadt.<br />

Wie maches Mal mag dieser ernste Mann gefragt<br />

haben: „Gott! Wo bist du? Gib dich zu erkennen!“<br />

In dies Fragen hinein hörte er <strong>von</strong> Jesus. Während<br />

rings um ihn die Menschen über Jesus diskutieren,<br />

geht ihm die Erkenntnis auf: „In Jesus ist<br />

der unbekannte Gott zu uns gekommen.“ Der<br />

Hauptmann glaubt: „Gott ist in Christus.“ Mit<br />

dieser Erkenntnis kommt Licht in sein Herz.<br />

Zuhause liegt immer noch der schwerkranke Soldat.<br />

Wegen ihm ist der Hauptmann ja zu Jesus<br />

gegangen. Zuvor musste er aber noch den enormen<br />

inneren Weg gehen. Nun traut der Offizier<br />

dem Herrn Jesu alle Macht zu. Er nimmt ihn bittend<br />

und gehorchend für sich und seinen Knecht<br />

in Anspruch. Darüber freut sich Jesus; denn er ist<br />

gekommen zu helfen. Jesus staunt über solchen<br />

Glauben, den er nicht einmal in Israel gefunden<br />

habe.


30. September<br />

Jesus sagt: Sorget euch nicht um euer Leben,<br />

was ihr essen oder was ihr trinken sollt, noch<br />

um euren Leib, was ihr anziehen sollt!<br />

(Matthäus 6, 25)<br />

In einem baltischen Städtchen waren Mutter und<br />

Tochter dabei, ihre letzte Mittagsmahlzeit - Kartoffelschalen<br />

mit Salz – zum Essen vorzubereiten,<br />

da es ihnen auf keine Weise gelingen wollte, etwas<br />

Essbares zu finden. Die Tochter machte noch einen<br />

Spaziergang durch Wiesen und Gärten, <strong>von</strong><br />

dem sie Frühlingsblumen und Baumblüten nach<br />

Hause brachte. Verwundert sah die Mutter, wie<br />

die Tochter damit den sorfältig gedeckten Esstisch<br />

schmückte. „Wenn Gott uns für unsere letzte<br />

Mahlzeit auch nichts anderes als Kartoffelschalen<br />

bereithält, so schenkt er uns doch diese schönen<br />

Frühlingsblüten, damit wir es uns wenigstens<br />

hübsch machen können und es uns besser<br />

schmeckt.“ Nun setzen sie sich an den Tisch; da<br />

schellt es an der Haustüre. Ein lettischer Bauer<br />

steht vor der Tür. „Kennt Fräulein mich nicht<br />

mehr? Ich bin doch der Karl, dem Ihr Vater vor<br />

vielen Jahren geholfen hat. Es ist schon lange her,<br />

ich habe gar nicht mehr daran gedacht. Aber gestern<br />

überkommt es mich: Wie mag es der Frau<br />

und dem Fräulein in dieser Zeit gehen, in der man<br />

den Deutschen alles wegnimmt. Das hat mir keine<br />

Ruhe gelassen, und heute morgen sag ich meiner<br />

Frau: Ich fahre hin und sehe nach. Ich habe auch<br />

gleich etwas mitgebracht, weil wir gerade geschlachtet<br />

haben.“ – Der Bauer sah sich das Gericht<br />

an, welches die Frauen als ihr letztes essen<br />

wollten, und versprach wiederzukommen. Er hat<br />

Wort gehalten.<br />

Hudson Taylor hat einmal angesichts eines riesigen<br />

Gebetsanliegens über den Glauben geschrie-


en: „Wir brauchen keinen grossen Glauben an<br />

Gott sondern den Glauben an einen grossen<br />

Gott.“<br />

Das sagt ganz deutlich, nicht wir schaffen es mit<br />

dem Glauben, sondern unser Glaube bringt es<br />

nur soweit, dass Gottes Kraft in Aktion tritt. Es<br />

geschehen allerlei Wirkungen und sogar mancherlei<br />

Wunder.<br />

Sorgen ist das Gegenteil <strong>von</strong> Glauben. Es ist<br />

merkwürdig, dass der Mensch sehr oft über negative<br />

Formulierungen angesprochen sein will und<br />

dass dies sogar in der Bibel nachgeformt wird:<br />

„Sorget nicht“, heisst es und nicht positiv: „glaubet,<br />

dass ihr zum Leben alles haben werdet…“<br />

Begreifen wir es in der ersten Form wirklich besser,<br />

weil es uns bei unserem Sorgennerv packt?<br />

Wie es auch sei, wenn wir nur unserem Herrn<br />

glauben und sein Wort endlich wahrhaft verwirklichen<br />

in unserem Leben. Es geht schliesslich um<br />

die Ehre Gottes und seines Heilands Jesus Christus.


1. Oktober<br />

Im Schweiss deines Angesichts sollst du dein<br />

Brot essen, bis dass du wieder zur Erde werdest,<br />

da<strong>von</strong> du genommen bist. Denn du bist<br />

Erde und sollst zu Erde werden.<br />

(1. Mose 3, 19)<br />

Das ist in kurzem die Lebensbeschreibung jedes<br />

Menschen. Der Schweiss des Angesichts ist nicht<br />

nur äusserlich gemeint, sondern auch innerlich.<br />

Wie oft seufzt der Mensch über die Last seines<br />

Lebens, wie wenn er schon spüren würde, dass es<br />

zu Ende geht! Und da darf keine Schwäche uns<br />

übermannen; sondern wenn es auch heisst: „Du<br />

sollst zu Erde werden“, sollen wir denken: Innerhalb<br />

der Erde, in der wir stecken, liegt unser<br />

Geist, liegt unsere Seele, und die darf zu Gott<br />

streben, und Gott nimmt sich ihrer an fürs ewige<br />

Leben. Einstweilen hat auch die Arbeit auf Erden<br />

ihren Segen und ihre Kraft. Denn in allem, was<br />

wir tun, dürfen wir eine Ahnung haben <strong>von</strong> dem,<br />

was wir später tun dürfen im Dienst Gottes.<br />

Denn wenn wir auf Erden Gott dienen, dann dienen<br />

wir ihm auch im Himmel, aber nicht mehr im<br />

Schweiss und Seufzen, sondern in der vollen<br />

Kraft des Lebens, das Gott uns gibt zum Preis<br />

seines Namens.<br />

Herr Gott, wir danken dir, wiewohl wir vergängliche<br />

Menschen sind und unser Leib dahingeht und<br />

wieder zu Erde wird. Wir danken dir für alles, was<br />

wir arbeiten dürfen in deinem Dienst. Stärke unseren<br />

inneren Menschen, dass wir dir danken<br />

können. Und lass uns täglich tun, was unsere<br />

Pflicht ist. Behüte uns immer nach deiner grossen<br />

Barmherzigkeit!


2. Oktober<br />

Es müsse Friede sein inwendig in deinen<br />

Mauern und Glück in deinen Palästen.<br />

(Psalm 122, 7)<br />

Das wird <strong>von</strong> Zion gesagt, dem Ort, wo Gott seine<br />

Kinder sammelt und ein Beispiel gibt, wie gut<br />

man es bei Gott hat, zum Unterschied, wenn<br />

Menschen keinen Frieden haben untereinander.<br />

So soll es auch bei der Christenheit sein. Überall,<br />

wo Kinder Gottes beisammen sind, soll Friede<br />

sein. Man meint oft, es sei unmöglich Frieden zu<br />

halten auf Erden; und doch, man muss nur ein<br />

wenig sich abwenden <strong>von</strong> dem, was einem ungut<br />

entgegen kommt, und sich an das Gute halten.<br />

Denn die Menschen haben doch alle ein Bedürfnis<br />

nach Frieden; und wenn jemand dem andern<br />

etwas entgegenkommt, dann gibt es Verständigung,<br />

ja Frieden und dem folgt das Glück nach in<br />

unserem Herzen und in unserem Leben; wir sind<br />

dann befriedigt auch in äusseren Dingen.<br />

Der Friede Gottes aber, der höher ist als aller<br />

Verstand, kommt <strong>von</strong> Jesus Christus, <strong>von</strong> dem es<br />

heisst:<br />

„Wer will verdammen? Christus ist hier, der gestorben<br />

ist, ja vielmehr, der auch auferweckt ist.“<br />

Vom Tod Christi geht zunächst ein Grauen über<br />

der argen Sündenmacht aus; aber mit der Auferweckung<br />

macht Gott die Sünde zuschanden. Was<br />

habt ihr jetzt da gemacht? Ihr habt geglaubt, ihn<br />

zu töten – aber er ist gerade wieder da; ihr habt<br />

nichts ausrichten können; da ist er wieder! Erst<br />

recht! Erst recht ist er wieder da!


3. Oktober<br />

Darauf sagte er zu ihnen: Gehet hin und verkündigt<br />

das Evangelium der ganzen Schöpfung.<br />

(Markus 16, 15)<br />

Helmut Gollwitzer erzählt: „Als ich am Heiligen<br />

Abend zu der Gefangenenbaracke ging, in der die<br />

Feier, die wir mit den katholischen Brüdern zusammen<br />

hielten, stattfinden sollte, lehnte ein junger<br />

Schwabe an einer Mauer. Ich hörte ihn im<br />

Vorbeigehen zu dem, der neben ihm stand, in einem<br />

<strong>Aus</strong>bruch des Stöhnens sagen: ‚ Es ist ja alles<br />

so sinnlos, so sinnlos!’ Ach, er hatte ja so recht,<br />

dass alles, alles hier so sinnlos war. Aber durch die<br />

‚rettende Stunde’, in der ewiges Leben sich mit<br />

unserer Armut verband, wird doch alles sinnvoll.<br />

Warum ging ich bloss vorbei und liess ihn dort in<br />

<strong>seiner</strong> Verzweiflung an der Wand lehnen, statt ihn<br />

mit zu nehmen zu unserer Feier, zu der zu gehen<br />

er selbst offenbar nicht den Entschluss fassen<br />

konnte? Wenn ich heute daran denke, weiss ich,<br />

dass hier unsere grösste Schuld liegt: Im Geniessen<br />

des Evangeliums, statt es weiterzugeben.“<br />

In einer provozierenden Rede vor Christen stellte<br />

einstmals ein Führer die Prinzipien des Kommunismus<br />

vor und behauptete gleichzeitig, das Christentum<br />

sei stärker als der Kommunismus. „Aber<br />

ihr habt Angst, eure Hände schmutzig zu machen.“<br />

Hat jener Mann den Mund zu voll genommen?<br />

Die Christen sind nicht hingegangen, wo Weltanschuungen<br />

überhand nahmen. „Lieber das Evangelium<br />

geniessen, statt es weiterzugeben.“ Sollte<br />

denn wirklich eine abstrakte Idee stärker sein als<br />

ein lebendiger Herr?


4. Oktober<br />

Was du, Herr, segnest, das ist gesegnet ewiglich.<br />

(1.Chronik 17, 27)<br />

Was Gott gegeben hat, das darf bleiben. Die äussern<br />

Umstände ändern sich vielleicht; aber das<br />

Innerliche, die Gabe Gottes, bleibt. Gott lässt sich<br />

seine Gaben und Berufungen nicht gereuen. Und<br />

schliesslich siegt der Segen Gottes. Das Unglück<br />

legt sich drum herum; manches wird vielleicht zur<br />

Trübsal; aber der Segen bleibt. Er bleibt dem<br />

Menschen und dem Volke, das einmal gesegnet<br />

ist. Einmal aber soll er über alle Welt kommen<br />

durch den Heiland, der spricht:<br />

Ich habe noch andere Schafe, die sind nicht aus diesem<br />

Stalle; und dieselben muss ich herführen, und sie werden<br />

meine Stimme hören, und es wird eine Herde und ein Hirte<br />

werden. (Joh. 10,16)<br />

Der Herr Jesus sieht über die ganze Welt hin: Sie<br />

sind alle in Ställe eingeteilt: Die Schwarzen, die<br />

Weissen, die Gelben, die Gebildeten und die Ungebildeten;<br />

sie machen sich ihre Stallungen, und<br />

werden dort <strong>von</strong> dem Geist beherrscht, der in<br />

diesen Stallungen waltet. Und da muss der Heiland<br />

nun überall hineindringen. Denn er ist der<br />

Herr, der Hirt. So soll schliesslich eine Herde<br />

werden, unter einem Hirten. Und das ist eine<br />

grosse Arbeit. Der Heiland ist der ewigliche Herr,<br />

auf Erden wie im Himmel. Darauf schauen wir<br />

auch heute, wo soviel Uneinigkeit und Streit ist<br />

unter den Völkern. Endlich wird doch e i n Herr<br />

sein, e i n e Herde unter e i n e m Hirten.<br />

Lieber Vater im Himmel, lass den Heiland Sieger<br />

sein überall, und schaffe Vereinigung und Frieden,<br />

wie wir es uns nicht vorstellen können, wie<br />

es aber deine Allmacht vermag.


5. Oktober<br />

Lobet den Herrn, alle seine Heerscharen, seine<br />

Diener, die ihr seinen Willen tut.<br />

(Psalm 103, 21)<br />

Ich möchte es einmal hören, wenn alle die Heerscharen<br />

zusammen singen: „Ehre sei Gott in der<br />

Höhe und Friede auf Erden und den Menschen<br />

ein Wohlgefallen!“ – den bösen, sündigen Menschen!<br />

Sie sollen aber doch noch in den Willen<br />

Gottes kommen; denn Gott hat viele Diener, und<br />

die werden seinen Willen ausrichten. Zu seinen<br />

Dienern wollen auch wir gehören auf Erden.<br />

Auch auf Erden ist eine Heerschar, zerstreut, versteckt,<br />

vielleicht auch verkümmert; aber seine<br />

Diener sind noch da.<br />

Diese Heerscharen brauchen keine äusserliche<br />

Kraft, wenn nur der gute Wille da ist und das reine<br />

Herz, Gott zu dienen. Das können wir auch<br />

vollbringen. Und dann können wir loben. Denn<br />

wir müssen Gottes Diener sein, wenn wir loben<br />

wollen. Wenn wir es nur mit dem Mund tun, so<br />

hört es Gott nicht. Ich glaube, er hat vor allem<br />

Ohren für unsere Herzen und weniger für unseren<br />

Mund. Was aus unserem tiefsten Herzen<br />

kommt an Loben, das dringt in den Himmel und<br />

vereinigt sich mit dem Loben der Heerscharen<br />

dort, so dass es ein Lob gibt, auf Erden wie im<br />

Himmel. Darum heisst es:<br />

Singet und spielet dem Herrn in euren Herzen.<br />

Nicht bloss äusserlich wollen wir singen: „Lobe<br />

den Herren, o meine Seele“; sondern innerlich<br />

soll das Herz froh sein. Das ist unser Glück;<br />

nichts macht auch uns auf Erden glücklicher, als<br />

wenn das Herz fröhlich und glücklich ist.


6. Oktober<br />

Die Weissagung wird ja noch erfüllt werden<br />

zu ihrer Zeit. Wenn sie sich auch hinzieht, so<br />

harre ihrer. (Habakuk 2, 3)<br />

Weissagungen haben zu Zeiten im biblischen<br />

Volke überragende Bedeutung eingenommen. Die<br />

damals gläubigen Menschen haben direkt <strong>von</strong><br />

Weissagungen und der Hoffnung auf deren Erfüllung,<br />

gelebt. Aber auch sie lernten warten, harren<br />

und die Zeit Gott zu überlassen. Eine Weissagung<br />

stellt etwas in <strong>Aus</strong>sicht, weniger materieller Art als<br />

Ankündigung geistlicher Geschehnisse. So ist es<br />

hier passiert, dass auf Habakuk Matthäus folgt:<br />

Was wird das Zeichen sein für dein Kommen und für das<br />

Ende der Welt? Jesus aber antwortete: Sehet zu, dass euch<br />

niemand verführe. (Matth.24,3-4)<br />

Jesus hat an anderer Stelle ausführlich geantwortet,<br />

dass viele in seinem Namen kommen werden<br />

und seine Autorität in Anspruch nehmen –sie<br />

werden sich Christusse nennen und viele verführen.<br />

Darum diese kapitale Warnung vor der Verführung.<br />

Überraschend ist der Angriff Jesu, weil<br />

nicht einmal seine Jünger offenbar gesichert sind<br />

vor dieser Verführung. Das lässt aufhorchen.<br />

Darum heisst es: Wachet und betet, dass ihr nicht<br />

in Versuchung fallet. Die kurze Antwort an unserer<br />

Stelle zeigt deutlich wie die Prioritäten sind:<br />

Nicht wann der Herr kommt oder unter welchem<br />

Zeichen ist das Massgebende, das wir vor allem<br />

anderen wissen müssen, sondern dass er ganz gewiss<br />

kommt und uns niemand fehl leiten kann, zu<br />

ihm zu gelangen, wenn wir es nicht zulassen, dass<br />

man uns verführt.<br />

Breite segnend deine Hände über Mensch und<br />

Erde aus. Die noch wandern ohne Ende, bring sie<br />

alle gut nach Haus.


7. Oktober<br />

Ich rede <strong>von</strong> allen deinen <strong>Werke</strong>n, o Gott,<br />

und sage <strong>von</strong> deinem Tun. (Psalm 77, 13)<br />

Wenn man recht aufpasst, so weiss man immer<br />

etwas <strong>von</strong> den <strong>Werke</strong>n Gottes zu erzählen. Sie<br />

geschehen um uns herum, in unsern Herzen, bei<br />

unsern Nebenmenschen. Wenn man aber nicht<br />

aufpasst, so merkt man nichts, wie beim Heiland<br />

viele nichts merkten vom Tun Gottes. Wir wollen<br />

die Augen und die Ohren aufmachen; und sobald<br />

wir etwas merken <strong>von</strong> einem Gotteswerk, so wollen<br />

wir es bereden in unsern Herzen und dabei<br />

bleiben. Wer auf andere Sachen sieht, auf die Widerwärtigkeiten<br />

dieser Welt, der redet auch in seinem<br />

Herzen, aber murrend und klagend wie die<br />

Kinder Israel in der Wüste; das Murren hat ihnen<br />

Gott damals am meisten übelgenommen. – Wir<br />

aber sagen:<br />

Gelobet sei Gott und der Vater unsres Herrn Jesus<br />

Christus, der uns nach <strong>seiner</strong> grossen Barmherzigkeit<br />

wiedergeboren hat zu einer lebendigen<br />

Hoffnung durch die Auferstehung Jesu Christi<br />

<strong>von</strong> den Toten. (1. Petrus 1, 3)<br />

Das ist freilich das grösste Werk Gottes und das<br />

grösste Tun: die Auferstehung Jesu Christi <strong>von</strong><br />

den Toten und die daraus erfolgende lebendige<br />

Hoffnung in unseren Herzen. Sobald dies Leben<br />

Jesu Christi in uns wahrhaftig wird, so ist auch das<br />

grösste Werk Gottes in uns geschehen, und wir<br />

können gewisslich sagen: „Gelobt sei Gott und<br />

der Vater unseres Herrn Jesu Christi, der uns wiedergeboren<br />

hat zu einer lebendigen Hoffnung!“<br />

Alles hat dann ein anderes Gesicht, und wir können<br />

reden <strong>von</strong> den <strong>Werke</strong>n Gottes und <strong>von</strong> seinem<br />

Tun.


8. Oktober<br />

Werfet eure Zuversicht nicht weg, die eine<br />

grosse Belohnung hat! (Hebräerbrief 10, 35)<br />

„Gott versagt nie“, das war der unerschütterliche<br />

Glaube Hudson Taylors. Gleich bei <strong>seiner</strong> ersten<br />

<strong>Aus</strong>reise <strong>von</strong> England nach China kam sein Segelschiff<br />

12 Tage in einen so schweren Sturm, dass<br />

der Kapitän das Schiff verloren gab. Aber gerade<br />

an gefährlichster Stelle schlug der Wind um und<br />

es gelang ihnen, aus der Bucht herauszukommen.<br />

„Hätte der Herr uns nicht geholfen, so wären alle<br />

Anstrengungen vergeblich gewesen“ schrieb Taylor<br />

in einem Briefe. – Als das Schiff nach dreizehnwöchiger<br />

Fahrt an der Küste Neuguineas<br />

kreuzte, wurde es durch eine schnelle Strömung<br />

unsichtbaren Riffen entgegen getrieben. Kein<br />

Lüftchen wollte die Segel schwellen. Der Kapitän<br />

sagte zu Taylor: „Nun haben wir alles getan, was<br />

in unserer Macht stand. Wir können jetzt nur den<br />

<strong>Aus</strong>gang abwarten.“ Da antwortete jener: „Nein,<br />

wir haben noch nicht alles getan!“ und ging in<br />

seine Kabine um zu beten, dass Gott ihnen günstigen<br />

Wind schicken möge. Nach kurzer Zeit kam<br />

er an Deck mit der Gewissheit im Herzen, dass<br />

sein Gebet erhört sei. Und richtig, während er nur<br />

mit Mühe den ersten Offizier überreden konnte,<br />

die Hauptsegel zu setzen, kam schon der Wind,<br />

und das Schiff war gerettet.<br />

So begeisternd diese Beispiele auch zu lesen sind,<br />

so niederschmetternd waren doch die Gefahren,<br />

in der die Schiffsmannschaft mit den Reisenden<br />

sich befanden. Aber die grösste Gefahr kam jeweils<br />

<strong>von</strong> den Menschen, die schon alles verloren<br />

gaben – nur der eine, Hudson Taylor warf seine<br />

Zuversicht nicht weg – einer für alle. Gott belohnte<br />

dies mit seinen Gebetserhörungen aufs<br />

kräftigste. Dies war der Anfang <strong>von</strong> Kampf und<br />

Sieg im Leben Taylors und <strong>seiner</strong> China-Mission.


9. Oktober<br />

Wir alle gingen in der Irre wie Schafe; ein jeglicher<br />

sah auf seinen Weg; aber der Herr warf<br />

unser aller Sünde auf ihn. (Jesaja 53, 6)<br />

Wenn man die Menschen ganz frei anschaut, so<br />

sieht man sie heute noch wie irregehen. Sie laufen<br />

durcheinander herum, treiben dies und jenes,<br />

kommen ins Unglück, aber machen doch fort und<br />

fort, immer auf ihren eigenen Sinn bestehend, bis<br />

sie verzweifeln. Man hat gesehen, wie unglücklich<br />

die Wege der Menschen sind; aber trotzdem gehen<br />

sie sie immer wieder und bringen sich und<br />

andere in Not und Trübsal durch die Sünde. Aber<br />

der Herr hat die Sünde der Menschen auf seinen<br />

Sohn, auf seinen Knecht Jesus Christus gelegt.<br />

Und darum muss diese Irrung, diese Sünde einmal<br />

aufhören; denn sonst wäre der Tod Jesu Christi<br />

geschändet. Darum dürfen wir Hoffnung haben;<br />

Gott bringt uns auch wieder auf den rechten Weg,<br />

weil unsere Sünde auf den Heiland gelegt ist und<br />

er die Versöhnung predigt, damit aller Sünde ein<br />

Ende gemacht werde. Er ist das Lamm Gottes,<br />

<strong>von</strong> dem es heisst:<br />

Das Lamm, das mitten vor dem Throne steht, wird die<br />

Schar der Märtyrer weiden und sie zu den Wasserquellen<br />

des ewigen Lebens leiten und Gott wird alle Tränen abwischen<br />

<strong>von</strong> ihren Augen. (Offbg. 7,17)<br />

Dann werden nicht mehr der eigene Sinn und der<br />

Geiz und alle Selbstsucht siegen, sondern nur<br />

noch das Leben. Was dient dem Leben? wird man<br />

fragen. Heute fragt man, obwohl man dabei<br />

zugrunde geht: Was dient der Pracht und der Eitelkeit?<br />

Dann aber wird man fragen: Was dient<br />

dem Leben? Alles, was die Menschen tun, ihr Leben<br />

noch einzuschätzen um Gottes Willen, das<br />

bringt Segen. Und es wird gewiss einmal offenbar<br />

werden, dass das Leben im Sinne Jesu Christi das<br />

wichtigste ist, nicht der Ruhm im Leben, nicht die


Eitelkeit und die Sünde, sondern das Leben selbst.<br />

Es mag dann offenbar werden, dass manches Leben<br />

in grosser irdischer Bedrängnis gelebt worden<br />

ist, aber Christus, das Lamm nimmt sich jetzt ihrer<br />

besonders an.


10. Oktober<br />

Ich bin gekommen, die Sünder zur Busse zu<br />

rufen und nicht die Gerechten.<br />

(Matthäus 9, 13)<br />

Der Begriff „Sünde“ im Neuen Testament kann<br />

man leicht der Soldatensprache zuordnen. Der<br />

Soldat, der sich im Waffengebrauch übt, muss<br />

immer wieder das Zielen lernen. Wenn er mit <strong>seiner</strong><br />

Schusswaffe das Ziel anvisiert, schiesst und<br />

das Geschoss neben dem Ziel einschlägt, dann<br />

war es eine Zielverfehlung oder „Sünde“. Hier ist<br />

der Ursprung des <strong>Aus</strong>rucks zu suchen. Sünde ist<br />

also Zielverfehlung. Das Ziel meines Lebens, auf<br />

das ich angelegt bin, ist Gott. Wenn ich <strong>von</strong> dieser<br />

Zielrichtung abweiche, lebe ich in der Zielverfehlung.<br />

Ich kann mich auf diesem Weg durchaus<br />

als anständiger Mensch benehmen, edel und hilfreich<br />

sein, gute <strong>Werke</strong> in Hülle und Fülle tun und<br />

bin doch auf dem Weg der Sünde.<br />

Ein Sünder ist also ein Mensch, der sein Ziel verfehlt,<br />

der am Ziel vorbeilebt. Und Jesus ist gekommen,<br />

die Sünder zur Busse zu rufen, die Sünder<br />

auf ihre „Zielverfehlung“ aufmerksam zu machen.<br />

Wer bis dahin ins ‚Blaue’ hineingelebt hat,<br />

wird seine Richtungsbestimmung ändern müssen.<br />

Sünde hat also zunächst nichts mit Anständigkeit<br />

zu tun, mit Moral und aufrechter Gesinnung. Sie<br />

hat etwas mit unserem Ziel zu tun. Dieses Ziel ist<br />

Gott. Wir kommen <strong>von</strong> ihm her und gehen zu<br />

ihm hin. Wer vom Wege abgekommen ist, den<br />

ruft er zur Busse, zur Richtungsänderung.


11. Oktober<br />

Ich bin gekommen, um Menschen – zur Busse<br />

– in die Gemeinschaft mit Gott zu rufen,<br />

die ohne ihn leben; und nicht solche, die sich<br />

sowieso an seine Gebote halten. (Matthäus 9,<br />

13)<br />

Ein starkes Beispiel: Geistgewirkte Busse.<br />

Nach ihrer Bekehrung kam über die Ärztin Minna<br />

Popken wie ein Gewittersturm eine Selbsterkenntnis.<br />

Sie erzählt da<strong>von</strong>: „Wie <strong>von</strong> einem<br />

blendenden Scheinwerfer beleuchtet, stand mein<br />

ganzes früheres Leben vor meinem inneren Auge.<br />

In göttlichem Licht sah ich zum erstenmal mich<br />

selbst in meiner Sündhaftigkeit und Hässlichkeit.<br />

Das war so überraschend und furchtbar, dass es<br />

mich zu Boden warf. Ich war nicht ausgeglitten<br />

oder auf die Knie gefallen, sondern einfach umgeworfen,<br />

wie <strong>von</strong> einer Macht ausser mir, und<br />

ich wusste sofort: ‚Es ist der Herr!’ Und deutlich<br />

hörte ich seine Stimme. Geschah sie in mir oder<br />

ausser mir? Ich weiss es nicht. Und sie sprach:<br />

‚Schuld, Sünde, Unrecht dein ganzes voriges Leben!’<br />

Wie aus allen Winkeln des Zimmers rief es<br />

mir zu: ‚Schuld, Schuld!’ O wie furchtbar, wie erschütternd<br />

war das für ein Menschenkind, das<br />

sich so lange für gut und edel gehalten hatte. –<br />

Wie vielen Menschen hatte ich wohl unrecht getan,<br />

wie vielen geschadet – und alle führten sie<br />

Klage wider mich. Es war mir, als würde ich in die<br />

Hölle geworfen, und ich wehrte mich nicht dagegen,<br />

sondern wusste, dahin gehörst du! O Sündennot,<br />

o tiefstes Herzeleid, nichts ist dir gleich<br />

an menschlicher Qual! Und dennoch: In all dieser<br />

Pein wusste ich mich irgendwie festgehalten, und<br />

ganz tief drinnen war ein kleines, verborgenes<br />

Leuchten meines Geistes, ein schwaches <strong>Hand</strong>ausstrecken<br />

nach oben, indes ich stöhnte und litt<br />

– das war Busse, echte, geistgewirkte Busse. Ich


erlebte sie jetzt zum erstenmal – wie eine schwere<br />

Flutwelle fuhr sie über mich hin. Wie lange es<br />

dauerte, weiss ich nicht. Dann kam eine <strong>Hand</strong><br />

und ‚zog mich aus der grausigen Grube und stellte<br />

meine Füsse auf einen Fels, dass ich gewiss treten<br />

konnte’. Nun verstand und erlebte ich die Busspsalmen<br />

Davids. Erst jetzt aber wurde mir ganz<br />

entschieden Jesus Christus als Heiland der Sünder<br />

offenbart.“


12. Oktober<br />

Gott rüstet mich mit Kraft und macht meine<br />

Wege ohne Tadel. (Psalm 18, 33)<br />

Kraft sollen wir haben als Kinder Gottes, als Verkündiger<br />

des Evangeliums, das nicht bloss ein<br />

Wort aus den Gedanken der Menschen heraus,<br />

sondern aus der Kraft Gottes ist. Das soll die<br />

Macht Gottes sein auf Erden in den Menschen:<br />

Wie das Böse im Menschen Kraft hat, ganz still<br />

wirkt und schafft und um sich greift, so soll Gottes<br />

Kraft noch grösser werden und das Böse besiegen<br />

und auch die Wege ohne Tadel machen<br />

und Licht geben. Und wer im Licht wandelt,<br />

stösst sich nicht. Das Licht der Welt aber ist Jesus<br />

Christus, <strong>von</strong> dem es heisst:<br />

Er hat sich selbst für uns gegeben, auf dass er uns erlöste<br />

<strong>von</strong> aller Ungerechtigkeit und reinigte ihm selbst ein Volk<br />

zum Eigentum, das fleissig wäre zu guten <strong>Werke</strong>n. (Titus<br />

2, 14)<br />

Ein Volk will Gott haben; und dieses Volk soll<br />

immer denken: Ich bin das Eigentum Gottes. Es<br />

soll fleissig sein in allen Dingen, dass gute <strong>Werke</strong><br />

in aller <strong>seiner</strong> Arbeit herauskommen. Gott hat es<br />

so eingerichtet; die Menschen dürfen fleissig sein,<br />

und schliesslich kommen gute <strong>Werke</strong> heraus. Der<br />

Bauer darf gute <strong>Werke</strong> tun, auch der <strong>Hand</strong>werker;<br />

und alle Menschen, die fleissig sind, tun gute<br />

<strong>Werke</strong>. Und wenn alles <strong>von</strong> Ungerechtigkeit befreit<br />

ist und in diese guten <strong>Werke</strong> nicht der Satan<br />

hineinfährt, dann bleibt ein Volk übrig, das Kraft<br />

hat und Stärke, Gott Bahn zu machen, damit die<br />

Erlösung komme über alle Welt und alle Menschen.


13. Oktober<br />

Der Herr wird seinen Engel vor dir her senden.<br />

(1. Mose 24, 7)<br />

Gott hat Engel, und die sendet er aus für diejenigen,<br />

die ihm dienen wollen. Und in allen Dingen<br />

dürfen wir denken: Ein Engel geht vor uns her,<br />

wenn wir treu sind. Es ist eine grosse Barmherzigkeit<br />

und ein grosser Trost, denken zu dürfen:<br />

Es sind viele Engel ausgesandt. Beim Heiland hat<br />

es geheissen: Die Engel kamen zu ihm nieder und<br />

stiegen wieder auf zu Gott und er ist ganz umgeben<br />

<strong>von</strong> solchen Kräften Gottes. Es gibt ganze<br />

Völker Gottes, die im Himmel sind; und sie sind<br />

seine Diener und gehen aus in die Welt. Für jeden<br />

sind die Engel bereit; und die Kinder, auch die<br />

Menschen, die kindlich sind, haben ihre Engel.<br />

Daran müssen wir denken, wenn wir Menschen<br />

begegnen und mit Menschen verkehren: Wer<br />

weiss, was für Engel es sehen und hören und sie<br />

tragen es hinauf zu Gott.<br />

Der Heiland aber sagt bei <strong>seiner</strong> Himmelfahrt zu<br />

seinen Jüngern:<br />

Ihr werdet die Kraft des Heiligen Geistes empfangen, welcher<br />

auf euch kommen wird, und werdet meine Zeugen sein<br />

bis an das Ende der Erde.<br />

(Apostelgesch. 1,8)<br />

Also nicht nur Engel haben wir, die uns umgeben,<br />

sondern in uns haben wir etwas <strong>von</strong> Gott zu erwarten,<br />

wenn wir ihm dienen wollen – den Heiligen<br />

Geist. So können wir voll Freude und voll<br />

Trost sein über dem, was Gott an uns tut, heute<br />

schon, in allerlei Trübsalszeiten. Wir haben einen<br />

Heiland im Himmel, wir haben Engel Gottes, wir<br />

haben den Heiligen Geist und können fest und<br />

treu stehen; bis ans Ende der Erde dürfen wir<br />

Menschen getrost sein. Überall können Jünger<br />

Jesu Zeugen sein unseres Vaters im Himmel.


„Jesus ist der Siegesheld, der all seine Feind besieget.<br />

Jesus ist’s, dem alle Welt bald zu seinen Füssen<br />

lieget. Jesus ist’s, der kommt mit Pracht und<br />

zum Licht führt aus der Nacht.“


14. Oktober<br />

Siehe, ich komme wie ein Dieb…<br />

(Offenbarung 16, 15)<br />

„Ich glaube, wir Menschen <strong>von</strong> heute sind deshalb<br />

solche Sicherheitsfanatiker, solche blindwütigen<br />

Scheinrealisten, weil wir nicht mehr begreifen,<br />

dass dies das Entscheidende ist: mit Gott ins Reine<br />

zu kommen und das Gebet an den Anfang unserer<br />

Arbeit zu stellen. Weil wir das verlernt haben,<br />

darum leben wir in dem Wahn, alles selbst<br />

machen zu müssen. Wir denken: Zuerst muss ich<br />

meine beruflichen Dinge ordnen, muss ich mein<br />

Geschäft auf eine solide Basis stellen, muss ich<br />

gerade noch dieses Examen bestehen oder jene<br />

Hürde in meiner Laufbahn noch nehmen. Zuerst<br />

muss ich mich in dem äusseren Bezirk meines<br />

Lebens abstrampeln – und dann erst, wenn ich<br />

das alles hinter mir habe, kann ich mir erlauben,<br />

auch an den inneren Komfort des Lebens zu denken;<br />

dann habe ich Zeit, zur Seelenpflege überzugehen<br />

und meinen inneren Menschen ein bisschen<br />

zu kultivieren.“ (Helmut Thielicke)<br />

Der innere Komfort ist wichtiger als der äussere.<br />

Was nützen mir alle Erfolge, was nützt mir alles<br />

Geld, wenn mich morgen der Herzinfarkt dahinstreckt?<br />

„Ich komme wie ein Dieb“ und ich<br />

komme wie ich will, sagt Jesus. Und Diebe kommen<br />

bekanntlich dann, wenn wir am wenigsten<br />

wachen und bereit sind. Sie „überfallen“ uns;<br />

plötzlich und unerwartet. So steht es auch oft in<br />

den Todesanzeigen. Doch auch Paulus hat teils<br />

warnend, teils frohgemut festgestellt: „Der Herr<br />

ist nahe“ Nahe ist er uns täglich, dass wir den<br />

Weg finden; nahe ist er aber auch in <strong>seiner</strong> Wiederkunft<br />

zur völligen Errichtung des Reiches Gottes.<br />

Wie stellen wir uns dazu? Macht es uns Freude,<br />

das Kommen des Herrn zu erwarten?


15. Oktober<br />

Siehe, ich stehe vor der Tür und klopfe an. So<br />

jemand meine Stimme hört und die Tür auftut,<br />

zu dem werde ich eingehen.<br />

(Offenbarung 3, 20)<br />

Im Krankenhaus wird ein todkranker Patient eingeliefert.<br />

Die Träger befördern ihn sofort in den<br />

Operationssaal. Einige Ärzte stehen mit dem<br />

Chefarzt um den Kranken. Nach kurzer Untersuchung<br />

kommen sie überein, es muss sofort operiert<br />

werden. Alles wird vorbereitet. Die Ärzte<br />

waschen ihre Hände, die Schwestern legen das<br />

Besteck zurecht. Nur eines fehlt noch, die Zustimmung<br />

des Patienten. Ohne sie kann nicht<br />

operiert werden. Der Todkranke sieht aber nur<br />

eine Rettung, er muss sich dem Chirurgen anvertrauen.<br />

Und er kommt durch. Was hat die Rettung<br />

ermöglicht? Sein eigener Entschluss, der<br />

dem Arzt den Zugang verschaffte, die Operation<br />

durchzuführen. Niemand kann sich selber die<br />

Krankheit aus den eigenen Gliedern schneiden.<br />

So ist es mit der Sünde. Niemand kann die Sünde<br />

selber aus seinem eigenen Leben herausoperieren.<br />

Aber es genügt der aufrichtige Wink an den ‚Chirurgen’.<br />

Es genügt, Jesus hineinzulassen in unser<br />

Leben und er nimmt die rettende ‚Operation’ vor.<br />

Nicht unser Tun, unsere Innerlichkeit, unser intensives<br />

Beten und unser Glaube retten uns, sondern<br />

die Tatsache, dass Jesus zu uns eingeht mit<br />

<strong>seiner</strong> Gnade und <strong>seiner</strong> Gabe. Uns bleibt nur,<br />

auf das Klopfen und die Stimme zu hören, die<br />

Türe zu öffnen und Jesus wirken zu lassen.


16. Oktober<br />

Denn wo Eifer und Zanksucht ist, da ist Zerrüttung<br />

und alles schlechte Wesen.<br />

(Jakobusbrief 3, 16)<br />

Peter Howard berichtet über die <strong>Aus</strong>wirkung seines<br />

gottgeführten Lebens auf seine Bürotätigkeit:<br />

„Wenn ich beim Frühstück eine <strong>Aus</strong>einandersetzung<br />

hatte, war meine ganze Abteilung gegen Mittag<br />

in Aufregung. Und anderseits, wenn der<br />

Hausherrr morgens zu Hause einen Zornausbruch<br />

hat, sind gegen Mittag 2000 Fabrikarbeiter<br />

erbittert und brennen innerlich vor Wut. Der<br />

Mann, der zu Hause beim Fortgehen die Tür zuschlägt,<br />

wird auch gewöhnlich derjenige sein, der<br />

bei Verhandlungen am Konferenztisch die Tür<br />

zuschlägt. Der Mann, der sich niemals bei <strong>seiner</strong><br />

Frau oder seinen Kindern entschuldigt, wird nie<br />

einen toten Punkt im Wirtschaftsleben überwinden<br />

können. Ich fand, dass die Entschuldigung im<br />

Familienleben der Höhenweg zu einem ehrlichen<br />

Frieden ist. Meine erste Entschuldigung im Büro<br />

hatte eine Explosivwirkung. Meine Beziehungen<br />

im Büro wurden hierdurch ganz neu. Meine Arbeitsleistung<br />

besserte sich, weil mein Urteil nicht<br />

mehr durch meine Gefühle getrübt wurde. Ich<br />

wurde zu einem ruhenden Pol, anstatt zum <strong>Aus</strong>gangspunkt<br />

eines Sturmes.“<br />

Wir erkennen die einfache Wahrheit, dass ein<br />

Mensch, der ein glückliches Heim hat, sein Bestes<br />

im Beruf, im Verein oder in der Politik geben<br />

kann.


17. Oktober<br />

Es ist dir gesagt o Mensch, was gut ist und<br />

was der Herr <strong>von</strong> dir fordert, nämlich Gottes<br />

Wort halten und Liebe üben und demütig<br />

sein vor deinem Gott. (Micha 6, 8)<br />

In einer Mischung <strong>von</strong> Feindschaft und Spott<br />

fragte ein Ungläubiger einen Jesus-Jünger: „Sie<br />

wollen wohl besser sein als andere?!“ Der antwortete:<br />

„Besser nicht! Aber anders!“<br />

Dieses Anderssein wird in unserem kurzen Bibelwort<br />

angesprochen. Es kann in einem Christenleben<br />

nicht darum gehen zu tun und gut zu finden,<br />

was unserer Vorstellung entspricht, auch nicht,<br />

was der anderer Menschen entspricht. Von Grund<br />

auf ist uns gesagt, was gut ist und was der Herr<br />

<strong>von</strong> uns fordert. Er ist es, der die Weisung erteilt<br />

und die Marksteine für unser Verhalten setzt. Es<br />

ist nicht einfach das Bessere, aber das Andere, das<br />

zum Ziel führt. Es ist das Wegweisende auf einem<br />

schmalen Weg, der Verheissung hat. Auf diesem<br />

Weg will auch die Liebe mitkommen. Von diesem<br />

Weg aus wird die Liebe wie frische Blumen gestreut.<br />

Sie erquickt so manches bedrängte Herz<br />

und haucht neuen Atem ein. Sie bildet sich nichts<br />

ein, macht sich nicht gross, wirft sich nicht in Position,<br />

sondern bückt sich in Demut vor Gott, der<br />

die Demütigen an sein Herz zieht. „Leben ohne<br />

Glauben wäre einfacher“ sagte ein Bischof. Vielleicht<br />

hat er recht. Der Glaube ist unsere Sache<br />

und gewiss kein Fliegengewicht. Doch die Frucht<br />

des Glaubens müssten wir ohne Glauben entbehren.<br />

Welches Schwergewicht das aber ist, weiss<br />

nur, wer es wagt, das schwerere Leben mit dem<br />

Glauben zu leben. Unterdessen sind wir noch<br />

einmal nicht besser geworden, aber in einem fort<br />

anders, der Vollendung entgegen.


18. Oktober<br />

Den Feinden entfiel der Mut; denn sie merkten,<br />

dass das Werk <strong>von</strong> Gott war.<br />

(Nehemia 6, 16)<br />

Das war zur Zeit der Rückkehr Israels aus Babylonien<br />

ins Land Kanaan. Da hat es auch viel<br />

Kampf gegeben, wie wir Menschen immer Kampf<br />

haben und viel ausstehen müssen, bis endlich das<br />

Reich Gottes in <strong>seiner</strong> Vollendung kommt. Dann<br />

aber werden die Menschen merken, dass das<br />

Werk <strong>von</strong> Gott ist. Vorher wird auf Erden nicht<br />

Friede, und wir müssen auch im einzelnen allerlei<br />

Trübsal erleben. Denn der Feind ist nicht nur ein<br />

äusserlicher; es ist des Satans Macht, die den<br />

Menschen quält und dem Menschen zusetzt. Aber<br />

wir haben den Heiland Jesus Christus, den Herrn;<br />

der wird der Sieger sein und wird das Werk Gottes<br />

auf Erden voranbringen, dass endlich das<br />

grosse Heil kommt, der Tag Gottes, an dem alle<br />

Welt sagen muss: Jesus Christus ist der Herr, zur<br />

Ehre Gottes des Vaters! So wollen wir aushalten<br />

und in Hoffnung und Glauben leben. Und wenn<br />

es lange währt, hat Gott doch allein das Recht auf<br />

Erden. Dafür arbeitet er durch seinen Geist;<br />

denn: Der Herr ist der Geist; wo aber der Geist<br />

des Herrn ist, da ist Freiheit. – Das ist die rechte<br />

Freiheit: neben aller Krankheit und allem Übel<br />

Gott dienen zu können. Wer innerlich frei ist, der<br />

dient Gott mit Freudigkeit auch in seinem Elend.<br />

Er sendet uns den Heiligen Geist, durch den wir<br />

überwinden können. Das werden die Mitmenschen<br />

wahrnehmen, dass dieses Werk <strong>von</strong> Gott<br />

ist. Dann wird Friede sein auf Erden.


19. Oktober<br />

Wenn aber der Tröster kommen wird, welchen<br />

ich euch senden werde vom Vater, der<br />

Geist der Wahrheit, der vom Vater ausgeht,<br />

der wird zeugen <strong>von</strong> mir. (Johannes 15, 26)<br />

Der Geist der Wahrheit bringt einen scharfen<br />

Wind in die Christenheit und in die Welt, und das<br />

können die Menschen nicht leiden. Darum ist<br />

auch im Anfang, da das Evangelium verkündigt<br />

wurde, der Kampf so heftig gewesen. Es hat sich<br />

gezeigt, dass die Welt lieber sich der grössten<br />

Torheit hingibt, als dass sie die Wahrheit annimmt.<br />

Die Welt will tun, was sie will; und die<br />

Menschen wollen tun, was ihnen beliebt. Und<br />

wenn ihnen dagegen geredet wird, so werden sie<br />

böse, und es kommt zur Tötung der Jünger Jesu<br />

wie damals in der Apostelzeit und immer wieder<br />

bis in unsere Gegenwart. Jeder Mensch muss<br />

durch einen Kampf gehen, wenn er der Wahrheit<br />

folgen will. Jeder Mensch hat es zu tun mit irgendeinem<br />

Satan, der in ihm selber wüten und<br />

vernichten will. Und jeder Mensch kommt in die<br />

Gefahr, zu denken, er tue Gott einen Dienst,<br />

wenn er nur brav seinen eigenen Willen tut. Darum<br />

heisst es immer wieder in der Schrift: Verleugne<br />

dich; stehe ein für die Wahrheit, wenn sie<br />

erscheint um zu strafen und alles mögliche für<br />

Unrecht erklärt, was die Welt vorher für gut und<br />

recht gehalten hat!<br />

So kommt das Reich Gottes durch Kampf, durch<br />

Anfechtungen, durch Verfolgung während ganzer<br />

Zeiten. Aber das Reich Gottes dringt vor, auch<br />

wenn die Menschen es sich nicht gefallen lassen<br />

wollen. Und endlich siegt doch Jesus Christus, der<br />

verkündigt ist als die Wahrheit und das Leben und<br />

als der Weg zu Gott. So wollen wir getrost sein;<br />

denn Gottes allmächtiger Wille erfüllt unsere Zeit<br />

wie die Apostelzeit.


20. Oktober<br />

Fürchte dich nicht, glaube nur!<br />

(Markus 5, 36)<br />

Pfarrer Busch erzählt: Da wurde ich mitten in der<br />

Nacht in ein Krankenhaus gerufen. Ich eilte hin.<br />

Der Wärter führte mich in ein Zimmer, wo ein<br />

junger Mann offenbar im Sterben lag. Am Bett<br />

sass eine junge Frau, aufgelöst vor Verzweiflung.<br />

„Beten Sie mit meinem Mann, bitte…!“ Ich setzte<br />

mich an sein Bett und fing an, ihm ein Bibelwort<br />

nach dem andern zu sagen. Er hörte aufmerksam<br />

und begierig zu. Dann betete ich mit ihm. Als ich<br />

nun merkte, dass er sehr erschöpft war, sagte ich<br />

ihm: „Nun glauben Sie nur fest, dass Jesus <strong>von</strong><br />

Sünde und Tod erretten kann.“ Er nickte. Ich verliess<br />

das Krankenzimmer. <strong>Dr</strong>aussen im Gang unterhielt<br />

ich mich mit dem Wärter, der ein gläubiger<br />

junger Mann war. Nach einer halben Stunde<br />

ging ich wieder in das Zimmer. Zu meiner Freude<br />

und zu meinem Erstaunen fand ich den Kranken<br />

aufrecht im Bett sitzen. „Es geht mir besser!“ rief<br />

er. „Die Krise ist überstanden!“ Ich nahm seine<br />

<strong>Hand</strong>: „Nun bleiben Sie nur recht bei dem Heiland,<br />

der Ihnen heute so nahe gekommen ist“,<br />

sagte ich. Da lachte er: „Jetzt habe ich es nicht<br />

mehr nötig. Es geht ja besser.“ Mir grauste vor<br />

dieser Lästerung. Und in demselben Augenblick<br />

wurde er totenblass, sank zurück und war tot.<br />

Es ist nicht auszudenken, was das für die junge<br />

Gattin bedeutet hat. Und der Seelsorger nahm<br />

sich nun der Frau an. Er wird ihr gesagt haben,<br />

dass in der Schrift steht: Irret euch nicht, Gott<br />

lässt sich nicht verspotten. Aber auch alles, was<br />

dem Kranken gesagt worden war, galt jetzt in besonderer<br />

Weise der Zurückgebliebenen.<br />

Auch uns ist nichts anderes gesagt wenn wir im<br />

Glauben stark gefordert sind.


21. Oktober<br />

Ich will sie durchs Feuer gehen lassen und<br />

läutern, wie man Silber läutert, und prüfen,<br />

wie man Gold prüft. Dann werden sie meinen<br />

Namen anrufen, und ich will sie erhören.<br />

(Sacharja 13, 9)<br />

An manchen Bibelstellen verbietet Gott, dass<br />

Menschen in heidnischer Manier durchs Feuer<br />

gehen um sich zu reinigen. So kann unser Bibelwort<br />

nur im übertragenen Sinn verstanden werden.<br />

Aber jedenfalls schätzt Gott die Menschen<br />

als verunreinigt ein. Doch die Menschen sind<br />

nicht wertlos, ganz im Gegenteil, sie sind wertvoll<br />

wie Silber und Gott, aber sie wissen nichts da<strong>von</strong><br />

und leben in den Tag hinein, fern <strong>von</strong> Gott, ganz<br />

<strong>von</strong> sich selber eingenommen. Sie sind autonom<br />

und trotzdem unglücklich. Sie stellen fürs Leben<br />

selber den Massstab dar, nachdem man sich zu<br />

richten habe. Und sie laufen mit ihrem ganzen eigenen<br />

dicken Ich direkt ins Verderben. Das kann<br />

Gott nicht mehr mitansehen. Er weiss ja, was er<br />

wertvolles geschaffes hat. Das gibt er nicht einfach<br />

preis. Er lässt die Silber-Menschen durch<br />

<strong>Dr</strong>angsalshitze und andere Not geläutert werden<br />

und wie man Gold wäscht und prüft, werden die<br />

Menschen einer Kur unterzogen. Das alles führt<br />

sie in die Tiefe der Demut, wo sie <strong>Aus</strong>schau nach<br />

Rettung halten. Und es steigt in ihnen auf, den<br />

Namen des Herrn anzurufen – nicht nur als <strong>Aus</strong>weg<br />

sondern als Hot Line der Errettung und siehe<br />

da, sie rufen nicht vergeblich, Gott erhört sie nach<br />

seinem Versprechen. Und diese Menschen werden<br />

für Gott brauchbar, wenn sie im Silberglanz<br />

und im Goldstrahl leuchten. Diener Gottes und<br />

des Herrn Jesus Christus sind sie geworden.


22. Oktober<br />

Siehe doch, dass dies Volk dein Volk ist!<br />

(2. Mose 33, 13)<br />

Das sagt Mose, nachdem das Volk gesündigt hatte:<br />

„Dein Volk.“ Es ist eine merkwürdige Sache<br />

gewesen, dass Gott gesagt hat: Das Volk Israel ist<br />

mein Volk. Man fragt sich immer wieder: Ist auch<br />

noch solch ein Volk vorhanden, <strong>von</strong> dem der liebe<br />

Gott sagt: Das ist mein Volk? Man könnte sagen:<br />

Die Christen; aber die sind zuwenig einig ein<br />

Volk zu sein. Es bleibt dabei: Wiederum ist Jsrael<br />

das Volk Gottes und die Christen sind wie ein eigenes<br />

Völklein in diese Wurzel eingepflanzt. Es ist<br />

eine kleine Schar, ein Volk Jesu Christi kann man<br />

jetzt sagen, zu dem alle die gehören, denen der<br />

Herr Jesus die Sünde vergeben hat. Jedes Menschenkind,<br />

dem die Sünde vergeben ist, gehört<br />

durch Jesus Christus zum Volk Gottes. Und Gott<br />

sagt: So, jetzt bist du mein Kind, jetzt rechne dich<br />

zum Volk Jesu – zum Volk Gottes. So gibt es wie<br />

im Verborgenen doch ein Volk, zu dem wir gehören,<br />

welchen Namen wir ihm auch geben wollen.<br />

Zu diesem Volk sagt der Heiland:<br />

Fürchte dich nicht, du kleine Herde; denn es ist<br />

eures Vaters Wohlgefallen, euch das Reich zu geben.<br />

Heute hat niemand das Reich, auch kein Volk,<br />

auch wenn es stark ist und andere Völker überwinden<br />

kann. Das Reich gehört diesem Volk doch<br />

nicht. Das Reich, das unser Herr und Gott will<br />

auf Erden, wird einmal der kleinen Herde gegeben<br />

werden. Und diese kleine Herde soll dann<br />

<strong>von</strong> Gott unterrichtet sein und die anderen unterrichten,<br />

und es soll die Anbetung Gottes in Lauterkeit<br />

und Wahrheit durch die Erde gehen. Dann<br />

heisst es: Jetzt ist die ganze Erde, die ganze<br />

Menschheit zum Wohlgefallen Gottes geworden,<br />

es ist jetzt mit Israel alles zum Volk Gottes gehö-


ig, und nun gehören sie alle zu Gott. Er wird sie<br />

auch einmal richten. Er wird die kleine Herde<br />

einmal scheiden <strong>von</strong> der grossen Herde und sie<br />

werden ihm dienen und er weiss, wem er sein<br />

Wohlgefallen schenken wird.


23. Oktober<br />

Er hat unsre Sünden an seinem Leibe selber<br />

an das Holz hinaufgetragen.<br />

(1.Petrusbrief 2, 24)<br />

Wenn in Zentralafrika ein Eingeborener seine<br />

Steuern nicht bezahlt hat, wird er verhaftet und<br />

muss ein paar Wochen im Gefängnis dafür absitzen.<br />

Aber da dort ein ganz starkes Familienbewusstsein<br />

herrscht, ist es gar nicht ungewöhnlich,<br />

dass sein Bruder kommt und die Steuerschuld bezahlt,<br />

wenn er bereits vor dem Richter steht, um<br />

sein Urteil zu empfangen. Der Richter notiert<br />

dann in seinen Papieren hinter dem Namen des<br />

Angeklagten: Bezahlt. Er schreibt nicht den Namen<br />

des Bruders hin; an dem ist er überhaupt<br />

nicht interessiert. Er notiert nur, dass der Angeklagte<br />

bezahlt hat. Das ist gemeint.<br />

Der Sinn des Kreuzes Jesu kann man mit einem<br />

Wort charakterisieren: Stellvertretung. Einer hat<br />

für uns bezahlt. Einer hat für dich und mich seinen<br />

Kopf hingehalten. Er hatte das nicht nötig.<br />

Jesus war schliesslich ganz ohne Sünde. Aber<br />

Gott konnte unseren Zustand nicht mitansehen.<br />

Ihm blutete das Herz. Und so liess er es zu, dass<br />

Jesus mit seinem Leben für uns bezahlte und so<br />

wurde dies unser Zustand: Mit Jesus bin ich gekreuzigt<br />

worden, mit Jesus bin ich gestorben, mit<br />

Jesus bin ich begraben und auferstanden. Nun ist<br />

der Herrschaftsanspruch der Sünde zu Ende. Jesus<br />

hat für mich auf Franken und Rappen bezahlt<br />

– selbst für Schulden, die erst in der Zukunft liegen.<br />

Niemand kann uns mehr zur Rechenschaft<br />

ziehen. Denn: „Ihr müsst euch als tot für die<br />

Sünde betrachten, aber lebend für Gott in Jesus<br />

Christus, unserem Herrn“ (Röm.6,11).


24. Oktober<br />

Meine Gedanken sind nicht eure Gedanken,<br />

und eure Wege sind nicht meine Wege,<br />

spricht der Herr. (Jesaja 55, 8)<br />

Der Theologieprofessor Tobias Beck in Tübingen<br />

schrieb an einen Freund, der sein vierjähriges<br />

Kind verloren hatte: „Ihren Schmerz kenne ich<br />

aus Erfahrung. Es wurden mir <strong>seiner</strong>zeit auch<br />

zwei Kinder durch den Tod entrissen; später starb<br />

mir auch die Frau, mit der mein Herz verwachsen<br />

war, und hinterliess mir sechs unmündige Kinder,<br />

mit denen ich in der Fremde, in Basel, stand. Da<br />

drangen auch Ihre ‚Warum?’ in mein Herz und<br />

quälten mich um Lösung. Das Licht aber brach<br />

bald durch, indem mir des Herrn Wort in die Seele<br />

drang: ‚Du meinest nicht was göttlich, sondern<br />

was menschlich’ ist, und ‚Meine Gedanken sind<br />

nicht eure Gedanken, und eure Wege sind nicht<br />

meine Wege.’ Noch aber quälen mich, wie Sie, die<br />

Erinnerungen an die Leiden und Schmerzen, welche<br />

die Lieben durchzumachen hatten, und die<br />

sehnsüchtige Trauer über die mit ihnen verlorenen<br />

Freuden. Da gab mir der Herr einen neuen<br />

Spruch ins Herz: ‚Ich vergesse, was dahinten ist<br />

und strecke mich aus zu dem, was da vorne liegt.’<br />

An solche ewigen Worte muss man sich anklammern<br />

wie an einen Fels im Wellengewoge der Seele.<br />

Demgemäss riss ich mein Herz <strong>von</strong> der Vergangenheit<br />

zurück und richtete es vorwärts nach<br />

dem, was oben liegt, um dort, statt im Revier der<br />

Erde, mit meinen Lieben vor dem Herrn mich zu<br />

vereinigen und zu beten, dass er uns zusammenfasse<br />

und –halte in ihm selber als unserem Leben.<br />

So sollen die Vorangegangenen Magnete werden,<br />

die unser Herz aufwärts ziehen; und die obere<br />

Welt bevölkert sich für uns mit Lebendigen, während<br />

die untere für uns an Leben verliert. – Wenn<br />

Gott uns nimmt, will er uns Grösseres geben,


zum Ewigen helfen, mit dem das Vergängliche<br />

und Vergangene in keinen Vergleich kommt.“<br />

Diese Trostworte stützen sich auf Erfahrung, die<br />

ja nie bei zwei Menschen dieselben sind – aber es<br />

sind Erfahrungen mit der Bibel, die den höchsten<br />

Stellenwert haben. Jesus ist uns kaum einmal so<br />

nahe, wie wenn wir etwas hergeben müssen.


25. Oktober<br />

Gott ist mein Schutz und meine Zuflucht.<br />

(2. Samuel 22, 3)<br />

Antoine de Saint-Exupéry erzählt <strong>von</strong> einem Erlebnis<br />

nach einer Zwischenlandung in einem arabischen<br />

Land. Als er schon wieder eine Strecke<br />

geflogen war, entdeckte er, dass in Arabien eine<br />

Ratte in sein Fluzeug geraten war. Es überlief ihn<br />

heiss, weil er sofort die Gefahr erkannt hatte:<br />

Wenn die Ratte anfing, mit ihren scharfen Zähnen<br />

ein Kabel anzunagen, konnte eine Katastrophe<br />

eintreten. Er überlegte fieberhaft, was zu tun sei.<br />

Sollte er weiter fliegen oder landen? Dabei eine<br />

Bruchlandung riskieren? Weit und breit kein geeigneter<br />

Landeplatz. Er tat etwas anderes: Er stellte<br />

das Höhenruder ein und liess sich <strong>von</strong> der Maschine<br />

steil in die Höhe tragen, wo die Luft so<br />

dünn wird, dass keine Ratte mehr leben kann. Das<br />

war die Rettung. Nach der Landung fand er das<br />

verendete Tier in <strong>seiner</strong> Maschine.<br />

Es ist ein Bild für unser christliches Leben. Es<br />

gleicht einem Überlandflug. Bei diesem Flug reisen<br />

nur zu leicht ‚Ratten’ mit, die uns bedrohen.<br />

Unsere Müdigkeit, die Trägkeit des Herzens, das<br />

Resignieren, unsere Zweifel und unser Kleinglaube,<br />

das sind ‚Ratten’, die mit uns unterwegs sind.<br />

Sie ängstigen uns, und wir überlegen, wie wir sie<br />

loswerden. Entweder halten wir den Kurs bei und<br />

hoffen, dass alles gut geht, oder wir riskieren eine<br />

Bruchlandung. Wir geben auf. Es hat doch alles<br />

keinen Zweck. – Es gibt vor diesen ‚Ratten’ aber<br />

noch eine andere Rettung, wir stellen das Höhensteuer<br />

ein und lassen uns in die Zone des Glaubens<br />

tragen. Bei Gott ist Schutz und Zuflucht. Da<br />

können die ‚Ratten’ nicht mehr leben. Da geht<br />

ihnen die Luft aus. Warum versuchen wir eigentlich,<br />

die ‚Ratten’ auf andere Weise loszuwerden?


26. Oktober<br />

Singet dem Herrn ein neues Lied; singet dem<br />

Herrn, alle Welt! (Psalm 96, 1)<br />

Es ist ein kühnes Wort, das hier der Psalmist sagt:<br />

Singet dem Herrn, alle Welt, alle, alle Welt! Er<br />

nimmt es voraus und denkt: Die ganze Welt muss<br />

noch frische Lieder singen und ihre alten Lieder<br />

vergessen. Weil wir im Reich Gottes stehen, so<br />

kommen unsere Gedanken immer an die Welt<br />

Gottes, wohin das Reich Gottes sich ziehen muss,<br />

damit schliesslich alle Welt neue Lieder singen<br />

lernt. So erobern wir sozusagen mit Gesang die<br />

Welt. Mit Traurigkeit und Ängstlichkeit, auch mit<br />

Tadeln und Richten, erobern wir gar nichts; da<br />

bleibt immer alles beim alten. Aber der Jubel, der<br />

herauskommt aus der Hoffnung, dass die Welt<br />

das Gute Gottes noch sehen werde, kann die Welt<br />

im voraus schon erobern, kann Freunde und<br />

Feinde berühren, dass wir auch mit Singen im<br />

Frieden stehen unter allen Menschen. Einen andern<br />

Sieg dürfen wir nicht erwarten. – Die grösste<br />

Kraft aber hat dieses Singen, wenn es gerade <strong>von</strong><br />

den Herzen kommt, die in tiefster Finsternis stehen.<br />

Das soll uns das Sterben des Heilandes zeigen.<br />

Niemand kann über das hinwegkommen,<br />

was der Herr Jesus mit seinen Jüngern im Lobgesang<br />

gesungen hat, so frisch und lebensstark,<br />

trotzdem es ihm bange war auf seinen Tod hin.<br />

Und so ist es bis auf den heutigen Tag. Der Traurige<br />

und Kranke glaube nicht, dass er viel erreicht,<br />

wenn er immer in sein Dunkel hineinsieht. Heraus<br />

mit deinem Herzen. Die Hoffnung kann dir nie<br />

genommen werden. Wenn man die Augen dafür<br />

hat, kann man beobachten, wieviel gerade die aus<br />

der Trübsal heraus jauchzenden Menschen der<br />

Welt helfen. Es wird keinem erspart, auch einmal<br />

durch das allertiefste Leiden zu gehen; und dann<br />

merke er darauf: In der tiefsten Not gibt es noch


ein neues Lied und neue Wohltaten Gottes, die<br />

das neue Lied hervorbringen aus unsern Herzen.<br />

Alles äussere Glück der Menschen kann das nicht<br />

erreichen, was uns gegeben wird in der Gemeinschaft<br />

Gottes, die wir haben durch den Herrn Jesus<br />

Christus.


27. Oktober<br />

Gott hat seinen Sohn nicht in die Welt gesandt,<br />

dass er die Welt richte, sondern dass<br />

die Welt durch ihn gerettet werde.<br />

(Johannes 3, 17)<br />

So hat man sich in der Lehre Israels unter anderem<br />

den Messias vorgestellt: Als Richter der Völker.<br />

Nun ist der Messias da, wird aber nicht erkannt,<br />

weil er dem Schema nicht entspricht. Einer,<br />

der Pharisäer Nikodemus zweifelt an der<br />

gängigen Meinung über Jesus und besucht ihn in<br />

der Nacht. Er bekommt Erstauunliches zu hören<br />

und nimmt alles eifrig auf. Er ist offen für die<br />

Wahrheit und scheut sich nicht, als ein ungelehrter<br />

Lehrer Israels da zu stehen und Fragen zu stellen.<br />

Jesus gibt sich ihm als Sohn Gottes zu erkennen,<br />

der <strong>von</strong> Gott nicht als Verderber der einen<br />

geschickt worden ist, sondern zum Retter aller<br />

Völker der Welt. Da das Thema des Gerichts im<br />

Volk Israel nicht zur Ruhe kommt, wird Jesus<br />

später sagen: „Wer mich verwirft und meine Worte<br />

nicht annimmt, hat seinen Richter; das Wort,<br />

das ich geredet habe, das wird ihn richten am<br />

jüngsten Tage.“ Gott, der Vater ist unendlich betrübt<br />

über den üblen und verlorenen Zustand der<br />

Welt, <strong>seiner</strong> Schöpfung, seines Menschengeschlechts.<br />

Damit will er sich nicht abfinden. Die<br />

Menschen wissen nicht, was sie tun. Gott aber<br />

weiss, wohin das führt. Und das will er nicht geschehen<br />

lassen. Rettung aber gibt es nur durch<br />

seinen Sohn. Und diese Aktion ist nun im Vollzug.<br />

So hört es Nikodemus. Wird er sich in diese<br />

Aktion einreihen? Demnach ist Jesus der ganz<br />

Andere. Anerkennt er ihn als Messias-Christus?<br />

Beginnt er ihn zu lieben, an ihn zu glauben?<br />

Und wo stehen wir, 2000 Jahre nach Nikodemus?


28. Oktober<br />

Und er bestellte die einen zu Aposteln, andere<br />

zu Propheten, andere zu Evangelisten, andere<br />

zu Hirten und Lehrern. Sie sollen die Christen<br />

heranbilden zur <strong>Aus</strong>übung des Dienstes.<br />

(Epheserbrief 4, 11-12)<br />

Es gibt ein Bild <strong>von</strong> einem Flughafen. Im Vordergrund<br />

stehen ein Verkehrsflugzeug und eine<br />

Herde Schafe. Zwei Welten prallen aufeinander.<br />

Natur und Technik, Idylle und Fortschritt, Romantik<br />

und Sachlichkeit. Wir sind kein Hirtenvolk<br />

mehr, und die Situation der Herde hat sich gewandelt.<br />

Darum formulierte es ein Kirchenrat so:<br />

„Der Pfarrer sollte heute weniger Hirte als vielmehr<br />

Trainer <strong>seiner</strong> Gemeinde sein.“ Unter diesem<br />

Gesichtspunkt lohnt es sich, einmal die Gemeinde<br />

als eine Mannschaft anzusehen.<br />

Die gemeinsame Aufgabe hält sie zusammen.<br />

Hier spielt nicht jeder einfach drauflos. Jeder hat<br />

seine Funktion, jeder hat seinen Platz einzuhalten.<br />

Die Gemeinde ist eine Mannschaft. Viele Gaben,<br />

viele Talente, viele Positionen, viele Posten, viele<br />

Dienste! Und hier bekommt der Pfarrer eine völlig<br />

andere Aufgabe. Er soll der Trainer der Gemeinde<br />

sein. Er soll die Mannschaft fit machen.<br />

Er muss dafür sorgen, dass die Kondition stimmt.<br />

Er hat die Begabungen und Eigenarten der Mitspieler<br />

im Auge zu behalten. Er muss koordinieren<br />

und die Christen heranbilden zur <strong>Aus</strong>übung<br />

des Dienstes. Jeder <strong>von</strong> uns hat also seinen Posten<br />

und seinen Platz. Sind wir mit unserer Position<br />

einverstanden?


Ist das Bild der verschiedenen Gaben und Diensten<br />

uns entgegenkommend oder brechen wir lieber<br />

aus der Gemeinschaft und der Gemeinde aus?<br />

Gott legt Wert darauf, dass wir nach <strong>seiner</strong> Anordnung<br />

leben und dienen, dass eines zum andern<br />

komme und Gottes liebende Absicht immer vollkommener<br />

verwirklicht werde.


29. Oktober<br />

Ich freue mich und bin fröhlich über deiner<br />

Güte, dass du mein Elend ansiehst und erkennst<br />

meine Seele in der Not. (Psalm 31, 8)<br />

Unsere Aufgabe in der Welt ist, Not zu überstehen,<br />

Elend durchzustehen. Darüber öffnet uns<br />

Gott die Augen. Wir sollen erkennen, dass darin<br />

ein gewisser Beruf liegt, unter allen möglichen<br />

Schwierigkeiten Überwinder zu werden, gleichsam<br />

in lauter <strong>Dr</strong>uck und Bedrängnis emporzuwachsen<br />

zu einem höheren Stand unseres Lebens. Das<br />

muss uns schliesslich eine Freude werden, damit<br />

wir nicht bei allem, was uns schwer wird, nur<br />

seufzen, damit, wenn wir oft auch mit Recht weinen,<br />

wir nicht ins Klagen kommen, sondern es<br />

erkennen, dass es nun für uns Menschen so bestimmt<br />

ist. So stehen wir immer im Kampf. Aber<br />

neben aller Not kommt das andere, das viel grösser<br />

ist, nämlich die Güte Gottes. Die ist wie hineingeboren<br />

ins menschliche Geschlecht. Und darum<br />

kann der Mensch die Hoffnung nie ganz verlieren.<br />

Es senkt sich etwas ganz still und leise in<br />

die Not hinein, und da glänzt es heraus als eine<br />

Kraft Gottes.<br />

„Darum werden wir nicht mutlos, sondern, ob<br />

unser äusserlicher Mensch verdirbt, so wird doch<br />

der innerliche <strong>von</strong> Tag zu Tag erneuert.“<br />

Auch die Apostel haben es gespürt, dass die Kraft<br />

Gottes nicht zum Ziel hat, unseren äusserlichen<br />

Menschen zu erhalten, nein er verdirbt, er geht<br />

seinen Weg der Natur. Aber die Kinder Gottes<br />

richten ihr Werk trotzdem aus, bei allem äusseren<br />

Verderben. Das ist Gottes Tat, den innerlichen<br />

Menschen <strong>von</strong> Tag zu Tag zu erneuern. Das ist<br />

es, was die Christen so enorm mutig macht. Da<strong>von</strong><br />

lebt die Welt ein gutes Stück weit, dass da ein<br />

Gottes Volk ist, das auch im Elend die Güte Gottes<br />

preist und über alles ihm die Ehre gibt.


30. Oktober<br />

Ist somit jemand in Christus, so ist er ein<br />

neues Geschöpf. Das Alte ist vergangen, siehe,<br />

Neues ist geworden. (2. Korintherbrief 5,<br />

17)<br />

Es war mitten in einer dunklen Regennacht, als<br />

Pfarrer Volkening in Jöllenbeck vom Knecht eines<br />

<strong>seiner</strong> ärgsten Feinde, einem sterbenden Bauern,<br />

geholt wurde. Durch Jahre hindurch hatte<br />

dieser Mann nur daran gedacht, wie er seinem<br />

Pfarrer schaden könnte.<br />

Nun lag ihm diese und manche andere Schuld<br />

schwer auf der Seele und bedrückte ihm das Gewissen.<br />

Still hörte Volkening dem Beichtenden zu<br />

und bezeugte ihm dann die Barmherzigkeit Gottes<br />

in Jesus Christus so herzandringend und<br />

freundlich, dass der Bauer unter Tränen zum Annehmen<br />

der Vergebung und zum Frieden mit<br />

Gott kam. Er bat, an seinem Grabe möge es gesagt<br />

werden, wie er es erlebte: Ist jemand in Christus<br />

, so ist er ein neues Geschöpf; das Alte ist vergangen,<br />

siehe, Neues ist geworden. Wie gern hat<br />

Volkening diese Bitte erfüllt! Viele <strong>von</strong> den ehemaligen<br />

Freunden des nun Verstorbenen waren<br />

bei der Beerdigung zugegen und hörten nun, wie<br />

der Pfarrer den Sieg Jesu über ein hartes Mannesherz<br />

rühmte und immer wieder sagte: Ist jemand<br />

in Christus, so ist er ein neues Geschöpf; das Alte<br />

ist vergangen, siehe, Neues ist geworden – und:<br />

Beinahe in der Hölle, und doch noch gerettet.<br />

Das ist ein Beispiel aus alter Zeit, das aber seine<br />

Gültigkeit auch in unserer Zeit hat. Niemand behaupte,<br />

die Herzen seien heutzutage weniger verhärtet.<br />

Wohl haben unsere Pfarrer weniger mit<br />

direkter Feindschaft zu kämpfen, dafür begegnen<br />

sie heute namenloser Gleichgültigkeit, was letztlich<br />

vielleicht schlimmer ist. Wir denken an das


Wort in der Offenbarung: O, wenn du doch heiss<br />

oder kalt wärest. Menschen in diesen zwei Verfassungen<br />

sind eher für das Evangelium zu gewinnen,<br />

als Menschen, die so lau dahin leben und<br />

sterben. Entscheiden wir uns rechtzeitig. Es lohnt<br />

sich, damit nicht bis zur Sterbenszeit zu warten,<br />

wenn wir dann überhaupt noch Zeit und<br />

Verstand haben.


31. Oktober<br />

Und sogleich fiel es <strong>von</strong> seinen Augen wie<br />

Schuppen, und er wurde wieder sehend.<br />

(Apostelgeschichte 9, 18)<br />

Saulus bekehrt sich zu dem dreieinigen Gott.<br />

An Gott hatte er immer schon geglaubt. Aber er<br />

hatte sich geweigert, zu glauben, dass Jesus, der<br />

Gekreuzigte, Gottes Sohn sein konnte. Dass Gott<br />

einen Sohn hatte und dass Gottes Sohn gekreuzigt<br />

werden konnte – es war beides absurd. Und<br />

das Allerunsinnigste war, dass ein rechtskräftig<br />

verurteilter und hingerichteter Betrüger wieder<br />

<strong>von</strong> den Toten auferstehen konnte.<br />

Aber jetzt hatte sich der Auferstandene auch Saulus<br />

gezeigt. Es blendete ihn und warf ihn um,<br />

auch im geistlichen Sinne. Er ass und trank nicht,<br />

wusste nicht aus noch ein. Aber er betete. Wir<br />

ahnen, worum er betete: dass Gottes Wille geschehen<br />

möge, dass er ihn auf seinen Weg führen<br />

würde. Koste es, was es wolle.<br />

Da kommt Hananias – der widerspenstige, kluge,<br />

vorsichtige Hananias, den Gott förmlich dazu<br />

überreden muss, zu dem berüchtigten Christenverfolger<br />

zu gehen. Und jetzt fällt es wie Schuppen<br />

<strong>von</strong> Saulus’ Augen – im wörtlichen und im<br />

geistlichen Sinne. Er kann sehen, was er vorher<br />

nicht sehen konnte: dass dieser Jesus der verheissene<br />

Messias ist, der „dies erleiden und in seine<br />

Herrlichkeit eingehen“ musste. Er erblickt das,<br />

was er später in einem <strong>seiner</strong> Briefe die „Herrlichkeit<br />

Gottes in dem Angesicht Jesu Christi“ nennt.<br />

Und er sieht, wie dies alles mit der Schrift übereinstimmt.<br />

So kommt man zum Glauben an Jesus<br />

Christus: nicht durch Spekulationen, sondern


durch die Begegnung mit ihm selber, dem Auferstandenen,<br />

den die Bibel uns bezeugt.<br />

Und mit dieser Erkenntnis kam auch der Heilige<br />

Geist in Saulus’ Leben hinein. Dazu hatte Gott ja<br />

Hananias zu ihm geschickt: damit er mit dem Heiligen<br />

Geist erfüllt würde. Auch dies war etwas<br />

ganz Neues für Saulus. Er sollte viele Jahre lang<br />

„im Geist leben“, und wie kein Zweiter hat er uns<br />

gezeigt, was dies bedeutet.<br />

So also kommt man zum Glauben an die <strong>Dr</strong>eieinigkeit<br />

Gottes.


1. November<br />

Jesus Christus habt ihr nicht gesehen und<br />

habt ihn doch lieb;<br />

Und nun glaubt ihr an ihn, obwohl ihr ihn<br />

nicht seht;<br />

Ihr werdet euch aber freuen mit unaussprechlicher<br />

und herrlicher Freude.<br />

(1. Petrusbrief 1, 8)<br />

Man möchte am Schluss ergänzen: wenn ihr ihn<br />

seht! Das wird ein Staunen und Ergötzen sein, ein<br />

Jubel und Preisen ohne Ende. Wir haben zu dieser<br />

gewissen Hoffnung auch Anlass durch eine<br />

andere Bibelstelle, die sagt: Wir wissen nicht, was<br />

oder wie wir sein werden, aber wir werden sein<br />

wie er ist und ihn und uns in neuem Licht erkennen<br />

– mit unaussprechlicher und herrlicher Freude.<br />

Petrus schreibt an Menschen, die weit entfernt<br />

vom Leben Jesu wohnten. An ihnen ging leider<br />

diese kurze Zeit der Heilsgeschichte vorüber, ohne,<br />

dass sie etwas ahnten. Nun wurde sie ihnen<br />

verkündigt und sie haben sie angenommen. Ohne<br />

Jesus nur einmal gesehen zu haben, vertrauen sie<br />

ihm und haben ihn lieb! Das ist einzigartig – sie<br />

haben ihn lieb, bevor sie alle Kriterien des Glaubens<br />

erfüllen, was aber folgt – auch wieder auf<br />

blosse Verkündigung hin. Hier kommt uns ein<br />

entscheidender Hinweis für die Nachfolge Jesu<br />

entgegen: Wieviele Christenmenschen sind felsenfest<br />

überzeugt, in der Beziehung zu Jesus hange<br />

alles nur am rechten Glauben und ander rechten<br />

Lehre. Das trägt nicht durch in der Not und sonstigen<br />

Prüfungen. Die Petrusgemeinden lehren uns<br />

die Liebe zu Jesus – die Liebe vor dem grossen<br />

Glauben. Unsere Liebe ist die Antwort auf Jesu<br />

Liebe zu uns. Es ist ein liebevolles Hin und Her,<br />

in welchem wir uns wunderbar geborgen fühlen<br />

dürfen. Und doch, so prächtig dies in unsern irdi-


schen Verhältnissen erscheint, so ist dies auch<br />

Stückwerk, das in der Zukunft seine Vollendung<br />

finden wird. Wenn wir dann Jesus sehen wie er<br />

ist, wird das Stückwerk abgetan und die Vollkommenheit<br />

nimmt dessen Platz ein. Was sie aber<br />

ist, bleibt noch ein wunderbares Geheimnis.<br />

Hauptsache ist und bleibt, dass wir Jesus lieben.


2. November<br />

Jesus Christus spricht: „Wer zu mir kommt,<br />

den werde ich nicht hinausstossen.“<br />

(Johannes 6, 37)<br />

Jesus, der Herr verkündigt hier eine treffliche<br />

Entscheidung, die der monumentalen, alles umfassenden<br />

Einladung entspricht: „ Kommet her<br />

zu mir alle, die ihr mühselig und beladen seid;<br />

denn ich will euch Ruhe geben.“ Den Anstoss,<br />

dass es überhaupt zur Begegnung <strong>von</strong> uns Menschen<br />

mit Jesus kommt, geht vom himmlischen<br />

Vater aus. Doch den Weg zu ihm müssen wir<br />

schon selber gehen. Den können wir nicht aus<br />

Zeitgründen delegieren. Verschieben können wir<br />

die Begegnung wohl, aber einmal könnte es zu<br />

spät sein. Darum: Heute, wenn ihr seine Stimme<br />

hört, verstocket eure Herzen nicht. Wer kein Verlangen<br />

hat zu Jesus zu kommen, hat noch nicht<br />

erfasst, in welcher Situation er gefangen ist. Dabei<br />

hat Jesus das denkbar Schönste im Sinn mit jedem,<br />

der zu ihm kommt: Er darf bei ihm bleiben,<br />

im geschützten Raum, muss nicht fürchten, dass<br />

er ins Abseits geraten könnte, dass er ins Grauen,<br />

das draussen – fern <strong>von</strong> Jesus – herrscht, gestossen<br />

würde. Es ist <strong>von</strong> fern her nicht zu ermessen,<br />

was die Gegenwart Jesu für ein glückseliges Leben<br />

ans Licht bringt. Da wird einem die Liebe des<br />

Heilandes offenbar, die jedem Menschen gilt, zu<br />

welcher ‚Sorte’ im menschlichen Geschlecht er<br />

gehören mag. So ist einiges angesprochen, das zur<br />

Ruhe gehört, die Jesus verheissen hat. Aber damit<br />

ist unser Bibelwort noch lange nicht ausgeschöpft.<br />

Es könnte ihre Aufgabe sein, noch tiefer zu graben.


3. November<br />

Bittet, so wird euch gegeben. (Matthäus 7, 7)<br />

Der bekannte indische Evangelist Sadhu Sundar<br />

Sing erzählt, wie er auf einer Wanderung um die<br />

Mittagszeit an einem einsamen See vorüber kam.<br />

Die Sonne lag in strahlender Glut über dem Wasser.<br />

Es war ein wundervolles Naturschauspiel. Am<br />

Ufer des Sees stand ein Fischreiher. Regungslos<br />

schaut er auf die glitzernde Wasserfläche. Man hat<br />

den Eindruck, auch das Tier ist überwältigt <strong>von</strong><br />

der sommerlichen Pracht. Aber siehe da, plötzlich<br />

macht der Fischreiher schnapp und hält einen silbernen<br />

Fisch in seinem Schnabel. Er war gar nicht<br />

trunken <strong>von</strong> der Schönheit der Natur, er war nur<br />

darauf bedacht, Beute zu machen. Genauso,<br />

meint dieser indische Christ, kämen ihm die meisten<br />

Frommen vor. Man sieht sie ins Gebet<br />

versunken und wähnt, sie seien ganz erfüllt <strong>von</strong><br />

dem Gefühl der Gegenwart Gottes. In Wahrheit<br />

bewegt sie nur irgend ein kleiner, gieriger<br />

Wunsch, für dessen Befriedigung Gott da sein<br />

soll.<br />

Zwischen Bitten und Wünschen besteht ein Unterschied.<br />

Wir haben nicht die Verheissung, dass<br />

Gott alle unsere Wünsche erfüllt. Aber was wir<br />

Gott aufrichtig bitten, das will er hören und erhören.<br />

Er gibt es oft zu anderer Zeit und in anderer<br />

Form, als wir denken und bitten. Eines ist allerdings,<br />

nach Jesu eigenen Worten, sicher: er wird<br />

uns keine Schlange geben, wenn wir um einen<br />

Fisch bitten. Er weiss auch, was wir nötig haben,<br />

bevor wir darum bitten. Aber Gott legt Wert darauf,<br />

dass wir unsere echten Bedürfnisse mit Ernst<br />

vor ihn bringen. Nur wenn wir allem Egoismus<br />

abgesagt haben, kann Gott in <strong>seiner</strong> grossen Liebe<br />

und Güte an uns handeln. Demnach ist auch uns<br />

verheissen, was schon viele erlebt haben:<br />

Bittet, so wird euch gegeben!


4. November<br />

Lasset die Kinder zu mir kommen und wehret<br />

ihnen nicht. (Markus 10, 14)<br />

Das war eine recht scharfe Zurechtweisung, dieses<br />

Wort Jesu an seine Jünger. Die Jünger meinten,<br />

dass die Kinder warten können. Wenn sie alt<br />

genug wären, um das mit Jesus zu begreifen, wäre<br />

es immer noch Zeit für eine Begegnung. Aber die<br />

Eltern, die da zu Jesus kamen, wollten das Richtige<br />

für ihre Kinder.<br />

Eltern sein ist eine der grössten Gaben und Aufgaben,<br />

die Menschen bekommen können. Gemeinsam<br />

ein Kind bekommen bedeutet ja, dass<br />

man an Gottes Schöpferwerk teilhat.<br />

Es haben sicher nicht alle die Berufung, Eltern zu<br />

werden.Nicht alle können heiraten, und nicht alle<br />

können Kinder bekommen. Aber wo man diese<br />

Möglichkeit hat, darf man Kindern ihr Lebensrecht<br />

nicht verweigern.<br />

„Lasst die Kinder zu mir kommen.“ Jesus hält es<br />

nicht mit jenen, die sagen: Lasset die Kinder erst<br />

aufwachsen, bis sie sich selber irgendwann entscheiden<br />

können. Nein, sagt Jesus, gerade solche<br />

Menschen brauchen als Kinder Gottes Reich; für<br />

sie ist es da – das Reich Gottes als Schutz, als Rückendeckung<br />

und als sicheren Bergungsort. Wer<br />

schafft das schon, in dieser bösen Welt aufzuwachsen,<br />

ohne seine Zuflucht bei Gott zu suchen?<br />

Lieber Vater im Himmel, du liessest deinen Sohn in einer<br />

grossen Familie unter sovielen Geschwistern aufwachsen.<br />

Herr ich will dir danken, dass meiner Frau und mir auch<br />

eine schöne Anzahl Kinder geschenkt wurden und wir sie<br />

schon früh sie dir zuführen durften. Herr, hilf uns allen,<br />

klar zu sehen und das zu tun, was recht vor dir ist.<br />

Amen.


5. November<br />

Nun hat mir der Herr meine Bitte gegeben,<br />

die ich <strong>von</strong> ihm erbeten habe. (1. Sam. 1, 27)<br />

Das ist <strong>von</strong> der Hanna gesagt, die um einen Sohn<br />

gebeten hatte. Das ist eine Gebetserhörung, die<br />

Mut macht, ebenso fest zu bitten, ebenso fest zu<br />

glauben, ebenso fest zu danken nach der Erhörung.<br />

Es ist sicher so, dass auch wir unsere Bitten<br />

auf den Herzen haben. Und wenn wir Geduld haben<br />

und zusehen, so wird unsere Bitte auch erhört.<br />

Unsere erste Bitte gilt dem Heiland, dass<br />

sein Reich zunehme und mächtig werde und sich<br />

ausbreite in der ganzen Welt. Das ist unsere Bitte:<br />

Dein Name werde geheiligt, dein Wille geschehe,<br />

dein Reich komme! Das hat uns der Heiland in<br />

den Mund gelegt und dabei wollen wir bleiben.<br />

Und diese Bitte wird endlich erhört werden. –<br />

Und dann heisst es:<br />

„Die Frucht des Geistes ist allerlei Güt5igkeit und<br />

Gerechtigkeit und Wahrheit.“<br />

Wenn das Reich Gottes kommt und wo es schon<br />

ist, da wächst die Gerechtigkeit heraus und der<br />

Friede und die Freude, wiewohl es soviel Trauriges<br />

gibt in der Welt. Und unsere Bitte ums Reich<br />

Gottes wird erhört; denn der Heilige Geist vertritt<br />

uns mit unaussprechlichem Seufzen. So sind auch<br />

wir getrost in unserer Arbeit; denn wir wissen, es<br />

ist etwas vom Geist Gottes drin; denn Gottes<br />

Geist leitet uns und sagt, was wir tun sollen. So<br />

sind wir getrost; denn das Reich Gottes ist nicht<br />

bloss in der Zukunft, es ist heute schon da. Gott<br />

regiert und leitet uns, bis sein Reich sich vollenden<br />

wird.


6. November<br />

Die Inseln harren auf mich und warten auf<br />

meinen Arm. (Jesaja 51, 5)<br />

In den Anschauungen des Alten Testamentes waren<br />

die Inseln etwas sehr Fernliegendes. Es sind<br />

nicht nur die griechischen Inseln gemeint; sondern<br />

manchmal sind die Schiffer auch durch die<br />

Meerenge hindurchgefahren und haben die Inseln<br />

des Ozeans gesehen; und das kam ihnen als das<br />

Entfernteste, über der Welt draussen Liegende<br />

vor. Also, die Verheissung beginnt sich zu erfüllen:<br />

Auch die weitest abgelegenen Länderteile und<br />

Völker warten auf mich – nicht vergeblich. In allen<br />

ist ja etwas Unbefriedigtes und sie warten auf<br />

eine Hilfe. Des Menschen Leben kann nicht befriedigt<br />

werden ohne Gott, auch die fernen Völker<br />

warten auf Gott. Und das tun wir im besonderen<br />

Sinn, im Andenken an Jesus, der uns sagt: Ich<br />

komme, wachet und betet, und ich komme als der<br />

Heiland! Denn<br />

„Jesus Christus ist die Versöhnung für unsere<br />

Sünden, nicht allein aber für die unseren, sondern<br />

auch für die der ganzen Welt.“<br />

Wär er nicht der, der unsere Sünden getragen hat,<br />

sie uns weggenommen und uns die Versöhnung<br />

mit Gott gebracht hat, dann müssten wir Angst<br />

haben, wenn er kommt. Aber niemand muss ohne<br />

Grund Angst haben. Wenn er kommt, ist er die<br />

Versöhnung für die Sünden der Nahen und auch<br />

für die Fernen, die ihn noch nicht kennen. So<br />

kommt er als die Versöhnung für die ganze Welt.<br />

Und vielleicht, weil es die ganze Welt angeht, verzögert<br />

sich sein Kommen. Alles muss zubereitet<br />

sein in der ganzen Welt, wenn Jesus, der Heiland<br />

kommt.


7. November<br />

Gott ist treu. (1. Korintherbrief 10, 13)<br />

Dass Gott treu ist, bedeutet, dass er zu seinem<br />

Wort und seinen Verheissungen steht. Er bleibt<br />

stets derselbe. Man kann sich voll auf ihn verlassen.<br />

Woraus zwei Dinge folgen. Erstens: Man darf<br />

Gott nicht versuchen. Gott versuchen – das bedeutet,<br />

dass ich herauszufinden versuche, ob er<br />

nicht doch anders ist. Ob er es wirklich so genau<br />

nimmt. Ob es sich wirklich so verhält, wie er in<br />

seinem Wort sagt.<br />

Paulus warnt vor solchen Experimenten. Seht<br />

euch Israel an! Alle Israeliten waren bei einer bestimmten<br />

Gelegenheit getauft worden. Trotzdem<br />

beteten sie fremde Götter an und es gelüstete sie<br />

nach dem Bösen. Sie murrten alleweil gegen Gott<br />

und waren im Unfrieden mit Gott.<br />

Das hat auch uns etwas zu sagen, sagt Paulus.<br />

Man kann sich auch in der Kirche in einer falschen<br />

Sicherheit wiegen: Ich bin ja getauft, ich<br />

gehe zu Abendmahl, ich gehöre zu den Gläubigen.<br />

Und so fängt man an Gott zu versuchen.<br />

Man nimmt es nicht so genau mit den Geboten,<br />

findet dieses und jenes in der Bibel nicht mehr<br />

zeitgemäss. Man findet <strong>Aus</strong>reden für sexuelle Unzucht.<br />

Man vermeint, sicher zu stehen, aber wer<br />

meint, dass er stehe, muss zusehen, dass er nicht<br />

fällt. Gott lässt sich nicht zum Narren halten, er<br />

ist treu und ändert sich nicht.<br />

Doch Gott ist auch treu und unveränderlich in<br />

seinem Willen, uns zu erlösen. Wenn wir uns nur<br />

an ihn halten und <strong>von</strong> ihm führen lassen, kann<br />

uns nichts geschehen. Er wird es nicht zulassen,<br />

dass wir über unsere Kraft versucht werden, sondern<br />

er sorgt immer für einen <strong>Aus</strong>weg. Dieser<br />

Weg ist oft schmal und unbequem – aber es ist<br />

ein Weg, den wir zusammen mit Jesus gehen.


8. November<br />

Als nun der Bräutigam lange ausblieb, wurden<br />

sie alle schläfrig und schliefen ein.<br />

(Matthäus 25, 5)<br />

Sie waren alle ausgezogen, um dem Bräutigam<br />

entgegenzugehen. Jesus spricht hier also <strong>von</strong><br />

Menschen, die warten. Sie haben die Einladung<br />

zur Hochzeit angenommen. Sie wollen dabei sein<br />

und haben sich bereit gemacht.<br />

Aber dann lässt der Bräutigam auf sich warten. Es<br />

kann sein sein, dass Jesus nicht so bald wiederkommt.<br />

Die Jahre gehen dahin, das Christenleben<br />

läuft in seinen eingefahrenen Geleisen, es geschieht<br />

nichts Besonderes.<br />

Sie schliefen alle ein, heisst es. Auch damit müssen<br />

wir also rechnen. Man kann nicht pausenlos hellwach<br />

sein.<br />

Dann kommt er plötzlich doch, der Bräutigam.<br />

Und jetzt zeigt sich der grosse Unterschied: Die<br />

eine Hälfte der Wartenden hat noch Öl in ihren<br />

Lampen. Die anderen haben keines, und es ist<br />

umsonst, dass sie ihre Freunde anbetteln, ihnen<br />

auszuhelfen. Was will das Gleichnis damit sagen?<br />

Es gibt etwas, <strong>von</strong> dem wir nicht einfach etwas<br />

abgeben können, noch nicht einmal unserem besten<br />

Freund oder unserem geliebten Kind, aber das<br />

absolut notwendig ist für unser Heil.<br />

Was ist dieses Öl, das wir so dringend brauchen?<br />

Es ist der Glaube – der Glaube, der uns mit Christus<br />

vereint, sodass er in uns leben kann.<br />

Was kann man tun, um dieses Öl zu bekommen?<br />

Gottes Wort lesen und hören und beten, über<br />

sein Herz wachen, damit man nicht den Heiligen<br />

Geist auslöscht.


Es liegt in diesem Gleichnis also sowohl eine<br />

Warnung als auch ein Trost. Sieh zu, dass Christus<br />

deinen Glauben lebendig halten kann. Dann<br />

bist du bereit, auch wenn er mitten in der Nacht<br />

kommt oder zu einer Zeit und an einem Ort, wo<br />

keiner <strong>von</strong> uns mit ihm rechnet.


9. November<br />

Ihr aber seid nicht in der Finsternis, dass der<br />

Tag wie ein Dieb über euch komme.<br />

(1. Thessalonicherbrief 5, 4)<br />

Wie macht man das – allezeit bereit sein, dass Jesus<br />

wiederkommt, auch wenn man mit ganz anderen<br />

Dingen beschäftigt ist und weder beten noch<br />

wachen kann?<br />

Paulus gibt uns die gleiche Antwort, die wir gestern<br />

<strong>von</strong> Jesus bekamen. Er tut es mit dem Bild<br />

<strong>von</strong> Tag und Nacht, Schlaf und Wachsein.<br />

Die Ungläubigen leben in der Finsternis. Sie<br />

schlafen und sind betrunken – natürlich im geistlichen<br />

Sinne. Sie sehen nicht, wohin sie gehen,<br />

und merken nicht, was auf sie zukommt. Sie sagen:<br />

Das mit dem Jüngsten Tag und Gericht ist<br />

doch nur eine Einbilduung, welche die Pfarrer erfunden<br />

haben, um uns Angst einzujagen.<br />

Und während sie noch so reden, kommt der<br />

Jüngste Tag, und sie bricht zusammen, die Welt<br />

dieser Menschen und entpuppt sich als Luftballon<br />

der Illusionen.<br />

Aber so ist es mit euch nicht, sagt Paulus. Ihr gehört<br />

nicht zur Nacht und zur Finsternis; ihr seid<br />

alle Kinder des Lichts und des Tages.<br />

Alle? Wer ist das – alle? „Ihr alle, die ihr an den<br />

Herrn Christus glaubt“, würde Paulus antworten.<br />

Da ist man <strong>von</strong> der Vergebung umschlossen, sie<br />

durchströmt das ganze Leben. So leben Gottes<br />

Kinder im Licht.<br />

Und wenn es doch einmal dunkel werden will in<br />

unserem Leben, trösten wir uns mit dem Wort:<br />

Wer Christus nachfolgt wird nicht wandeln müssen<br />

in der Finsternis, sondern wird das Licht des<br />

Lebens empfangen.


10. November<br />

Der Herr verzögert nicht die Verheissung,<br />

wie gewisse Leute es für eine Verzögerung<br />

halten.<br />

(2. Petrusbrief 3, 9)<br />

Christus wird wiederkommen. Wir haben sein eigenes<br />

Wort dafür. Aber warum dauert es so lange?<br />

Diese Frage hat Christenmenschen zu allen Zeiten<br />

umgetrieben, besonders in Verfolgungs- und<br />

Erweckungszeiten mit ihrer grösseren Nähe zum<br />

Herrn. Je mehr man Gottes Nähe und die Kräfte<br />

der zukünftigen Welt erlebt, umso natürlicher erscheint<br />

es einem, dass das Reich Gottes jetzt aber<br />

durchbrechen und in <strong>seiner</strong> ganzen Herrlichkeit<br />

kommen muss. Was hält es nur zurück?<br />

Gottes Geduld, antwortet Petrus. Gott will nicht,<br />

dass Menschen verloren gehen. Es gibt immer<br />

noch Menschen – Gott weiss wie viele - , die zur<br />

Busse kommen können. Solange er noch Menschen<br />

erretten kann, solange zögert Jesu mit seinem<br />

Kommen. Und überhaupt müssen wir die<br />

Zeit <strong>seiner</strong> Ankunft nach seinem Zeitmass berechnen<br />

und nicht nach unserem. Tausend Jahre<br />

sind bei ihm wie ein Tag. Vielleicht wird er noch<br />

einmal einen oder zwei Tage zögern; das weiss<br />

niemand, ausser dem Vater allein.<br />

Aber – Christus kommt! Unserer Welt ist eine<br />

Grenze gesetzt. Diese Schöpfung ist nicht ewig.<br />

Sie ist auf Gottes Befehl entstanden und wird an<br />

dem <strong>von</strong> ihm bestimmten Tag zergehzen mit lautem<br />

Krachen.<br />

Für den Unglauben bedeutet dergleichen eine<br />

furchtbare Katastrophe und sonst nichts. In Wirklichkeit<br />

liegt in ihm etwas, was dem ganzen Leben<br />

Sinn gibt. Dieser Tag wird ja „der grosse Tag“<br />

sein, „der Tag des Herrn“. Was für den Unglauben<br />

der Weltuntergang ist, bedeutet ja für uns,


dass wir – endlich – einen „neuen Himmel und<br />

eine neue Erde“ bekommen, „in denen Gerechtigkeit<br />

wohnt. Dann wird die Schöpfung wieder<br />

gut werden und die Welt ein Paradies, so wie Gott<br />

es am Anfang gemeint hatte. Eia, wär’n wir da!


11. November<br />

Jesus sprach: Himmel und Erde werden vergehen,<br />

aber meine Worte werden nicht vergehen.<br />

(Matthäus 24, 35)<br />

Jesus spricht hier nicht abschliessend über Himmel<br />

und Erde und was allenfalls mit ihnen noch<br />

geschehen wird. Andere Bibelstellen, wie z.B. Offenbarung<br />

21 am Anfang, geben schon deutlichere<br />

<strong>Aus</strong>kunft. Aber das müssen wir jetzt nicht wissen.<br />

Jesus stellt ganz einfach fest: Einmal wird<br />

Himmel und Erde vergehen, aber seine Worte<br />

werden alles überstehen. Alles was innerhalb der<br />

Schöpfung passiert, fällt der Vergänglichkeit anheim.<br />

Nur was durch des Schöpfers Wort in<br />

Himmel und Erde gelangt, hat Ewigkeitswert – es<br />

bleibt – es vergeht nicht! Dieses Wort ist dem<br />

Wort Jesu gleich, das er auf Erden gesprochen<br />

hatte. Wir kennen dieses Wort nur bruchstückhaft.<br />

Denn Jesus hat eine Menge mehr gesprochen,<br />

als in die Bibel aufgenommen worden ist.<br />

Man fürchtete, die Welt vermöchte die Menge der<br />

Bücher nicht zu fassen. Und dennoch vergeht<br />

kein einziges Wort – geht nicht verloren, weil es<br />

die himmlischen Botschafter für ewig notiert und<br />

registriert haben. Wenn wir nun vorausschauen,<br />

wo der Prophet Johannes berichtet <strong>von</strong> einem<br />

neuen Himmel und einer neuen Erde, so werden<br />

sie nach dem ewigen Wort Jesu gestaltet sein. Alles<br />

wird den Stempel dieses Wortes tragen. Der<br />

Umgang der Bewohner <strong>von</strong> Himmel und Erde<br />

wird ganz geprägt sein vom Wort Jesu. Da dabei<br />

zu sein, wird eine riesige Freude sein.


12. November<br />

Gott schuf den Menschen ihm zum Bilde.<br />

(1. Mose 1. 27)<br />

Herr Hansen wollte am Sonntagnachmittag ein<br />

wenig Ruhe haben. Deshalb griff er nach <strong>seiner</strong><br />

Zeitung, in der er eine Weltkarte gefunden hatte,<br />

zerschnitt diese in viele Stücke, gab sie seinen<br />

Kindern und sagte: „Versucht mal, ob ihr sie wieder<br />

zusammensetzen könnt.“ Er glaubte, eine<br />

halbe Stunde auf sicher Ruhe zu haben. Aber<br />

schon nach fünf Minuten umgab ihn die Bande<br />

mit Triumphgeschrei. „Seid ihr schon fertig?“<br />

fragte Hansen ein wenig ärgerlich, aber zugleich<br />

auch ein wenig stolz auf seine fixen Kinder. „Ja“<br />

sagte der Älteste „das war keine Kunst. Auf der<br />

Rückseite war ein Bild eines Menschen und sieh,<br />

Vater, sobald der Mensch so war, wie er sein sollte,<br />

war die Welt es auch.<br />

Das grösste Problem in dieser Welt ist nicht die<br />

Atombombe, ist nicht der Nord-Süd Konflikt, ist<br />

nicht irgend etwas, sondern ist einzig und allein<br />

der Mensch. Welche Würde und Hoheit hat Gott<br />

dem Menschen gegeben. Die Anrede „Unser Vater“<br />

ist wie alle Worte Jesu im nächsten Wortsinn<br />

zu verstehen. Von meinem Vater stamme ich ab;<br />

in meinen Eltern liegt mein Ursprung. Der Gottesname<br />

des Neuen Testamentes erinnert uns daran,<br />

dass wir göttlicher Herkunft sind, dass wir<br />

göttlichen Geschlechts sind. Wenn wir diese Bestimmung<br />

verfehlen, geht es in der Welt und in<br />

unserer Familie, in der Poltik und in meinem Leben<br />

schief. Das Durcheinander der Welt ist ein<br />

Durcheinander des Menschen. Erst wenn der<br />

Mensch heil ist, ist es die Welt auch. Erst wenn<br />

der Mensch zu <strong>seiner</strong> Bestimmung zurückfindet,<br />

findet die Welt zu sich selbst.<br />

Aber um heil zu werden, braucht es einen Heiland.


13. November<br />

Zu Gott allein ist stille meine Seele; <strong>von</strong> ihm<br />

kommt mir Hilfe. (Psalm 62, 2)<br />

Modersohn erzählt: „Ich habe selten auf dem Gesicht<br />

und Wesen eines Menschen einen solchen<br />

Glanz liegen sehen, wie bei der heimgegangenen<br />

Gräfin Waldersee. Es lag ein wunderbarer Friede<br />

über ihrem ganzen Wesen… Es war mir nicht<br />

weiter aufgefallen, dass die Gräfin am Morgen<br />

nicht am Frühstückstisch erschien. Ich dachte<br />

mir, es ist eine alte Dame, gewiss wird sie etwas<br />

länger ruhen und etwas längere Zeit gebrauchen<br />

zum Ankleiden. <strong>Aus</strong> der Beschreibung ihres Lebens<br />

erfuhr ich dann den Grund ihres besonderen<br />

Liebreizes und ihrer wunderbaren, schier überirdischen<br />

Anmut: An jedem Morgen weihte sie eine<br />

Stunde der Begegnung mit dem Herrn. Durch<br />

niemand und durch nichts liess sie sich darin stören.<br />

Selbst wenn etwa der Kaiser früh kam, um sie<br />

zu besuchen, musste er warten, bis ihre Audienz<br />

bei dem König aller Könige beendet war.<br />

Solche Stille ist gesegnet. Sie gibt Gott die Ehre,<br />

die ihm gebührt – Lob und Preis für das Opfer<br />

Jesu Christi und Dank für den Beistand des Heiligen<br />

Geistes. Und uns bringt sie Ordnung in die<br />

Absichten für den aktuellen Tag und darüber hinaus<br />

– ordnet sie die Gedanken und setzt die Prioritäten.<br />

Wer eine Anleitung braucht, findet gleich mehrere<br />

in einer christlichen Buchhandlung.


14. November<br />

Einer ist für alle gestorben.<br />

(2. Korintherbrief 5, 14)<br />

Im Theaterstück „Tote ohne Begräbnis“ sind wir<br />

Zeuge eines Gespräches, das mehrere zum Tode<br />

Verurteilte vor der Hinrichtung führen. Dabei<br />

macht einer die Bemerkung: „Ich wäre so gerne<br />

für jemand nicht überflüssig gewesen.“ In diesem<br />

Satz spiegelt sich etwas wieder <strong>von</strong> der Ungeborgenheit<br />

des modernen Menschen. Das Überzähligseins<br />

kann mich ganz plötzlich überfallen – auf<br />

dem überfüllten Perron eines Hauptbahnhofs –<br />

bei einer Massenveranstaltung – bei der Abfertigung<br />

in einem grossen Verwaltungsgebäude und<br />

anderswo. Es kann mich auch in den eigenen vier<br />

Wänden überfallen wenn ich ganz allein bin. Oder<br />

auch am Fliessband in einer modernen Werkhalle.<br />

Wer fragt schon nach mir? Einige wenige Angehörige<br />

und Mitarbeiter werden es bemerken,<br />

wenn ich ausfalle. Ich werde aus der Personalkartei<br />

gestrichen, das Leben geht weiter.<br />

Unter dem Kreuz Jesu hört die Einsamkeit auf.<br />

Unter dem Kreuz Jesu kann ich mich nicht mehr<br />

einsam fühlen.<br />

Jesus hat an mich gedacht, als er rief: Es ist vollbracht!<br />

Diese Tatsache kann ein überflüssiges und<br />

einsames Leben verwandeln. Wer Jesus hat, ist<br />

nicht mehr überflüssig. Er gebraucht dich. Er<br />

verwandelt durch seine Liebe die Einsamkeit in<br />

dankbaren Dienst für andere – und das Leben<br />

wird wieder sinnvoll.


15. November<br />

Jesus Christus spricht: Siehe, ich stehe vor der<br />

Tür und klopfe an. Wenn jemand meine<br />

Stimme hören wird und die Tür auftut, zu<br />

dem werde ich hineingehen und das Abendmahl<br />

mit ihm halten und er mit mir.<br />

(Offenbarung 3, 20)<br />

Ununterbrochen ist Jesus unterwegs, <strong>von</strong> Tür zu<br />

Tür. Überall klopft er an und lässt seine Stimme<br />

hören. Es ist die Stimme des guten Hirten, der<br />

kein Anvertrautes verloren geben will und kann.<br />

Noch ist Zeit, auf das Pochen zu achten, die<br />

Stimme ernst zu nehmen und die Türe zu öffnen.<br />

Wohl dem, der sich Zeit nimmt für den Gast vor<br />

der Türe. Der jetzt nichts scheinbar Wichtigeres<br />

vorschiebt, was zu tun wäre, aber dann wäre der<br />

Gast schon weitergezogen. An der Stimme erkennt<br />

jeder sofort, dass der Gottes Sohn um Einlass<br />

bittet. Und ohne schwere Folgen verweigert<br />

sich ihm niemand.<br />

Jesus kommt nicht ohne Gabe. Er selber ist schon<br />

eine Gabe, die höchste, die uns begegnen kann<br />

und die wir annehmen dürfen. In ihm begegnet<br />

uns die Liebe Gottes in Person, die Gerechtigkeit<br />

Gottes, der Friede und die Sanftmut und die<br />

Freude Gottes. Aber was er bringt ist wie der<br />

Cantus firmus über allem. Er bringt sich dem, der<br />

einladend öffnet, im Abendmahl als der grosse<br />

Versöhner zwischen Mensch und Gott. Jesus hält<br />

das Abendmahl mit dem Sünder und dieser mit<br />

dem Gerechten. So ensteht Erlösung und Versöhnung<br />

und unendliche Freude. Von nun an ist<br />

eine innige Gemeinschaft zwischen Mensch und<br />

Gottes Sohn, ein Nachfolgen im Dienste Jesu und<br />

ein Leben mit einem freien Blick nach dem Reich<br />

Gottes.


16. November<br />

Wir wissen, dass Bedrängnis Geduld bringt,<br />

Geduld aber Bewährung, Bewährung aber<br />

Hoffnung. (Römerbrief 5, 3-4)<br />

Zu dieser Römerbriefstelle passt ein Vers aus dem<br />

Anfang des Jakobusbriefes: Erkennet, dass die Erprobung<br />

eures Glaubens Geduld wirkt! Die Geduld soll<br />

aber ein vollkommenes Werk zur Folge haben.<br />

Wir wissen – Wissen, ist unabdingbar wenn es um<br />

Bedrängnis, Erprobung, Bewährung, Geduld,<br />

Hoffnung und um Ziele geht.<br />

Der moderne Mensch muss in diesen beiden Bibelstellen<br />

direkt etwas vermissen. Sie sind völlig<br />

frei <strong>von</strong> allem Negativismus. Auch die Frage: Warum<br />

Gott? fehlt vollständig. Menschen haben ohne<br />

diese Frage und ohne negative Zwischenrufe<br />

Erfahrungen gemacht, die in eine ganz andere<br />

Richtung gewiesen haben. Diese Menschen scheinen<br />

nicht unglücklich zu sein – gerade wenn auch<br />

Bedrängnis ihr Leben begleitet. Sie haben ein<br />

kostbares Gut erworben – Geduld. Geduld bedeutet<br />

‚ruhiges, beherrschtes Ertragen <strong>von</strong> etwas,<br />

was unangenehm ist oder sehr lange dauert.’ Geduld<br />

ist <strong>Aus</strong>dauer, Beharrlichkeit, Beständigkeit,<br />

Sanftmut. Und zu diesem allem sagt die Bibel<br />

übergreifend: Geduld bringt Bewährung. Das ist<br />

was bei Gott zählt und hoch im Ansehen steht.<br />

Aber es ist noch nicht das Ziel – Bewährung<br />

bringt Hoffnung. Und ohne es weiter zu erwähnen,<br />

ist eine ganz bestimmte Hoffnung gemeint,<br />

nämlich das Vertrauen in die tägliche Zukunft,<br />

dass sie vom Heiligen Geist erfüllt sei und vom<br />

Leben in der Gemeinschaft mit Jesus Christus in<br />

der Freude des Reiches Gottes.<br />

Und dies alles hat zur Grundlage eben nicht eine<br />

Ahnung, sondern eine Gewissheit, die nicht trügt.


17. November<br />

Der Herr hat mich gesandt, zu trösten alle<br />

Traurigen, zu schaffen den Traurigen zu Zion,<br />

dass ihnen Schmuck für Asche und Freudenöl<br />

für Traurigkeit und schöne Kleider für<br />

einen betrübten Geist gegeben werden.<br />

(Jesaja 61, 2-3)<br />

Gott sieht auf das Traurige, und der Heiland sagt:<br />

“Selig sind, die da Leid tragen, selig sind die Armen,<br />

selig sind die hungern und dürsten nach Gerechtigkeit.“<br />

Gott will die Traurigkeit auf Erden<br />

beseitigen und in Zion, das heisst in Jesus Christus<br />

ein neues Ziel geben. Das Ziel der Liebe Gottes<br />

sind die Traurigen, die Armen, die Hungernden<br />

und Dürstenden; und selig sind schliesslich<br />

alle, die sich zu Gott halten und traurig sind, dass<br />

die Sünde und das Böse, die Finsternis und der<br />

Tod noch soviel Jammer und Elend bringen. Wir<br />

dürfen in jede Traurigkeit mit Hoffnung hineinsehen;<br />

und in jede Betrübnis, die in unserem Geist<br />

noch aufkommen will, soll der Keim der Hoffnung<br />

gegeben werden; das ist in Gottes Liebe begründet<br />

und wird gegeben werden zu <strong>seiner</strong> Zeit.<br />

Und schon heute, wer wirklich den Heiland erkannt<br />

hat, der lässt keine Traurigkeit aufkommen,<br />

der hat immer einen <strong>Aus</strong>blick, dass sein betrübter<br />

Geist erweckt wird zu neuer Geduld, zu neuem<br />

Leben im Glauben und zu der Hoffnung, <strong>von</strong> der<br />

Paulus sagt:<br />

Ich halte dafür, dass dieser Zeit Leiden der Herrlichkeit<br />

nicht wert sei, die an uns soll geoffenbart werden.<br />

Das ist der stärkste Audruck dafür, dass Gott in<br />

die Leiden hinein die Hoffnung der Seligkeit legt.<br />

Es soll ja etwas Herrliches geschaffen werden, wie<br />

bei Jesus, aus dessen Leiden und Tod Herrlichkeit<br />

entstanden ist. Das ist eine Losung geworden in<br />

die ganze Welt hinein: Durch Tod zum Leben,<br />

durch Leiden zur Herrlichkeit, durch Dulden zum


Überwinden. Das bleibt für alle Zeit ewig wahr<br />

und in der Treue Gottes gewiss, sodass wir mit<br />

getrostem Herzen unsere Leiden auf uns nehmen<br />

dürfen.


18. November<br />

Ich sage euch: Also wird auch Freude sein im<br />

Himmel über einen Sünder, der Busse tut.<br />

(Lukas 15, 7)<br />

In der eisigen Winterkälte des Jahres 1077 zog ein<br />

deutscher Kaiser, nur <strong>von</strong> <strong>seiner</strong> Gattin, seinem<br />

zweijährigem Söhnchen und wenigen Freunden<br />

begleitet, über die Alpen, über den tief verschneiten<br />

Mont Cenis. Das Ziel der Reise war die Feste<br />

Canossa, die steil in den grauen Himmel emporragte.<br />

Dort weilte Papst Gregor, der über Heinrich<br />

IV. den Kirchenbann verhängt hatte. Ungeheuerliches<br />

Geschehen: Der Kaiser war aus der<br />

Kirche ausgeschlossen! Es gab keinen andern<br />

<strong>Aus</strong>weg: Der Kaiser musste Busse tun und sich<br />

beugen. In weissem Büsserhemd erschien er<br />

mehrmals vor dem Burghof, endlich nach drei<br />

Tagen öffnete sich das Tor. Heinrich warf sich<br />

vor dem stolzen Gegner nieder und wurde vom<br />

Bann gelöst. Was mag in <strong>seiner</strong> Seele vorgegangen<br />

sein? Wege der Busse sind schwer und unbequem.<br />

Niemand beugt sich gern. Wir möchten alle stolz<br />

und aufrecht dastehen, vor uns selbst und vor den<br />

Menschen. Busse sieht nach Schlappheit aus.<br />

Schuld eingestehen, ist immer eine peinliche Angelegenheit.<br />

Immer? Wir können ohne Bitterkeit<br />

im Herzen zu Jesus kommen. Es ist keine peinliche<br />

Angelegenheit. Er kostet nicht siegesbewusst<br />

die Situation aus, wenn wir kommen. Vielmehr<br />

herrscht im Himmel aufrichtige Freude über einen<br />

Menschen, der seinen Kurs ändert, der in sich<br />

und nicht um sich schlägt. Oder sind wir zu stolz?


19. November<br />

Da anwortete Paulus: „Was weint ihr so und<br />

macht mir das Herz schwer? Ich bin ja bereit,<br />

mich in Jerusalem nicht nur binden zu lassen,<br />

sondern auch den Tod für den Namen des<br />

Herrn Jesus zu erleiden.“<br />

(Apostelgeschichte 21, 13)<br />

Ein Märchen erzählt, der Tod habe eines Tages<br />

mit einem Menschen einen Vertrag abgeschlossen,<br />

in welchem er sich verpflichtete, diesen vor<br />

<strong>seiner</strong> letzten Stunde zu warnen, damit er Zeit habe,<br />

sich aufs Sterben vorzubereiten. Jahre vergingen.<br />

Plötzlich stand der Tod da und hiess den<br />

Menschen, ihm zu folgen. „Aber du hast mich ja<br />

gar nicht gewarnt“, rief der Sterbende in Verzweiflung.<br />

„Nicht gewarnt?“ rief der unerbittliche<br />

Bote, „jeden Tag habe ich dich gewarnt. Sind<br />

nicht deine Augenallmählich trüber geworden?<br />

Sind nicht deine Haare gebleicht, deine Kräfte<br />

entschwunden? Wie oft habe ich dir überdies in<br />

der Stadt die Leichenzüge begegnen lassen? Täglich<br />

habe ich dir in der Zeitung eine Reihe <strong>von</strong><br />

Sterbefällen gezeigt; mehr als die Hälfte <strong>von</strong> ihnen<br />

waren Leute, die in der Blüte des Lebens hingerafft<br />

wurden. Und du sagst, ich hätte dich nicht<br />

gewarnt? Und nun, bereit oder nicht, komm und<br />

folge mir.“<br />

Es ist wichtig! Niemand kann den Terminkalender<br />

Gottes einsehen. Wir sind auch als Christen<br />

nicht seine Geheimschreiber. Vor-Alarm wird<br />

nicht gegeben.<br />

Darum rüstet euch ihr Christenleut!<br />

„Ich bin bereit“, konnte Paulus sagen. „Ich bin<br />

jeden Tag vorbereitet.“<br />

Können wir das <strong>von</strong> uns auch sagen?


20. November<br />

Wer mich verwirft und mein Wort nicht annimmt,<br />

der hat schon seinen Richter: Das<br />

Wort, das ich verkündigt habe, wird sein<br />

Richter sein am jüngsten Tage.<br />

(Johannes 12, 48)<br />

In der dramatischen Novelle „Karmel“ <strong>von</strong> Herbert<br />

Kuhn sagt am Ende jenes aufregenden Zweikampfes<br />

zwischen Pfarrer und Soldat der Ritterkreuzträger,<br />

auf seine Pistole weisend: „Ich kapituliere<br />

nie, und solange ich schiessen kann, schiesse<br />

ich. Noch habe ich acht Schuss. Der Pfarrer<br />

antwortet: „Und wenn sie tausend hätten, sie hätten<br />

immer noch einen Schuss zuwenig. Die letzte<br />

Patrone steckt immer im Lauf Gottes.“ Wer mit<br />

dem letzten Schuss prahlt, denkt unrealistisch. Er<br />

denkt bis zum letzten Atemzug, aber nicht darüber<br />

hinaus.<br />

Der Pfarrer hat recht. Der Mensch hat immer einen<br />

Schuss zu wenig. Gott behält das letzte Wort.<br />

Wer ihn ignoriert, hat bereits seinen Richter. Sein<br />

Arm reicht weiter als unsere Überheblichkeit.<br />

Und der Jüngste Tag wird manchem Idealisten die<br />

Maske vom Gesicht reissen. Er ist kein Trostpflaster<br />

für fromme Gemüter. Er ist eine harte<br />

Realität. Gott bewahre uns vor Oberflächlichkeit<br />

und Gleichgültigkeit.


21. November<br />

Lasst uns laufen mit Geduld in dem Kampf,<br />

der uns bestimmt ist, und aufsehen zu Jesus,<br />

dem Anfänger und Vollender des Glaubens.<br />

(Hebräerbrief 12, 1-2)<br />

Gottes Kinder suchen sich ihren Weg in der<br />

Nachfolge nicht selber aus. Unsere Wünsche sind<br />

nicht massgebend, werden aber vielleicht berücksichtigt.<br />

Unsere Vorstellungen decken sich kaum<br />

mit denen unseres Herrn.<br />

Darum wird es uns dringend ans Herz gelegt,<br />

nicht nur einen Weg zu erkennen, sondern ihn als<br />

Kampfbahn anzugehen, in aller Ruhe, mit Geduld<br />

gewappnet den Kampf aufnehmend. Die Triebkraft<br />

ist eindeutig der Glaube. Aber auch da: kein<br />

Feld- Wald- und Wiesenglaube. Hier ist der Glaube<br />

umschrieben als der Glaube Jesu, der für den<br />

Anfang und die Vollendung bürgt.<br />

Und nun wird nicht aufgerufen, in dieser Weise<br />

an Jesus zu glauben, nach ihm sich zu richten.<br />

Fast etwas eigentümlich wird uns ans Herz gelegt,<br />

zu Jesus aufzusehen. Das können wir nicht mit unseren<br />

äusseren Augen. Aber innerlich haben wir<br />

scharfe Augen, die richten wir auf unseren Herrn.<br />

Das schafft eine Verbindung und Gemeinschaft<br />

ohnegleichen und die Voraussetzung für den Weg<br />

der Nachfolge, der uns bestimmt ist. Wie massgebend,<br />

lebenspendend und kräftigend dies ist, zeigt<br />

ein Psalmsänger auf, der im Psalm 25,15 festhält:<br />

Meine Augen sehen stets zu dem Herrn!<br />

Es ist meine eigene Erfahrung, und jene <strong>von</strong><br />

Freunden, dass dieses Bibelwort in wunderbarer<br />

Weise im Himmel Aktionen auslöst, die dann<br />

wiederum bei uns wahrnehmbar werden als Veränderungen,<br />

Erhörung <strong>von</strong> Gebeten, Erfahrung<br />

<strong>von</strong> Ruhe und Geduld in irgendeinem Kampf, der<br />

uns bestimmt ist und den wir bestehen werden.


Wagen doch auch sie, was zwar ungewohnt, aber<br />

verheissungsvoll ist, zu tun. „Meine Augen sehen<br />

stets zu dem Herrn.“ Und sie werden überrascht<br />

sein <strong>von</strong> der hohen Trefferquote in allen Anliegen,<br />

die sie begleiten im Lauf der ihnen im Kampf<br />

bestimmt ist.


22. November<br />

Ich lebe, und ihr sollt auch leben. (Joh. 14, 19)<br />

In dem Buch „Die Sonne Satans“ <strong>von</strong> Georges<br />

Bernanos wird in einem erschütternden Bild die<br />

Macht des Todes geschildert. Ein Priester versucht,<br />

einen toten Knaben ins Leben zurückzurufen.<br />

Er hebt den Leib des Knaben einem Kreuz<br />

entgegen. Einen Augenblick meint der Priester im<br />

Licht der flackernden Kerze, der Knabe lebe wieder.<br />

Da hört er hinter sich einen Schrei und ein<br />

schreckliches Hohngelächter. Der tote Körper<br />

sinkt auf die Bahre zurück. Der Priester flieht voller<br />

Entsetzen und bricht schliesslich zusammen,<br />

vom Schlag getroffen. Er konnte den Tod nicht<br />

bezwingen, der Tod bezwang ihn.<br />

Keine menschliche Macht vermag auf die Dauer<br />

dem Tode seine Herrschaft streitig zu machen.<br />

Nur einer konnte sich in Vollmacht dem Tod entgegenstellen<br />

und Sieger bleiben: Jesus Christus!<br />

Ostern ist darum das Fest der Feste. Jesus hat<br />

dem Satan das Maul gestopft. Das Hohngelächter<br />

ist verstummt. Der Tod ist einem Stärkeren begegnet.<br />

Ist es darum nicht logisch, dass ich mich diesem<br />

Stärkeren anvertraue, wenn ich dem Tod begegnen<br />

will? Einmal begegne ich ihm. Und dann?<br />

Jesus sagt: „Ich lebe, und ihr sollt auch leben!“


23. November<br />

Wo man leidet in des Herren Furcht, da ist<br />

Leben. (Sprüche 22, 4)<br />

Luther verglich einmal das Menschenherz mit einem<br />

Ball: „<strong>Dr</strong>ückt eine Last auf denselben, so<br />

schmiegt und biegt er sich, um im nächsten Augenblick<br />

wieder aufzuschnellen, wenn sie weggenommen<br />

ist. So ist das Herz fügsam unter dem<br />

<strong>Dr</strong>uck der Trübsal. Wendet sie Gott, so ist es gewöhnlich<br />

das alte hoffärtige Ding wie zuvor.“<br />

Und einer der berühmtesten Theologen des Mittelalters,<br />

Anselm <strong>von</strong> Canterbury, tröstete einmal<br />

einen Leidenden mit den Worten: „Da die Wasser<br />

wuchsen, hob sich die Arche in die Höhe. Das<br />

Leiden soll uns in die Höhe tragen.“<br />

Leid gehört zu den wenigen Tatsachen in der<br />

Welt, die sich nicht leichtfertig übersehen lassen.<br />

Es stimmt schon: Not lehrt beten, aber auch fluchen.<br />

Am Ende werden wir ganz einsam und verlassen<br />

dastehen. Aber als Christen dürfen wir wissen,<br />

Gott glänzt nicht durch Abwesenheit, wenn<br />

wir in die Schattenseiten des Lebens geraten. Leid<br />

ist Training – Gott nimmt uns in seine Schule.<br />

Und wenn wir ihm nicht weglaufen und „in der<br />

Furcht des Herrn“ bleiben, erfahren wir, was Leben<br />

heisst. Dieses Leben ist mehr als gesund und<br />

zufrieden sein. Es ist die Belohnung <strong>seiner</strong><br />

„Heim-suchung“.


24. November<br />

Paulus sprach: Ich habe euch in allem gezeigt,<br />

dass man so arbeiten und sich der<br />

Schwachen annehmen muss im Gedenken an<br />

das Wort des Herrn Jesus, der selbst gesagt<br />

hat: Geben ist seliger als nehmen. (Apostelgesch.<br />

20, 35)<br />

Paulus steht vor uns als das grosse Vorbild. Doch<br />

die Frage sei erlaubt, als welches Vorbild? Viele<br />

sehen in ihm den einzigartigen Theologen der<br />

neutestamentlichen Zeit, an dem sich zu orientieren<br />

unabdingbar ist. Hat er doch immerhin eine<br />

gültige Gemeindetheologie geschaffen, wobei<br />

immer genug Platz offenblieb für neue Erkenntnisse<br />

und neue Strategien in der Missionsarbeit.<br />

Wichtige Teile zu einer ganzheitlichen Theolgie<br />

haben auch andere Apostel beigesteuert und hie<br />

und da zu Paulus Fragen gestellt.<br />

Andere sehen in Paulus vor allem den überragenden<br />

Völkermissionar. Unter der Leitung des Heiligen<br />

Geistes hat er Volk um Volk besucht und<br />

überall Gemeinden gegründet. Es ist atemberaubend<br />

in der Bibel zu lesen, unter welchen Strapazen<br />

und Leiden er die frohe Botschaft verkündigte<br />

und Mitarbeiter ausbildete, <strong>von</strong> denen er jeweils<br />

ein oder zwei in einer neuen Gemeinde zurück<br />

liess, wenn er weiter zog. Eindrücklick sind auch<br />

die Briefe, mit denen Paulus Kontakt hielt mit<br />

seinen Gemeinden.<br />

Wiederum andere heben hervor, dass Paulus grossenteils<br />

für sich selber aufkam und nicht den Gemeinden<br />

zur Last fiel. Er arbeitete in seinem Beruf<br />

als Zeltmacher und Teppichweber.<br />

Und nun meldet sich mit obigem Bibelwort Paulus<br />

selber zu Wort. Nicht um den Vorbildern selber<br />

noch eins beizufügen, nein, das wäre der Demut<br />

<strong>von</strong> Paulus nicht entsprechend. Aber er weist


auf einen leicht zu vergessenden Punkt hin, der<br />

alle Christen angeht. Paulus erwähnt zunächst seine<br />

Arbeitsweise, die andernorts beschrieben ist,<br />

hier heisst es einfach: so zu arbeiten habe ich euch<br />

gezeigt. Paulus war ein Schwerarbeiter, der aber<br />

doch noch nach links und rechts sehen konnte.<br />

Er hatte keine Scheuklappen an. So hat er immer<br />

die Schwachen gesehen und sich ihrer angenommen,<br />

ihnen gegeben und nie etwas zurück erwartet.<br />

Man spürt förmlich, dass ihm dieser Dienst<br />

der Hingabe und des sich Verschenkens gleich<br />

wichtig war wie die Verkündigung mit Worten. Er<br />

sieht sich da in der Nachahmung Jesu Christi, der<br />

das vollkommen ausgeübt hat.<br />

Wenn wir nun das Ganze bedenken und so richtig<br />

in die Gedanken einfühlen, steigt unwillkürlich die<br />

Frage in uns auf: Wo ist unser Bezug dazu? Sind<br />

wir bereit, unser Christsein zu überprüfen und<br />

eventuell dies und jenes zu ändern, damit wir ganz<br />

in Übereinstimmung mit dem Bibelwort leben<br />

und wirken?


25. November<br />

Durch Stillesein und Hoffen würdet ihr stark<br />

sein. (Jesaja 30, 15)<br />

In meiner Kindheit hing dieser Vers, kunstvoll<br />

gestaltet, über einer Tür in der Stube. Durch diese<br />

Türe ging man ins Elternzimmer, wo der Vater<br />

krank und gelähmt lag. Ich verstand diesen Vers<br />

auf dem schönen Holz nicht, zumal es lange Zeit<br />

laut hinter der Türe her und zu ging. Viel später<br />

begriff ich ein wenig Jesaja 30,15.<br />

In vielen Jahren des Pfarrdienstes tat dieses Wort<br />

seinen tröstenden und ermutigenden Dienst. Und<br />

jetzt, da das schwere Leiden auch an mich kam,<br />

verstehe ich Jesaja 30,15 endlich in <strong>seiner</strong> ganzen<br />

Tiefe und Bedeutung. Vom Verstand her leicht zu<br />

begreifen, berührt es einem doch erst in der hoffnungslosen<br />

Lage des Leidens. Da wo in einem alles<br />

aufbegehrt und alles laut aus einem heraus<br />

schreit, da wo kein Sinn erkennbar ist, wo man<br />

mit dem Leben am liebsten abschliessen möchte,<br />

kann dieses Wort eine Bedeutung bekommen.<br />

Aber eigentümlich, der Kranke und physisch und<br />

psychisch Leidende will sich auf eine so einfache<br />

Art nicht helfen lassen. Der gläubige Kranke erwartet<br />

ein Eingreifen Gottes, einen Beistand aus<br />

der himmlischen Welt – aber doch keinen Hinweis<br />

auf Stillesein und Hoffen. Gott weiss es.<br />

Darum heisst es: …würdet ihr stark sein. Das sei<br />

herausgehoben. Wenn der Mensch nicht stille<br />

wird vor Gott und <strong>seiner</strong> Hoffnungslosigkeit<br />

nicht den Abschied gibt, ist er niemals bereit, dass<br />

Gott eingreifen kann, sodass der Mensch stark<br />

würde.<br />

Und nun gilt das Wort nicht nur den Leidenden,<br />

sondern den Menschen in jeder schwierigen Lebenslage,<br />

wobei hier noch ein Aspekt dazu<br />

kommt, nämlich, dass in solchen Fällen das Stillesein<br />

und Hoffen kein äusserliches Ruhen vor dem


Herrn sein kann, sondern eine innere Haltung,<br />

währenddem das Leben und die Arbeit weitergehen.<br />

Wollen wir es wagen, sei es als Leidende oder Betriebsame<br />

mit diesem Bibelwort zu leben, es ganz<br />

tief zu erleben. Manchmal geschehen Wunder,<br />

aber sie geschehen in der Stille.


26. November<br />

Denn Gott ist nicht ein Gott der Toten, sondern<br />

der Lebendigen. (Lukas 20, 38)<br />

Im „Buch <strong>von</strong> San Michele„ schreibt Axel<br />

Munthe an einer Stelle: Verfasser, die darauf bestehen,<br />

ihre Leser in die Armenviertel zu schleifen,<br />

gehen selber selten hin; Spezialisten für<br />

Krankheit und Tod lassen sich selten bewegen,<br />

mit dir ins Hospital zu gehen, wo sie gerade ihre<br />

Heldin erledigt haben. Dichter und Philosophen,<br />

die klangvoll den Befreier Tod besingen, erbleichen,<br />

wenn man diesen beim Namen nennt.<br />

Der alte Schopenhauer (1788-1860), der grösste<br />

moderne Philosoph, dem die Verneinung des Lebens<br />

Grundstein <strong>seiner</strong> Lehre war, pflegte jedes<br />

Gespräch über den Tod abzubrechen.<br />

Menschen ohne Gott fliehen nicht selten vor dem<br />

Tod. Sie verbannen ihn aus ihren Gesprächen. Sie<br />

wollen realistisch sein, aber sehen der letzten Realität<br />

nur ungern ins Auge. Sie verstehen ihn zu beschreiben,<br />

aber haben Angst vor ihm.<br />

Anders die Menschen, die Ostern feiern als Gottes<br />

Sieg über den Tod. Sie verheimlichen ihn<br />

nicht. Sie wissen, dass Gott das letzte Wort behält,<br />

weil er ein Gott der Lebendigen und nicht<br />

der Toten ist. Gott hat uns den Sieg gegeben.


27. November<br />

Nehmet mit Sanftmut das euch eingepflanzte<br />

Wort auf, das eure Seelen retten kann! Seid<br />

Täter des Wortes und nicht bloss Hörer, wodurch<br />

ihr euch selbst betrügt!<br />

(Jakobusbrief 1, 21.22)<br />

Die erste Ermahnung dieses Bibelwortes ist recht<br />

eigenartig. Man würde doch erwarten, dass der<br />

Mensch glücklich wäre über das geschenkte Wort<br />

Gottes. Aber genau das ist es nicht. Der natürliche<br />

Mensch sträubt sich mit Kraft gegen Gottes<br />

Kraft, weil er spürt, dass damit nebst dem Geschenk<br />

der Gnade und der Erlösung auch ein Anspruch<br />

auf ihn zukommt. Dagegen wehrt er sich,<br />

notfalls mit lauten <strong>Aus</strong>brüchen und Flüchen. Das<br />

ist eine Beleidigung Gottes, des Spenders des<br />

kostbaren Wortes.<br />

Jakobus kennt diesen Sachverhalt aus seinem<br />

Dienst sehr genau. Und er trägt Leid um alle, die<br />

abweisend sind. Darum die schlichte Ermahnung:<br />

Nehmt mit Sanftmut… Es gilt, sich zuerst Gedanken<br />

zu machen über das Geschehnis des eingepflanzten<br />

Wortes und hernach dankbar es willkommen<br />

zu heissen, mit dem festen Willen sich<br />

nach ihm zu richten und demütig und freudig gehorsam<br />

zu sein. Immerhin steht eine der grössten<br />

Verheissungen Gottes darauf, nämlich, dass unser<br />

Leben für die Ewigkeit gerettet wird. Jesus hat das<br />

vollbracht am Kreuz und das eingepflanzte Wort<br />

ist die Botschaft da<strong>von</strong>.<br />

Und nun erreicht uns dieses Wort nicht einfach<br />

zu unserer eigenen Begünstigung, sondern die<br />

zweite Ermahnung lehrt uns mit dem Wort umzugehen,<br />

es nicht für sich zu behalten, sondern<br />

weiterzugeben und nicht zuletzt dem Wort folgend<br />

zu leben: Täter und nicht Hörer allein zu<br />

sein. Dieser empfängt den vollen Segen Gottes.


28. November<br />

Der Herr ist mein Hirte, mir wird nichts mangeln.<br />

(Psalm 23, 1)<br />

<strong>Werner</strong> Bergengruen erzählt in einem Gedicht<br />

<strong>von</strong> einer Meise, die im Winter bei Schnee und<br />

Eis den Futterplatz vor einem Fenster anfliegt<br />

und mitten im Flug immer wieder abgeschreckt<br />

wird <strong>von</strong> einer grossen, dunklen Gestalt hinter<br />

dem Fenster… Da steht, ins Zuschauen versunken<br />

der freundliche Spender all der ausgestreuten<br />

Herrlichkeiten. Ach, wenn die Meise es doch nur<br />

wüsste, wie wohl er es mit ihr meinte.<br />

Diese kleine ängstliche Meise wird nun unversehens<br />

zum Gleichnis alles Menschenwesens im<br />

Verhältnis zu Gott.<br />

Wem die Offenbarung <strong>von</strong> Christus zu einer<br />

fröhlichen Gewissheit geworden ist, der hat Vertrauen<br />

zu der freundlich spendenden und gütig<br />

zuschauenden, im Geben und Nehmen gleich<br />

barmherzigen und stets zur rechten Zeit eingreifenden<br />

Gestalt hinter der Scheibe der Weltgeschichte.<br />

Der lebt im Vertrauen auf seine Gnade<br />

ein getrostes, dankbares Leben.<br />

Sollten wir nicht Vertrauen haben zu dem Herrn,<br />

der uns gütig zuschaut und spendet? Der erlebt<br />

den Vater, der unser Wohl im Auge hat. Der<br />

Psalmsänger hat es erlebt. Er hat die Verse nicht<br />

aus der Fantasie produziert. Sie sind das Ergebnis<br />

vieler dankbarer Erfahrungen.<br />

Können wir auch ähnliches über unser Leben sagen?


29. November<br />

Tue rechtschaffne Frucht der Busse.<br />

(Matthäus 3, 8)<br />

Die christlichen Kirchen stellen seit alters her mitten<br />

in die Adventszeit die Gestalt Johannes des<br />

Täufers. Wer dieser strenge und mächtige Mann<br />

ist, hat niemand gewaltiger ausgedrückt als Matthias<br />

Grünewald auf seinem Isenheimer Altarbild.<br />

Da steht er neben dem zerschundenen Leib des<br />

Gekreuzigten, der seine Finger qualvoll spreizt,<br />

hilflos geöffnet zum Himmel streckt. Auf der andern<br />

Seite der klagende Jünger, der die zusammenbrechende<br />

Mutter Jesu auffängt; vor ihnen<br />

kniet mit schmerzgerungenen Händen Maria-<br />

Magdalena. Gegenüber diesen Bildern des Jammers<br />

und der Verzweiflung steht der Täufer, ein<br />

unerschütterlich ernster Mann, das Buch der alten<br />

Weissagungen in <strong>seiner</strong> Linken; mit dem überlangen<br />

Zeigefinger der krampfhaft ausgestreckten<br />

Rechten deutet er auf den Gekreuzigten. Inmitten<br />

des stummen Leidens sprechen seine Gesten allein<br />

ein deutendes, uns verständliches Wort: Tut<br />

Busse und: Seht auf den, welcher der Welt Sünde<br />

tragen muss.<br />

Vorweihnachtszeit ist Busszeit - Vorbereitungszeit<br />

und keine Zeit des Trubels. Busse tun heisst:<br />

in sich gehen, umkehren, auf den sehen, der alles<br />

ändern kann und will, dessen Kommen an Weihnachten<br />

gefeiert wird.<br />

Die überlegene Person des Johannes ist uns ein<br />

guter Helfer – besonders in den Adventswochen.


30. November<br />

Gesegnet ist der Mann, der sich auf den<br />

Herrn verlässt, und der Herr seine Zuversicht<br />

ist; der ist wie ein Baum, am Wasser gepflanzt<br />

und am Bach gewurzelt. (Jeremia 17,<br />

7.8)<br />

Sich auf den Herrn verlassen, gleichsam unbewusst,<br />

<strong>von</strong> Herzen, nicht mit Kopf und Gedanken,<br />

das ist eine grosse Sache.<br />

Man kann sich auf Geld und Gut verlassen, das<br />

versteht man; etwas, was man in die <strong>Hand</strong> nehmen<br />

kann, ein Beil, eine Axt, darauf kann man<br />

sich leicht verlassen.<br />

Aber nun der Herr; ganz leis und still kommt er<br />

zu uns. Auf den sich verlassen ist eine grosse Sache!<br />

Die müssen wir eben lernen; wir müssen unsere<br />

Herzen daran gewöhnen, gleichsam die Luft<br />

Gottes einzuatmen, und immer denken: Der Herr<br />

hilft mir ja, meine Zuversicht ist ja Gott, mein Vater<br />

und mein Heiland! Also bin ich getrost und<br />

kann wachsen und gedeihen und werde es auch<br />

erfahren, dass der gesegnet ist, der sich auf ihn<br />

verlässt und auf den Heiland Jesus Christus.<br />

Lieber Gott, Allmächtiger, unbegreiflich gross<br />

und heilig, wir dürfen und wollen unsere Zuversicht<br />

auf dich setzen. Segne alle, die zu dir aufschauen<br />

und lass ihr Leben in deinem Segen und<br />

in deiner Kraft gedeihen. Amen.


1. Dezember<br />

Der Herr hat Zion erwählt und hat Lust, daselbst<br />

zu wohnen: Dies ist meine Ruhe ewiglich;<br />

hier will ich wohnen; denn es gefällt mir<br />

wohl. (Psalm 132, 13.14)<br />

Gott muss uns erwählen. Es ist nicht so wie man<br />

meint, wenn man nur zu den Gläubigen gehört,<br />

dann sei alles in Ordnung. Oft erwählen wir uns<br />

selber, und dann fehlt’s, es ist nicht die Kraft drin.<br />

Wenn uns aber Gott erwählt, dann ist eine Kraft<br />

drin, wie es einmal <strong>von</strong> Petrus heisst: „Das haben<br />

dir nicht Fleisch und Blut geoffenbart, sondern<br />

mein Vater im Himmel.“ So war es bei den Aposteln;<br />

sie waren erwählt und dann gab es auch Gaben<br />

und Gnaden Gottes in allerlei Weise. In dieser<br />

Erwählung stehen wir auch in der Adventszeit<br />

und warten auf Gottes Erscheinung. Dann weckt<br />

uns etwas auf: Wachet und betet! Wenn wir wachen<br />

und beten, dann geht unser Herz auf und<br />

wird frei <strong>von</strong> anderen Dingen. Und wenn wir auf<br />

den Herrn warten, dann sind wir auch nur bei<br />

dem einen: Wir suchen Gott, den Herrn, und<br />

sonst nichts anderes! Wir suchen den Heiland,<br />

<strong>von</strong> dessen Einzug es heute heisst:<br />

Viel Volks breitete die Kleider auf den Weg; die andern<br />

hieben Zweige <strong>von</strong> den Bäumen und streuten sie auf den<br />

Weg.<br />

Da heisst es dann: Hosianna – Hilf Gott, diesem<br />

deinem König! Komm, Herr Gott! Und so schreien<br />

wir auch. Und viel Volks kommt zum<br />

Christtag und viel Volks bereitet sich zu, dass es<br />

den Heiland empfange.


So wollen wir die Adventszeit feiern als ein rechtes<br />

Zion (jüdisch-christliches geistliches Zentrum),<br />

das immer auf die Gaben und Gnaden Gottes<br />

schaut und darauf wartet, überall, wo die Herzen<br />

bereit sind. „Warte denn, o Zion, lass das<br />

Weinen, denn dein Heiland kommt heran. Warten<br />

schon bringt dir Gewinn.“


2. Dezember<br />

Und Jesus sagte: Wenn doch auch du an diesem<br />

Tage erkennen möchtest, was zu deinem<br />

Frieden dient! (Lukas 19, 42)<br />

In einem Bericht <strong>von</strong> <strong>Dr</strong>. Kallenbach ist folgendes<br />

zu lesen: Während einer Grönlandfahrt lässt<br />

ein Schiff versehentlich den gelandeten Teil der<br />

Mannschaft auf dem Eis zurück. Die Zurückgelassenen<br />

bauen sich auf dem Eis ein Winterhaus<br />

um das Kommen eines nächsten Schiffes abzuwarten.<br />

Mit der Zeit vergessen sie, dass nur das<br />

Eis sie <strong>von</strong> einer unvorstellbaren Tiefe trennt. So<br />

leben sie, indem sie sich durch Vergessen vor dem<br />

Grauen der Tiefe schützen. Eines Tages bricht ein<br />

Stück Scholle ab, und sie stehen plötzlich vor der<br />

furchtbaren Wirklichkeit, dass der Boden unter<br />

ihren Füssen zu wanken beginnt.<br />

Den meisten Menschen geht es ähnlich. Sie stecken<br />

den Kopf wie in den Sand und meinen, der<br />

Gefahr und der Wahrheit aus dem Wege gehen zu<br />

können. Für sie gelten die Christen als Schwärmer.<br />

Aber Jesus möchte , dass an diesem Tage die<br />

Menschen erkennen, was zu ihrem Frieden – zu<br />

ihrem Besten, dient. Heute – an diesem Tage, das<br />

heisst, in unserer Jugend, in unsern besten Jahren,<br />

auf der Höhe und im Alter des Lebens, heute und<br />

nicht morgen. Oder wollen wir warten, bis das<br />

‚Eis bricht’ und wir dem ‚Grauen der Tiefe’ in den<br />

Rachen schauen? Bis der <strong>von</strong> uns so oft zitierte<br />

Boden der Wirklichkeit, auf dem wir mit beiden<br />

Beinen zu stehen glauben, zu wanken beginnt?


3. Dezember<br />

So spricht der Herr: Ich habe dich erhört zur<br />

Zeit der Gnade und habe dir am Tage des<br />

Heils geholfen. (Jesaja 49, 8)<br />

Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, siehe, jetzt<br />

ist der Tag des Heils! (2. Korintherbrief 6, 2)<br />

Was hast du unterlassen<br />

zu meinem Trost und Freud,<br />

als Leib und Seele sassen<br />

in ihrem grössten Leid?<br />

Als mir das Reich genommen,<br />

da Fried und Freude lacht,<br />

bist du, mein Heil gekommen<br />

und hast mich froh gemacht.<br />

Paul Gerhardt<br />

Der Mensch, wie wir ihn im ersten Bibelwort vor<br />

uns haben, ist äusserst erinnerungsbedürftig.<br />

Wann und wohin mit <strong>seiner</strong> Not hat er augenblicklich<br />

gewusst. Und der Herr hat sich <strong>seiner</strong><br />

mit Gnade und Heil angenommen. Aber das hat<br />

der Mensch längst abgehakt. Hat er überhaupt dafür<br />

gedankt? Es scheint, als sei er allzurasch zur<br />

Tagesordnung zurückgekehrt. Nun schaltet sich<br />

Gott ein. Er spricht zum Menschen, dessen Namen<br />

er kennt und ihn auch bei seinem Namen<br />

ruft, ich habe dich erlöst und habe dir geholfen.<br />

Gott der Herr und Vater wartet auf das Echo,<br />

nämlich die Frucht, welche der Mensch bringen<br />

kann, sei es Dankbarkeit und sei es auch die Bemühung,<br />

andere Menschen in Not in das Kraftfeld<br />

Gottes zu bringen, dass auch ihnen geholfen<br />

werde. Denn, siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade<br />

und jetzt ist der Tag des Heils. Daran freut sich<br />

der Herr, wenn wir Multiplikatoren sind dessen,<br />

was der Herr an uns getan hat. Es ist ratsam,<br />

nichts zu verschieben; die Zeitangaben machen<br />

deutlich, dass es ein Ende der Zuteilung gibt.


4. Dezember<br />

Es ist erschienen die heilsame Gnade Gottes<br />

allen Menschen. (Titusbrief 2, 11)<br />

Ich habe es oft erlebt, dass Menschen, die vor der<br />

Entscheidung für Jesus Christus standen, plötzlich<br />

einen Rückzieher machten mit dem Einwand,<br />

was denn vor der Welt eine solche Entscheidung<br />

gelten könne, wenn wahrscheinlich ganze Völker<br />

nie etwas <strong>von</strong> Jesus hören werden. Diese Sorge<br />

kennt unser himmlischer Vater und wir kennen<br />

sie auch. Aber er spricht in seinem Wort da<strong>von</strong>,<br />

dass die heilsame Gnade Gottes allen Menschen<br />

erschienen ist. Für alle Menschen. Alle werden es<br />

noch erfahren. Ohne Evangelium für alle Menschen<br />

gibt es keine Wiederkunft Christi. Das ist<br />

verbürgt.<br />

Die heilsame Gnade Gottes ist Jesus Christus.<br />

Das bedenken wir jetzt in der Adventszeit. Christus<br />

ist Gottes Liebe, Güte, Gerechigkeit, Barmherzigkeit,<br />

Friede, Erlösung, Versöhnung, Heil,<br />

Gnade usw. in Person und begegnet uns mit diesem<br />

Reichtum, uns hier und allen Menschen<br />

weltweit. Diese heilsame Gnade ist auch in besonderer<br />

Weise die Kraft der heutzutage verfolgten<br />

und getöteten Christen, vor allem in islamischen<br />

Ländern. Die Zahl geht jährlich in die Millionen.<br />

Ist es uns ein Anliegen, kräftig für sie zu<br />

beten?


5. Dezember<br />

Der Herr sprach: Fürchte dich nicht, sondern<br />

rede, und schweige nicht! Denn ich bin mit<br />

dir, und niemand wird dich antasten, um dir<br />

Böses zuzufügen; denn ich habe viel Volk in<br />

dieser Stadt. (Apostelgeschichte 18, 9.10)<br />

Man erliegt leicht der Versuchung, sich Paulus als<br />

einen furchtlosen, kämpferischen, ja kriegerischen<br />

Mann vorzustellen. So war er gewiss nicht, weil er<br />

genau auf die Weisungen Gottes achtgeben wollte.<br />

Aber die Widerstände und Gegnerschaften haben<br />

ihm zu schaffen gemacht. Er war dankbar für<br />

jeden Zuspruch seines Herrn. Und im heutigen<br />

Bibelwort ist ganz besonders die Seelsorge des<br />

Vaters zu erkennen: Er tröstet ihn nicht nur, ermuntert<br />

ihn nicht nur, sondern das alles wird verbunden<br />

mit einer Verheissung: Denn ich bin mit<br />

dir, und niemand wird dich antasten, um dir Böses<br />

zuzufügen. Da weiss Paulus, dass er sich darauf<br />

absolut verlassen kann. Das gibt ihm Gelegenheit<br />

sich ganz auf die Reden zu konzentrieren<br />

und sich der Armen anzunehmen.<br />

Interessant ist nun die Begründung, die der Herr<br />

gibt um all das vorherige in die Wege zu leiten:<br />

Denn ich habe viel Volk in dieser Stadt. Dieses<br />

Volk soll das Evangelium hören, es repetieren<br />

und ganz in sich aufnehmen. Paulus wird die Leute<br />

beten lehren und einer der Mitarbeiter <strong>von</strong> Paulus<br />

wird sie taufen. So wird Schar um Schar dieses<br />

Volkes zu Nachfolgern Jesu Christi – Gemeinde<br />

Gottes. Gott hat dazu freie Bahn gemacht und<br />

seine Diener haben gehorcht und die Wahrheit<br />

der Zusage erlebt.


6. Dezember<br />

Ich will euch ein neues Herz und einen neuen<br />

Geist in euch geben. (Ezechiel 36, 26)<br />

Der Herr ist der Geist; wo aber der Geist des<br />

Herrn ist, da ist Freiheit.<br />

(2. Korintherbrief 3, 17)<br />

Ach mache du mich Armen zu dieser heilgen Zeit aus<br />

Güte und Erbarmen, Herr Jesu, selbst bereit. Zieh in<br />

mein Herz hinein vom Stall und <strong>von</strong> der Krippen, so werden<br />

Herz und Lippen dir allzeit dankbar sein. Valentin<br />

Thilo<br />

Jahrtausende sind vergangen seit Gott den Menschen<br />

erschaffen hatte – ihm zum Bilde – ihm<br />

seinen Atem eingeblasen und zu guter Letzt alles<br />

als sehr gut befunden hatte. Der Mensch war ein<br />

Geschöpf, das Gott gefiel. Sein Herz war ganz auf<br />

Gott ausgerichtet, seinen Geist unterstellte er der<br />

Leitung des Gottesgeistes. Eines Tages ging der<br />

Mensch eigene Wege, verhärtete sein Herz und<br />

machte den Geist autonom. Während vielen Jahren<br />

gab der Herr den Menschen Gelegenheit umzukehren.<br />

Aber sie haben nicht gewollt. Sie nahmen<br />

lieber Existenzangst, Unglück, Krankheit<br />

und Leiden, Furcht vor dem Tod usw. in Kauf.<br />

Bis zu dem Tage, da Gott dieses todunglückliche<br />

Leben nicht mehr anschauen mochte. Er überwand<br />

die grenzenlose Gleichgültigkeit gegen Gott<br />

und wurde persönlich aktiv. Durch den Propheten<br />

lässt er es ausrufen: Ich will euch ein neues<br />

Herz und einen neuen Geist in euch geben. Das<br />

soll euch zu neuen Menschen machen. Denn wo<br />

der Geist des Herrn ist, da ist Freiheit. Freiheit<br />

nicht mehr sich selber gehören zu müssen, dafür<br />

Gott und seinem Willen gehören zu dürfen; Freiheit<br />

<strong>von</strong> der negativen Lebenseinstellung zugunsten<br />

eines offenen, positiven Lebens; Freiheit <strong>von</strong>


der Glaubenslosigkeit hin zu einem erfüllten<br />

Glaubensleben voller Hingabe und Gehorsam.<br />

Gott steht zeitlos zu seinem Wort. Immer wieder<br />

geschiehts, dass da und dort Menschen erneuert<br />

werden. Dank sei Gott.


7. Dezember<br />

Wer meine Rede hört und tut sie, der gleicht<br />

einem klugen Mann, der sein Haus auf Fels<br />

baute. (Matthäus 7, 24)<br />

Hier spricht Jesus Christus; in <strong>seiner</strong> bevorzugten<br />

und beliebten Art der Vergleiche und Beispiele.<br />

Da geht also einer hin und will einen Bauplatz erwerben.<br />

Er sucht einen felsigen Untergrund.<br />

Niemand versteht ihn. Diese Mehrarbeit und<br />

Mehrkosten nimmt doch einer nicht ohne einen<br />

bestimmten Grund in Kauf. Die Alternative wäre<br />

ein Gebäude auf Sand errichtet – billiger, schneller,<br />

dafür gefährdet bei Sturm und Regen. Der<br />

Bauherr entscheidet sich eindeutig für den Felsengrund,<br />

der alle Sicherheit gegenüber den Naturgewalten<br />

bietet. Dieser Bauherr hat die ganze<br />

Sympathie des Christus. Diese kleine Geschichte<br />

eignet sich gut um sein jetziges Anliegen zu explizieren.<br />

Christus kämpft mit der Unart, dass die Menschen<br />

ihm zuhören aber keine Konsequenzen<br />

daraus ziehen und demzufolge auch keinen bleibenden<br />

Gewinn haben. Wer so Jesu Rede hört<br />

und verwertet, auferbaut sein Leben auf schwachen<br />

Grund – ein Haus auf Sand gebaut. Demgemäss<br />

hört einer das Wort, vergisst es aber wieder<br />

– er wird kein Christus-Nachfolger mit Kompetenzen,<br />

verleugnet gar die Rede des Christus an<br />

ihn. - Ganz anders der: Wer meine Rede hört und<br />

tut sie, der gleicht einem klugen Manne. Das ist<br />

der Mensch, der nicht in den Tag hinein lebt sondern<br />

klug mit der Rede Jesu umgeht. Er scheut<br />

die Konsequenzen nicht, weil er den Gewinn erstrebt.<br />

Klug ist Bauen auf festen Grund, auf felsigen<br />

Boden. Da entsteht eine echte, enge, freundschaftliche<br />

Verbindung – Christus-Gemeinde, die<br />

bis zum Ende stark und unüberwindbar ist.


8. Dezember<br />

Werft euer Vertrauen nicht weg, welches eine<br />

grosse Belohnung hat. (Hebräerbrief 10, 35)<br />

In einer Erzählung <strong>von</strong> Rübezahl wird berichtet,<br />

wie der Waldgeist zwei Wanderern, die ihn um<br />

eine Gabe bitten, zwei Stöcke schneidet und gibt.<br />

Der eine spottet über das sonderbare Geschenk<br />

und wirft es nach kurzer Zeit wieder weg. Der<br />

andere glaubte dem Waldgeist und vertraut darauf,<br />

dass es ein wervolles Geschenk sei und behält<br />

es für sich. Immer wieder holt er den Stock hervor<br />

und erinnert sich. Eines Tages hält er den<br />

Stock ganz überzogen mit reinem Gold in den<br />

Händen.<br />

Wenn wir älter werden, meinen wir oft, unsern<br />

kindlichen Glauben über Bord werfen zu müssen.<br />

Wir vertrauen jetzt der Wissenschaft und unsern<br />

eigenen Erfahrungen mehr als Gott. Wir vertrauen<br />

dem, was wir angeblich sehen, begreifen, anfassen<br />

und beweisen können.<br />

Werft euer Vertrauen nicht weg. Eines Tages<br />

verwandelt sich der „simple Stock in Gold“. Millionen<br />

Christenmenschen haben es in Vergangenheit<br />

und Gegenwart erlebt. Sie haben es sich nicht<br />

eingebildet, sie haben es erfahren. Wem das zu<br />

billig erscheint, kann es ausprobieren. Heute<br />

schon. Denn wir spekulieren mit unserer Belohnung<br />

nicht nur auf das Jenseits.<br />

Wer Gott vertraut, macht hier schon eine totale<br />

Verwandlung durch.<br />

Auch das ist Advent – Vorweihnachtszeit.


9. Dezember<br />

Wahrlich, ich sage euch: Alles, was ihr einem<br />

<strong>von</strong> diesen Geringsten nicht getan habt, das<br />

habt ihr mir auch nicht getan. (Matth. 25, 45)<br />

Geno Hartlaub schrieb im ‚Sonntagsblatt’: Man<br />

hatte mich gewarnt, mit dem <strong>Prof</strong>essor über den<br />

tragischen Tod <strong>seiner</strong> Tochter zu sprechen.<br />

„Sie waren mit ihr befreundet, nicht wahr?“ begann<br />

der <strong>Prof</strong>essor. „Vielleicht haben sie mehr<br />

<strong>von</strong> ihr gewusst als ich. Natürlich ahnte ich, dass<br />

etwas mit ihr nicht in Ordnung war. Sie schwieg<br />

oft ganze Tage lang oder sie redete fieberhaft.<br />

Liebeskummer, sagte meine Frau. Den Mann, um<br />

den es sich handelte, habe ich ein einziges Mal gesehen.“<br />

Er bemühte sich sachlich zu sprechen, als<br />

halte er eine Vorlesung, plötzlich rief er so laut,<br />

dass man es ausserhalb des gepolsterten Arbeitszimmers<br />

hören musste: „Ich habe keine Schuld.<br />

Sie ist erblich belastet, wissen Sie. Dazu kam das<br />

Milieu mit den vielen Gesprächen über Neurosen<br />

und Geisteskranke.“ Er brach ab. Ich verabschiedete<br />

mich, er begleitete mich zur Tür. Bevor ich<br />

ging, ergriff er noch einmal meinen Arm und sagte<br />

tonlos, fast flüsternd: „Ich habe nichts getan<br />

um es abzuwenden. Das ist meine Schuld.“<br />

Ich habe nichts getan, um es abzuwenden – dies<br />

passive Schuldbekenntnis könnte jeder <strong>von</strong> uns<br />

jederzeit ablegen. Jawohl, auch durch Nichtstun<br />

kann man schuldig werden. Versäumnis ist<br />

Schuld. Wir sind so mit uns selbst beschäftigt,<br />

dass der andere hinter dem Horizont unserer<br />

Selbstsucht verschwindet. Gott ist nicht abstrakt.<br />

Er begegnet uns in den eigenen Kindern, dem<br />

Mann, der Frau, den Nachbarn. Wer sie aus Trägheit<br />

und Gleichgültigkeit übersieht, übersieht Jesus<br />

selbst!


10. Dezember<br />

Auf diesen Felsen will ich meine Gemeinde<br />

erbauen, und die Pforten der Hölle sollen sie<br />

nicht überwältigen. (Matthäus 16, 18)<br />

Der römische Kaiser Julian (332-363 n.Chr.), dem<br />

die Kirche später den Namen ‚Apostata’, der Abtrünnige,<br />

gab, war ein erbitterter Feind des Christentums.<br />

Er liess die zerstörten Göttertempel<br />

wieder aufbauen und versuchte mit allen Mitteln,<br />

das alte Heidentum im Volk wieder lebendig werden<br />

zu lassen. Als der gewünschte Erfolg ausblieb,<br />

plante er eine blutige Christenverfolgung<br />

nach der Art <strong>seiner</strong> Vorgänger. Da starb er, erst<br />

32 Jahre alt. Er zog aus, um aller Welt zu zeigen,<br />

was für eine Macht seine Götter hätten. Aber in<br />

der Entscheidungsschlacht wurde er <strong>von</strong> einem<br />

Speer durchbohrt. Er starb mit den Worten: „Du<br />

hast doch gesiegt, Galiläer!“ So zerbrach ein<br />

menschlicher Versuch, das Heidentum zu retten.<br />

Was <strong>von</strong> Gott ist, das besteht, was <strong>von</strong> Menschen<br />

ist vergeht. Das ist der Schlüssel zum Verständnis<br />

der Weltgeschichte. Kein Atheismus und kein<br />

Kapitalismus, kein Mensch und keine Macht der<br />

Welt werden die Gemeinde Gottes vernichten<br />

können. Jesus hat den Seinen verheissen: Niemand<br />

wird sie aus meiner <strong>Hand</strong> reissen. Mag die<br />

bescheidene Arche der Kirche Jesu Christi noch<br />

so schaukeln und schlingern in dieser Welt, sie<br />

hält dem Sturmangriff der Hölle stand. Das hat<br />

nichts mit Mut und Standhaftigkeit in der Kirche<br />

zu tun. Das hat aber etwas mit Gott zu tun.<br />

„Er sitzt im Regimente und führet alles wohl.“<br />

Auch das ist ein Adventsgedanke.


11. Dezember<br />

Dafür halte uns jedermann: für Diener Christi<br />

und Haushalter über Gottes Geheimnisse.<br />

Nun fordert man nicht mehr <strong>von</strong> den Haushaltern,<br />

als dass sie für treu befunden werden.<br />

(1. Korintherbrief 4, 1.2)<br />

Alle Glaubenden haben als Glieder Gemeinschaft an dem<br />

Herrn Christus und an allen seinen Schätzen und Gaben.<br />

Darum soll auch jeder seine Gaben willig und mit Freuden<br />

zum Wohl und Heil der anderen gebrauchen.<br />

Heidelberger Katechismus, Frage 55<br />

Es ist Paulus durchaus nicht gleichgültig, für was<br />

die Leute ihn und sein Team halten. Aber absolut<br />

nicht aus Ehrsucht oder mangelndem Selbstwertgefühl.<br />

Darum geht es überhaupt nicht. Ganz anderes<br />

steht da im Vordergrund. Nicht wie sie sind,<br />

sondern was sie sind. Allerdings findet die Frage<br />

nach dem Wie auch eine Antwort. Treu sollen die<br />

Boten Gottes sein, ein Markenzeichen, das nicht<br />

übersehen werden darf. Aber nun zurück zum<br />

Anfang. Wer soll ein Urteil abgeben über die<br />

Apostel und Boten Jesu? Nicht nur eine handverlesene<br />

Schar der Anhänger und Bekannten, sondern<br />

jedermann in der lebhaften Stadt Korinth<br />

und überall. Und jedermann soll nichts anderes,<br />

kein Wünschen oder <strong>Dr</strong>ängen empfinden, sondern<br />

einzig und allein, dass sie Diener Christi und<br />

Haushalter über Gottes Geheimnisse sind. Das<br />

sind sie als <strong>von</strong> Christus erwählte Instrumente<br />

seines Reiches. Die <strong>Aus</strong>sage des Paulus ist ordentlich<br />

forsch. Es soll sich kein Zweifel einschleichen<br />

und vielleicht das Team spalten. Was damals galt<br />

hat auch heute noch seine Gültigkeit. Sind wir uns<br />

im Klaren, was wir gelten wollen in der Welt?


12. Dezember<br />

Denn uns ist ein Kind geboren, ein Sohn ist<br />

uns gegeben – und er heisst Wunderbar, Rat,<br />

Kraft, Held, Ewig-Vater, Friedefürst.<br />

(Jesaja 9, 5)<br />

Rudolf Schäfer hat ein Bild gemalt, das vier starke<br />

Engel darstellt, die das Kind in der Krippe beschützen<br />

und sich wie eine eherne Wand um die<br />

Wiege des Christuskindes stellen. Er hat es „Engelswache“<br />

genannt. Der eine Engel mit der Bibel<br />

in der <strong>Hand</strong>, heisst: „Wunderbarer Rat“, der andere<br />

mit dem Schild in den Händen, heisst:<br />

„Kraft, Held“, und der dritte, der die Erdkugel in<br />

Händen hält, heisst: „Ewig Vater“, und der vierte<br />

mit der Krone: „Friedefürst“.<br />

Kein Kind also, das liebliche Erwartungen in uns<br />

weckt, das unsere Fantasie beflügelt und Weihnachten<br />

den stimmungsvollen Hintergrund gibt.<br />

Die Engelswache zeigt, wer Jesus ist: - Das Brot<br />

des Lebens, ein wunderbarer Rat, ein Schild aller,<br />

die ihm vertrauen. Kein hilfloses Kind, sondern<br />

„Kraft, Held“, kein gewöhnlicher Mensch, sondern<br />

der Herr der Welt, ein „ewiger Vater“, kein<br />

machtloses Geschöpf, sondern ein „Friedefürst“.<br />

Ob in der Weihnachtszeit dieses Bild vor unseren<br />

Augen steht?


13. Dezember<br />

Da sie den Stern sahen, wurden sie hocherfreut.(Matthäus<br />

2, 10)<br />

Wo nehmen wir den Stern her?<br />

Uns locken rote Ampeln.<br />

Wo nehmen wir den Stern her,<br />

der die Weisen wies?<br />

Ich, spricht der Herr, leuchte eurem Weg.<br />

Wo nehmen wir den Himmel her?<br />

Wir wohnen zwischen Steinen.<br />

Wo nehmen wir den Himmel her,<br />

der den Hirten sang?<br />

Ich, spricht der Herr, wohne unter euch.<br />

Wo nehmen wir das Wunder her?<br />

Wir kennen alle Preise.<br />

Wo nehmen wir das Wunder her,<br />

das die Nacht gebar?<br />

Ich, spricht der Herr, mache alles neu.<br />

Christine Heuser<br />

Der Stern <strong>von</strong> Bethlehem ist verdunkelt. Die Verfasserin<br />

des modernen Weihnachtsgedichtes<br />

macht deutlich, dass rote Ampeln, Steine, Preise<br />

und Alltagsprobleme den Blick in den Himmel<br />

und auf den Stern verdecken. Rote Ampeln, Steine<br />

und Preise sind uns näher als das Wunder <strong>von</strong><br />

Bethlehem. Wir leben hier mitten in unserer Welt<br />

und können zweifellos die Ampeln, die Steinkästen,<br />

in denen wir wohnen und die Preise nicht abschaffen.<br />

Sie gehören zu unserem Leben. Aber<br />

inmitten unserer Steinwüsten ruft Gott uns auf,<br />

den Blick auf den Stern zu erheben. Wir sollen<br />

aus dieser Welt nicht emigrieren. Christus, das<br />

Kind in der Krippe will uns Kraft geben für den<br />

Dienst in der Welt. Wir müssen nicht das Firmament<br />

absuchen, um den Stern zu entdecken. In<br />

dem Gedicht heisst es: „Ich, spricht der Herr,


wohne unter euch.“ Auch der blaue Himmel gibt<br />

uns keine Antwort.<br />

Wenn Christus in uns geboren werden darf, bekommen<br />

wir Augen für den Stern <strong>von</strong> Bethlehem,<br />

und wir werden hocherfreut.


14. Dezember<br />

Er kam in sein Eigentum, doch die Seinen<br />

nahmen ihn nicht auf. (Johannes 1, 11)<br />

Wolfgang Bocherts Bühnenstück „<strong>Dr</strong>aussen vor<br />

der Tür“, ist lange Zeit immer wieder auf den<br />

Spielplänen erschienen. Geschildert wird eine<br />

Heimkehrersituation. Ein Soldat kommt aus der<br />

Gefangenschaft. Jahrelang hat er auf diesen Augenblick<br />

gewartet. Und nun steht er endlich mit<br />

zitterndem Herzen da und klopft an seine Haustür.<br />

Da öffnet sich die Tür. Er sieht und erkennt<br />

blitzartig, dass die Frau gar nicht mehr auf ihn<br />

wartet. Es war ihr zu lang geworden. Nun hat ein<br />

anderer seine Stelle eingenommen. Das, wofür er<br />

blutete, worauf er gewartet hat, ist plötzlich nicht<br />

mehr da. Er steht draussen vor der Tür seines Eigentums.<br />

Das ist nicht nur ein Heimkehrerschicksal, das<br />

war auch das Schicksal des Sohnes Gottes. Vom<br />

ersten Augenblick an steht er draussen vor der<br />

Tür. Damals im Stall <strong>von</strong> Bethlehem, damals in<br />

Nazareth, damals in Jerusalem, als er über der<br />

Stadt weinen musste und dann, als sie ihn draussen<br />

vor dem Tor ans Kreuz hängten. „Er kam in<br />

sein Eigentum, und die Seinen nahmen ihn nicht<br />

auf.“<br />

Aber es ist ja doch seine eigene Welt, in die der<br />

Sohn Gottes kam und kommt. Durch ihn ist sie<br />

geschaffen worden. So ist er der Besitzer. Und er<br />

ist auch Eigentümer jedes einzelnen Lebens. Ist es<br />

darum nicht möglich, dass ich ihn gebieten lasse<br />

und dass ich meinen Besitz, meine Zeit, meine<br />

Kraft als sein Eigentum betrachte und es ihm willig<br />

zur Verfügung stelle?


15. Dezember<br />

Und sie gingen hinaus und durchzogen die<br />

Märkte, predigten das Evangelium und<br />

machten gesund an allen Enden. (Lukas 9, 6)<br />

„Der Tod des <strong>Hand</strong>lungsreisenden“ heisst ein<br />

vielbeachtetes Stück <strong>von</strong> Arthur Miller. Es zeigt<br />

vier Durchschnittsmenschen <strong>von</strong> heute, gleichsam<br />

eine Jedermann-Familie. Da ist die hilfsbereite<br />

und doch hilflose Mutter; der Vater, 60 jährig und<br />

krank, fristlos entlassen; da sind die zwei Söhne,<br />

erwachsen und sonst nichts. Eine Null nennt sich<br />

der Ältere, einen Herumstreicher nennt die Mutter<br />

den Jüngeren. Am letzten Tag, den der Vater<br />

noch bei ihnen ist, dämmert es den beiden Jungen<br />

endlich, dass sie Arbeit suchen sollten. Grosssprecherisch<br />

gehen sie <strong>von</strong> zu Hause weg, sie<br />

werden Arbeit finden und dann den Vater zu einem<br />

feudalen Essen einladen. Einer spricht dazu<br />

das unerhörte Wort aus – er weiss aber nicht, was<br />

er damit sagt -: „Eine gute Nachricht, und Vater<br />

wird gesund.“ Die eine gute Nachricht kommt<br />

aber nicht und, statt gesund zu werden, nimmt<br />

sich der Vater das Leben.<br />

Evangelium heisst gute Nachricht, frohe Botschaft.<br />

Nicht nur für Gesunde, moralisch Einwandfreie,<br />

sondern für Kranke, für Verzweifelte,<br />

Gestrauchelte, Resignierende, für Menschen die<br />

fertig sind wie der <strong>Hand</strong>lungsreisende, die nicht<br />

mehr aus und ein wissen, arbeitslos, hoffnungslos.<br />

Die gute Nachricht ist seit 2000 Jahren da. „Seht,<br />

das ist Gottes Lamm, welches der Welt Sünde<br />

trägt.“ Die Jünger sagten diese gute Nachricht<br />

weiter und machten gesund bis an alle Enden.<br />

Und wir? Wieviele warten wohl auf eine gute<br />

Nachricht? Machen wir uns jetzt ernsthaft auf. Es<br />

kann morgen schon für den oder jenen zu spät<br />

sein.


16. Dezember<br />

Wo zwei unter euch eins werden, um was sie<br />

bitten sollen, das wird ihnen mein Vater geben.<br />

(Matthäus 18, 19)<br />

Sherwood Eddy schreibt in seinem Buch:<br />

„Schuldner der Welt“, wie Gott Gebete erhört.<br />

„Azariah wird auch noch aus einem andern<br />

Grund zu den wichtigsten Gestalten der indischen<br />

Kirchengeschichte gezählt werden müssen: Im<br />

Jahr 1910 waren er und ich Delegierte auf der<br />

Weltmissionskonferenz in Edinburgh. Nach unserer<br />

Ansicht konnten die schwachen Kräfte der<br />

vorhandenen indischen Missionen, aufgesplittert<br />

in etwa hundert Einzelbekenntnisse, niemals Indien<br />

als Ganzes erobern. Doch gemäss Matth. 18,<br />

19 beteten wir um die Vereinigung der getrennt in<br />

Indien arbeitenden Kirchen. Wir hielten 35 Jahre<br />

lang an dieser Bitte fest. Bis zu seinem Tode wirkte<br />

Azariah als führende Kraft auf dieses Ziel hin.<br />

Zwei Jahre danach (1947) trafen sich in der grossen<br />

Kathedrale <strong>von</strong> Madras tatsächlich die Delegierten<br />

und begründeten die Vereinigte Kirche<br />

Südindiens.“<br />

35 Jahre lang beteten einige Männer um Erhörung.<br />

Was für ein Glauben steckt dahinter! Sie<br />

warfen nicht die Flinte ins Korn, als nach einigen<br />

Jahren sich keine Erhörung einstellte. Unser Vater<br />

gibt. Wir haben seine Zusage. Wir beten nicht ins<br />

Blaue. Nur Geduld! Allerdings sind das „Wie und<br />

Wann“ seine Sache.<br />

Leben wir solche <strong>Aus</strong>dauer?


17. Dezember<br />

Gelobt sei, der da kommt im Namen des<br />

Herrn. (Matthäus 2, 2)<br />

Gedicht <strong>von</strong> Otto Wiemer: Advent.<br />

Holt den Sohn vom Bahnhof ab.<br />

Er kommt.<br />

Man weiss nicht genau,<br />

mit welchem Zug, aber die Ankunft<br />

ist gemeldet.<br />

Es wäre gut, wenn jemand<br />

Dort auf und abginge.<br />

Sonst verpassen wir ihn.<br />

Denn er kommt.<br />

Nur einmal.<br />

Advent heisst, der Sohn kommt. Ein aufregendes<br />

Ereignis. Es gibt tagelange Vorbereitungen.<br />

Und wie sieht unsere Erwartung aus? Wo ist etwas<br />

<strong>von</strong> der Spannung, <strong>von</strong> der Erwartung? Von<br />

der Sehnsucht? Wo ist etwas <strong>von</strong> der Vorbereitung<br />

zu spüren? Erwarten wir nicht viel stärker<br />

stille, ruhige Tage als den Herrn?<br />

Wann finden wir die Zeit, über uns selbst nachzudenken?<br />

Über unsre Unrast und über unsere<br />

Erwartungslosigkeit?<br />

„Vergib uns Herr, dass unsere Erwartung oft so<br />

lustlos, unsere Adventgesänge so routiniert, unsere<br />

Dankbarkeit gekünstelt und die <strong>Aus</strong>strahlung<br />

unseres christlichen Lebens mangelhaft ist.“


18. Dezember<br />

Denn so sehr hat Gott die Welt geliebt, dass<br />

er seinen eingeborenen Sohn hingegeben hat,<br />

damit alle, die an ihn glauben, nicht verloren<br />

gehen, sondern das ewige Leben haben.<br />

(Johannes 3, 16)<br />

Am Anfang der Menschheitsgeschichte geht es<br />

schon los, ein falscher Blick, ein falsches Wort,<br />

ein falscher Griff, und die ersten Menschen, die<br />

zum Ebenbilde Gottes geschaffen wurden, sind<br />

verloren. Und seitdem liegt über der gesamten<br />

Menschheit ein Fluch.<br />

Darum feiern wir jedes Jahr Weihnachten, weil<br />

Christus nicht in der Etappe des Himmels geblieben<br />

ist, um sich das Erdenleid und über das Verlorensein<br />

der Menschen „nach oben“ berichten zu<br />

lassen und aus sicherer Distanz einige Trostworte<br />

uns zuzurufen, nein, er hat den Himmel verlassen<br />

und ist ganz nahe zu uns gekommen, „um zu suchen<br />

und selig zu machen, was verloren ist“.


19. Dezember<br />

Sie traten in das Haus ein und sahen das<br />

Kindlein. (Matthäus 2, 11)<br />

„Was will schon dieses Kind?“ Unter dieser Überschrift<br />

veröffentlichte die holländische Kirche ein<br />

Bild, das eindrucksvoll <strong>von</strong> sämtlichen Anzeigetafeln,<br />

Schildern und Plakatwänden auf die Menschen<br />

schaute, die daran vorbeiströmten.<br />

Man sah den Stern <strong>von</strong> Bethlehem, der über die<br />

Schulter eines Kollektivmenschen unserer Tage<br />

mit <strong>seiner</strong> Maschinenwelt und dem entsetzlichen<br />

Lärm schien und einen hellen Schein auf das Kind<br />

in der Krippe warf. Der Mensch schaute fragend<br />

dem Lichtstrahl nach, der ein unschuldiges Kind<br />

traf, wie die Christen sagen.. Er fluchte nicht, er<br />

spottete auch nicht. Er riss keine albernen Witze,<br />

aber die Falten auf <strong>seiner</strong> Stirn machten deutlich,<br />

dass er fragend und zweifelnd vor dem Kind in<br />

der Krippe stand. Die beiden Welten hatten für<br />

ihn nichts miteinander zu tun, die Welt des Kindes<br />

und die Welt der Maschinen. Der Mann suchte<br />

Antwort. Der Mann fragte ehrlich: „Was will<br />

doch dieses Kind?“<br />

Sieh, das gefällt mir an dem Mann, der zweifellos<br />

mit beiden Beinen im Leben steht. Irgendwie tat<br />

er wie es in unserem Text steht: Sie traten in das<br />

Haus ein. Die meisten bleiben draussen, weil sie<br />

mit dem Kind nichts anfangen können und wollen.<br />

Vielleicht schauen sie einmal durchs Fenster<br />

und lassen ihr Herz leicht höher schlagen. Aber es<br />

passiert nichts. Sie sind ergriffen, aber lassen sich<br />

<strong>von</strong> dem Kind nicht ergreifen. Tritt ein in den<br />

Stall <strong>von</strong> Bethlehem und du siehst und erlebst,<br />

wer Jesus ist!


20. Dezember<br />

Der Heiland ist geboren. (Lukas 2, 11)<br />

Advent ist zu Ende, Weihnachten beginnt. Lasst<br />

uns das nun bedenken, was kommt.<br />

Vor Jahren erschien in einer Witz-Zeitung ein<br />

Weihnachtsbild. Man sah in grob angedeuteten<br />

Strichen eine Karikatur des Weihnachtsengels, der<br />

hoch aus der Luft eine Figur des Jesuskindes auf<br />

einen Misthaufen auf Erden warf. Unter dem Bild<br />

stand geschrieben: „Halleluja, es bleibt alles beim<br />

alten!“<br />

2000 Jahre Christentum hat den ‚Misthaufen’ in<br />

der Welt nicht beseitigen können. „Alle Jahre<br />

wieder kommt das Christuskind auf die Erde nieder“,<br />

die Menschen feiern ein sentimentales Fest,<br />

und der Misthaufen bleibt. Ist das alles? Gott sei<br />

Dank nicht. Wer das Kind aufnimmt, hilft mit,<br />

dass nicht alles beim alten bleibt. Der Streit zwischen<br />

Mann und Frau und zwischen Vater und<br />

Sohn und das penetrante Nachtragen eines bösen<br />

Vergehens hat ein Ende. Die selbstverständliche<br />

Lüge am Telefon, im Geschäft und in der Familie<br />

hört auf. Der einzelne beseitigt seinen ‚Misthaufen’.<br />

So ist das, wenn das Kind nicht nur fromme<br />

Dekoration, sondern der Heiland unseres Lebens<br />

geworden ist.


21. Dezember<br />

Als aber die Zeit erfüllt war, sandte Gott seinen<br />

Sohn, geboren <strong>von</strong> einer Frau und unter<br />

das Gesetz getan. (Galaterbrief 4, 4)<br />

„Bei Gott ist kein Ding unmöglich“, sagte der<br />

Engel zu Maria. Auch Maria zweifelte, was nicht<br />

verwunderlich ist. Was der Engel ihr da ankündigte,<br />

war ja etwas, was noch nie zuvor geschehen<br />

war und nie wieder geschehen würde.<br />

Als die Zeit erfüllt war und Gott in unsere Welt<br />

eingriff, tat er dies auf eine Art und Weise, die<br />

vollkommen einmalig war. Was sonst unmöglich<br />

ist – hier geschah es. Man kann bei der Jungfrauengeburt<br />

nicht mit dem Argument kommen: Das<br />

kann doch nicht wahr sein, so was gibt’s doch gar<br />

nicht! Genau das widerlegt das Evangelium selber.<br />

Was hier berichtet wird, hat sich nur dies eine Mal<br />

zugetragen, als Gott seinen Sohn sandte und <strong>von</strong><br />

einer Frau geboren werden liess.<br />

Bei der Lektüre der ersten Kapitel des Lukasevangeliums<br />

bekommt man unwillkürlich den<br />

Eindruck, dass Lukas diese Dinge <strong>von</strong> Maria<br />

selbst gehört haben muss. Die Geschehnisse in<br />

Nazareth, die lange Wanderung nach Judäa, um<br />

Elisabeth zu besuchen, die Ereignisse bei der<br />

Schätzung in Bethlehem und bei der Geburt Jesu<br />

– wir erleben es alles gleichsam durch Marias Augen,<br />

und es wird seltsam lebendig und packend,<br />

wenn wir es vor diesem Hintergrund lesen.


22. Dezember<br />

Selig bist du, die du geglaubt hast!<br />

(Lukas 1, 45)<br />

Maria ist uns ein Vorbild geworden als Mensch<br />

des Glaubens. Sie hat ihren festen Platz nicht nur<br />

in jedem Weihnachtsstall bei der Krippe, sondern<br />

auch im Weihnachtsevangelium. Sie konnte <strong>von</strong><br />

sich sagen, dass alle Menschen sie selig preisen<br />

würden. Die Christenheit hat oft zu viel in diese<br />

Worte hineingelegt und Maria zur grossen Fürbitterin,<br />

zur Helferin in aller Not, zur Vermittlerin<br />

der Gnade Gottes gemacht. Diese Ehre kommt<br />

aber ihr nicht zu, sondern nur ihrem Sohn. Aber<br />

wir dürfen und sollen Maria selig preisen für ihren<br />

Glauben – gerade so, wie es Elisabeth tat.<br />

Es fiel Maria nicht leicht, zu glauben, dass das,<br />

was der Engel ihr gesagt hatte, in Erfüllung gehen<br />

würde. Es ging doch gegen alle bekannten Naturgesetze,<br />

und Maria war doch nur eine einfache<br />

Frau, und dann erst noch eine aus Nazareth in<br />

Galiläa.<br />

Maria muss über diese Dinge nachgedacht haben,<br />

und ihr grosser Lobgesang zeigt uns etwas <strong>von</strong><br />

der Antwort, die sie in ihren Gebeten bekommen<br />

hat. Gott ist ein Meister darin, unsere Massstäbe<br />

auf den Kopf zu stellen. Was für die Welt gross<br />

und mächtig aussieht, das kann er verwerfen, und<br />

was rein gar nichts ist, das kann er zu seinem<br />

Werkzeug erwählen. Der Glaube macht uns offen<br />

und aufnahmebereit für diese Sichtweise. Wer diesen<br />

Glauben hat, der kann Gottes Werkzeug werden.<br />

Denn dies ist wahre Grösse: dass ich grosse<br />

Dinge <strong>von</strong> Gott erwarte und ihn deshalb grosse<br />

Dinge durch mich tun lasse.


23. Dezember<br />

Ich sehe ihn, aber nicht jetzt; ich schaue ihn,<br />

aber nicht <strong>von</strong> nahem. Es wird ein Stern aus<br />

Jakob aufgehen und ein Zepter aus Israel aufkommen.<br />

(4. Mose 24, 17)<br />

Bibellesung: Lukas 2, 22-32<br />

Die heutige Lesung ist wie ein Schlüssel zu den<br />

Texten über Jesu Geburt und Kindheit. Sie gibt<br />

uns ein Bild <strong>von</strong> den Menschen, die auf Jesus<br />

warteten. Sie warteten auf den „Trost Israels“. Es<br />

waren oft ganz einfache Menschen, wie Josef und<br />

Maria. Sie kannten die Bibel. Sie wussten, was<br />

Gott getan hatte und was er noch tun würde. In<br />

längst vergangenen Zeiten hatte Gott schon geredet.<br />

Vor sehr langer Zeit, als Israel noch auf dem<br />

Weg nach Kanaan war, hatte ein Mann namens<br />

Bileam <strong>von</strong> einem König namens Balak gegen gutes<br />

Geld den Auftrag bekommen, Israel zu verfluchen.<br />

Aber zum grossen Verdruss Balaks drehte<br />

Gott Bileam um. Er musste Israel segnen, und als<br />

er das tat, bekam er, der Seher, einen Einblick in<br />

die Zukunft und sprach geheimnisvolle Worte<br />

über Einen, der kommen würde – aber noch nicht<br />

bald. Einen Stern aus Jakob sah er aufgehen und<br />

ein Zepter aus Israel aufsteigen. Viele, die nach<br />

ihm kamen, sahen dasselbe. <strong>Aus</strong> dem Geschlecht<br />

Davids würde der Verheissene kommen und in<br />

Bethlehem geboren werden. Der greise Simeon<br />

hatte <strong>von</strong> Gott die Zusage bekommen, dass er<br />

nicht sterben würde, bevor er den Messias, Gottes<br />

Gesalbten gesehen hatte. Der Messias würde grösser<br />

sein als alle Propheten und Könige, und er<br />

würde <strong>von</strong> Gottes eigenem Geist gesalbt sein.<br />

Herr, jetzt lässest du mich bald wieder Weihnachten<br />

feiern. Aber ich hätte kein einziges Weihnachtsfest<br />

erlebt, wenn du nicht deine Verheissungen<br />

erfüllt hättest.


24. Dezember<br />

Und das Wort ward Fleisch und wohnte unter<br />

uns. (Johannes 1, 14)<br />

„Im Anfang war das Wort“ – so beginnt Johannes<br />

sein Evangelium. Mit voller Absicht beginnt er es<br />

so, wie die Bibel beginnt: „Im Anfang schuf Gott<br />

Himmel und Erde.“ Und jetzt sagt uns Johannes<br />

also, dass Jesus damals schon dabei war. Er ist<br />

genau so ewig wie sein Vater. Alles ist durch ihn<br />

geworden. Als er in der Weihnachtsnacht zur<br />

Welt kam, kam er in sein Eigentum, in die Welt,<br />

die er selber geschaffen hatte. Zu dieser Welt gehöre<br />

auch ich. Er hat sich etwas dabei gedacht, als<br />

er mich schuf. Jesus als das Wort heisst: in ihm ist<br />

Gott selber sprechend gegenwärtig. In ihm lebt<br />

alles, was Gott ist und hat. Wir müssen das im<br />

Gedächtnis behalten, um ahnen zu können, was<br />

es bedeutet, dass „das Wort Fleisch wurde und<br />

unter uns wohnte“. Fleisch – das bedeutet hier<br />

alles Leibliche, in welches Gott selber sich begab.<br />

Dieses Wunder hat noch ein grösseres Wunder<br />

möglich gemacht: Dass Gott mit seinem ewigen<br />

Leben in unseren Herzen wohnen kann.<br />

Herr Jesus, und jetzt bitte ich dich um dieses<br />

grosse Wunder, dass du auch in meinem Herzen<br />

geboren wirst und dort Wohnung nimmst, mit all<br />

dem, was du <strong>von</strong> deinem Vater mitbringst.


Weihnachten 25. Dezember<br />

Ehre sei Gott in der Höhe und Friede auf Erden<br />

unter den Menschen seines Wohlgefallens.<br />

(Lukas 2, 14)<br />

In dem Gesang der Engel in der Geburtsnacht<br />

Jesu liegt das ganze Weihnachtsevangelium eingeschlossen.<br />

Hier ist jedes Wort randvoll vom<br />

Evangelium.<br />

„Ehre sei Gott“ – Ehre steht für Gottes Herrlichkeit,<br />

sein unaussprechliches Wesen. Es geht um<br />

das Licht, das kein irdisches Auge ertragen kann,<br />

das Licht, zu dem keiner <strong>von</strong> sich aus kommen<br />

kann. Eigentlich müssten wir <strong>von</strong> diesem Licht<br />

für immer ausgeschlossen sein. Aber jetzt geschieht<br />

das grosse Wunder: Gott kommt auf diese<br />

Erde herab. Nicht in seinem verzehrenden Glanz,<br />

sondern in der Gestalt eines neugeborenen Menschenkindes.<br />

Und die Engel fangen an zu singen,<br />

erstaunt und überwältigt und beglückt <strong>von</strong> diesem<br />

Wunder. Die Ehre gehört Gott, sagen sie. Bei ihm<br />

ist die Macht und die Herrlichkeit in Ewigkeit.<br />

Aber nun steigt sie herab, um der Erde Frieden zu<br />

bringen.<br />

„Friede“ – bedeutet Stille, Harmonie, Lieblichkeit,<br />

Geborgenheit, den Urzustand der Schöpfung, der<br />

beim Sündenfall verloren ging. Jetzt will Gott ihn<br />

wiederherstellen. Alles wird wieder gut. Vergebung,<br />

Erneuerung, alle guten Kräfte der göttlichen<br />

Barmherzigkeit senken sich auf die Menschen<br />

herab – unter die „Menschen seines Wohlgefallens“<br />

– gerade zu den gefallenen, ausgestossenen,<br />

gedemütigten und gescheiterten. Es war<br />

kein Zufall, dass die Hirten als Erste diese Botschaft<br />

erhielten. Gerade sie waren würdig, diese<br />

grosse Sache und Bewegung als Erstlinge zu erleben.


Stephanstag 26. Dezember<br />

Meint ihr, dass ich gekommen bin, Frieden<br />

zu bringen auf Erden? Ich sage: Nein, sondern<br />

Zwietracht. (Lukas 12, 51)<br />

Er ist schon merkwürdig, der zweite Weihnachtstag.<br />

Genau an diesem Tag gedenkt die Kirche<br />

ihres ersten Märtyrers, des Stephanus. Wie<br />

soll das mit dem Fest des Friedens und der Freude<br />

zusammenpassen? Doch es liegt ein tiefer Sinn<br />

darin, gerade heute den Stephanstag zu begehen.<br />

Die ersten Christen wussten, was das Martyrium<br />

eigentlich bedeutete. Es war kein Todestag, sondern<br />

ein Geburtstag. In der Stunde des Märtyrertodes<br />

begann das eigentliche Leben, daheim beim<br />

Herrn.Die ersten Jünger wussten aus persönlicher<br />

Erfahrung, dass der Glaube an Christus Unfrieden,<br />

Leiden und Tod bringen kann. Gewiss ist er<br />

der Friedefürst. „Geht hin in Frieden“ „Meinen<br />

Frieden gebe ich euch“, sagte Jesus seinen Jüngern.<br />

Aber dann fügte er hinzu: „Nicht wie die<br />

Welt gibt, gebe ich euch“. Die Welt versteht unter<br />

Frieden, dass man seine Ruhe hat und sich seines<br />

Lebens freuen kann. Christi Frieden hat auch damit<br />

zu tun, ist aber Gewissensfrieden, Frieden mit<br />

Gott, Frieden mit Menschen dadurch, dass man<br />

vergibt.<br />

Aber Friede mit Gott bedeutet gleichzeitig Unfrieden,<br />

Zwietracht mit allen Mächten, die gegen<br />

Gott stehen. Als Jesus zur Welt kam, wurden<br />

nicht nur die Hirten aktiv, sondern auch Herodes<br />

mit seinen <strong>Hand</strong>langern. Das Evangelium erfährt<br />

da und dort erbitterten Widerstand. Doch eines<br />

Tages wird das ein Ende haben, wenn Gott seine<br />

Reichsherrschaft endgültig aufrichtet. Bis dahin<br />

freuen wir uns der Nähe Jesu Christi. Mit ihm<br />

überwinden wir weit.<br />

Stephanus – Siegeskranz!


27. Dezember<br />

Er ist der Abglanz <strong>seiner</strong> Herrlichkeit und<br />

das Ebenbild seines Wesens. (Hebräerbrief 1,<br />

3)<br />

Als erstes hören wir im Hebräerbrief, dass Gott in<br />

vergangenen Zeiten viele Male und auf viele Arten<br />

durch die Propheten geredet hat. Doch jetzt<br />

hat er ganz neu gereder – durch seinen Sohn. Und<br />

dieser Sohn hat eine einzigartige, unvergleichliche<br />

Stellung im Universum. Er ist der Abglanz der<br />

Herrlichkeit des Vaters und das reine Abbild seines<br />

Wesens. Von diesem Wesen Gottes gibt es<br />

einen Widerschein in Christus. In Christus sehen<br />

wir den Vater.<br />

Christus ist genauso ewig wie der Vater. Die Zeit<br />

ist ja ein Teil der Schöpfung; die Welt hat einen<br />

Anfang und ein Ende. Doch Gott und mit ihm<br />

Christus ist über all das erhaben.<br />

Wir leben gleichsam eingesperrt in der Zeit. Unerbittlich<br />

rollt sie weiter, werden die Tage, die uns<br />

zugemessen sind, weniger. Und nicht nur wir altern,<br />

sondern die ganze Welt; sie wird „veralten<br />

wie ein Gewand“. Aber Christus bleibt derselbe,<br />

seine Jahre haben kein Ende.<br />

In Gottes Welt steht man über dem Gang der<br />

Zeit. Dort braucht man nie mehr seufzend an etwas<br />

zurückzudenken, das vergangen ist und nie<br />

mehr wiederkommt.<br />

Dort heisst Leben immer sich freuen und das<br />

empfangen wir als ewiges Leben schon jetzt, weil<br />

Christus als Abglanz Seiner Herrlichkeit uns erfreut<br />

und uns erfüllt.


28. Dezember<br />

Darum schämt er sich auch nicht, sie Brüder<br />

zu nennen. (Hebräerbrief 2, 11)<br />

Bei manchen Menschen tun wir uns schwer damit,<br />

sie ‚Brüder’ zu nennen. Manche Zeitgenossen<br />

sind so unangenehm anders. Aber der Unterschied<br />

zwischen diesen unmöglichen Menschen<br />

und uns ist nichts gegen den Unterschied zwischen<br />

uns und Gott. Und doch lesen wir hier über<br />

Christus, dass er sich nicht schämte, uns seine<br />

Brüder zu nennen.Als Christus als Bruder zu uns<br />

kam, da bedeutete das für ihn Leiden bis in den<br />

Tod. Er wurde ein Wesen aus Fleisch und Blut,<br />

damit er, der Gott war, leiden und sterben konnte<br />

– denn dies war die einzige Möglichkeit, dem die<br />

Macht zu nehmen, der Gewalt über den Tod hatte,<br />

nämlich dem Teufel. So gibt es ja auch die<br />

wirkliche Macht, die Gottes Schöpfung verderben<br />

will. Christus wurde einer <strong>von</strong> uns um in diesem<br />

Kampf zu kämpfen. Er trat dieser andern Macht<br />

entgegen, um die zu befreien, die durch Furcht<br />

vor dem Tod im ganzen Leben Knechte sein<br />

müssten. Dieser Knechtschaft und Angst versuchen<br />

viele dadurch zu entfliehen, dass sie tapfer<br />

nicht an den Tod denken. Und doch ist der einzige<br />

sichere Punkt im Programm unserer Zukunft<br />

der Tod, und wir wissen nie, wann er kommen<br />

wird – in zehn Jahren, oder schon morgen?<br />

Doch Christus setzt sein Leben ein für die Brüder<br />

und die Schwestern, dass sie sich nicht fürchten<br />

müssen. Er ist das Heil und bringt das Heil denen,<br />

die ihm als Bruder vertrauen.<br />

Darum schämte er sich auch nicht, sie Brüder zu<br />

nennen. Wie herrlich, dass in dieser Gemeinschaft<br />

all unsere Sorge Platz hat und Christus uns darin<br />

alle seine Liebe erweist.


29. Dezember<br />

Heute, wenn ihr seine Stimme hören werdet,<br />

so verstocket eure Herzen nicht.<br />

(Hebräerbrief 3, 7)<br />

Man kann sein Herz verstocken, verhärten, sagt<br />

der Hebräerbrief und nicht nur an einer Stelle. Er<br />

muss erschreckende Beispiele für solche Verstockungen<br />

miterlebt haben. Und so schärft er seinen<br />

Lesern ein, dass es dahin kommen kann, dass<br />

ein Mensch nicht mehr zu Gott und zur Vergebung<br />

zurückkommen kann. Gott kommt uns weit<br />

entgegen, er sehnt sich nach seinen Kindern. Er<br />

schickt ihnen Boten, die sie nach Hause einladen,<br />

und er hat dies nie so eindringlich und bewegend<br />

getan wie, als er seinen Sohn in die Welt sandte<br />

und ein bleibendes Werk der Barmherzigkeit und<br />

Erlösung errichtete. Es ist nicht leicht, darauf<br />

trotzig Nein zu sagen. Aber es ist möglich.<br />

Ein Mensch, der alles gesehen und erfahren hat,<br />

was Gott ihm gegeben und durch den heiligen<br />

Geist verklärt hat, kann sich doch wieder da<strong>von</strong><br />

losreissen und „abfallen vom lebendigen Gott“.<br />

Aber das geht nicht, ohne dass man sich verhärtet<br />

und verstockt. Man kann so werden, dass man<br />

einem tiefgefrorenen Klumpen gleicht. Von solchen<br />

Menschen sagt der Apostel, dass es unmöglich<br />

ist, sie zurück auf den rechten Weg eines lebendigen<br />

Glaubens zu holen. Solche Menschen<br />

meinte Jesus, dass sie nicht einfach sündigen.<br />

Sondern er warnte sie davor, dass sie die Sünde<br />

gegen den heiligen Geist begehen könnten. Es<br />

waren damals Menschen, die alle seine Worte gehört<br />

und alle seine Taten gesehen hatten, die seine<br />

Wunder nicht leugnen konnten und ihn doch ablehnten,<br />

indem sie sagten: „Das ist Teufelswerk;<br />

er steht mit dem Beelzebul im Bund.“<br />

Die ersten Christen waren sich über diese Dinge<br />

im Klaren. Und ihre Verkündigung war auch ent-


sprechend klar. Das war im Aufbau der ersten<br />

Gemeinden eine grosse Hilfe. Wir brauchen heute<br />

wieder diese Klarheit und eindeutige <strong>Aus</strong>richtung.<br />

Darum: Heute, wenn ihr seine Stimme hören<br />

werdet, so verstocket eure Herzen nicht!


30. Dezember<br />

Die Taufe der Busse zur Vergebung der Sünden.<br />

(Lukas 3, 3)<br />

Die Predigt Johannes des Täufers hatte ein ungeheures<br />

Aufsehen erregt. <strong>Aus</strong> allen Himmelsrichtungen<br />

strömten die Menschen herbei, um den<br />

neuen <strong>Prof</strong>eten zu hören – den ersten, der seit<br />

Jahrhunderten in Israel aufgetreten war. Viele<br />

glaubten, dass er der Messias war, aber er selber<br />

verneinte das. Er sei nur der Wegbereiter, sagte er.<br />

Nach ihm würde der kommen, der stärker sei als<br />

er: der Messias selber. Gottes Reich sei nahe.<br />

Das war es, was die Menschen packte. Der Messias<br />

würde „die zerfallene Hütte Davids wieder aufrichten“.<br />

Für viele Juden war es klar, dass dies eine<br />

politische Revolution und eine nationale Neugeburt<br />

bedeutete.<br />

Doch mit diesem Denken ging Johannes hart ins<br />

Gericht. Nein, er wird keine Privilegien bringen.<br />

Es genügte nicht, <strong>von</strong> Abraham abzustammen.<br />

Zu Gottes Volk zu gehören, das bedeutete, Gottes<br />

Diener zu sein. Es würde ein Tag des Gerichts<br />

und der Abrechnung kommen. Die Axt war<br />

schon an die Wurzel gelegt.<br />

Darum taufte Johannes. Darum verkündigte er so<br />

das Kommen des Messias.<br />

Tut Busse, denn das Himmelreich ist nahe herbei<br />

gekommen. Das war die Botschaft damals – und<br />

heute.


31. Dezember<br />

Komm und sieh! (Johannes 1, 39.46)<br />

Wie machte Jesus das, wenn er Menschen zu sich<br />

rief? Er fragte sie nicht, was sie glaubten und untersuchte<br />

nicht ihren Lebenswandel. Das wusste<br />

er ja alles schon – egal, ob es sich um einen Gerechten<br />

wie Nathanael handelte oder um eines<br />

<strong>von</strong> Gottes Problemkindern, wie die Frau am Jakobsbrunnen.<br />

Weder der Glaube noch die Taten<br />

der Menschen waren entscheidend; Jesus war ja<br />

gerade gekommen, um ihnen zu helfen. Darum<br />

sagte er immer als Erstes: Folge mir nach! – oder<br />

eben, was auf dasselbe hinausläuft: Komm und<br />

sieh! Wer Jesus ist, was er will und was er kann,<br />

das lernt man nur durch die persönliche Erfahrung<br />

mit ihm kennen. Das scheint auch Philippus<br />

begriffen zu haben. Als Nathanael mit ihm diskutieren<br />

will und fragt, was denn Gutes kommen<br />

kann aus dem Provinznest Nazareth, antwortet er<br />

einfach: Komm und sieh es!<br />

Diese Regel ‚Komm und sieh es!’, sie gilt für alle<br />

Jünger, und sie gilt ein Leben lang. Wie hoffnungsvoll,<br />

dies gerade an Sylvester festhalten zu<br />

dürfen.<br />

Als Nathanael ganz überrascht ist, dass Jesus<br />

schon so viel über ihn weiss, sagt Jesus zu ihm:<br />

Du wirst noch Grösseres sehen als dies! Wir werden<br />

nie fertig in der Nachfolge Jesu. Das ist tröstlich<br />

am Ende eines Jahres und beim Beginn eines<br />

neuen Jahres.<br />

Für dieses ‚Sehen’ braucht es nur eines, dass wir<br />

ständig wieder neu ‚kommen’ – zu Jesus selber;<br />

dass wir auf sein Wort hören und im Gebet mit<br />

ihm sprechen.<br />

Ich wünsche ihnen einen getrosten Übergang ins<br />

neue Jahr. Gott segne sie!

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