URTEIL - Thüringer Oberverwaltungsgericht - Freistaat Thüringen
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6 D 60017/04 Me<br />
Aktenzeichen<br />
schwierigen Lebensphase. Die den Beamten behandelnde Fachärztin für Neurologie und<br />
Psychiatrie Dr. K_____ hat gegenüber dem Amtsgericht dargelegt, dass der Beamte erheb-<br />
liche psychische Probleme hatte, die auf den Spannungsfeldern Beruf, Mutter und Lebens-<br />
gefährtin basierten. Auf Grund seiner psychischen Erkrankungen, insbesondere der diag-<br />
nostizierten Depression, waren dem Beamten Antidepressiva verordnet worden, die seine<br />
Steuerungsfähigkeit beeinträchtigt hatten. Von den ihm seit längerem verabreichten Tablet-<br />
ten war der Beamte scheinbar auch abhängig geworden. Nach seiner Darstellung in der<br />
Hauptverhandlung ist er erst seit 2 Jahren wieder medikamentenfrei. Als weiterer erhebli-<br />
cher Milderungsgrund ist hier zu berücksichtigen, dass der Beamte die Betrugshandlungen<br />
nicht vorgenommen hat, um sich selbst zu bereichern. Er hat beide Täuschungen vorge-<br />
nommen, um (vermeintlich berechtigten) Ansprüchen Dritter gerecht zu werden. Zum ei-<br />
nen sollten die Mitglieder des Sportvereins S_____ für ihre tatsächlich geleisteten Dienste<br />
im Stadtwald der Stadt B_____ entschädigt werden. Hier hat der Beamte versucht, über<br />
eine Täuschung Nachfragen der Stadtverwaltung zu vermeiden, die über die Tätigkeit des<br />
Sportvereins in ihrem Wald vorab von ihm nicht informiert worden war. Mit der zweiten<br />
Täuschungshandlung wollte der Beamte erreichen, dass die drei staatlichen Waldarbeiter<br />
für ihre Arbeit im Kommunalwald entlohnt werden. Damit wollte er auf einfachem Weg<br />
Auseinandersetzungen mit seinem Vorgesetzten bzw. der Abrechnungsstelle wegen des<br />
fehlerhaften Arbeitseinsatzes der Waldarbeiter vermeiden. In beiden Fällen ging es dem<br />
Beamten nicht darum, sich selbst unberechtigt zu bereichern.<br />
Kommt demnach die Höchstmaßnahme nicht in Betracht, war auch aus den o. g. Milde-<br />
rungsgründen nicht die Herabstufung des Beamten zum Forstinspektor geboten. Vielmehr<br />
war nach Auffassung des Disziplinargerichts eine Gehaltskürzung im mittleren Bereich<br />
angemessen, um den Beamten nochmals an die Einhaltung seiner Dienstpflichten zu erin-<br />
nern. Zugunsten des Beamten war hier neben den genannten Gründen vor allem noch die<br />
überaus lange Verfahrensdauer zu berücksichtigen. Das bereits im Jahr 2000 eingeleitete<br />
Disziplinarverfahren musste im Hinblick auf das Strafverfahren bis 2004 ausgesetzt wer-<br />
den. Nach Abschluss des sich anschließenden Untersuchungsverfahrens dauerte das Ver-<br />
fahren nochmals annähernd 3 Jahre. Diese lange Verfahrensdauer, zu der der Beamte<br />
nichts beigetragen hat, hat er zum einen genutzt, um sich im aktiven Dienst wieder zu be-<br />
währen. Zum anderen hat er in diesem Zeitraum erheblich unter dem Disziplinarverfahren<br />
gelitten. So hat er seine Stellung als Revierleiter verloren, war drei Jahre vom Dienst sus-<br />
pendiert und ist anschließend nur als „Funktionsbeamter“ in verschiedenen Forstämtern<br />
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