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Wenn Bäume lieben wollen

„Ich bin sicher die letzte, die nicht vieles zu kritisieren hätte, das weißt du, Lou, aber heute Frau zu sein, hat doch nicht nur negative Aspekte. Du würdest mir meine Berufsgrundlage entziehen, wenn Frauen keine Lust mehr hätten sich toll zu kleiden. Was wolltest du da denn wohl mit Männern machen?“ erklärte Florence und lachte. „Das meine ich doch auch gar nicht. Es gibt sicher tausend tiefgreifende ästhetische und soziologische Diskussionen über Mode und Design, und du wirst sie alle kennen. Mich stört nur immer diese Bindung an das gesellschaftlich festgelegte Bild der Frau.“ antwortete ich. „Was soll ich denn sagen? „Sie sehen jetzt unsere neueste Kollektion, vorgestellt von Esche.“ „Wer ist Esche? Ein neues Model?“ fragt man. „Nein, Esche ist ein Baum.“ antworte ich.“ verdeutlichte es Florence, was uns beide lachen ließ. „Lou, das meiste, was du zur gesellschaftlich festgelegten Rolle von Frau und Mann und ihr unterschiedliches Verhalten in Bezug auf Liebe gesagt hast, unterstütze ich doch, aber als Baum? Ich schätze Bäume sehr, bewundere sie in ihre Komplexität. Ich weiß nicht ob ihr schon miteinander ins Bett geht, Leonard und du, aber was sagst du denn dann? „Könntest du mal deine Geäst ein wenig rüber nehmen, oder würdest du, bitte, deine Wurzeln nicht so weit ausstrecken?“ so Florence. Was zur Folge hatte, dass ich sie umwarf. Wir rangelten ein wenig symbolisch, blickten uns lächelnd in die Augen und fuhren sanft über die Wange der anderen. Intime Momente, die erst geschehen konnten, seitdem wir Schwestern waren.

„Ich bin sicher die letzte, die nicht vieles zu kritisieren hätte, das weißt du, Lou, aber heute Frau zu sein, hat doch nicht nur negative Aspekte. Du würdest mir meine Berufsgrundlage entziehen, wenn Frauen keine Lust mehr hätten sich toll zu kleiden. Was wolltest du da denn wohl mit Männern machen?“ erklärte Florence und lachte. „Das meine ich doch auch gar nicht. Es gibt sicher tausend tiefgreifende ästhetische und soziologische Diskussionen über Mode und Design, und du wirst sie alle kennen. Mich stört nur immer diese Bindung an das gesellschaftlich festgelegte Bild der Frau.“ antwortete ich. „Was soll ich denn sagen? „Sie sehen jetzt unsere neueste Kollektion, vorgestellt von Esche.“ „Wer ist Esche? Ein neues Model?“ fragt man. „Nein, Esche ist ein Baum.“ antworte ich.“ verdeutlichte es Florence, was uns beide lachen ließ. „Lou, das meiste, was du zur gesellschaftlich festgelegten Rolle von Frau und Mann und ihr unterschiedliches Verhalten in Bezug auf Liebe gesagt hast, unterstütze ich doch, aber als Baum? Ich schätze Bäume sehr, bewundere sie in ihre Komplexität. Ich weiß nicht ob ihr schon miteinander ins Bett geht, Leonard und du, aber was sagst du denn dann? „Könntest du mal deine Geäst ein wenig rüber nehmen, oder würdest du, bitte, deine Wurzeln nicht so weit ausstrecken?“ so Florence. Was zur Folge hatte, dass ich sie umwarf. Wir rangelten ein wenig symbolisch, blickten uns lächelnd in die Augen und fuhren sanft über die Wange der anderen. Intime Momente, die erst geschehen konnten, seitdem wir Schwestern waren.

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nach, dass dich ein anderer als einzigartigen Menschen anerkennt und schätzt,<br />

nichts mehr, als von dir geliebt werden möchte, war doch nicht etwas, was<br />

Christian mir geschenkt hatte. Die Lust am uneigennützigen und absichtsfreien<br />

Schenken und Empfangen von Liebe, wohnt allen Menschen inne, und ist<br />

nichts, was Christian mir in unserer Beziehung vermittelt hätte. Ich war die<br />

Frau in unserer Beziehung, das wusste ich schon von klein an, dass ich in einer<br />

Beziehung die Frau sein würde. Nicht nur bei meinen Eltern und den Verwandten<br />

war es so, überall kannte man es nicht anders, als dass einer der Mann und<br />

der andere die Frau war. Meine Eltern amüsierten sich jetzt immer noch über<br />

meine unendlich vielen Fragen als Kind. Nach allem, dem nur denkbar Kuriosesten<br />

hatte ich gefragt, aber warum ich bei einem Paar die Frau spielen musste,<br />

nicht. Offensichtlich handelte es sich dabei um eine von den Fragen, die nie<br />

gestellt werden, weil sie im Uterus schon geklärt wurden. <strong>Wenn</strong> du zur Welt<br />

kommst, ist es längst klar, dass du in der Beziehung die Frau sein wirst. Tausend<br />

verschiedene Möglichkeiten von Frau gibt es, aber dass du die Frau sein<br />

wirst, daran gibt es keinen Zweifel. Wer genau so über mich bestimmt hatte,<br />

war nicht zu eruieren, wie bei all den Dingen, die man so tut, weil man es eben<br />

so macht. Aber wie willst du es machen, wenn nicht wie Mann und Frau es<br />

eben so machen? Ich war eine Sklavin, wurde gehalten in einer Sklavenhaltergesellschaft.<br />

Natürlich gab es bei den Menschen zwei Geschlechter wie bei<br />

Schlangen, Pumas und Wildeseln auch, nur beim Puma und all den anderen<br />

Tieren bestimmten ihre Gene, wie sie ihr Leben zu führen hatten. Niemand<br />

hatte den Fohlen vermittelt, wie sie sich später mal als Wildeselin oder als<br />

Eselhengst zu benehmen hätten. Bei den Menschen ist es aber ausschließlich<br />

so. Nur bei der Fortpflanzung sind die unterschiedlichen Genitalen von Bedeutung.<br />

In den Genen steht nur etwas zu deiner Physiologie, wie du dich zu verhalten<br />

hast und alles andere hast du dir ausschließlich im Laufe deines Lebens<br />

in der Kommunikation mit anderen und durch Erfahrung angeeignet. Ein Bezug<br />

zum Biologischen ist beim Verhalten des Menschen eine Phantasmagorie. Es<br />

gibt keine biologische Frau oder einen biologischen Mann, trotzdem werden alle<br />

Kinder von Geburt an in eine dieser beiden Gruppen gezwängt und entsprechend<br />

gezüchtet. Ein Verstoß gegen die durch Menschenrechte geschützte Freiheit<br />

des Individuums. Nur keine Menschenrechtsorganisation scheint es zu stören.<br />

Es bleibt dir nichts anderes übrig, als 'To Arrange Your Matters', deine Angelegenheiten<br />

selbst in die Hand zu nehmen.<br />

Ich bin, der ich bin<br />

Mein Freund ist sehr feingliedrig, verletzbar, leidenschaftlich. Ungewöhnlich,<br />

nicht wahr? Aber ungewöhnlich ist keine Kategorie für ihn. Er lässt sich nichts<br />

vorschreiben, in keine Anforderung von anderen drängen. „Ich bin, so wie ich<br />

bin. <strong>Wenn</strong> ich an mir etwas ändern sollte, wäre ich das nicht mehr. Dann wäre<br />

es jemand anders.“ sagt er. „Ich bin, der ich bin.“ hatte schon mal einer gesagt.<br />

Es gab nichts zu kritisieren und zu hinterfragen an ihm, man sollte ihn<br />

einfach so hinnehmen und akzeptieren, wie er war. Das würde ich auch gern<br />

von mir sagen können, aber bei mir stehen Myriaden von Besserwissern, Vertreter<br />

von Mainstream und Volkesmeinung, sowie selbsternannte Berater und<br />

<strong>Wenn</strong> Bäme <strong>lieben</strong> <strong>wollen</strong> – Seite 5 von 15

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