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<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
die Saison <strong>2013</strong> läuft mit all ihren Herausforderungen auf Hochtouren. Die Frühjahrsfischerei<br />
ist nach langem Winter abgeschlossen und wird von der Sommerfischerei nahtlos<br />
abgelöst. Von den hiesigen Küstenfischern konnte die Heringsquote erfreulicherweise<br />
nahezu abgefischt werden. In den Gewässern des Binnenlandes war die Frühjahrsfischerei<br />
witterungsbedingt nicht ganz so erfolgreich.<br />
Unsere <strong>Fischerei</strong>berater in der <strong>LMS</strong> sind seit 22 Jahren ganzjährig für Sie in allen Bereichen<br />
der <strong>Fischerei</strong> und Angelfischerei tätig. Zur allseitigen Information der Unternehmer nehmen<br />
die Kollegen an überregionalen Weiterbildungsveranstaltungen teil. Dort bringen sie<br />
Erfahrungen aus Mecklenburg-Vorpommern ein und gewährleisten gleichzeitig den Wissenstransfer<br />
aus den anderen Bundesländern nach MV.<br />
Von besonderer Relevanz ist eine enge Kooperation mit der Landesforschungsanstalt für<br />
Landwirtschaft und <strong>Fischerei</strong> MV sowie den Branchenverbänden auf Landesebene. Das<br />
„Funktionieren“ dieser Zusammenarbeit und des konstruktiven Austausches wird u.a. auch<br />
durch die Zeitschrift „<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong>“ dokumentiert. Ich möchte dieses Vorwort als<br />
willkommene Gelegenheit nutzen, allen Beteiligten hierfür zu danken.<br />
Einen besonderen Dank richten wir an dieser Stelle an den langjährigen Direktor des<br />
Institutes für <strong>Fischerei</strong> der LFA MV, Hans-Joachim Jennerich, der Ende des Monats in den wohlverdienten Ruhestand eintritt. Wir danken ihm für<br />
sein Engagement und seine stets konstruktive Arbeitsauffassung zur Weiterentwicklung der <strong>Fischerei</strong> und Aquakultur.<br />
Der Beratungsschwerpunkt unserer <strong>Fischerei</strong>berater verlagert sich von der Beratung der Binnen- und Küstenfischereibetriebe in die Bereiche<br />
Freizeitfischerei und Aquakultur. Mitarbeit an mehreren Forschungsvorhaben zur Aquakultur in Mecklenburg-Vorpommern, Erstellung von<br />
Förderanträgen für Kreislaufanlagen zur Produktion des Afrikanischen Welses und anderer Arten sowie das langjährige Projekt „Bonitierung von<br />
Angelgewässern“ für den Landesanglerverband verdeutlichen das umfassende Arbeitsspektrum.<br />
In diesem Zusammenhang weisen wir darauf hin, dass die <strong>LMS</strong> Agrarberatung seit 2012 die Anerkennung als „qualifizierter Dienst“ hat. Alle<br />
Aquakulturbetriebe werden auf Basis unterschiedlicher Anforderungen in unterschiedlicher Frequenz, aber regelmäßig, durch die Veterinärbehörden<br />
überprüft. Die weiter vorgesehenen Eigenkontrollen werden durch den qualifizierten Dienst, in MV die <strong>LMS</strong>, unterstützt respektive<br />
durchgeführt. Diese Eigenkontrollen werden zukünftig auch unter den Aspekten des Verbraucherschutzes und in zielführender Ergänzung der<br />
oben erwähnten Maßnahmen zunehmende Relevanz haben.<br />
Dem Umwelt- und Naturschutz kommt auch in der <strong>Fischerei</strong> höhere Aufmerksamkeit zu. Die <strong>LMS</strong>-<strong>Fischerei</strong>berater stehen als qualifizierte<br />
Experten speziell für diesen Bereich den Unternehmen zur fachlichen Begleitung für Vorhabensplanungen, für Managementpläne sowie<br />
Gewässer sanierungen ebenso zur Verfügung wie für andere Genehmigungsverfahren. Die Interessen der <strong>Fischerei</strong> müssen dabei sachlich<br />
dargestellt, ausgewogen beurteilt und angemessen berücksichtigt werden.<br />
Für Mecklenburg-Vorpommern wertet die <strong>LMS</strong> im Rahmen des Testbetriebsnetzes die Buchführungsabschlüsse von Küstenfischereiunternehmen in<br />
anonymisierter Form aus und trägt mit diesen Daten zum Bericht des BMELV zur wirtschaftlichen Lage der Kleinen Hochsee- und Küsten fischerei<br />
bei. Die statistische Absicherung und Relevanz der ermittelten Zahlen steigt mit der Zahl der teilnehmenden Betriebe. Daher bitte ich alle Küstenfischer<br />
in deren eigenem Interesse herzlich, diese jährliche Datenerhebung durch ihre Teilnahme zu unterstützen. Je größer der Datenpool ist,<br />
desto fundierter können Entscheidungen zur zukünftigen Entwicklung und Definition von Maßnahmenschwerpunkten gefunden werden. Für eine<br />
Teilnahme entstehen den Betrieben keine Kosten. Wenden Sie sich bitte direkt an die Ihnen bekannten <strong>Fischerei</strong>berater der <strong>LMS</strong>, Herrn Hiller /<br />
Herrn Wichmann oder an die zuständige Mitarbeiterin der <strong>LMS</strong>, Frau Sperner (0381 87 71 33-31).<br />
Sehr geehrte Damen und Herren, werte Fischer,<br />
abschließend wünsche ich Ihnen und dem traditionsreichen Gewerbe der <strong>Fischerei</strong> insgesamt ein wirtschaftlich erfolgreiches Jahr <strong>2013</strong>.<br />
In diesem Sinne ein zünftiges „Petri Heil“<br />
Berthold Majerus<br />
Geschäftsführer der <strong>LMS</strong> Agrarberatung<br />
Vorwort<br />
1
Aus dem Inhalt<br />
Seite<br />
Aus der Verwaltung<br />
• Auswertung der <strong>Fischerei</strong>aufsicht im Jahr 2012 ................................................................................................................3<br />
• Ausgabe von Angelerlaubnissen und <strong>Fischerei</strong>scheinen – Statistische Zahlen 2012 .....................................................5<br />
• Erschienen sind – aus Amts-, Gesetz- und Verordnungsblättern .......................................................................................5<br />
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
• Jahresfischereitag und Jahreshauptversammlung des Landesverbandes der Binnenfischer MV e.V. .............................6<br />
Ulrich Paetsch – Präsident des Landesverbandes der Binnenfischer MV e.V.<br />
• Mitgliederversammlung des Landesfischereiverbandes MV e.V. – Schwerin, 20. April <strong>2013</strong> ....................................10<br />
Andreas Schlüter – Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Naturschutz des LFV MV e.V.<br />
• Lebende Fossile in der Oder .............................................................................................................................................17<br />
Andreas Schlüter – Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Naturschutz des LFV MV e.V.<br />
• Aktuelle Informationen zur Hochseefischerei Mecklenburg-Vorpommerns ....................................................................19<br />
Dr. Uwe Richter – Mecklenburger Hochseefischerei GmbH und Claus Ubl – Deutscher <strong>Fischerei</strong>-Verband e.V.<br />
• Die Frühjahrsheringssaison <strong>2013</strong> – wieder ein Saisonverlauf mit Höhen und Tiefen ...................................................23<br />
Dr. Uwe Richter – Euro-Baltic Fischverarbeitungs GmbH und Claus Ubl – Deutscher <strong>Fischerei</strong>-Verband<br />
• Internationale Aal-Konferenz – Hamburg, 25. April <strong>2013</strong> ............................................................................................26<br />
Claus Ubl – Deutscher <strong>Fischerei</strong>-Verband e.V. und Malte Dorow – Landesforschungsanstalt MV, Institut für <strong>Fischerei</strong><br />
Aus der Forschung<br />
• Hans-Joachim Jennerich, Leiter der Instituts für <strong>Fischerei</strong> der Landesforschungsanstalt, geht in den Ruhestand ..........31<br />
• Entwicklung und Wanderverhalten eingeführter Amerikanischer Aale im Warnowsystem ...........................................34<br />
Jens Frankowski 1 , Melanie Reckordt 2 , Claus Ubl 2 & Malte Dorow 2 – 1 Institut für Biowissenschaften, Fachbereich Tierphysiologie, Universität Rostock,<br />
2 Institut für <strong>Fischerei</strong>, Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und <strong>Fischerei</strong><br />
• Ungewöhnliche Missbildung bei einem Blankaal ............................................................................................................37<br />
Malte Dorow – Landesforschunganstalt MV, Institut für <strong>Fischerei</strong> und Dr. Sascha Gerst – Landesamt für Landwirtschaft,<br />
Lebensmittelsicherheit und <strong>Fischerei</strong> MV, Abteilung Tierscheuchendiagnostik<br />
• Stand und Entwicklung der Zanderaquakultur in Mecklenburg-Vorpommern ...............................................................39<br />
Gregor Schmidt und Carsten Kühn – Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und <strong>Fischerei</strong> MV, Institut für <strong>Fischerei</strong><br />
• 20 Jahre Meerforellenvermehrung in der Versuchsanlage Born ....................................................................................43<br />
Carsten Kühn – Landesforschungsanstalt MV, Institut für <strong>Fischerei</strong><br />
• Zur Genetik von Edelkrebs, Bachforelle, Quappe und Barbe in Deutschland – eine aktuelle Untersuchung .............44<br />
Thomas Schmidt, Anne Schrimpf, Ralf Schulz – Institut für Umweltwissenschaften, Universität Koblenz-Landau<br />
• Karpfen reich an Omega-3-Fettsäuren – gesund für Herz und Kreislauf .......................................................................46<br />
Dr. Sabine Sampels und Dr. Honza Mraz – FROV, Vodnany<br />
• Die <strong>Fischerei</strong>wirtschaft in der Tschechischen Republik .....................................................................................................48<br />
Tomas Zajic (Übersetzung Dr. Sabine Sampels)<br />
• Warum hat der Hornhecht grüne Knochen? ....................................................................................................................49<br />
Aus der Beratung<br />
• Fortbildungsveranstaltung für Fischhaltung und Fischzucht .............................................................................................50<br />
Petra Bartschat – Task Force Tierseuchenbekämpfung, LVLF Brandenburg, Jörg Hiller und Thorsten Wichmann – <strong>LMS</strong> Agrarberatung GmbH und<br />
Dr. Thomas Meinelt – Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)<br />
• 24. <strong>Fischerei</strong>tagung des Sachverständigenkuratoriums ...................................................................................................56<br />
Jörg Hiller und Thorsten Wichmann – <strong>LMS</strong> Agrarberatung GmbH<br />
Dr. Thomas Meinelt – Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)<br />
• Fortbildungsveranstaltung für <strong>Fischerei</strong> .............................................................................................................................60<br />
Petra Bartschat – Task Force Tierseuchenbekämpfung, LVLF Brandenburg, Jörg Hiller und Thorsten Wichmann – <strong>LMS</strong> Agrarberatung GmbH und<br />
Dr. Thomas Meinelt – Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)<br />
Verschiedenes<br />
Impressum / Ansprechpartner und Anschriften<br />
2<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
Auswertung der <strong>Fischerei</strong>aufsicht im Jahr 2012<br />
Feststellung rechtswidriger Handlungen<br />
LALLF – Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und <strong>Fischerei</strong> MV<br />
Im Jahr 2012 wurden im LALLF insgesamt 1 214<br />
rechtswidrige Handlungen gegen fischereirechtliche<br />
Vorschriften u.a. registriert. Die Anzahl zum Vorjahr ist<br />
damit deutlich rückläufig (-27 %).<br />
Die Feststellungen laut Abb. 1 wurden im LALLF<br />
angezeigt durch:<br />
• Mitarbeiter des LALLF 493 Fälle<br />
• Ehrenamtliche <strong>Fischerei</strong>aufseher 421 Fälle<br />
• Wasserschutzpolizei 274 Fälle<br />
• Bundesfischereiaufsicht 5 Fälle<br />
(auf dem Hoheitsgebiet von MV)<br />
• sonstige (Bürger usw.) 21 Fälle<br />
Bei den Anglern war die „Schwarzangelei“ – das<br />
Angeln ohne Erlaubnis – in Verbindung mit der Verletzung<br />
der <strong>Fischerei</strong>scheinpflicht das häufigste Delikt.<br />
Die folgenden Ränge wurden wie im Vorjahr belegt<br />
durch das Angeln in Schonbezirken, das Angeln mit<br />
Anzahl<br />
2500<br />
2000<br />
1500<br />
1000<br />
500<br />
0<br />
Abb.1: Im LALLF registrierte Feststellungen von rechtswidrigen Handlungen<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus der Verwaltung<br />
ungültigem <strong>Fischerei</strong>schein, das Schleppangeln in <strong>Fischerei</strong>bezirken,<br />
die Nichtbeachtung der Schonzeiten<br />
und Mindestmaße der Fische sowie die Verwendung<br />
lebender Köderfische.<br />
Im Bereich der Berufsfischerei (Küste) waren die<br />
Feststellungen mit 201 Fällen zum Vorjahr deutlich sinkend.<br />
Ein erheblicher Anteil der Feststellungen war in<br />
der Verletzung des gemeinschaftlichen <strong>Fischerei</strong>rechtes<br />
(Logbuch, Anlandeerklärung, Fangmeldung etc. – 79<br />
Fälle) wie auch in der mangelhaften Kennzeichnung<br />
von Fanggeräten (48 Fälle) zu verzeichnen. Die Anlandung<br />
von Fischen während der Schonzeit wurde in<br />
21 Fällen, die Anlandung von untermaßigen Fischen<br />
in 19 Fällen festgestellt.<br />
Die Feststellungen rechtswidriger Handlungen ergibt<br />
die in Tabelle 1 dargestellte Beteiligung der<br />
ehrenamtlichen <strong>Fischerei</strong>aufsicht.<br />
97 98 99 00 01 02 03 04 05 06 07 08 09 10 11 12<br />
Jahr<br />
LALLF WSP eFA sonst.<br />
3
Aus der Verwaltung<br />
Kategorie Beteiligte FA Anzahl der Anzeigen<br />
Mitglieder des LAV<br />
27<br />
407<br />
Beauftragte von <strong>Fischerei</strong>unternehmen<br />
5<br />
6<br />
Naturschutzbehörden<br />
2<br />
5<br />
Mitglieder des DAV und sonstige<br />
3<br />
3<br />
Gesamt<br />
421<br />
Tatbestand 2010 2011 2012<br />
Verletzung der <strong>Fischerei</strong>scheinpflicht 543 546 409<br />
<strong>Fischerei</strong>schein ungültig 85 103 71<br />
Nicht-mit-führen AE (Küstengewässer) 487 467 425<br />
Nicht-mit-führen AE (Binnengewässer) 350 346 187<br />
Mitführen fangbereiter Geräte ohne Dokumente 12 15 5<br />
Verstöße gegen Mindestmaße / Schonzeiten 57 42 38<br />
Nichtbeachtung der Schongebietsregelungen 156 187 135<br />
Verwendung lebender Köderfische 38 20 18<br />
Schleppangeln in Verbotsgebieten 39 62 43<br />
Nichtbeachtung Verankerung in inneren Küstengewässern <br />
Verletzung sonstiger Gebote und Verbote 56 27 35<br />
Gesamt 1.823 1.815 1.366<br />
Wie in den Vorjahren ergaben auch im Jahr 2012<br />
die Ermittlungsverfahren in der überwiegenden Anzahl<br />
den Straftatbestand der Fischwilderei (501 Fälle).<br />
Daneben wurde in 5 Fällen wegen des Verdachtes der<br />
Urkundenfälschung (<strong>Fischerei</strong>schein) und in 16 Fällen<br />
wegen des Verdachtes der Tierquälerei ermittelt.<br />
4<br />
13,2 % Hansestadt Rostock<br />
11,3 % sonstige <strong>Fischerei</strong>unternehmen<br />
0,9 % <strong>Fischerei</strong>betrieb Bimes<br />
2,5 % Müritz-Plau GmbH<br />
5,1 % Landesanglerverband<br />
5,4 % Sonstige<br />
Tab. 1:<br />
Feststellung<br />
rechtswidriger<br />
Handlungen durch<br />
<strong>Fischerei</strong>aufseher (FA)<br />
nach Kategorien<br />
Tab. 2:<br />
Art und Anzahl<br />
der ordnungswidrigen<br />
Tatbestände<br />
von Anglern –<br />
Feststellungen<br />
der Jahre 2010-2012<br />
61,6 % Mecklenburg-Vorpommern<br />
Abb. 2:<br />
Anteil der<br />
Fest stellungen<br />
bezogen<br />
auf die<br />
<strong>Fischerei</strong> berechtigten<br />
Die Feststellung ordnungswidriger Handlungen bei<br />
Anglern ergab im Jahr 2012 964 Feststellungen mit<br />
1.366 ordnungswidrigen Tatbeständen (Tab. 2).<br />
Die 1.214 Feststellungen rechtswidriger Handlungen<br />
im Jahr 2012 verteilen sich auf die Gewässer<br />
der <strong>Fischerei</strong>berechtigten wie in Abb. 2 dargestellt.<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
Ausgabe von Angelerlaubnissen und <strong>Fischerei</strong>scheinen<br />
Statistische Zahlen 2012<br />
Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und <strong>Fischerei</strong> Mecklenburg-Vorpommern<br />
– Abt. <strong>Fischerei</strong> und Fischwirtschaft –<br />
Im Jahr 2012 wurden wie folgt ausgegeben:<br />
1. Angelerlaubnisse für Küstengewässer<br />
• Jahreskarten: 68.298 Stück<br />
• Wochen- /Monatskarten: 26.154 Stück<br />
• Tageskarten: 34.140 Stück<br />
<strong>Fischerei</strong>rechtsinhaber waren hierbei das Land Mecklenburg-Vorpommern,<br />
die Hansestadt Rostock (Unterwarnow<br />
und Breitling), die Stadt Ribnitz-Damgarten<br />
(westlicher Saaler Bodden) und die Stadt Usedom<br />
(Usedomer See).<br />
2. <strong>Fischerei</strong>abgabemarken 103.735 Stück<br />
3. <strong>Fischerei</strong>scheine 4.959 Stück<br />
Es handelt sich hierbei um Neuausstellungen von<br />
<strong>Fischerei</strong>scheinen auf Lebenszeit.<br />
• Durchführungsverordnung (EU) <strong>Nr</strong>. 136/<strong>2013</strong> der Kommission vom 18.<br />
Fe bruar <strong>2013</strong> zum Ausschluss der ICES-Unterdivisionen 27 und 28.2 von<br />
bestimmten <strong>Fischerei</strong>aufwandsbeschränkungen <strong>2013</strong> gemäß der Verordnung<br />
(EG) <strong>Nr</strong>. 1098/2007 des Rates zur Festlegung eines Mehrjahresplans für die<br />
Dorschbestände der Ostsee und für die <strong>Fischerei</strong>en, die diese Bestände befischen<br />
(ABl. L 46 vom 19.02.<strong>2013</strong>)<br />
• Durchführungsverordnung (EU) <strong>Nr</strong>. 232/<strong>2013</strong> der Kommission vom 15.<br />
März <strong>2013</strong> zur Festsetzung der im Fischwirtschaftsjahr <strong>2013</strong> geltenden<br />
EU-Rücknahme- und EU-Verkaufspreise für die <strong>Fischerei</strong>erzeugnisse des<br />
Anhangs I der Verordnung (EG) <strong>Nr</strong>. 104/2000 des Rates<br />
(ABl. L 74 vom 16.03.<strong>2013</strong>)<br />
• Durchführungsverordnung (EU) <strong>Nr</strong>. 233/<strong>2013</strong> der Kommission vom 15. März<br />
<strong>2013</strong> zur Festsetzung der Höhe der Übertragungsbeihilfe und der Pauschalbeihilfe<br />
für bestimmte <strong>Fischerei</strong>erzeugnisse im Fischwirtschaftsjahr <strong>2013</strong><br />
(ABl. L 74 vom 16.03.<strong>2013</strong>)<br />
• Durchführungsverordnung (EU) <strong>Nr</strong>. 234/<strong>2013</strong> der Kommission vom 15.<br />
März <strong>2013</strong> zur Festsetzung der EU-Verkaufspreise für die in Anhang II der<br />
Verordnung (EG) <strong>Nr</strong>. 104/2000 des Rates aufgeführten <strong>Fischerei</strong>erzeugnisse<br />
für das Fischwirtschaftsjahr <strong>2013</strong><br />
(ABl. L 74 vom 16.03.<strong>2013</strong>)<br />
• Durchführungsverordnung (EU) <strong>Nr</strong>. 235/<strong>2013</strong> der Kommission vom 15. März<br />
<strong>2013</strong> zur Festsetzung der Pauschalwerte für die aus dem Handel genommenen<br />
<strong>Fischerei</strong>erzeugnisse, die zur Berechnung des finanziellen Ausgleichs und<br />
des entsprechenden Vorschusses dienen, für das Fischwirtschaftsjahr <strong>2013</strong><br />
(ABl. L 74 vom 16.03.<strong>2013</strong>)<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
4. Touristenfischereischeine<br />
ERSCHIENEN SIND:<br />
Touristen -<br />
fischerei-scheine<br />
Aus der Verwaltung<br />
VerlängerungsbescheinigungenfürTouristenfischereischeine<br />
an Bürger aus<br />
Mecklenburg-<br />
Vorpommern<br />
3.541 1.675<br />
an Bürger anderer<br />
Bundesländer<br />
15.874 995<br />
an Bürger anderer<br />
Staaten<br />
713 47<br />
gesamt 20.128 2.717<br />
• Durchführungsverordnung (EU) <strong>Nr</strong>. 236/<strong>2013</strong> der Kommission vom 15.<br />
März <strong>2013</strong> zur Festsetzung der Höhe der Beihilfe zur privaten Lagerhaltung<br />
für bestimmte <strong>Fischerei</strong>erzeugnisse im Fischwirtschaftsjahr <strong>2013</strong><br />
(ABl. L 74 vom 16.03.<strong>2013</strong>)<br />
• Durchführungsverordnung (EU) <strong>Nr</strong>. 237/<strong>2013</strong> der Kommission vom 15.<br />
März <strong>2013</strong> zur Festsetzung der Referenzpreise für bestimmte <strong>Fischerei</strong>erzeugnisse<br />
für das Fischwirtschaftsjahr <strong>2013</strong><br />
(ABl. L 74 vom 16.03.<strong>2013</strong>)<br />
• Verordnung (EU) <strong>Nr</strong>. 227/<strong>2013</strong> des Europäischen Parlaments und des Rates<br />
vom 13. März <strong>2013</strong> zur Änderung der Verordnung (EG) <strong>Nr</strong>. 850/98 des<br />
Rates zur Erhaltung der <strong>Fischerei</strong>ressourcen durch technische Maßnahmen<br />
zum Schutz von jungen Meerestieren und der Verordnung (EG) <strong>Nr</strong>. 1434/98<br />
des Rates über die zulässige Anlandung von Hering zu industriellen Zwecken<br />
ohne Bestimmung für den unmittelbaren menschlichen Verzehr<br />
(ABl. L 78 vom 20.03.<strong>2013</strong>)<br />
• Verordnung (EU) <strong>Nr</strong>. 297/<strong>2013</strong> des Rates vom 27. März <strong>2013</strong> zur Änderung<br />
der Verordnungen (EU) <strong>Nr</strong>. 44/2012, (EU) <strong>Nr</strong>. 39/<strong>2013</strong> und (EU) <strong>Nr</strong>.<br />
40/<strong>2013</strong> hinsichtlich bestimmter Fangmöglichkeiten<br />
(ABl. L 90 vom 28.03.<strong>2013</strong>)<br />
--------------------------------<br />
Die Aufstellung ist nur eine Auswahl und kann<br />
keinen Anspruch auf Vollständigkeit erheben.<br />
Informationen auch unter: www.regierung-mv.de, www.lallf.de,<br />
www.bmelv.de,www.ble.de,www.ec.europa.eu<br />
5
Foto: T. Wichmann<br />
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
Jahresfischereitag und Jahreshauptversammlung<br />
des Landesverbandes der Binnenfischer MV e.V. –<br />
Güstrow, 25. Februar <strong>2013</strong><br />
Bericht des Präsidiums für das Jahr 2012<br />
Ulrich Paetsch – Präsident des Landesverbandes der Binnenfischer MV e.V.<br />
Das vergangene Jahr war für die Mehrzahl unserer<br />
Betriebe relativ erfolgreich. Der Fischfang lag im<br />
Durchschnitt der vergangenen Jahre. Allerdings verändern<br />
sich die Vermarktungsbedingungen. Der Verkauf<br />
von Frischfisch stagniert oder ist in vielen Bereichen<br />
sogar rückläufig. Positive Entwicklungen beim Absatz<br />
sind im touristischen Bereich vorhanden. Der Trend geht<br />
immer stärker zu verarbeiteten Produkten, die dann,<br />
wenn es die Rahmenbedingungen zulassen, bevorzugt<br />
an Touristen verkauft werden. Viele Betriebe veranstalten<br />
Fischerfeste auf ihren Betriebshöfen und beteiligen<br />
sich an Veranstaltungen in ihrer Region. Damit werden<br />
unsere Binnenfischereibetriebe immer stärker in die touristische<br />
Struktur unseres Bundeslandes eingebunden.<br />
6<br />
Ein paar Bemerkungen zur Novellierung des <strong>Fischerei</strong>gesetzes<br />
unseres Bundeslandes. Es ist zu begrüßen,<br />
dass wir zukünftig wohl ein recht unkompliziertes<br />
<strong>Fischerei</strong>gesetz haben werden. In Vielem entspricht der<br />
zur Verabschiedung vorliegende Gesetzentwurf den<br />
Wünschen und Vorstellungen der Fischer.<br />
Leider gibt auch Anlass zur Kritik. Der Pachtzeitraum<br />
für die Pacht des <strong>Fischerei</strong>rechts war bisher mit<br />
„beträgt mindestens zwölf Jahre“ gekennzeichnet. Jetzt<br />
wird nur die Empfehlung mit „sollte mindestens zwölf<br />
Jahre betragen“ gegeben.<br />
Wir sehen in dieser Öffnung der Pachtdauer eine<br />
wesentliche Verschlechterung der wirtschaftlichen<br />
Rahmenbedingungen für unsere Betriebe. Sinnvollen<br />
Bewirtschaftungsmaßnahmen, wie Besatz, Schonung<br />
von Laicherbeständen und die Festlegungen von Küchenfenstern<br />
sind unter verkürzten Pachtzeiten kaum<br />
sinnvoll. Aber auch Investitionen in gewässerspezifische<br />
Fanggeräte sind dann mit einem hohen Risiko<br />
verbunden, sollte die Pacht nach einer kurzen Pachtzeit<br />
nicht verlängert werden. Wir halten es für die Sicherung<br />
einer nachhaltigen Bewirtschaftung der Gewässer<br />
für unabdingbar, eine Mindestpachtdauer von 12<br />
Jahren im Gesetz festzuschreiben. Unsere Altvorderen<br />
haben nicht ohne wichtigen Grund vor Jahrzehnten<br />
eine zwölfjährige Pachtdauer für erforderlich empfunden<br />
und festgelegt.<br />
Welche Probleme durch unüberlegte Gesetzesänderungen<br />
entstehen können zeigt die Änderung, die<br />
sich in der <strong>Fischerei</strong>aufsicht im Zuge des Inkrafttretens<br />
des Gesetzes zur Kreisstruktur und Funktionalreform<br />
ergeben haben. Schon vor zwei Jahren haben wir auf<br />
der Jahrestagung auf die Probleme hingewiesen, die<br />
mit der Übertragung der <strong>Fischerei</strong>aufsicht auf die<br />
Landkreise entstehen, aber leider kein Gehör gefunden.<br />
Heute haben wir es mit unter schiedlichen Sichtweisen<br />
der Kreise zu tun. Während einige Ordnungsämter<br />
in den neuen Kreisen sehr schnell<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
eagiert haben, tun sich andere dagegen schwer die<br />
neue Aufgabe umzusetzen. Probleme werden dabei<br />
vor allem bei der Berufung von ehrenamtlichen <strong>Fischerei</strong>aufsehern<br />
gesehen.<br />
Alle Bemühungen und Vorschläge die wir in Gesprächen<br />
mit Vertretern der Regierungsfraktionen, dem<br />
Landkreistag, dem zuständigen Minister und dem Ministerpräsidenten<br />
geführt haben, um eine Korrektur<br />
zu erreichen, wurden immer mit dem Argument, eine<br />
optimale Lösung (für ein Problem, das es nicht gab)<br />
gefunden zu haben, abgelehnt. Jedem einigermaßen<br />
sachorientiert denkenden Menschen musste jedoch<br />
von vornherein klar gewesen sein, dass eine solche<br />
Variante mit den Kreisen und ohne Mittelzuweisung<br />
nicht funktionieren kann. Der Eindruck für uns ist der,<br />
dass hier von echtem demokratischen Handeln oder<br />
gar Bürokratieabbau keine Rede sein kann.<br />
Leider hat die Landesregierung nicht die Größe<br />
und die Souveränität einen Fehler, wie die Zerschlagung<br />
funktionierender Strukturen in der <strong>Fischerei</strong>aufsicht<br />
des Landes, zu korrigieren.<br />
Im Rahmen des Landesfischereiverbandes hat der<br />
Binnenfischereiverband zusammen mit dem Landesanglerverband<br />
sehr viel Zeit aufwenden müssen, um<br />
in Gesprächen mit den Ordnungsämtern der Kreise<br />
neue Strukturen der ehrenamtlichen <strong>Fischerei</strong>aufsicht<br />
zu schaffen. Wir hoffen, dass wir noch im ersten Quartal<br />
mit allen Landkreisen und den kreisfreien Städten<br />
ins Gespräch kommen. Wie dann das Ganze in der<br />
Praxis funktioniert, besonders bei kreisübergreifenden<br />
Gewässern, bleibt abzuwarten. Wir haben erhebliche<br />
Zweifel.<br />
Auch im Berichtsjahr haben wir das Problem<br />
mit den hohen Kormoranbeständen nicht lösen<br />
können. Auch wenn die Brutpaarzahlen in unserem<br />
Bundesland leicht rückläufig ückläufig sind, kann von einer Ent-<br />
Ent-<br />
spannung der Situation keine Rede sein. Nach wie<br />
vor ist der hohe Druck auf die Fischbestände in Seen<br />
und Teichen ein großes, wirtschaftliches Problem für<br />
unsere Betriebe. In der ersten Jahreshälfte war wie in<br />
den beiden Vorjahren der Kormorandruck in vielen<br />
Bereichen des Landes relativ gering. Ab Mitte Juli stiegen<br />
die Bestände auf vielen Gewässern rasant an und<br />
blieben bis zum Jahresende auf eisfreien Gewässern<br />
(Kummerower See, Müritz) auf relativ hohem Niveau.<br />
In den Teichwirtschaften musste extrem viel Arbeitskraft<br />
aufgewendet werden, um die Fischbestände zu<br />
schützen. Bei den Vögeln handelt es sich sicherlich vor<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
allem um Jungvögel aus dem gesamten Ostseeraum,<br />
die nach der Brutzeit im gesamten europäischen Raum<br />
vagabundieren.<br />
Eine Lösung des Problems zeichnet sich weder in<br />
Mecklenburg-Vorpommern noch in Europa ab.<br />
Es gibt aber auch Positives zu melden. Das Untersuchungsprogramm<br />
zur Erarbeitung von Grundlagen<br />
eines Kormoranmanagements hat einige sehr interessante<br />
Ergebnisse gebracht. So legen ermittelte Daten<br />
zum Nahrungsspektrum des Kormorans im Stettiner<br />
Haff einen deutlichen Einfluss auf die Zanderpopulation<br />
dieses Gewässers nahe. Damit ist endlich ein<br />
Einstieg zum Nachweis zum Einfluss des Kormorans<br />
auf Fischbestände in Seen vorhanden, der bisher von<br />
den Naturschutzverbänden bestritten wurde.<br />
Die im Vorjahr im Rahmen der Erstellung der FFH-<br />
Managementpläne aufgeflammte Diskussion zum<br />
Einsatz von Ottergittern hat sich im Jahre 2012<br />
verstärkt. Für alle bewirtschafteten Gewässer in FFH-<br />
Gebieten ist der Einsatz von Ottergittern ein Thema.<br />
In fast allen Beratungen wird Druck auf die in dem<br />
jeweiligen Gebiet wirtschaftenden Betriebe ausgeübt,<br />
Einschränkungen der <strong>Fischerei</strong> zu akzeptieren.<br />
Die Versprechen der Politiker, mit der Ausweisung von<br />
FFH-Gebieten würden für die Binnenfischereibetriebe<br />
keine Nachteile entstehen, hat sich als Lüge entlarvt.<br />
Zukünftig kann uns aus Niedersachsen ein existenzielles<br />
Problem erwachsen. Dort hat ein Naturschutzverband<br />
gegen das Land eine Klage eingereicht. Das<br />
Land soll künftig Landesgewässer nur mit der Auflage<br />
verpachten, Otterschutzgitter in den Reusen einzusetzen.<br />
Nach Versuchen, die in der Vergangenheit<br />
bei uns durchgeführt wurden, ist mit dem Einsatz von<br />
Gittern in der ersten Kehle der Reuse eine rentable<br />
Reusenfischerei nicht mehr gegeben. Das Gericht hat<br />
zu unserem Entsetzen der Klage stattgegeben. Gegen<br />
das Urteil wurde Revision eingelegt. Dieses Urteil ist<br />
nur mit dem Wort Super-GAU zu umschreiben. Sollte<br />
dieses Urteil Allgemeingültigkeit erlangen, ist es das<br />
AUS für die <strong>Fischerei</strong> in den Binnengewässern in Norddeutschland.<br />
Alles für eine Tierart, die in weiten Teilen<br />
Europas und einer Reihe von Bundesländern weitverbreitet<br />
ist, und sich gegenwärtig ehemalige Lebensräume<br />
zurück erobert.<br />
Eine der wenigen für unsere Betriebe positiven<br />
Ereignisse ist die Weiterführung der Förderung<br />
der Aalbesatzförderung durch das<br />
Land auf der Grundlage von EU-Mitteln.<br />
7
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
Hierfür möchten wir uns herzlich bei den dafür<br />
verantwortlichen Personen in der Landesregierung<br />
bedanken.<br />
Der geförderte Aalbesatz trägt wesentlich zur<br />
Stabilisierung der Aalbestände in den Binnengewässern<br />
unseres Bundeslandes bei und ist natürlich für<br />
die Wirtschaftlichkeit der Binnenfischereibetriebe von<br />
großer Bedeutung. Von einigen Betrieben wurden einige<br />
Dinge des Besatzes kritisiert. Wir werden auf<br />
Probleme noch zu sprechen kommen. Wünschenswert<br />
ist im Interesse aller, die Stückzahl deutlich zu erhöhen.<br />
Der Verband und das Institut für <strong>Fischerei</strong> der LFA<br />
haben deshalb in der Ausschreibung für den Besatz<br />
auf Glasaale erweitert. Leider ist dazu kein Angebot<br />
eingegangen. Uns ist klar, dass Glasaalbesatz witterungsbedingt<br />
mit Risiken behaftet ist. Mit wenigen<br />
Ausnahmen verfügen unsere Betriebe nicht über die<br />
Möglichkeit, Glasaale bei längerer Eisbedeckung der<br />
Gewässer zu hältern. Außerdem waren die Preise in<br />
den vergangenen Jahren sehr hoch. Die weitere Entwicklung<br />
muss hier im Blick gehalten werden. Wir werden<br />
auf jeden Fall versuchen höhere Stückzahlen beim<br />
Aaleinkauf zu erzielen.<br />
Zurzeit wird an der Novellierung des Wassergesetzes<br />
MV gearbeitet. Leider ist die <strong>Fischerei</strong> bisher<br />
in diesen Prozess nicht eingebunden worden. Wasser<br />
und Gewässer sind nun mal die Grundlage unserer<br />
Wirtschaft. Wir erwarten von der Landesregierung,<br />
uns an dem Verfahren zu beteiligen.<br />
Leider sind wir beim Versuch einige unserer Proble<br />
me über Gesetzesänderungen zu lösen mit<br />
unseren Anliegen an der Politik gescheitert.<br />
Trotz der Unterstützung von Bundestagsabgeordneten<br />
war das Bundesbauministerium nicht bereit, eine<br />
Erweiterung der Privilegierung für Bauten der <strong>Fischerei</strong><br />
im Außenbereich im Rahmen der Novellierung<br />
des Bundesbaugesetzes zu berücksichtigen. In dem<br />
uns vorliegenden Schreiben vertritt der Staatssekretär<br />
im Bundesministerium Herr Bleser die Ansicht, dass<br />
Verkaufs- und Schlachträume, die im Außenbereich<br />
errichtet werden, eine Umweltbelastung darstellen und<br />
deshalb einer Bebauungsplanung bedürfen.<br />
Wie wir am Rande einer Unterhaltung erfahren<br />
haben, bereitet die Landesregierung die Novellierung<br />
des Landeswassergesetzes vor. Leider wurde<br />
bisher weder der Landesfischereiverband noch einer<br />
seiner Teilverbände in die Beratung einbezogen. Dieses<br />
Gesetz ist aber nicht nur für die Entwicklung der<br />
8<br />
Aquakultur in unserem Bundesland von entscheidender<br />
Bedeutung. Gerade die traditionelle Seenfischerei ist in<br />
ihrer Existenz bedroht, wenn künftig zusätzliche Kosten<br />
für die Nutzung der Gewässer erhoben werden sollten.<br />
Ich denke dabei zum Beispiel an die Gebühren für<br />
die Wasser- und Bodenverbände.<br />
Nach wie vor spielt die Aquakultur für die<br />
meisten Binnenfischereibetriebe nur eine untergeordnete<br />
Rolle. Wie auch in anderen Bundesländern<br />
sind die Rahmenbedingungen für eine breite<br />
Entwicklung nicht gegeben. Lediglich Landwirtschaftsbetriebe<br />
oder andere Betreiber alternativer Energieerzeugung<br />
haben bessere Voraussetzungen für den<br />
Aufbau von Produktionseinrichtungen. Auch wenn<br />
von Seiten der Landesregierung immer wieder auf die<br />
„großen Entwicklungspotenziale“ in diesem Bereich<br />
hingewiesen wird, geht die Entwicklung an den <strong>Fischerei</strong>betrieben<br />
vorbei.<br />
Wo liegen dafür die Ursachen?<br />
Wenn der <strong>Fischerei</strong> mit überhöhten Pachten über<br />
Jahrzehnte Kapital entzogen wird, dann braucht man<br />
nicht zu hoffen, dass diese in Aquakultur investieren<br />
kann. Darüber hinaus ist die von der Landesregierung<br />
bevorzugte Kreislauftechnik immer das teuerste Verfahren,<br />
welches am wenigsten konkurrenzfähig ist. Außerdem<br />
gibt es derzeit nur eine Handvoll Verfahren bzw.<br />
Fischarten, die rentabel produziert werden können.<br />
Dazu zählen bestenfalls Clarias und mitunter Störkaviar,<br />
wenige funktionierende Aalanlagen und sonstige<br />
kleine Projekte, nicht jedoch Forellenartige, Zander,<br />
weitere Barschartige. Ob zukünftige Forschungen die<br />
Rentabilität erhöhen können, ist weiter unklar. Außerdem<br />
sollte man meinen, neben üppigen Fördertöpfen<br />
sind für Aquakultur exzellente Rahmenbedingungen<br />
vorhanden. Da wir aber alle in Deutschland wohnen,<br />
ist jedem klar, dass dies nur eine schöne Illusion sein<br />
kann. Einige wichtige gesetzliche Rahmenbedingungen<br />
sollen hier benannt werden:<br />
• Bauten im Außenbereich und in der Einhundert-<br />
Meter-Uferzone sind ohne B-Plan nicht genehmigungsfähig.<br />
Damit wird sogar eine Anbindung an<br />
bestehende Stallanlagen oder Biogasanlagen maßlos<br />
erschwert.<br />
• Die Entsorgung des Abwassers und Schlammes ist<br />
in der Regel nicht kostengünstig möglich.<br />
• Die Schlammentsorgung ist jedoch derzeit mit Inkrafttreten<br />
der Bioschlammverordnung fast<br />
unmöglich und als Sondermüll zu behandeln.<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
• Steigende Energiekosten (Energieumlage – die <strong>Fischerei</strong><br />
verfügt nicht über Biogasanlagen). Für alle<br />
anderen Energieverbraucher sagen sichere Prognosen<br />
voraus, dass noch in diesem Jahrzehnt Kosten<br />
von 30 Cent/kWh erreicht werden.<br />
• Ein zusätzliches Problem ist die Auslagerung der<br />
Förderung in eine externe Stelle (das LFI). Damit ist<br />
weder eine Kostenentlastung für das Land erfolgt,<br />
noch der Fördervorgang entbürokratisiert worden.<br />
Im Gegenteil: Die Absicherungsmentalität des LFI ist<br />
nicht nur 100 % sondern mindestens 1.000 %. Jeder<br />
Antragsteller wie auch die Verantwortlichen für<br />
die <strong>Fischerei</strong>abgabe können ein Lied davon singen.<br />
Der Wust an beizubringenden Unterlagen wird immer<br />
größer, wobei sehr oft völlige Sinnfreiheit für<br />
diese Forderungen besteht. Unsere Forderung: Die<br />
Förderung muss wieder in das Ministerium zurück.<br />
Zusätzlich müssen Betriebe, die mit der Teichwirtschaft<br />
die älteste Form der Aquakultur betreiben, sich gegenüber<br />
der Konkurrenz zu Betrieben aus anderen<br />
Bundesländern durchsetzen. Bundesländer wie Brandenburg,<br />
Sachsen oder Bayern subventionieren ihre<br />
Teichwirtschaften über EU-Programme. Das bedeutet,<br />
dass Betriebe aus diesen Ländern beispielsweise<br />
Karpfen um etwa einen €/kg billiger als wir anbieten<br />
können. Diese Wettbewerbsverzerrung behindert Investitionen<br />
in die Teichwirtschaften. Die Diversifizierung<br />
der Produktion hilft hier nur bedingt, den Druck durch<br />
Dumpingpreise abzufangen. Wir schlagen der Landesregierung<br />
vor, mit uns nach Wegen zu suchen, um<br />
vergleichbare Rahmenbedingungen für unsere Teichwirtschaften<br />
zu schaffen. Der Landesverband der Binnenfischer<br />
hat dazu konkrete Vorschläge, die wir auf<br />
ihre Realisierbarkeit diskutieren sollten.<br />
Im Zusammenhang mit den Entwicklungsmöglichkeiten<br />
in der Aquakultur muss hier noch eine Frage<br />
an die anwesenden Politiker gestellt werden. Zurzeit<br />
wird an der Novellierung des Wassergesetzes<br />
Mecklenburg-Vorpommern gearbeitet. Leider ist<br />
die <strong>Fischerei</strong> bisher in diesen Prozess nicht eingebunden<br />
worden. Wasser und Gewässer sind nun mal die<br />
Grundlage unserer Wirtschaft. Wir erwarten von der<br />
Landesregierung uns an dem Verfahren zu beteiligen.<br />
Das gilt sowohl für die Verbände als auch für den<br />
regelmäßig tagenden <strong>Fischerei</strong>beirat.<br />
Abschließend möchte ich traditionsgemäß einen<br />
Überblick über die Aktivitäten des Verbandes<br />
im vergangenen Jahr geben. Im Jahre 2012 wurden<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
folgende Veranstaltungen von Verband veranstaltet<br />
oder besucht:<br />
• 3 Präsidiumssitzungen des Landesverbandes der<br />
Binnenfischer<br />
• 3 Präsidiumssitzungen des Landesfischereiverbandes<br />
• 5 Redaktionssitzungen der Zeitschrift „<strong>Fischerei</strong> &<br />
<strong>Fischmarkt</strong>“<br />
• Delegiertenkonferenz des Landesfischereiverbandes<br />
• Teilnahme am Deutschen <strong>Fischerei</strong>tag in Papenburg<br />
• Teilnahme an der Internationalen Grünen Woche<br />
• Teilnahme an den Veranstaltungen der Landesfischereiverbände<br />
Berlin-Brandenburg und Sachsen<br />
• Teilnahme an der Jahrestagung des VdBi<br />
• Teilnahme an den Jahrestagungen der Partnerverbände<br />
• Mitarbeit im obersten Jagdbeirat<br />
• Organisation der Aalbesatzmaßnahmen<br />
• Beratung zur Berufsausbildung in der <strong>Fischerei</strong><br />
• Teilnahme an zwei Kuratoriumssitzungen des<br />
Müritz-Nationalparks<br />
Daneben gab es eine Vielzahl von Gesprächen, Beratungen<br />
und Problemerörterungen mit Verbandsmitgliedern,<br />
Behördenvertretern, Politikern, <strong>Fischerei</strong>wissenschaftlern,<br />
Kollegen aus anderen Bundesländern<br />
und vor allem den Partnern im Landesfischereiverband.<br />
Danksagung<br />
Abschließend möchte ich mich bei den Mitgliedern<br />
des Präsidiums unseres Verbandes für die konstruktive<br />
Mitarbeit bedanken. Mein Dank gilt aber besonders<br />
den Partnerverbänden im Landesfischereiverband<br />
Mecklenburg-Vorpommern, dem Verband der Kutterund<br />
Küstenfischer und dem Landesanglerverband.<br />
Ich möchte auch nicht versäumen, mich bei den<br />
Mitveranstaltern der Jahrestagung der Binnenfischer<br />
Mecklenburg-Vorpommerns, der <strong>LMS</strong> und dem <strong>Fischerei</strong>institut<br />
der Landesforschungsanstalt zu bedanken.<br />
Beide Institutionen sind seit Jahren verlässliche Partner<br />
bei der Vorbereitung und Durchführung dieser Veranstaltung.<br />
Es sind sicher nicht alle Probleme und Sorgen der<br />
<strong>Fischerei</strong> angesprochen worden. Wir hoffen aber,<br />
genügend Stoff für die Grußworte und Diskussionsbeiträge<br />
gegeben zu haben.<br />
9
Fotos: T. Wichmann<br />
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
Mitgliederversammlung des Landesfischereiverbandes<br />
MV e.V. – Schwerin, 20. April <strong>2013</strong><br />
Andreas Schlüter – Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Naturschutz des LFV MV e.V.<br />
Die Mitgliederversammlung des Landesfischereiverbandes<br />
MV e.V. fand am 20. April <strong>2013</strong> im Hotel<br />
& Gasthaus „Zum Reppin“ in Schwerin statt. Hier hatte<br />
bereits die Gründungsveranstaltung des LFV MV e.V.<br />
stattgefunden.<br />
Erfreulich war es festzustellen, dass alle Gäste,<br />
die ihre Teilnahme zugesagt hatten, auch tatsächlich<br />
gekommen waren: Werner Kuhn, Mitglied des Europaparlaments,<br />
Dr. Karl Otto Kreer, Staatssekretär im<br />
LU, Holger Ortel, MdB und Präsident des Deutschen<br />
<strong>Fischerei</strong>verbandes e.V., Mitglieder der Landtags-Fraktionen<br />
der demokratischen Parteien, Vertreter der nachgeordneten<br />
Behörden des Landes wie dem LALLF, der<br />
Landgesellschaft, der Landesforschungsanstalt, und<br />
der <strong>LMS</strong> Agrarberatung.<br />
Ulrich Paetsch und Norbert Kahlfuss (v.l.n.r.)<br />
Nachdem Ulrich Paetsch, Präsident des Landesverbandes<br />
der Binnenfischer MV e.V., als Versammlungsleiter<br />
in gewohnt souveräner Weise die<br />
Gäste und Delegierten begrüßt hatte, legte Norbert<br />
Kahlfuss, Präsident des Landesfischereiverbandes<br />
MV e.V., Rechenschaft über die Höhen und Tiefen<br />
des vergangenen Jahres ab.<br />
10<br />
Er betonte zu Beginn seiner Rede, dass das vergangene<br />
Jahr eher ein schlechteres für die Fischer des<br />
Landes gewesen sei. Fänge und Erträge waren im<br />
Großen und Ganzen unterdurchschnittlich und die zusätzlichen<br />
Auflagen und Restriktionen machten es den<br />
meist kleinen <strong>Fischerei</strong>unternehmen schwer, am Markt<br />
zu bestehen bzw. zu überleben.<br />
Dabei ließ Herr Kahlfuss einige „Breitseiten“ auf<br />
unwahre Behauptungen selbsternannter „Schutzverbände“,<br />
Falschmeldungen in Medien und unerträgliche<br />
Polemik seitens einiger sogenannter Naturschutzverbände<br />
los.<br />
So wird immer wieder gebetsmühlenartig behauptet,<br />
dass die Meere leergefischt seien. Wenn das so<br />
wäre, so der Präsident, dann müssten auf dem Markt<br />
nahezu unbezahlbare Preise für Fische und Fischprodukte<br />
zu zahlen sein. Dem ist aber in der Realität nicht<br />
so. Im Gegenteil, es gibt bei einigen Arten trotz der<br />
angeblichen Knappheit regelrechte „Schleuderpreise“,<br />
da der Markt nicht nur durch Länder wie Deutschland,<br />
Frankreich, Dänemark etc. beliefert wird, sondern insbesondere<br />
durch Norwegen, Island und Russland.<br />
Letztgenannte Länder haben mal so nebenbei ihre<br />
Quoten, z.B. für Kabeljau und Hering, aufgrund aktuell<br />
sehr großer Bestände einfach mal um zig Tausende<br />
Tonnen erhöht und überschwemmen damit dann den<br />
Markt.<br />
Der seit Jahren angekündigte Managementplan,<br />
speziell für den Hering, ist immer noch nicht vorhanden.<br />
So kann man jedoch zu keiner planbaren Bewirtschaftung<br />
kommen.<br />
Anschließend sprach Norbert Kahlfuss über die<br />
Situation der einzelnen Spartenverbände des Landesfischereiverbandes<br />
MV, nämlich Angler, Binnenfischer,<br />
Kutter- und Küstenfischer sowie Hochseefischer.<br />
Er lobte die gute Zusammenarbeit und verwies<br />
auf Erfolge bei der Mitarbeit an der Novellierung des<br />
Landesfischereigesetzes. Dabei gab es Licht (Erhöhung<br />
des Mindestalters für den Erwerb des <strong>Fischerei</strong>scheins<br />
auf 14 Jahre), aber auch Schatten (Mindestpachtdauer<br />
für Gewässer mit Spielräumen für<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
Spekulationen, Übertragung der <strong>Fischerei</strong>aufsicht vom<br />
LALLF auf Landkreise und kreisfreie Städte).<br />
Des Weiteren ist die Novellierung der KüFVO in Arbeit<br />
und der LFV MV e.V. hat sich auch dabei intensiv<br />
eingebracht.<br />
Viel Bewegung gab es in der EU-<strong>Fischerei</strong>politik,<br />
so Präsident Kahlfuss. Darin soll die Freizeitfischerei<br />
immer stärker eingebunden werden. Deshalb sei es<br />
dringend nötig, sich auch dabei intensiv zu beteiligen.<br />
Fraglich sei jedoch, ob der Erlass neuer aufwändiger<br />
Verordnungen, die kaum oder schwer in die Tat<br />
umzusetzen sind, letztendlich der Sache dient.<br />
Die Regelung mit Quoten und Aufwand wollte EU-<br />
Kommissarin Damanaki eigentlich abschaffen, tat das<br />
aber nicht. Die Discardproblematik wird momentan<br />
noch einmal genau überprüft.<br />
Zu Fragen des Arten-, Natur- und Umweltschutzes<br />
fand Kahlfuss sehr deutliche Worte gegenüber<br />
offensichtlichen Lügen, Falschdarstellungen, Schauermärchen<br />
und völlig aus der Luft gegriffene unwahre<br />
Behauptungen.<br />
Neben den o.g. Falschmeldungen über leer gefischte<br />
Meere, der Gefahr der Binnenfischerei und<br />
des Angelns für Vogelbestände sowie Schäden durch<br />
Karpfenbesatz in Gewässern, wo überhaupt kein<br />
Karpfenbesatz stattfand, machte Norbert Kahlfuss<br />
seinem Unmut über die geplante Einschränkung der<br />
Stellnetzfischerei in der Hauptfangsaison als Ausgleichsmaßnahme<br />
für die Errichtung des Gas- und<br />
Dampfturbinenkraftwerks in Lubmin in sehr deutlicher<br />
Form Luft.<br />
Letztendlich sei bei all diesen Vorhaben die Verdrängung<br />
der Berufs- und Freizeitfischerei von ihren<br />
angestammten Fanggebieten das Ziel.<br />
Selbst mit ständig wiederholten Lügen würden<br />
derartige Aussagen auch nicht zur Wahrheit, leider<br />
hinterließen sie jedoch bei der entsprechenden Klientel<br />
und bei unkundigen Laien ihre Wirkung.<br />
Weitere Beispiele für eine verfehlte Umweltpolitik<br />
bestimmter Kreise ließen sich im Zusammenhang mit<br />
Fischottern, Seevögeln, Schweinswalen und nicht zuletzt<br />
Kormoranen aufführen.<br />
Manchmal nähmen derartige Forderungen von<br />
selbsternannten Naturschützern schon bizarre Formen<br />
an, nämlich wenn die Hiddenseer Heide aufgrund<br />
„Nullnutzung“ durch den Menschen verkommt oder<br />
wenn als Schutz für Rastvögel an der B 96 auf Rügen<br />
errichtete Bretterzäune wegen der Optik für die<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
Urlauber dann auch noch kostspielig mit Sträuchern<br />
bepflanzt werden sollen.<br />
Die Fischer sind schon aus ureigenstem Interesse<br />
nicht gegen den Natur-, Arten- und Umweltschutz. Bei<br />
der Entscheidung über geplante Maßnahmen im Rahmen<br />
von Natura-2000-Gebieten (FFH und SPA) sollten<br />
die verantwortlichen Stellen jedoch mehr Vernunft<br />
walten lassen.<br />
Wurde anfangs immer wieder betont, dass es keine<br />
Verschlechterungen für die Nutzer geben würde,<br />
sind schon jetzt eine Reihe von Nutzungen deutlich<br />
eingeschränkt, mit der Tendenz – über kurz oder lang<br />
– gänzlich verboten zu werden. Das dürfe aber nicht<br />
sein.<br />
In der AWZ wird den Fischern die permanente<br />
Verursachung von Schäden gegenüber den Fischbeständen<br />
aber auch Seevögeln und Schweinswalen<br />
unterstellt. Ein plausibler Schadensnachweis konnte<br />
bisher jedoch nicht erbracht werden. Demgegenüber<br />
ist es seit den neuesten Untersuchungen aber möglich,<br />
z.B. den schädigenden Einfluss hoher Kormoranpopulationen<br />
auf Zanderbestände nachzuweisen. Das<br />
werde dann aber von anderer Seite ignoriert.<br />
Die rasche Erstellung von Managementplänen<br />
erfolge meist ohne die Nutzer. Sie sind dann aber<br />
reichlich mit fischereifreien Zeiten und Zonen gespickt.<br />
Der Ostseehering soll schon seit Jahren mittels<br />
eines Planes gemanagt werden. Dieser ist aber bis<br />
heute nicht erstellt. Nun wird gesagt, dass ein „multi<br />
species“-Plan her müsse, der mehrere Arten im Zusammenhang<br />
betrachtet. Die Frage ist nur, wie lange das<br />
wieder dauert.<br />
Im Zusammenhang mit dem Aal sieht es ebenfalls<br />
trübe aus. Der Managementplan liegt vor, das Damoklesschwert<br />
des totalen Aalfangverbots schwebt dennoch<br />
über den Fischern und Anglern. Für eine Reihe<br />
von Berufsfischern käme ein Verbot dem Ruin gleich.<br />
Dank gilt für Finanzierung von Aalbesatzmaßnahmen<br />
seit mehreren Jahren an die Landesregierung und<br />
die Wissenschaftler, die die Besatzmaßnahmen begleiteten.<br />
Wir hoffen, dass diese Form der Auffüllung der<br />
Bestände die Art retten kann.<br />
Herr Kahlfuss konnte hier nicht einfach enden,<br />
denn ein brennendes Problem seit langer Zeit<br />
sind die Kormorane. Nach einem Rückgang der<br />
Brutpaarzahlen im Jahr 2011 (8.760 BP) sind im vergangenen<br />
Jahr die offiziellen Zahlen wieder<br />
stark angestiegen (11.499 BP).<br />
11
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
Daraus sei ersichtlich, dass das Thema nicht vom Tisch<br />
ist und endlich einmal etwas in den bisher unangetastet<br />
gebliebenen Küstenkolonien geschehen muss. Dafür<br />
benötigt der Landesfischereiverband MV e.V. dringend<br />
die Unterstützung durch die Landespolitik.<br />
Die Universität Rostock hat in den letzten Jahren<br />
einige grundlegende Erkenntnisse über die Brutbiologie<br />
und die Ernährung des Kormorans in wissenschaftlichen<br />
Studien gewonnen und feststellen können, dass<br />
eine Wechselbeziehung zwischen Kormoranpopulation<br />
und Zanderbeständen besteht. Diese Korrelation<br />
muss weiter untersucht werden. Dafür werden wiederum<br />
Mittel aus der <strong>Fischerei</strong>abgabe genutzt.<br />
Ganz besonders bedankte sich der Präsident des<br />
Landesfischereiverbandes beim anwesenden Mitglied<br />
des Europäischen Parlaments, Werner Kuhn, für dessen<br />
Einsatz auch für unsere Fischer im <strong>Fischerei</strong>ausschuss<br />
des EU-Parlaments.<br />
Als krasses Beispiel einer verfehlten Philosophie<br />
über den Umgang mit der Natur stellte Kahlfuss die<br />
Veranstaltung der Deutschen Umwelthilfe e.V. (DUH<br />
e.V.) zum Thema „Lebendige Ostsee – Perspektiven<br />
einer nachhaltigen Fangpraxis“ in Stralsund dar.<br />
Dort sei von Dr. Nina Wolff, Projektleiterin Meeresnaturschutz<br />
der DUH e.V. u.a. sinngemäß gesagt<br />
worden, dass man sich nicht über die Anzahl der Seevögel<br />
oder andere Zahlen zu streiten brauche, was<br />
zählen würde, sei der Schutzzweck. Dem würde die<br />
bisherige Art der fischereilichen Nutzung jedoch widersprechen.<br />
Nach Meinung des Präsidenten könne man dies<br />
so nicht akzeptieren. Die sehr lange Tradition der <strong>Fischerei</strong><br />
in unserem Land habe keine Fischbestände vernichtet,<br />
keine Seevögel und Seesäugetiere ausgerottet<br />
und auch keine Habitate zerstört.<br />
Diese Aussagen werden auch durch die Landesregierung,<br />
den Landtag und darüber hinaus in Deutschland<br />
sowie der EU unterstützt.<br />
Zum Ende seiner Rede bedankte sich Herr Kahlfuss<br />
bei allen Fischern und den Gästen und rief dazu auf,<br />
gemeinsam für das „Fischland Mecklenburg-Vorpommern“<br />
und eine sichere Zukunft der Fischer wirksam<br />
zu werden.<br />
Staatssekretär Dr. Karl Otto Kreer übermittelte<br />
die Grüße des Landwirtschaftministers und betonte<br />
die enge Rückkopplung mit den Fischern<br />
des Landes.<br />
12<br />
Dr. Karl Otto Kreer<br />
Er äußerte sein eindeutiges Bekenntnis zur <strong>Fischerei</strong><br />
und stellte klar, dass diese einen wichtigen wirt schaftlichen<br />
Faktor, besonders durch die damit verbundenen<br />
Arbeitsplätze darstellt.<br />
Ebenso wäre ein Tourismus in MV ohne <strong>Fischerei</strong>betriebe<br />
überhaupt nicht authentisch, denn diese<br />
stellen ein erhaltenswertes Kulturgut dar.<br />
Das Landesfischereigesetz werde nun im Mai im<br />
Gesetzblatt veröffentlicht und sei dann gültig.<br />
Dr. Kreer deutete an, dass die Kommunalisierung<br />
der ehrenamtlichen <strong>Fischerei</strong>aufsicht wohl nicht mehr<br />
umkehrbar sei. Es würden 45.000 € aus der <strong>Fischerei</strong>abgabe<br />
als Aufwandsentschädigung für die <strong>Fischerei</strong>aufseher<br />
bereitgestellt werden.<br />
Auch die Novellierung der Küstenfischereiverordnung<br />
ist unter Beteiligung der Verbände in Arbeit.<br />
Die Gemeinsame <strong>Fischerei</strong>politik der EU hat einige<br />
harte Fakten im Gepäck, z.B. das völlige Rückwurfverbot,<br />
langfristige Bewirtschaftungspläne, Verschlechterungsverbote<br />
besonders in FFH- und SPA-Gebieten etc.<br />
Kreers Ansicht nach dürfe die Anrechnung des<br />
Beifanges jedoch nicht zur Nichtausschöpfung<br />
der ohnehin schon niedrigen Quoten führen.<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
Arten mit hoher Überlebenswahrscheinlichkeit müssten<br />
wieder zurückgeworfen werden dürfen.<br />
Er hält es auch für unabdingbar, der ordnungsgemäßen<br />
fischereilichen Nutzung Bestandsschutz zu geben.<br />
Erst wenn Verschlechterungen eintreten sollten,<br />
müsse über eventuell notwendige Maßnahmen geredet<br />
werden.<br />
Im Rahmen des Vorsorgeprinzips müssten praktikable<br />
Lösungen für beide Seiten gefunden werden.<br />
Zum Thema Fischotter und Reusen verwies der<br />
Staatssekretär auf Tests in Niedersachsen, die man<br />
in praxi ausprobieren müsse. Bei den Kormoranen<br />
machte er es an den durch sie verursachten Schäden<br />
fest, ob mehr gegen diese Vögel unternommen werden<br />
könne.<br />
Zur Aquakultur sagte Staatssekretär Dr. Kreer, dass<br />
es ein Unding sei, dass Fischer, die solche Anlagen<br />
errichten möchten, es schwerer mit der Genehmigung<br />
hätten als z.B. Landwirte. Grund sei die Bioabfallverordnung,<br />
die strenge Auflagen beinhalte, die in der<br />
<strong>Fischerei</strong> nicht einzuhalten seien.<br />
Er wolle aber Fischer, die solcherart Anlagen als<br />
weiteres Standbein aufbauen wollen, unterstützen.<br />
Insgesamt sind z.B. für Aquakulturanlagen für<br />
Afri ka nischen Wels und für Zander in Hohen Wangelin<br />
2,4 Mio. € vom Land und von der EU bereitgestellt<br />
worden.<br />
Als letztes Thema führte Dr. Kreer die Forderung<br />
des LFV MV e.V. nach Verwendung von 15 % der<br />
Einnahmen aus der Ostseeangelberechtigung für fischereiliche<br />
Projekte an. Er forderte den Verband auf,<br />
dem LALLF Vorschläge für Projekte zur Finanzierung<br />
aus diesen Mitteln zu unterbreiten.<br />
Werner Kuhn (MdEP) lobte die konstruktive Atmosphäre<br />
und die Orientierung auf die Sachthemen<br />
in dieser komplizierten Situation für die<br />
<strong>Fischerei</strong> in MV.<br />
Er verwies darauf, dass die Eiweißressourcen der<br />
Meere dringend für die Ernährung der rasant wachsenden<br />
Weltbevölkerung gebraucht werden.<br />
Die Quotenregelung im Rahmen der relativen Stabilität<br />
funktioniere, Managementpläne können stabilisierend<br />
wirken, die Verwertung des Beifanges müsse<br />
aber in vernünftige Bahnen gelenkt werden, da das in<br />
den neuesten Regelungen geforderte selektive Fanggerät<br />
kurzfristig nicht zu beschaffen sei. Nicht nachvollziehbar<br />
ist für ihn, dass das MSC-Siegel, welches<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Werner Kuhn<br />
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
mit den Managementplänen zusammenhängt, von<br />
Greenpeace trotzdem nicht anerkannt wird.<br />
Der maximale Dauerertrag (MSY) wird nach wissenschaftlichen<br />
Erkenntnissen festgelegt, nicht zuletzt<br />
um Bestände dauerhaft zu stabilisieren.<br />
Kuhn sprach sich deutlich gegen die x-fache Überwachung<br />
auf den Schiffen aus. Bei den teils sehr alten<br />
Booten sollten lieber andere, viel dringendere Reparaturen<br />
durchgeführt werden als in neueste Funk- und<br />
Radartechnik investieren zu müssen.<br />
Die Aalproblematik wird laut seinen Aussagen<br />
trotz Verbots immer noch durch einen Schwarzmarkt<br />
für Glasaalfänge forciert. Es dürfe trotzdem nicht zu<br />
einem generellen Fangverbot für Aal kommen.<br />
Der Referent betonte, dass er als als frisch gebackener<br />
„Freier Elbfischer“ beim Stintfang große Mengen<br />
von Kormoranen gesehen habe. Diese konnten<br />
z.T. wegen ihrer überfüllten Mägen schon gar nicht<br />
mehr auffliegen. In der EU seien bereits 1 Mio. Kormorane<br />
vorhanden.<br />
Die bereits genannte Studie mit den Aussagen darüber,<br />
welch drastische Schädigungen bei einzelnen<br />
Fischarten die Überpopulation von Kormoranen hat,<br />
muss dazu führen, dass restriktive Eingriffe auch<br />
in NSG vorgenommen werden dürfen.<br />
13
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
Prof. Dr. Fritz Tack (Die Linke), Agrarausschussvorsitzender<br />
des Landtages, wies auf die gelungene<br />
Rückführung des Mindestalters für die <strong>Fischerei</strong>scheinpflicht<br />
hin und bedauerte das Scheitern der<br />
Wiederauf nahme der <strong>Fischerei</strong>aufsicht in die vorherige<br />
Struktur beim LALLF.<br />
Auch ihm sei bewusst, dass Otterschutzgitter die<br />
Fängigkeit von Reusen einschränken und deshalb<br />
standortspezifische Orte für die Aufstellung von Reusen<br />
gesucht werden müssten.<br />
Prof. Tack hält die kleine handwerkliche <strong>Fischerei</strong><br />
für unverzichtbar für MV. Dazu müssten aber die<br />
Fangquoten und die Erlöse für gefangenen Fisch am<br />
Markt ein Überleben garantieren.<br />
Die Beifangproblematik sei auch aus einem anderen<br />
Blickwinkel nicht gelöst, so Tack. Es gibt seinen<br />
Erkenntnissen nach in Deutschland nur eine einzige<br />
aktive Fischmehlfabrik (in Cuxhaven). Damit stellt sich<br />
bei Wirksamwerden der Discardregelung die Frage,<br />
wo denn sämtliche dann anzulandenden Beifänge<br />
verwertet werden solle.<br />
Referentin Simone Rudloff sprach in Vertretung<br />
von Dr. Ursula Karlowski (MdL, Bündnis 90/Die<br />
Grünen), der Fachpolitischen Sprecherin für Agrar,<br />
Naturschutz und Umwelt, Verbraucher, Ländliche Entwicklung,<br />
Entwicklungspolitik, über die angeblichen<br />
Schäden durch die <strong>Fischerei</strong> an Tierpopulationen.<br />
Sie betonte, dass zahlreiche Fischbestände am Rande<br />
der Ausrottung stünden, es „Nullrunden“ beim Fischfang<br />
geben müsse, damit sich die Bestände wieder<br />
erholen könnten, nur eine „behutsame“ Nutzung der<br />
Ressourcen in Frage käme, „Riesentrawler“ ganze Areale<br />
leerfischen würden und die Auswirkungen der <strong>Fischerei</strong><br />
auf Seevögel, Schweinswale und Kegelrobben<br />
deutlich zu hoch wären. Sie forderte u.a. eine nachhaltige<br />
<strong>Fischerei</strong> sowie die Anpassung der Fangmethoden<br />
zum Schutz der Schweinswalbestände bzw. Seevögel.<br />
Des Weiteren kritisierte Frau Rudloff, dass die<br />
Wertschöpfung bei Fischerzeugnissen nicht in unserem<br />
Bundesland erfolge, sondern „ungebleichter Bio-<br />
Hering“ nur aus Bayern einzuführen sei. Auf Rügen<br />
würden die Urlauber „Alaska-Seelachs aus der Gefriertruhe“<br />
vorgesetzt bekommen und man müsse sich<br />
bei der Vermarktung der heimischen Fische doch vom<br />
„Einheitsbrei“ absetze.<br />
Zuletzt kritisierte sie die Regelung zur <strong>Fischerei</strong>scheinpflicht<br />
ab dem 14. Lebensjahr aus Tierschutz-<br />
14<br />
gründen. Es solle für Kinder nur per Prüfung zum ordentlichen<br />
<strong>Fischerei</strong>schein möglich sein zu angeln.<br />
Herr Paetsch als Versammlungsleiter reagierte sofort<br />
auf die Äußerungen von Simone Rudloff.<br />
Er betonte, dass die <strong>Fischerei</strong>unternehmen sehr<br />
wohl auf regionale Produkte und die Vermarktung vor<br />
Ort großen Wert legen würden. So hat z. B. die <strong>Fischerei</strong><br />
Müritz-Plau GmbH nur regionale Fische in der<br />
Verarbeitung. Sie möge sich doch bitte Informationen<br />
zu den Produkten beschaffen.<br />
Des Weiteren kritisierte er, dass Rudloff viele Äußerungen<br />
vom reinen Hörensagen tätigte, die z.T. vor vielen<br />
Jahren schon falsch waren.<br />
Holger Ortel, MdB und Präsident des Deutschen<br />
<strong>Fischerei</strong>verbandes e.V., ging in seinem Grußwort<br />
darauf ein, dass der Pro-Kopf-Verbrauch an Fisch in<br />
den letzten Jahren permanent angestiegen ist und bei<br />
durchschnittlich 16 kg liegt.<br />
Es gäbe in Deutschland nur noch 9 hochseefähige<br />
Fangschiffe, da in den vergangenen 20 Jahren<br />
die Deutsche Flotte nach EU-Regelungen „angepasst“,<br />
sprich verkleinert wurde.<br />
Die von deutschen Fischern jährlich gefangenen<br />
300.000 t Fisch würden bei weitem nicht ausreichen,<br />
um den deutschen Bedarf von 1,4 Mio. t/Jahr zu decken,<br />
d.h. es müsse in großem Stil Fisch zugekauft<br />
werden.<br />
Im Weltmaßstab würden jedes Jahr 90 Mio. t<br />
Fisch aus den Meeren geholt, in der Aquakultur produziere<br />
man bereits 80 Mio. t. Außerdem sei abzusehen,<br />
dass der Bedarf pro Kopf und damit die Nachfrage<br />
steigen werden. Umso weniger seien die nicht zu überspringenden<br />
Hürden, z.B. im Baugesetz für Fischer zu<br />
verstehen, die in die Aquakultur als zweites Standbein<br />
einsteigen wollen.<br />
Ortel begrüßte, dass es nun endlich gelungen<br />
sei, DAV und VDSF unter einen Hut zu bringen und<br />
wünschte dem neu entstandenen Deutschen Angelfischerverband<br />
(DAFV) einen guten Start.<br />
Burkhard Lenz von der CDU-Fraktion outete sich<br />
als Kapitän von der Insel Rügen und bestritt vehement<br />
die Äußerung von Frau Rudloff bezüglich des dort in<br />
der Gastronomie vorgesetzten Tiefkühlfischs.<br />
Die Quote beim Hering sei mittlerweile schon fast<br />
abgefischt und die Saison noch sehr lang. Er<br />
könne nicht verstehen, dass die jahrhundertealte<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
Dr. Uwe Richter, Holger Ortel, Prof. Dr. Karl-Heinz Brillowski, Dr. Egon Schlieker (v.l.n.r.)<br />
<strong>Fischerei</strong>, die ihren Broterwerb aus dem Fischfang als<br />
Existenzgrundlage ziehe, nun auf einmal ausschließlich<br />
schädlich für die Natur sein solle.<br />
Man müsse den Vorwurf eher umkehren, denn es<br />
seien nachweislich über weite Teile der fischereilich<br />
genutzten Gebiete Natura-2000-Gebiete festgelegt<br />
worden, aus denen die Fischer dann hinaus gedrängt<br />
werden sollen.<br />
Es müsse jedoch einen Kompromiss zwischen Nutzern<br />
und Schützern geben. Dazu wäre der Ostseedialog<br />
in Stralsund eigentlich eine Chance. Dort galt<br />
jedoch nur die Meinung der Veranstalter und auf die<br />
Probleme der <strong>Fischerei</strong> sei überhaupt nicht eingegangen<br />
worden.<br />
Selbst die Ergebnisse aus den Studien zum – übrigens<br />
äußerst seltenen – Vogelbeifang wurden seitens<br />
dieser „Schützerverbände“ nicht anerkannt.<br />
Ähnlich verhält es sich mit den Schweinswalen.<br />
Trotz völliger Unklarheit über deren Anzahl werde ein<br />
Gefahrenszenario auf die <strong>Fischerei</strong> abgewälzt, welches<br />
jeder Grundlage entbehre.<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
Letztendlich stellt man mir derartigen Thesen das Weiterbestehen<br />
der <strong>Fischerei</strong> in Frage.<br />
Dabei sei gerade die kleine handwerkliche <strong>Fischerei</strong><br />
mit Stellnetzen eine sehr nachhaltige Art des Fischfangs.<br />
Werner Kuhn betonte, dass Fischfallen überhaupt<br />
nicht mit Reusen vergleichbar sind.<br />
Im Rahmen der Diskussion stellte Ulrich Paetsch<br />
nochmals fest, dass mit ottersicheren Reusen deutlich<br />
weniger Fisch zu fangen sei. Bei Untersuchungen<br />
dazu in seinem Unternehmen wurden mit derartigen<br />
Reusen 40-60 % weniger Aale gefangen als mit „normalen“<br />
Reusen. Das sei aber als völlig unrentabel<br />
anzusehen, da die <strong>Fischerei</strong> in sehr großem Maße<br />
auf die Aalvermarktung angewiesen sei, um zu überleben.<br />
Die angedeuteten Alternativen mit Sollbruchstellen<br />
oder Notausstiegen für Fischotter seien allesamt noch<br />
in der Testphase und unausgereift.<br />
Obwohl zwischen 80 und 90% der Otter<br />
durch den Straßenverkehr getötet würden,<br />
15
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
werde die Berufsfischerei als Hauptverantwortliche<br />
für Verluste dieser Tierart angeprangert. Dabei sei in<br />
ganz Mecklenburg-Vorpommern die Otterpopulation<br />
im Wachsen begriffen. Das widerspräche dem o.g.<br />
Vorwurf.<br />
Zum Thema Seevögel wurde aus einer aktuellen<br />
Studie zitiert, worin bei 440 Kutterausfahrten insgesamt<br />
65 Seevögel als Beifang im Netz gelandet sind.<br />
Von den gefangenen Vögeln gehörten 5 Arten zu<br />
vollkommen ungefährdeten Populationen und eine Art<br />
war in geringem Maße gefährdet.<br />
Es sei deshalb höchst unwissenschaftlich bei derartig<br />
niedrigen Beifangzahlen unter Berücksichtigung der<br />
enormen Größe der Vogelpopulationen und der natürlichen<br />
Sterblichkeit von einem großen schädigenden<br />
Einfluss durch die <strong>Fischerei</strong> zu sprechen.<br />
Dr. Egon Schlieker zeigte anhand von Zahlen<br />
auf, wie groß die Menge an gefressenem Fisch durch<br />
die Kormorane im Land tatsächlich ist.<br />
Ausgehend von den aktuell 11.500 Brutpaaren im<br />
Land, den dazu zu zählenden umherstreifenden Kormoranen<br />
(x 3) und unter Berücksichtigung der durchschnittlichen<br />
Fischmenge von 500 g pro Vogel und Tag<br />
komme man allein in Mecklenburg-Vorpommern auf<br />
34,5 t Fisch, die täglich durch diese Vogelart vertilgt<br />
werden. Setzt man dafür ein Durchschnittsgewicht von<br />
100 g an, sind das täglich 345.000 Fische, die dann<br />
auch noch zu 85% (also rund 300.000 Stück) aus<br />
den Bodden und aus den Küstengewässern täglich<br />
entnommen werden.<br />
Hier müsse unbedingt etwas passieren, so Herr<br />
Dr. Schlieker.<br />
Auch der Teichwirt Hermann Stahl sprach von einem<br />
sehr zeitigen Anflug von Kormoranen im Frühjahr<br />
in sein Teichgebiet. Von Entspannung könne keinerlei<br />
Rede sein. Nach seinem Empfinden werden es von<br />
Jahr zu Jahr mehr Kormorane in seiner Teichwirtschaft,<br />
obwohl dort im Jahr regelmäßig zwischen 300 und<br />
350 Vögel abgeschossen würden.<br />
Ulrich Paetsch wies auf die Bedeutung von Teichflächen<br />
für eine ganze Reihe von Arten hin. Wenn<br />
diese Flächen in Menschenhand im Rahmen der Be-<br />
16<br />
wirtschaftung nicht aufwändig gepflegt würden und<br />
langsam verlandeten, würden sie letztendlich unwiederbringlich<br />
als wertvolle Biotope verschwinden.<br />
Zum Schluss meldete sich Herr Peters vom Landkreis<br />
Mecklenburgische Seenplatte zum Thema<br />
<strong>Fischerei</strong> aufsicht zu Wort. Er erklärte, wie wichtig die<br />
<strong>Fischerei</strong>aufsicht besonders für die Fischer sei, hatte<br />
sich aber von Beginn an klarere Regelungen dazu<br />
erwartet.<br />
Es gab sehr viel Verunsicherung bei der Aufgabenübertragung<br />
an die Landkreise und kreisfreien Städte<br />
und einige ehrenamtliche, hochmotivierte <strong>Fischerei</strong>aufseher<br />
waren dadurch sehr verunsichert.<br />
Die Frage war, ob die <strong>Fischerei</strong>aufsicht nun bei<br />
den Landkreisen bleibt oder nicht. Die Regelung der<br />
Organisation der <strong>Fischerei</strong>aufsicht durch das LALLF<br />
war beispielgebend.<br />
Jetzt müsse Ruhe für die eigentliche Aufgabe einkehren<br />
und Zuständigkeiten geklärt, so Peters.<br />
Im Augenblick sei noch keine flächendeckende<br />
<strong>Fischerei</strong>aufsicht gewährleistet. Wenn dies allgemein<br />
bekannt würde, könne er sich vorstellen, dass Schwarzangler<br />
diese Lücken ganz gezielt ausnutzen.<br />
Andererseits plädierte er auch dafür, das Ganze<br />
jetzt nicht nochmalig umzudrehen.<br />
Als Schaltstelle solle der Landkreis Mecklenburgische<br />
Seenplatte fungieren. Dort solle die Auszahlstelle<br />
für die Aufwandsentschädigungen beheimatet<br />
sein.<br />
Norbert Kahlfuss regte in seinem Schlusswort<br />
einen Gedankenaustausch mit der Fraktion Bündnis<br />
90/Die Grünen an. Dazu solle man sich vor dem Kutter-<br />
und Küstenfischerei-Verbandstag an einen Tisch<br />
setzen und seine Standpunkte darlegen.<br />
Die Hochseefischer hatten dazu schon im Dezember<br />
vergangenen Jahres ein Angebot gemacht.<br />
Simone Rudloff erklärte sich bereit, dieses Angebot<br />
an ihre Fraktion weiterzuleiten.<br />
Präsident Kahlfuss verabschiedete danach die<br />
Gäste vom offiziellen Teil und ging im internen Teil<br />
auf die Haushaltssituation des LFV MV e.V. im vergangenen<br />
und im laufenden Geschäftsjahr ein.<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
Fotos: A. Schlüter<br />
In unserer heimischen Fischfauna fehlt seit zig Jahren<br />
eine ehemals sehr häufig vorkommende Art – der Stör.<br />
Ähnlich wie der Lachs in der Elbe zur Zeit der<br />
Wende vom 19. zum 20. Jahrhundert war auch der<br />
Baltische Stör früher als Massenfisch in der Oder, ihren<br />
Nebenflüssen sowie anderen großen deutschen<br />
Strömen vorhanden.<br />
Nachdem der Mensch in den letzten knapp 100<br />
Jahren durch Wasserverschmutzung, Querverbauung<br />
von Flüssen, Zerstörung von Laichgründen und zu starker<br />
Befischung die Population des Störes ausgelöscht<br />
hat, wird nun seit 1996 durch die Landesforschungsanstalt<br />
(LFA) MV mit Unterstützung z.B. durch die Gesellschaft<br />
zur Rettung des Störs e.V. versucht, einen<br />
eigenen, reproduktionsfähigen Stamm von Baltischen<br />
Stören in der Oder wiederanzusiedeln. Dazu sind seit<br />
2006 mehr als 500 000 Jungstöre in die Oder eingesetzt<br />
worden.<br />
Die im brandenburgischen Nationalpark Unteres<br />
Odertal durch ausgedehnte naturnahe Überschwemmungsflächen<br />
geprägte Oder verfügt noch in Teilbereichen<br />
über geeignete Laichhabitate für die Reproduktion<br />
des Störes. Diese sind fast vollkommen naturnah<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
Lebende Fossile in der Oder<br />
Agrarminister beteiligen sich aktiv an Störbesatzmaßnahmen<br />
Andreas Schlüter – Referent für Öffentlichkeitsarbeit und Naturschutz des LFV MV e.V.<br />
belassen und auch in der Nutzung erheblich eingeschränkt<br />
worden. Damit sind gute Voraussetzungen für<br />
das Besatzprogramm gegeben.<br />
In der Außenstelle Born ist seit mehreren Jahren<br />
erfolgreich Nachwuchs Baltischer Störe aufgezogen<br />
worden. Wie Carsten Kühn, Leiter der Versuchsstation<br />
Born des Instituts für <strong>Fischerei</strong> der LFA betonte, sind bisher<br />
etwa 700 Nachwuchslaicher aus den ehemals aus<br />
Kanada eingeführten Elterntieren aufgezogen worden.<br />
Diese sind unter Zuchtbedingungen allerdings wesentlich<br />
schneller geschlechtsreif geworden, als dies in der<br />
Natur geschieht. Laut Informationen der LFA gelang in<br />
Born im Jahre 2010 erstmals außerhalb Nordamerikas<br />
die Reproduktion des Baltischen Störs.<br />
Es dauert normalerweise sehr lange, bis die Weibchen<br />
geschlechtsreif werden. Zuerst einmal werden die<br />
besetzten Tiere die Ostsee aufsuchen, um sich dort<br />
prächtig zu entwickeln. Meistens sind Störe erst nach<br />
15-16 Jahren in der Lage, Nachkommen zu erzeugen.<br />
Um die Reproduktion von Stören in der Oder auf<br />
natürlichem Wege wieder anzukurbeln, sind in den<br />
letzten Jahren mehrfach Besatzmaßnahmen<br />
durchgeführt worden. Dabei sollten die besetz-<br />
Dr. Till Backhaus aus Mecklenburg-Vorpommern und Jörg Vogelsänger aus Brandenburg beim Störbesatz<br />
17
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
ten Fische sehr früh an geeignete Laichhabitate gebunden<br />
werden, die sie dann später zur Fortpflanzung<br />
wieder aufsuchen werden.<br />
Am 8. April <strong>2013</strong> war es dann wieder einmal<br />
soweit. Unter recht starker Beteiligung verschiedener<br />
Medien setzen die beiden Agrarminister, Dr. Till Backhaus<br />
aus Mecklenburg-Vorpommern und Jörg Vogelsänger<br />
aus Brandenburg, bei Hohensaaten Jungstöre<br />
in die Oder ein.<br />
Der Brandenburgische Landwirtschaftsminister bezeichnete<br />
diesen Tag als historisches Datum und ei-<br />
Verhalten und Meldung beim<br />
Fang eines markierten Störes im<br />
Odergebiet, Haff oder Ostsee<br />
In den letzten Jahren sind umfangreiche Anstrengungen<br />
zur Wiederansiedlung des Störes in der Oder<br />
unternommen worden.<br />
Jeder Angler, der zufällig einen Stör mit dieser<br />
gelben Markierung fängt, möchte bitte den Fisch<br />
kurz vermessen, wiegen, die Nummer auf der gelben<br />
Markierung ablesen und den Stör dann wieder<br />
schonend zurücksetzen.<br />
Diese Daten mit Fangtag, -ort, -gerät und Fänger<br />
senden Sie bitte an eine der folgenden Adressen:<br />
• Landesanglerverband MV e.V.<br />
Siedlung 18 a<br />
19065 Görslow<br />
E-Mail: lav-mv@t-online.de<br />
• Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei<br />
Müggelseedamm 310<br />
12587 Berlin<br />
E-Mail: sturgeon@igb-berlin.de<br />
• Landesforschungsanstalt MV<br />
Institut für <strong>Fischerei</strong><br />
Versuchsstation Born<br />
Südstraße 8<br />
18375 Born<br />
• Gesellschaft zur Rettung des Störs e.V.<br />
Fischerweg 408<br />
18069 Rostock<br />
Für die Einsendung erhalten Sie eine kleine<br />
Entschädigung in Höhe von 10,- EUR.<br />
18<br />
nen Akt der Wiedergutmachung an der Natur, da der<br />
Mensch für den Rückgang dieser begehrten Fischart<br />
verantwortlich ist.<br />
Sehr auffallend an allen 200 eingesetzten Tieren<br />
ist der gelbe Plastikstreifen an der Rückenflosse. Diese<br />
Markierung ist mit einer Nummer versehen und erlaubt<br />
es, die Tiere beim Fang in Fischernetzen oder an einer<br />
Angel genau zu identifizieren.<br />
Michael Arndt vom Institut für <strong>Fischerei</strong> der LFA erklärte<br />
die Verfahrensweise beim versehentlichen Fang<br />
dieser wertvollen Satzfische. Wer einen Stör fängt,<br />
sollte der LFA die Größe, das Gewicht, den Fangort<br />
und die auf der Markierung versehene Identifikationsnummer<br />
mitteilen und den Fisch unbedingt wieder zurücksetzen.<br />
Meldungen sind allerdings auch an das<br />
Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei<br />
in Berlin sowie die Landesfischerei- bzw. -anglerverbände<br />
Brandenburgs und Mecklenburg-Vorpommerns<br />
möglich.<br />
Nur so lassen sich Erkenntnisse über die zurückgelegten<br />
Wege in den Gewässern, das Wachstum, die<br />
Überlebensrate und letztlich den Erfolg des Wiedereinbürgerungsprogramms<br />
des Störes erhalten.<br />
In den letzten Jahren sind dafür insgesamt 8,2<br />
Mio. € investiert worden.<br />
Von den bisher ausgesetzten 1.500 größeren Exemplaren<br />
sind ungefähr 500 wieder gefangen worden,<br />
unter anderem rund um Bornholm und an der Küste<br />
Schwedens. Dabei zeigte sich auch die große Wachstumspotenz<br />
des Störes. Immerhin war es einigen Exemplaren<br />
gelungen, innerhalb eines Jahres ihr Gewicht zu<br />
verdoppeln. Auch natürliche Feinde sind für den Stör<br />
kaum vorhanden, schon gar nicht, wenn er die Größe<br />
von mehr als einem halben Meter erreicht hat.<br />
Trotzdem bedarf es eines sehr langen Atems, langfristiger<br />
Unterstützung, einer großen Menge Geduld<br />
sowie ausreichend Glück, dass die Aktion von Erfolg<br />
gekrönt ist! Dieser ist erst dann gegeben, wenn die<br />
markierten Störe hierher zurückkehren und aktiv am<br />
Laichgeschäft in der Oder teilnehmen.<br />
Das Störprojekt besitzt zudem noch eine Art<br />
Indikator-Funktion: Gelingt es, den Stör hier wieder<br />
heimisch zu machen, sollte dies für ähnlich reproduzierende<br />
Arten wie Meerforelle, Schnäpel und Lachs<br />
ebenfalls erreichbar sein. Es bestehen gute Chancen<br />
zu ihrer Wiederansiedlung, da die Ansprüche dieser<br />
Arten an den Lebensraum in einigen Bereichen<br />
der Oder gegeben sind.<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
Fotos: Doggerbank Seefischerei GmbH<br />
Aktuelle Informationen zur Hochseefischerei<br />
Mecklenburg-Vorpommerns<br />
Dr. Uwe Richter – Mecklenburger Hochseefischerei GmbH<br />
Claus Ubl – Deutscher <strong>Fischerei</strong>-Verband e.V.<br />
Das Jahr 2012 ist Geschichte. Für die Reedereien<br />
der Hochseefischerei Mecklenburg-Vorpommerns<br />
gab es im vergangenen Jahr viel Positives zu berichten,<br />
vor allem was die Entwicklung vieler Fischbestände<br />
und die damit zur Verfügung stehenden Quoten betraf.<br />
Dadurch konnten gute wirtschaftliche Ergebnisse im<br />
Grundfischsektor erzielt werden, wogegen die Ergebnisse<br />
im pelagischen Sektor als durchwachsen beurteilt<br />
werden. Die politische Entwicklung auf dem <strong>Fischerei</strong>sektor<br />
wird von der Hochseefischerei nach wie vor mit<br />
Besorgnis verfolgt.<br />
Im Jahre 2012 fischten vier in MV registrierte<br />
Schiffe in der Fernfischerei. Dies waren ROS 170 „Annie<br />
Hillina“, ROS 171 „Maartje Theadora“; ROS 785<br />
„Helen Mary“ und ROS 786 „Gerda Maria“ (siehe<br />
Tabelle 1). Derzeit sind ca. 220 Seeleute auf diesen<br />
Schiffen beschäftigt. Alle Schiffe verarbeiten und frosten<br />
ihren Fang bereits auf See, und liefern somit auch<br />
aus entfernten Gebieten Fischprodukte von bester „frozen<br />
at sea“ Qualität.<br />
Tab. 1: Hochseefischereiflotte Mecklenburg-Vorpommerns<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
Die Fangflotte hat ein Durchschnittsalter von 22 Jahren,<br />
gehört aber damit immer noch zu den moderneren<br />
in Europa. Mit der derzeitigen Schiffskapazität<br />
werden die langfristigen EU-Kapazitätsrichtlinien erfüllt.<br />
Unverständlich und nicht akzeptabel ist deshalb<br />
auch die wiederkehrende öffentliche Kritik von Greenpeace,<br />
verbunden mit Blockade- und Demonstrationsmaßnahmen<br />
bezüglich einer angeblichen Überkapazität<br />
der Flotte im pelagischen Segment. Die Greenpeace-Aktivitäten<br />
eskalierten im März letzten Jahres<br />
auf dem Fangplatz Mauretanien.<br />
Die Nutzung selektiver Fangmethoden im pelagischen<br />
und demersalen Sektor ist für die mecklenburgvorpommersche<br />
Hochseeflotte selbstverständlich. Die<br />
Reedereien beteiligen sich aktiv an der Entwicklung und<br />
Umsetzung von Konzepten für eine nachhaltige <strong>Fischerei</strong>.<br />
Im Jahre 2012 konnte die Kabeljau- und Schellfischfischerei<br />
in der Nordsee und in norwegischen Gewässern<br />
einschließlich Spitzbergen erfolgreich<br />
MSC-zertifiziert werden. Das MSC-Zertifikat für<br />
<strong>Fischerei</strong>kennung Name Rufzeichen KW BRZ IMO-<strong>Nr</strong>. Länge ü.a.<br />
ROS 785* Helen Mary DQLI 5.299 7.278 9126364 116,7<br />
ROS 170* Annie Hillina DEDT 2 2.863 2.417 8028412 86,33<br />
ROS 786* Gerda Maria DFLM 3.000 1.825 8716928 81,32<br />
ROS 171* Martje Theadora DEAN 2 8.640 9.082 9182801 140,8<br />
*) Reederei Oderbank Hochseefischerei GmbH / Reedereisitz 18546 Sassnitz, Im Fährhafen / Heimathafen Rostock<br />
ROS 785 Helen Mary Fischtrawler ROS 170 Annie Hillina<br />
19
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
ROS 786 Gerda Maria ROS 171 beim Dampfen<br />
die Seelachsfischerei in der Nordsee und in norwegischen<br />
Gewässern wurde im Februar 2012 erfolgreich<br />
verteidigt. Auch die Jahresaudits des MSC für die zertifizierte<br />
Heringsfischerei in der Nordsee und in norwegischen<br />
Gewässern waren erfolgreich. Diese <strong>Fischerei</strong>en<br />
gelten für ein weiteres Jahr als MSC-zertifiziert. Der<br />
anhaltende Streit zwischen der EU, Norwegen, den<br />
Färöern und Island zur Aufteilung der Makrelenquoten<br />
sowie zur Erarbeitung eines gemeinsamen, langfristigen<br />
Bewirtschaftungsplanes für diesen Bestand führte auch<br />
für die deutsche Hochseefischerei zu einer Aussetzung<br />
der Zertifizierung der Makrelenfischerei nach dem<br />
MSC-Standard. Derzeit stammen 41% der in europäischen<br />
Gewässern gefangenen pelagischen Arten aus<br />
einer MSC-zertifizierten <strong>Fischerei</strong>. Bei der demersalen<br />
<strong>Fischerei</strong> sind 49% der Fänge MSC-zertifiziert.<br />
Regelmäßig begleiten Wissenschaftler die Fangreisen<br />
der Schiffe, um verschiedenste fischereibiologische<br />
Daten zu erheben. Diese fließen in die jährlichen<br />
ICES-Empfehlungen ein. Eine aktive Mitarbeit bei der<br />
Bekämpfung der illegalen, nicht gemeldeten und unregulierten<br />
<strong>Fischerei</strong> (IUU) ist für die Reedereien selbstverständlich.<br />
Im Deutschen Hochseefischereiverband, dem auch<br />
alle Reedereien aus Mecklenburg-Vorpommern angehören,<br />
fand während des vergangenen Jahres wieder<br />
eine Abstimmung der Einsatz- und Quotennutzungsplä-<br />
20<br />
ne statt, um die Bedingungen für die Schiffe zu optimieren<br />
und die für Deutschland zur Verfügung stehenden<br />
Fangquoten so effektiv wie möglich zu nutzen. Auch<br />
die Quotentausche mit den Fischern der Kutterfischerei<br />
und mit anderen europäischen Mitgliedstaaten trugen<br />
zur Verbesserung der Fangquotensituation und damit<br />
zu einer besseren Quotenausnutzung aller deutschen<br />
<strong>Fischerei</strong>en bei.<br />
Die Fangergebnisse in der <strong>Fischerei</strong> auf Kabeljau<br />
vor Norwegen und in der Barentssee sowie Spitzbergen<br />
waren gut. Die Seelachsfischerei vor der norwegischen<br />
Küste entsprach dagegen nicht den Erwartungen.<br />
In der Nordsee fanden 2012 keine Aktivitäten im<br />
Hinblick auf Weißfisch statt. Die Quoten wurden der<br />
Kutterfischerei im Rahmen von Tauschen zur Verfügung<br />
gestellt. Die <strong>Fischerei</strong> auf Schwarzen Heilbutt übertraf<br />
in ihrer Effizienz das Vorjahresniveau. ROS 786 war<br />
sowohl vor Ost- als auch vor Westgrönland im Einsatz<br />
und nutzte die Fangquoten voll aus.<br />
Die <strong>Fischerei</strong> auf die pelagischen Schwarmfische<br />
Hering, Holzmakrele und Makrele in der Nordsee<br />
und dem Nordatlantik war wie in den Vorjahren gut.<br />
Dies diente dem Ausgleich der insgesamt unbefriedigenden<br />
Quotensituation beim Blauen Wittling. Auch<br />
2012 wurde wieder ein Schwarmfischfänger (ROS<br />
170) über mehrere Monate in der pelagischen<br />
Rotbarschfischerei eingesetzt. Zwei Schwarm-<br />
Tab. 2: Fangerträge der Hochseefischerei Mecklenburg- Vorpommerns für den Zeitraum 2008 bis 2012<br />
Jahr Anzahl Fangfahrzeuge FangGrundfisch[t] FangSchwarmfisch[t] Gesamtfang[t]<br />
2008 4 3.575 105.591 109.166<br />
2009 5 3.692 76.717 80.409<br />
2010 4 3.435 86.767 90.902<br />
2011 4 3.809 83.383 87.192<br />
2012 4 3.871 74.754 78.625<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
Tab. 3: Einsatzpläne <strong>2013</strong> von Schiffen der Hochseefischereiflotte MVs<br />
Schiff Zeitraum geplanteFangtage Gebiet Fischart<br />
Gerda<br />
Maria<br />
ROS786<br />
Annie<br />
Hillina<br />
ROS170<br />
fischfänger (ROS 171; ROS 785) waren für 3 Monate<br />
in mauretanischen Gewässern im Einsatz. Die <strong>Fischerei</strong><br />
endete dort am 24. April, da die Jahresquote der EU<br />
abgefischt war und die Fahrzeuge kehrten nach Europa<br />
zurück. Aufgrund der angespannten Quotensituation<br />
wurden beide Schwarmfischfänger anschließend<br />
für 40 Tage aufgelegt.<br />
Weitere Aktivitäten in der Fernfischerei fanden aufgrund<br />
fehlender <strong>Fischerei</strong>abkommen (Marokko) und<br />
ungeklärter Bestandsfragen (Südpazifik) nicht statt.<br />
Aus Tabelle 2 sind die Fangergebnisse der letzten 5<br />
Jahre ersichtlich, den charakteristischen Einsatzzyklus<br />
der Fahrzeuge kann man Tabelle 3 entnehmen.<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
Januar 20 Norwegen; Nordsee; Spitzbergen Seelachs, Kabeljau, Schellfisch<br />
Feb.März 55 Norwegen; Nordsee; Spitzbergen Seelachs, Kabeljau, Schellfisch<br />
April-Juli 100 Grönland-Ost; NEAFC Heilbutt, Kabeljau; Rotbarsch<br />
JuliAugust 45 Grönland-West/Ost; NEAFC Heilbutt, Kabeljau; Rotbarsch<br />
Sept.-Okt. 45 Grönland-West/Ost Heilbutt, Kabeljau; Rotbarsch<br />
Nov.-Dez. 20 Grönland-West/Ost Heilbutt, Kabeljau; Rotbarsch<br />
Januar 23 Nordsee, westbrit. Gewässer Makrele<br />
Februar 20 Nordsee, westbrit. Gewässer Makrele; Holzmakrele<br />
März 22 Nordsee, westbrit. Gewässer Makrele, Holzmakrele, Bl. Wittling<br />
April 22 Nordsee, westbrit. Gewässer Blauer Wittling, Argentinus, Hering<br />
Mai 22 Reykjanesrücken, Grönland Rotbarsch<br />
Juni 15 Reykjanesrücken, Grönland Rotbarsch<br />
Juli 25 Reykjanesrücken, Grönland Rotbarsch<br />
August 25 Norwegen Rotbarsch, Hering<br />
September 22 Norwegen Rotbarsch, Hering<br />
Oktober 25 Nordsee, westbrit. Gewässer Makrele; Holzmakrele<br />
November 22 Nordsee, westbrit. Gewässer Makrele; Holzmakrele<br />
Dezember 25 Nordsee Hering<br />
PelagischeFängevollständigzuProdukten<br />
fürdenmenschlichenKonsumverarbeitet<br />
Die Hochseefischerei hat sich im vergangenen Jahr aktiv<br />
an der Diskussion und Meinungsbildung zur Reform<br />
der Gemeinsamen <strong>Fischerei</strong>politik der EU beteiligt, und<br />
nimmt ihre Verantwortung im ökologischen, wirtschaftlichen<br />
und gesellschaftlichen Bereich ernst.<br />
Die Neuausrichtung der EU-Kommission bezüglich<br />
ihrer Standpunkte bei Verhandlungen über Drittlandsabkommen<br />
sowie ihr Agieren bei internationalen<br />
Quotenverhandlungen bereitet der Hochseefischerei<br />
weiterhin Probleme und verschärft zunehmend<br />
die Situation für den pelagischen und auch<br />
ROS 786: Hieven des Steertes an Bord; Schwere See beim Fischfang; Sortieren des Fanges an Bord von ROS 170 (v.l.n.r.)<br />
21
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
Heilbuttfang bei Grönland<br />
demersalen Sektor. Dafür sollen nachfolgende Beispiele<br />
stehen:<br />
So wurden bei der Verhandlung des neuen Grönlandprotokolls<br />
die von Grönland gebotenen Fangquoten<br />
für Schwarzen Heilbutt nicht in voller Höhe<br />
angenommen. In den jährlichen Verhandlungen mit<br />
Grönland war dieser Fakt dann nicht mehr reparabel,<br />
trotz eines optimistischen ICES-Advice.<br />
Die ausgehandelten technischen Maßnahmen im<br />
Rahmen des neuen Mauretanienabkommens ermöglichen<br />
es nicht mehr, in dortigen Gewässern wirtschaftlich<br />
rentabel zu agieren. Alle Bemühungen der europäischen,<br />
pelagischen Industrie zur Wiederaufnahme<br />
von Verhandlungen zu den technischen Maßnahmen<br />
scheiterten.<br />
Die von Norwegen diktierten Beifangregelungen<br />
für Schellfisch im Rahmen der Kabeljaufischerei bei<br />
Spitzbergen sind für die EU-Flotte diskriminierend. Die<br />
KOM nimmt dies mehr oder weniger hin.<br />
Zum wiederholten Male war zu verzeichnen, dass<br />
durch die teilweise unprofessionelle Verhandlungsführung<br />
der Kommission mit Norwegen zum Jahresende<br />
kein Abkommen zustande gekommen war. Dadurch<br />
erfolgte eine Blockade der <strong>Fischerei</strong> zum Anfang des<br />
22<br />
Folgejahres. Viele Quoten konnten mit der ersten TAC-<br />
Verordnung nur zu 70 % des Vorjahreswertes ausgereicht<br />
werden, und eine <strong>Fischerei</strong> in norwegischen<br />
Gewässern war unmöglich. Als dann die 100%-ige<br />
Quotenfreigabe endlich erfolgen konnte, waren saisonbedingte<br />
<strong>Fischerei</strong>en (wie beispielsweise Blauer<br />
Wittling) bereits abgeschossen.<br />
PerspektivenfürdieZukunft<br />
Trotz aller Schwierigkeiten blicken die Vertreter der<br />
Hochseefischerei Mecklenburg Vorpommerns optimistisch<br />
in die Zukunft. Ein Beispiel dafür: Erstmals seit 18<br />
Jahren ist für 2014 die Indienststellung eines Hochseetrawlerneubaus<br />
(siehe Tab. 4) vorgesehen ist. Damit<br />
wird ein langfristig angelegtes Konzept zum Kapazitätsersatz<br />
eingeläutet. Der Neubau wird ca. 86 m lang sein<br />
und für die pelagische- und Grundschleppnetzfischerei<br />
ausgerüstet. Das Fahrzeug ist für den weltweiten Einsatz<br />
konzipiert und wird vollständig aus Eigenmitteln finanziert.<br />
Daneben werden auch die „Helen Mary“ und die<br />
„Maartje Theadora“ <strong>2013</strong> einer umfangreichen Modernisierung<br />
unterzogen. Dafür werden beide Schiffe<br />
für ca. zwei Monate in die Werft gehen.<br />
Tab. 4: Neubauprojekt Warnemünder Hochseefischerei GmbH<br />
Indienststellung: 2014<br />
TechnischeParameter<br />
Länge ü.a. 86,10 m<br />
Breite 16,00 m<br />
Vermessung 4.270 BRZ<br />
Antriebsleistung 4.000 KW<br />
Gefrierleistung ca. 100 t/24h<br />
Besatzung 34 Personen<br />
Einsatz Pelagische- und Grundschleppnetzfischerei<br />
Ansicht des Neubaues eines Hochseetrawlers<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
Die Frühjahrsheringssaison <strong>2013</strong> – wieder ein<br />
Saisonverlauf mit Höhen und Tiefen<br />
Dr. Uwe Richter – Euro-Baltic Fischverarbeitungs GmbH<br />
Claus Ubl – Deutscher <strong>Fischerei</strong>-Verband<br />
Die Vorfreude auf die Frühjahrsheringssaison war<br />
groß, denn bereits die Herbstfischerei der Schleppnetzfänger<br />
auf Hering zum Ende des letzten Jahres<br />
war sehr erfolgreich und in der Regel deutet dies auf<br />
einen erfolgreichen Start in die Frühjahrsheringssaison<br />
hin. Hinzu kam, dass die Heringsquote um 23,4 %<br />
angehoben wurde. Damit standen in Deutschland<br />
14.234 t Heringsquote zur Verfügung. Bereits zum<br />
Jahresende 2012 hatten sich die Küstenfischer und die<br />
Hochseefischerei darauf geeinigt, dass wie in den vergangenen<br />
Jahren im Rahmen eines Tauschgeschäftes<br />
zusätzlich 1.000 t Hering für die Betriebe der Küstenfischerei<br />
zur Verfügung gestellt werden.<br />
Die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung<br />
(BLE) nahm die Quotenaufteilung unter Berücksichtigung<br />
einer Rückstellung von 363,8 t wie folgt vor:<br />
• nicht organisierte Nebenerwerbsfischer: 58,8 t<br />
• nicht organisierte Haupterwerbsfischer: 286,6 t<br />
• Haupterwerbsfischer: 13.525,1 t<br />
Den in Mecklenburg-Vorpommern registrierten und<br />
organisierten <strong>Fischerei</strong>unternehmen standen hiervon<br />
8.298,5 t zur Abfischung zur Verfügung.<br />
<strong>Fischerei</strong>verlauf<br />
Die Heringsfischerei startete traditionell mit den Anlandungen<br />
der Schleppnetzfänger bereits am 3. Januar<br />
des Jahres. Die Schleppnetzfischerei war über den<br />
gesamten Saisonverlauf sehr gut und konnte die Rekordanlandungen<br />
der letzten Frühjahrsheringssaison<br />
sogar noch überbieten. Erst mit höheren Beifängen an<br />
Sprotte und kleinem Hering wurde die Schleppnetzfischerei<br />
auf Hering Anfang April beendet. Mögliche<br />
Restquoten der Unternehmen sind mit einem guten<br />
wirtschaftlichen Ergebnis auch in den Herbstmonaten<br />
abfischbar.<br />
Die Reusenfischerei, einst das Aushängeschild<br />
der vorpommerschen Heringsfischerei, hat sich auf<br />
ein gesundes Maß reduziert, stellt aber nach wie vor<br />
für Einzelunternehmen eine einträgliche Erwerbsquelle<br />
dar. Im gesamten Saisonverlauf wurden ca. 600 t<br />
Reusenhering vermarktet.<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
Bereits in den frühen Morgenstunden landen die Schleppnetzfänger<br />
(hier die SAS 110 „Westbank“) ihre Fänge beim<br />
Fischverarbeitungswerk Euro-Baltic Mukran an<br />
Der Stellnetzhering wurde aufgrund seiner Qualität<br />
in den Hauptfangmonaten März bis Mitte April hoch<br />
gehandelt. Dies gipfelte in teilweise unrealistischen<br />
Preisverhandlungen. Die Lieferoptionen teilten sich regional<br />
und nach Preisgebot, wobei jeder Fischer freie<br />
Hand hatte, sich seine Lieferoptionen zu sichern.<br />
„Wind und Wetter“ waren <strong>2013</strong> keine guten<br />
Partner für die Stellnetzfischer. Beginnend im Februar<br />
mit teilweise akzeptablen Fängen brachten Kälte und<br />
Eis die <strong>Fischerei</strong> wieder schnell zum Erliegen. Erst ab<br />
27. März kann von einer durchgängigen Stellnetzfischerei<br />
gesprochen werden. Die Saison der Stellnetzfischer<br />
war kurz und endete bereits in der ersten<br />
Maiwoche. Die Quote konnte jedoch im Wesentlichen<br />
abgefischt werden.<br />
Nach vorläufigen Schätzungen wurde die gesamte<br />
Heringsquote Deutschlands zum Stand 09.05. bereits<br />
zu 97 % ausgefischt. Die Vermarktung erfolgte<br />
wie folgt:<br />
500 t Lieferung nach Polen<br />
9.600 t Lieferung an Euro-Baltic<br />
2.700 t Lieferung nach Dänemark<br />
ca. 1.000 t regionale Vermarktung<br />
23<br />
Fotos: Uwe Richter
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
Heringspuken nach der Anlandung durch die Stellnetzfischer<br />
in Freest<br />
OffeneProbleme<br />
In Kreisen der aktiven Fischer in Mecklenburg-Vorpommern<br />
zählt nur die Abnahmesicherheit des Fanges,<br />
unabhängig der Qualität und zeitlicher Begrenzungen<br />
bei Erzielung eines maximalen Ertrages. Als Unternehmer<br />
sicher ein ehrwürdiges Geschäftsgebaren, aber<br />
unter realistischer Marktanalyse heute eine Utopie.<br />
Allen Wirtschaftsbeteiligten sollte dabei klar sein,<br />
dass der Ostseehering aufgrund fehlender MSC-Zertifizierung<br />
national und international am Markt nur noch<br />
als Produkt mit vermindertem Preis gehandelt wird. In<br />
diesem Jahr funktionierte noch die Preisdiskussion bei<br />
Stellnetzhering zwischen Deutschland und Dänemark<br />
zugunsten der Fischer. Aber das ist Geschichte. Künftige<br />
Preise werden sich ausschließlich an der Qualität<br />
orientieren. Qualitätsparameter sind Konsistenz, Fett-<br />
24<br />
gehalt sowie der Anteil und der Reifegrad des Rogens.<br />
Jeglicher Saisonverlauf über Mitte April hinaus führt zu<br />
Anlandungen mit geringerer Qualität und damit kaum<br />
bzw. schlecht vermarktungsfähiger Ware. Notwendige<br />
Fettgehalte von 7-8 % sowie ein akzeptabler Anteil<br />
reifen Rogens können nicht mehr gewährleistet werden.<br />
Somit ist ein Überdenken der traditionellen Gepflogenheiten<br />
in der Heringsfischerei dringend geboten.<br />
Euro-Baltic hat im Laufe der Saison versucht, durch<br />
Preisregulierungen und terminliche Festsetzungen zur<br />
Beendigung des Fischaufkaufes der internationalen<br />
Marktsituation Rechnung zu tragen.<br />
Da gerade in den inneren Küstengewässern auf<br />
Grund des lang anhaltenden Winters erst sehr spät<br />
mit der Stellnetzfischerei auf Hering begonnen werden<br />
konnte, wurde von Seiten der <strong>Fischerei</strong> darum<br />
gebeten, die Heringsannahme nicht wie vorgesehen<br />
schon Ende April einzustellen, sondern den kleinen<br />
Stellnetzfischern die Möglichkeit zu geben, bis Anfang<br />
Mai noch Hering nach Mukran zu liefern. Dieser Bitte<br />
kam Euro-Baltic nach, trotz der daraus resultierenden<br />
Verluste für das Unternehmen.<br />
Für Euro-Baltic ist es aus diesem Grunde nicht nachvollziehbar,<br />
dass von einigen Vertretern der <strong>Fischerei</strong><br />
dann mit falschen Behauptungen an die Presse herangetreten<br />
wird, in denen unter anderem von Niedrigpreisen<br />
die Rede ist. Abb. 1 zeigt die Preisentwicklung bei<br />
Euro-Baltic für die Heringsaufkäufe in den letzten neun<br />
Jahren. Diese Zahlen belegen eine andere Entwicklung<br />
und Euro-Baltic weist die in der Presse erschienenen<br />
Vorwürfe entschieden zurück.<br />
Abb. 1: Preisentwicklung<br />
der Heringsanlandungen<br />
im<br />
Fischwerk Euro-<br />
Baltic Mukran in<br />
den vergangenen<br />
neun Jahren<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
Anlandungen in Tonnen<br />
Fettgehalt in Prozent<br />
Der Höhepunkt war die Äußerung des Europaabgeordneten<br />
Werner Kuhn, der im Nordkurier die Förderpolitik<br />
des Landes MV in Zusammenhang mit dem Bau<br />
des Fischwerkes Euro-Baltic Mukran scharf angreift.<br />
Bevor er solche Äußerungen tätigt, sollte Herr Kuhn<br />
besser darüber nachdenken, wie er 9.600 t Hering in<br />
Mecklenburg-Vorpommern mit einem annähernd gleichen<br />
Betriebsergebnis für die Fischer vermarkten will,<br />
wie Euro-Baltic dies seit 10 Jahren praktiziert.<br />
Zur Verdeutlichung der oben beschriebenen<br />
Situation dienen die Abbildungen 1-3 zur Preisentwicklung<br />
in den letzten neun Jahren, den Verlauf der<br />
diesjährigen Stellnetzanlandungen sowie zur Entwicklung<br />
der Fettgehalte während der diesjährigen<br />
Heringssaison.<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
Abb. 2: Entwicklung der<br />
Stellnetzanlandungen<br />
während der<br />
Frühjahrsheringssaison<br />
<strong>2013</strong> beim Fischverarbeitungswerk<br />
Euro-Baltic Mukran<br />
(Im Januar und<br />
Februar wurden<br />
zudem insgesamt 11<br />
Tonnen Stellnetzhering<br />
angelandet.)<br />
Abb. 3: Entwicklung der<br />
Fettgehalte im<br />
Saisonverlauf,<br />
unterteilt nach<br />
den verschiedenen<br />
Fang methoden<br />
Eine Lösung der beschriebenen Problematik ist nur<br />
durch eine MSC-Zertifizierung des Ostseeherings zu erzielen.<br />
Leider muss man jedoch feststellen, dass der bereits<br />
im Jahre 2007 eingereichte Antrag der Euro-Baltic<br />
GmbH und EO Nordsee nach Ablauf der Karenzfrist<br />
in diesem Jahr zurückgezogen werden muss. Grund<br />
hierfür ist der fehlende bzw. nicht in Kraft gesetzte<br />
Managementplan. Das Versagen der Europapolitik<br />
zeigt hier seine gravierenden wirtschaftlichen Folgen.<br />
Hier sollte man die Frage stellen, was der EU-Vertreter<br />
Mecklenburg-Vorpommerns in Brüssel zur Problemlösung<br />
wirklich unternommen hat. Seine spontanen<br />
Reden auf Verbandsveranstaltungen sind allgemein<br />
bekannt. Allein das Ergebnis und die Umsetzung<br />
seiner Versprechen sind unbefriedigend.<br />
25
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
Internationale Aal-Konferenz – Hamburg, 25. April <strong>2013</strong><br />
Claus Ubl – Deutscher <strong>Fischerei</strong>-Verband e.V. und Malte Dorow – Landesforschungsanstalt MV, Institut für <strong>Fischerei</strong><br />
Am 25. April fand in den Räumlichkeiten des Alster<br />
Canoe Clubs in Hamburg die durch den Deutschen<br />
<strong>Fischerei</strong>-Verband organisierte Internationale Aalkonferenz<br />
statt. Anlass für diese Konferenz waren die Pläne<br />
des Europäischen Parlamentes, die Verordnung (EG) <strong>Nr</strong>.<br />
1100/2007 des Rates vom 18. September 2007 mit<br />
Maßnahmen zur Wiederauffüllung des Bestands des<br />
Europäischen Aals nicht nur einer formalen Anpassung<br />
an den Lissabon-Vertrag zu unterziehen, um somit die<br />
Mitsprache des Europäischen Parlamentes zu gewährleisten,<br />
sondern auch weitreichende Änderungen vorzunehmen.<br />
Die geplanten Änderungen sehen beispielsweise<br />
eine erhebliche Einschränkung bzw. ein Verbot der<br />
Befischung der einzelnen Lebensstadien des Aals vor.<br />
Die zuständige Berichterstatterin des Europäischen Parlamentes,<br />
die schwedische Abgeordnete Isabella Lövin<br />
(Fraktion der Grünen/Freie Europäische Allianz), war<br />
ebenso eingeladen wie die beiden deutschen Europa-<br />
Parlamentarier Ulrike Rodust (Fraktion der Progressiven<br />
Allianz der Sozialisten und Demokraten im Europäischen<br />
Parlament) und Werner Kuhn (Fraktion der Europäischen<br />
Volkspartei/Christdemokraten). Alle drei Parlamentarier<br />
sind gleichzeitig Mitglieder des <strong>Fischerei</strong>ausschusses<br />
des Europäischen Parlamentes.<br />
26<br />
Holger Ortel (MdB, Präsident des Deutschen <strong>Fischerei</strong>-Verbandes,<br />
links) und Arne Koops, Leiter der Aal-Versandstelle<br />
(v.l.n.r.), auf dem Weg zum Besatz der Alster. Ein Ereignis,<br />
das von vielen Medienvertretern verfolgt wurde.<br />
Fotos: Albrecht Wegner<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
Vielbeachtet–AalbesatzinderAlster<br />
Begleitend zur Konferenz fand ein Aalbesatz in der<br />
Alster statt. Dabei wurden rund 5.000 vorgestreckte<br />
Aale mit einem Durchschnittsgewicht von 10 Gramm<br />
ausgesetzt. Das Besatzmaterial wurde zu 80 Prozent<br />
aus der <strong>Fischerei</strong>abgabe der Stadt Hamburg und zu<br />
20 Prozent von der Aal-Versandstelle des Deutschen<br />
<strong>Fischerei</strong>-Verbandes gesponsert. Die Besatzaktion sowie<br />
die anschließende Aalkonferenz stießen auf reges<br />
mediales Interesse. Allein drei Kamerateams von verschiedenen<br />
Fernsehsendern waren vor Ort, um von<br />
den bestandsfördernden Besatzmaßnahmen in der<br />
Alster zu berichten<br />
Statements aus dem vielseitig zusammengesetzten<br />
Teilnehmerkreis<br />
Insgesamt nahmen rund 40 Personen, die aus der <strong>Fischerei</strong>praxis,<br />
-forschung und -politik stammten, an der<br />
Konferenz teil. Die internationalen Gäste kamen aus<br />
England, Dänemark und Schweden. Die Konferenz<br />
wurde durch den Präsidenten des Deutschen <strong>Fischerei</strong>-<br />
Verbandes, Holger Ortel, eröffnet. Anschließend stellten<br />
jeweils ein Vertreter der Binnenfischerei, der Küstenfischerei<br />
und der Anglerschaft in Kurzreferaten die<br />
möglichen Auswirkungen einer Änderung der Aalverordnung<br />
auf ihren Bereich dar. Anhand von Beispielen<br />
präsentierten die <strong>Fischerei</strong>vertreter gleichzeitig, welche<br />
regionalen Maßnahmen zum Schutz und Erhalt des<br />
Aals durchgeführt werden.<br />
• Binnenfischerei<br />
Roland Menzel, der Vorstandsvorsitzende der <strong>Fischerei</strong>schutzgenossenschaft<br />
„Havel“ Brandenburg e. G.,<br />
sprach als Vertreter der Binnenfischerei. Nach Angaben<br />
von Menzel basieren zwischen 60 und 75 Prozent<br />
der Betriebseinkommen seiner Mitglieder auf dem<br />
Aalfang und dessen Veredelung. Für den Erhalt der<br />
fischereilichen Nutzung stellt Aalbesatz im Bereich des<br />
Landes Brandenburg eine langjährige und bewährte<br />
Praxis dar. Seit dem Jahr 2006 läuft in der Elbe zudem<br />
ein wissenschaftlich begleitetes Projekt zur Laicherbestanderhöhung,<br />
bei dem sich die <strong>Fischerei</strong>genossenschaft<br />
aktiv um eine Erhöhung der Blankaalabwanderung<br />
bemüht. Da die deutschen Managementpläne<br />
erst im Jahre 2010 genehmigt worden sind, ist es laut<br />
Herrn Menzel viel zu früh, Erfolge der eingeleiteten<br />
Maßnahmen jetzt schon nachweisen zu können. Darum<br />
lautete sein Appell an Frau Lövin: „Gebt der Umsetzung<br />
dieser Pläne die notwendige Zeit.“<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
• Anglerschaft<br />
Robert Jankowski, Referent für Natur und Umwelt beim<br />
Angelsport-Verband Hamburg e. V., sprach stellvertretend<br />
für die Anglerschaft. Auch er betonte, dass die<br />
Angler sich intensiv für den Erhalt und den Schutz des<br />
Aals einsetzen. So haben beispielsweise der Angelsport-Verband<br />
Hamburg und der Landessportfischerverband<br />
Schleswig-Holstein gemeinsam in den Jahren<br />
2009 bis 2012 mehr als 2 Millionen Aale in dafür<br />
geeignete Gewässer ausgesetzt. Aus Sicht der Anglerschaft<br />
haben die aktuellen Aalmanagementpläne eine<br />
überzeugende wissenschaftliche Grundlage und sind<br />
das richtige Instrument, um den Aalbestand zu sichern.<br />
Nicht ausreichend berücksichtigt sind jedoch bisher<br />
die Minderung des Einflusses der Wasserkraftnutzung,<br />
Kühlwasserentnahme und die Prädation durch den<br />
Kormoran.<br />
• Küstenfischerei<br />
Für die Küstenfischerei sprach Olaf Jensen, der sowohl<br />
auf der Elbe als auch auf Schlei und Ostsee<br />
seinem Beruf nachgeht. Er wies auf die lange Tradition<br />
des Aalfangs in Norddeutschland hin. Auch für den<br />
Küstenfischer ist der Aal, den er selber räuchert und<br />
direkt vermarktet, der Haupterwerbsfisch. Laut Jensen<br />
droht mit dem Wegfall des Aalfangs vielen <strong>Fischerei</strong>betrieben<br />
an der Küste das Aus. Um die berufliche<br />
Grundlage zu sichern und aktiv die Laicherbiomasse<br />
zu erhöhen, engagiert sich Fischer Jensen für die<br />
Durchführung von Aalbesatzmaßnahmen im Küstenbereich.<br />
Gemeinsam mit fast allen anderen Fischern der<br />
Schlei, den ortsansässigen Gemeinden, Fischräuchereien<br />
sowie anderen Institutionen und Personen hat er<br />
2010 die Aktion „Aal utsetten in de Schlie“ ins Leben<br />
gerufen. Laut Jensen wären solche gemeinschaftliche<br />
Aktivitäten, die den Aalschutz zum Ziel haben, durch<br />
eine Änderung der Aalverordnung gefährdet.<br />
• Wissenschaft<br />
Die wissenschaftliche Bewertung der Aalmanagementpläne<br />
nahm Dr. Uwe Brämick, Direktor des Instituts für<br />
Binnenfischerei Potsdam-Sacrow und Mitglied der ICES<br />
Working Group on Eel, vor. Zunächst stellte er Daten<br />
zum Aalbestand vor und ging auf mögliche Ursachen<br />
für den Aalrückgang ein, die trotz zahlreicher wissenschaftlicher<br />
Untersuchungen bis heute nicht hinreichend<br />
geklärt sind. Anschließend stellte er die im Deutschen<br />
Aalmanagementplan festgelegten Maßnahmen vor<br />
und zeigte anhand von Modellberechnungen,<br />
dass ohne umfangreiche Besatzaktivitäten die<br />
27
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
Blankaalabwanderung aus den Binnengewässern<br />
mittelfristig nicht die geforderte Zielgröße erreichen<br />
wird. Grund hierfür ist, dass das derzeit bestehende<br />
Rekrutierungsdefizit im Binnenbereich nur durch Besatzmaßnahmen<br />
ausgeglichen werden kann. Im Ergebnis<br />
der ersten Revision der Aalmanagementpläne im<br />
vergangenen Jahr ist festzustellen, dass die Mehrzahl<br />
der im deutschen Aalmanagementplan vorgesehenen<br />
Maßnahmen vollständig oder in Teilen umgesetzt wurde.<br />
Dass dies bisher noch nicht zu einer Erhöhung der<br />
Blankaalabwanderung geführt hat, liegt laut Brämick<br />
daran, dass die ergriffenen Maßnahmen sich erst mittelfristig<br />
positiv auf die Entwicklung der Blankaalabwanderung<br />
auswirken werden. Dies gilt insbesondere<br />
für die Effekte der Besatzmaßnahmen. Gleichzeitig<br />
stellte Brämick heraus, dass gerade Aalbesatz als<br />
bestandserhaltende Maßnahme in internationalen<br />
Wissenschaftlerkreisen sehr kontrovers diskutiert wird.<br />
• Sustainable Eel Group (SEG)<br />
David Bunt von der Sustainable Eel Group (SEG), präsentierte<br />
zunächst die Arbeit dieser Organisation. Die<br />
SEG ist eine Naturschutz- und Wissenschaftsorganisation,<br />
die sich dem Schutz des Aals verschrieben hat.<br />
Sie hat einen Standard entwickelt, der eine nachhaltige<br />
Bewirtschaftung des Aalbestands gewährleisten<br />
soll. Dazu zählen schonende Fangmethoden bei der<br />
Glasaalfischerei genauso wie Regeln für den Aalbesatz.<br />
Dann ging er auf die diesjährigen Glasaalfänge<br />
an der Atlantikküste ein. Seit drei Jahren werden dort<br />
ansteigende Fangmengen verzeichnet. Die diesjährige<br />
Glasaalsaison sei Bunt zufolge die beste seit 10<br />
bis 15 Jahren. Dies zeige, dass der Aal nicht kurz<br />
vor dem Aussterben ist, wie oft behauptet wird. Die<br />
geschätzte Anzahl ankommender Glasaale hat sich<br />
von der Saison 2008/09 (500 Millionen Glasaale)<br />
bis 2012/13 (3 Milliarden Glasaale) deutlich erhöht.<br />
Dies könnte als Indiz dafür gelten, dass die Aalrekrutierung<br />
durch die Bedingungen im ozeanischen Bereich<br />
reguliert wird und daher möglicherweise klimatische<br />
und nicht anthropogene Ursachen ursächlich für den<br />
Bestandsrückgang sind.<br />
• Mitglieder des Europäischen Parlamentes<br />
Anschließend wurden die eingeladenen Mitglieder<br />
des Europäischen Parlaments um ein Statement gebeten.<br />
Zunächst sprach Isabella Lövin, die die Federführung<br />
beim Vorschlag für die Änderung der Aalverordnung<br />
hatte. Sie wies darauf hin, dass es sich<br />
beim Europäischen Aal um einen einzelnen Bestand<br />
28<br />
handelt und dieser für die gesamte europäische <strong>Fischerei</strong>politik<br />
Symbolkraft besitzt. Sie stellte das generelle<br />
Ziel der Aalverordnung in Frage, denn die 40<br />
Prozent Blankaalabwanderung, verglichen mit dem<br />
vom Menschen unbeeinflussten Zustand, seien kein<br />
vom ICES anerkannter Referenzwert. Des Weiteren<br />
seien Besatzmaßnahmen laut Einschätzung des ICES<br />
keine Option für die Erholung des Aalbestands. Die<br />
europaweite Umsetzung der Aalverordnung hat in den<br />
letzten Jahren laut Lövin zu einem erheblichen Anstieg<br />
in der Glasaalfischerei geführt, um den Bedarf<br />
an Besatzmaterial abzusichern. Darum schlägt sie als<br />
Berichterstatterin nicht nur eine Anpassung an den<br />
Lissabon-Vertrag vor, sondern empfiehlt wesentliche<br />
Änderungen der Aalverordnung, einschließlich einer<br />
Anpassung der fischereilichen Nutzung<br />
Ulrike Rodust sprach sich gegen ein Verbot der<br />
Aalfischerei aus. Sie sagte: „Die Fischer haben in der<br />
Vergangenheit bereits viel hinnehmen müssen. Daher<br />
müssen andere Lösungen zum Schutz der Aalbestände<br />
umgesetzt werden als ein völliger Verzicht auf die<br />
<strong>Fischerei</strong>.“ Aalbesatz ist ihrer Meinung nach das Mittel<br />
der Wahl, „um dem Aal unter die Arme“ zu greifen.<br />
Da die Fischer beim Aalbesatz erhebliche Investitionen<br />
tätigen, brauchen sie für die Zukunft Planungssicherheit.<br />
Sie plädierte dafür, der bestehenden Aalverordnung<br />
eine Chance zu geben. Diese könne immer noch<br />
nach Bedarf modifiziert werden, wenn es dafür gesicherte<br />
wissenschaftliche Erkenntnisse gibt.<br />
Werner Kuhn sprach sich ebenfalls massiv gegen<br />
die Vorschläge aus, die ein vollständiges Fang- und<br />
Handelsverbot des Europäischen Aals innerhalb des<br />
europäischen Binnenmarktes zur Folge hätten. Bereits<br />
im <strong>Fischerei</strong>ausschuss hatte er betont, dass die Forderungen<br />
nach einem möglichen Verbot der <strong>Fischerei</strong><br />
auf Aal zu weit gehen. Solche Maßnahmen bedrohen<br />
die Existenz der Küsten- und Binnenfischerei in einigen<br />
Teilen Europas. Er sprach sich dafür aus, die Aalverordnung<br />
einer „Lissabonisierung“ zu unterziehen, nicht<br />
aber ihren Inhalt zu verändern.<br />
Diskussion und Zusammenfassung<br />
Es folgte eine angeregte Diskussion über das Für und<br />
Wider von Besatz und zur Notwendigkeit einer Neuausrichtung<br />
der Aalverordnung. Isabella Lövin betonte<br />
dabei, dass sie sich beim Besatz noch Änderungen<br />
vorstellen könnte, allerdings nur, wenn dieser<br />
zu Schutzzwecken ausgebracht wird. Wenn die<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
kommerzielle <strong>Fischerei</strong> ebenfalls von dem Besatz profitiert,<br />
sollte dieser grundlegend abgelehnt werden.<br />
Holger Ortel betonte in seiner Zusammenfassung,<br />
dass es wichtig sei, den begonnenen Dialog zwischen<br />
<strong>Fischerei</strong>, <strong>Fischerei</strong>forschung und Politik weiterzuführen.<br />
Isabella Lövin wünschte er das notwendige Fingerspitzengefühl<br />
bei ihrem Vorschlag, für die Anpassung<br />
der Aalverordnung an den Vertrag von Lissabon. Änderungen<br />
des Inhalts sollten jedoch die Bedürfnisse<br />
des <strong>Fischerei</strong>sektors berücksichtigen und gemeinsam<br />
entwickelt werden.<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
Der Deutsche <strong>Fischerei</strong>-Verband hofft, dass diese<br />
Konferenz den notwendigen Dialog zwischen<br />
<strong>Fischerei</strong>, <strong>Fischerei</strong>forschung und Politik im Sinne<br />
des Erhalts und Schutzes des Aals nachhaltig<br />
angeregt hat und dieser zukünftig weitergeführt<br />
wird.<br />
Die Redebeiträge zur Internationalen Aalkonferenz<br />
finden Sie auf der Homepage des Deutschen <strong>Fischerei</strong>-<br />
Verbandes www.deutscher-fischerei-verband.de unter<br />
Termine (25.04.<strong>2013</strong>)<br />
Das Vorhaben „Kommunikationskampage zur Nachhaltigkeit und Förderung des Ansehens des<br />
<strong>Fischerei</strong>sektors und seiner Erzeugnisse“ wird unter Beteiligung der Europäischen Union aus<br />
dem Europäischen <strong>Fischerei</strong> Fonds gefördert.<br />
Beste Glasaalsaison seit 15 Jahren –<br />
Hoffnung für den Aalbestand<br />
Große Glasaalvorkommen und Rekordfänge melden<br />
die europäischen Fischer von der Atlantikküste.<br />
Die Fänge sollen die besten der letzten 15 Jahre<br />
sein. Jeweils im Winter erscheinen dort die jungen<br />
Aale (Glasaale) nach ihrer wohl dreijährigen Wanderung<br />
quer durch den Atlantik von den Laichgebieten<br />
in der Karibik.<br />
GuteFängeinPortugalundSpanien<br />
Erste Meldungen im Dezember aus Portugal und Spanien<br />
wiesen bereits auf überdurchschnittliche Zuwanderung<br />
von Jungfischen hin. Die Datenlage bei den<br />
südeuropäischen Fischern war allerdings unsicher, so<br />
dass man diese Berichte noch als „anekdotisch“ einstufen<br />
musste.<br />
AnschließendSpitzenergebnisseinFrankreich<br />
Zum Jahresbeginn folgten sehr große Fänge an den<br />
Flussmündungen der französischen Atlantikküste. Die<br />
französische Glasaalquote von insgesamt 34 Tonnen<br />
war bereits am 8. Januar ausgefischt und die <strong>Fischerei</strong><br />
musste vorzeitig eingestellt werden. Nach heftigen Protesten<br />
wurde die <strong>Fischerei</strong> einige Tage später jedoch<br />
wieder kurzzeitig frei gegeben. Dabei wurden nach<br />
Berichten von Ortsansässigen innerhalb einer Nacht<br />
1,6 Tonnen Glasaale gefangen. Etwa 240 kleine Fahrzeuge<br />
durften 7 Kilogramm pro Fahrzeug fangen. Die<br />
ersten waren damit schon nach 20 Minuten fertig. Solche<br />
guten Ergebnisse haben die französischen Fischer<br />
seit vielen Jahren nicht erlebt.<br />
ZurzeitguteErgebnisseinGroßbritannien<br />
Die Fangstation am englischen Fluss Severn meldet in<br />
diesen Tagen ebenfalls Spitzenfänge. Bisher wurden<br />
mehr als 4 Tonnen Glasaale gefangen. Die <strong>Fischerei</strong><br />
musste gestoppt werden, weil die Hälteranlagen die<br />
Fische nicht mehr aufnehmen konnten und der Abtransport<br />
in die Besatzgewässer auf dem Kontinent<br />
nicht schnell genug lief. Die Briten rechnen jetzt mit<br />
Gesamtfängen deutlich über 5 Tonnen und verzeichnen<br />
damit eine Steigerung von über 50 % gegenüber<br />
dem Vorjahr. Die gefangenen Glasaale werden in<br />
der Regel lebend zu Besatzzwecken in ganz Europa<br />
verteilt. Ein Teil wird zur Speisefischproduktion in<br />
Aquakulturanlagen verwendet. Trotz Verbot gibt es<br />
vermutlich auch illegale Exporte von Glasaalen nach<br />
Asien in beträchtlicher Größenordnung.<br />
29
Aus dem <strong>Fischerei</strong>verband<br />
GespanntesWarteninDeutschland<br />
Es gibt zwar keine Glasaalfischerei in Deutschland,<br />
aber einige Stationen, die Daten über die Menge<br />
ankommender Glasaale liefern sollen. In den nächsten<br />
Wochen wird an der Nordseeküste mit den jungen<br />
Aalen in der Elbe gerechnet, die z.B. am Wehr Geesthacht<br />
erfasst werden können. Weitere Messstellen gibt<br />
es an der Ems oder Wilhelmshaven, wo die Angler<br />
des Landesfischereiverbandes Weser-Ems Daten sammeln.<br />
Im Sommer erscheinen die jungen Aale auch an<br />
der deutschen Ostseeküste. Hier gibt es Messstellen<br />
z.B. am Wallensteingraben bei Wismar und an der<br />
Uecker.<br />
Gute Heringsbestände ermöglichten wieder eine<br />
ertragreiche <strong>Fischerei</strong>. Die Frühjahrsheringssaison<br />
ging diese Woche erfolgreich zu Ende. Nach dem langen<br />
Winter zeigten sich die Vertreter der <strong>Fischerei</strong> mit<br />
den erzielten Ergebnissen zufrieden. Die im Vergleich<br />
zum Vorjahr um 23 % erhöhte Quote ist bis auf eine<br />
geringe Restmenge vollständig ausgefischt worden.<br />
Die Heringssaison der Schleppnetzfischer hat in<br />
diesem Jahr früh begonnen und war sehr erfolgreich.<br />
Die Rekordanlandungen des letzten Jahres wurden von<br />
einigen Tuckpartien mit Anlandungen von über 100<br />
Tonnen pro Nacht nochmals übertroffen.<br />
Stellnetz- und Reusenfischerei konnten aufgrund<br />
des langen Eisganges in den inneren Küstengewässern<br />
erst sehr spät in die Frühjahrsheringsfischerei einsteigen.<br />
Da es nicht zu einem sprunghaften Temperaturanstieg<br />
kam, war es dennoch möglich, die vorhandene<br />
Quote fast vollständig auszufischen. Lediglich eine<br />
geringe Menge steht jetzt noch für die Heringsfischerei<br />
im Herbst zur Verfügung.<br />
30<br />
Hintergrund<br />
Die EU hatte nach einem beständigen Rückgang der<br />
Aalvorkommen im Jahre 2007 eine Verordnung zum<br />
Wiederaufbau der Bestände mit Hilfe von Aalmanagementplänen<br />
erlassen. Darin sind Zielwerte für den<br />
Wiederaufbau, Regelungen für Fangbeschränkungen<br />
und die Förderung von Besatzaktivitäten enthalten.<br />
Anglerverbände und Berufsfischer haben in den letzten<br />
Jahren mit viel Geld und ehrenamtlichem Einsatz<br />
den Besatz von Aalen organisiert.<br />
Meldung der Aalversandstelle des Deutschen<br />
<strong>Fischerei</strong>-Verbandes vom 24. April <strong>2013</strong><br />
E-Mail: info@deutscher-fischerei-verband.de<br />
Ostseefischerei beendet erfolgreich die Frühjahrsheringssaison<br />
Reichlich „Ostseesilber“ vorhanden<br />
Die Qualität der angelandeten Heringe war gut bis<br />
sehr gut. Allerdings waren die Fettgehalte der Heringe<br />
insbesondere bei der Stellnetz- und der Reusenfischerei<br />
durch den verspäteten Start nicht so hoch wie gewünscht.<br />
Für eine optimale Veredlung sind Fettgehalte<br />
über 9% notwendig.<br />
Die erzielten Preise lagen zwischen 39 und 52<br />
Cent je Kilogramm und bewegten sich damit im Bereich<br />
des Vorjahresniveaus. Besonders erfreulich verlief<br />
wieder der Absatz in der Region. Auf den überregionalen<br />
Märkten gerieten die Preise durch die Anfuhren<br />
größerer, fetthaltigerer Nordseeheringe etwas unter<br />
Druck. Der Grund hierfür lag zum einen im etwas geringeren<br />
Fettgehalt und zum anderen im insgesamt<br />
gefallenen Preis für Heringsfilets vom Ostseehering.<br />
Meldung des Verbandes der Deutschen Kutter- und<br />
Küstenfischer e.V. / Mitglied im Deutschen <strong>Fischerei</strong>-<br />
Verband vom 10. Mai <strong>2013</strong><br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus der Forschung<br />
Hans-Joachim Jennerich, Leiter der Instituts für <strong>Fischerei</strong><br />
der Landesforschungsanstalt, geht in den Ruhestand<br />
Sehr geehrter Herr Jennerich, Ende Mai <strong>2013</strong> gehen<br />
Sie in den Ruhestand. Dies möchten wir zum<br />
Anlass nehmen, Ihnen einige Fragen zu Ihren langjährigen<br />
Erfahrungen und Ihrem Engagement für die <strong>Fischerei</strong><br />
und <strong>Fischerei</strong>forschung des Landes Mecklenburg-<br />
Vorpommern sowie zu Ihrer Mitarbeit bei „<strong>Fischerei</strong> &<br />
<strong>Fischmarkt</strong>“ zu stellen. *)<br />
Wie kamen Sie zur <strong>Fischerei</strong>?<br />
Hans-Joachim Jennerich: Die Brüder meiner Mutter waren<br />
Fischer, der <strong>Fischerei</strong>hof war mein Kinderspielplatz,<br />
Angeln war als kleiner Junge meine Lieblingsbeschäftigung<br />
und während der Gymnasialzeit durfte ich im<br />
Rahmen des so genannten Unterrichtstages in der Produktion<br />
in der <strong>Fischerei</strong> arbeiten.<br />
Wie ist Ihr beruflicher Werdegang verlaufen?<br />
Hans-Joachim Jennerich: Diese Arbeiten während der<br />
Schulzeit wurden als praktische Lehrausbildung gewertet.<br />
Nach dem Abitur besuchte ich dann für die<br />
theoretische Ausbildung die <strong>Fischerei</strong>fachschule<br />
Storkow-Hubertushöhe und beendete die Lehre als<br />
Facharbeiter für Seen- und Flussfischerei. Anschließend<br />
qualifizierte ich mich an der Humboldt-Universität Berlin<br />
zum Diplomfischereiingenieur. Meine ersten praktischen<br />
Berufserfahrungen sammelte ich im Direktorat<br />
für Forschung und Entwicklung des VEB Fischwirtschaft<br />
Rostock-Warnemünde, dem damaligen Leitbetrieb für<br />
die Kleine Hochsee- und Küstenfischerei der DDR.<br />
Nach vierjähriger Tätigkeit in diesem Bereich wurde<br />
ich wissenschaftlicher Mitarbeiter des Institutes für<br />
Hochseefischerei und Fischverarbeitung Rostock-Marienehe.<br />
Die Aufgabengebiete waren zu Beginn die<br />
fischereiliche Bewirtschaftung der inneren und äußeren<br />
Küstengewässer und später die Entwicklung der marinen<br />
Aquakultur in der Ostsee. Bis zur Einstellung der<br />
Arbeiten am 31.12.1991 bekleidete ich an diesem<br />
Institut im Verlauf meiner fünfzehnjährigen Tätigkeit die<br />
Funktionen zunächst als Themen- und später als Abteilungsleiter<br />
sowie als stellvertretender Bereichsdirektor.<br />
Seit wann sind Sie in der bzw. für die <strong>Fischerei</strong>forschung<br />
des Landes MV tätig?<br />
Hans-Joachim Jennerich: Seit dem 1. Januar 1992 bin ich<br />
Mitarbeiter der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft<br />
und <strong>Fischerei</strong> Mecklenburg-Vorpommern und<br />
leite das Institut für <strong>Fischerei</strong> dieser Einrichtung.<br />
31<br />
Fotos: U. Hoffmeister
Aus der Forschung<br />
32<br />
Welche Rolle spielte „die Wende“ für Ihre Arbeit?<br />
Hans-Joachim Jennerich: Das Institut für Hochseefischerei<br />
war seit Juli 1990 eine Einrichtung des Landes<br />
Mecklenburg-Vorpommern. In dieser Eigenschaft<br />
wurde es 1991 durch den Forschungsbeirat der Bundesregierung<br />
mit dem Ergebnis evaluiert, dass zwar<br />
seine Auflösung aber gleichzeitig die Etablierung der<br />
<strong>Fischerei</strong>forschung auf Landes- und Bundesebene in<br />
Mecklenburg-Vorpommern empfohlen wurde. Für ca.<br />
10% der Institutsmitarbeiter eröffnete sich bei den anschließenden<br />
Stellenausschreibungen der neuen Einrichtungen,<br />
Institut für Ostseefischerei auf Bundesebene<br />
und Landesforschungsanstalt, die Chance, weiterhin<br />
in der <strong>Fischerei</strong>forschung tätig sein zu dürfen.<br />
Was waren Ihre wichtigsten Hauptaufgaben? Welche<br />
Forschungsergebnisse würden Sie als besonders wesentlich<br />
ansehen? Gehört der Aquakultur die Zukunft?<br />
Hans-Joachim Jennerich: Ein wesentliches Forschungsergebnis<br />
aus der Vorwendezeit war sicher die technisch/technologische<br />
und produktionsbiologische<br />
Entwicklung der Lachsforellenproduktion in einem<br />
zweijährigen Aufzuchtzyklus vom Ei bis zum durchschnittlich<br />
2,5 kg schweren Speisefisch in Offshore-<br />
Anlagen. Die Sicherung der Rohwarenqualität wie<br />
Masse, Fettgehalt und Fleischfärbung sowie die weitere<br />
Fischverarbeitung vervollständigten den Aufgabenkomplex.<br />
Die Arbeiten wurden mit dem Nationalpreis<br />
für Wissenschaft und Technik honoriert.<br />
Der Landesforschungsanstalt wurde von den<br />
„Gründungsvätern“ als wesentliche Kernaufgabe die<br />
Erarbeitung anwendungsbereiter Ergebnisse für die<br />
Entwicklung der Agrarregion unseres Bundeslandes<br />
mittels praxisorientierter Forschungs- und Entwicklungsarbeiten<br />
aufgetragen. Also musste zunächst ein entsprechender<br />
Forschungsrahmenplan für die <strong>Fischerei</strong>forschung<br />
konzipiert werden.<br />
Die besondere Verantwortung des Landes für die<br />
<strong>Fischerei</strong>forschung ergab sich aus seiner Position als<br />
Inhaber des <strong>Fischerei</strong>rechts an den Küstengewässern<br />
und von mehr als 80 % der Binnengewässerfläche.<br />
Schwerpunktmäßig waren und sind die Fragen zu<br />
beantworten, welche fischereibiologischen, fischwirt-<br />
*) Das Gespräch mit Herrn Jennerich führte die Redakteurin<br />
von <strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong>, Dr. Ulrike Hoffmeister.<br />
schaftlichen und sozioökonomischen Faktoren maßgeblich<br />
zur Verbesserung der wirtschaftlichen Situation<br />
der Unternehmen beitragen und wie die fischereiliche<br />
Ertragsfähigkeit der Gewässer bzw. die zu erzielenden<br />
Fangerträge gesteigert werden können. In diesem<br />
Zusammenhang sind die fischereiliche Bonitierung der<br />
Binnengewässer, die Intensivierung der Heringsfischerei<br />
in den Küstengewässern, die Stabilisierung der<br />
Ostseeschnäpel- und Meerforellenbestände, die Wiedereinbürgerung<br />
des Ostseestöres, die Erarbeitung<br />
und Realisierung von Aalmanagementplänen für die<br />
Flusseinzugsgebiete unseres Landes, die Errichtung<br />
künstlicher Unterwasserhabitate als alternativer Ansatz<br />
zur Stabilisierung und Förderung der Bestände wichtiger<br />
Wirtschaftsfische durch die Schaffung von Weide-,<br />
Aufwuchs- und Ruhezonen in den äußeren Küstengewässern,<br />
die Untersuchungen von Fischproben aus<br />
Binnen- und Küstengewässern auf Schwermetalle und<br />
organische Schadstoffe in Zusammenarbeit mit dem<br />
Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit<br />
und <strong>Fischerei</strong> sowie die Entwicklung eines umfassenden<br />
und sich aus verschiedenen Schritten zusammensetzenden<br />
Erhebungsdesigns zur Erfassung der Bedeutung<br />
der Angelfischerei in unserem Land beispielhaft<br />
als wichtige Forschungsleistungen zu nennen.<br />
Die Tendenz zur Intensivierung der Aquakultur ist<br />
in vielen Ländern offenkundig und auch in unserem<br />
Bundesland ist es das erklärte Ziel der Landesregierung,<br />
das derzeitige Produktionsvolumen der Aquakultur<br />
in den nächsten Jahren deutlich zu erhöhen.<br />
Forschungsseitig begannen wir deshalb ab dem Jahr<br />
2000 mit den Entwicklungsarbeiten für eine ökologisch<br />
verträgliche und wettbewerbsfähige Aquakultur<br />
in unserem Bundesland. In den kommenden Jahren gilt<br />
es, Formen der Aquakultur zu entwickeln, die sowohl<br />
den Forderungen des Umweltschutzes als auch den<br />
Forderungen nach Nahrungsmittelsicherheit und effektiver<br />
Ressourcennutzung gerecht werden und die auch<br />
eine Integration von Aquakultur mit Landwirtschaft ermöglichen.<br />
Die verstärkte Nutzung von Kreislaufanlagen<br />
nimmt hierbei eine Schlüsselstellung ein, wobei vor<br />
allem auch landwirtschaftliche Betriebe ein wichtiges<br />
Potenzial für solch eine Entwicklung darstellen.<br />
Zur Unterstützung von Investitionen haben wir im<br />
Auftrag des Ministeriums für Landwirtschaft, Umwelt<br />
und Verbraucherschutz MV in den letzten Jahren eine<br />
Reihe von Pilotprojekten, die der Weiterentwicklung<br />
der Aquakulturtechnologie dienen, auf<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
den Weg gebracht. Beispiele dafür sind die Entwicklung<br />
von Kaltwasserkreisläufen für die Salmonidenproduktion<br />
(eine Pilotanlage arbeitet bereits in Hohen<br />
Wangelin), die Entwicklung von brackwassergespeisten<br />
Warmwasserkreisläufen in der Versuchsanlage<br />
Born der Landesforschungsanstalt sowie der Aufbau<br />
einer Warmwasserkreislaufanlage für die Zanderproduktion<br />
am Standort Hohen Wangelin. Weitere Pilotprojekte<br />
dienen dem Aufbau einer Ostseeschnäpelund<br />
Edelkrebsaquakultur in unserem Land.<br />
Um das Eigenprofil unseres Bundeslandes zu verbessern,<br />
sind in Verbindung mit der Aquakulturentwicklung<br />
Alleinstellungsmerkmale zu kreieren. Zu diesem<br />
Zweck sind z. B. sowohl vom Schnäpel, als einem<br />
nur für unsere Region typischen Fisch, als auch von<br />
anderen in Mecklenburg-Vorpommern vorkommenden<br />
Fischarten Spezialitäten zu entwickeln und im Rahmen<br />
einer Marketingkampagne national und international<br />
bekannt zu machen.<br />
Seit dem Jahr 2001, dem ersten Jahr des Erscheinens von<br />
„<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in Mecklenburg-Vorpommern“<br />
sind Sie Mitglied im Redaktionskollegium (ab 1997 waren<br />
Sie bereits beim Vorläufer „<strong>Fischerei</strong> in MV“ dabei).<br />
Was gefällt Ihnen an unserer Fachzeitschrift?<br />
Welche Perspektiven sehen Sie?<br />
Was könnten wir in Zukunft besser machen?<br />
Hans-Joachim Jennerich: Dieses Informationsblatt symbolisiert<br />
in anschaulicher Weise die konstruktive Zusammenarbeit<br />
der mit der <strong>Fischerei</strong> beschäftigten Einrichtungen<br />
und Unternehmen in unserem Bundesland. Dementsprechend<br />
vielfältig und interessant ist die inhaltliche<br />
Gestaltung der Zeitschrift mit Informationen aus der<br />
<strong>Fischerei</strong>verwaltung, den -verbänden, der -forschung,<br />
der -beratung und der Praxis. Ein vergleichbares Informationsblatt<br />
findet man in den anderen Bundesländern<br />
nicht. Sein Erscheinen sollte unbedingt fortgeführt werden.<br />
Dabei wäre es wichtig, auch neu hinzukommende<br />
zur Mitarbeit gewillte Interessenten, die einen Bezug<br />
zur Fischwirtschaft aufweisen, einzubeziehen.<br />
Anhand von Rückmeldungen renommierter Wissenschaftler<br />
aus ganz Deutschland und dem deutschsprachigen<br />
Ausland erhalten wir regelmäßig eine außerordentlich<br />
positive Resonanz auf unsere <strong>Fischerei</strong>-Fachzeitschrift<br />
aus Mecklenburg-Vorpommern. <strong>Fischerei</strong> &<br />
<strong>Fischmarkt</strong> als deutschlandweite Fachzeitschrift – das<br />
wäre eine Überlegung wert.<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus der Forschung<br />
Was sind Ihre persönlichen Pläne für den Ruhestand?<br />
Hans-Joachim Jennerich: Es gibt noch viele Orte im Inund<br />
Ausland, denen meine Frau und ich gerne einen<br />
Besuch abstatten würden. Haus und Garten warten<br />
darauf, dass liegengebliebene Arbeiten erledigt und<br />
geplante in Angriff genommen werden. Seen und Wälder<br />
in unserem unmittelbaren Umfeld laden zum Angeln<br />
und zur Pirsch mit dem Fotoapparat ein.<br />
Wie geht es weiter im Institut für <strong>Fischerei</strong> der Landesforschungsanstalt<br />
MV, wenn Sie dort nicht mehr die Geschicke<br />
lenken?<br />
Hans-Joachim Jennerich: Die <strong>Fischerei</strong>forschung im Land<br />
MV soll langfristig fortgeführt werden. Die Position der<br />
Leitung des Instituts für <strong>Fischerei</strong> der Landesforschungsanstalt<br />
wurde im Stellenportal der Landesregierung<br />
extern ausgeschrieben und soll ab dem 1. Juni neu<br />
besetzt werden.<br />
Meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Institut<br />
für <strong>Fischerei</strong> danke ich für die gute Zusammenarbeit<br />
und wünsche ihnen für ihre berufliche Zukunft alles<br />
Gute.<br />
Lieber Herr Jennerich, wir danken Ihnen für dieses Gespräch<br />
und für die engagierte Mitarbeit im Redaktionskollegium<br />
von <strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong>. Für Ihren neuen Lebensabschnitt<br />
wünschen wir Ihnen das Allerbeste, insbesondere<br />
natürlich Gesundheit und Wohlergehen.<br />
33
Aus der Forschung<br />
Entwicklung und Wanderverhalten eingeführter<br />
Amerikanischer Aale im Warnowsystem<br />
Jens Frankowski 1 , Melanie Reckordt 2 , Claus Ubl 2 & Malte Dorow 2 –<br />
1 Institut für Biowissenschaften, Fachbereich Tierphysiologie, Universität Rostock<br />
2 Institut für <strong>Fischerei</strong>, Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und <strong>Fischerei</strong><br />
Einleitung<br />
Um das Ausmaß des um die Jahrtausendwende erfolgten<br />
fälschlichen Besatzes mit vorgestreckten Amerikanischen<br />
Aalen im Bereich des Landes Mecklenburg-Vorpommern<br />
beurteilen zu können, wurde ein<br />
umfangreiches genetisches Monitoring des einheimischen<br />
Aalbestands etabliert (Frankowski et al. 2009).<br />
Eine aus wissenschaftlicher Sicht interessante Teilfrage<br />
war dabei, ob Amerikanische Aale in der Lage<br />
sind, trotz der Translokation, die Umwandlung zum<br />
Blankaal zu vollziehen und aktiv die Abwanderung<br />
Richtung Meer zu starten. Ausgehend von anderen<br />
Studien zum Auftreten eingeführter Europäischer und<br />
Amerikanischer Blankaale in natürlichen Gewässern<br />
Asiens (Aoyama et al. 2000, Han et al. 2002) und<br />
aufgrund eigener Befunde (Frankowski et al. 2011)<br />
konnte man annehmen, dass Amerikanische Aale auch<br />
die Binnengewässer des Landes MV als Blankaale<br />
in Richtung Meer verlassen. Der Wissenstand zur<br />
möglichen Laichwanderung fälschlich eingebrachter<br />
Amerikanischer Aale in Europa ist jedoch als gering<br />
einzustufen (vgl. Prigge et al. <strong>2013</strong>). Fehlende Angaben<br />
betreffen dabei den Start der Abwanderung aus<br />
dem Binnenbereich oder die Geschlechterzusammensetzung<br />
abwandernder Blankaale. Auf der Basis des<br />
seit 2006 erfolgten Blankaalmonitorings in der Warnow<br />
(vgl. Dorow & Ubl 2011) sollen nachfolgend die<br />
Individualentwicklung und das Wanderverhalten des<br />
Amerikanischen Aals im Warnowsystem eingehender<br />
betrachtet werden.<br />
Methode<br />
Seit 2006 erfolgte eine molekularbiologische Artbestimmung<br />
bei den Aalen, die im Zuge des Blankaalmonitorings<br />
in der Warnow (Dorow & Ubl 2011,<br />
Reckordt et al. <strong>2013</strong>) im Bereich der Ortschaft Kessin<br />
gefangen wurden. Hierzu wurde von allen gefangenen<br />
Aalen eine Gewebeprobe entnommen, in 90 %<br />
Ethanol fixiert und anschließend durch die Kollegen<br />
34<br />
des Fachbereichs Tierphysiologie der Universität Rostock<br />
unter Anwendung des Protokolls von Frankowski<br />
& Bastrop (2010) bearbeitet. Basierend auf dieser<br />
genetischen Analyse lassen sich die Europäischen<br />
Aale eindeutig von ihren amerikanischen Verwandten<br />
unterscheiden. Die Ergebnisse der genetischen Artuntersuchung<br />
wurden in die Datenbank des Instituts für<br />
<strong>Fischerei</strong> eingepflegt, so dass für jeden im Rahmen<br />
des Blankaalmonitorings gefangenen Aal umfangreiche<br />
Daten vorlagen (z. B. Länge, Gewicht, genetische<br />
Art, Entwicklungsstadium, Geschlecht, Fangzeitpunkt).<br />
Da in den meisten Fällen keine direkte Bestimmung<br />
des Geschlechts erfolgte, wurden das individuelle Geschlecht<br />
und das Entwicklungsstadium nach Durif et<br />
al. (2005) berechnet. Der Fultonsche Konditionsfaktor<br />
(Ricker 1975) wurde mit der Formel K = 100 × Gewicht/Länge<br />
3 berechnet. Auf Grundlage dieser Daten<br />
wurden die Fänge Amerikanischer Aale im Bereich der<br />
Warnow eingehender analysiert.<br />
Ergebnisse<br />
Erstmals wurde im Oktober 2006 ein weiblicher Amerikanischer<br />
Blankaal nachgewiesen. Im Zeitraum von<br />
2006 bis 2012 konnten neben 5287 Europäischen<br />
Aalen insgesamt 41 Amerikanische Aale gefangen<br />
werden, der jährliche Anteil schwankte dabei von<br />
0,4 % (2006) bis maximal 1,3 % (2010, Abb. 1).<br />
Die höchste Anzahl (N = 14) Amerikanischer Aale<br />
wurde im Jahr 2010 gefangen (Abb. 1). Im Jahr 2012<br />
betrug der Anteil Amerikanischer Aale am Gesamtfang<br />
nur noch 0,6 %.<br />
Gemäß dem Blankaalindex nach Durif et al. (2005)<br />
wurden alle 41 Amerikanischen Aale dem Blankaalstadium<br />
zugeordnet. Der Anteil weiblicher Blankaale<br />
betrug 66 %. Rund 34 % aller Amerikanischen Aale<br />
waren männliche Blankaale. Der größte weibliche<br />
Blankaal wog 1123 g (Totallänge TL: 80 cm)<br />
während der kleinste männliche Blankaal nur<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
75g auf die Waage (TL: 35,5 cm) brachte. Das mittlere<br />
Gewicht der Rogner (N = 27) betrug 622 g bei<br />
einer mittleren Länge von 66 cm. Dies entsprach einem<br />
mittleren Korpulenzfaktor von 0,20 (Abb. 2).<br />
Die entsprechenden Parameter für Milchner (N = 14,<br />
TL < 50 cm) waren 121 g und 41 cm. Der K-Faktor<br />
der männlichen Blankaale (K = 0,17) war im Mittel<br />
geringer als der der weiblichen geschlechtsreifen Tiere<br />
(Abb. 2).<br />
Generell wurden über den gesamten Untersuchungszeitraum<br />
hinweg abwandernde weibliche und<br />
männliche Amerikanische Blankaale nachgewiesen.<br />
Ein gehäuftes Auftreten Amerikanischer Aale war<br />
im Frühling und Herbst 2010 sowie von Frühling bis<br />
Herbst 2011 zu beobachten (Abb. 2).<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus der Forschung<br />
Abb. 1:<br />
Prozentuale Anteile Amerikanischer<br />
und Europäischer<br />
Aale in der Warnow bei<br />
Kessin. Die Gesamtanzahl der<br />
gefangenen und identifizierten<br />
Amerikanischen Aale (N)<br />
ist dem jeweiligen Jahr<br />
zugeordnet. Die Kurven<br />
für den Europäischen Aal<br />
(schwarz) und den Amerikanischen<br />
Aal (rot) sind unterschiedlich<br />
skaliert.<br />
Diskussion und Fazit<br />
Die in dem Blankaalmonitoring integrierte molekulare<br />
Identifizierung der gefangenen Aale führte zu mehreren<br />
wichtigen Erkenntnissen. Der Nachweis des Amerikanischen<br />
Aals im Bereich der Warnow belegt, dass<br />
im Zeitraum von 1998–2002 auch im Warnowsystem<br />
durch falsch deklarierten Besatz diese nicht einheimische<br />
Art eingeführt wurde. Der mittlere Anteil von<br />
0,7 % Amerikanischen Blankaalen am Gesamtfang<br />
deutet darauf hin, dass im Vergleich zu einigen anderen<br />
Binnenbereichen Mecklenburg-Vorpommerns (bis<br />
zu 50 %, Frankowski et al. 2011), im Warnowsystem<br />
nur wenige, eventuell sogar nur ein einzelner See<br />
mit Amerikanischen Aalen besetzt worden sind.<br />
Im Übrigen ist der Fehlbesatz kein Phänomen,<br />
Abb. 2:<br />
Fangzeit und Kondition<br />
weiblicher (N = 27) und<br />
männlicher (N = 14)<br />
Amerikanischer Blankaale<br />
aus der Warnow bei Kessin.<br />
Die Geschlechtsbestimmung<br />
erfolgte anhand morphologischer<br />
Parameter nach<br />
Durif et al. (2005).<br />
35
Aus der Forschung<br />
welches auf die Bundesländer Mecklenburg-Vorpommern<br />
und Brandenburg beschränkt ist, denn z. B. auch<br />
im Einzugsgebiet der Schwentine in Schleswig-Holstein<br />
wurde mittlerweile ein abwandernder Amerikanischer<br />
Aal nachgewiesen (bei nur 16 getesteten Aalen, ca.<br />
6 %; Prigge et al. <strong>2013</strong>).<br />
Die morphologischen Parameter (z. B. Länge und<br />
Gewicht der Blankaale) der Amerikanischen Aale unterschieden<br />
sich kaum von denen der Europäischen<br />
Aale im Warnowsystem (Reckordt et al. <strong>2013</strong>). Hinsichtlich<br />
der Geschlechterzusammensetzung gab es<br />
ebenso keinen nennenswerten Unterschied zu den<br />
heimischen Blankaalen (vgl. Reckordt et al. <strong>2013</strong>).<br />
Trotz des enormen Ausmaßes der Translokation,<br />
von den Küsten Nordamerikas über die Niederlande<br />
(Vorstrecken) nach Mecklenburg-Vorpommern, zeigten<br />
die Amerikanischen Aale ein gutes Wachstum und<br />
eine fortschreitende Reifung von Gelb- zum Blankaal.<br />
Die Metamorphose vom Gelb- zum Blankaal wurde<br />
für fälschlich ausgebrachte Amerikanische Aale<br />
bereits für Gewässer in Taiwan beschrieben (Han<br />
et al. 2002). Auch für den Europäischen Aal wurde<br />
die Umwandlung zum Blankaal in natürlichen<br />
Gewässern in Japan dokumentiert (Aoyama et al.<br />
2000). Einmal in einem Süßgewässer angekommen,<br />
vollziehen scheinbar beide Atlantischen Aalarten<br />
die Individualentwicklung bis hin zum Blankaal und<br />
starten aktiv die Laichwanderung in Richtung Meer,<br />
unabhängig von der geografischen Lage. Ein weiterer<br />
wichtiger Befund dieser Arbeit ist, dass dies für<br />
beide Geschlechter gilt, im Gegensatz zu den o. a.<br />
Arbeiten, wo ausschließlich weibliche Tiere gefangen<br />
wurden. Besetzte Aale beider Arten könnten also<br />
potenziell zum Laichgeschehen beitragen, denn sie<br />
wandern als Blankaale mit guter Kondition ins Meer<br />
ab und nehmen, bezogen auf die Ostsee allerdings<br />
verzögert (Prigge et al. <strong>2013</strong>), Kurs in Richtung Skagerrak/Kattegat.<br />
Dabei bleibt der weitere Weg vom<br />
Ausgang der Ostsee bis zur Sargassosee weiterhin<br />
ein Rätsel. Dies gilt ebenso für die Frage, ob und<br />
wenn ja, in welchem Umfang die aus MV stammen-<br />
36<br />
den Aale am Laichgeschehen teilnehmen. Generell,<br />
also die gesamten Verbreitungsgebiete beider Arten<br />
betreffend, ist bisher nicht bekannt, welche Einzugsgebiete<br />
maßgeblich zur Laicherpopulation beitragen<br />
(vgl. Tsukamoto et al. 1998, Limburg et al. 2003,<br />
Westin 2003).<br />
Bezogen auf den Zeitpunkt der Abwanderung wurden<br />
für beide Aalarten jährlich variierende Phasen mit<br />
vermehrter Abwanderungsaktivität in Kombination mit<br />
einer kontinuierlichen Abwanderung festgestellt (vgl.<br />
Reckordt et al. <strong>2013</strong>). Die Bedeutung dieses Verhaltens<br />
ist ebenfalls unklar. Bisher ging man davon aus,<br />
dass der Zeitpunkt der Abwanderung ins Meer so<br />
getaktet ist, dass die Aale zur Laichzeit von Januar/<br />
Februar bis Juli/August in der Sargassosee eintreffen<br />
(Tesch 1999). In der Ostsee angekommen, verweilten<br />
jedoch markierte Aale mitunter für mehrere Monate,<br />
vermutlich auch um sich an die geänderten physiologischen<br />
Bedingungen im Brackwasser anzupassen,<br />
um dann im Oktober/November vermehrt weiterzuziehen<br />
(Dorow et al. 2012, Prigge et al. <strong>2013</strong>). Die<br />
Entfernung vom Ausgang der Ostsee bis zum Laichgebiet<br />
beträgt ca. 7000 km, so dass die Aale bei einer<br />
Schwimmleistung von 40 km pro Tag etwa 6 Monate<br />
für diese Strecke benötigen und somit zur Laichzeit in<br />
der Sargassosee ankommen würden. Jedoch gibt es<br />
besonders zur Schwimmleistung basierend auf Markierungs-<br />
und Laborversuchen stark variierende Angaben<br />
von < 1 km bis 40 km pro Tag (Van Ginneken & Van<br />
den Thillart 2000, Westerberg et al. 2007, Prigge<br />
et al. <strong>2013</strong>). Von den eingeführten Amerikanischen<br />
Aalen aus der Warnow gibt es dazu keine Erkenntnisse<br />
und somit kann auch ihre erfolgreiche Rückwanderung<br />
bzw. Laichbeteiligung nicht bestätigt aber auch<br />
nicht ausgeschlossen werden.<br />
Das Literaturverzeichnis ist beim Erstautor<br />
erhältlich.<br />
Kontakt: Jens Frankowski<br />
E-Mail: jens.frankowski@uni-rostock.de<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
Ungewöhnliche Missbildung bei einem Blankaal<br />
Malte Dorow – Landesforschunganstalt MV, Institut für <strong>Fischerei</strong> und<br />
Dr. Sascha Gerst – Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit und <strong>Fischerei</strong> MV,<br />
Abteilung Tierscheuchendiagnostik<br />
Wie bei anderen Fischarten kann es auch beim<br />
Aal zu krankhaften Veränderungen verschiedener<br />
Körperorgane kommen (Tesch 1999). Die Ursachen<br />
dieser Missbildungen sind meist vielfältig und können in<br />
der Regel nicht abschließend eingegrenzt werden. Eine<br />
Ausnahme stellt dabei die bekannte Blumenkohlkrankheit<br />
beim Aal dar, die durch eine Virusinfektion hervorgerufen<br />
wird. Ungewöhnlicher beim Aal sind hingegen<br />
krankhafte Wucherungen in der Leibeshöhle. Solch ein<br />
Befund ist Gegenstand des vorliegenden Artikels, der<br />
bei einem Aal, der aus einem Binnengewässer des Landes<br />
MV stammt, aufgenommen wurde.<br />
Im Spätsommer 2012 wurde der Aal mit geöffneter<br />
Leibeshöhle und den Eingeweiden im gefrorenen<br />
Zustand dem Institut für <strong>Fischerei</strong> übergeben. Nach<br />
dem Auftauen wurde der Aal zunächst am Institut für<br />
<strong>Fischerei</strong> untersucht. Bei dem Aal handelte es sich um<br />
einen weiblichen Blankaal mit einer Gesamtlänge von<br />
rund 75 cm. Bereits die Gegenüberstellung der Eingeweide<br />
mit der Wucherung verdeutlichte die enorme<br />
Größe der zystenartigen Missbildung (Abb. 1). Die in<br />
etwa faustgroße Geschwulst (Länge 15 cm/Höhe 8<br />
cm) war im Bereich der Schwimmblase mit den Eingeweiden<br />
des Aals verbunden. Durch die Wucherung war<br />
die Schwimmblase teilweise umschlossen (Abb. 1), so<br />
dass deren Funktionsfähigkeit vermutlich erheblich eingeschränkt<br />
war. Ein deutlicher Befall der Schwimmblase<br />
mit dem Schwimmblasennematoden A. crassus konnte<br />
nicht festgestellt werden. Die freipräparierte Geschwulst<br />
war mit einem epithelartigen Gewebe überzogen. Einzelne<br />
gefäßartige Strukturen waren erkennbar (siehe<br />
Abbildung). Überraschend war zudem, dass die Missbildung<br />
mit einer grünlichen Flüssigkeit gefüllt war, die<br />
erst nach dem Öffnen nach außen trat.<br />
Da durch die Kollegen des Instituts für <strong>Fischerei</strong><br />
keine Eingrenzung des Befundes erfolgen konnte, wurden<br />
sowohl nationale Kollegen verschiedener Einrichtungen<br />
als auch die Mitglieder der Aalarbeitsgruppe<br />
des ICES (ICES WG EEL) per E-Mail mit beigefügtem<br />
Bildmaterial um Rat gefragt. Zahlreiche Kollegen haben<br />
auf diese Anfrage reagiert. Sie stellten fest, solch<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus der Forschung<br />
eine ungewöhnliche Wucherung erstmalig gesehen<br />
zu haben. Die Hinweise über die Art der Wucherung<br />
und die möglichen Ursachen unterschieden sich. Eine<br />
Vermutung war, dass die Geschwulstbildung durch<br />
schmarotzende Mixo- oder Mikrosporiden ausgelöst<br />
wurde. Häufiger hingegen wurde eine krankhafte Vermehrung<br />
des Bindegewebes (Fibrose) im Bereich der<br />
Schwimmblase als mögliche Ursache der Wucherung<br />
benannt. Basierend auf dem zur Verfügung gestellten<br />
Bildmaterial wurde ebenso eine krankhafte Umbildung<br />
der Schwimmblase, ausgelöst durch eine Bakterieninfektion,<br />
in Betracht gezogen. Es wurde auch berichtet,<br />
dass ähnliche Befunde auf den Befall mit A. crassus<br />
zurückgeführt wurden. Gleichzeitig wurde einschränkend<br />
erwähnt, dass bei diesen Befunden die Wucherungen<br />
wesentlich kleiner als im vorliegenden Fall<br />
waren. Aus den vorliegenden Antworten ging jedoch<br />
auch hervor, dass es für eine weitere Eingrenzung des<br />
Befunds einer histologischen Untersuchung einzelner<br />
Gewebeproben bedarf.<br />
Für die histologische Bewertung der Gewebeproben<br />
konnte das LALLF MV in Rostock gewonnen werden.<br />
Bei allen drei untersuchten Gewebeproben zeigte<br />
sich, dass die Wucherung aus spindelförmigen Zellen<br />
zusammengesetzt war, die teils dichte Zellverbände<br />
ohne gezielte Ausrichtung ausgebildet hatten. Weitergehend<br />
konnten in den Gewebeschnitten wirbelartige<br />
Strukturen bzw. Knoten identifiziert werden, die bereits<br />
stellenweise mit gefäßartigen Strukturen durchzogen<br />
waren. In einem histologischen Schnitt war zudem bereits<br />
ein gewisser Wandaufbau, der die krankhafte<br />
Wucherung gegenüber den benachbarten Organen<br />
abgrenzt, erkennbar. Letztlich deuten alle drei untersuchten<br />
Gewebeproben darauf hin, dass es sich bei<br />
der krankhaften Ausbildung um einen Tumor gehandelt<br />
hat. Als Ursprungsgewebe konnten die Gonaden<br />
ausgeschlossen werden. Gegen die These einer granulomatösen<br />
Entzündung (knötchenartige Zellansammlungen<br />
nach einer Infektion), ausgelöst durch einen<br />
Bakterienbefall, sprach, dass durch die histologische<br />
Untersuchung keine Erregerstrukturen nachweisbar<br />
37
Aus der Forschung<br />
38<br />
a)<br />
b)<br />
c)<br />
d)<br />
e)<br />
Vorgefundene Wucherung bei einem weiblichen Blankaal<br />
a) Gesamtansicht des Aals mit freipräparierten Eingeweiden<br />
sowie der Wucherung,<br />
b-d) Einzelsichten der Wucherung, wobei die teilweise<br />
umwachsene Schwimmblase erkennbar ist (b),<br />
e) geöffnete Wucherung, erkennbar ist die Füllung mit<br />
einer grünlichen Flüssigkeit<br />
waren. Aufgrund des seltenen Auftretens solcher Strukturen<br />
und der dadurch bedingten geringen Anzahl der<br />
Vergleichsbefunde ist der Tumorbefund als Verdachtsdiagnose<br />
anzusehen.<br />
Bewertung<br />
Ebenso wie bei anderen Wirbeltieren kann es bei Fischen<br />
zur Ausbildung von Tumoren kommen. Insgesamt<br />
gesehen treten jedoch Geschwulstbildungen<br />
im Vergleich zu anderen Krankheitsbildern relativ<br />
selten auf (Schäperclaus 1990). Die Gründe für die<br />
krankhafte Veränderung von Geweben bei Fischen<br />
können vielfältig sein. Als auslösende Faktoren<br />
gelten kanzerogene Stoffe wie Pestizide, bestimmte<br />
Strahlungstypen, Virosen und Parasitenbefall, Veränderung<br />
des Stoffwechsels oder genetische Dispositionen.<br />
Welcher dieser Faktoren ursächlich für den vorliegenden<br />
Befund war, konnte nicht abschließend geklärt werden.<br />
Jedoch ist zu vermuten, dass die Geschwulst über<br />
einen längeren Zeitraum zu der vorgefundenen Größe<br />
herangewachsen ist und der Aal während dieser Zeit,<br />
die Metamorphose vom Gelbaal zum Blankaal vollzogen<br />
hat. Auch der Ernährungszustand des Tieres<br />
deutete darauf hin, dass der Aal trotz der Wucherung<br />
in der Lage war, ausreichend Nahrung aufzunehmen.<br />
An dieser Stelle möchten wir uns bei allen Kollegen<br />
bedanken, die zur Aufklärung dieses ungewöhnlichen<br />
Befundes beigetragen haben.<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
Stand und Entwicklung der Zanderaquakultur<br />
in Mecklenburg-Vorpommern<br />
Gregor Schmidt und Carsten Kühn<br />
Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und <strong>Fischerei</strong> MV, Institut für <strong>Fischerei</strong><br />
Einleitung<br />
Die deutsche Aquakultur ruht im Wesentlichen auf drei<br />
unterschiedlichen Formen der Fischproduktion: Bei einer<br />
jährlichen Binnenproduktion von etwa 45.000 t<br />
ist die Erzeugung von Forellen (Regenbogen- und<br />
Bachforellen) in Durchlaufanlagen mit 28.000 t das<br />
wirtschaftlich bedeutendste Segment (Brämick, 2012).<br />
Ein weiteres wichtiges Standbein ist die Karpfenteichwirtschaft,<br />
in der jährlich etwa 14.000 t Karpfen und<br />
Nebenfische produziert werden. Die Standorte für die<br />
beiden Produktionsformen sind allerdings auf bereits<br />
bestehende Betriebe beschränkt, bisher ungenutzte<br />
Wasserquellen können in der Regel nicht mehr herangezogen<br />
werden. Daher kann der stetig steigenden<br />
Nachfrage nach hochwertigen Fischprodukten aus<br />
heimischer Erzeugung nur mit einer Steigerung der<br />
Produktionsintensität begegnet werden. Aus diesem<br />
Grund gibt es seit Jahren Bestrebungen, hochpreisige<br />
Arten standortunabhängig in eingehausten Aufzuchtsystemen<br />
zu erzeugen. Diese Anlagen sind mit mechanischen<br />
und biologischen Reinigungsstufen, sowie<br />
einer Sauerstoffanreicherung und Wasserdesinfektion<br />
ausgestattet, die eine Mehrfachnutzung des Produktionswassers<br />
erlauben. In diesen Kreislaufanlagen können<br />
flächenbezogen und saisonunabhängig große<br />
Mengen Fisch aufgezogen werden. In Deutschland<br />
werden so mittlerweile jährlich etwa 2.000 t Aale,<br />
Welse und Störe erzeugt. Weitere Arten, wie Karpfen,<br />
Streifenbarschhybriden, Tilapia, Flussbarsche oder<br />
Erbrütungsmodul mit Gazenetzen, Zandernest, Mastmodul (v.l.n.r.)<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus der Forschung<br />
Zander, werden in geringen Mengen aufgezogen,<br />
wobei insbesondere die Letztgenannten ein hohes<br />
Potenzial für die intensive Aquakultur in Kreislaufanlagen<br />
eingeräumt wird. Aufgrund seines weißfleischigen,<br />
fettarmen und grätenfreien Filets verfügt der Zander<br />
(Sander lucioperca) über eine hohe Marktakzeptanz,<br />
allerdings kann der Bedarf durch die heimische traditionelle<br />
<strong>Fischerei</strong> und Teichwirtschaft nicht einmal<br />
ansatzweise gedeckt werden. Aus diesem Grund werden<br />
Zanderfilets als Frostware in großem Umfang aus<br />
den osteuropäischen Staaten nach Deutschland eingeführt.<br />
Hierbei handelt es sich nahezu ausschließlich<br />
um Wildfänge, die häufig nicht einem nachvollziehbaren<br />
<strong>Fischerei</strong>management unterliegen und deren<br />
Produktqualität saisonalen Schwankungen unterliegt.<br />
Demzufolge gibt es verstärkt Bestrebungen Zander<br />
in Kreislaufanlagen zu erzeugen. Zusätzlich verstärkt<br />
wird dieses Interesse durch die mögliche Kombination<br />
der Fischproduktion mit einer sinnvollen Nutzung der<br />
Abwärme von Biogasanlagen.<br />
Pilotprojekt<br />
In den letzten Jahren wurden europaweit die Grundlagen<br />
für eine erfolgreiche Zanderproduktion in Kreislaufanlagen<br />
erarbeitet (z.B. Heidrich und Zienert,<br />
2005; Kucharczyk et al., 2009), die jetzt vom Institut<br />
für <strong>Fischerei</strong> der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft<br />
und <strong>Fischerei</strong> MV in einer Pilotanlage einem<br />
industriellen Maßstab angepasst werden. Damit soll<br />
39
Aus der Forschung<br />
Angefütterte Zanderlarven; Speisezander in Rundbecken;<br />
Speisezander (v.o.n.u.)<br />
Interessenten ein praxistaugliches Verfahren zur Speisezanderproduktion<br />
an die Hand gegeben werden.<br />
Das Pilotprojekt zur Entwicklung einer Zanderaquakultur<br />
in Mecklenburg-Vorpommern startete<br />
im Jahr 2009 mit der Projektierung und Entwicklung<br />
einer Kreislaufanlage, die Mitte 2011 auf dem Gelände<br />
eines Agrarunternehmens im Landkreis Mecklenburgische<br />
Seenplatte fertig gestellt wurde. Gefördert<br />
wird das Projekt aus Mitteln des Europäischen <strong>Fischerei</strong>fonds<br />
(EFF) und des Landes Mecklenburg-Vorpommern.<br />
Die Anlage ist Bestandteil eines nachhaltigen<br />
Produktionskonzepts, in dem das verwendete Wasser<br />
in verschiedenen Produktionsstufen mehrfach genutzt<br />
40<br />
wird. So durchläuft das Brunnenwasser erst eine Teilkreislaufanlage<br />
zur Salmonidenproduktion, bevor es<br />
nach einer Ozon-Desinfektion für die Zanderaufzucht<br />
genutzt wird. Das Ablaufwasser wird letztendlich über<br />
Absetzbecken geleitet und in einer Pflanzenkläranlage<br />
gereinigt, bevor es in extensiv bewirtschaftete Krebsteiche<br />
(Edelkrebs, Astacus astacus) fließt.<br />
In die zweigeteilte Halle zur Zanderaufzucht<br />
sind insgesamt acht separate Kreislaufsysteme integriert,<br />
die insgesamt über ein Wasservolumen von<br />
ca. 350 m 3 verfügen. Davon können etwa 190 m 3<br />
Haltungsvolumen für die Produktion genutzt werden.<br />
Die Kreisläufe wurden den physiologischen Ansprüchen<br />
des Zanders entsprechend ausgestattet und den<br />
Wachstumskriterien vom Ei bis zum Speisefisch einer<br />
Größe von 2 kg angepasst. Hierbei wird auf die Einhaltung<br />
optimaler Haltungsparameter für jede Produktionsphase<br />
durch die autarken Warmwasserkreisläufe<br />
geachtet. Sämtliche Kreislaufsysteme sind mit einer<br />
eigenen mechanischen Wasserreinigung, einer biologischen<br />
Wasseraufbereitung und einer Wasserentkeimung<br />
(UV) ausgestattet. Darüber hinaus verfügen die<br />
Mastmodule über Denitrifikationsreaktoren, durch die<br />
weitere Wassereinsparungen möglich sind. Die Becken<br />
verfügen über ein eigene Fütterungs- und Sauerstoffanreicherungssysteme.<br />
Alle Becken, sowie Pumpen,<br />
Gebläse, UV-Anlagen, pH- und Drucksonden sind an<br />
ein computergestütztes Steuerungs- und Meldesystem<br />
angeschlossen.<br />
Die Versorgung der Anlage mit Zanderbrut erfolgt<br />
derzeit noch durch extern erzeugtes Eimaterial. Erst<br />
2014 stehen drei temperierbare Räume zur Induzierung<br />
der Laichreife zu Verfügung. Den Zandernestern<br />
steht ein Erbrütungskreislauf zu Verfügung, der einen<br />
potenziellen Temperaturbereich von 10 bis 22°C auf-<br />
Einjähriger Speisezander<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
Tab. 1: Maximale Besatzdichten während der verschiedenen Aufzuchtstadien<br />
weist. Die geschlüpfte Brut wird in Gazekäfigen aufgefangen<br />
und schonend in den Larvenkreislauf verbracht.<br />
Dort stehen acht Rundsilos für die Anfütterung bereit.<br />
Sämtliche Becken sind mit Futterautomaten für Trockenfutter<br />
und Lebendnahrung ausgestattet. Daneben<br />
verfügen sie über eine Räumertechnik für die Beckenrand<br />
und Bodenreinigung, sowie eine Oberflächenbesprühung<br />
für die Verhinderung eines Ölfilms auf<br />
dem Wasser. Je nach Bedarf können in den Becken<br />
die Strömungen individuell eingestellt werden. Die Anfütterung<br />
der Larven erfolgt über vier Tage mit einer<br />
Lebendnahrung (Artemia salina), danach werden die<br />
Larven über einen Zeitraum von zehn Tagen sukzessiv<br />
auf ein handelsübliches Trockenmischfuttermittel umgestellt.<br />
Ab einem Stückgewicht von 0,1-0,3 g werden<br />
die Zander in zwei Vorstreckmodule überführt mit einem<br />
Produktionsvolumen von insgesamt 12 m 3 , wo sie<br />
bis zu einer Größe von 5 g abwachsen. Nach der Vorstreckphase<br />
erfolgt die Aufzucht in zwei baugleichen<br />
Kreisläufen, die insgesamt ein Produktionsvolumen<br />
von 72 m 3 beinhalten. Dort verbleiben die Zander bis<br />
zu einem durchschnittlichen Gewicht von 200-300 g,<br />
bevor sie letztendlich in zwei Mastmodulen (Produktionsvolumen:<br />
100 m 3 ) bis zu einem Schlachtgewicht<br />
von 1,5–2 kg heranwachsen. Insgesamt beträgt die<br />
Produktionsdauer 22–24 Monate.<br />
AufzuchtderZander<br />
Die Pilotanlage wurde im August 2011 mit Zandersetzlingen<br />
besetzt und im März 2012 wurde erstmalig<br />
Eimaterial erbrütet. Zum Einsatz kommen verschiedene<br />
Stämme, die sich neben der Herkunft vor allem hinsichtlich<br />
ihrer Zuchthistorie unterscheiden. Alle Bestände<br />
werden nach Herkunft getrennt unter den praxisüblichen<br />
Haltungsbedingungen einer Warmwasserkreis-<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus der Forschung<br />
Stadium Masse (g) Besatzdichte(kg/m 3 ) Futterverwertung (FQ) Fütterungsintensität(%/d)<br />
Anfütterung 12 0,4 0,5 ad libitum<br />
Umstellung 24 0,5 0,6 ad libitum<br />
Vorstreckphase bis 1 g 5- 8 0,6 - 0,7 10 4<br />
Aufzuchtphase I bis 10 g 1015 0,7 - 0,8 4 3<br />
Aufzuchtphase II bis 50 g 30 0,8 3 1,5<br />
Aufzuchtphase III bis 300 g 50-80 0,8 - 0,9 1,5 1<br />
Mastphase I bis 1000 g 80-110 0,9 1,1 1 - 0,7<br />
Mastphase II bis 2000 g 60-80 1,1 2 0,7 - 0,4<br />
laufanlage aufgezogen. Die Aufzucht von Zandern<br />
ist in den ersten Wochen durch einen hohen Anteil an<br />
nicht lebensfähigen Larven und einen stark ausgeprägten<br />
Kannibalismus geprägt. Insbesondere während der<br />
Umstellung auf ein Trockenmischfuttermittel kommt es<br />
zu vermehrten Verlusten. Erst durch eine permanente<br />
und strenge Sortierung der Jungzander können Verluste<br />
verringert werden. So müssen die Zander bis zum<br />
Erreichen eines Gewichtes von 10 g etwa 15 Mal<br />
sortiert werden. Ab dieser Größe kommt es nur noch<br />
vereinzelt zu Verlusten (
Aus der Forschung<br />
Abb. 1: Wachstumsentwicklung von Zandern in der Pilotanlage Hohen Wangelin<br />
Masse (g)<br />
Stückmasse zwischen 300 bis 1000 g ihr Maximum<br />
von 80-110 kg/m 3 erreicht. Werden anschließend<br />
zwei Kilogramm schwere Speisezander erzeugt, sollte<br />
die Besatzdichte in dieser späten Mastphase nicht<br />
80 kg/m 3 überschreiten (Tabelle 1).<br />
Die juvenilen Zander verwerten das angebotene<br />
Trockenmischfuttermittel effektiv und können große Futtermengen<br />
aufnehmen. Dabei muss aber insbesondere<br />
in den ersten Wochen auf eine Verträglichkeit der<br />
Trockenfutter geachtet werden, da es sonst zu hohen<br />
Verlusten kommen kann. Im Laufe der Aufzucht verringert<br />
sich die Futteraufnahme, speziell im zweiten Jahr<br />
fressen die Tiere deutlich weniger und das Größenwachstum<br />
nimmt zugunsten des Gonadenwachstums<br />
ab. Bemerkenswert ist aber dabei, dass die Gonadenbildung<br />
im Warmwasser nur äußerst langsam voranschreitet,<br />
bzw. stagniert.<br />
Ausblick<br />
Das Jahr 2012 war geprägt durch das Testen und<br />
Einfahren der Kreisläufe und die Abstimmung der<br />
technischen Einrichtungen auf die Fischart Zander. Es<br />
42<br />
900<br />
800<br />
700<br />
600<br />
500<br />
400<br />
300<br />
200<br />
100<br />
0<br />
1 32 60 91 121 152 182 213 244 274 305 335<br />
Alter (d)<br />
wurden die Aufzuchtbedingungen verbessert und das<br />
Fütterungsregime optimiert. Darauf aufbauend wurde<br />
ein Standardverfahren zur Aufzucht unter Praxisbedingungen<br />
entwickelt, das Ende <strong>2013</strong> Interessenten zur<br />
Verfügung gestellt werden kann. Wichtigste zukünftige<br />
Projektschritte sind der Aufbau einer saisonunabhängigen<br />
Laichfischhaltung zur Bruterzeugung und die<br />
Verbesserung des Aufzuchtergebnisses durch die Optimierung<br />
der Haltungsumwelt und die Vermeidung von<br />
Stress. Im technischen Bereich sollen die Emissionen<br />
der Anlage durch die Entwicklung neuer Reinigungsund<br />
Filtereinheiten weiter reduziert werden. Dem<br />
schließen sich Untersuchungen zur Produktqualität und<br />
betriebswirtschaftliche Berechnungen an.<br />
Das Literaturverzeichnis ist bei den Autoren<br />
erhältlich.<br />
Kontakt<br />
Carsten Kühn<br />
E-Mail: c.kuehn@lfa.mvnet.de<br />
Telefon: 038234 297<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus der Forschung<br />
20 Jahre Meerforellenvermehrung in der Versuchsanlage<br />
Born der Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und<br />
<strong>Fischerei</strong><br />
Carsten Kühn – Landesforschungsanstalt MV, Institut für <strong>Fischerei</strong><br />
Ein besonderes Jubiläum feierte dieses Frühjahr die<br />
Versuchsanlage Born des Instituts für <strong>Fischerei</strong> der<br />
Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und <strong>Fischerei</strong><br />
(LFA).<br />
Zum zwanzigsten Mal schlüpften dort Meerforellen<br />
(Salmo trutta trutta). Die gewonnenen Dottersacklarven<br />
waren für Besatzmaßnahmen in ausgewählten<br />
Fließgewässern des Ostseeeinzugsgebietes bestimmt<br />
und sollen für eine weitere positive Bestandsentwicklung<br />
der Meerforellen sorgen. Das Besatzprogramm<br />
wird vom Landesamt für Landwirtschaft, Lebensmittelsicherheit<br />
und <strong>Fischerei</strong> (LALLF) durchgeführt und<br />
durch den Verkauf von Ostseeangelberechtigungen<br />
finanziert. Bei den Laichfischen handelt es sich um<br />
autochtone Laicher aus der Beke und dem Hellbach.<br />
Diese einheimischen Laichfische werden durch den<br />
Verein Fisch und Umwelt e.V. mittels Elektrofischerei<br />
gefangen, nach Born überführt, nach einer Eingewöhnungsphase<br />
dort später abgestriffen und wieder in die<br />
Laichgewässer zurückgesetzt. Die gewonnenen Eier<br />
werden in Born künstlich befruchtet und in Zugergläsern<br />
der Erbrütungsanlage erbrütet. Mit den 400.000<br />
Larven dieses Jahres sind so in den letzten zwei Jahrzehnten<br />
ca. 8.500.000 Brütlinge gewonnen worden.<br />
Ein nicht unerheblicher Beitrag für die <strong>Fischerei</strong> und<br />
den Tourismus im Land der durch die LFA realisiert<br />
wurde.<br />
Seit sechs Jahren beteiligt sich auch der Fischer<br />
Werner Loch an der künstlichen Reproduktion der<br />
Meerforellen.<br />
Die letzten ca. 50.000 Meerforellenbrütlinge diesen<br />
Jahres aus Born wurden am 03. Mai <strong>2013</strong> von<br />
Mecklenburg-Vorpommerns Landwirtschaftsminister Dr.<br />
Till Backhaus und Vertretern des Landesanglerverbandes,<br />
des Vereins Fisch und Umwelt e.V., des LALLF, der<br />
NAWA GbR sowie des Instituts für <strong>Fischerei</strong> in den<br />
Wallensteingraben bei Wismar gesetzt.<br />
Waren Ende der 1980er nur noch zwei Gewässer<br />
in Mecklenburg-Vorpommern vorhanden, in denen sich<br />
die Meerforellen natürlich reproduzierten, so zeigen<br />
die steigenden Rückkehrerzahlen von Meerforellen in<br />
den besetzten Gewässern und nicht zuletzt die deutlich<br />
gestiegenen Fangzahlen von Anglern und Fischern<br />
den Erfolg der Besatzmaßnahmen.<br />
Mitarbeiter Daniel Lenz beim Auslitern der Larven; schlüpfende Larven im Zugerglas; der Minister beim Umsetzen der Larven (v.l.n.r.)<br />
43
Aus der Forschung<br />
Zur Genetik von Edelkrebs, Bachforelle, Quappe und Barbe<br />
in Deutschland – eine aktuelle Untersuchung<br />
Thomas Schmidt, Anne Schrimpf, Ralf Schulz –<br />
Institut für Umweltwissenschaften, Universität Koblenz-Landau<br />
Die nachhaltige Nutzung der Bestandteile der biologischen<br />
Vielfalt, die genetischen Ressourcen, wurde<br />
1993 in dem auch von Deutschland ratifizierten<br />
Übereinkommen über die biologische Vielfalt (Convention<br />
on Biodiversity – CBD) als eindeutiges Ziel formuliert<br />
(SCBD 1992). Hierin kommt das Prinzip „Schutz<br />
durch Nutzung“ zur Geltung. Vor diesem Hintergrund<br />
kann auch das hier beschriebene Forschungsvorhaben<br />
gesehen werden.<br />
In den vorgestellten Untersuchungen soll erstmals<br />
die genetische Variabilität des Edelkrebses (Astacus<br />
astacus), der Bachforelle (Salmo trutta), der<br />
Quappe (Lota lota) und der Barbe (Barbus barbus)<br />
bundesweit einheitlich erfasst und beschrieben werden.<br />
Diese Informationen sollen dabei helfen, ein<br />
praxisnahes Bestandsmanagement dieser Arten unter<br />
Berücksichtigung von fischereiwirtschaftlichen Aspekten<br />
und dem Artenschutz in Deutschland (weiter) zu<br />
entwickeln.<br />
BiologischerHintergrund<br />
Die Biologische Vielfalt umfasst die Vielfalt der Ökosysteme,<br />
die Vielfalt zwischen den Arten und innerhalb<br />
der einzelnen Arten (CBD, Artikel 2). Insbesondere die<br />
Vielfalt innerhalb der einzelnen Arten ist jedoch häufig<br />
noch gar nicht bekannt. Diese genetische Diversität<br />
einer Art muss also zunächst erfasst und dokumentiert<br />
werden. Zeigen sich hier auffällige Unterschiede (genetische<br />
Differenzierungen) zwischen bestimmten Populationen,<br />
stellt sich die Frage, wie diese unterschiedlichen<br />
Populationen hinsichtlich Ihrer Schutzwürdigkeit<br />
zu beurteilen sind.<br />
Ein gebräuchliches Konzept in der Naturschutzbiologie<br />
sieht vor, das gesamte evolutionäre Potenzial<br />
einer Art als schutzwürdig anzuerkennen<br />
(Hunter und Gibbs 2007). Das heißt, alle evolutio<br />
när eigenständigen Untereinheiten der Art sind<br />
als solche zu erhalten. In der englischsprachigen<br />
Fachliteratur werden diese Untereinheiten als „Evolutionarily<br />
Significant Units“ (ESUs, Ryder 1986) be-<br />
44<br />
zeichnet. ESUs sind durch (1) eine klare geografische<br />
Trennung der Populationen, (2) genetische Differenzierungen<br />
zwischen den Populationen und (3) lokale<br />
phänotypische Anpassungen der Herkünfte charakterisiert.<br />
Die gemeinsame Betrachtung und angemessene<br />
Berücksichtigung dieser drei Kriterien ermöglichen<br />
es ESUs innerhalb einer Art mit hinreichender Sicherheit<br />
zu identifizieren. ESUs haben sich bewährt, um<br />
Prioritätensetzungen im Artenschutz wissenschaftlich<br />
und sinnvoll zu begründen. Sie sind ebenso geeignet<br />
die besondere Schutzwürdigkeit bestimmter Populationen<br />
darzulegen, wie auch auf möglicherweise<br />
unnötige Maßnahmen hinzuweisen.<br />
DasaktuelleProjekt<br />
In einem aktuellen Projekt des Bundesministeriums für<br />
Ernährung, Landwirtschaft und Verbraucherschutz<br />
(BMELV) über die Bundesanstalt für Landwirtschaft<br />
und Ernährung (BLE), werden in den Jahren <strong>2013</strong><br />
und 2014 umfangreiche Untersuchungen durchgeführt,<br />
welche die Identifizierung und Bewertung von<br />
geeigneten ESUs des Edelkrebses, der Bachforelle, der<br />
Quappe und der Barbe zum Ziel haben. Die gewonnenen<br />
Erkenntnisse sollen in praxisnahe Maßnahmen<br />
des Bestandsmanagements einfließen. Im Management<br />
können damit sowohl Gesichtspunkte des Artenschutz,<br />
als auch der nachhaltigen <strong>Fischerei</strong>wirtschaft<br />
zur Geltung kommen. Letztlich sollen also wissenschaftliche<br />
Grundlagen zum Erhalt und zur nachhaltigen<br />
Nutzung der genetischen Vielfalt dieser vier Tierarten<br />
in Deutschland geschaffen werden. Erste genetische<br />
Untersuchungen am Edelkrebs haben ergeben, dass<br />
die natürliche genetische Struktur durch anthropogenen<br />
Besatz bereits überprägt ist. Trotzdem konnten Differenzierungen<br />
zwischen den Flusseinzugsgebieten in<br />
Zentral- und Südeuropa festgestellt werden (Schrimpf<br />
et al. 2011).<br />
Dazu werden je Art mindestens 30 Standorte untersucht.<br />
Die Untersuchungsgebiete werden über<br />
die gesamte Bundesrepublik verteilt. Die wesent-<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
lichen Flussgebietseinheiten Deutschlands, verschiedene<br />
Ökoregionen, unterschiedliche Gewässertypen<br />
und Ähnliches mehr werden bei der Datenerhebungen<br />
Beachtung finden. Damit wird sichergestellt, dass<br />
die untersuchten Populationen so ausgewählt werden,<br />
dass die potenziell in Deutschland vorhandenen ESUs<br />
mit höchster Wahrscheinlichkeit bei der Probenahme<br />
erfasst werden.<br />
Aus den einzelnen Populationen werden jeweils<br />
30 bis 50 Tiere untersucht. Es werden einige einfache<br />
morphometrische Daten im Freiland erhoben<br />
und Gewebeproben für genetische Untersuchungen<br />
konserviert. Die morphometrischen Daten ergeben<br />
potenziell Anhaltspunkte für etwaige phänotypische<br />
Differenzierungen. Im Labor kommen zwei unterschiedliche<br />
genetische Methoden zu Anwendung. Zum einen<br />
die Sequenzanalyse mitochondrieller DNA und zum<br />
anderen die Mikrosatellitenanalyse nukleärer DNA.<br />
Die Kombination dieser Methoden ergibt ein zuverlässiges<br />
Gesamtbild der genetischen Konstitution und<br />
Entwicklungsgeschichte der untersuchten Populationen<br />
und eignet sich besonders zur Identifizierung von ESUs<br />
(Moritz 1994).<br />
Darüber hinaus fließen Informationen zur aktuellen<br />
und historischen Bewirtschaftung, d. h. zur fischereilichen<br />
Nutzung und zu Besatz- und Hegemaßnahmen<br />
mit in die Beurteilung der ESUs ein.<br />
Die Daten und Ergebnisse des hier beschriebenen<br />
Forschungsvorhabens werden zu gegebener Zeit in<br />
der Fachdatenbank für Aquatische Genetische Ressourcen<br />
in Deutschland (AGRDEU), die vom Informations-<br />
und Koordinationszentrum für biologische Vielfalt<br />
der BLE betrieben wird, öffentlich einsehbar sein (URL:<br />
http://agrdeu.genres.de/agrdeu/index).<br />
Informationengesucht<br />
Für die Untersuchungen ist wesentlich, dass die betrachteten<br />
Populationen so ausgewählt werden, dass<br />
die potenziell im Untersuchungsgebiet vorhandenen<br />
ESUs mit maximaler Wahrscheinlichkeit durch die Probenahme<br />
repräsentiert werden. Um dies zu gewährleisten<br />
sind vor allen Dingen Informationen über Bestände<br />
der vier Arten erforderlich. Nach wie vor sind<br />
leider viele relevante Informationen und Daten nicht<br />
in der einschlägigen Literatur oder in öffentlichen Datenbanken<br />
enthalten. Gerade Daten zur historischen<br />
Bewirtschaftung sind, soweit überhaupt dokumentiert,<br />
häufig nur sehr schwer auffindbar.<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus der Forschung<br />
Wenn Sie denken eine bestimmte, Ihnen bekannte Population,<br />
eine Region oder ein Gewässersystem sollten<br />
in der Untersuchung mit erfasst werden, nehmen Sie<br />
bitte Kontakt mit uns auf!<br />
Auch bei den Befischungen zur Probenahme sind<br />
Kooperationen denkbar. Hier kommen geplante Kartierungsarbeiten,<br />
laufende Monitorings, aber auch Einzelgutachten<br />
und nicht zu letzt die Berufsfischerei in<br />
Betracht. Sollten Sie Kenntnis über potenziell geeignete<br />
Maßnahmen haben oder selbst welche durchführen,<br />
würden wir uns auch hier über eine Kontaktaufnahme<br />
sehr freuen!<br />
Kontakt<br />
Edelkrebs / Bachforelle / Quappe<br />
Dipl.-Geoökol. Thomas Schmidt<br />
Institut für Umweltwissenschaften<br />
Universität Koblenz-Landau<br />
Fortstrasse 7<br />
76829 Landau<br />
Telefon: +49 6341 280 31333<br />
Telefax: +49 6341 280 31326<br />
E-Mail: schmidt-th@uni-landau.de<br />
Barbe<br />
Prof. Dr. Thomas Berendonk & Dr. Thomas Schiller<br />
Institut für Hydrobiologie<br />
TU Dresden<br />
Zellescher Weg 40<br />
01062 Dresden<br />
Telefon: +49 351 463 34956<br />
Telefax: +49 351 463 37108<br />
E-Mail: thomas.berendonk@u-dresden.de<br />
thomas.schiller@tu-dresden.de<br />
Danksagung<br />
Für die Finanzierung dieses Projekts danken wir dem<br />
Bundesministerium für Ernährung, Landwirtschaft und<br />
Verbraucherschutz (BMELV) über die Bundesanstalt<br />
für Landwirtschaft und Ernährung (BLE); Projektkennzeichen<br />
2812BE001 bis -004.<br />
Ferner möchten wir schon jetzt allen Leserinnen<br />
und Lesern danken, die uns mit Informationen unterstützen!<br />
Das Literaturverzeichnis ist beim Erstautor<br />
erhältlich.<br />
45
Karpfen reich an Omega-3-Fettsäuren –<br />
gesund für Herz und Kreislauf<br />
Dr. Sabine Sampels und Dr. Honza Mraz – FROV, Vodnany<br />
Eine Ernährung, reich an mehrfach ungesättigten<br />
Fettsäuren, insbesondere langkettigen Omega-<br />
3-Fettsäuren, hat positive Effekte auf die menschliche<br />
Gesundheit. Die langkettigen n-3-Fettsäuren sind für<br />
die Gesundheit wichtig, da sie zum Beispiel Arteriosklerose<br />
und Autoimmunkrankheiten vorbeugen. Da<br />
in prähistorischer Zeit während der Entwicklung des<br />
Menschen die zu Verfügung stehende Nahrung reich<br />
an Omega-3-Fettsäuren war, ist der menschliche Körper<br />
auf eine viel höhere Einnahme von n-3-Fettsäuren<br />
ausgerichtet als wir heutzutage tatsächlich zu uns nehmen.<br />
Genetisch ist der Mensch nicht darauf ausgerichtet,<br />
diese Fettsäuren selber zu synthetisieren. Durch<br />
den erhöhten Verzehr von Getreideprodukten, bedingt<br />
durch die Einführung des Ackerbaus, ist die Aufnahme<br />
an Omega-6-Fettsäuren und damit das Verhältnis von<br />
Omega-6/Omega-3 erheblich gestiegen. Durch die<br />
modernen Fast- und Convenience-Food-Essgewohnheiten<br />
wird dieser Trend noch verstärkt.<br />
46<br />
Generell sind die gesunden langkettigen Omega-3-Fettsäuren<br />
in Fisch enthalten. Bei der intensiven Karpfenzucht<br />
wird jedoch gewöhnlich mit Getreide zugefüttert,<br />
was auch im Fisch zu einer Verringerung des Anteils an<br />
langkettigen Omega-3-Fettsäuren zugunsten von Omega-6-Fettsäuren<br />
führt. An der Fakultät für Fischzucht<br />
und Gewäserschutz der Universität Budweiss (FROV)<br />
in Zusammenarbeit mit dem Institut für klinische und<br />
experimentelle Medizin (IKEM) in Prag haben Forscher<br />
ein Futter für Karpfen entwickelt, das zu einer höheren<br />
Einlagerung und Produktion der besonders wichtigen<br />
Omega-3-Fettsäuren Eicosapentaensäure und<br />
Docosahexaensäure (EPA und DHA) führt. Dank<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Fotos: Tomas Zajic
dieser Forschung gibt es nun ein patentiertes Aufzuchtsystem,<br />
das die Produktion Omega-3-Fettsäuren-reicher<br />
Karpfen ermöglicht. Dieser Karpfen wird mit dem Label:<br />
„Zum Schutz Ihres Herzens – erhöhter Gehalt an<br />
Omega-3-Fettsäuren, validiert durch IKEM und FROV“<br />
(siehe Logo auf der Vorderseite) inzwischen auch in<br />
Restaurants angeboten.<br />
Die EFSA (Europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit)<br />
empfiehlt eine tägliche Aufnahme von<br />
250 mg an EPA+DHA und eine Proportion von 1-5 an<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus der Forschung<br />
Omega 6 zu Omega 3. Eine Portion (200 g) des<br />
„Omega-3-Karpfens“ garantiert eine Menge von 1 g<br />
an gesamten Omega-3-Fettsäuren und davon 300 mg<br />
EPA+DHA bei einer Proportion von Omega-6 zu Omega-3<br />
von 1,75. In Studien des IKEMS wurde nach ge wiesen,<br />
dass sich der Verzehr diese Karpfens auch positiv<br />
auf die Blutwerte von Herzkreislaufpatienten auswirkt.<br />
Das Aufzuchtsystem könnte auch in Deutschland<br />
angewendet werden. Bei Interesse informieren wir<br />
gerne darüber.<br />
Beim Braten von Fisch die gesunde Zusammensetzung<br />
erhalten<br />
Dr. Sabine Sampels – FROV, Vodnany<br />
Fisch ist natürlich reich an langkettigen Omega-3-Fettsäuren,dievielepositiveEffekteaufdieGesundheithaben.<br />
Es ist jedoch aus früheren Studien bekannt,<br />
dass neben der Verarbeitung auch die Zubereitung<br />
von Fisch in Privathaushalten einen wesentlichen EinflussaufdieletztlicheFettzusammensetzunghat.KarpfenwerdeninTschechientraditionellhäufigmit<br />
oder ohne Panade gebraten. Unser Ziel war es,<br />
die Veränderung in Fettaufnahme, Fettsäurezusammensetzung<br />
und die Oxidationswerte in Omega-3-angereicherten<br />
Karpfenfilets bei verschiedenen häufigverwendeten<br />
Bratfetten zu untersuchen.<br />
Durch das Braten erhöhte sich, wie erwartet, der<br />
Fettgehaltin denFischfilets.Indenpanierten Filetswar<br />
die Fettaufnahme dabei deutlich höher als in den<br />
unpanierten. Diese Erhöhung des Fettgehalts von ungefähr<br />
4-5 % auf ca. 10 % ohne Panade und bis zu 15 %<br />
mit Panade war jedoch unabhängig von der Fettsorte.<br />
Deutlich spiegelte sich jedoch die Fettsäurenzusammensetzung<br />
der verwendeten Fette in den Filets wider.<br />
Sonnenblumenöl führte zu einem deutlichen Anstieg<br />
des Gehaltes an Linolsäure, einer Omega-6-Fettsäure,<br />
und damit zu einer Verschiebung des Verhältnisses von<br />
Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren. Diese Erhöhung<br />
des Gehaltes an Omega-6-Fettsäuren verringert die<br />
positivenEffektederOmega-3-FettsäurenimFisch.Beider<br />
Verwendung von Rapsöl, das im Gegensatz zu<br />
Sonnenblumenöl einen hohen Anteil an Alpha-Linolensäure,<br />
einer Omega-3-Fettsäure hat, blieben dagegen<br />
ähnliche Omega-3-Werte wie im rohen Fisch erhalten.<br />
Die Verwendung von Schmalz und Butter erhöht die<br />
gesättigten Fettsäuren, Stearin- und Ölsäure, im Fall<br />
von Butter auch Palmitinsäure, und hatte wie die VerwendungvonRapsölkeinenEinflussaufdasVerhältnis<br />
Omega-6- zu Omega-3-Fettsäuren.<br />
Bei keinem der verwendeten Fett wurde eine erhöhte<br />
Ranzigkeit durch das Braten festgestellt.<br />
Auf Grund der vorliegenden Resultate ist es zu<br />
empfehlen, Fisch generell nicht mit Sonnenblumenöl zu<br />
braten, sondern Rapsöl zu verwenden, um die gesunde,<br />
Omega-3-reiche Fettzusammensetzung zu erhalten.<br />
Kontakt<br />
E-Mail: sampels@frov.jcu.cz<br />
47<br />
Foto: S. Sampels
Aus der Forschung<br />
Die <strong>Fischerei</strong>wirtschaft in der Tschechischen Republik<br />
Tomas Zajic (Übersetzung Dr. Sabine Sampels)<br />
Die <strong>Fischerei</strong>wirtschaft in Tschechien ist geteilt in<br />
Aquakultur und die Verwaltung von <strong>Fischerei</strong>rechten<br />
(Teiche, Flüsse). Den größten Anteil an der<br />
Aquakultur Tschechiens hat die Karpfenteichwirtschaft.<br />
Daneben werden auch verschiedene andere Aufzuchtsysteme,<br />
wie z.B. Durchflusssysteme oder Kreislaufanlagen<br />
verwendet, vorwiegend für Salmoniden, wie<br />
z.B. Regenbogenforelle und Saibling.<br />
Die Verwaltung der Fischgründe beinhaltet die Verwaltung<br />
der Flusseinzugsgebiete und die Erhaltung<br />
der Fischbestände in den Gebieten, wo Angelfischerei<br />
betrieben wird. Es gibt mehr als 2 000 Fanggründe mit<br />
einer Fläche von 42 000 ha. Die Angelvereine haben<br />
mehr als 350 000 registrierte Mitglieder die jährlich<br />
zwischen 4 000 und 4 500 t Fisch herausfischen.<br />
Produktion und Export von Fisch in Tschechien<br />
48<br />
Jahr Produktion * Export* Export%<br />
1990 19,3 2,7 14,0<br />
1991 18,7 4,6 24,6<br />
1992 20,8 5,6 26,9<br />
1993 20,1 9,3 46,3<br />
1994 18,7 8,4 44,9<br />
1995 18,6 7,8 41,9<br />
1996 18,2 8,2 45,1<br />
1997 17,6 7,0 39,8<br />
1998 17,2 8,8 51,2<br />
1999 18,8 8,0 42,6<br />
2000 19,5 9,2 47,2<br />
2001 20,1 9,9 49,3<br />
2002 19,2 9,6 50,0<br />
2003 19,7 9,4 47,7<br />
2004 19,4 9,8 50,5<br />
2005 20,5 9,4 45,9<br />
2006 20,4 9,9 48,5<br />
2007 20,4 9,6 47,1<br />
2008 20,4 9,0 44,1<br />
2009 20,1 8,9 44,3<br />
2010 20,4 9,1 44,6<br />
* in tausend Tonnen<br />
Die Teichwirtschaft basiert auf künstlich angelegten<br />
Teichen, die größtenteils in den ländlichen Regionen<br />
liegen. Historisch gesehen war die Hochzeit<br />
der Teichwirtschaft Anfang des 17. Jahrhunderts vor<br />
dem Dreißigjährigen Krieg mit einer Teichfläche von<br />
180 000 ha. Neben der Fischproduktion haben die<br />
Teiche eine wichtige Funktion als Wasserspeicher,<br />
Überflutungsschutz, biologische Wasserreinigungssysteme<br />
und tragen mit ihren Nistplätzen für Wasservögel<br />
zur Erhaltung der Artenvielfalt bei. Zurzeit gibt es mehr<br />
als 24 000 Teiche und Staudämme mit einer Gesamtfläche<br />
von fast 52000 ha. Davon werden 41000 ha<br />
für die <strong>Fischerei</strong> genutzt. Das theoretische Wasservolumen<br />
der Teiche könnte 600 Mio. m 3 betragen,<br />
aber durch die hohe Versandung beträgt das wirkliche<br />
Volumen nur 400 Mio. m 3 , während das Sediment<br />
auf 200 Mio. m 3 geschätzt wird. Die durchschnittliche<br />
Ertragsmenge schwankt zwischen 450-500 kg Fisch<br />
pro ha Teichfläche.<br />
Die Gesamtproduktion an Fisch ist während der<br />
letzten Jahre relativ stabil geblieben (siehe Tabelle).<br />
2010 lag die Gesamtproduktion bei 20420 t, davon<br />
19701 t aus der Karpfen- sowie 719 t aus Forellenteichwirtschaft<br />
und Kreislaufanlagen (hauptsächlich<br />
Regenbogenforelle und Bachsaibling).<br />
Der Export von Fisch ist jedoch in den letzten 20<br />
Jahren deutlich angestiegen. Während 1990 der Exportanteil<br />
noch knapp 14 % der Gesamtproduktion<br />
ausmachte, waren es 2010 bereits etwa 45%. Das<br />
liegt zum Teil an einem größeren Anteil importierter<br />
Fischarten wie unter anderem Pangasius und Atlantischer<br />
Lachs. Der weitaus größte Anstieg des Exports ist<br />
aber auf die Teilung der Tschechoslowakei in Tschechien<br />
und die Slowakei zurückzuführen, weil dadurch der<br />
eigene Markt schrumpfte und die Slowakei gleichzeitig<br />
mit zu den Ländern zählte, in die exportiert wurde.<br />
In der Fischerzeugung hat der Karpfen (Cyprinus<br />
carpio) den größten Marktanteil mit fast 87%, gefolgt<br />
von Herbivoren wie Silberkarpfen (Hypophthalmichthys<br />
molitrix) und Graskarpfen (Ctenopharyngodon idella)<br />
mit 5,2% sowie Regenbogenforelle (Onchorhynchus<br />
mykiss) und Bachsaibling (Savelinus fontinalis) mit<br />
3,6%. Schleie (Tinca tinca) und Raubfische wie Hecht<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
(Esox lucius), Wels (Silurus glanis) und Zander (Sander<br />
lucioperca) haben jeweils einen Marktanteil von 1,1%.<br />
Generell sind der Markt und die Produktion stabil<br />
und die Verarbeitungsindustrie ist auf eine größere<br />
Produktion und verschiedene Fischprodukte vorbereitet.<br />
Alle verarbeitenden Betriebe haben eine EU-Zertifizierung.<br />
Obwohl es auch schädigenden Einflüsse<br />
für die Fischproduktion wie die Verschlammung oder<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus der Forschung<br />
Versandung von Teichen oder Minderung der Erträge<br />
durch Fischräuber wie z.B. Kormoran, Fischotter und<br />
Fischreiher gibt, kann die Zukunft der Teichwirtschaft<br />
doch optimistisch gesehen werden.<br />
Kontakt<br />
Dr. Sabine Sampels<br />
E-Mail: sampels@frov.jcu.cz<br />
Warum hat der Hornhecht grüne Knochen?<br />
Seit 1934 kursieren unterschiedliche Theorien über<br />
den Stoff, der für die Grünfärbung der Schuppen<br />
und des Skeletts von Hornhechten und Aalmuttern verantwortlich<br />
ist. Im Verdacht standen das Eisenphosphat<br />
Vivianit und das Hämoglobinabbauprodukt Biliverdin.<br />
Für beides gab es jedoch keinen eindeutigen<br />
Nachweis. Hinter das Geheimnis kamen Professor Dr.<br />
Waldemar Ternes, Institut für Lebensmitteltoxikologie<br />
und Chemische Analytik der Stiftung Tierärztliche<br />
Hochschule Hannover, Frank Jüttner und Professorin<br />
Dr. Meike Stiesch von der Medizinischen Hochschule<br />
Hannover. Ihre Ergebnisse haben sie in der wissenschaftlichen<br />
Zeitschrift European Food Research and<br />
Technology veröffentlicht.<br />
Biliverdin, ein Abbauprodukt des roten Blutfarbstoffes,<br />
ist für das grüne Skelett von Hornhechten<br />
und Aalmuttern verantwortlich<br />
Um dem Geheimnis auf die Spur zu kommen, extrahierten<br />
die Forscher das bläulich-grüne Pigment aus<br />
verschiedenen Proben der Fischarten Hornhecht und<br />
Aalmutter und wiesen mittels spektroskopischer Verfahren<br />
Biliverdin nach. Dazu etablierten sie eine neue<br />
Hornhecht, der eine leuchtend grüne Knochenhaut sowie grün gefärbte Schuppen hat (v.l.n.r)<br />
Präparationsmethode. Des Weiteren stellten sie fest,<br />
dass Biliverdin die Neigung hat, sich an Kollagen, ein<br />
Bestandteil des Bindegewebes und somit auch der<br />
Knochen, anzulagern. Es bindet sich vor allem an die<br />
Knochenhaut und die Dornfortsätze der Wirbelsäule,<br />
und verursacht die blaugrüne Farbe. Biliverdin ist die<br />
natürliche Vorstufe des Bilirubins, des gelben Abbauproduktes<br />
des roten Blutfarbstoffes, und besitzt keinerlei<br />
giftige Eigenschaften. Diese beiden Pigmente<br />
werden auch bei blauen Flecken sichtbar, wie wir sie<br />
uns bei alltäglichen Missgeschicken zuziehen.<br />
Hornhechte kommen in der Nord- und Ostsee,<br />
dem Mittelmeer sowie an den Küsten von Frankreich,<br />
Spanien, Portugal und Marokko vor. Der Hornhecht<br />
(Belone belone), der auch Grünknochen genannt<br />
wird, zählt besonders auf der Insel Rügen zu einer<br />
lokalen Spezialität. Die Aalmutter (Zoarces viviparus)<br />
findet sich in der Ostsee und an der nordöstlichen<br />
Atlantikküste.<br />
Meldung der Tierärztlichen Hochschule Hannover<br />
vom 3. April <strong>2013</strong><br />
49<br />
Fotos: M. Leirer
Fortbildungsveranstaltung für Fischhaltung und Fischzucht –<br />
Starnberg, 15. und 16. Januar <strong>2013</strong><br />
Petra Bartschat – Task Force Tierseuchenbekämpfung, LVLF Brandenburg<br />
Jörg Hiller und Thorsten Wichmann – <strong>LMS</strong> Agrarberatung GmbH<br />
Dr. Thomas Meinelt – Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)<br />
Auf der Fortbildungsveranstaltung des Instituts für<br />
<strong>Fischerei</strong> (IfI) der Bayerischen Landesanstalt für<br />
Landwirtschaft begrüßte zunächst der Institutsdirektor,<br />
Dr. Helmut Wedekind, die Gäste. Anschließend sprach<br />
der Landrat des Landkreises Starnberg, Karl Roth sein<br />
Grußwort. Es stellte die große Bedeutung der <strong>Fischerei</strong><br />
im Landkreis heraus.<br />
In seinem Tätigkeitsbericht<br />
stellte Dr. Helmut<br />
Wedekind die For schungsakti<br />
vi tä ten in den Arbeitsbereichen<br />
Karpfen- und<br />
Fo rel len teich wirtschaft<br />
sowie intensive Aquakultur<br />
anhand von drei Beispielen<br />
vor.<br />
• Ein Thema war die Ableitung<br />
des Fettgehaltes von Karpfen aus der Fettauflage<br />
am Rücken. Die Zielsetzung war die Suche eines<br />
einfach zu messenden Parameters, der mit dem<br />
Muskelfettgehalt korreliert ist. Die Untersuchungen<br />
erbrachten einen guten Zusammenhang zwischen<br />
Fettauflage und Muskelfettgehalt.<br />
• Eine weitere Forschungsaktivität beschäftigte sich<br />
50<br />
mit dem Einsatz von Ölpresskuchen für die Herstellung<br />
qualitativ hochwertiger Futtermittel zur nachhaltigen<br />
Aufzucht von Forellen. Ölpressrückstände<br />
fallen in hohen Mengen an. Sie sind zudem sehr<br />
preisgünstig und eine mögliche Alternative zu Fischmehl<br />
und -öl.<br />
• Dritter Themenschwerpunkt waren Untersuchungen<br />
zur Verbesserung des verwertbaren Ausschlachtungsanteils<br />
von Lachsforellen und deren Beeinflussung<br />
durch eine veränderte Photoperiodik. Längere<br />
Tagesperioden vor der Schlachtung resp. Langtagbelichtungen<br />
führen zu einer geringeren Gonadenmasse<br />
und somit zu einem höheren verwertbaren<br />
Fischanteil und zwar zu einer 5% höheren Filetausbeute!<br />
Die vorgestellten Untersuchungen sind gute Beispiele<br />
für die Zusammenarbeit zwischen dem Institut für <strong>Fischerei</strong><br />
und der Praxis.<br />
Im Bereich Fortbildung besuchten 367 Teilnehmer<br />
die vom IfI angebotenen Fachtagungen, 611 Personen<br />
nahmen an Lehrgängen teil und 331 an Fort- und Weiterbildungen.<br />
Staatliche Fischerprüfungen besuchten<br />
9.970 Teilnehmer. Die Abschlussprüfungen zum<br />
Fischwirt bestanden 29 von 33 Teilnehmern, die<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Foto: T. Wichmann
Prüfung zum Fischwirtschaftsmeister 19 von 20. Das IfI<br />
nahm an der Grünen Woche in Berlin, am zentralen<br />
Landwirtschaftsfest und am Bayerischen Genussfestival<br />
in München teil.<br />
Elisabeth Pröll, Bayerisches Staatsministerium<br />
für Ernährung Landwirtschaft und Forsten referierte<br />
zu Qualitätsregelungen der EU. Die Bezeichnungen<br />
„Fränkischer Karpfen“, „Aischgründer Karpfen“<br />
dürfen als „Geschützte geographische Angabe“ verwendet<br />
werden. Das entsprechende EU-Zeichen kann<br />
in Verbindung mit dem zugehörigen Herkunftsgebiet<br />
beantragt werden. Der „Oberpfälzer Karpfen“ ist bereits<br />
geschützt. Das Label schützt die eingetragenen<br />
Produkte mit wertsteigernden Elementen. Nähere Angaben<br />
sind unter www.alp.bayern.de nachzulesen.<br />
Weiterhin sprach Frau Pröll zur Novellierung des<br />
Baugesetzbuches. Hierzu ging sie auf die Einschränkungen<br />
der Privilegierung im Außenbereich bei gewerblicher<br />
Tierhaltung ein. Traditionelle Betriebe der<br />
Karpfen- und Forellenteichwirtschaft gelten weiterhin<br />
als landwirtschaftliche Betriebe und sind von den Einschränkungen<br />
nicht betroffen. Industriemäßige Anlagen,<br />
wie z. B. die Shrimpszucht in Kreislaufanlagen,<br />
gehören nicht zur Landwirtschaft.<br />
Der nächste Punkt ihres Vortrages hatte das neue<br />
Tiergesundheitsgesetz zum Inhalt. Dieses Gesetz löst<br />
das Tierseuchengesetz ab. Die Inhalte sind ähnlich wobei<br />
der Schwerpunkt auf die Vorbeugung und Erhaltung<br />
der Tiergesundheit gelegt wurde. Anzeigepflicht<br />
besteht für den Tierhalter und für den zuständigen<br />
Tiergesundheitsdienst bei Ausbruch und Verdacht des<br />
Ausbruchs einer Tierseuche. Anwendungsbereich ist<br />
auch die Aquakultur.<br />
Abschließend sprach Pröll zur Energiewende/Wasserkraft.<br />
Im Zuge der Energiewende wird in Bayern<br />
eine „Vollzugsbekanntmachung Wasserkraft“ ähnlich<br />
dem Windkrafterlass etabliert. Ziel ist die „ökologische<br />
und umweltverträgliche“ Wasserkraftnutzung. Dieser<br />
Entwurf ist stark einseitig zu Gunsten der Wasserkraft<br />
aufgestellt. Es soll kein Neubau von Querverbauungen<br />
in bisher unverbauten Gewässern erfolgen. Aber, welche<br />
Fließgewässer enthalten keine Querverbauungen!?<br />
Dr. Franz Geldhauser referierte wie in jedem<br />
Jahr zu Themen aus der <strong>Fischerei</strong>verwaltung.<br />
Der EFF (Europäischer <strong>Fischerei</strong>fonds) läuft <strong>2013</strong><br />
aus und wird durch den EMFF (Europäischer Meeresund<br />
<strong>Fischerei</strong>fonds) ersetzt. Interessant ist die Förderung<br />
von Investitionen und Maßnahmen zum Schutz<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus der Beratung<br />
gegen wild lebende Raubtiere,<br />
zur Entschlammung<br />
und Direktvermarktung, zu<br />
Umweltleistungen und Fischwirtschaftsgebieten,<br />
für Absatz-<br />
und Marktstudien sowie<br />
für die Verarbeitung/<br />
Vermarktung.<br />
Nächster Punkt des<br />
Referenten war die EU-Aalschutzverordnung.<br />
Ein erster Durchführungsbericht wurde<br />
2012 abgegeben und ist auf www.portal-fischerei.<br />
de nachzulesen. Inhalte dieser Verordnung sind die<br />
Dokumentation des Fangaufwandes und die Aalfang-<br />
und -besatzmenge. Die ICES (International Council<br />
for the Exploration of the Sea) hat für <strong>2013</strong> festgelegt,<br />
dass alle menschlich bedingten Mortalitäten des<br />
Aales (Fischen, Wasserkraft, Wasserverschmutzung)<br />
auf null zu fahren sind, bis eine Verbesserung des<br />
Aalbestandes eingetreten ist. In der Aquakulturstatistik<br />
sind, im Gegensatz zu den vorhergehenden Jahren,<br />
Differenzen aufgetreten. Diese sind der verschiedenen<br />
Datenerhebungen geschuldet. Die Ergebnisse<br />
sind unter www.destatis.de einsehbar. Immer beachten:<br />
„Ein amtliches Ergebnis kann nicht in Abrede<br />
gestellt werden!“ Aber amtliche Ergebnisse müssen<br />
nicht immer richtig sein… Das Tierschutzgesetz und<br />
die Tierschutzversuchsverordnung wurde in folgendem<br />
Passus verändert: „Ein Tierversuch KANN Schäden,<br />
Leiden, Schmerzen verursachen!“ Allerdings liegt kein<br />
Tierversuch vor, wenn lediglich eine Identifizierung der<br />
Tiere sichergestellt wird (Markierung). Laut Tierschutzschlachtverordnung<br />
ist prinzipiell ein Sachkundenachweis<br />
für das Schlachten von Wirbeltieren erforderlich.<br />
Dies gilt nicht für Jagd und Angeln. Aufbewahren von<br />
Krebstieren auf Eis nur zur Abgabe an den Endverbraucher<br />
gestattet. Das Töten von Aalen ohne Betäubung<br />
besteht nunmehr ohne Begrenzung der Anzahl.<br />
Das Gesetz enthält auch weitere hoch interessante<br />
Vorschriften, so ist z. B. der Kugelschuss bei Fischen<br />
und Krebstieren nicht nur nicht vonnöten sondern sogar<br />
verboten! Wieder ein drastisches Beispiel für absurde<br />
Bürokratie in Deutschland.<br />
Dr. Ulrike Wastlhuber vom Bayerischen Staatsministerium<br />
für Umwelt und Gesundheit referierte<br />
zum qualifizierten Dienst und zur Eigenkontrolle<br />
der Aquakulturbetriebe. „Qualifizierter<br />
Dienst“ – damit sind Fachtierärzte für Fische,<br />
51
Aus der Beratung<br />
Tierärzte und sonstige von<br />
der zuständigen Behörde<br />
benannte Fachleute (z. B.<br />
<strong>Fischerei</strong>meister, <strong>Fischerei</strong>ing.)<br />
mit zusätzlicher Qualifizierung<br />
gemeint. Der qualifizierte<br />
Dienst darf die Eigenkontrollen<br />
nach § 7 der<br />
Fischseuchenverordnung<br />
durchführen. Betriebliche<br />
Eigenkontrollen erfolgen auf Grund der Risikobewertung<br />
durch den Amtstierarzt ein bis dreimal pro Jahr.<br />
Teilgeschlossene Kaltwasser-Kreislauf anlagen<br />
(TK) – Funktionsweise, Anwendungsbedingungen<br />
und Grenzen waren das Thema von Dr. Frank<br />
Rümmler. Das Prinzip der TK ist seit ca. vierzig Jahren<br />
bekannt. Die gegenwärtigen intensiveren Forschungsaktivitäten<br />
sind den zukünftig geringeren Wassermengen<br />
für die Forellenproduktion geschuldet. TK arbeiten mit<br />
einem Wasserverbrauch von 0,1-0,15 l/s*t*a. Bestandteil<br />
der TK ist eine kontinuierliche Wasserförderung<br />
und Belüftung, oft mittels HP-Förderer bewerkstelligt.<br />
Bei Grundwassereinsatz ist eine wasserchemische und<br />
seuchenbiologische Trennung von der fließenden Welle<br />
möglich. Die umweltneutrale<br />
Produktionssteigerung ist unter<br />
diesen Umständen prinzipiell<br />
möglich. Die Nachteile<br />
der TK sind hohe Energiekosten,<br />
die Notwendigkeit<br />
des O2-Eintrages und der<br />
Wasseraufbereitung und die<br />
Grundwasserentnahmegebühr.<br />
In TK sind zusätzliche<br />
Wasserparameter wie z. B.<br />
NH3, NO2 und Gassättigung zu überwachen. Die TK<br />
sind in Dänemark seit 2004 als Resultat rigoroser Umweltauflagen<br />
sehr umfangreich etabliert worden. TK<br />
sind zumeist parallele Fließkanäle mit Sedimentfalle,<br />
Nitrifikation und Belüftung. Der Energieaufwand der<br />
TK beträgt 0,3 kg/KWh, der Wasserverbrauch 110-<br />
160 m 3 /kWh und ca. 2,1 kg Zuwachs. In TK besteht<br />
die Gefahr der Stickstoffübersättigung. HP-Förderer besitzen<br />
eine begrenzte CO2 -Entgasungskapazität. Die<br />
Biofilter arbeiten im Normalfall sehr zuverlässig und<br />
ohne Überschreitungen bei NH3 und NO2. Bei einem<br />
SBV von 1 mmol bleibt der pH-Wert relativ stabil. Die<br />
beste Nitrifikationsrate in Forellen-TK ist zwischen 9,6<br />
52<br />
und 12,6°C feststellbar. Eine mechanische Reinigung<br />
durch Schlammtrichter in TK ist oft nicht ausreichend.<br />
Unter Umständen ergibt sich die Notwendigkeit, Siebtrommelfilter<br />
einzusetzen. Der Wasserwechsel/d in TK<br />
ist kleiner 1. Es ergibt sich die Möglichkeit der Optimierung<br />
der O2-Versorgung und der N2-Entgasung durch<br />
den Einsatz von schwimmenden Niederdruckbegasern.<br />
Finden diese Einsatz, ist der Austausch der HP-Belüfters<br />
durch Propellerpumpen notwendig. Dann ergeben sich<br />
Kosteneinsparung gegenüber dem HP-Förderereinsatz.<br />
Der Referent präsentierte Ergebnisse einer TK-Anlage in<br />
Wietzendorf. Ergebnisse können auf der Webseite des<br />
IfB herunter geladen werden.<br />
Teichwirtschaft trifft<br />
Kreis lauftechnik, gemein<br />
sam profitieren<br />
oder Wettbewerb um<br />
Fördermittel. Zu diesem<br />
Thema referierte Dr. Gert<br />
Füllner aus Königswartha.<br />
Von der EU wird insbesondere<br />
die Aquakultur (Karpfen<br />
in Warmwasser und<br />
Salmoniden im Kaltwasser) gefördert. Kreislaufanlagen<br />
(teilgeschlossene und geschlossene Kreislaufanlagen),<br />
als technische Aquakulturanlagen bezeichnet,<br />
sind für landwirtschaftliche Betriebe, u. a. als Mittel<br />
zur Beantragung einer EU-Förderung von großem<br />
Interesse. Aquakultur in Sachsen ist traditionell die<br />
Karpfenteichwirtschaft. Diese ist durch Schutzgebietsverordnungen,<br />
Schäden durch geschützte Tiere, KHV,<br />
steigende Kosten und zunehmenden Wassermangel<br />
durch die Veränderung von Teichzuflüssen rückläufig.<br />
Die Wirtschaftlichkeit der Speisekarpfenproduktion hat<br />
sich deshalb verschlechtert. Es ergibt sich deshalb ein<br />
grundlegender Wandel in Unternehmen der Karpfenteichwirtschaft.<br />
Im Gegensatz zur Erzeugung einheimischer<br />
Fischarten sind die Tilapia- und Clariasproduktion<br />
steigend. Ein erneuter Boom der Kreislaufanlagen ist<br />
insbesondere in landwirtschaftlichen Betrieben feststellbar,<br />
welche u. a. die kostenfreie Förderung von Grundwasser<br />
und Subventionen über die Kraft-Wärmekopplung<br />
in Anspruch nehmen wollen. Das EEG macht‘s<br />
möglich. Landwirtschaftliche Betriebe mit Aquakultur<br />
müssen, im Gegensatz zu konventioneller Landwirtschaft,<br />
keine Grund wasser gebühr entrichten. Die<br />
Ökonomie in geschlossenen Kreislauf anlagen ist<br />
oftmals nicht gewährleistet. Clariasanlagen, kom-<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
iniert mit Biogasanlagen können sehr wohl rentabel<br />
produzieren. Diese Anlagen erbringen Impulse für die<br />
Entwicklung der Aquakultur, die traditionelle Karpfenwirtschaft<br />
jedoch nicht. Aber Teichwirtschaft und technische<br />
Aquakultur profitieren voneinander, z.B. über<br />
die Produktion von Satzfischen und Kooperation in der<br />
Vermarktung. Sie ergänzen sich auch in der Gastronomie.<br />
Die Förderung beider Aquakulturen ist deshalb<br />
sinnvoll und notwendig.<br />
Dr. Albert Jagsch erläuterte<br />
die österreichische<br />
Strategie Aquakultur<br />
2020. Der Fischverbrauch<br />
in Österreich steigt, währenddessen<br />
die österreichische<br />
Fischproduktion<br />
stagniert. Es besteht ein<br />
Handelsbilanzdefizit von<br />
290 Mio. € im Bereich<br />
Fisch. Derzeit importiert Österreich 61.000t/a, davon<br />
1.000t Forellen und 300t Karpfen lebend. Ein weiter<br />
steigender Konsum wird erwartet. Verschiedene Maßnahmen<br />
wurden zur Förderung der Aquakultur durch<br />
die österreichischen Behörden initiiert:<br />
1. Leitlinien für Genehmigungsverfahren,<br />
2. Kompetenzzentren für Ausbildung, Beratung<br />
und wissenschaftliche Begleitung,<br />
3. Ausweitung der Produktion und neue Standorte,<br />
4. EMFF als Instrument der Umsetzung der<br />
Strategie Aquakultur 2020.<br />
Entscheidend ist was herauskommt. Fischkot<br />
lernt schwimmen. Unter diesem Thema referierte Dr.<br />
Alexander Brinker zur Erfassung suspendierter Feststoffe<br />
in der Forellenaquakultur, wo die die mechanische<br />
Reinigung mittels Siebtechnik oder Sedimentation<br />
erfolgt. Ziel der Untersuchungen war die Entwicklung<br />
funktioneller Futtermittel zur Sicherstellung einer hohen<br />
Kotstabilität und Partikelgröße. Eine Binderzugabe erhöht<br />
die Kotkonsistenz. Die Partikel werden größer<br />
und halten die Nährstoffe besser zurück. Auch die<br />
Kotdichte ist für die Reinigung des Produktionswassers<br />
von entscheidender Bedeutung. Fischkot ist schwerer<br />
als Wasser. Er verliert an Dichte je länger er im Wasser<br />
verweilt. Zusatzstoffe, wie z. B. Korkpartikel, verringern<br />
die Dichte des Kots, der dann aufschwimmt.<br />
Es wurde nunmehr untersucht, ob Trommelfilter oder<br />
Oberflächenabscheider Kot effektiver aus dem Wasser<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus der Beratung<br />
entnehmen. Durch den Oberflächenabscheider wurde<br />
44 % entnommen. Trommelfilter haben eine geringere<br />
Effizienz als Oberflächenabscheider. Die Ammoniakkonzentration<br />
ist bei Fütterung mit korkhaltigem Futter<br />
deutlich geringer als bei konven tionellen Futtermitteln,<br />
da die Nitrifikationsfilter weniger belastet sind.<br />
Der Fischzüchter Werner Ruf sprach über Möglichkeiten<br />
der alternativen Energiegewinnung<br />
in Aquakulturbetrieben – ein Bericht aus der<br />
Praxis. Er erläuterte seine Bestrebung, die verbrauchte<br />
und selbst produzierte Energie ins Gleichgewicht zu<br />
bringen. Er installierte z. B. eine Kleinwasserkraftanlage<br />
im Zulauf zu seinen Forellenrinnen. Nach Ruf<br />
entsprechen 100 l/sec bei 1m Gefälle einer Dauerleistung<br />
von 1 kW. Sein Wasserkraftwerk am Anschluss<br />
der Anlage erzeugt bis 37 kW, 20.000 kWh/a<br />
bei 2,4 m Gefälle. Dieser Strom wird mit 9,8 Cent vergütet.<br />
Hinzugekaufter Strom hingegen kostet 21 Cent.<br />
Des Weiteren erfolgte der Bau einer Überdachung der<br />
bestehenden Fließkanäle. Die Überdachungsfläche<br />
wurde zur Installation einer Photovoltaikanlage genutzt.<br />
Je Stunde können dort bis zu 410kW produziert<br />
werden. Dies entspricht einer Jahresproduktion über<br />
400.000 kWh bei einer Vergütung von 25 Cent. Die<br />
Amortisationszeit der Anlage beträgt 15 Jahre. Ein<br />
positiver Nebeneffekt besteht in der Beschattung der<br />
Fließkanäle bei gleichzeitigem Vogelschutz. Die Fische<br />
stehen ruhiger und das Algenwachstum ist reduziert.<br />
Dr. Reinhard Reiter vom IfI stellte die Preisentwicklung<br />
und Wirtschaftlichkeit in der Forellenproduktion<br />
dar. Erhoben wurden die Daten in 34<br />
produzierenden Betrieben in Bayern. 47 Fischarten<br />
bzw. -produkte erbrachten 111 Preise. Die Kernaussage<br />
unzähliger Produkt- und Kostenangaben war, dass<br />
die Erzeugerpreise über einen Zeitraum von 10 Jahren<br />
nur sehr moderat, die Kosten jedoch unverhältnismäßig<br />
stark angestiegen sind. Die Einnahmen decken kaum<br />
noch die Ausgaben. Deckungsbeiträge wurden ermittelt.<br />
Es existiert eine interaktive Online-Anwendung auf<br />
der Homepage des Landesamtes für Landwirtschaft<br />
zur Kalkulation von Deckungsbeiträgen bei der herkömmlichen<br />
Forellenteichwirtschaft.<br />
Dr. Hermann Bayerle widmete sich zu Beginn<br />
des 2. Tages dem aktuellen Stand bei Aus- und<br />
Weiterbildung in der Binnenfischerei. Er verwies<br />
auf die hohe Bereitschaft Bayerischer <strong>Fischerei</strong>betriebe,<br />
Lehrlinge und Meister auszubilden.<br />
53
Aus der Beratung<br />
Bundesweit gibt es mit Starnberg, Königswartha und<br />
Aalbaum drei Ausbildungsstandorte für Binnenfischerei<br />
und Aquakultur. Allerdings existieren unterschiedliche<br />
Rahmenlehrpläne und Stundenaufteilungen (Anmerkung<br />
der Autoren: wieder einmal ein Beispiel für<br />
unsinnige Unterschiede durch die umstrittene Länderhoheit<br />
bei der Bildung). Allen Standorten gemeinsam<br />
ist, dass die Lehrlingszahlen seit einigen Jahren sinken.<br />
Allerdings konnte Dr. Bayerle nicht darüber aufklären,<br />
worin die Ursache für eine solche Entwicklung<br />
liegen. Infrage kämen beispielsweise die sinkenden<br />
Jahrgangsstärken von Schulabgängern, Sättigung<br />
oder Absenkung des Bedarfes an Facharbeitern und<br />
Meistern in der <strong>Fischerei</strong>, sinkende Attraktivität des<br />
Berufsbildes im Vergleich zu lukrativeren Branchen<br />
oder auch zufällige Schwankungen über mehrere Jahre.<br />
Die berufsbildenden Einrichtungen für <strong>Fischerei</strong><br />
in Deutschland werden sich an diese neue Situation<br />
anpassen müssen.<br />
Prof. Carsten Schulz<br />
referierte im Anschluss über<br />
den Einsatz von Bruchkorn<br />
in der Karpfenerzeugung.<br />
Das Thema wurde<br />
zusammen mit Michael<br />
Bothstede bearbeitet, einem<br />
Ökoteichwirt aus Schleswig-Holstein.<br />
Futtermittel<br />
für Bio-Fisch ist sehr teuer,<br />
da im Falle von Getreide auf ökologisch zertifizierte<br />
pflanzliche Rohstoffe zurückgegriffen werden muss.<br />
Daraus entstehen höhere Kosten vor allem in der Karpfenteichwirtschaft.<br />
Bruchkorn ist ein Abfallprodukt der<br />
Getreideherstellung und –lagerung, welches bei mechanischen<br />
Reinigungsarbeiten anfällt. Bis zu 30 %<br />
des Getreideertrages können zu Bruchkorn werden.<br />
Natürlich muss Bruchkorn für Bio-Fisch auch aus zertifizierter<br />
Erzeugung stammen. Es ist 30–50% günstiger<br />
als volles Korn. Infolge von Insektenfraß weist Bruchkorn<br />
einen höheren Proteingehalt auf, da natürlich<br />
auch Insekten und deren Brut mit verfüttert werden. In<br />
zwei Versuchen wurde Bio-Bruchkorn gegen Bio-Getreide<br />
und -Mischfutter für Karpfen getestet. In einem<br />
reinen Laborversuch wurden dazu bei den beiden<br />
Getreidegruppen Chironomiden hinzugegeben, die<br />
die Nährtieraufnahme im Teich simulierten, während<br />
Mischfutter bereits entsprechende Inhaltsstoffe besitzt.<br />
Es konnten keine signifikanten Unterschiede bei den<br />
54<br />
drei Futtermitteln festgestellt werden. Ein weiterer Versuch<br />
wurde in Netzgehegen durchgeführt, die sich<br />
in einem Bio-Teich befanden. Zum Einsatz kamen nur<br />
die beiden Getreidefutter ohne Zumischung. Leider<br />
war die Versuchsanordnung nicht zweckmäßig genug<br />
gewählt, denn durch den mangelnden Bodenkontakt<br />
der Fische im Netzgehege werden die Bedingungen<br />
eines Teiches nur unzureichend abgebildet. Dennoch<br />
zeigten sich auch hier keine Unterschiede zwischen<br />
beiden Getreidevarianten.<br />
Dr. Gabriele Kluxen<br />
von der Regierung Mittelfranken<br />
erläuterte eine<br />
Pilot studie zum Abschuss<br />
von Kormoranen<br />
in Schutzgebieten. Diese<br />
Studie wurde im traditionellen<br />
Karpfengebiet Aischgrund<br />
durchgeführt, wo es<br />
rund 7.000 Einzelteiche mit<br />
einer Durchschnittsgröße von 0,42 ha gibt. Sieben<br />
Teichgruppen sind dort als EU-Vogelschutzgebiete ausgewiesen.<br />
Im Aischgrund ist der Abschuss vom 16.08.<br />
bis 14.03. (max. 31.03.) in geschützten Bereich möglich.<br />
Ausgenommen sind NSG, SPA und befriedete<br />
Bezirke, außerhalb Schutzgebiete bis zum 30.04. Die<br />
Pilotstudie sollte drei Aspekte klären: Auswirkungen<br />
auf die Kormoranbestände, auf die Teichwirtschaft<br />
sowie auf Ziel-Vogelarten. Die Kormoranvergrämung<br />
in den Schutzgebieten wurde zeitlich und hinsichtlich<br />
Intensität genau festgelegt. Viele Teichdämme durften<br />
beispielsweise in der Jagdzeit nicht betreten werden.<br />
Auf die Kormoranpopulation in Bayern hatte die Maßnahme<br />
keinen Einfluss, die Vögel verteilen sich und es<br />
gibt nachfolgend kleinere Kolonien. Für die Teichwirtschaft<br />
ergibt sich durch den Beschuss eine massive<br />
Verbesserung der Situation. Statt Verlusten von über<br />
67 bis über 80% wurden nunmehr wieder „normale“<br />
Werte mit 10 bis 25 % erreicht. Sehr interessant war<br />
die Aussage, dass es keinerlei negative Auswirkungen<br />
auf andere Zielarten der Vogelwelt gibt! Im Gegenteil:<br />
Bei Arten wie dem Purpurreiher wurde eine signifikante<br />
Bestandserhöhung festgestellt. Offenbar leiden auch<br />
einige geschützte Vogelarten auf nicht näher beschriebene<br />
Weise am Komoranaufkommen, nicht jedoch<br />
an Bejagung und <strong>Fischerei</strong>. Eine Weiterführung der<br />
Arbeiten ist geplant.<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
Das Thema Zanderauf<br />
zucht in Warm wasser<br />
kreis laufanlagen präsentierte<br />
Andreas Hansen<br />
von der Fischaufzucht<br />
Drellborg GmbH & Co. KG<br />
aus Ostenfeld (Schleswig-<br />
Holstein). Basis seiner Unternehmensidee<br />
war ein<br />
ungenutztes Stallgebäude<br />
und die Errichtung der Biogasanlage eines Nachbarn<br />
2008. In der Firma F+M Anlagenbau Soltau fand er<br />
einen Anbieter modularer Kreislaufanlagen. Nach der<br />
Überwindung von Problemen zur Finanzierung durch<br />
eine Bank und zur Umnutzungsgenehmigung insbesondere<br />
durch die Wasserbehörde begann vor 2 Jahren<br />
die Produktion. Die geplante Produktionshöhe liegt bei<br />
25 t in 10 Modulen. 20 t sind jedoch als realistischer<br />
zu erachten. Trockenfutteradaptierte Setzlinge mit 10g<br />
Stückmasse kosten 1,20 €/kg, das Futter 1,50 €/kg.<br />
Der FQ beträgt ca. 1,0 kg/kg. Das Anlagenwasser<br />
wird einmal pro Stunde umgewälzt und zu 5 Volumenprozent<br />
täglich ausgetauscht. Die Wassertemperatur<br />
im System beträgt 21–23°C und wird ausschließlich<br />
über die Raumluft konstant gehalten. Der Stromverbrauch<br />
liegt bei 90.000 KWh/a pro Modul (0,22<br />
€/kWh) und der Wärmeverbrauch bei 5 – 10 kWh/t<br />
Produktion. Die Wärmelieferung wird nicht vergütet.<br />
Als Erzeugergemeinschaft wurde 2010 die NDF<br />
GmbH & Co. KG gegründet. Sie vereint 6 Produzenten<br />
und wickelt Ein- und Verkauf gemeinsam ab. Ziel<br />
sind insgesamt 100 t/a Produktion. Herr Hansen hält<br />
jedoch zukünftig 300-500 t/a für wirtschaftlich erforderlich.<br />
Noch dominiert wegen der aktuell geringen<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus der Beratung<br />
und unregelmäßig anfallenden Produktionsmenge die<br />
Direktvermarktung. Der Handel vergleicht das Produkt<br />
mit TK-Ware und deren Preis. Bei den Produktionskosten<br />
rechnet Hansen mit ca. 9 € pro kg und kalkuliert<br />
≥10 €/kg erforderlichen Erlös. Auch in seiner Anlage<br />
wurde eine Wachstumsdepression ab 600 – 800 g<br />
Stückmasse registriert. Es werden 15 Monate Aufzuchtzeit<br />
vom trockenfutter-adaptierten Setzling zum<br />
1-kg-Fisch benötigt. Abschließend bemerkte Herr Hansen,<br />
dass die Anlagentechnik noch nicht ausgereift<br />
sei. Er wolle noch die Sortierung, Handling sowie die<br />
Fütterung optimieren und die Wasserumwälzung verdoppeln.<br />
Auslöser von Kiemen<br />
problemen stellt<br />
Thomas Weismann vom<br />
Bundesamt für Wasserwirtschaft,<br />
Institut für Gewässerökologie,<br />
<strong>Fischerei</strong>biologie<br />
und Seenkunde, Mondsee,<br />
Österreich in einer Übersicht<br />
dar. Er stellte den<br />
histologischen Aufbau der<br />
Kiemen vor und erläuterte ihre Funktionen anhand von<br />
Fotos und anschaulicher Zeichnungen. Darauf aufbauend<br />
beschrieb er die Auswirkungen von Entzündungen<br />
auf das Kiemengewebe. Er brachte eine detaillierte<br />
Dokumentation der durch umwelt- und infektionsbedingte<br />
Ursachen klinisch veränderten Kiemen mit Hilfe<br />
makro- und mikroskopisch-fotografischer Darstellung.<br />
Weismann ist neben Hochwartner und Licek Mitautor<br />
des sehr anschaulichen Buches aus dem Leopold Stocker<br />
Verlag: „Das ABC der Fischkrankheiten. Erklären.<br />
Erkennen. Behandeln.“<br />
55
Aus der Beratung<br />
24. <strong>Fischerei</strong>tagung des Sachverständigenkuratoriums –<br />
Fulda, 4./5. März <strong>2013</strong><br />
Jörg Hiller und Thorsten Wichmann – <strong>LMS</strong> Agrarberatung GmbH<br />
Dr. Thomas Meinelt – Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)<br />
Die Begrüßung der Teilnehmer der 24. SVK-Tagung<br />
erfolgte durch Dr. Kurt Seifert.<br />
Anschließend referierte Alexander Blank von<br />
den EnBW Kraftwerke AG Stuttgart zu einem neuartigen<br />
Fischschutzkonzept im Rheinhafendampfkraftwerk<br />
Karlsruhe. Diese Maßnahmen zum<br />
Schutz der Fische sind in ihrer Kombination neuartig.<br />
Das Kohlekraftwerk mit einer Leistung von 912<br />
MW hat einen Kühlwasserbedarf von 27 m 3 /s. Für<br />
die Schutzmaßnahmen im Kraftwerk wurden folgende<br />
Bestandteile gefordert:<br />
1. eine Sohlschwelle an der Mündung des Entnahmekanals<br />
von 0,8 m Höhe zum Schutz von Barben,<br />
Groppen und Aalen.<br />
2. die Aufweitung des Kühlwasserentnahmekanals zur<br />
Minimierung der Fließgeschwindigkeiten und<br />
3. eine Rhein-nahe elektrische Fischscheuchanlage, die<br />
auch größere Fische grundsätzlich am Einschwimmen<br />
hindert.<br />
Der Fischschutz im Bereich der Kühlwasserreinigung<br />
sollte mit einem Grobrechen (Stabweite 8-10 cm),<br />
einem beweglichen Siebsystem (Maschenweite 10<br />
mm) und einer Siebbandanlage mit Fischbecher,<br />
einem Fischrückführungssystem und einem Monitoringprogramm<br />
realisiert werden. Eine Aufweitung<br />
des Kühlwasserentnahmekanals stellte sich als nicht<br />
machbar heraus, die elektrische Fischscheuchanlage<br />
war aus sicherheitstechnischen Gründen nicht<br />
möglich. Im Zuge der Umsetzung werden folgenden<br />
Anlagen realisiert: rotierende Horizontalrechen mit<br />
zwölf Rechentrommeln. Diese weisen Fische ab und<br />
stellen eine Verhaltensbarriere auch für kleine Fische<br />
dar. Organische Bestandteile einschließlich daran<br />
haftenden Makrozoobenthos verbleiben im Fluss. Sicherheitsbedenken<br />
bestehen nicht mehr und eine Aufweitung<br />
des Entnahmekanals ist ebenfalls nicht mehr<br />
notwendig. Die Kühlwasserreinigung erfolgt mittels<br />
10 mm Siebbandmaschine mit druckfreier Abspülung,<br />
Fischbechern und vorgeschalteter Fischbetäubung,<br />
gefolgt von einer 1 mm Siebbandmaschine mit eben-<br />
56<br />
falls druckfreier Abspülung, Fischbechern, Fischrückführung<br />
im glattwandigen Rohr und berührungsfreien<br />
Abstürzen. Am Ende der Fischrückführung befindet<br />
sich ein Monitoringschacht. Erste Ergebnisse dieses<br />
interessanten „Großversuches“ sind bis Ende 2014<br />
zu erwarten. Es bleibt zu hoffen, dass diese neuartige<br />
Kombination von Fischschutzmaßnahmen von Erfolg<br />
gekrönt ist.<br />
Dr. Damien Sonny, ProFish Belgien und Dr.<br />
Marc Schmidt von der LFV Hydroakustik GmbH<br />
Münster stellten Untersuchungen zu Infraschall-<br />
Fisch-Scheuchanlagen, insbesondere bei kleinen Fischen,<br />
und erste Resultate im Praxistest vor. Der Fischschutz<br />
mittels Ultraschall stellt einen völlig neuen Weg<br />
dar. Infraschall oder auch Infrasound sind geringe<br />
Frequenzen kleiner 20 Hz. Diese Frequenzen werden<br />
durch Fische über die Seitenlinie wahrgenommen.<br />
Eine Infraschallanlage wurde im Einlaufbereich einer<br />
Kühlwasserentnahmestelle in drei Frequenzbereichen<br />
auf ihre Scheuchwirkung untersucht. Zur Beobachtung<br />
und Dokumentation der Scheucheffekte wurde ein DID-<br />
SON-Sonar (Dual Frequency IDentification SONar)<br />
verwendet. Alle drei Infraschallfrequenzen belegten<br />
einen hoch signifikanten Scheucheffekt. Die Art- und<br />
Größenselektivität bedarf jedoch noch weiterer Forschungen.<br />
Im Mittel betrug die Effizienz 72 %. In Kombination<br />
mit einer elektrischen Scheuchanlage wird ein<br />
verbesserter Fischschutz erwartet.<br />
Den Weg zur funktionsfähigen Niedervolt-<br />
Fisch-Scheuchanlage erläuterte Oliver Haupt von<br />
der EnBW Kraftwerke AG Stuttgart. Der Fischschutz<br />
an Wasserentnahmestellen ist mit heutigem Stand der<br />
Technik nur mit hohem technischem Aufwand möglich.<br />
Verhaltensbarrieren sollten möglichst viele Fischarten<br />
und Größenklassen zuverlässig zurückhalten, leiten<br />
und keine negativen Effekte auf die Fische besitzen.<br />
In Freilandversuchen konnten bei Cypriniden, Perciden<br />
und Salmoniden Rückhalteraten von bis zu 73%<br />
erzielt werden. Aale hingegen wiesen sehr<br />
schlechte Rückhalteraten auf. Im KKW Philipps-<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
urg wurden Untersuchungen zum Einsatz verschiedenen<br />
Fischscheuchvarianten in einer Versuchsanlage<br />
getestet. Diese vereinigen variable elektrische Felder<br />
mit Lichtscheuchanlagen (Stroboskope). Die Scheuchund<br />
Leitwirkung der Einrichtung, welche an Aalen,<br />
Lachssmolten und Regenbogenforellen geprüft wurde,<br />
erwies sich als sehr unterschiedlich effektiv. Auch in<br />
diesen Versuchen waren Aale, im Gegensatz zu den<br />
beiden anderen Fischarten, kaum zu bändigen. Als<br />
Fazit aus den Versuchen wollen die Autoren das Funktionsprinzip<br />
grundlegend verändern. Wir sind auf die<br />
Ergebnisse gespannt.<br />
In einem kaum verständlichen Vortrag stellte Herr<br />
Dr. Oliveira die Abschätzung des Migrationsverhaltens<br />
von Silberaalen dar. Sinn und Ergebnis der<br />
Ausführungen blieben unklar.<br />
Dr. Dirk Hübner (Marburg) und Dr. Reinhard<br />
Hassinger (Kassel) stellten die Funktionskontrolle<br />
eines neuartigen Aalabstiegs mit unterschiedlicher<br />
Einstiegsanordnung vor. Die Referenten informierten<br />
sowohl über Laboruntersuchungen als auch<br />
über erste Freilandergebnisse. Obwohl Aale eine<br />
geringe Sehleistung besitzen, verfolgen sie bei ihren<br />
Wanderungen doch Strukturen in den Gewässern. Sie<br />
wandern im Allgemeinen grundnah. Im vorliegenden<br />
Projekt wurden den Aalen Borstenriegel als grundnahe<br />
Strukturen vor den Kraftwerksrechen angeboten, die<br />
diese annahmen. Diese Strukturen laden die Aale zum<br />
Verweilen ein, verringern die grundnahe Strömungsgeschwindigkeit<br />
und vermindern das Risiko der Verletzung<br />
der Tiere am Kraftwerksrechen. Ein ebenerdiges<br />
Sammelrohr mit Einlassöffnungen nimmt die wanderwilligen<br />
Aale auf. Sie werden dann über ein Rohr am<br />
Kraftwerksrechen und der Turbine vorbei sicher in das<br />
Unterwasser geleitet. Die Aale folgen jedoch nicht<br />
dem einströmenden Wasser. Führungsstrukturen sind<br />
für die abwanderungswilligen Aale von weitaus größerer<br />
Bedeutung als die Strömung. Nach Installation von<br />
Führungsrauten und ebenflächigen Leitrampen wurden<br />
die Einstiegslöcher von den Aalen akzeptiert. Bei<br />
dieser Leitvariante betrug der Durchwanderungsgrad<br />
83 %, bei abgewinkelten Rohren konnte der Durchwanderungsgrad<br />
auf 90 % gesteigert werden. Wird<br />
die Stabweite der Kraftwerksrechen auf 12,5 mm reduziert,<br />
wird die Turbinenanlage nicht mehr von den<br />
Aalen passiert und Verluste nahezu vermieden. Sieben<br />
Wasserkraftanlagen wurden mit der Aalwanderhilfe<br />
ausgestattet. Die Untersuchungen dauern noch an.<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus der Beratung<br />
Christian von Landwüst berichtete in seinem Vortrag<br />
über Fischzählung an Fischaufstiegsanlagen<br />
nach dem Stand von Wissenschaft und Technik:<br />
Erfahrungen mit dem VAKI-Counter von Tests mit<br />
Produkten der isländischen Firma VAKI. Der Autor befasst<br />
sich derzeit mit der Durchgängigkeitsprüfung von<br />
Fischaufstiegsanlagen. Für diese oftmals größeren Bauwerke<br />
liegen noch keine Erfahrungen nach Stand der<br />
Technik vor. Bisher wurden vor allem Reusen zur Kontrolle<br />
verwendet. Sowohl der Aufenthalt der Fische in<br />
der Reuse, als auch das nachfolgende Handling beim<br />
Zählen und Wiegen stellen jedoch eine hohe Belastung<br />
für die Fische dar. Insofern gilt es nach Alternativen<br />
zu suchen. Der VAKI-Counter, korrekt „Riverwatch Fish<br />
Counter“, lässt sich flexibel in unterschiedliche Fischaufstiege<br />
einbauen. Er vereint Infra rot scanner und<br />
Videoaufzeichnung. Der Infrarotscanner besteht aus<br />
zwei gegenüber liegenden Platten. Von einer Platte<br />
werden 50 Hz IR-Strahlen ausgesendet und von der<br />
anderen Platte detektiert. Ein PC-Programm setzt die<br />
Signale zu einer Fischsilhouette zusammen und ergänzt<br />
um weitere Daten. Während der IR-Scanner bereits<br />
gute Zählergebnisse erbringt, kann mittels Videotechnik<br />
genauer auf die Fischart geschlossen werden, denn<br />
diese wird unmittelbar vom IR-Scanner ausgelöst. Den<br />
Scanergebnissen wurden Reusenuntersuchungen als<br />
Kontrolle gegenübergestellt. Das System erwies sich als<br />
sehr robust gegen verschiedene Umwelteinflüsse und<br />
wesentlich weniger wartungsaufwändig als Reusen.<br />
Starke Wassertrübung ermöglicht zwar ein Erfassen<br />
per IR, verschlechtert jedoch die optische Artbestimmung.<br />
Des Weiteren können Fische nur ab einer Körperlänge<br />
von 15cm und einer Körperhöhe von 2cm<br />
sicher detektiert werden. Probleme bei der Zählung<br />
bereiten Fischschwärme, insbesondere wenn sie aus<br />
kleineren Exemplaren bestehen. Bei den Tests wurden<br />
meist mehr Fische in den Reusen nachgewiesen. Mit<br />
dem Scanner konnten interessante Verhaltensweisen<br />
beim Fischaufstieg beobachtet werden. Der personelle<br />
Aufwand der optischen Erkennung war erheblich. Letztendlich<br />
erwies sich der VAKI-Scanner für ausgewählte<br />
Aufgabenstellungen, nicht jedoch für generelle Funktionstests<br />
als brauchbar. Mit Hilfe von Nachtsichttechnik<br />
oder Splibeam sollen in den kommenden Jahren die<br />
Nachweismöglichkeiten vor allem des Videosystems<br />
weiter getestet werden.<br />
Gerald Zauner ging bei seinem Thema<br />
Fischökologische Revitalisierungsmaßnah-<br />
57
Aus der Beratung<br />
men an der Donau unter Berücksichtigung des<br />
Neozoenproblems – von der Planung zur Erfolgskontrolle<br />
von einem Vergleich der Fischökologie<br />
an der österreichischen Donau vor einigen Jahrzehnten<br />
und heute aus. Durch verschiedene technische Maßnahmen<br />
des Flussverbaus, erhöhten Schiffsverkehr und<br />
verstärkte, anthropogen bedingte Nutzungen hat sich<br />
der Fischbestand des Flusses drastisch gewandelt.<br />
Viele dieser Veränderungen sind nicht ohne großen<br />
Aufwand zu ändern oder eine Änderung ist derzeit<br />
nicht gewünscht. Als besonders drastisches Problem<br />
stellt sich jedoch das massenhafte Auftreten von Neozoen,<br />
vor allem der Gattung Neogobius, dar. Diese<br />
Neozoen wurden offenbar mit der Schifffahrt eingeschleppt<br />
und vermehrten sich explosionsartig. Konkurrenz-<br />
und Prädationsprobleme für teilweise gefährdete,<br />
heimische Arten sind sehr wahrscheinlich. Im Zuge<br />
der Umsetzung der WRRL wurde die Wachau, ein<br />
Donauteilstück bei Rührsdorf, renaturiert. Diese Strecke<br />
war durch Ufergestaltung in Form von Blockwurf<br />
und Schotter stark degradiert. Mit Hilfe historischer<br />
Karten wurden große Teile des Altlaufes, Inseln und<br />
Nebenarme wieder hergestellt. Dabei wurde das benötigte<br />
Material vor Ort entnommen und dauerhaft so<br />
eingebracht, dass stabile Strukturen entstanden. Allein<br />
800.000 m³ Kiesstrukturen wurden geschüttet. Die<br />
Analyse des Fischbestandes erbrachte, dass autochthone<br />
Arten profitieren und nicht nur rheophile Fische.<br />
Auch oligorheophile, indifferente sowie auch limnophile<br />
Fischarten sind wieder verstärkt in den beruhigten<br />
Nebengewässern anzutreffen, während der Anteil der<br />
Neozoen klar reduziert war. Besonders deutlich war<br />
diese Entwicklung an der Leitfischart Nase festzustellen.<br />
Neozoen dominieren zwar weiterhin und auch<br />
in den neuen Lebensräumen, allerdings nimmt ihre<br />
Abundanz zugunsten anderer Arten merklich ab. Das<br />
Beispiel aus Österreich belegt, wie man durch Strukturgüteverbesserung<br />
erfolgreich Fischartenschutz betreiben<br />
und das Neozoenproblem zumindest verringern<br />
kann. Ein vollständiges Zurückdrängen der Neozoen<br />
ist damit jedoch nicht möglich.<br />
Stephan Hüsgen und Dr. Frank Hartmann<br />
berichteten im Anschluss über Methoden der Abflussermittlung<br />
in Gerinnen und kleinen Gewässern<br />
für den <strong>Fischerei</strong>sachverständigen. Dieser<br />
Grundsatzvortrag beschäftigte sich mit den einzelnen<br />
infrage kommenden Verfahren. Dies sind bei Durchflussermittlung<br />
über die Querschnittsfläche und die mittlere<br />
58<br />
Fließgeschwindigkeit die Messungen mit dem Messflügel,<br />
dem akustischen Verfahren und dem magnetisch<br />
induktiven Verfahren. Bei Durchflussermittlung über<br />
die Querschnittsfläche und mittlere -geschwindigkeit<br />
kommen mobile Ultraschall-Doppler-Geräte und das<br />
Tracerverfahren mit 1- oder 4-Sondenmessung zum<br />
Einsatz. Die einzelnen Verfahren und Geräte wurden<br />
mit ihren Vor- und Nachteilen betrachtet. Messflügel<br />
sind dort einsetzbar, wo gleichmäßige Wasserprofile<br />
und eine gleichmäßige Strömungssituation vorliegen.<br />
Beim akustischen Verfahren wird das Dopplerprinzip<br />
genutzt. Auch hier sind gleichmäßige Wasserprofile<br />
und eine gleichmäßige Strömungssituation Voraussetzung.<br />
Beim magnetisch-induktiven Verfahren wird ein<br />
Ergebnis mit Hilfe von Magnetfeldmessungen erzielt.<br />
Bevorzugt kann diese Technik in stark verkrauteten,<br />
auch stark salzhaltigen bzw. sehr langsam fließenden<br />
Gewässern eingesetzt werden. Mobile Ultraschall-<br />
Doppler-Geräte kommen besonders in größeren Gewässern<br />
zum Einsatz. Beim Tracerverfahren werden<br />
Farbstoffe oder Kochsalz als Tracer genutzt und nach<br />
einer definierten Streckenlänge mit Sondenmessgeräten<br />
erfasst. Im Vergleich weichen die Ergebnisse der<br />
einzelnen Verfahren mitunter deutlich voneinander ab,<br />
da verschiedene Verfahren nach den vorherrschenden<br />
Bedingungen vor Ort oft nur bedingt anwendbar sind.<br />
Die Herausforderung ist, für den jeweiligen Messpunkt<br />
das geeignete Verfahren zu finden. Dafür wurden<br />
Empfehlungen präsentiert, äsentiert,sentiert, unter welchen Bedingun-<br />
gen welches Verfahren mehr oder weniger geeignet<br />
ist. Obgleich häufig praktiziert, reicht es nicht aus,<br />
nur mit dem Messflügel zu arbeiten. Diese sind z. B.<br />
für Fischwanderhilfen oder bei gewissen Turbulenzen<br />
ungeeignet.<br />
Dr. Uwe Brämick, Direktor des Institutes für<br />
Binnenfischerei Potsdam-Sacrow (IfB) referierte zum<br />
Thema Ansatz zur Bewertung und Quantifizierung<br />
von fischereilichen Schäden durch wasserbauliche<br />
Anlagen in Seen. Ausgehend von vielfältigen<br />
Nutzungskonflikten an Gewässern treten bei<br />
baulichen Eingriffen regelmäßig Beeinträchtigungen<br />
sowohl der Fauna und Flora, als auch der fischereilichen<br />
und anglerischen Nutzungsmöglichkeiten auf.<br />
Klassisch für solche Konflikte sind Stege, Steganlagen,<br />
Marinas, aber auch Anlagen zur energetischen<br />
Wassernutzung. Höchstrichterlich und grundsätzlich<br />
wurde ein Anspruch gegen Betreiber bzw. Errichter<br />
solcher Anlagen vom BGH festgestellt.<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
Die Problematik beinhaltet dennoch einen konkreten<br />
Schadensnachweis und dessen monetäre Bewertung.<br />
Für Schadensverhütung und Entschädigungen sieht das<br />
Brandenburgische <strong>Fischerei</strong>gesetz geeignete Regularien<br />
vor, die z. B. in Mecklenburg-Vorpommern nicht in<br />
ausreichender Weise bestimmt wurden. So ist in Brandenburg<br />
keine Erheblichkeitsschwelle zu überschreiten,<br />
um eine Entschädigung zu erlangen. Da in diesem<br />
Bundesland die Höhe der Entschädigungen im Rahmen<br />
öffentlich-rechtlicher Verfahren im Wesentlichen<br />
durch behördliche Entscheidungen festgelegt werden<br />
soll, bot sich an, hierfür eine Schadensermittlung zu<br />
fixieren. Dr. Brämick stellte diese dar. Ausgegangen<br />
wird davon, dass bei Bauten insbesondere der Litoralbereich<br />
betroffen ist, der wiederum zu 63 bis 94 %<br />
z. B. für den Raubfischertrag des Gesamtgewässers<br />
verantwortlich zeichnet. Insofern wird, auf verschiedenste<br />
Untersuchungen gestützt, angenommen, dass<br />
auch eine einzelne Steganlage, die für sich genommen<br />
kaum nachweisbare Beeinträchtigungen verursachen<br />
würde, in der Kombination mit anderen Eingriffen in<br />
das Seelitoral zu einer Zustandsverschlechterung führt.<br />
Grundsätzlich lassen sich die entstandenen Schäden in<br />
die Kategorien: Entzug der Nutzungsfläche, Einschränkung<br />
der Fangausübung, Einschränkung der Ertragsfähigkeit,<br />
Einschränkung der Angelkartenerträge und<br />
ökologische Schäden eingruppieren. Der Autor schlägt<br />
eine Formellösung vor und erläuterte die einzelnen<br />
Faktoren:<br />
<strong>Fischerei</strong>schaden = beeinträchtigte Fläche x<br />
Nutzungsfaktor x finanzieller Litoralertrag +<br />
beeinträchtigte Fläche x Angelkartenzahl x<br />
Angelkartenpreis.<br />
Gleichzeitig wurde eine Beispielrechnung vorgestellt,<br />
die zu einem Wert von 0,17 € je m² und Jahr<br />
führte. In der anschließenden Diskussion wurde der<br />
grundsätzliche Ansatz als durchaus vielversprechend<br />
gewürdigt. Dennoch wiesen verschiedene Gutachter<br />
auf methodische Schwächen chen hin, die zu nicht nachvoll-<br />
ziehbaren Ergebnissen führen werden. Insbesondere<br />
wurde auf mögliche Doppelentschädigung, sowie auf<br />
formelbedingt überhöhte Ergebnisse hingewiesen. Es<br />
wurde ferner diskutiert, dass möglicherweise doch immer<br />
der Einzelfall betrachtet werden müsse, um ein<br />
korrektes Ergebnis zu erzielen, man also mit einem<br />
Formelwerk scheitern könne. Aus Österreich wurde<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus der Beratung<br />
dagegen bestätigt, dass mit einem ähnlichen Ansatz<br />
sehr gute Erfahrungen gemacht wurden und seit einigen<br />
Jahren Entschädigungsfragen auf dieser Basis und<br />
nicht mehr gerichtlich geklärt werden müssen.<br />
Der abschließende Vortrag von Klaus Müller-<br />
Pfannenstiel und Dr. Kurt Seifert betrachtete die<br />
Umwelthaftung nach dem Umweltschadensgesetz:<br />
Fachrechtliche Grundlagen und Praxisbeispiele<br />
für Schadensermittlung und Sanierungsplanung<br />
in den Bereichen Naturschutz, Fisch-<br />
und Gewässerökologie. Umweltschäden im Sinne<br />
des Umweltschadensgesetzes sind Schädigungen von<br />
Gewässern, des Bodens und Schädigungen von Arten<br />
und natürlichen Lebensräumen. Der letzte Punkt deutet<br />
schon die große Nähe zu den Anhängen der FFH- und<br />
Vogelschutz-Richtlinie an. Damit wird der Schutz von<br />
Arten und Lebensräumen indirekt auch auf Schäden<br />
außerhalb eigentlicher FFH-Gebiete ausgedehnt. Zentraler<br />
Anknüpfungsbereich für Umwelthaftung ist die<br />
sog. „berufliche Tätigkeit“, eine Tätigkeit im Rahmen<br />
einer wirtschaftlichen Tätig keit, einer Geschäftstätigkeit<br />
oder eines Unternehmens, unabhängig ob sie privat,<br />
öffentlich und mit oder ohne Erwerbscharakter ausgeübt<br />
wird. Es gibt ver schuldens unabhängige Haftung<br />
und Verschuldenshaftung. Voraus setzung ist in jedem<br />
Fall die unmittelbare Verursachung der Handlung, die<br />
die zuständige Behörde nachweisen muss. Für den<br />
Sachverständigen, sofern ein solcher eingeschaltet<br />
wird, ergeben sich folgende Arbeitsschritte: Erfassung<br />
des aktuellen Schadenszustandes, rückblickende Beurteilung<br />
des Ausgangszustandes des betroffenen<br />
Bereiches, Ermittlung der Beeinträchtigungen der<br />
Ausgangssituation durch das Ereignis und Bewertung<br />
der Erheblichkeit der nachteiligen Veränderungen. Es<br />
besteht eine Sanierungspflicht bei Umweltschäden!<br />
Unterschieden werden drei Sanierungsformen. Die primäre<br />
Sanierung zielt darauf ab, den Ausgangszustand<br />
wieder herzustellen. Ist dies nicht möglich, so werden<br />
im Zuge einer ergänzenden Sanierung gleichartige<br />
oder gleichwertige Ersatzlebensräume geschaffen.<br />
Ausgleichssanierungen hingegen kompensieren zwischenzeitlich<br />
einen Ressourcenverlust, wenn eine Regeneration<br />
nur längerfristig möglich wird. Abschließend<br />
wurden methodische Hinweise anhand eines praktischen<br />
Beispiels gegeben.<br />
59
Aus der Beratung<br />
Fortbildungsveranstaltung für <strong>Fischerei</strong> –<br />
Königswartha, 5./6. März <strong>2013</strong><br />
Petra Bartschat – Task Force Tierseuchenbekämpfung, LVLF Brandenburg,<br />
Jörg Hiller und Thorsten Wichmann – <strong>LMS</strong> Agrarberatung GmbH<br />
Dr. Thomas Meinelt – Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB)<br />
Zum jährlichen Fachtag <strong>Fischerei</strong> hatte das<br />
Sächsische Landesamt für Umwelt, Landwirtschaft<br />
und Geologie (LfULG) auch <strong>2013</strong> wieder<br />
nach Königswartha eingeladen.<br />
In seiner Begrüßungsrede hob Dr. Uwe<br />
Bergfeld, Abteilungsleiter „Tierische Erzeugnisse“<br />
im LfULG, die Erfolge, z. B. des KHV-Tilgungsprogramms,<br />
hervor, wies aber auch auf zunehmende<br />
wirtschaftliche Probleme in der Karpfenaufzucht<br />
hin. Besonders der Absatz von Speisekarpfen<br />
stellt die Produzenten vor neue Herausforderungen.<br />
Ergänzend zur klassischen Karpfenteichwirtschaft<br />
wird deshalb auf innovative Projekte wie Aufzucht<br />
von Tilapia und Clarias in Kreislaufanlagen sowie<br />
die Kopplung an die Landwirtschaft orientiert. Erfahrungsgemäß<br />
geht dies jedoch nach Auffassung der<br />
Autoren an den <strong>Fischerei</strong>betrieben vorbei.<br />
Ulrike Weniger, Sächsisches Staatsministerium<br />
für Umwelt und Landwirtschaft, unterstrich ihre<br />
Begrüßungsworte mit Zahlen und Fakten. So<br />
wurden in 2012 erstmals wieder mehr als 2.000 t<br />
Speisekarpfen produziert. Ein Grund dafür sind<br />
erste Erfolge des KHV-Tilgungsprogramms, an dem<br />
momentan 25 Teichwirtschaften teilnehmen. In den<br />
8 Kreislaufanlagen wurden insgesamt 20,4 t Stör,<br />
82,5 t Karpfen, 168 t Clarias und 14,7 t Tilapia aufgezogen.<br />
Die Salmonidenproduktion dürfte 2012<br />
mit etwa 390 t wieder das Niveau von 2011 erreicht<br />
haben. Problematisch für Aquakulturbetriebe ist die<br />
Änderung der Bio-Abfallverordnung, die seit dem<br />
1. Mai 2012 in Kraft ist und das Ausbringen von<br />
Fischteich- und Filterschlamm ohne vorherige weitere<br />
Behandlung erlaubt, allerdings unter Berücksichtigung<br />
der Düngemittelverordnung, nach welcher<br />
Teichschlamm nicht als Düngemittel gilt. Die Schwierigkeit<br />
ergibt sich aus Zinkverbindungen welche als<br />
Antioxidantien in Mischfuttermitteln eingesetzt werden<br />
und im Schlamm nach Akkumulation zur Grenzwertüberschreitung<br />
führen und nachfolgend eine<br />
60<br />
Ausbringung unmöglich machen. Die Änderung der<br />
Tierschutzschlachtverordnung regelt die Betäubung<br />
und Tötung von Fischen, ist aber noch nicht für jede<br />
Art praxistauglich. Hier werden weitere Änderungen<br />
insbesondere hinsichtlich der Tötung von Krebsen und<br />
Warmwasserfischen wie Clarias angestrebt.<br />
Dr. Gert Füllner, LfULG, berichtete über seine<br />
Arbeit, zu der auch die Ausgabe von <strong>Fischerei</strong>schei<br />
nen gehört. Auf diesem Gebiet gab es im letzten<br />
Jahr Änderungen. Die <strong>Fischerei</strong>scheine sind nicht<br />
mehr grundsätzlich zeitlich begrenzt. Im Zusammenhang<br />
mit der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie<br />
(WRRL) erfolgten Befischungen zum Zweck der<br />
Fischartenerfassung von April bis November 2012<br />
an 170 Fließgewässern mit 330 Strecken. Insgesamt<br />
gibt es 640 solcher Strecken, die im Abstand von<br />
2 bis 3 Jahren beprobt werden. Es wurden 35.402<br />
Fische gefangen, die 34 einheimischen Fischarten<br />
sowie 6 Neozoen (Bachsaibling, Blaubandbärbling,<br />
Graskarpfen, Regenbogenforelle, Sonnenbarsch und<br />
Zwergwels) zugeordnet werden konnten. Im Bereich<br />
der Aus- und Fortbildung mussten rückläufige Zahlen<br />
der Auszubildenden festgestellt werden. Es wurde<br />
der Aufruf an alle Betriebe gerichtet, sich an der<br />
Ausbildung junger Fischer aktiv zu beteiligen. Zu den<br />
Forschungsprojekten des LfULG gehörte z. B. die Untersuchung<br />
von Effekten des Ausbringens von Branntkalk<br />
zur Desinfektion und zur Wasserkonditionierung<br />
auf einheimische, insbesondere naturschutzbedeutsame<br />
Tier- und Pflanzenarten in der Versuchsteichanlage<br />
(VTA). Die Untersuchungen werden fortgeführt.<br />
Ein weiteres Projekt beschäftigte sich mit der Fragestellung<br />
nach dem Zusammenhang zwischen unterschiedlicher<br />
Bewirtschaftung der Teichwirtschaften<br />
in Bayern und Sachsen und dem durch KHV-Infektion<br />
verursachten Verlustgeschehen in Sachsen. Die Befragung<br />
ausgewählter Teichwirtschaften beider Bundesländer<br />
ist noch nicht beendet. Im Rahmen des<br />
Lachsprogramms wurden in 2012 laichreife<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
Lachse mit einer Durchschnittstückmasse von über<br />
4.500 g gefangen. 1998 waren es nur 2.589 g.<br />
Diese Entwicklung lässt darauf schließen, dass die<br />
„Heimkehrer“ älter werden. Es ist ein Indiz für den Erfolg<br />
des Programms. Größtes Bauvorhaben war der<br />
Neubau einer Winterungs- und Hälteranlage in der<br />
VTA in Königswartha, die am zweiten Tag besichtigt<br />
werden konnte.<br />
Wichtige Artenschutzbestimmungen im Bundesrecht<br />
und Schlussfolgerungen für die Teichbewirtschaftung<br />
erläuterte Herr Rothmann, Untere<br />
Naturschutzbehörde des Landratsamtes Bautzen.<br />
Geltendes Recht ist das Bundesnaturschutzgesetz in<br />
Verbindung mit EU-Rechtsnormen. Insbesondere negative<br />
Auswirkungen auf geschützte und streng geschützte<br />
Tierarten im und um die Feuchtbiotope der<br />
Teiche sollen durch deren Bewirtschaftung verhindert<br />
werden. Für bestimmte notwendige Tätig keiten, die<br />
eigentlich die gute (normale) fachliche Praxis darstellen,<br />
können aber Ausnahmegenehmigungen „rechtzeitig“<br />
(damit sind 5 bis 6 Wochen gemeint!) vor<br />
jedem Maßnahmebeginn beantragt werden. Mögliche<br />
Erleichterungen des Antragsverfahrens werden<br />
derzeit geprüft und sind ggf. in der zuständigen Unteren<br />
Natur schutzbehörde zu erfragen.<br />
Der Schutz von Satzkarpfen obliegt allein dem<br />
Fischer, weshalb Dr. Frank Rümmler, Institut für Binnenfischerei<br />
e. V. Potsdam-Sacrow, in seinem Vortrag<br />
Verfahren zur intensiven Aufzucht konditionsstarker<br />
(kormorangeschützter) Satzkarpfen in<br />
Warmwasseranlagen (WWA) sowie Teich- und<br />
Netzgehegeanlagen verglich. Grundsätzlich sind<br />
alle Verfahren zur Aufzucht von Satzkarpfen in der<br />
gewünschten Größe und Qualität geeignet. Begrenzende<br />
Faktoren bei der Wahl des Verfahrens sind<br />
die Investitionskosten und die speziellen örtlichen<br />
Gegebenheiten.<br />
Im Rahmen seiner Masterarbeit untersuchte<br />
Sebastian Hutsch, TU Dresden, die Amphibienbio<br />
zönose in der VTA Königswartha unter besonderer<br />
Berücksichtigung der fischereilichen<br />
Bewirtschaftung und der Wassergüte. Die Untersuchungen<br />
fanden im Zeitraum Januar bis Oktober<br />
2011 statt. Bei der Erfassung der Amphibienarten<br />
konnten mehr als 9.000 Individuen gefangen und<br />
8 verschiedenen Arten zugeordnet werden, davon<br />
5 Arten, die laut der Roten Liste als besonders geschützt<br />
gelten. Bemerkenswert war die Artenvertei-<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Aus der Beratung<br />
lung in der VTA, die stark von der angrenzenden<br />
Flächenstruktur und den überwiegenden Licht- und<br />
Windeinflüssen abhängig ist. Im Ergebnis wird empfohlen,<br />
die Teichdesinfektion weit vor Beginn der<br />
Hauptwanderungsphase der frühlaichenden Amphibien<br />
durchzuführen, so dass sich der pH-Wert zum<br />
Laichzeitpunkt wieder im neutralen Bereich befindet.<br />
Dr. Martin Oberle, Bayerische Landesanstalt für<br />
Landwirtschaft Höchstadt, stellte bildreich verschiedene<br />
Grätenschneider mit unterschiedlicher Effizienz<br />
bei den Fischarten Spiegel-, Gras- und Silberkarpfen<br />
vor. Die gewünschte, verbraucherfreundliche<br />
Zerkleinerung der Gräten im Fischfilet gelang<br />
mit den verglichenen Geräten am besten bei Spiegelkarpfen<br />
mit Haut. Mit Hilfe einiger Grätenschneider<br />
lässt sich das Filet sogar in Streifen schneiden. Diese<br />
Fischstreifen ermöglichen eine Weiterverarbeitung<br />
zu sog. Convenience-Produkten, welche den Karpfen<br />
auch für Fischskeptiker auf die Speisekarte bringen<br />
könnten. Auf eine Markteinführung in großen Handelsketten<br />
müssen die Verbraucher allerdings noch<br />
warten.<br />
Kernthema bei den Teichwirten in Sachsen ist<br />
immer noch die Bekämpfung der KHV-Infektion<br />
in den Nutzkarpfenbeständen. Dr. Kerstin<br />
Böttcher, Fischgesundheitsdienst bei der Sächsischen<br />
Tierseuchenkasse, fasste die ersten Ergebnisse<br />
einer Feldstudie zur Immunprophylaxe in Nutzkarpfenbeständen<br />
in den Jahren 2011 und 2012<br />
zusammen. Immunprophylaxe ist der vorbeugende<br />
Infektionsschutz durch kontrollierte Beeinflussung des<br />
Immunsystems. Da es in Deutschland und in der EU<br />
bisher keinen nach Tierseuchengesetz zugelassenen<br />
Impfstoff zur Immunprophylaxe gegen KHV-I gibt,<br />
wurde speziell für diesen Versuch mit Ausnahmegenehmigung<br />
ein Impfstoff hergestellt. Im Rahmen der<br />
Feldstudie wurden im ersten Jahr verschiedene Applikationsformen<br />
(Badebehandlung und Injektion) zur<br />
Überprüfung der Wirksamkeit des Impfstoffes angewandt.<br />
Aufgrund guter Abfischergebnisse der durch<br />
Injektion behandelten Bestände, wurde für 2012 die<br />
Behandlung auf dieses Verfahren begrenzt. Die Abfischergebnisse<br />
konnten jedoch nicht in jedem Versuchsbestand<br />
die guten Ergebnisse des Vorjahres<br />
bestätigten. In der anschließenden Diskussion wurden<br />
das Erfordernis und auch der Wunsch der Teichwirte<br />
nach Fortführung des Feldversuches deutlich.<br />
61
Aus der Beratung<br />
In einem sehr praxisbezogenen Beitrag stellte<br />
Uwe Müller, Thüringer Landesfischereiverband e. V.,<br />
die Bewirtschaftung der als eutroph einzustufenden<br />
Talsperre in der Nähe von Erfurt seit dem<br />
Jahre 2006 dar. Das Gewässer mit einer Fläche von<br />
38 ha und einer max. Tiefe von 5 m entstand nach<br />
Torfabbau. Es wird auch als Badegewässer genutzt.<br />
Die gezielte Befischung der z. T. zahlreichen Weißfischbestände<br />
sowie „Besatzmaßnahmen“ mit Makrophyten,<br />
Schnecken, Krebsen und Fischen sollen den<br />
fischereilichen Ertrag des Gewässers verbessern, das<br />
aber auch als Badegewässer erhalten bleiben soll.<br />
Erste Erfolge sind über eine erhöhte Stückmasse bei<br />
Barsch, Blei und Aal belegbar.<br />
Zum Abschluss des Tages entführte Ulrike<br />
Weniger die Zuhörer in ihrem Bericht über<br />
eine Reise nach Israel. Untermalt mit zahlreichen<br />
Fotos wurde ein Eindruck von der lokalen<br />
Aquakultur vermittelt. Frau Weniger berichtete, dass in<br />
wasserarmen Gebieten das aufgefangene Regenwasser<br />
zur intensiven Fischzucht in Kreislaufanlagen oder<br />
Teichen genutzt wird, wobei z. T. großer Aufwand<br />
zur Verdunstungsreduzierung betrieben wird. Auch<br />
die Kombination von Aquakultur und Pflanzenproduktion<br />
wird in Israel praktiziert. Hauptfischarten sind<br />
in Israel z. B. Karpfen, Tilapien, verschiedene Barscharten<br />
(Wolfsbarsch, Streifenbarschhybriden, red<br />
drum – Sciaenops ocellatus, deutsch Roter Trommler,<br />
ein Barschartiger), Silberkarpfen und verschiedene<br />
62<br />
Forellenarten. Eine bedeutende, im Durchfluss betriebene<br />
Forellenanlage befindet sich im Quellgebiet des<br />
Jordans mit ganzjährig ausreichend Wasser, was für<br />
israelische Verhältnisse eine Besonderheit darstellt.<br />
Das größte Projekt des LfULG in 2012 bis <strong>2013</strong><br />
war der von Dr. Gert Füllner bereits erwähnte Neubau<br />
einer Überwinterungs- und Hälteranlage in<br />
der VTA in Königswartha. Der Projektant, Torsten<br />
Traue, Göthel & Traue Bauplanung Spremberg, erläuterte<br />
vor der Besichtigung der Anlage den Zuhörern<br />
die Planung und den Bauablauf. Mit einem Gesamtvolumen<br />
von 1.213 m³ bei einer Fläche von 43 x 35 m<br />
besteht die Anlage aus 6 Becken mit je 165 m³, 2 Becken<br />
mit je 80 m³ und 3 Becken mit je 21 m³, sowie<br />
einer überdachten Abfischgrube. Ein einfaches und<br />
schonendes Handling der Fische unter Einsatz moderner<br />
Technik und Materialien sind die Kernphilosophie<br />
der Anlage. Mit rund einer Mio. € Kosten ist diese<br />
Anlage nicht nur als reine Hälteranlage, sondern auch<br />
als Versuchsanlage für Aquakultur vorgesehen. In der<br />
Anlagenplanung spiegeln sich mannigfaltige Erkenntnisse<br />
aus größeren Hälteranlagen wieder. Großer<br />
Wert wurde auf Fischschonung in der Hälterphase<br />
gelegt. So sind die Böden mit gescheibtem Beton versehen.<br />
Dieser ist durch eine sehr glatte Oberfläche<br />
charakterisiert. Großen Einfluss auf die Bauausführung<br />
hatte auch hier der Natur- und Amphibienschutz,<br />
wozu die komplette Anlage rundum mit Abweisern<br />
und Fluchthilfen für Amphibien versehen wurde.<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
Lehrgang Flusskrebse – Biologie, Bewirtschaftung,<br />
Fang und Verarbeitung<br />
23. / 24. August <strong>2013</strong> im Landwirtschaftlichen Bildungszentrum<br />
Echem der Landwirtschaftskammer Niedersachsen (Nähe Lüneburg)<br />
Haltung, Aufzucht und Nutzung von Flusskrebsen<br />
stoßen in den letzen Jahren zunehmend auf<br />
Interesse. Bereits seit 1998 hat sich der Fachbereich<br />
<strong>Fischerei</strong> der Landwirtschaftskammer Niedersachen<br />
dieser Thematik angenommen und mit Flusskrebszüchtern,<br />
Wissenschaftlern und der <strong>Fischerei</strong>verwaltung<br />
für alle Interessierten hierzu mehrere Fachseminare<br />
durchgeführt. In konsequenter Folge soll darauf aufbauend<br />
zu rechtlichen und fachlichen Inhalten informiert<br />
und über weitere gewonnene Erfahrungen<br />
berichtet werden. Verstärkt soll ebenfalls über ein<br />
Aquakultur- und Wassermanagement in der Krebszucht<br />
sowie zur Bewirtschaftung der vorhandenen<br />
Flusskrebsbestände berichtet und diskutiert werden.<br />
Der Lehrgang richtet sich an alle Personen mit Interesse<br />
am Einstieg in die Flusskrebsbewirtschaftung<br />
sowie an Teichwirte, Angelvereine und Fischer, die<br />
mit Krebsen bereits umgehen.<br />
FolgendeLehrgangsinhaltesindgeplant<br />
• Daten zur Flusskrebswirtschaft,<br />
• Krebsarten (Biologie, Verbreitung, Herkunft,<br />
artspezielle Aspekte)<br />
• Krankheiten und vorsorgende Hygienemaßnahmen<br />
bei Krebsen<br />
• Krebse in der Gesetzgebung (<strong>Fischerei</strong>recht,<br />
Natur- und Tierschutz)<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Verschiedenes<br />
• Situation und wiss. Projekte in verschiedenen<br />
Bundesländern<br />
• Aquakultur- und Wassermanagement für die<br />
praktische Krebshaltung<br />
• Bewirtschaftung und Fang von Krebsen in nicht<br />
ablassbaren Gewässern<br />
• Erfahrungsaustausch in der Krebshaltung und<br />
-zucht<br />
• Umgang mit Krebsen: Artenbestimmung,<br />
Transport, Töten, Zubereitung<br />
• Perspektiven der Flusskrebsbewirtschaftung<br />
Termin<br />
23.8.<strong>2013</strong> – Beginn 9.30 Uhr bis<br />
24.8.<strong>2013</strong> ca. 14.00 Uhr<br />
Lehrgangskosten<br />
210,- € (inkl. Übernachtung im DZ und Vollverpflegung)<br />
Teilnehmerzahl<br />
min. 20 bis max. 30 Personen<br />
Anmeldung bei<br />
Landwirtschaftskammer Niedersachsen<br />
Fachbereich 3.6. <strong>Fischerei</strong><br />
Johannssenstr. 10<br />
30159 Hannover<br />
Telefon: 0511 36654498<br />
Telefax: 051136654525<br />
E-Mail: steffen.goeckemeyer@lwk-niedersachsen.de<br />
63
Verschiedenes<br />
Fischer auf die Rote Liste?<br />
2. <strong>Fischerei</strong>dialog der Deutschen Umwelthilfe e.V. am 22. Februar <strong>2013</strong> in Stralsund – ein Resümee von Werner Kuhn<br />
„Fisch auf jeden Tisch“ forderte<br />
einst Fischkoch Kroboth aus<br />
dem Rostocker Fernsehstudio<br />
und warb mit dem Slogan:<br />
„Jede Woche zweimal Fisch<br />
hält gesund, macht schlank<br />
und frisch“. Stimmt. Das ist<br />
einige Jahrzehnte her, aber<br />
ich erinnere mich gut: Damals<br />
arbeiteten noch 16.000 Menschen in der ostdeutschen<br />
Hochseefischerei und ungefähr 500 Kutterfischer landeten<br />
jeden Morgen ihren Fang an den Küsten Mecklenburg-<br />
Vorpommerns an.<br />
Nur 250 Küstenfischer gibt es heute in MV und in fünf<br />
Jahren werden es noch 50 sein, prognostizierte kürzlich<br />
Elvira Rothe vom Landesverband der Kutter- und Küstenfischer<br />
MV bei einem so genannten Dialog der Deutschen<br />
Umwelthilfe e.V. in Stralsund, in dem es um Perspektiven<br />
einer nachhaltigen Fangpraxis gehen sollte. „250<br />
Stellnetzfischer müssen auch auf die Rote Liste der aussterbenden<br />
Arten“ hatten die Fischer auf ihr Transparent<br />
geschrieben. Grund: Kaum andere Berufsstände werden<br />
öffentlich so massiv angefeindet wie die der Fischer oder<br />
Bauern. In meinen Augen ist das skandalös. Es sind die<br />
ältesten Berufe der Menschheit und sie arbeiten immer<br />
noch körperlich hart.<br />
Bis zu 19.000 Seevögel sollen je Wintersaison in<br />
den Stellnetzen der Fischer in MV gefangen worden sein,<br />
listeten die Umweltaktivisten in Stralsund auf. Und über 60<br />
Schweinswale. Zudem: Die Ostsee sei in einem schlechten<br />
Gesamtzustand und die <strong>Fischerei</strong> stellt die Hauptbelastung<br />
der Meeresfauna dar. Mit dieser Aussage berief sich<br />
Nina Wolff, Projektleiterin Meeresnaturschutz des Berliner<br />
Büros der spendenfinanzierten Deutschen Umwelthilfe<br />
e.V., auf die EU-Meeresstrategie-Rahmenrichtlinie (MSRL).<br />
Interessant allerdings, dass man diese Beurteilung in offiziellen<br />
Dokumenten nirgendwo findet, auch nicht in der<br />
Anfangsbewertung zur Umsetzung der Meeresstrategie-<br />
Richtlinie in der deutschen Ostsee. Denn darin ist sowohl<br />
von Belastungen der Fischfauna als auch von erkennbaren<br />
Verbesserungen der Bestände die Rede. Weiter heißt es<br />
in dem wissenschaftlichen Bericht, herausgegeben vom<br />
Bundesumweltministerium: „Für die Entwicklung der Fischbestände<br />
sowie der Artverbreitung und Zusammensetzung<br />
64<br />
stellen die Auswirkungen der <strong>Fischerei</strong> und der Klimaänderungen<br />
sowie die Anreicherungen von Nährstoffen die<br />
Hauptbelastungen dar.“<br />
„Wir sind verraten und verkauft“, sagte einer der über<br />
30 Fischer, die sich in Stralsund dem Dialog gestellt hatten.<br />
„Seit 1982 bin ich Fischer, aber einen Schweinswal hab ich<br />
nie gesehen und Enten sind auch nicht in meinen Netzen.“<br />
Denn zum einen haben die Fischer eine Quote und zum<br />
zweiten dürfen sie diese auch nur an 160 Tagen im Jahr<br />
abfischen – selten in der Wintersaison, in der sie angeblich<br />
19.000 Wasservögel in ihren Netzen haben sollen. Auf<br />
dem Wasser werden sie minutiös überwacht, sie müssen<br />
sich ab- und anmelden und werden über GPS verfolgt.<br />
Alles andere war die Veranstaltung in Stralsund – ein<br />
Dialog auf keinen Fall. „Die <strong>Fischerei</strong> stirbt aus,“ sagte<br />
Fischer Bernd Schütze aus Stahlbrode bitter zu den Umweltvertretern,<br />
„dann haben sie keine Schuldigen mehr“.<br />
Ich wünsche mir einen sachlichen, ergebnisorientierten<br />
Stil im Prozess der Reform der gemeinsamen <strong>Fischerei</strong>politik.<br />
Bei unseren Entscheidungen in Brüssel und Straßburg<br />
geht es um vieles: Um die dauerhafte Bestandssicherung<br />
von Fisch und Fischern. Und um die gesunde Ernährung<br />
der Menschen. Ich bin froh, dass das Rückwurfverbot von<br />
Fisch Konsens ist. Und auch, dass der Zeitplan dafür so gewählt<br />
wird, dass die Fischer die Möglichkeit haben, selektives<br />
Fanggerät anzuschaffen und erproben zu können. Und<br />
wir uns für eine wirksame Förderung einsetzen können.<br />
Außerdem sollten die Managementpläne der verschiedenen<br />
Fischarten die Grundlage für einen entsprechenden<br />
Zeitplan bilden. Die EU-<strong>Fischerei</strong>minister haben sich auf<br />
einen schrittweisen Zeitplan für das Verbot des Rückwurfs<br />
von Beifang zwischen 2014 und 2019 geeinigt. Schließlich<br />
muss auch noch ein Weg gefunden werden, damit die<br />
Eiweißressourcen erfasst und verarbeitet werden.<br />
Ich will alles dafür tun, um die kleine Kutter- und Küstenfischerei<br />
in M-V zu erhalten. Schließlich soll der Fisch<br />
auf unserem Teller mehr Kilometer im Wasser schwimmend<br />
als im Flugzeug fliegend zurückgelegt haben.<br />
Ihr Werner Kuhn<br />
Kontakt:<br />
Evelyn Koepke, Journalistin<br />
Presse- und Öffentlichkeitsarbeit des<br />
Europaabgeordneten Werner Kuhn<br />
E-Mail: evelyn.koepke@werner-kuhn.eu<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong>
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in MV • 2/<strong>2013</strong><br />
Impressum<br />
<strong>Fischerei</strong> & <strong>Fischmarkt</strong> in Mecklenburg-Vorpommern / Heft 2 – Juni <strong>2013</strong> – 13. Jahrgang<br />
AktuelleInformationenausPraxis,Forschung,BeratungundVerwaltung•ISSN1617-4585<br />
Herausgeberin:<br />
<strong>LMS</strong> Agrarberatung GmbH · Graf-Lippe-Str. 1 · 18059 Rostock<br />
www.lms-beratung.de<br />
Redaktionskollegium:<br />
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Malte Dorow – Landesforschungsanstalt für Landwirtschaft und <strong>Fischerei</strong> MV (LFA) –<br />
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