Schiffsanleger gehen baden - Hahn Rechtsanwälte Partnerschaft
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Leere Schiffe, leere Kassen: Die<br />
Frachter Jork Reliance und Skirner<br />
warten in Hamburg auf Aufträge.<br />
Sie gehören zu den Dachfonds<br />
„HCI Euroliner I und II“.<br />
<strong>Schiffsanleger</strong><br />
<strong>gehen</strong> <strong>baden</strong><br />
Schiffsbeteiligungen. Zehntausende Anleger<br />
von Schiffsfonds fürchten um ihr Geld. Nachzahlen<br />
sollten sie ohne juristischen Rat nicht.<br />
Der Markt für Schiffsfonds ist fast<br />
zusammengebrochen. Das bekennen<br />
Reeder, Fondsvorstände, Banker und Anlegeranwälte<br />
nahezu einmütig. Hunderte<br />
von Schiffsfonds sind in finanzieller Not,<br />
brauchen Geld oder ihre Anbieter müssen<br />
die Schiffe notverkaufen.<br />
Mehr als 180 Anlegerschiffe sind schon<br />
pleite. Experten meinen, dass im Jahre 2013<br />
hunderte weitere Schiffe unter<strong>gehen</strong> werden<br />
und zehntausende Anleger viel Geld<br />
verlieren. „Wir stehen vor massenhaften<br />
Pleiten“, sagt Helge Petersen, Fachanwalt für<br />
Bank- und Kapitalmarktrecht aus Kiel.<br />
Petersen vertritt 320 überwiegend ältere<br />
Anleger, deren Fonds mittlerweile insolvent<br />
oder in Not sind. Vermittler der Postbank-<br />
Finanzberatung haben ihnen die riskanten,<br />
über viele Jahre laufenden Schiffsbeteili -<br />
gungen als sichere Anlage empfohlen. Viele<br />
dieser Kunden wollten mit den Erträgen aus<br />
den Fonds ihr Alter absichern (siehe Finanztest,<br />
3/13, S. 33).<br />
Seine Rente aufbessern wollte auch Axel<br />
Mehring*. Ein Großteil seiner Ersparnisse<br />
steckt in verschiedenen Schiffsfonds, die<br />
ihm die Commerzbank vermittelt hat. Sie<br />
sollten ihm attraktive jährliche Renditen<br />
von 7 Prozent und mehr bescheren. Doch<br />
statt auszuschütten brauchen die meisten<br />
seiner Fonds Geld.<br />
*Namen von der Redaktion geändert.<br />
Ruheständler Mehring befindet sich in großer<br />
Gesellschaft. Zehntausende deutsche<br />
<strong>Schiffsanleger</strong> haben ähnliche Probleme.<br />
Sie haben in den vergangenen 20 Jahren<br />
rund 30 Milliarden Euro in Schiffsfonds investiert.<br />
Sie wussten nicht, dass deutsche<br />
Reeder mithilfe von Banken und Anleger -<br />
geld wesentlich mehr Tonnage finanzierten,<br />
als der Markt brauchte.<br />
Schiffe versenken hat Konjunktur<br />
Anleger wie Mehring erhalten komplizierte,<br />
oft mehr als hundert Seiten dicke Sanierungskonzepte<br />
von ihrer Fondsgesellschaft.<br />
Darin fordert die Gesellschaft sie auf, für die<br />
Sanierung des Fonds Geld nachzuschießen<br />
oder Ausschüttungen zurückzuzahlen. Andernfalls<br />
drohe dem Fonds die Pleite und<br />
das Geld der Anleger sei verloren.<br />
Die Anleger sollen meist schriftlich ihre<br />
Zustimmung geben. Doch die Schreiben<br />
sind oft so kompliziert, dass sie einfach den<br />
Kopf in den Sand stecken und gar nichts tun.<br />
So wie Kerstin Wilke*: „Ich habe das ellen -<br />
lange Schreiben einfach ignoriert, weil ich<br />
mich völlig überfordert fühlte“, sagt sie.<br />
Wilke hatte 2004 auf einen Berater des<br />
Finanzvertriebs AWD aus Hannover gehört<br />
und 10 000 Euro in den HCI Schiffsfonds<br />
VIII gesteckt. Der Dachfonds hat insgesamt<br />
acht Schiffe finanziert. Zwei von ihnen sind<br />
schon pleite, ein weiteres, die „Lake Erie“<br />
42 Geldanlage und Altersvorsorge Finanztest 5/2013<br />
FOTO: JOERG MODROW
musste zur Stützung der anderen verkauft<br />
werden.<br />
Lange Zeit hatte Wilke geglaubt, eine solide<br />
Anlage abgeschlossen zu haben. Denn bis<br />
2008 erhielt sie Jahr für Jahr Ausschüt -<br />
tungen. Diese hielt sie für Gewinne aus dem<br />
Fonds. Doch solche Rückflüsse – von Anbietern<br />
gerne als „vorzeitige Entnahme“ bezeichnet<br />
– haben oft nichts mit Gewinn zu<br />
tun, sondern sind über Jahre nur Rückzahlungen<br />
der Kapitaleinlage.<br />
Bei der Vermittlung von Schiffsbeteili -<br />
gungen werde oft nur mangelhaft beraten,<br />
berichtet Peter Mattil, Fachanwalt für Bank-<br />
und Kapitalmarktrecht aus München, von<br />
seinen Mandanten. Kaum ein Vermittler<br />
kläre Anleger darüber auf, dass Schiffsfonds<br />
erst nach vielen Jahren in die Gewinnzone<br />
fahren. Auch verschwiegen sie Anlegern<br />
häufig die hohen Provisionen, die Banken<br />
und Vermittler für die Vermittlung der<br />
Fonds kassierten.<br />
Nachschüsse sind keine Pflicht<br />
Mehring und Wilke sollten nicht einfach<br />
zahlen. Denn Anleger von geschlossenen<br />
Fonds sind nicht verpflichtet, Nachschüsse<br />
zu leisten. Das steht in jedem Beteiligungsprospekt.<br />
Verbraucherschützer und Anlegeranwäl -<br />
te berichten aber immer häufiger, dass<br />
Fondshäuser raffinierte Klauseln in den Verträgen<br />
nutzen, um Anleger doch zur Kasse<br />
zu bitten. Statt eines Nachschusses verlangen<br />
sie etwa die Rückzahlung von Ausschüttungen.<br />
Die beiden Hamburger Fondshäuser Hansa<br />
Treuhand und Lloyd Fonds fordern beispielsweise<br />
von Anlegern der Fondsschiffe<br />
„Wehr Rissen“ und „Wehr Schulau“ Geld zurück.<br />
Die Anbieter sind wie das Dortmunder<br />
Emissionshaus Dr. Peters der Meinung, dass<br />
es sich bei den Ausschüttungen der Vergangenheit<br />
um Darlehen handelt, die Anleger<br />
im Notfall zurückzahlen müssten. Die<br />
Fondshäuser schreiben Kunden, die nicht<br />
zahlen wollen, zum Teil rüde Briefe und drohen<br />
ihnen mit Klagen.<br />
Die Eheleute Erika und Uwe Laible*, beide<br />
70 Jahre alt, waren fassungslos, als das<br />
Fondshaus Dr. Peters ihnen mitteilte, die<br />
13 000 Euro Ausschüttungen seien nur ein<br />
Darlehen gewesen. Um den Fonds zu retten,<br />
müssten sie das Darlehen zurückzahlen.<br />
Laibles hatten ihren Fondsanteil in Höhe<br />
von damals 100 000 Mark am Container-<br />
Unser Rat<br />
Anleger. Investieren Sie nicht in<br />
Schiffsfonds, wenn Sie kein Kenner<br />
des Marktes sind. Die Gefahr von Verlusten<br />
ist riesengroß. Viele Fonds sind<br />
bereits pleite, andere müssen ihre<br />
Schiffe notverkaufen. Nur eine Minderheit<br />
der Fonds entwickelt sich zurzeit<br />
prospektgemäß.<br />
Hilfe. Fordert Ihr Fondsanbieter Ausschüttungen<br />
zurück oder will er sogar<br />
Nachzahlungen, um den Fonds zu retten?<br />
Dann fragen Sie eine Verbraucherzentrale<br />
oder einen Fachanwalt für<br />
Bank- und Kapitalmarktrecht um Rat.<br />
schiff „Cape Campbell“ von Dr. Peters auf<br />
Kredit finanziert und dafür ihr Eigenheim<br />
mit einer Grundschuld belastet. Sie lehnten<br />
die Rückzahlung ab. Ihr Berater bei der Raiffeisenbank<br />
Aschaffenburg habe sie falsch<br />
beraten, als er die Beteiligung auf Kredit als<br />
sichere Altersvorsorge empfahl.<br />
Anders als die meisten Dr.-Peters-Anleger<br />
sind die Laibles glimpflich davongekom -<br />
men. Mithilfe des Stuttgarter Rechtsanwalts<br />
Patrick Zagni verklagten sie die Raiffeisenbank<br />
wegen Falschberatung. Ihre Gegenwehr<br />
hatte nach zwei Jahren Erfolg. Die<br />
Unternehmensbeteiligung<br />
So funktioniert eine Schiffsbeteiligung<br />
Investition. Ein Schiffsfonds ist eine<br />
Gesellschaft von Anlegern, die sich für<br />
viele Jahre an Schiffen beteiligen. Die<br />
Schiffe werden meist zu 40 Prozent<br />
mit Anlegergeld und zu 60 Prozent mit<br />
Krediten finanziert. Sobald der Fonds<br />
genügend Anlegergeld eingesammelt<br />
hat, wird er geschlossen. Er nimmt<br />
keine neuen Anleger mehr auf.<br />
Ausschüttungen. Die Fondsbetreiber<br />
stellen den Anlegern zweierlei in Aussicht:<br />
Jährliche Ausschüttungen und<br />
weit<strong>gehen</strong>d steuerfreie Gewinne bei<br />
Auflösung des Fonds. Die jährlichen<br />
Auszahlungen sind zunächst aber nur<br />
Rückzahlungen aus dem eingesetzten<br />
Kapital. Gewinne gibt es meist erst,<br />
wenn das Schiff verkauft wird.<br />
Schiffsbeteiligungen<br />
Die Juristen klären, ob Sie zu Zahlungen<br />
verpflichtet sind. Außerdem prüfen<br />
sie, ob Sie Schadenersatzansprüche<br />
gegen Berater haben, weil diese<br />
Sie falsch beraten oder Vermittlungsprovisionen<br />
verschwiegen haben.<br />
Ausstieg. Wenn Sie Ihren Schiffsfonds<br />
vorzeitig loswerden wollen, können Sie<br />
es am Zweitmarkt versuchen (www.<br />
zweitmarkt.de und www.deutschezweitmarkt.de).<br />
Hat Ihr Fonds bereits<br />
Probleme, ist Ihr Anteil aber nur zu einem<br />
Bruchteil Ihrer Beteiligungssumme<br />
oder gar nicht verkäuflich.<br />
Bank lenkte kurz vor der mündlichen Gerichtsverhandlung<br />
ein. Zagni: „Wir konnten<br />
einen Vergleich aushandeln, der das Ehepaar<br />
weit<strong>gehen</strong>d schadenfrei stellt.“ Laibles<br />
Mitanleger hatten weniger Glück. Sie erlitten<br />
nahezu einen Totalverlust.<br />
Hunderte Anleger verloren vor Gericht<br />
Hunderte der 6 600 Anleger von 22 Schiffsfonds<br />
der Dr.-Peters-Gruppe zahlten jedoch.<br />
Sie gaben satte 62,2 Millionen Euro zurück.<br />
Gefordert hatte das Fondshaus 75,2 Millionen<br />
Euro. Anleger, die sich vor Gericht<br />
Steuern. Vor 2006 sind Schiffsfondsanleger<br />
noch in den Genuss steuerlicher<br />
Verlustzuweisungen gekommen.<br />
Solche Anleger müssen beim Verkauf<br />
ihres Schiffes meist mit einer Steuerforderung<br />
rechnen.<br />
Risiko. Wirtschaftet ein Fonds nicht<br />
erfolgreich, können Anleger als Mitunternehmer<br />
ihre Einlage verlieren.<br />
Laufzeit. Schiffsfonds laufen meist 12<br />
bis 15 Jahre oder länger und können<br />
vor Ende der Mindestlaufzeit nicht gekündigt<br />
werden. Die im Prospekt angegebene<br />
Laufzeit ist nur eine Prognose.<br />
Sie kann deutlich überschritten<br />
werden, aber auch kürzer ausfallen,<br />
wenn das Schiff vorher verkauft wird.<br />
5/2013 Finanztest Geldanlage und Altersvorsorge 43<br />
0
gegen die Forderungen von Dr. Peters und<br />
dessen Fondsverwalter wehrten, blitzten ab.<br />
Die trickreichen Klauseln in den Be -<br />
teiligungsprospekten schienen Dr. Peters<br />
recht zu geben. Rund 450 Urteile fällten<br />
Amts- und Landgerichte zugunsten des<br />
Fondsanbieters. Und auch die Oberlandesgerichte<br />
Hamm, Celle und München bestätigten<br />
in 40 Fällen die Rechtmäßigkeit der<br />
Dr.-Peters-Forderungen.<br />
Bundesgerichtshof: Anleger im Recht<br />
Seit dem 12. März 2013 gibt es neue Hoffnung.<br />
An diesem Tag entschied der Bundesgerichtshof<br />
(BGH) in zwei Fällen erstmals<br />
zugunsten der Anleger. Fondsanbieter dürften<br />
Ausschüttungen nur zurückfordern,<br />
wenn das im Gesellschaftsvertrag eindeutig<br />
so vorgesehen sei, urteilte der BGH (Az. II ZR<br />
73/11 und II ZR 74/11).<br />
Geklagt hatten die beiden Fondsgesellschaften<br />
der angeschlagenen Schiffsfonds<br />
DS-Fonds Nr. 38 MS Cape Hatteras und DS-<br />
Fonds Nr. 39 MS Cape Horn von Dr. Peters.<br />
Beide Schiffe waren 2009 in wirtschaftliche<br />
Not geraten. Auf einer Gesellschafter-<br />
Bilanz eines Anlegers<br />
Hans Beck* zeichnet 1997 einen Anteil<br />
am Schiffsfonds „Fabian Schulte“ der<br />
HCI Capital. Er bezahlt 100 000 Euro<br />
plus 5 000 Euro Ausgabeaufschlag und<br />
will von Steuervorteilen und Gewinnen<br />
des Schiffs profitieren. Doch es kommt<br />
anders als geplant.<br />
Im Jahr 2012 muss die „Fabian Schulte“<br />
notverkauft werden. Von seinen<br />
105 000 Euro Einzahlung bleiben Beck<br />
22 000 Euro Ausschüttungen, die er<br />
bereits erhalten hat und 50 000 Euro<br />
Steuerersparnisse. Dabei ist eingerechnet,<br />
dass spätere Forderungen des<br />
Finanzamts die Steuervorteile vom<br />
Anfang schmälern. Beck verliert 33 000<br />
Euro. Wie sieht die Rechnung aus?<br />
Wirtschaftlich: Schon vor der Krise<br />
läuft der Fonds nur schleppend. Anstelle<br />
der ab dem Jahr 2000 prognostizier-<br />
*Name von der Redaktion geändert.<br />
versammlung hatten die Anleger einem<br />
Sanierungskonzept zugestimmt, das eine<br />
Rückzahlung ihrer Ausschüttungen vorsah.<br />
Einige Anleger weigerten sich trotz des<br />
Beschlusses, ihre Ausschüttungen zurückzuzahlen,<br />
sodass die Fondsgesellschaften<br />
sie verklagten. Sowohl das Landgericht<br />
Dortmund als auch das Oberlandesgericht<br />
Hamm gaben den Gesellschaften recht.<br />
Nicht so der Bundesgerichtshof. Er legt<br />
die Gesellschaftsverträge in den beiden<br />
Nach der Pleite verlangt das Finanzamt noch Steuern<br />
ten Ausschüttungen von 70 000 Euro<br />
erhält Beck bis 2008 nur 29 000 Euro.<br />
Danach fallen die Ausschüttungen<br />
ganz aus und später fordern die Fondsbetreiber<br />
Beck auf, Ausschüttungen in<br />
Höhe von 7 000 Euro zurückzuzahlen.<br />
Davon wolle man die Restschulden des<br />
Fonds begleichen. Nach Abzug der<br />
7 000 Euro bleiben Beck Ausschüttungen<br />
von 22 000 Euro.<br />
Steuerlich: Architekt Beck ist Spitzenverdiener.<br />
Sein Steuersatz beträgt in<br />
den 90er Jahren mehr als 60 Prozent,<br />
heute 48 Prozent. Die Schiffsbeteiligung<br />
bezahlt er 1997 zu rund 70 Prozent<br />
aus gesparten Steuern. Der Grund:<br />
Frachter wie die 35 Millionen Euro teure<br />
„Fabian Schulte“ produzierten damals<br />
in den ersten Jahren wegen hoher<br />
Abschreibungen auf das Schiff hohe<br />
steuerliche Verluste. In Becks Fall sind<br />
das 116 Prozent seiner Einlage in Höhe<br />
Viel Fracht, viel Erfolg: Die<br />
Conti Porto (Chartername Hanjin<br />
Vienna) der Conti Reederei bringt<br />
Anlegern schöne Gewinne.<br />
Fällen anders aus. Zwar sei von Darlehenskonto<br />
und Darlehensverbindlichkeit die<br />
Rede. Aus der Gesamtschau der Regelungen<br />
ergebe sich aber eindeutig, dass die Fonds<br />
das Geld nicht zurückholen dürften (Details<br />
auf unserer Internetseite unter www.test.<br />
de/schiffsfonds-ausschuettungen).<br />
Die Entscheidung des BGH könnte auch<br />
anderen Anlegern von maroden Fonds der<br />
Dr.-Peters-Gruppe helfen. Denn in anderen<br />
Beteiligungssprospekten der Fondshäuser<br />
von 100 000 Euro. Die Steueranrechnung<br />
von 116 000 Euro Verlust bringt<br />
Beck einen schnellen Rückfluss von<br />
rund 70 000 Euro.<br />
Im Jahr 1999 führt Deutschland eine<br />
neue Steuer für Schiffsfonds ein, die<br />
Tonnagesteuer. Nun wird die Differenz<br />
zwischen Verkehrs- und Buchwert der<br />
„Fabian Schulte“ steuerpflichtig. Festgesetzt<br />
wird der Unterschiedsbetrag<br />
zwischen aktuellem Verkehrswert und<br />
Buchwert des Schiffes nach Abschreibung.<br />
Bei der „Fabian Schulte“ sind das 6,7<br />
Millionen Euro, was 42 Prozent des<br />
Gesellschaftskapitals entspricht.<br />
Beck muss nun Jahre später 42 Prozent<br />
seines 100 000-Euro-Anteils versteuern.<br />
Er muss rund 20 000 Euro<br />
Steuern zahlen, von der Ersparnis zu<br />
Anfang bleiben ihm 50 000 Euro.<br />
44 Geldanlage und Altersvorsorge Finanztest 5/2013<br />
FOTO: HASENPUSCH PHOTO-PRODUCTIONS
stehen ähnliche Formulierungen. Vorerst<br />
sollten Anleger Rückforderungen aller Art<br />
juristisch prüfen lassen, bevor sie zahlen.<br />
Anselm Gehling, Chef der Dr.-Peters-<br />
Gruppe, kritisiert das Urteil. Es handele sich<br />
um einen Pyrrhussieg für die Anleger. Die<br />
Fonds hätten mit den Rückforderungen versucht,<br />
die Schiffe weiterzubetreiben. Sie<br />
wollten damit verhindern, dass die Anleger<br />
durch Gläubigerbanken oder den Insolvenzverwalter<br />
zur Rückzahlung der Ausschüt -<br />
tungen gezwungen werden könnten, wenn<br />
der Fonds schon pleite ist.<br />
Selbst nach der Pleite eines Schiffes kann<br />
der Ärger also noch weiter<strong>gehen</strong>, wie im Fall<br />
der „Lehmann Forester“ vom Elbe Emissionshaus<br />
Hamburg. Der Fonds, erst 2007<br />
gestartet, benötigte schon 2009 frisches<br />
Kapital. Um eine Insolvenz zu vermeiden,<br />
erklärten sich zahlreiche Anleger schriftlich<br />
bereit, Geld in Höhe von 30 Prozent ihrer<br />
Gesellschaftseinlage nachzuschießen.<br />
Doch viele zahlten dann doch nicht, weil<br />
bald klar wurde, dass die Pleite sich nicht<br />
mehr abwenden ließ. „Nun fordert der Insolvenzverwalter<br />
das Geld nachträglich von<br />
ihnen“, sagt Rechtsanwalt Peter <strong>Hahn</strong> aus<br />
Bremen, der mehrere Anleger vertritt.<br />
Nicht alle Schiffsfonds kentern<br />
Trotz Krise müssen nicht alle Anleger um<br />
ihr Geld fürchten. Ein kleiner Teil der Fondsschiffe<br />
kam bislang heil durch die schwere<br />
See. Meist waren es größere Containerschiffe<br />
mit solider Kalkulation und gutem Management,<br />
denen Einnahmen durch langfristige<br />
Charterverträge mit erstklassigen<br />
Kunden über viele Jahre gesichert waren.<br />
Zu den Erfolgsschiffen gehören zum Beispiel<br />
die Containerfrachter „Conti Lissabon“<br />
und „Conti Porto“ der Conti Reederei aus<br />
München. Die Fonds aus dem Jahr 1999<br />
haben ihre Kredite längst abbezahlt und<br />
erwirtschafteten für 2012 Ausschüttungen<br />
von 16 Prozent – doppelt so viel wie im<br />
Prospekt angenommen.<br />
Erfreulich verlaufen auch Beteiligungen<br />
an den bereits entschuldeten Schiffen „Pusan“<br />
und „Pohang“ von der Norddeutschen<br />
Vermögen. Sie können für das Jahr 2012<br />
10 und 8 Prozent ausschütten.<br />
Immun gegen die Krise sind jedoch auch<br />
diese Fondshäuser nicht. Wegen sinkender<br />
Einnahmen gibt es auch bei ihnen bereits<br />
etliche Sanierungsfälle. Als Altersvorsorge<br />
sind Schiffsfonds keine gute Idee. j<br />
Schiffe versenkt<br />
Schiffsbeteiligungen<br />
Mehr als 180 Fondsschiffe, die mit über 3,9 Milliarden Euro aus den Beteiligungen<br />
der Anleger und aus Bankkrediten finanziert wurden, sind seit 2008 pleite gegangen.<br />
Die Tabelle nennt die wichtigsten Fondsanbieter, deren Schiffe in die Insolvenz<br />
fuhren. Zehntausende Anleger erlitten durch die Beteiligungen an den Schiffsfonds<br />
Millionenverluste.<br />
Fondsanbieter<br />
HCI Capital<br />
38<br />
GHF Ges. f. Handel u. 19<br />
Finanz<br />
FHH Fondshaus<br />
Hamburg<br />
12<br />
Lloyd Fonds<br />
9<br />
Embdena<br />
9<br />
Atlantic<br />
8<br />
Ownership<br />
8<br />
Dr. Peters<br />
7<br />
Gebab<br />
7<br />
Hanse Capital<br />
6<br />
Fafa Capital<br />
6<br />
König & Cie.<br />
5<br />
MPC Capital<br />
5<br />
BS Invest<br />
4<br />
Navalis Invest<br />
4<br />
Waller / HBC<br />
4<br />
Elbe Emissionshaus 4<br />
Anzahl<br />
Schiffs -<br />
insolvenzen<br />
1)<br />
Investi-<br />
tions-<br />
volumen 2)<br />
(Mio. Euro)<br />
5/2013 Finanztest Geldanlage und Altersvorsorge 45<br />
926,5<br />
254,1<br />
320,7<br />
355,6<br />
95,0<br />
202,5<br />
141,3<br />
220,3<br />
200,9<br />
125,2<br />
78,3<br />
213,2<br />
176,4<br />
89,4<br />
58,9<br />
Zirka 59<br />
44,8<br />
Kapitalverlust durch Notverkäufe<br />
Fondsanbieter Anzahl<br />
Schiffs -<br />
insolvenzen<br />
Krögerwerft<br />
Baum & Co.<br />
KGAL<br />
Vega Reederei<br />
PCE Premium Capital<br />
Werse<br />
Bluewater Capital<br />
Avalon<br />
HPI<br />
Hanseatic Lloyd<br />
United Investors<br />
TC Trumpp<br />
Reederei Sibum<br />
Harren & Partner<br />
Castor Kapital<br />
Triton Shipholding<br />
1)<br />
Investitionsvolumen<br />
4<br />
4<br />
3<br />
3<br />
3<br />
2<br />
1<br />
1<br />
1<br />
1<br />
1<br />
1<br />
1<br />
1<br />
1<br />
1<br />
2)<br />
(Mio. Euro)<br />
44,3<br />
K. A.<br />
82,4<br />
54,2<br />
41,5<br />
19,6<br />
41,5<br />
30,8<br />
21,0<br />
16,2<br />
15,7<br />
14,5<br />
13,0<br />
12,2<br />
10,1<br />
8,3<br />
1) Insolvenzanträge und Insolvenzen.<br />
2) Inklusive Kredite und Ausgabeaufschlag (Agio) laut<br />
Prospekt.<br />
Quelle: Dobert + Partner Stand 8. April 2013<br />
Die meisten Anlegerschiffe fahren seit einigen Jahren nur Schulden ein. Die<br />
Fonds anbieter mussten hunderte Schiffe aus finanzieller Not verkaufen. Wegen<br />
des Preisverfalls war das oft nur mit Verlust möglich, wie die Beispiele zeigen.<br />
Fondsanbieter<br />
Atlantic Ernst Rickmers und<br />
Jock-, Carla-, Tete-,<br />
Asta Rickmers<br />
Clasen Rickmers<br />
Embdena Bluestar, Eaststar,<br />
(insolvent) Nordstar, Oceanstar<br />
Gebab Elisabeth – Neukapital<br />
Helvetia, Nauplius,<br />
Elisabeth, Fiducia<br />
(jeweils Altkapital)<br />
Gallia, Tegesos, Champion<br />
Baltic Adonia<br />
Gudrun<br />
GHF Nordertor (und viele mehr)<br />
Hannover<br />
Leasing<br />
Hansa<br />
Treuhand<br />
HCI<br />
Capital<br />
Schiffsnamen laut<br />
Prospekt<br />
Hansa Lauenburg<br />
(50 % des Fonds<br />
„Maritime Werte 3“)<br />
Hansa Berlin – Neukapital<br />
Hansa Berlin – Altkapital<br />
Vogebulker<br />
Antje und Fabian Schulte<br />
Alana<br />
Hellespont Trustful<br />
MarCalabria<br />
Mardia<br />
Kapital-<br />
verlust 1)<br />
(Prozent)<br />
35–50<br />
23–35<br />
75–100<br />
85<br />
32–48<br />
17–37<br />
42<br />
77<br />
54<br />
100<br />
100<br />
10–15<br />
65<br />
30–33<br />
67<br />
100<br />
85<br />
23<br />
Fondsanbieter<br />
König &<br />
Cie.<br />
Lloyd<br />
Fonds AG<br />
MPC<br />
Capital<br />
AG<br />
Nordcapital<br />
Dr. Peters<br />
Schiffsnamen laut<br />
Prospekt<br />
Atlantic Cruiser<br />
Aframax Tanker-<br />
Flottenfonds (4 Schiffe)<br />
Artus<br />
Henry Schulte<br />
Carolin Schulte<br />
Santa B-Schiffe<br />
Santa Annabella, Santa<br />
Arabella, Santa Adriana<br />
Christian Russ<br />
Sofia Russ<br />
Cape Hatteras und<br />
Cape Horn 3)<br />
Cape Norman 3)<br />
Cape Scott 3)<br />
Cape Spear, Cape Cook,<br />
Cape Campbell<br />
Cape Charles<br />
Wehr Müden /<br />
Wehr Mosel<br />
Kapital-<br />
verlust 1)<br />
(Prozent)<br />
36<br />
76<br />
67<br />
6<br />
5<br />
1) Verlust des Anlegerkapitals, es handelt sich um vorläufige<br />
Prognosen. Angaben: Leistungsbilanzen, Gesellschaftermitteilungen<br />
und eigene Berechnungen.<br />
2) Notverkauf angekündigt, Anleger würden ihr Geld<br />
dabei komplett verlieren.<br />
3) Nach Verkauf 2010/2011, am 4. April Insolvenz angemeldet.<br />
Quelle: Dobert + Partner<br />
2)<br />
13–31<br />
43<br />
3<br />
45<br />
25<br />
9<br />
91–97<br />
76<br />
30