ISSN 0941-0945 2/ 92 • 29. Mai 1992 - THW-historische Sammlung
ISSN 0941-0945 2/ 92 • 29. Mai 1992 - THW-historische Sammlung
ISSN 0941-0945 2/ 92 • 29. Mai 1992 - THW-historische Sammlung
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<strong>ISSN</strong> <strong>0941</strong>-<strong>0945</strong><br />
2/ <strong>92</strong> <strong>•</strong> <strong>29.</strong> <strong>Mai</strong> 19<strong>92</strong>
fen sieben Bergungshelfer<br />
und drei Helfer des FernrneIdezuges<br />
in der Unterkunft<br />
ein. Um 10.30 Uhr erreichte<br />
die erste Schnelleinsatzgruppe<br />
den Unfallort. die zweite<br />
Gruppe und neun Helfer des<br />
Fernmeldezuges mit Fahrzeugen<br />
und Gerät folgten<br />
kurz darauf.<br />
Während die Bergungshelfer<br />
zusammen mit den Kameraden<br />
der Feuerwehr<br />
versuchten, die Wrackteile<br />
des total zertrümmerten Steuerwagens<br />
zu entfernen, um<br />
an die zwei vermißten Lokführer<br />
zu gelangen, unterstützten<br />
die Helfer des Femmeldezuges<br />
die Einsatzleitung<br />
im funk- und fernrneIdetechnischen<br />
Bereich. Die<br />
Einsatzstärke des <strong>THW</strong> in den<br />
M ittagsstunden urnfaßte 16<br />
Bergungshelfer mit einem<br />
Gerätekraftwagen und einem<br />
Kombi sowie 15 Fernmeldehelfer<br />
mit zwei Funkkommandowagen<br />
und weiteren<br />
Femmeldefahrzeugen.<br />
Bergungsarbeiten<br />
bis in den Abend<br />
Ortsbeauftragter Helmut<br />
Mogck befand sich ebenfalls<br />
seit dem Morgen an der Unglücksstelle<br />
. Da sich die Bergungsarbeiten<br />
auch unter<br />
Einsatz schweren Gerätes -<br />
u . a . mit dem Kran der Berufsfeuerwehr<br />
Hannover -<br />
bis in den Abend hinzogen,<br />
wurde neben dem Beleuchtungstrupp<br />
der Elektrogruppe<br />
des Ortsverbcmdes Lehrte<br />
auch der Ortsverband<br />
Langenhagen mit seinem<br />
175 KVA Stromaggregat zu<br />
Hilfe gerufen. In dieser Phase<br />
befanden sich 63 <strong>THW</strong><br />
Helfer am Einsatzort. Gegen<br />
18 Uhr konnten, nachdem<br />
die beiden Lokführer tot geborgen<br />
worden waren, die<br />
Einsatzleistungen zurückgenommen<br />
und gegen 18.30<br />
Uhr abgeschlossen werden.<br />
Nachdem auch die letzten<br />
Fernsprechanschlüsse<br />
freigeschaltet und abgebaut<br />
worden waren, trafen um<br />
19. 10 Uhr die ersten Einsatzfahrzeuge<br />
in der Unterkunft<br />
ein, wo der stellvertretende<br />
Ortsbeauftragte, Horst Plate,<br />
vier Helfer des Versorgungstrupps<br />
und zwei Femmelder<br />
die Stellung gehalten<br />
hatten.<br />
Großes Medieninteresse<br />
an den<br />
Bergungsarbeiten<br />
Foto: Bormann<br />
Ein zehnstündiger, schwerer<br />
Einsatz, der in guter Zusammenarbeit<br />
mit allen beteiligten<br />
Organisationen und<br />
unter großem Interesse der<br />
Medien bewältigt wurde,<br />
war zu Ende.<br />
In Anerkennung der Gesamtleistung<br />
des Technischen Hilfswerks zeichnete der<br />
Bundesminister des Innem, Rudolf Seiters,<br />
am 23. April 19<strong>92</strong> neun besonders<br />
verdiente <strong>THW</strong> -Helfer aus. Zusammen mit<br />
<strong>THW</strong>-Direktor Gerd Jürgen Henkel und<br />
Bundessprecher Günther Seekatz waren<br />
rund einhundert <strong>THW</strong>-Helfer beim Minister<br />
zu Gast und nahmen die Auszeichnungen<br />
stellvertretend für alle im Auslandseinsatz<br />
engagierten <strong>THW</strong> -Helfer entgegen.<br />
Bundesinnenminister<br />
Rudolf Seiters (hier mit<br />
<strong>THW</strong> -Bundessprecher<br />
Günther Seekatz und <strong>THW</strong><br />
Direktor Gerd Jürgen Henkel)<br />
dankte dem <strong>THW</strong> für wertvolle<br />
Hilfe bei Auslandseinsätzen.<br />
Fotos: Hilberath<br />
I n seiner Ansprache vor<br />
den <strong>THW</strong>-Helfem erinnerte<br />
Seiters an das erst wenige<br />
Tage zurückliegende Erdbeben<br />
im Rheinland. Hier habe<br />
man selbst erfahren, <strong>•</strong> wie<br />
wichtig ein Wirkungsvoller<br />
Katastrophenschutz als Hilfe<br />
für die Opfer und Geschädigten<br />
ist". Im Unterschied<br />
zu vielen Staaten der Erde,<br />
die stärker von Naturkatastrophen<br />
heimgesucht würden,<br />
besitze die Bundesrepublik<br />
ein leistungsfähiges<br />
Bevölkerungsschutzsystem.<br />
<strong>THW</strong>als<br />
"Sympathieträger"<br />
Der Minister betonte die<br />
bedeutende Rolle, die das<br />
Technische Hilfswerk bei<br />
Auslandseinsätzen übemehme.<br />
Es leiste den Menschen<br />
in Not wertvolle Überlebens-<br />
solidarisches Mitglied der<br />
Völkergemeinschaft. Das<br />
Technische Hilfswerk stehe<br />
als Bundesanstalt im Ausland<br />
wie keine andere Hilfsorganisation<br />
für das Ansehen<br />
der Bundesrepublik<br />
Deutschland.<br />
Beispielhaft für die Auslandseinsätze<br />
nannte Seiters<br />
die Hilfsaktion für die irakischen<br />
Flüchtlinge, die Transportfahrten<br />
in die GUS und<br />
den SEE BA-Einsatz in der<br />
Türkei. An die Helfer gewandt<br />
sagte der Minister:<br />
.Ihre Einsatzbereitschaft. Ihre<br />
Belastungsfähigkeit und Ihr<br />
Idealismus befähigen erst<br />
das <strong>THW</strong> und damit unseren<br />
Staat, über unsere Grenzen<br />
hinaus Hilfe zu leisten<br />
und als Sympathieträger für<br />
die Bundesrepublik im Ausland<br />
zu wirken." In seinen<br />
Dank an das Technische Hilfs-<br />
hilfe. Darüber hinaus reprä- werk schloß er auch die drei<br />
sentiere jeder einzelne <strong>THW</strong> - bei Hilfsfahrten in die GUS ums<br />
Helfer die Bundesrepublik als Leben gekommen Helfer ein.<br />
4 (f) Technisches Hilfswerk 2/ <strong>92</strong>
Bundesminister<br />
des IlUlern<br />
ehrte neun <strong>THW</strong>-Helfer<br />
von Alexander Glass<br />
Bundesverdienstkreuz<br />
Die höchste Auszeichnung<br />
erhielt an diesem Tag Ralph<br />
Dunger aus Bad Nenndorf<br />
mit dem Bundesverdienstkreuz<br />
am Bande. RalphDunger,<br />
seit 1964 zunächst ehrenamtlich<br />
im Technischen<br />
Hilfswerk tätig - einige Zeit<br />
als Zugführer und stellvertretender<br />
Ortsbeauftragter -<br />
arbeitet seit 1983 auch<br />
hauptamtlich im <strong>THW</strong>-Landesverband<br />
Niedersachsen.<br />
Er leitet dort das Hauptsachgebiet<br />
Ausbildung. Seine<br />
Überzeugung, daß abstrakte<br />
Ausbildungsrichtlinien<br />
nicht immer mit den tatsächlichen<br />
Erfordernissen des Einsatzes<br />
in Einklang stehen,<br />
brachte er in die Arbeit des<br />
Arbeitskreises IV (Einsatz)<br />
ein. Nachdem er bei Einsätzen<br />
in Äthiopien und Armenien<br />
weitere Erfahrungen<br />
gesammelt hatte, wirkte er<br />
in der Projektgruppe Aus-<br />
Technisches Hilfswerk 2/ <strong>92</strong> fif<br />
landseinsatz der <strong>THW</strong>-Leitung<br />
mit und trug auch in<br />
intemationalen Gremien zur<br />
Vorbereitung von Auslandseinsätzen<br />
bei. Er war mehrmals<br />
auf Erkundungsfahrten<br />
im Gebiet der ehemaligen<br />
Sowjetunion eingesetzt und<br />
half. den Stützpunkt in Brest<br />
aufzubauen, um ihn dann<br />
zeitweise auch zu leiten. Im<br />
vergangenen Jahr war er<br />
vier Wochen lang als Einsatzleiter<br />
im Iran eingesetzt.<br />
<strong>THW</strong> -Ehrenzeichen<br />
Adolf Lenz, schon seit 1955<br />
im <strong>THW</strong>-Ortsverband Ellwangen(Baden-Württemberg)<br />
tätig, bekam das <strong>THW</strong><br />
Ehrenzeichen in Gold. Er war<br />
über 15 Jahre lang Führer<br />
eines Bergungszuges, half<br />
1980 nach dem Erdbeben in<br />
Italien und war letztes Jahr<br />
gleich zweimal im Iran. In<br />
dem von ihm aufgebauten<br />
Verpflegungstrupp hat sich<br />
Heinrich Auer vom <strong>THW</strong><br />
Ortsverband Traunreut (Bayem)<br />
Verdienste erworben,<br />
die der Bundesinnenrninister<br />
mit dem <strong>THW</strong>-Ehrenzeichen<br />
in Silber anerkannte. Heinrich<br />
Auer ist seit 1968 <strong>THW</strong><br />
Helfer und sein Verpflegungstrupp<br />
ist schon lange über<br />
die Grenzen des Ortsverbandes<br />
hinaus wohlbekannt. Bei<br />
Großveranstaltungen hat er<br />
mit seinen Männem schon<br />
bis zu 5 000 Personen an einem<br />
Tag verpflegt. Er war<br />
gleichfalls in Italien, sechs<br />
Wochen lang in Beirut sowie<br />
vier Wochen im Iran eingesetzt.<br />
Wilhelm Feitsma vom Berliner<br />
Bezirksverband Schöne-<br />
berg, der sein berufliches<br />
Know-How als Betriebsleiter<br />
bei den Berliner Wasserwerken<br />
zuletzt in Galang (Indonesien)<br />
und im Iran in die<br />
Dienste des Technischen<br />
Hilfswerks stellte, wurde von<br />
Minister Seiters mit dem<br />
<strong>THW</strong>-Ehrenzeichen in Bronze<br />
ausgezeichnet. Ebenso<br />
Max Glatter (OV <strong>Mai</strong>nz) , der<br />
nun schon 40 Jahre lang<br />
<strong>THW</strong>-Helfer ist, und Lothar<br />
Hille (OV Düsseldorf), der<br />
durch ausgeprägten Sachverstand<br />
und Ideemeichtum<br />
zum Vorbild aller Kameraden<br />
im Ortsverband geworden<br />
ist. Friedrich Kuchs (OV<br />
Darmstadt) und Peter Kukuk<br />
(Berlin-Charlottenburg) sind<br />
beide seit 22 Jahren im Technischen<br />
Hilfswerk. Kuchs<br />
wirkte bei zahlreichen Einsätzen<br />
im In- und Ausland<br />
mit, Kukuk erreichte als Verbindungsmann<br />
zur Berliner<br />
Minister Seiters gratUlierte<br />
Ralph Dunger zur Verleihung<br />
des Bundesverdienstkreuzes.<br />
Feuerwehr mit viel Sachverstand<br />
eine gedeihliche Zusarmnenarbeit.<br />
Beide sind<br />
nun Träger des <strong>THW</strong>-Ehrenzeichens<br />
in Bronze.<br />
Auch Dr. Manfred Weil<br />
vom saarländischen <strong>THW</strong><br />
Ortsverband Spiesen-Elversberg<br />
wurde für seine Mühe<br />
mit dem <strong>THW</strong>-Ehrenzeichen<br />
in Bronze aus der Hand des<br />
Ministers belohnt. Dr. Weil<br />
ist beruflich im saarländischenGesundheitsministerium<br />
mit Seuchen-, Umweltund<br />
Krankenhaushygiene<br />
befaßt und stellt sein Wissen<br />
dem Technischen Hilfswerk<br />
als Fachberater der Schnelleinsatzeinheitfür<br />
Bergung im<br />
Ausland zur Verfügung. Er<br />
war mit dem Technischen<br />
Hilfswerk im Sudan, im Iran<br />
sowie in Äthiopien und wird<br />
auch zur Vorbereitung der<br />
Einsätze herangezogen.<br />
5
Zusammenarbeit<br />
zwischen <strong>THW</strong>-Helfern<br />
und türkischen<br />
Einsatzkräften<br />
Zu diesem Zeitpunkt wurden<br />
viele SchadensteIlen bereits<br />
beräumt. Diese Situation<br />
fanden auch die einzelnen<br />
SEEBA-Gruppen im<br />
Stadtgebiet von Erzincan<br />
vor. Dennoch gelang es, einzelne<br />
GroßschadensteIlen<br />
ausfindig zu machen, an denen<br />
die Räumung noch<br />
nicht sehr weit fortgeschritten<br />
war.<br />
Ein Einsatzschwerpunkt<br />
war ein 5-geschossiges Internatsgebäude<br />
im Stadtkern<br />
von Erzincan. An dieser<br />
SchadensteIle wurden<br />
beim Eintreffen der <strong>THW</strong><br />
Mannschaft noch 14 junge<br />
Mädchen vermißt. Mit Hunden<br />
suchten die <strong>THW</strong>-Helfer<br />
die riesige Schichtung nach<br />
Verschütteten ab, mehrmals<br />
schlugen die Hunde dann<br />
auch an. Die elektronischen<br />
Ortungsgeräte, mit denen<br />
diese Ergebnisse parallel<br />
überprüft wurden, konnten<br />
allerdings unter den Trümmern<br />
kein Leben mehr feststellen.<br />
An den von den Hunden<br />
gemeldeten Stellen be-<br />
8<br />
Rettungshunde leisten<br />
nicht nur wichtige Arbeit<br />
bei der Bergung, sondern<br />
sind auch Sympathieträger<br />
beim Einsatz.<br />
gannen die <strong>THW</strong>-Helfer<br />
dann, in die Trümmer einzudringen.<br />
So versuchte man<br />
einerseits, von oben durch<br />
Abtragen in die einzelnen<br />
Schichtungsebenen vorzudringen,<br />
andererseits wollten<br />
die <strong>THW</strong>-Helfer durch<br />
vorsichtiges Abtragen von<br />
Randtrümrnern an die Verschütteten<br />
herankommen.<br />
An dieser SchadensteIle arbeiteten<br />
die deutschen Helfer<br />
mit dem türkischen Zivilschutz<br />
zusammen. In der<br />
Türkei stationierte US-Truppen<br />
leuchteten mit einer<br />
Lichtgiraffe die SchadensteIle<br />
aus.<br />
Bergung von Toten<br />
in Mädcheninternat<br />
Von einer hoffnungsvollen<br />
Meldung wurden die Bergungsarbeitenunterbro-<br />
ehen. Ein Passant teilte dem<br />
Einsatzleiter mit er habe in<br />
einem in der Nähe eingestürzten<br />
Hotel ein Kind schreien<br />
hören. Von umstehenden<br />
Menschen wurde dies bestätigt.<br />
Sofort wurde ein<br />
Trupp zu der bezeichneten<br />
Stelle verlegt. Jedoch weder<br />
der Hund noch die elektronische<br />
Ortung konnten die<br />
Meldung bestätigen. Es wurdekeinVerschüttetergefunden.<br />
Anders jedoch beim Mädcheninternat<br />
von Erzincan.<br />
Dort konnten Mitglieder der<br />
SEEBA die Leichen von fünf<br />
Mädchen in den Trümmern<br />
orten und bergen. Alle geborgenen<br />
Opfer waren nach<br />
übereinstimmenden Aussagen<br />
höchstens sechzehn<br />
Jahre alt. Erst als feststand,<br />
daß es keine Überlebenden<br />
in den Trümmern der Stadt<br />
mehr geben konnte, wurden<br />
von der SEEBA - übrigens<br />
als letzter der eingesetzten<br />
Hilfsmannschaften -<br />
die Such- und Bergungsarbeiten<br />
beendet. Danach<br />
nahmen die schweren Räumgeräte<br />
ihre Arbeit auf<br />
und beseitigten die Trümmer.<br />
Versorgung<br />
der notleidenden<br />
Bevölkerung<br />
Dadurch waren die eigentlichen<br />
Arbeiten, die zum Einsatz<br />
der <strong>THW</strong> -Spezialeinheit<br />
geführt hatten, beendet.<br />
Dennoch halfen die Männer<br />
bei der Versorgung der<br />
notleidenden Bevölkerung.<br />
Die Hauptwasserleitung<br />
nach Erzincan war an mehreren<br />
Stellen gebrochen.<br />
Hierzu wurde eine Schadensanalyse<br />
gefertigt. Das umgehend<br />
eingerichtete Notkrankenhaus<br />
in Erzincan<br />
konnte unter Mithilfe der<br />
SEEBA-Mannschaft betriebsfähig<br />
installiert ein überschwemmtes<br />
Lager für Hilfsgüter<br />
und Decken von den<br />
Wassermassen befreit sowie<br />
verschiedene Geräte und<br />
Maschinen der türkischen<br />
Hilfskräfte repariert werden.<br />
Die Entladung von Flugzeugen<br />
mit Hilfsgütern aus der<br />
ganzen Welt auf dem nahegelegenen<br />
Militärflughafen<br />
iIl Technisches Hilfswerk 2/ <strong>92</strong>
mußte koordiniert werden.<br />
Neben Beratungen zur Behebung<br />
der Trinkwassernot -<br />
situation in der Stadt wurden<br />
der Aufbau und die Inbetriebnahme<br />
der zwei mitgeführten<br />
Trinkwasserauf -<br />
bereitungsanlagen (TW A)<br />
veranlaßt. Fachleute von<br />
der örtlichen Trinkwasserversorgungsbehördemußten<br />
in Bedienung und Funktion<br />
der TW A eingewiesen<br />
werden.<br />
Gute Zusammenarbeit<br />
zwischen <strong>THW</strong><br />
und türkischen<br />
Behörden<br />
Neben den deutschen<br />
Kräften und Hilfsmannschaften<br />
aus anderen Nationen<br />
engagierten sich auch Kräfte<br />
des türkischen Zivilschutzes<br />
und des Militärs, die mit<br />
der SEEBA etwa am Mädcheninternat<br />
hervorragend<br />
zusammenarbeiteten. Bergungsausstattung<br />
im eigentlichen<br />
Sinne gab es nur auf<br />
einem Auto des Zivilschutzes,<br />
die Soldaten waren lediglich<br />
mit Hacke und Spaten<br />
ausgestattet. Die Zusammenarbeit<br />
mit den türkischen<br />
Behörden, ganz besonders<br />
mit dem türkischen<br />
Militär, war äußerst eng und<br />
effektiv. So stellte das Militär<br />
problemlos kurzfristig Fahrzeuge<br />
zum Transport von<br />
Helfern, Bergungsausstattung<br />
und Hilfsgütern zur Verfügung.<br />
Besondere Erwähnung<br />
verdient an dieser Stel-<br />
le die vorbildliche Zusammenarbeit<br />
mit der deutschen<br />
Botschaft in Ankara und hier<br />
insbesondere mit den Botschaftsvertretern<br />
vor Ort<br />
unter der Leitung von Walter<br />
Lindner.<br />
Die Beobachter der UNDRO,<br />
der Katastrophenhilfsorganisation<br />
der Vereinten Nationen,<br />
die bei den Mitgliedern<br />
der SEEBA im Camp<br />
wohnten, fanden das Konzept<br />
und die Organisation<br />
der SEEBA entsprächen den<br />
Vorstellungen der UNO über<br />
Schnellbergungseinheiten.<br />
Die Mannschaft, die aus<br />
69 Männern und Frauen,<br />
darunter 1 Notarzt der Deutschen<br />
Rettungsflugwacht, 1<br />
Rettungssanitäter der Johanniter-Unfall-Hilfe<br />
und 7 Feu-<br />
erwehrleuten aus Rheinland-Pfalz<br />
sowie 6 Rettungshunden<br />
bestand, flog zunächst<br />
nach Ankara. Am<br />
darauffolgenden Tag ging<br />
es mit einern Linienflugzeug<br />
der Lufthansa zurück nach<br />
Frankfurt. Hier wurden die<br />
Helfer und Helferinnen von<br />
Vertretern der türkischen<br />
Botschaft, des Auswärtigen<br />
Amtes und der <strong>THW</strong> -Leitung<br />
sowie den Angehörigen der<br />
Einsatzkräfte empfangen.<br />
SEEBA vom Einsatz zurück<br />
von Ralf Schmitt<br />
E rSChöPft aber glücklich<br />
kamen sie auf dem<br />
Frankfurter Flughafen an:<br />
Die <strong>THW</strong>-Helfer, die eine<br />
Woche lang in der Türkei<br />
nach Überlebenden in den<br />
Trümmern der eingestürzten<br />
Häuser gesucht hatten.<br />
Die Erdbebenkatastrophe<br />
von Erzincan verlangte<br />
nach schnellem Handeln.<br />
Das <strong>THW</strong> setzte deshalb<br />
im Auftrag der Bundesregierung<br />
die "Schnell<br />
Einsatz-Einheit-Bergung<br />
Ausland" (SEEBA) ein.<br />
Als die <strong>THW</strong>-Helfer in ihren<br />
Arbeitsanzügen das<br />
Restaurant im Frankfurter<br />
Flughafen betraten, standen<br />
sie im Rampenlicht:<br />
Sie wurden gefilmt, fotografiert,<br />
beklatscht und in<br />
die Arme geschlossen.<br />
Staatssekretär Dr. Walter<br />
Priesnitz vom Bundesinnenministerium<br />
lobte in<br />
seiner Begrüßungsrede<br />
das Engagement der <strong>THW</strong><br />
Helfer, die binnen weni-<br />
Technisches Hilfsw erk 2/ <strong>92</strong> tJ)<br />
ger Stunden nach Bekanntwerden<br />
der Katastrophe von<br />
Deutschland in die Türkei<br />
unterwegs waren. Durch<br />
diesen Einsatz habe die 1986<br />
nach dem Erdbeben in Mexiko<br />
gegründete Schnelleinsatzeinheit<br />
ihre Stärke abermals<br />
unter Beweis gestellt.<br />
Karl von Stenglin vorn Referat<br />
für humanitäre Hilfe des<br />
Auswärtigen Amtes sprach<br />
den Helfern im Namen von<br />
Außenminister Hans-Dietrich<br />
Genscher seinen Dank aus.<br />
Er unterstrich die Schwierigkeit<br />
der Aufgabe, die vor<br />
allem in dem Zeitproblem<br />
bestand: Nur in den ersten<br />
Stunden nach einem derartigen<br />
Unglück bestünden<br />
Chancen auf Rettung von<br />
Menschenleben. Für <strong>THW</strong><br />
Direktor Gerd Jürgen Henkel<br />
ist der positive Verlauf<br />
des Einsatzes eindeutiges<br />
Indiz dafür, daß die Installierung<br />
der SEEBA ein Schritt in<br />
die richtige Richtung für die<br />
Zukunft des <strong>THW</strong> war. Feuerwehr<br />
und <strong>THW</strong> arbeiteten<br />
bei diesem Einsatz effektiv<br />
Hand in Hand. Sieben Feuerwehrleute<br />
waren mit vor<br />
Ort in Erzincan. Sein Fazit<br />
formulierte Henkel als Appell:<br />
"Wir müßten noch<br />
schneller helfen dürfen."<br />
Viel Anerkennung hätten<br />
sich die Helfer mit ihrem<br />
überdurchschnittlichen Engagement<br />
verdient, unter-<br />
Vor der Presse berichteten<br />
SEEBA-Pressesprecher<br />
Andreas Bachtler und<br />
Einsatzleiter Herrnann Klein<br />
Hitpaß über die Erfahrungen<br />
in der Türkei.<br />
Foto: Hilberath<br />
strich, dankbar für die geleistete<br />
Hilfe, der Vertreter<br />
der türkischen Botschaft,<br />
Cavlan Tanyer. Für die<br />
<strong>THW</strong> -Helfer der SEEBA war<br />
mit dem herzlichen Empfang<br />
die lange Reise zurück<br />
aus der Türkei noch<br />
nicht zu Ende. Aus Rheinland-Pfalz,<br />
dem Saarland,<br />
Nordrhein-Westfalen und<br />
Hessen waren ihre <strong>THW</strong><br />
Kameraden und Familien<br />
angefahren, um sie von<br />
Frankfurt aus nach Hause<br />
zu begleiten. Heimzukommen<br />
ist eben doch das<br />
Schönste - gerade nach<br />
solch einem anstrengenden<br />
Einsatz.<br />
9
TrÜInmerkegeln richtig einschätzen,<br />
sich und seinem<br />
Hund fachgerecht einen<br />
Weg durch die Trümmer<br />
bahnen und sich unmißverständlich<br />
mit den anderen<br />
Bergungshelfern verständigen,<br />
da er dieselbe Sprache<br />
spricht wie sie.<br />
Daß Hund und Helfer auch<br />
außerhalb der Dienstzeit<br />
ständig zusammen sind und<br />
durch den engen Kontakt<br />
das notwendige Vertrauensverhältnis<br />
gewährleistet ist,<br />
braucht eigentlich nicht erwähnt<br />
zu werden. Der Hund<br />
ist schließlich nicht nur Privateigentum,<br />
sondern in erster<br />
Linie das große Hobby<br />
des Hundeführers. Dazu<br />
Ariane Meckmann-Klein in<br />
Achern (Baden): "Wir wollen<br />
gute Hunde, die im Einsatz<br />
super sind:<br />
Gern trainieren die Hundeteams<br />
darüber hinaus Inhalte,<br />
für die im Dienstplan<br />
des <strong>THW</strong> kein Raum ist. So<br />
übt beispielsweise die Rettungshundegruppe<br />
des<br />
<strong>THW</strong> -Ortsverbandes Achern<br />
in ihrer Freizeit vorwiegend<br />
die sogenannte Flächensuche,<br />
also das Durchkämmen<br />
von unübersichtlichen Gebieten<br />
nach Vermißten. Die<br />
Flächensuche nach möglicherweise<br />
hilflosen Personen<br />
wird in der Praxis häufiger<br />
notwendig als die Suche<br />
nach Verschütteten. Man<br />
rechnet dabei, daß 5 Rettungshunde-Teams<br />
ein Gelände<br />
gut viermal so schnell<br />
absuchen können wie eine<br />
Suchmannschaft von 50 Personen.<br />
Bergung im Ausland<br />
Fest eingeplant ist das<br />
Können der Rettungshunde<br />
auch im Konzept der Schnelleinsatzeinheit<br />
für Bergung im<br />
Ausland (SEEBA) . Ihre drei<br />
Ortungsgruppen verfügen<br />
zusammen über neun Rettungshunde,<br />
die sie in der<br />
oben beschriebenen Kombination<br />
mit elektronischen<br />
Verschüttetensuchgeräten<br />
einsetzen. Gerade d i ese<br />
<strong>THW</strong>-Spezialeinheit mußte<br />
allerdings bei ihrem jüngsten<br />
Einsatz in der Türkei die<br />
Erfahrung machen, daß<br />
nicht allein zählt, was Hunde<br />
tun können. Hunde gelten<br />
nach islamischem Glau-<br />
ben als unreine Tiere und<br />
sind dort wenig willkommen.<br />
- Die Einsatzleitung<br />
beschloß deshalb kurzerhand<br />
einen Kompromiß zwischen<br />
Einsatztaktik und religiöser<br />
Rücksichtnahme und<br />
ließ einen Teil der Hunde zu<br />
Hause.<br />
Grundsätzlich aber gilt:<br />
Rettungshunde erbringen<br />
nicht nur im Einsatz verblüffende<br />
Leistungen, sie sind<br />
auch Sympathieträger ersten<br />
Ranges. Das beweisen<br />
regelmäßig Medienberichte,<br />
IDNDR-Komitee<br />
unter neuem Vorsitz<br />
Neuer Vorsitzender des "Deutschen<br />
Komitees für die IDNDR" - der von den<br />
Vereinten Nationen für die 90er Jahre<br />
ausgerufenen Internationalen Dekade für<br />
Katastrophenvorbeugung - ist Bundesminister<br />
a . D . Hans-Jürgen Wischnewski.<br />
Er übernahm den Vorsitz von Botschafter<br />
a. D. Günther van WeH unter dem frischen<br />
Eindruck des schweren Erdbebens in der<br />
Türkei und des katastrophalen Erdrutsches<br />
in Brasilien. Beide Katastrophen hatten das<br />
Thema der Vorbeugung gerade wieder ins<br />
Gespräch gebracht. Ziel der IDNDR ist es,<br />
mit den bestehenden Hilfeleistungsorganisationen<br />
und den vorhandenen Hilfsmitteln<br />
Naturkatastrophen vorzubeugen<br />
und deren Folgen zu lindern.<br />
Technisches Hilfswerk 2/<strong>92</strong> iIf<br />
A uf nationaler Ebene<br />
leistet das "Deutsche Komitee<br />
für die IDNDR" die notwendige<br />
Arbeit auf diesem<br />
Weg, die überwiegend koordinierender<br />
Art ist. Im<br />
Deutschen IDNDR-Komitee<br />
ist auch das Technische Hilfswerk<br />
vertreten. Es hat im<br />
operativen Beirat des Komitees<br />
die Federführung über<br />
die konzeptionelle Arbeit zur<br />
Koordination der Katastrophenhilfe<br />
übernommen.<br />
Bei seinem ersten Medienauftritt<br />
in der Sache des IDN<br />
DR bekräftigte Wisch-newski<br />
die vom Deutschen Komi-<br />
in denen sie stets gut dargestellt<br />
werden, oder V eranstaltungen,<br />
auf denen die<br />
Hundevorführungen als Publikurnsmagnet<br />
wirken. Ein<br />
Grund, die fünfzehn Ortsver -<br />
bände mit Rettungshundegruppen<br />
zu beneiden.<br />
Rettungshunde lernen,<br />
Hindernisse zu überwinden<br />
und Wege zu gehen,<br />
die sie ihrem Instinkt nach<br />
meiden würden.<br />
tee der Dekade bislang verfolgte<br />
Linie. Demnach ist die<br />
IDNDR-Arbeit in hohem<br />
Maße auf die Entwicklungshilfepolitik<br />
der Bundesregierung<br />
verbunden. Die von<br />
Fachleuten aufgrund von<br />
befürchteten Klimaveränderungen<br />
und Bevölkerungswachstum<br />
erwartete Zunahme<br />
von Naturkatastrophen<br />
(siehe Bericht auf Seite 32/<br />
33) wird aller Voraussicht<br />
nach im wesentlichen die<br />
Dritte-Welt-Länderbetreffen.<br />
Gerade diese sind aber am<br />
wenigsten darauf vorbereitet.<br />
Katastrophenschutzplä-<br />
11
ne, wie sie zum Beispiel in<br />
der Bundesrepublik Deutschlandbereitliegen,<br />
glbt es dort<br />
nicht einmal ansatzweise.<br />
Aufbau von<br />
Frühwarnsystemen<br />
Die Reduzierung der Katastrophenanfälligkeit<br />
in den<br />
Entwicklungsländern, erklärte<br />
Wischnewski, erfordere<br />
den Aufbau von Frühwarnsystemen,Katastrophenschutzplänen<br />
und<br />
schlagkräftigen Hilfsorganisationen.<br />
Es sei nicht länger<br />
ausreichend, im Fall einer<br />
Katastrophe schnelle Hilfe<br />
leisten zu können. Vielmehr<br />
sei es notwendig, die am<br />
meisten betroffenen Länder<br />
in die Lage zu versetzen, sich<br />
gegen Naturkatastrophen<br />
besser zu schützen und durch<br />
konsequente Vorbeugung<br />
die Folgen extremer Natur-<br />
Der neue<br />
Vorsitzende<br />
des "Deutschen<br />
Komitees für<br />
die IDNDR"<br />
Hans-Jürgen<br />
Wischnewski<br />
Foto: vario-press<br />
ereignisse zu begrenzen. -<br />
Hier trifft sich die Idee von<br />
IDNDR mit dem entwicklungspolitischen<br />
Leitsatz der<br />
Hilfe zur Selbsthilfe. Auch die<br />
Anleitung des Einzelnen zum<br />
Selbstschutz im Katastrophenfall<br />
wollte Wischnewski<br />
als IDNDR-Aufgabe nicht<br />
ausschließen.<br />
Ziele der Katastrophenvorbeugung<br />
Da Naturkatastrophen die<br />
Entwicklung der Dritte-Welt<br />
Länder dergestalt bedrohen,<br />
daß durch eine einzige Ka-<br />
12<br />
tastrophe die Aufbauarbeit<br />
von Jahren zunichte gemacht<br />
werden korm, muß<br />
dort nach Worten Wischnewskis<br />
Katastrophenvor -<br />
beugung erst die Chance<br />
einer nachhaltigen Entwicklung<br />
schaffen. Als hierfür<br />
bestimmend normte er vier<br />
Unterziele:<br />
1. Die Katastrophenvorbeugung<br />
müsse integraler<br />
Bestandteil der Entwicklung<br />
sein. Im Förderungskatalog<br />
der deutschen Entwicklungshilfe<br />
müsse sie als<br />
Grundnotwendigkeit neben<br />
Trinkwasserversorgung ,<br />
Wohnen oder Bildung einbezogen<br />
sein.<br />
2. Die Katastrophenhilfe<br />
müsse national und intemational<br />
koordiniert werden.<br />
Dies sei von herausragender<br />
Bedeutung, da angesichts<br />
der zu erwartenden<br />
Katastrophenhäufigkeit die<br />
Hilfe im Alleingang einzelner<br />
Organisationen oder<br />
Staaten nicht zu bewältigen<br />
sei.<br />
3. Die weitere Erforschung<br />
von Katastrophenursachen<br />
und des Zusarnmenwirkens<br />
verschiedener Formen von<br />
Naturereignissen (VuIkanausbrüche<br />
mit Erdrutschen,<br />
Stürme mit Überschwemmungen<br />
etc.) sei notwendiger<br />
Bestandteil konsequenter<br />
Vorbeugung, wenn auch<br />
die Umsetzung vorhandener<br />
Erkenntnisse im Vordergrund<br />
der Dekade stehe.<br />
Unter anderem werde da-<br />
her das Deutsche IDNDR<br />
Komitee eng mit dem neu<br />
gegründeten Geoforschungszentrum<br />
in Potsdam zusammenarbeiten.<br />
Dort werde ein<br />
Schwerpunkt der Arbeit in<br />
der Katastrophenforschung<br />
liegen.<br />
4. Möglichkeiten, die Zusammenarbeit<br />
zwischen<br />
den Hilfsorganisationen und<br />
der Bundeswehr zu verbessern,<br />
müßten untersucht<br />
werden. So könnten das für<br />
Katastropheneinsätze verfügbare<br />
Potential der Bundeswehr<br />
sowie auch eventuell<br />
durch Konversion frei<br />
werdende Ressourcen optimal<br />
in die Katastrophenhilfe<br />
eingebunden werden. Bei<br />
einer solchen Kooperation,<br />
mahnte Wischnewski, müsse<br />
aber "Bewährtes bewahrt"<br />
werden, die große Erfahrung<br />
und Motivation der Hilfsorganisationen<br />
sollte intensiv<br />
einbezogen werden.<br />
Umsetzung<br />
der Konzeptionen<br />
und Vorschläge<br />
Das deutsche IDNDR-Komitee<br />
hat nach Einschätzung<br />
Wischnewskis zwei Jahre<br />
nach seiner Gründung den<br />
Punkt erreicht, an dem die<br />
erarbeiteten Vorschläge im<br />
wissenschaftlichen wie im<br />
operativen Bereich in die Tat<br />
umzusetzen seien. Er werde<br />
sich daher gezielt um die<br />
politische Unterstützung bei<br />
der Fortführung der begonnenen<br />
Projekte und die Sensibilisierung<br />
der relevanten<br />
Institutionen für den Gedanken<br />
der Katastrophenvorbeugung<br />
bemühen. Hans<br />
Jürgen Wischnewski hatte<br />
sich für diese Aufgabe empfohlen,<br />
da er zwar nicht über<br />
ausgesprochene Fachkennt -<br />
nis im Katastrophenschutz,<br />
wohl aber über große Erfahrung<br />
in der internationalen<br />
Politik verfügt.<br />
Die Hungerkatastrophe<br />
in Eritrea - Anlaß für Kritik<br />
an den internationalen<br />
Hilfsaktionen<br />
Foto: vario-press<br />
Zu der öffentlichen Anhörung<br />
waren elf Vertreter<br />
von Nichtregierungsorganisationen<br />
(NGO) sowie den<br />
Organisationen des Roten<br />
Kreuzes und der Vereinten<br />
Nationen geladen, um<br />
Schwachstellen und Verbesserungsmöglichkeiten<br />
im<br />
Bereich der nationalen und<br />
internationalen Katastrophenhilfe<br />
zu diskutieren. Das<br />
Technische Hilfswerk vertrat<br />
Referatsleiter Dietrich Löpke,<br />
der eine Arbeitsgruppe des<br />
operativen Beirats des deutschen<br />
IDNDR-Komitees zur<br />
Koordination der Katastrophenhilfe<br />
leitet.<br />
Steigende Zahl<br />
von Natur- und Welt<br />
Hunger-Katastrophen<br />
"Die Zahl der Opfer von<br />
Natur- und Welthunger-Katastrophen<br />
ist in den letzten<br />
Jahren erheblich gestiegen."<br />
Diese Feststellung machte<br />
bei der Expertenanhörung<br />
Bernd Hoffmann von der<br />
Deutschen Welthungerhilfe<br />
und forderte zugleich, das<br />
(tf Technisches Hilfswerk 2/ <strong>92</strong>
Unterausschuß für Menschenrechte und humanitäre Hilfe<br />
Internationale Katastrophenhilfe<br />
verläuft nicht reibungslos<br />
System der humanitären Hilfe<br />
in der Bundesrepublik neu<br />
zu überdenken (siehe auch<br />
Beitrag auf Seite 11 / 12). Dabei<br />
müßten die Instrumente<br />
zur Verbesserung zum einen<br />
bei der Durchführung und<br />
Finanzierung der Maßnahmen<br />
ansetzen. Zum anderen<br />
müsse der jeweilige Hilfsbedarf<br />
eines betroffenen Gebietes<br />
entsprechend der Art<br />
der Katastrophe besser ermittelt<br />
werden. So werde<br />
häufig, wie Günter Hölter<br />
vom Deutschen Caritasverband<br />
ausführte, nicht die<br />
Sendung von Medikamenten,<br />
sondern die Bereitstellung<br />
technischer Hilfe und<br />
die Suche nach Verschütteten<br />
mit Rettungshunden als<br />
dringlichste Hilfeleistung<br />
be '"<br />
Spenden in einseitige<br />
Hilfsaktionen<br />
Rupert Neudeck vom Komitee<br />
Cap Anamur/ Deutsche<br />
Notärzte wiederholte<br />
seine in der letzten Zeit mehrfach<br />
geäußerte Kritik an den<br />
Widersprüchlichkeiten bei<br />
der Organisation von huma-<br />
Technisches Hilfswerk 2/ <strong>92</strong> t;)<br />
von Stefan Koch<br />
nitärer Hilfe. So würden bei<br />
medienwirksamen Katastrophen<br />
problemlos große Summen<br />
an Spendengeldern<br />
mobilisiert. Demgegenüber<br />
bereitet die Beschaffung finanzieller<br />
Mittel bei .leisen<br />
Katastrophen' wie Bürgerkriegen<br />
nach Neudecks<br />
Worten erhebliche Probleme.<br />
Seiner Auffassung nach<br />
leiten die Organisationen die<br />
Spenden in einseitige Hilfsaktionen<br />
wie zum Beispiel<br />
den Kauf von Nahrungsmitteln,<br />
um die aufgelaufenen<br />
Gelder zügig abzubauen. So<br />
komme es nicht zu effektiver<br />
Hilfe, sondern zu einem<br />
"schnellen Freimachen von<br />
Mitteldruck" , wie Neudeck<br />
es nannte.<br />
itisierung der Katastrophenhilfe<br />
Kritisiert wurde von den<br />
Organisationen auch die zunehmende<br />
Politisierung der<br />
Katastrophenhilfe. Die Hilfe<br />
in den Katastrophengebieten<br />
muß nach Auffassung<br />
Hölters vom Caritasverband<br />
mit einer größeren Selbstbescheidung<br />
seitens der Helfer<br />
In den vergangenen Monaten wurde im<br />
Zusammenhang mit der Hilfeleistung in<br />
Rußland und Eritrea in den Medien wiederholt<br />
über Probleme bei der Organisation<br />
und Koordination internationaler Hilfsaktionen<br />
berichtet und diskutiert. Hauptkritikpunkte<br />
waren zwn Teil mangelnde<br />
Kooperation der Hilfeleistungsorganisationen<br />
am Einsatzort und die schlechte Verteilung<br />
von Hilfsgütern. Ähnliche Kritik wurde<br />
zuletzt auch im Zusammenhang mit dem<br />
Rettungseinsatz im türkischen Erdbebengebiet<br />
Mitte März geäußert. Vor dem<br />
Hintergrund dieser Ereignisse beschäftigte<br />
sich der Unterausschuß für Menschenrechte<br />
und hwnanitäre Hilfe des Auswärtigen<br />
Ausschusses des Bundestages mit der<br />
"Organisation und Koordination der<br />
hwnanitären Hilfe".<br />
und der Geberländer einhergehen,<br />
um nicht den Nationalstolz<br />
der Empfänger zu<br />
verletzen. Der Einsatz erfordere<br />
deshalb vom Helfer<br />
besonders die Respektierung<br />
der Würde des von der Katastrophe<br />
betroffenen Menschen.<br />
Als gangbarer Weg<br />
wurde in diesem Zusammenhang<br />
das Konzept der "Hilfe<br />
zur Selbsthilfe" bewertet.<br />
Verbesserung<br />
der Infrastruktur in<br />
Katastrophengebieten<br />
Johann Wilhelm Römer<br />
vom Deutschen Roten Kreuz<br />
(DRK) sprach sich für eine<br />
Verbesserung der Organisations-<br />
und Koordinationsmechanismen<br />
der humanitären<br />
Hilfe aus. Wichtig sei<br />
die Schaffung und Stärkung<br />
von Strukturen zur Katastrophenhilfe<br />
wie zum Beispiel<br />
die Einrichtung von<br />
Krankenhäusern und Sozialstationen<br />
in den Ländern<br />
der Dritten Welt. Der Vertreter<br />
des Komitees für die Internationale<br />
Dekade der Ka-<br />
tastrophenvorbeugunginnerhalb der Vereinten Nationen<br />
(IDNDR), Hermann<br />
Schmitz-WenzeL für eine<br />
engere Zusammenarbeit mit<br />
den Nichtregierungsorganisaitonen<br />
aus. Auf europäischer<br />
Basis solle dies durch<br />
die Einrichtung eines europäischen<br />
Amtes für humanitäre<br />
Hilfe erfolgen.<br />
Aktualität des Koordinierungsproblems<br />
Am Beispiel der Kurdenhilfe<br />
im vergangenen Jahr<br />
hat sich nach Einschätzung<br />
der Experten die Aktualität<br />
des Koordinierungsproblerns<br />
zwischen den einzelnen Hilfeleistungsorganisationen<br />
gezeigt. Damit die Koordinierung<br />
vor Ort funktioniere,<br />
bedarf es nach Auffassung<br />
Werner Blatters vom<br />
UNHCR nicht einer Steigerung<br />
der Zahl der Koordinatoren,<br />
sondern eines größeren<br />
Einvernehmens der miteinander<br />
arbeitenden Organisationen.<br />
13
Nicht über der<br />
Katastrophenschwelle<br />
Das Erdbeben vom<br />
13. April richtete vielfältige<br />
Schäden an, von der umgefallenen<br />
und zerschlagenen<br />
Vase bis hin zum unbewohnbaren<br />
Haus. Zahlreiche Autos<br />
wurden von herabfallenden<br />
Gebäudeteilen ramponiert,<br />
in Bonn wurde ein kurioses<br />
Foto von einem Mülltonnendeckel<br />
veröffentlicht,<br />
in dem ein halber Ziegelstein<br />
steckte. Doch die Katastrophenschwelle<br />
im Sinne<br />
des Gesetzes wurde nicht<br />
überschritten. Beim <strong>THW</strong><br />
blieb die Welle von Einsät -<br />
zen aus. Nicht einmal in der<br />
in Deutschland am meisten<br />
betroffenen Stadt Heinsberg<br />
wurde Katastrophenalarm<br />
ausgelöst. Die Zahl der Verletzten<br />
hält sich mit 20 in<br />
maßvollen Grenzen, wodurch<br />
der Tod einer 79jährigen<br />
Rentnerin urn so tragischer<br />
erscheint. Sie starb in<br />
Bonn -Bad Godesberg an<br />
Herzversagen . Ärzte führten<br />
ihren Tod auf den Schrekken<br />
zurück, den sie wahrscheinlich<br />
durch das Erdbeben<br />
erlitten hatte.<br />
Ansprechpartner <strong>THW</strong><br />
Angesichts der von Seismologen<br />
angekündigten<br />
Nachbeben ließ das Thema<br />
Erdbeben die Allgemeinheit<br />
so schnell nicht wieder los.<br />
Beim <strong>THW</strong>-Landesverband<br />
Nordrhein-Westfalen und<br />
bei der <strong>THW</strong>-Leitung riefen<br />
"am Tag danach" zahlreiche<br />
Journalisten an, die das <strong>THW</strong><br />
als Ansprechpartner zum<br />
Thema Erdbeben ausgemacht<br />
hatten. Der Renner<br />
waren Live-Interviews im<br />
Radio zum richtigen Verhalten<br />
nach Erdbeben. Die<br />
<strong>THW</strong>-Pressesprecher mußten<br />
dabei immer zuerst darauf<br />
hinweisen, daß die Zuständigkeit<br />
für die Gefahrenabwehr<br />
bei Naturkatastrophen<br />
grundsätzlich bei den Ländern<br />
liegt, das <strong>THW</strong> als Organisation<br />
des Bundes hier<br />
Technisches Hilfswerk 2/ <strong>92</strong> 0<br />
nur auf Anforderung durch<br />
die zuständigen Stellen tätig<br />
werden kann. Die erbetenen<br />
Verhaltensratschläge<br />
hatte das <strong>THW</strong> freilich dennoch<br />
parat (siehe Kasten<br />
Seite 18). Sie sind aus den<br />
Erfahrungen bei den Bergungseinsätzen<br />
im Ausland<br />
abgeleitet.<br />
"Keine Zone unendlicher<br />
Geborgenheit"<br />
Der Chefredakteur des<br />
Bonner "General-Anzeiger",<br />
Helmut Herles, entwickelte<br />
in seinem Leitartikel am<br />
14. April Gedanken, die<br />
manchem Katastrophenschützer,<br />
dessen Tätigkeit<br />
sonst eher skeptisch, wenn<br />
nicht ablehnend betrachtet<br />
wird, aus der Seele gesprochen<br />
haben. Helmut Herles<br />
bezeichnete das Erschrecken<br />
über das Beben als Zeichen<br />
für unseren Realitätsverlust.<br />
Hatten wir uns doch dem<br />
Anschein hingegeben, in<br />
einem erdbeben-und kriegssicheren<br />
Land zu leben.<br />
"Nein," widerspricht Herles,<br />
"es ist nur scheinbar so. Auch<br />
wir sind gefährdet. Das ist<br />
der Schock für viele in jenen<br />
Sekunden zwischen Nacht<br />
100 km I<br />
und Tag. Vielleicht sind die<br />
Erdstöße Anstoß zu neuer<br />
Nachdenklichkeit. "<br />
Helmut Herles appellierte<br />
in erster Linie an das Bewußtsein<br />
der Bundesbürger , daß<br />
sie nicht in einer Zone unendlicher<br />
Geborgenheit leben.<br />
Er folgerte konsequent:<br />
"Das Erdbeben gibt die<br />
Pflicht auf, alle Planungen<br />
und Sicherheitssysteme<br />
noch einmal zu überprüfen<br />
und zu überdenken."<br />
INDEXFUNK 5571<br />
Nur punktuelle<br />
Hilfe möglich<br />
Ii1 dieselbe Kerbe schlug<br />
der Vertreter des Deutschen<br />
Roten Kreuzes, der am Tag<br />
des Erdbebens im RTL-Frühstücksfernsehen<br />
zur Katastr0phenvorsorge<br />
in Deutschland<br />
befragt wurde: "Hätte auf der<br />
betroffenen Fläche ein stärkeres<br />
oder auch nur längeres<br />
Erdbeben regelrechte<br />
Zerstörungen angerichtet,<br />
dann hätten die Hilfeleistungsorganisationen<br />
nur<br />
punktuell helfen können.<br />
V iel e Betroffenen wären<br />
wah rscheinlich tagelang<br />
auf sich selbst gestellt gewesen.<br />
Fortsetzung auf Seite 18<br />
In Deutschland war der<br />
Kreis Heinsberg am stärksten<br />
von dem Beben betroffen.<br />
Hier wurden besonders<br />
Backsteinhäuser beschädigt.<br />
Foto: dpa<br />
15
Frage: Es hat sich nach<br />
dem Erdbeben im Rheinland<br />
der Eindruck festgesetzt, wir<br />
haben noch einmal Glück<br />
gehabt. die Katastrophe ist<br />
an uns vorübergegangen.<br />
Es bleibt aber auch die Betroffenheit<br />
zurück: Was wäre<br />
gewesen, wenn das Erdbeben<br />
- oder ein anderes<br />
Unglück - uns schlimmer<br />
erwischt hätte? Wie kann<br />
sich unsere Gesellschaft auf<br />
Katastrophen vorbereiten?<br />
C la u sen : Das ist eine<br />
weitreichende Frage, denn<br />
Katastrophen können ja aus<br />
der Natur, aus technischen<br />
oder kriegerischen Zusammenhängen<br />
stammen. Sie<br />
werden eigentlich dadurch<br />
zu Katastrophen, daß Menschen<br />
darauf nicht genügend<br />
vorbereitet sind. Was<br />
Erdbeben angeht oder Naturkatastrophen,<br />
die man<br />
weit entfernt glaubt. sollte<br />
man es sich nicht zu einfach<br />
machen.<br />
"Eine der großen<br />
Fragwürdigkeiten<br />
bei uns ist, daß viele<br />
Katastrophenmöglichkeiten<br />
in Deutschland<br />
nicht ausgesprochen<br />
werden."<br />
16<br />
Katastrophen-Vorsorge:<br />
ein "Stiefkind<br />
der Innenpolitik"<br />
Interview mit Prof. Dr. Lars Clausen<br />
Prof. Dr. Lars Clausen<br />
Foto: CAU j Brix<br />
Frage: Sind die Auswirkungen<br />
also nicht so gravierend,<br />
wenn man weiß. was auf<br />
einen zukommt?<br />
Clausen: Wenn Menschen<br />
Schaden erleiden, auf den<br />
sie vorbereitet worden sind,<br />
den sie als Bestandteil des<br />
Risikos ihres Lebens durchschauen,<br />
dann sind sie Katastrophen<br />
gegenüber besser<br />
gerüstet, als wenn sie<br />
scheinbar einfach aus dem<br />
blauen Himmel für sie erfolgen.<br />
Eine der großen Fragwürdigkeiten<br />
bei uns ist. daß<br />
viele Katastrophenmöglichkeiten<br />
in Deutschland nicht<br />
ausgesprochen werden.<br />
Frage: Zum Beispiel?<br />
Clausen: Bei den vom<br />
Menschen stark beeinflußten<br />
Katastrophen im Bereich<br />
chemischer und atomarer<br />
Möglichkeiten.<br />
Prof. Dr. Lars Clausen ist Soziologe<br />
und Leiter der Katastrophenforschungsstelle<br />
der Christian-Albrechts-Universität Kiel<br />
Frage: Wer sollte darüber<br />
sprechen: die Politiker oder<br />
die Hilfsorganisationen ?<br />
Clausen: Die Politik ist ja<br />
dazu verpflichtet im Rahmen<br />
des Katastrophenschutzes<br />
und des Zivilschutzes. Dabei<br />
wird vieles nicht angesprochen<br />
und ist zum Teil auch<br />
gar nicht bekannt, weil das<br />
ein ausgesprochenes Stiefkind<br />
der Innenpolitik ist -<br />
sowohl auf Länder - als auch<br />
auf Bundesebene.<br />
Frage: Was müßte geschehen:<br />
regelmäßige Übungen<br />
für alle?<br />
Clausen: Es müßten realistische<br />
Übungen stattfinden,<br />
an denen die Bevölkerung<br />
beteiligt ist. Die Übungen<br />
müßten dann kritisch beobachtet<br />
werden. In diesen<br />
Bereichen hält man sich<br />
auch sehr zurück - was zum<br />
Teil eine Geldfrage ist. Wenn<br />
ich sage, der Katastrophenschutz<br />
ist nicht bekannt genug,<br />
so liegt das selten an<br />
den Leuten, die dort arbeiten.<br />
Frage: Für die Politik ist es<br />
sehr unpopulär über so unangenehme<br />
Dinge wie Katastrophen<br />
zu reden.<br />
Clausen: Wir arbeiten seit<br />
fast 20 Jahren darüber, warum<br />
so etwas nicht geschieht.<br />
Wir arbeiten als Soziologen<br />
über Fragen der Katastrophenvorsorge<br />
, des Katastro-<br />
phen-Managements und<br />
auch über die Frage, warum<br />
Katastrophen auf eine<br />
unvorbereitete Bevölkerung<br />
treffen. Es ist für Politiker sehr<br />
unangenehm, langfristige<br />
Risiken anzusprechen, die sie<br />
im Ernstfall nicht verhindern<br />
können.<br />
Frage: Mit anderen Worten:<br />
Man läßt uns im Regen<br />
stehen und hofft, daß schon<br />
nichts passieren wird.<br />
Clausen: Das ist der Effekt.<br />
Der gesamte Aufbau unseres<br />
Staates geht darauf hinaus,<br />
langfristige und schleichende<br />
Risiken nur sehr unvollkommen<br />
zu behandeln.<br />
"Man kann<br />
nicht hoffen, wenn<br />
der Ernstfall erst<br />
eingetreten ist,<br />
etwas gut zu können,<br />
was man zuvor nicht<br />
gelernt hat."<br />
Frage: Bei den Erdstößen<br />
vom 13. April hatten fast alle<br />
Angst. In der Nacht zum<br />
14. April gab es wieder eine<br />
Erschütterung, und fast alle<br />
blieben gelassen. Ist diese<br />
Reaktion vergleichbar:<br />
Wenn man weiß, was sich<br />
abspielt. ist die Angst geringer?<br />
fi) Technisches Hilfswerk 2/<strong>92</strong>
Jugendbetreuer im <strong>THW</strong> -<br />
Nur Ausbildung am Gerät?<br />
von Angela Klemens<br />
Nach der neuen<br />
"Richtlinie über die<br />
Mitwirkung der<br />
Helfer im Technischen<br />
Hilfswerk"<br />
vom 1. Dezember<br />
1991 kann zum<br />
Jugendbetreuer nur<br />
bestellt werden, wer<br />
für den Umgang mit<br />
Jugendlichen<br />
geeignet ist:<br />
"Der Jugendbetreuer<br />
ist verpflichtet,<br />
die Junghelfer in<br />
allen Angelegenheiten<br />
zu betreuen<br />
und entsprechend<br />
den Aufgaben des<br />
<strong>THW</strong> auszubilden."<br />
Der Jugendverband<br />
"<strong>THW</strong>-Jugend e . V ."<br />
und die Bundesanstalt<br />
Technisches<br />
Hilfswerk nehmen<br />
gemeinsam die<br />
Jugendarbeit im<br />
<strong>THW</strong>wahr.<br />
In der gemeinsamen<br />
Jugendarbeit, die<br />
sowohl den fachtechnischen<br />
als<br />
auch den jugendpflegerischen<br />
Aspekt<br />
berücksichtigt, soll<br />
geeigneter Nachwuchs<br />
für das <strong>THW</strong><br />
ausgebildet werden.<br />
Den Jugendlichen<br />
soll das erforderliche<br />
Verständnis für die<br />
technisch-humanitäre<br />
Hilfe des <strong>THW</strong><br />
vermittelt werden.<br />
Technisches Hilfswerk 2/ <strong>92</strong> iIf<br />
Wie wird man<br />
Jugendbetreuer?<br />
In den meisten Fällen waren<br />
die Jugendbetreuer selbst<br />
Mitglied einer Jugendgruppe<br />
im TIIWund sind langsam<br />
in ihre Aufgabe hineingewachsen.<br />
Nach Abschluß der<br />
Grundausbildung und einer<br />
anschließenden Truppführer -<br />
ausbildung, die als Voraussetzungfür<br />
die Bestellung zum<br />
Jugendbetreuergilt, kann der<br />
Jugendbetreuer vom ortsbeauftragten<br />
im Einvemehmen<br />
mit dem Landesbeauftragten<br />
bestellt, aber auch wieder<br />
abberufen werden.<br />
Im Rahmen seiner Grundund<br />
Truppführerausbildung<br />
erhält der Helfer auf Standortebene<br />
und Landesschulebene<br />
die notwendige TIIWspezifische<br />
Ausbildung, die er<br />
benötigt, um später als Jugendbetreuer<br />
die Junghelfer<br />
nach den Musterausbildungsplänen<br />
in die technische Hilfeleistung<br />
des TIIW einweisen<br />
zu können. Ist dies aber<br />
ausreichend, um als Jugendbetreuer<br />
die Junghelfer in allen<br />
Angelegenheiten betreuen<br />
zu können?<br />
Nach § 23 (2) der Mitwirkungsverordnung<br />
für Helfer<br />
des TIIW kann zum Jugendbetreuer<br />
nur bestellt werden.<br />
wer für den Umgang mit Jugendlichen<br />
geeignet ist.<br />
Die fachliche Ausbildung,<br />
welche die Kenntnisse über<br />
die Technik und Fertigkeiten<br />
in der Handhabung des Gerätes<br />
vermittelt, kann nur eine<br />
Säule in der Ausbildung zum<br />
Jugendbetreuer darstellen.<br />
Der Umgang mit Jugendlichen<br />
erfordert eine zweite,<br />
nicht minder wichtige, Säule,<br />
welche die psychologischen<br />
und pädagogischen Kenntnisse<br />
und Fähigkeiten verkörpert.<br />
Diese beiden Säulen der<br />
Ausbildung zum Jugendbetreuer<br />
sollen ihn für seinen<br />
Aufgabenbereich befähigen.<br />
Das eigene<br />
Engagement<br />
Die wichtigste Forderung<br />
an einen Jugendbetreuer ist,<br />
selbst Interesse und Spaß an<br />
der Jugendarbeit zu haben.<br />
Fehlt diese Motivation, hilft<br />
die beste Qualifikation nicht<br />
viel. Daher sollte keiner zu<br />
einer solchen Aufgabe aus<br />
einer Notlage heraus, z. B.<br />
die Sorge um den Gruppenleiter-Nachwuchs,gezwungen<br />
werden. Folgende Auswahlkriterien<br />
können für ei-<br />
nen angehenden Jugendbetreuer<br />
gelten: Er soll<br />
<strong>•</strong> gewillt sein, eine Jugendgruppe<br />
zu übernehmen und<br />
über einen längeren Zeitraum<br />
zu leiten (Motivation),<br />
<strong>•</strong> sich zutrauen, eine Jugendgruppe<br />
in eigener Verantwortung<br />
zu leiten (Selbstvertrauen)<br />
.<br />
<strong>•</strong> bereit sein, Aus- und Wei-<br />
terbildungsangebote im Bereich<br />
Jugendarbeit wahrzunehmen.<br />
Jeder, der diese Kriterien<br />
erfüllt, sollte die Gelegenheit<br />
erhalten, eine Gruppe zu<br />
übernehmen. Wenn Zweüel<br />
daran bestehen, daß er der<br />
Aufgabe gewachsen ist oder<br />
wenn der Betreffende selbst<br />
Bedenken hat, kann er zunächst<br />
einmal als Helfer eines<br />
erfahreneren Jugendbetreuers<br />
mitwirken.<br />
Der angehende Jugendbetreuer<br />
muß in solchen Situationen<br />
auch selbst deutlich<br />
zu verstehen geben,<br />
wenn er sich überfordert<br />
fühlt. Es dient nicht der Nachwuchsförderung<br />
der Bundesanstalt<br />
Technisches Hilfs-<br />
Ein Ausbilder erklärt<br />
<strong>THW</strong> -Junghelfern<br />
eine Anhängerkupplung.<br />
Foto: Hilberath<br />
19
<strong>THW</strong> inszenierte<br />
"Wolkenbruch"<br />
Vier Notstrom- und Pumpengruppen aus Bremen und<br />
Niedersachsen überprüften Regenrückhaltebecken<br />
Von Peter Lohrnann<br />
I n einer gemeinsamen<br />
Übung überprüften unlängst<br />
die Notstrom- und Pumpengruppen<br />
sowie die Instandsetzungszüge<br />
aus den <strong>THW</strong><br />
Ortsverbänden Bremen-Hastedt,<br />
Verden (Aller). Delmenhorst,<br />
Hoya und Bremen-Neustadt<br />
die Überflußeinrichtungen<br />
von Regenrückhaltebecken.<br />
Gegenstand der Übung<br />
war es. mit 18 leistungsfähigen<br />
Pumpen 21 000 Liter<br />
Wasser pro Minute in einen<br />
Kanal zu transportieren. die<br />
von der Meßtechnik der Bremer<br />
Stadtentwässerung erfaßt<br />
wurden. Auf diese Weise<br />
wurde ein wolkenbruchartiger<br />
Regen simuliert.<br />
Sehr geehrte Damen und Herren,<br />
Die Aktion stand im Zusammenhang<br />
mit einem<br />
Umwel tsch u tzprogramm<br />
des Bremer Senats. das den<br />
bisherigen Zustand. bei dem<br />
- in Folge starker Regenfälle<br />
- Abfälle ungeklärt durch<br />
die Kanalisation in die Fließgewässer<br />
gelangen. beheben<br />
soll. Zu diesem Zweck<br />
wurden riesige Regenrück -<br />
haltebecken gebaut. in denen<br />
bei einem Wolkenbruch<br />
eine Grobklärung der in der<br />
Kanalisation schwimmenden<br />
Abfälle erfolgen soll.<br />
Über fünfzig <strong>THW</strong> -Helfer<br />
aus Bremen und Niedersachsen<br />
beteiligten sich an dem<br />
simulierten <strong>•</strong> Wolkenbruch".<br />
der auch in der Bremer Innenbehörde<br />
auf großes Interesse<br />
stieß.<br />
mit Interesse verfolgen wir die Herausgabe der<br />
neuen <strong>THW</strong>-Zeitschrift.<br />
In der Ausgabe Nr. 2/ 91 vom <strong>29.</strong> November 1991<br />
schreibt Herr Dr. Konrad Ammermüller vom BundesministerdesInnern<br />
u . a . über die neue Mitwirkungsverordn<br />
ung unter den Ausführungen .Ausscheiden<br />
aus dem <strong>THW</strong>" - Seite 20. Spalte 3.<br />
Absatz 2:<br />
.Mit Erreichen der für die jeweilige Helfergruppe<br />
spezifischen Altersgrenze endet automatisch die<br />
Zugehörigkeit zum <strong>THW</strong>. "<br />
Dem wird energisch widersprochen. Mit der RundverfügungNr.<br />
15/ 91 vom 22. November 1991-<br />
Neutassung der Helferrechtsvorschriften - sagt<br />
der Abschnitt 5 .Beendigung des Dienstverhältnisses"<br />
unter § 16 Beendigungsgründe unter Punkt<br />
1 folgendes aus:<br />
Die Zugehörigkeit des Helfers zum <strong>THW</strong> endet<br />
1. bei aktiven Helfern und bei Reservehelfern mit<br />
Technisches Hilfswerk 2/ <strong>92</strong> 0<br />
Wie bei einem Wolkenbruch: 21 000 Liter Wasser<br />
pro Minute schießen in einen Kanal und müssen in<br />
den Regenrückhaltebecken aufgefangen werden.<br />
Foto: Hasselberg<br />
Vollendung des 60. Lebensjahres. es sei denn. sie werden<br />
Althelfer ...<br />
Von einem automatischen Ausscheiden kann also auf<br />
gar keinen Fall die Rede sein.<br />
Es wird daher um Richtigstellung gebeten. Dieses sollte<br />
in der nächsten Ausgabe der <strong>THW</strong> Zeitung erfolgen.<br />
bzw. der Kommentar zum Ausscheiden aus dem <strong>THW</strong><br />
muß auf diese Möglichkeit hinweisen.<br />
Langjährige verdiente aktive und passive bzw. Althelfer<br />
sind über diese Art der Auslegung des Gesetzestextes<br />
durch Herrn Dr. Ammermüller irritiert und frustriert.<br />
Wir hoffen daher. daß die Ergänzung in der nächsten<br />
<strong>THW</strong> Ausgabe erfolgen wird.<br />
Mit freundlichen Grüßen<br />
G. K10ck<br />
Bezirksbeauttragter für Hamburg-Altona<br />
25
wöchige Schulung auf<br />
Bundesebene ,bei der die<br />
Grundkenntnisse mittels<br />
Übungen und praktischer<br />
Arbeit vertieft und erweitert<br />
werden.<br />
Ein zweistufiges Lehrprogramm<br />
also, das die Ehrenamtlichen<br />
mit dem nötigen<br />
Rüstzeug für ihre Überzeugungsarbeit<br />
ausstatten soll.<br />
Überzeugungsarbeit, die<br />
sich nicht allein auf die externe<br />
Öffentlichkeitsarbeit<br />
richten darf, sondem genauso<br />
im Blick haben muß, daß<br />
'die Notwendigkeit von Öffentlichkeitsarbeit<br />
noch<br />
längst nicht in jedem <strong>THW</strong><br />
Ortsverband anerkannt ist<br />
und der <strong>THW</strong> -Öffentlichkeitsbeauftragte<br />
beharrlich um<br />
seine Reputation kämpfen<br />
muß.<br />
Neue Infoblätter<br />
Kurzfristig wird auch das<br />
Angebot an Handzetteln,<br />
Info-Schriften und (wie schon<br />
oben erwähnt) Plakaten<br />
überarbeitet und ergänzt.<br />
Rainer Bormann, Sachgebietsleiter<br />
in Niedersachsen,<br />
hatte es deshalb in den vergangenen<br />
Monaten übernommen,<br />
neue Textentwürfe<br />
zu gestalten und stellte<br />
diese auf der Arbeitstagung<br />
vor. Grundsätzliche Zustimmung<br />
fand er hiermit bei<br />
den Kollegen, die nur hier<br />
und da Korrekturen vorschlugen<br />
und froh waren,<br />
daß in Zeiten permanenten<br />
Personalmangels und erhöhten<br />
Arbeitsaufkommens jemand<br />
die Zeit zu konzeptioneller<br />
Arbeit gefunden hatte.<br />
So wird es in den nächsten<br />
Monaten die seit langem<br />
erwarteten neuen Info-Blätter<br />
geben.<br />
In diesem Zusammenhang<br />
sei erwähnt, daß<br />
<strong>THW</strong> 2 gerade im Hinblick<br />
auf den <strong>THW</strong>-Aufbau in den<br />
neuen Bundesländern eine<br />
spezielle Schrift aufgelegt<br />
hat, mit deren Hilfe die Paten-Landesverbände<br />
eine<br />
fundierte Werbung und Information<br />
vor Ort betreiben<br />
können.<br />
Das "Handbuch für<br />
Öffentlichkeitsarbeit"<br />
Unter der Federführung<br />
von Jürgen Delle, Sachgebietsleiter<br />
des Landesverbandes<br />
Bayem, erhielt auch<br />
das "Handbuch für Öffentlichkeitsarbeit"<br />
die erforderliche<br />
Aktualisierung. Delle<br />
trug in Ahrweiler die Ergebnisse<br />
eines vorausgegangenen<br />
Treffens vor, auf dem<br />
Vorschläge zur inhaltlichen<br />
N eugestal tung erar bei tet<br />
wurden.<br />
"Was nutzt aber das aktuellsteÖffentlichkeitshandbuch<br />
", so die Teilnehmer,<br />
.wenn die Exemplare anschließend<br />
in den Regalen<br />
der <strong>THW</strong>-Ortsverbände verstauben<br />
oder in die Privatbibliotheken<br />
einzelner Funktionsträger<br />
wandem?"<br />
Das Handbuch ist ein optimaler<br />
Leitfaden für nahezu<br />
alle Aktivitäten des <strong>THW</strong> -Öffen<br />
tlichkeitsbeauftragten, In<br />
ihm finden sich wichtige Hinweise<br />
zur Planung von Veranstaltungen,<br />
zur Gestaltung<br />
von Pressegesprächen,<br />
bis hin zu Fototips. Deshalb<br />
noch einmal der Hinweis:<br />
Jeder <strong>THW</strong> -Ortsverband<br />
besitzt ein Exemplar des<br />
Handbuches. Soll es seinen<br />
Zweck erfüllen, so geh6rt es<br />
in die Hand dessen, der mit<br />
Fragen der Öffentlichkeitsarbeit<br />
betraut ist: eben in<br />
die Hand des <strong>THW</strong>-Öffentlichkeitsbeauftragten.<br />
Zu einer guten Öffentlichkeitsarbeit<br />
gehören effektvolle<br />
Werbegeschenke. Die<br />
Präsentation dieser Artikel<br />
übernahm, wie in den Jahren<br />
zuvor, Sachgebietsleiter<br />
Hans Hartrnann (Landesver -<br />
band Hessen), der den Teilnehmern<br />
des Ahrweiler -Treffens<br />
einen Überblick über<br />
neue Werbemöglichkeiten<br />
verschaffte. Anlaß zur gelegentlichen<br />
Heiterkeit bot dies<br />
allemal. Aber es gehört<br />
schon eine gute Portion Orientierungssinn<br />
dazu, den<br />
richtigen Weg zwischen<br />
Kitsch, Kunst und vor allem<br />
den Erfordernissen der Haushaltsführung<br />
zu finden.<br />
Die <strong>THW</strong><br />
Bundeszeitschrift<br />
Einen weiteren Themenschwerpunkt<br />
bildete die<br />
<strong>THW</strong>-Bundeszeitschrift, die<br />
nunmehr zum vierten Mal<br />
in Folge erscheint.<br />
Anlaß genug, das Publikationsangebot<br />
der <strong>THW</strong><br />
Landesverbände und der<br />
<strong>THW</strong>-Leitung einmal zu überdenken.<br />
So hatten Guido<br />
Selzner, Referatsleiter <strong>THW</strong> 2,<br />
und der im <strong>THW</strong> zuständige<br />
Redakteur der Bundeszeitschrift.<br />
Alexander Glass, diesen<br />
Punkt auf die Tagesordnung<br />
gesetzt und Dr. Stefan<br />
Koch, verantwortlicher Redakteur<br />
im Osang-Verlag,<br />
Auf der Tagung in Ahrweiler:<br />
Guido Selzner (rechts),<br />
Referatsleiter <strong>THW</strong> 2, und<br />
Stefan Koch, für die <strong>THW</strong><br />
Bundeszeitschrift verantwortlicher<br />
Redakteur beim<br />
Osang Verlag<br />
Fotos: Glass<br />
eingeladen. "Die <strong>THW</strong>-Zeitung<br />
ist gut eingeführt", lautete<br />
das einhellige Urteil.<br />
Positiv aufgenommen wurden<br />
das ansprechende Layout<br />
und die abwechslungsreiche<br />
Themengestaltung.<br />
Zwischenzeitlich ist allerdings<br />
der Bedarf an einer<br />
umfassenderen Berichterstattung<br />
aus den <strong>THW</strong>-Landesverbänden<br />
entstanden.<br />
Grund: Die meisten Landesverbände<br />
haben - zumeist<br />
wegen personeller Engpässe<br />
- die regelmäßige Herausgabe<br />
einer eigenen Publikation<br />
eingestellt.<br />
Als Konsequenz aus einer<br />
Aufnahme der Landesverbände<br />
in die Bundeszeitschrift<br />
ergäben sich zunächst<br />
einmal vermehrte Kosten,<br />
die mit einer Erhöhung der<br />
Auflage -auch aufgrund der<br />
Nachfrage in den neuen<br />
Bundesländern - und einer<br />
Erweiterung der Seitenzahlen<br />
verbunden wären. Eine<br />
weitere Folge wären kompliziertere<br />
redaktionelle Abläufe.<br />
Denn hier wie sonst<br />
gilt die Maxime, daß eine<br />
Vervielfachung der Kompetenzen<br />
und Verantwortlichkeiten<br />
nicht unbedingt zu<br />
einer Verbesserung der Resultate<br />
beitragen muß.<br />
Gesprächsstoff für die Teilnehmer<br />
der Ahrweiler Tagung,<br />
denn allesamt wissen<br />
sie um die Modalitäten des<br />
"Zeitungmachens" und kennen<br />
die Schwierigkeiten,<br />
eine Zeitschrift für viele Leser<br />
ansprechend und interessant<br />
zu gestalten. Es wird<br />
sicherlich das Gesicht der<br />
<strong>THW</strong> -Bundeszeitschrift verändern,<br />
wenn die Beiträge<br />
aus den Landesverbänden<br />
über den bislang gewohnten<br />
Rahmen hinausgehen.<br />
So einigten sich die Öffen tlichkeitsfachleute<br />
auf eine<br />
zunächst lose Mitarbeit der<br />
Landesverbände in der Bundeszeitschrift,<br />
nach der es<br />
jedem Landesverband freisteht.<br />
entsprechende Artikel<br />
anzubieten, ohne daß daraus<br />
eine Bringpflicht für weitere<br />
Ausgaben entsteht.<br />
27
In einer Zeit besonderer<br />
Überlegungen<br />
zur Neustrukturierung<br />
des Technischen<br />
Hilfswerks ist<br />
es angebracht, viele<br />
Meinungen und<br />
Erfahrungen Beteiligter<br />
in die Planung<br />
des Technischen<br />
Hilfswerks der Zukunft<br />
einzubeziehen,<br />
Von den folgenden<br />
Ausführungen zum<br />
Thema erhofft sich<br />
der Verfasser eine<br />
breite Diskussion auf<br />
allen Ebenen der<br />
Organisation <strong>THW</strong><br />
und daraus wiederum<br />
den positiven<br />
Extrakt für eine gemeinsame<br />
Lösung<br />
der vor uns liegenden<br />
Aufgaben,<br />
Anzumerken ist, daß<br />
der ehrenamtliche<br />
wie der hauptamtliche<br />
Bereich in enger<br />
Gemeinschaft Berücksichtigungfinden<br />
müssen, denn<br />
sie sind nicht trennbar,<br />
28<br />
40 Jahre Bundesanstalt<br />
Technisches Hilfswerk -<br />
und die Zukunft?<br />
Der Helfer im <strong>THW</strong> -<br />
eine Bestandsaufnahme<br />
Die Mindestverpflichtungszeit<br />
ist auf 8 Jahre herabgesetzt.<br />
Nur ein Teil bleibt<br />
länger im <strong>THW</strong>, Die Ausbildung<br />
dauert etwa 2 Jahre,<br />
so daß die Verfügbarkeit als<br />
einsatzfähige Kraft mit ca, 6<br />
Jahren anzunehmen ist. Die<br />
Kompensation des Abganges<br />
an HeUern wegen der<br />
Verpflichtungsverkürzung<br />
ist nicht in Sicht. Wenn die<br />
Verkürzung der Wehrpflicht<br />
auch nur ein Argument darstellt<br />
- weitere Gründe sind<br />
zu analysieren - so bleibt<br />
festzustellen. daß der Zugang<br />
neuer HeUer zur Zeit<br />
gering ausfällt.<br />
Die Grundausbildung im<br />
Ortsverband (Standortausbildung)<br />
erscheint nicht<br />
mehr sinnvoll, Geringer Zugang<br />
neuer auszubildender<br />
Helfer. die Vielfalt der erforderlichenAusbildungsgänge.<br />
besonders im Hinblick<br />
auf zu erwartende technische<br />
Fortentwicklung und<br />
Spezialisierung. sowie unterschiedliche<br />
Qualifikation<br />
und Motivation der Ausbilder<br />
verhindern einen einheitlichenAusbildungsstand,<br />
Wegen der geringen<br />
Verweildauer ist es problematisch.<br />
HeUer zum Einheitsführer<br />
fortzubilden,<br />
Sowohl die Bereitschaft.<br />
sich für verantwortliche Führungsfunktionen<br />
zur Verfügung<br />
zu stellen. als auch der<br />
Wille. über Lehrgänge Spezialkenntnisse<br />
zu erwerben.<br />
schwindet.<br />
Der Helfer im <strong>THW</strong> -<br />
die Zukunftsperspektive<br />
Neue Techniken und neue<br />
Strukturen erfordern nicht<br />
nur eine umfassende. sondern<br />
vor allem eine einheitliche<br />
Grundausbildung, Deshalb<br />
schlage ich vor: Die<br />
Grundausbildung wird in<br />
einem durchgehenden. 3w<br />
öchigen Lehrgang an d er<br />
Katastrophenschutzschule<br />
(KSL) des Landes durchgeführt,<br />
Die Einheitlichkeit der<br />
Grundausbildung beeinflußt<br />
positiv den Ablauf der aufbauenden<br />
Fachlehrgänge<br />
an der KSL.<br />
Vorschlag: Die Fachausbildung<br />
bleibt Aufgabe des<br />
Ortsverbandes, Sie muß<br />
überlagert werden durch<br />
Fachschulungen an der KSL<br />
bzw, auf regionaler Ebene,<br />
um einen hohen Ausbildungsstand<br />
zu erreichen<br />
und zu halten, Fachausbildung<br />
und Einsatzgeschehen<br />
sowie Leistungen wirtschaftlicher<br />
Hilfe ergänzen sich mit<br />
dem Ziel hoher Leistungsfähigkeit.<br />
Die Führungsausbildung<br />
wird heute nach altem Schema<br />
zu zeitaufwendig durchgeführt.<br />
Vorschlag: Unterführer-<br />
und Führerausbildung<br />
werden getrennt.<br />
von Karl Hübner<br />
Für Truppenführer und<br />
Gruppenführer besteht gemäß<br />
Dienstvorschrift 200 ein<br />
einheitlicher Aufgabenzuschnitt,<br />
Bei einheitlicher<br />
Grundausbildung auf hohem<br />
Niveau kann der Truppführerlehrgang<br />
ohne weiteres<br />
entfallen, Der Unterführer<br />
wird in insgesamt dreiwöchiger<br />
Lehrgangsdauer<br />
mit dem Schwerpunkt der<br />
Fachwissensvermittlung an<br />
der KSL ausgebildet. Der<br />
Führer - nach festzulegenden<br />
Kriterien ausgewählt -<br />
erhält von Anfang an eine<br />
spezielle Führerausbildung .<br />
die neben der Basisvermittlung<br />
von Fachwissen den<br />
Schwerpunkt .taktische Führung<br />
und Menschenführung"<br />
hat,<br />
Die Ausbildung obliegt<br />
den KSL und der KSB, Bei<br />
Entfall der jetzigen TruppundGruppenführer-Lehrgänge<br />
wird die Qualifikation<br />
schneller und kostenneutral<br />
erreicht. Die Verfügbarkeit<br />
in der Führungsfunktion<br />
wird wesentlich verlängert.<br />
Die Einsatzbereitschaft<br />
Die Einsatzbereitschaft sowie<br />
das Leistungsvermögen<br />
werden gekennzeichnet<br />
durch die drei .. A ": Ausstattung.<br />
Ausbildung und Alarmierung,<br />
Zum Erhalt der Einsatzbereitschaft<br />
zählt hinsichtlich<br />
der Ausstattung insbesondere<br />
die Ersatzbeschaffung.<br />
o Technisches Hilfswerk 2/ <strong>92</strong>
Einheitsführer erfassen<br />
und melden Fehlteile auf<br />
Grund jCfrulicher lnspektion<br />
einmal im Jahr, jeweils im<br />
März des Jahres. Vorschlag:<br />
Für jedes Kfz erhält die Einheit<br />
die aktuelle STAN-entsprechende<br />
Bestandsliste mit<br />
Fehlteillisten. Die ausgefüllten<br />
Fehlteillisten bilden bei<br />
der Bereichsgeschäftsstelle<br />
die Grundlage für eine zusammengefaßteErsatzbeschaffung<br />
des gesamten<br />
Bereichs. Die Abwicklung<br />
der Ersatzbeschaffung einschließlich<br />
Auslieferung erfolgt<br />
im laufenden Haushaltsjahr.<br />
Auch übergeordnete<br />
Zusammenfassungen<br />
sind bei diesem Verfahren<br />
möglich. Das weitaus größte<br />
Problem bleibt jedoch die<br />
Zentral-Beschaffung durch<br />
den Bund. Die Realisierung<br />
von Ersatzbeschaffungen<br />
zieht sich damit über Jahre<br />
hin. Vorschlag: Für die STAN<br />
Ausstattung müssen Rahmenverträge<br />
mit kompetenten<br />
Lieferem geschlossen<br />
werden. Die Obergrenze für<br />
die Beschaffung durch den<br />
Geschäftsführer wird auf DM<br />
250,00 pro Einzelgerät festgesetzt.<br />
Bis zu dieser Grenze<br />
wird auf Absetzungs-/ Aussonderungsverfahrenverzichtet.<br />
Technisches Hilfswerk 2/ <strong>92</strong> 0<br />
Das Verfahren bei der Ersatzbeschaffung<br />
höherwer -<br />
tiger Gegenstände bzw. Sätze<br />
aus dem beim Landesbeauftragten<br />
verwalteten Titel<br />
hat sich bewCfrut. Die Zentral-Beschaffung<br />
wird geändert.<br />
Je nach zu erwartender<br />
Verlustrate - z. B. Verschleiß<br />
bei Motorsägen -<br />
wird die Beschaffung "nach<br />
Z" auf 105 bis 110 % festgelegt.<br />
Damit entsteht ein Pool,<br />
aus dem Verluste sofort abgedeckt<br />
werden und der<br />
darüber hinaus als zusätzliche<br />
Einsatzreserve dient.<br />
Lagerung und Auslieferung<br />
wird den Schulen KSB und<br />
KSL übertragen. So läßt sich<br />
erreichen, daß an den Schulen<br />
stets aktuelles Gerät und<br />
Fahrzeuge vorhanden sind<br />
bzw. aus der Beschaffung<br />
zulaufen. Die Helfer erfahren<br />
die Ausbildung am neuesten<br />
Gerät und erledigen<br />
in der Ausbildung übend die<br />
Wartungsarbeiten.<br />
Alarmierung<br />
Friedensmäßige Aufgabenstellung<br />
bedeutet Einbindung<br />
in die Alarmpläne bei<br />
den Katastrophenschutzbehörden<br />
und den Rettungsleitstellen.<br />
Anforderung erhält<br />
aber nur die Organisation,<br />
die mit hinreichender<br />
Schnelligkeit auf Alarmierungen<br />
reagiert.<br />
Das <strong>THW</strong> darf im Sinne der<br />
Aufgabenstellung nicht ins<br />
Hintertreffen geraten. Erfolgreiche<br />
Einsätze motivieren,<br />
der Helfer fühlt sich gebraucht.<br />
Vorschlag: Die Ausstattung<br />
mit Funkalarmempfängern<br />
nach dem jet-<br />
zigen Stand der Technik wird<br />
dem Bedarf angepaßt.<br />
Mit fünf Empfängern bei<br />
einem Ortsverbandkann die<br />
Alarmierung für das Einsatzgeschehen<br />
nicht sichergestellt<br />
werden.<br />
Attraktives Dienstgeschehen<br />
bei weniger<br />
Verwaltung<br />
Attraktives Dienstgeschehen<br />
bei weniger Verwaltung,<br />
das ist eine Kernforderung<br />
für die Zukunft. um<br />
ehrenamtlichen Kräften die<br />
Motivation zur Aufgabenerfüllung<br />
zu erhalten.<br />
Weniger Verwaltung im<br />
Ortsverband bedeutet die<br />
Verlagerung auf die hauptamtliche<br />
Ebene beim zuständigen<br />
Geschäftsführer. Sie<br />
geht einher mit der EirUührung<br />
der Informationstechnik<br />
beim <strong>THW</strong>. Entlastung<br />
bei der Verwaltungsarbeit<br />
ermöglicht die Konzentration<br />
der Ehrenamtlichen auf<br />
ihre gesetzlichen Aufgaben.<br />
Die Helferverwaltung sollte<br />
der erste Ansatzpunkt sein.<br />
Vorschläge:<br />
<strong>•</strong> Der Personalbogen II<br />
entfällt; hier genügt die Führung<br />
bei der Dienststelle des<br />
Geschäftsbereiches (GFB).<br />
<strong>•</strong> Beauftragung/ Bestellung<br />
und Abberufung: Die<br />
verwal tungsmäßige Abwicklung<br />
obliegt dem GFB.<br />
Hier genügt dann eine Basisliste<br />
zur Übersicht. u .a . für<br />
die Mehraufwandsentschädigung.<br />
<strong>•</strong> Überweisungen: Nach<br />
Mitteilung durch den Ortsverband<br />
werden sie von den<br />
betroffenen Geschäftsführerbereichen<br />
abgewickelt.<br />
<strong>•</strong> Der Ortsverband nimmt<br />
neue Helfer auf: Die angenommenenVerpflichtungserklärungen<br />
leitet er unter<br />
Nennung des STAN-Platzes<br />
in der Einheit an den GFB.<br />
Hier wird die P-Akte für den<br />
Ortsverband erstellt, die Untersuchung<br />
nach G 26 eingeleitet.<br />
das Verfahren der<br />
Freistellung bearbeitet. der<br />
<strong>THW</strong> -Dienstausweis ausgestellt<br />
und die Aufstellungsliste<br />
der Einheit aktualisiert.<br />
Für den Einheitsführer und<br />
den Ortsverband bilden die<br />
Aufstellungslisten die wesentliche<br />
Arbeitsgrundlage .<br />
<strong>•</strong> Lehrgangsbeschickung:<br />
Der Einheitsführer schlägt<br />
Teilnehmer für Lehrgänge<br />
vor. Die Lehrgangsanmeldung<br />
bei der Katastrophenschutzbehörde<br />
bzw. beim<br />
Landesverband vollzieht der<br />
GFB; er ergänzt den Personalbogen<br />
II nach der Teilnahmebestätigung.<br />
Der hauptamtliche<br />
Bereich<br />
Die Aufgaben des hauptamtlichen<br />
Bereiches des<br />
<strong>THW</strong> haben sich in den letzten<br />
Jahren erheblich erweitert,<br />
ohne daß dementsprechend<br />
neue Personal-Stellen<br />
geschaffen worden wären.<br />
29
Die Erledigung neuer Aufgaben<br />
vollzieht sich in den<br />
Dienststellen der Geschäftsführer<br />
nicht nur auf Kosten<br />
der Arbeitsqualität, sondern<br />
auch unter weitgehender<br />
Einschränkung der Betreuung<br />
der ehrenamtlichen<br />
Kräfte vor Ort.<br />
Die Neustrukturierung des<br />
<strong>THW</strong> darf nicht mit der Abwandlung<br />
der personellen<br />
und materiellen ST AN für die<br />
Einheiten und der Einführung<br />
der neuen OV-Führungs-Konzeption<br />
enden. Sie<br />
muß eindeutig die Bewertung<br />
und Gestaltung der<br />
Dienststellen von Geschäftsführern<br />
und Landesbeauftragten<br />
einbeziehen. Hierzu<br />
mache ich folgende Vorschläge:<br />
<strong>•</strong> Der Standard-GFB soll<br />
nicht mehr als 6 Ortsverbände<br />
mit einer Helferzahl von<br />
etwa 600 Helfern umfassen.<br />
<strong>•</strong> Anzustreben ist bei den<br />
Ortsverbänden eine Größe,<br />
die die Zahl von 100 Helfern<br />
nicht wesentlich überschreitet.<br />
<strong>•</strong> Personelle Ausstattung<br />
des GFB: 1 Geschäftsführer,<br />
1 - 2 Sachbearbeiter, 2 - 3<br />
Bürosachbearbeiter, 3 Kraftfahrer<br />
und Gerätehandwerker<br />
Dabei gliedert sich der GFB<br />
in die Sachgebiete: Verwaltung<br />
= Haushaltsabwicklung,<br />
Liegenschaften, allg.<br />
Verwaltung; Logistik = Kfz<br />
Wesen, Materialverwaltung<br />
, Ersatzbeschaffung ;<br />
Helferverwaltung .<br />
Basisüberlegungen für die<br />
Konzeption:<br />
<strong>•</strong> Die personelle Ausstattung<br />
gewährleistet die intensive<br />
Betreuung der Ortsverbände.<br />
Beratung, Hilfe<br />
und Schulung kommen den<br />
Ortsverbänden in der täglichen<br />
Arbeit zugute.<br />
<strong>•</strong> Mit dem oder den Sachbearbeiterj<br />
n wird das Problem<br />
der Geschäftsführervertretung<br />
gelöst.<br />
30<br />
<strong>•</strong> Bei der Einführung der<br />
Informationstechnik schafft<br />
die Personalausstattung mit<br />
2 - 3 Bürosachbearbeiterjinnen<br />
die Voraussetzung dafür,<br />
daß trotz Urlaub, Krankheit<br />
oder Kur noch mindestens<br />
I Gerätebediener vorhanden<br />
ist.<br />
<strong>•</strong> Das Sachgebiet Helferverwaltung<br />
unterstützt die<br />
Ortsverbände .<br />
<strong>•</strong> Das Sachgebiet Logistik<br />
entlastet die Ortsverbände<br />
in der Ausstattungs- und<br />
Materialbewirtschaftung .<br />
<strong>•</strong> Jeder Kraftfahrerj Gerätehandwerker<br />
soll nicht<br />
mehr als die Höchstzahl von<br />
4 Einheiten betreuen.<br />
<strong>•</strong> Eine verbesserte personelle<br />
Ausstattung ergibt die<br />
Möglichkeit, Personal zur<br />
Schulung abzustellen. Für<br />
künftige Aufgaben wird bei<br />
Fortentwicklung der Technik<br />
eine ständige Schulung unverzichtbar<br />
.<br />
Fragen des Raumbedarfs:<br />
<strong>•</strong> Bei den Raumbedarfsplanungen<br />
muß künftig eine<br />
räumliche Trennung des<br />
Ortsbeauftragten von den<br />
Verwaltungshelfern erfolgen.<br />
<strong>•</strong> Die Informationstechnik<br />
muß Berücksichtigung finden.<br />
<strong>•</strong> Die Personalausstattung<br />
der Geschäftsführer-Dienststellen<br />
muß ebenso berücksichtigt<br />
werden.<br />
Schlußbemerkung<br />
Das Technische Hilfswerk<br />
kann, muß und wird in die<br />
eigene Zukunft investieren.<br />
Unverkennbar ist die Zeit reü<br />
für die von allen Ebenen<br />
getragene, umfassende<br />
Neukonzeption. Tragen Sie<br />
Ihre Meinungen und Vorschläge<br />
sowie Kritiken über<br />
die Landesbeauftragten an<br />
die <strong>THW</strong>-Leitung heran.<br />
Anmerkung der Redaktion:<br />
Der Beitrag von Karl<br />
Hübner ist erheblich gekürzt.<br />
Die Originalfassung kann<br />
von der <strong>THW</strong>-Leitung, Referat<br />
<strong>THW</strong> 2, bezogen werden.<br />
Zur Fortentwicklung des Zivil- und<br />
Katastrophenschutzes in Deutschland<br />
führte der Innenausschuß des Bundestages<br />
eine interne Anhörung durch.<br />
Die <strong>THW</strong>-Helfervereinigung - durch ihren<br />
Vizepräsidenten Horst Frentrup und<br />
ihren Schriftführer Frank Schulze vertretenwar<br />
neben allen anderen Organisationen<br />
um eine Stellungnahme gebeten.<br />
Horst Frentrup führte für die<br />
Helfervereinigung aus:<br />
Die <strong>THW</strong>-Bundeshelfervereinigung ist der<br />
Auffassung, daß ein funktionierender<br />
(erweiterter) Katastrophenschutz weiterhin<br />
Kern jeden Bevölkerungsschutzes ist.<br />
Katastrophenschutz<br />
in den neuen Ländern<br />
In den neuen Bundesländern<br />
ist dies nach der Auflösung<br />
der dortigen ehemaligen<br />
Zivilverteidigung nicht<br />
gewährleistet. In Anbetracht<br />
der Unsicherheit hinsichtlich<br />
der künftigen Strukturen im<br />
Zivilschutz üben die neuen<br />
Bundesländer - zumindest<br />
teilweise - beim Aufbau des<br />
(erweiterten) Katastrophenschutzes<br />
Zurückhaltung. Dies<br />
kann angesichts des ohnehin<br />
vorhandenen Gefahrenpotentials<br />
und der über das<br />
Beitrittsgebiet hereingebrochenen<br />
Verkehrsflut aus<br />
Verantwortung gegenüber<br />
unseren neuen Bundesbürgern<br />
nicht hingenommen<br />
werden.<br />
Die <strong>THW</strong> -Bundeshelferver -<br />
einigung fordert daher, möglichst<br />
bald Klarheit über die<br />
künftigen Strukturen im Zivilschutz<br />
zu schaffen, damit<br />
die neuen Länder nicht weiterhin<br />
auf per Stelle treten,<br />
sondern der Aufbau des Katastrophenschutzes<br />
im Beitrittsgebiet<br />
zügig fortgeführt<br />
werden kann. Der Aufbau<br />
im Osten darf jedoch nicht<br />
zu Lasten des Schutzes der<br />
Bevölkerung im Westen der<br />
Bundesrepublik erfolgen.<br />
Novellierung des ZivilundKatastrophenschutzgesetzes<br />
Bei einer Gesetzesnovellierung<br />
des Zivilschutz- oder Katastrophenschutzgesetzes<br />
sollte überlegt werden, ob<br />
und wie man die humanitäre<br />
Hilfeleistung des Bundes<br />
und der Länder - gegebenenfalls<br />
auch im internationalen<br />
Rahmen - angesichts<br />
der ständig zunehmenden<br />
Naturkatastrophen als Aufgabe<br />
des Katastrophenschutzes<br />
definiert.<br />
Die <strong>THW</strong> -Bundeshelferver -<br />
einigung begrüßt, daß trotz<br />
aller Meinungsunterschiede<br />
Bund und Länder an einem<br />
einheitlichen Hilfeleistungssystem<br />
mit Doppelnutzen für<br />
die Gefahrenabwehr des<br />
Bundes und der Länder festhalten.<br />
Das Technische Hilfswerk<br />
hat sich als unverzichtbarer<br />
Bestandteil dieses einheitlichenHilfeleistungssystems<br />
bewährt. Das <strong>THW</strong> ist<br />
ein Teil des personellen Beitrags<br />
des Bundes zu diesem<br />
f&\ Technisch es Hilfsw erk 2/<strong>92</strong>
Das<strong>THW</strong>muß<br />
weiter gestärkt werden<br />
Stellungnahme der <strong>THW</strong> -Helfervereinigung<br />
vor dem Innenausschuß<br />
des Deutschen Bundestages<br />
von Johannes Gerster MdB<br />
einheitlichen Hilfeleistungssystem.<br />
Mit einer bloß finanziellen<br />
Beteiligung würde der<br />
Bund seinen Verpflichtungen<br />
im Bevölkerungsschutz<br />
nicht gerecht. Zudem ist der<br />
Bund auch im Frieden nach<br />
Artikel 35 GG den Ländem<br />
gegenüber zur Katastrophenhilfe<br />
verpflichtet. Die<br />
Aufgabenstellung des Technischen<br />
Hilfswerkes bedarf<br />
keiner Änderung.<br />
Der Vorschlag der Innenministerkonferenz,<br />
das <strong>THW</strong><br />
Helfergesetz und das Gesetz<br />
über den Zivilschutz zusammenzufassen,<br />
ist u . E. unbegründet.<br />
Das <strong>THW</strong>-Helferrechtsgesetz<br />
regelt nur die<br />
Rechtsnatur des Technischen<br />
Hilfswerks und die<br />
Rechtsverhältnisse der <strong>THW</strong><br />
Helfer gegenüber ihrer Organisation.Überdenkenswerte<br />
Änderungsvorschläge<br />
hierzu sind von keiner Seite<br />
vorgetragen worden. Das Zivilschutzgesetz<br />
regelt dagegen<br />
die Aufgabenverteilung<br />
zwischen Bund und Ländem<br />
beim Bevölkerungsschutz,<br />
insbesondere die Auftragsverwaltung.<br />
Eine Zusammenfassung<br />
beider Gesetze<br />
ist weder notwendig noch<br />
sinnvoll.<br />
Festhalten<br />
an Fachdiensten<br />
Nach Auffassung der<br />
<strong>THW</strong> -Bundeshelfervereinigung<br />
ist an einem nach<br />
Fachdiensten gegliederten<br />
Katastrophenschutz festzuhalten.<br />
Dabei sollten weiter-<br />
Technisches Hilfswerk 2/ <strong>92</strong> 0<br />
hin der Bergungsdienst und<br />
der Instandsetzungsdienst<br />
als Fachdienste erhalten<br />
bleiben. Als Trägerorganisation<br />
hat sich in der Vergangenheit<br />
das Technische Hilfswerk<br />
bewährt, in dem es die<br />
ihm zugewiesenen Aufstellungsaufträge<br />
erfüllt hat.<br />
Das Technische Hilfswerk<br />
erschließt zudem ein Helferpotential.<br />
das für andere<br />
Hilfsorganisationen kaum<br />
zugänglich ist. Zweifelsohne<br />
wird bei der künftigen Ausstattung<br />
des Bergungs- und<br />
Instandsetzungsdienstes die<br />
technische Entwicklung zu<br />
berücksichtigen sein und der<br />
Instandsetzungsdienst sollte<br />
statt der Wiederherstellung<br />
von Versorgungsleitungen<br />
verstärkt mit der Ersatzgestellung<br />
von Energie und<br />
Wasser beauftragt werden.<br />
Die Hilfsorganisationen<br />
müssen durch Zuweisung<br />
von Personal und Ausstattung<br />
grundsätzlich in die<br />
Lage versetzt werden, die<br />
von ihnen aufgestellten Einheiten<br />
selbständig zu verpflegen.<br />
Das Weisungsrecht<br />
der Katastrophenschutzbehörde,<br />
die Verpflegung anderweitig<br />
zu regeln, bleibt<br />
unangetastet. Die Einheiten<br />
müssen außerdem in den<br />
Stand gesetzt werden, die<br />
Kommunikation mit der Einsatzleitung<br />
mit eigenen Mitteln<br />
herzustellen. Dabei sollten<br />
die Hilfsorganisationen<br />
- u . a . wegen der Versorgungsaufgabe<br />
in das Kommunikationssystemeingebunden<br />
werden.<br />
Außerdem müßten dem<br />
Technischen Hilfswerk - wie<br />
allen anderen Organisationen<br />
auch - die Schulen zugewiesen<br />
werden, die es ihm<br />
ermöglichen, die fachliche<br />
Ausbildung seiner Helferschaft<br />
entsprechend den<br />
gesetzlichen Aufgaben in<br />
vollem Umfang zu gewährleisten.<br />
Zusammenfassung<br />
Nach Ansicht der <strong>THW</strong><br />
Bundeshelfervereinigung<br />
muß<br />
<strong>•</strong> der Aufbau des Katastrophenschutzes<br />
im Beitrittsgebiet<br />
zügig fortgeführt werden,<br />
ohne den Schutz der<br />
Bevölkerung in den alten<br />
Bundesländern zu verringem,<br />
<strong>•</strong> die Leistung humanitärer<br />
Hilfe zur Bewältigung gesellschaftlicher<br />
Katastrophen<br />
überdacht werden,<br />
<strong>•</strong> das <strong>THW</strong>-Helfergesetz unangetastet<br />
bleiben,<br />
<strong>•</strong> für den Bergungsdienst<br />
und den Instandsetzungsdienst<br />
weiterhin das Technische<br />
Hilfswerk vorgesehen<br />
werden,<br />
<strong>•</strong> die Selbstversorgung der<br />
Einheiten durch die Trägerorganisation<br />
ermöglicht und<br />
die Leistungsfähigkeit der<br />
Einheiten im Kommunikationsbereich<br />
verbessert werden,<br />
<strong>•</strong> dem Technischen Hilfswerk<br />
eine ausreichende Zahl<br />
an Schulen zugewiesen werden,<br />
die es zur fachlichen<br />
Ausbildung seiner Helferschaft<br />
entsprechend seinem<br />
gesetzlichen Auftrag benötigt.<br />
31
Diskussionsforum<br />
Katastrophenschutz<br />
in Schleswig-Holstein<br />
" Die geplanten<br />
Anderungen im<br />
Katastrophenschutzrecht<br />
und die Durchführung<br />
von Hilfeleistungen<br />
wmen<br />
der Schwerpunkt<br />
eines Diskussionsforums"Katastrophenschutz<br />
in Schleswig<br />
Holstein ", zu dem<br />
der Staatssekretär<br />
des schleswigholsteinischen<br />
Innenministeriums,<br />
Dr. Ekkehmd<br />
Wienholtz, in die<br />
Katastrophenschutzschule<br />
des Landes<br />
nach Rendsburg am<br />
17. Janum 19<strong>92</strong><br />
eingeladen hatte.<br />
<strong>•</strong><strong>•</strong><br />
U ber 60 Vertreter der<br />
Fraktionen des Landtages,<br />
des Landkreistages, des<br />
Städtetages und aller Hilfsleistungsorganisationenwaren<br />
der Einladung gefolgt<br />
und diskutierten über die<br />
Ausführungen des Staatssekretärs<br />
und seines zuständigen<br />
Abteilungsleiters, Dr.<br />
Dietmar Lutz, mit dem Thema<br />
.Die Aufgaben des erweitertenKatastrophenschutzes<br />
im Spiegel der Zeit<br />
aus der Sicht des Landes<br />
Schleswig-Holstein. "<br />
34<br />
Dr. Wienholtz trug vor, wie<br />
die Landesregierung unter<br />
schwierigen Voraussetzungen,<br />
insbesondere der bekannten<br />
Finanznot beim<br />
Bund, beim Land und bei<br />
den Kommunen, den Katastrophenschutz<br />
durch ein<br />
neues, fortschrittliches Landeskatastrophenschutzgesetz<br />
effizienter machen wolle.<br />
Schwerpunkte der Neuregelung<br />
sollen mit seinen<br />
Worten sein: die Konzentration<br />
der Aufgaben des Katastrophenschutzes<br />
auf der<br />
Regierungsebene beim Innenminister;<br />
die Einführung<br />
des Verursacherprinzips;<br />
Vorschriften für den Gesundheitsbereich<br />
und für Gefahren<br />
unterhalb der Katastr0phenschutzschwelle<br />
sowie<br />
ein Anspruch der Helfer auf<br />
Freistellung von der Arbeit<br />
bei Einsätzen und Übungen.<br />
Die Diskussion begann mit<br />
Stellungnahmen des Landesbrandmeisters<br />
Gunther<br />
Stoltenberg-Frick und des<br />
stellvertretenden Landesbeauftragten<br />
des Technischen<br />
Hilfswerks, Wilfried Blumentritt.<br />
Dr. Wienholtz sicherte<br />
den Organisationen und<br />
Verbänden eine weitreichende<br />
Beteiligung zu, sobald<br />
der Gesetzentwurf in<br />
der nächsten Legislaturperiode<br />
vorgelegt werde.<br />
Am 18. Januar sprachen<br />
Vertreter der Feuerwehren<br />
und des Technischen Hilfswerkes<br />
in vier Arbeitsgruppen<br />
über eine verbesserte<br />
Einbindung des Technischen<br />
Hilfswerkes in die Hilfeleistung.<br />
Nahezu alle Kreiswehrführer<br />
und Kreisbeauftragten<br />
des Technischen<br />
Hilfswerkes waren beteiligt.<br />
Die Themen der Arbeitsgruppen<br />
lauteten:<br />
<strong>•</strong> Möglichkeit der Aufgabenergänzungen<br />
der Feuerwehr<br />
und des Technischen<br />
Hilfswerkes auf kommunaler<br />
Ebene,<br />
<strong>•</strong> Die Notwendigkeit eines<br />
integrierten Abwehrsystems<br />
bei großen Schadenslagen<br />
un ter dem besonderen<br />
Aspekt der umfassenden<br />
technischen Hilfeleistung,<br />
<strong>•</strong> Die technische Ausstattung<br />
der Feuerwehren und<br />
des Technischen Hilfswerkes<br />
und ihre Einsatzmöglichkeiten<br />
sowie<br />
<strong>•</strong> Die Strukturen der Feuerwehren<br />
und des Technischen<br />
Hilfswerkes unter dem<br />
Aspekt der ehrenamtlichen<br />
Tätigkeit der Helferinnen<br />
und Helfer und ihrer Kooperation.<br />
Mißverständnisse und Unstimmigkeiten,<br />
die vereinzelt<br />
in den vergangenen Jahren<br />
zwischen der Feuerwehr<br />
und dem Technischen Hilfsw<br />
erk aufgetreten waren,<br />
wurden offen angesprochen<br />
und in kameradschaftlicher<br />
Weise beigelegt.<br />
In der Abschlußbesprechung<br />
über die Ergebnisse<br />
der Arbeitsgruppen faßte<br />
Ministerialdirigent Dr. Lutz<br />
als Ergebnis zusammen, die<br />
Veranstaltung habe wertvolle<br />
Hinweise für einen optimalen<br />
Einsatz aller Ressourcen<br />
für die technische<br />
Hilfeleistung gegeben und<br />
die Zusammenarbeit zwischen<br />
beiden Einrichtungen<br />
gefördert. Die für die Gefahrenabwehr<br />
zuständige Behörde<br />
müsse allerdings im<br />
Einzelfall selbst entscheiden,<br />
wen sie einsetze. Alle Beteiligten<br />
waren sich einig, daß<br />
dieser Diskussionsveranstaltung<br />
weitere folgen sollten.<br />
Bücher üb<br />
Eberhard Zangger,<br />
Atlantis. Eine Legende<br />
wird entziffert.<br />
Aus dem Englischen von<br />
Ulrike Wasel und Klaus Timmermann.<br />
Droemer Knaur,<br />
München 19<strong>92</strong>. 336 Seiten,<br />
38.- DM,<br />
ISBN 3-426-26591-5.<br />
Die Legende von Atlantis<br />
hat die Menschen über Jahrtausende<br />
fasziniert und inspiriert.<br />
Immer wieder und<br />
an allen Enden der Welt hat<br />
man den untergegangenen<br />
Kontinent vermutet und gesucht:<br />
auf Grönland, Ceylon,<br />
bei Uppsala und auf<br />
Helgoland. Immer wieder<br />
haben ihn berühmte Schriftsteller<br />
in der Antike und der<br />
Neuzeit beschrieben und so<br />
der Phantasie abenteuerlustiger<br />
Menschen neue Nahrung<br />
verschafft.<br />
Mit seinem Buch Atlantis<br />
facht der Geoarchäologe<br />
Eberhard Zangger die Diskussion<br />
um den sagenhaften<br />
Kontinent an und stellt<br />
sie auf eine neue, wissenschaftlich<br />
fundierte Grundlage.<br />
Zanggers These: Die<br />
Geschichte von Atlantis ist<br />
eine ägyptische Nacherzählung<br />
eines weltbekannten<br />
geschichtlichen Ereignisses.<br />
Sie wurde über die Jahrhunderte<br />
überliefert, immer wieder<br />
übersetzt und dabei<br />
auch immer wieder mehr<br />
oder weniger stark verändert.<br />
Eines der großen Rätsel<br />
der Menschheit hat danach<br />
einen denkbar einfachen<br />
Ausgangspunkt.<br />
Was auf den ersten Blick<br />
wie die nüchterne Analyse<br />
einer phantastischen Geschichte<br />
wirkt, entpuppt sich<br />
beim Lesen als spannende<br />
und gut geschriebene EntzifferungderAtlantis-Legende.<br />
Zangger, der zehn Jahre<br />
lang die Wechselbeziehungen<br />
zwischen den frühen<br />
iIf Technisches Hilfswerk 2/ <strong>92</strong>