An Herrn - SPÖ Stadt Mödling
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20<br />
auch als Schmähung und Verhöhnung des besiegten „Erbfeindes“ Frankreich, dessen<br />
Repräsentanten er wenig schmeichelhaft als hinterlistig („mit Vorbedacht“), falsch, feig und<br />
kriecherisch („buckelten widerwärtig“) zeichnet. Alles Französische – selbst die Sprache –<br />
gilt ihm offenbar als unehrenhaft: „Dieses Beispiel lehrt nur wieder einmal, wie wichtig es ist<br />
für jeden, will richtig und recht er verstanden sein, statt lang zu parlieren, gleich lieber<br />
deutsch zu reden.“ 36 „Deutsch reden“ heißt in diesem Zusammenhang auch, deutsche<br />
Interessen gegen andere Staaten und Völker ohne jedwede Rücksichtnahme durchzusetzen.<br />
Darüber hinaus liegt ein Dokument vor, das mit großer Beweiskraft darüber Aufschluss gibt,<br />
dass Gschmeidler auch den Rassenantisemitismus der Deutschnationalen geteilt hat. In dem<br />
von ihm am 22. Juli 1938 handschriftlich unterzeichneten Fragebogen zur Bearbeitung des<br />
Aufnahmeantrags für die Reichsschrifttumskammer 37 gab Gschmeidler auf die Frage nach<br />
einer früheren Mitgliedschaft bei Organisationen oder Verbänden maschinschriftlich die<br />
„Deutsche Sassenschaft“ an, wobei er in Klammern ausdrücklich anmerkte: „Urschlaraffia<br />
mit Arierparagraphen“. 38 Mit der Betonung des „Arierparagraphen“ machte Gschmeidler kein<br />
Geheimnis aus seiner rassenantisemitischen Gesinnung. Laut Statut dieses Männerbundes<br />
verstand sich die Urschlaraffia als logenähnlicher Verband von Geselligkeitsvereinen, deren<br />
Zusammenkünfte in Form eines ritterlichen Spiels stattfanden und deren Zweck die Pflege<br />
von Kunst, Wissenschaft, Freundschaft und Humor war. Hervorgegangen war die<br />
Urschlaraffia aus einem internen Streit ihrer eher bürgerlich-karitativen<br />
Ursprungsorganisation, der (All)Schlaraffia, über die Einführung des „Arierparagraphen“. Da<br />
die Mehrheit der (All-)Schlaraffia-Mitglieder diesen entschieden ablehnte, spalteten sich die<br />
Befürworter von ihrer Mutterorganisation ab und gründeten die Urschlaraffia 1925 in Wien.<br />
Die Urschlaraffia pflegte einen strikten <strong>An</strong>tisemitismus und bestand vorwiegend aus<br />
deutschnationalen, völkisch-antisemitisch orientierten Mitgliedern, Juden waren grundsätzlich<br />
von einem Beitritt ausgeschlossen. 39<br />
36 Ebd.<br />
37 Die Reichsschrifttumskammer war eine von sieben Einzelkammern der 1933 gegründeten<br />
Reichskulturkammer (RKK), die von Reichsminister für Volksaufklärung und Propaganda Dr. Joseph Goebbels<br />
geleitet wurde. Die RKK war als berufsständische Dachorganisation mit obligatorischer Mitgliedschaft für alle<br />
im Kulturbereich tätigen Deutschen konzipiert. Eine Aufnahme in die RKK war jedoch an den Nachweis einer<br />
„arischen“ Abstammung gebunden. Die RKK war ein wichtiges Instrument der nationalsozialistischen<br />
Kulturpolitik zur Gleichschaltung aller Bereiche des Kulturlebens und der Regelung der sozialen und<br />
wirtschaftlichen Belange der Kulturschaffenden. Vgl. Volker Dahm, <strong>An</strong>fänge und Ideologie der<br />
Reichskulturkammer. Die „Berufsgemeinschaft“ als Instrument kulturpolitischer Steuerung und sozialer<br />
Reglementierung, in: Vierteljahrshefte für Zeitgeschichte, 34 Jg., H. 1, 1986, S. 53-84.<br />
38 Fragebogen zur Bearbeitung des Aufnahmeantrags für die Reichsschrifttumskammer, 22. 7. 1938, in:<br />
Unterlagen des ehem. Berlin Document Center betr. Franz S. Gschmeidler, Reichskulturkammer (RKK),<br />
Bundesarchiv Berlin.<br />
39 Helmut Neuberger, Freimaurerei und Nationalsozialismus: Die Verfolgung der deutschen Freimaurerei durch<br />
völkische Bewegung und Nationalsozialismus 1918-1945, Hamburg 1980, S. 330 f.