Müller-Broich - GRUR
Müller-Broich - GRUR
Müller-Broich - GRUR
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Folie 1<br />
Dr. Rolf Danckwerts, LL.M.<br />
Richter am Landgericht Berlin<br />
Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>, LL.M.<br />
Rechtsanwalt in Frankfurt am Main<br />
Die Folgen der TÜV-Entscheidungen<br />
des BGH für die Praxis<br />
Vortrag vor der <strong>GRUR</strong>-Bezirksgruppe Bayern am 14. Mai 2013<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie 2<br />
Original Nachahmung<br />
BGH, <strong>GRUR</strong> 2010, 80 ff. - LIKEaBIKE<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie 3<br />
BGH, <strong>GRUR</strong> 2010, 80 ff. – LIKEaBIKE<br />
Anspruchsgrundlagen:<br />
•§4 Nr. 9 lit. a, lit. b UWG<br />
•§38 GeschmMG<br />
Problem:<br />
Bil<br />
Int. GM DM 040 209 Tatsächl. vertriebenes Original Nachahmung<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie 4<br />
Unterschiedlicher Bewertungsmaßstab:<br />
• Nachahmung im Sinne des§4 Nr. 9 UWG:<br />
• Maßgeblich ist die Gesamtwirkung der einander<br />
gegenüberstehenden Produkte. Der Verkehr nimmt ein Produkt<br />
in seiner Gesamtheit mit allen seinen Bestandteilen wahr, ohne<br />
es einer analysierenden Betrachtung zu unterziehen.<br />
• Der Verkehr nimmt die in Rede stehenden Produkte regelmäßig<br />
nicht gleichzeitig wahr und vergleicht sie miteinander, sondern er<br />
gewinnt seine Auffassung aufgrund eines Erinnerungseindrucks,<br />
in dem die übereinstimmenden Merkmale stärker hervortreten<br />
als die unterscheidenden (st. Rspr.; vgl. nur BGH, <strong>GRUR</strong> 2007,<br />
795, Tz. 34 - Handtaschen).<br />
• Verkehr = angesprochene Verkehrskreise.<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie 5<br />
Unterschiedlicher Bewertungsmaßstab:<br />
• Benutzung eines Geschmacksmusters i.S.v. § 38 Abs. 2<br />
GeschmMG bzw. Art. 10 Abs. 1 GGV:<br />
• Prüfung der Übereinstimmung des Gesamteindrucks des<br />
angegriffenen Musters mit dem Gesamteindruck des<br />
eingetragenen Musters unter Berücksichtigung nicht nur der<br />
Übereinstimmungen, sondern auch der Unterschiede der Muster<br />
(BGH, <strong>GRUR</strong> 2011, 142, Tz. 20 – Untersetzer).<br />
• Bestimmung des Gestaltungsspielraums erforderlich.<br />
• Einzelvergleich.<br />
• Informierter Benutzer = fiktive Person, die über<br />
Designbewusstsein verfügt und die maßgeblichen Designs auf<br />
dem relevanten Markt kennt.<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie 6<br />
BGH, Beschluss v. 24.03.2011, Az. I ZR 108/09 – TÜV I<br />
Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs wird<br />
der Streitgegenstand (der prozessuale Anspruch) durch den<br />
Klageantrag, in dem sich die vom Kläger in Anspruch genommene<br />
Rechtsfolge konkretisiert, und den Lebenssachverhalt (Klagegrund)<br />
bestimmt, aus dem der Kläger die begehrte Rechtsfolge herleitet<br />
(Rn. 3).<br />
Zweigliedriger Streitgegenstandsbegriff: Streitgegenstand wird<br />
bestimmt durch Klageantrag und Klagegrund. Den Klagegrund<br />
bilden die wesentlichen Elemente des vorgetragenen<br />
Lebenssachverhalts.<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie 7<br />
§ 253 ZPO<br />
(1) […]<br />
(2) Die Klageschrift muss enthalten:<br />
[…]<br />
2. die bestimmte Angabe des Gegenstandes und des Grundes des<br />
erhobenen Anspruchs, sowie einen bestimmten Antrag.<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie 6<br />
BGH, Beschluss v. 24.03.2011, Az. I ZR 108/09 – TÜV I<br />
Die alternative Klagehäufung, bei der der Kläger ein einheitliches<br />
Klagebegehren aus mehreren prozessualen Ansprüchen<br />
(Streitgegenständen) herleitet und dem Gericht die Auswahl<br />
überlässt, auf welchen Klagegrund es die Verurteilung stützt,<br />
verstößt gegen das Gebot des §253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO, den<br />
Klagegrund bestimmt zu bezeichnen (Leitsatz).<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie 9<br />
Örtliche Zuständigkeit und funktionale<br />
Zuständigkeit der Kammern<br />
• Unterschiedlicher örtlicher Gerichtsstand für Klage aus<br />
Schutzrecht und aus UWG<br />
• Aufspaltung der Kammern - Beispiel Düsseldorf:<br />
• Markensachen: 2a ZK<br />
• Geschmacksmustersachen: 14c ZK<br />
• UWG und UrheberR: 12 ZK<br />
• Patent: 4a, 4b, 4c ZK<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
10<br />
BGH, Urt. v. 12.05.2011, Az. I ZR 53/10 - Seilzirkus<br />
Ein Kläger, der ein einheitliches Klagebegehren - wie hier - aus<br />
mehreren prozessualen Ansprüchen (Streitgegenständen)<br />
herleitet,…<br />
Aus dem zur Auslegung des Klageantrags heranzuziehenden<br />
Klagevorbringen ergibt sich jedoch eindeutig, dass die Klägerin ihre<br />
Klage in erster Linie mit Ansprüchen aus Urheberrecht und nur<br />
hilfsweise mit Ansprüchen aus ergänzendem<br />
wettbewerbsrechtlichem Leistungsschutz begründet (Tz. 14).<br />
Folgerung: Anspruch aus Geschmacksmuster und § 4 Nr. 9 UWG<br />
stellt ebenfalls zwei Streitgegenstände dar (vgl. Ausgangsfall<br />
„LIKEaBIKE“, jetzt bestätigt durch BGH, <strong>GRUR</strong> 2013, 285, Tz. 19<br />
– Kinderwagen II).<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
11<br />
BGH, <strong>GRUR</strong> 2012, 621, Tz. 32 - OSCAR<br />
Im Verhältnis zum Verwechslungsschutz stellt die Geltendmachung<br />
einer identischen Verletzung der Marke im Sinne von § 14 Abs. 2 Nr.<br />
1 MarkenG denselben Streitgegenstand dar. Werden aus einem<br />
Schutzrecht sowohl Ansprüche wegen Verwechslungsschutz nach<br />
§ 14 Abs. 2 Nr. 2 als auch wegen Bekanntheitsschutz nach § 14<br />
Abs. 2 Nr. 3 MarkenG geltend gemacht, handelt es sich ebenfalls um<br />
einen einheitlichen Streitgegenstand.<br />
Folgerung: Nur ein Streitgegenstand, wenn Anspruch gestützt auf<br />
§ 4 Nr. 9 lit. a UWG (Herkunftstäuschung) und § 4 Nr. 9 lit. b<br />
UWG (Rufausbeutung, -beeinträchtigung), so jetzt auch<br />
ausdrücklich BGH, Biomineralwasser, Tz. 23.<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
12<br />
BGH, <strong>GRUR</strong> 2011, 1117 - ICE<br />
Wird ein Anspruch auf mehrere Schutzrechte gestützt, begründet<br />
jedes Schutzrecht einen eigenen Streitgegenstand. Das<br />
Feststellungsinteresse ist für jeden einzelnen Streitgegenstand<br />
gesondert zu beurteilen (Tz. 16).<br />
BGH, <strong>GRUR</strong> 2012, 630, Tz. 14 - CONVERSE II<br />
Es bestehen insoweit unterschiedliche Streitgegenstände, als die<br />
Klägerin das Unterlassungsbegehren auf zwei Klagezeichen gestützt<br />
hat (so auch BGH, <strong>GRUR</strong> 2012, 1145, Tz. 18 – Pelikan).<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
13<br />
BGH, <strong>GRUR</strong> 2012, 630, Tz. 17 - CONVERSE II<br />
Die drei vor Klageerhebung durchgeführten Verkaufsaktionen stellen<br />
lediglich einen Streitgegenstand dar. Mehrere mit der Klage<br />
vorgetragene gleichartige Verletzungshandlungen, auf die ein<br />
Unterlassungsantrag mit einem bestimmten Klageziel gestützt wird,<br />
bilden einen einheitlichen Klagegrund.<br />
Davon ist vorliegend bei den drei Verkaufsaktionen von "Converse"-<br />
Schuhen durch die Beklagte in den Jahren 2006 und 2007<br />
auszugehen, die sämtlich gleichartige Verletzungshandlungen bilden<br />
und die den Kern der mit der Klage geltend gemachten<br />
Verletzungsform unberührt lassen.<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
14<br />
BGH, Urt. v. 13.09.2012, Az. I ZR 230/11 – Biomineralwasser<br />
F<br />
Von der Beklagten verwendete Zeichen<br />
gesetzl. geschützte<br />
Öko-Kennzeichnung<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
15<br />
BGH, Urt. v. 13.09.2012, Az. I ZR 230/11 – Biomineralwasser<br />
• Klageantrag zu a): …es zu unterlassen, natürliches Mineralwasser<br />
unter der Bezeichnung „Biomineralwasser“ zu bewerben und/oder<br />
in den Verkehr zu bringen (+ zwei Hilfsanträge).<br />
Angriffe der Klägerin:<br />
• Werbung mit Selbstverständlichkeiten;<br />
• Irreführung, weil Verkehr bei „Bio“ ein staatliches<br />
Zulassungsverfahren erwarte;<br />
• § 4 Nr. 11 UWG i.V.m. LMKV, weil „Biomineralwasser“<br />
unzulässige Verkehrsbezeichnung.<br />
• Klageantrag zu b): …es zu unterlassen, nachfolgend dargestelltes<br />
BiO-Zeichen zu verwenden:<br />
• Irreführende Nachahmung des gesetzlich geschützten<br />
Öko-Kennzeichens.<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
16<br />
BGH, Urt. v. 13.09.2012, Az. I ZR 230/11 – Biomineralwasser<br />
Handelt es sich bei dem ersten Streitgegenstand um einen<br />
Streitgegenstand oder handelt es sich um drei Streitgegenstände?<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
17<br />
BGH, Urt. v. 13.09.2012, Az. I ZR 230/11 – Biomineralwasser<br />
• Zum Lebenssachverhalt, der die Grundlage der<br />
Streitgegenstandsbestimmung bildet, rechnen alle Tatsachen, die<br />
bei einer von Standpunkt der Parteien natürlichen<br />
Betrachtungsweise zu dem durch den Vortrag der Klagepartei zur<br />
Entscheidung gestellten Tatsachenkomplex gehören.<br />
• Das ist dann der Fall, wenn der Tatsachenstoff nicht sinnvoll auf<br />
verschiedene eigenständige, den Sachverhalt in seinem<br />
Kerngehalt verändernde Geschehensabläufe aufgeteilt werden<br />
kann, selbst wenn dieser einer eigenständigen rechtlichen<br />
Bewertung zugänglich sind.<br />
• Der Streitgegenstand wird damit durch den gesamten historischen<br />
Lebensvorgang bestimmt, auf den sich das<br />
Rechtsschutzbegehren der Klagepartei bezieht, unabhängig<br />
davon, ob einzelne Tatsachen dieses Lebenssachverhalts von den<br />
Parteien vorgetragen worden sind oder nicht, und auch<br />
unabhängig davon, ob die Parteien die nicht vorgtragenen<br />
Tatsachen des Lebensvorgangs kannten und hätten vortragen<br />
können.(Tz. 19).<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
18<br />
BGH, Urt. v. 13.09.2012, Az. I ZR 230/11 – Biomineralwasser<br />
• Weiter Streitgegenstandsbegriff läuft dem Ziel zuwider, die<br />
Möglichkeiten des Klägers zu begrenzen, die Richtung der mit<br />
seiner Klage verfolgten Angriffe zu ändern (Tz. 22).<br />
• Aber, Beklagter ist auch im Falle des weit gefassten<br />
Streitgegenstandsbegriffs nicht schutzlos gestellt, vgl. §§296,<br />
296a, 531 ZPO (Tz. 22).<br />
• Zu feingliedriger Streitgegenstandsbegriff entspräche nicht der<br />
gebotenen natürlichen Betrachtungsweise und führt zu<br />
erheblichen Abgrenzungsschwierigkeiten (Tz. 23).<br />
• Praktikabilitätserwägungen (Tz. 23).<br />
Ausdrückliche Aufgabe von „dentalästhetika I +II“<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
19<br />
BGH, Urt. v. 13.09.2012, Az. I ZR 230/11 – Biomineralwasser<br />
Daher gilt: In Fallen, in denen sich die Klage gegen die konkrete<br />
Verletzungsform richtet, ist in dieser Verletzungsform der<br />
Lebenssachverhalt zu sehen, der den Streitgegenstand bestimmt<br />
(Tz. 24).<br />
Entsprechendes gilt im Streitfall, da sinnvoller Weise keine<br />
Aufspaltung des Sachverhalts in seinem Kerngehalt verändernde<br />
Geschehensabläufe möglich (Tz. 26). Kläger möchte Bezeichnung<br />
„Biomineralwasser“ verboten wissen, egal aus welchem<br />
Gesichtspunkt (Tz. 27).<br />
Ergebnis: Klageantrag zu a) stellt einen Streitgegenstand dar.<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
20<br />
BGH, Urt. v. 13.09.2012, Az. I ZR 230/11 – Biomineralwasser<br />
Folge: Entscheidung liegt beim Gericht, auf welchen Gesichtspunkt<br />
es Verurteilung stützt (= alter Zustand).<br />
Aber: Kläger kann Gericht zwingen, durch Stellung verschiedener<br />
Klageanträge über alle Gesichtspunkte zu entscheiden (Tz. 25).<br />
Dann allerdings kumulative Klagehäufung mit entsprechendem<br />
Kostenrisiko.<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
21<br />
BGH, Urt. v. 30.06.2011, Az. I ZR 157/10 - Branchenbuch Berg<br />
„Die Klägerin hat beantragt,<br />
die Beklagte zu verurteilen, es zu unterlassen<br />
im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs für bezahlte<br />
Einträge in einem Adressen-Sammelwerk mit einem Formular zu<br />
werben und/oder werben zu lassen, wenn dies geschieht wie in der<br />
Anlage K 1 (es folgt die Einblendung der Vorderseite des<br />
streitgegenständlichen Anschreibens).“<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
22<br />
BGH<br />
Urt. v. 30.06.2011<br />
Az. I ZR 157/10<br />
Branchenbuch Berg<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
23<br />
BGH, Urt. v. 30.06.2011, Az. I ZR 157/10 - Branchenbuch Berg<br />
• LG Frankfurt: Verurteilung wegen Angabe des Monatspreis.<br />
• OLG Frankfurt: Verurteilung wegen Irreführung des<br />
Angebotscharakters (Neuabschluss).<br />
Zwei Streitgegenstände?<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
24<br />
BGH, Urt. v. 30.06.2011, Az. I ZR 157/10 - Branchenbuch Berg<br />
Der von der Klägerin geltend gemachte Unterlassungsanspruch ist<br />
gemäß § 3 Abs. 1, § 4 Nr. 3 [Verschleierung des Werbecharakters],<br />
§ 5 Abs. 1 UWG begründet…<br />
Auch wenn die Kl. das Werbeschreiben unter zwei unterschiedlichen<br />
tatsächlichen Gesichtspunkten als irreführend beanstandet hat, hat<br />
sie damit nicht mehrere Streitgegenstände in den Rechtsstreit<br />
eingeführt. Die Klägerin hat ihr Unterlassungsbegehren auf eine<br />
konkrete Verletzungshandlung gestützt. Sie hat nur einen einzigen<br />
Lebenssachverhalt zur Begründung ihres Unterlassungsbegehrens<br />
vorgetragen und damit auch nur einen Streitgegenstand in den<br />
Rechtsstreit eingeführt. Dass der vorgetragene Lebenssachverhalt<br />
zugleich die Voraussetzungen mehrerer Verbotsnormen erfüllt, ist für<br />
die Frage, ob nur ein Streitgegenstand vorliegt oder mehrere<br />
Streitgegenstände gegeben sind, nicht maßgeblich, da die rechtliche<br />
Würdigung der beanstandeten konkreten Verletzungshandlung<br />
Sache des Gerichts ist (Rn. 15).<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
25<br />
Streitgegenstand: Verschiedene Rechtsgebiete<br />
• § 5 II UWG eigenständig zu §§ 14, 15 MarkenG: BGH, <strong>GRUR</strong> 2009, 672, Tz. 57<br />
- Ostsee-Post.<br />
• UWG eigenes „Schutzrecht“? So OLG Frankfurt, Urt. v. 1.11.2011 – 11 U 75/06, Rn.<br />
164 (vorangehend BGH, <strong>GRUR</strong> 2011, 134 - Perlentaucher; neben UrhR an<br />
Rezensionen auch § 4 Nr. 10 UWG).<br />
• Nach MarkenG: Löschungsansprüche wegen bösgläubiger Markenanmeldung<br />
(§8 Nr. 10), Verfalls (§ 49) und älterer Rechte (§ 51) jeweils unterschiedlich<br />
(BGH „Werbegeschenke“ Rn. 20).<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
26<br />
Aufspaltung von Klageverfahren vor verschiedenen<br />
Gerichten<br />
• Wenn unterschiedliche Streitgegenstände, grundsätzlich möglich.<br />
• Aber Vorsicht, eventuell rechtsmissbräuchlich ( vgl. KG, WRP 2012, 1140, Tz. 4 ff.).<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
27<br />
Zeitpunkt der Bestimmung der<br />
Reihenfolge<br />
BGH, Urt. v. 24.03.2011, Az. I ZR 108/09, Rn. 13 – TÜV I:<br />
Eine entsprechende Klarstellung wäre bereits in der Klage geboten<br />
gewesen (vgl. auch BGH, <strong>GRUR</strong> 2012, 1145, Tz. 23 – Pelikan)<br />
Problem: Darf Gericht eine bestimmte Reihenfolge anregen?<br />
Grundsatz der Neutralität und der Gleichbehandlung der Parteien.<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
28<br />
Zeitpunkt der Bestimmung der<br />
Reihenfolge<br />
• Falls nicht erfolgt, Hinweis durch Gericht geboten, § 139 ZPO.<br />
• Taktik aus Sicht des Klägers: Erst einmal keine Bestimmung<br />
(Vorsicht im e.V.-Verfahren). Problem: Was, wenn Hinweis durch<br />
Gericht erst in der mündlichen Verhandlung? - evt. zu spät, um<br />
Waffengleichheit herzustellen.<br />
• Taktik aus Sicht des Beklagten: Schriftsätzlich anregen, dass<br />
Gericht den Kläger zur Bestimmung der Reihenfolge anhält.<br />
• Änderung der Reihenfolge ist Klageänderung.<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
29<br />
§ 45 GKG<br />
(1) In einer Klage und in einer Widerklage geltend gemachte<br />
Ansprüche, die nicht in getrennten Prozessen verhandelt werden,<br />
werden zusammengerechnet. Ein hilfsweise geltend gemachter<br />
Anspruch wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit<br />
eine Entscheidung über ihn ergeht. Betreffen die Ansprüche im Fall<br />
des Satzes 1 oder 2 denselben Gegenstand, ist nur der Wert des<br />
höheren Anspruchs maßgebend.<br />
(2) Für wechselseitig eingelegte Rechtsmittel, die nicht in getrennten<br />
Prozessen verhandelt werden, ist Absatz 1 Satz 1 und 3<br />
entsprechend anzuwenden.<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
30<br />
§ 45 Abs. 1 S.2 GKG: Ein hilfsweise geltend gemachter Anspruch<br />
wird mit dem Hauptanspruch zusammengerechnet, soweit eine<br />
Entscheidung über ihn ergeht.<br />
Fallbeispiel: OLG Frankfurt a.M. (<strong>GRUR</strong>-RR 2012, 367 f.)<br />
Nachahmung eines Fahrradmodells –<br />
Streitwertvorschlag Klägerin: € 200.000,00<br />
Klägerin geht vor aus:<br />
• 7 Gemeinschaftsgeschmacksmustern (à € 100.000,00)<br />
• 1 nichteingetragenes GGM (€ 50.000,00)<br />
• §4 Nr. 9 UWG (€ 50.000,00)<br />
Gesamtstreitwert gemäß OLG Frankfurt: € 800.000,00!<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
31<br />
Wirtschaftliche Betrachtung § 45 I 3<br />
GKG<br />
• Wirtschaftliche Einheit: Wenn Ansprüche nicht in der Weise<br />
nebeneinander bestehen können, dass das Gericht beiden<br />
Ansprüchen stattgeben könnte (BGH NJW-RR 2003, 713).<br />
• Bei Fällen aus dem Bereich des gewerblichen Rechtsschutzes<br />
regelmäßig nicht der Fall; vielmehr wirtschaftliche Wertehäufung.<br />
• Zweck § 45 I 3 GKG: Wert niedrig, wenn gemeinschaftliche<br />
Behandlung der Streitgegenstände Arbeit des Gerichts vereinfacht<br />
(BGH, NJW-RR 2005, 506).<br />
• So Büscher, <strong>GRUR</strong> 2012, 16, 22; Ahrens, WRP 2013, 129, 135.<br />
• Gegenmeinungen (Stieper, <strong>GRUR</strong> 2012, 5, 12 Leistung kann nur<br />
einmal beansprucht werden; Engels, <strong>GRUR</strong>Prax 2011, 523 f:<br />
Analogie) überzeugen nicht.<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
32<br />
Besonderheiten im Verfügungsverfahren<br />
• Risiko, wenn Antragsschrift ohne Bestimmung:<br />
• Zurückweisung wegen Unzulässigkeit oder Terminierung<br />
(<strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>, <strong>GRUR</strong>-Prax 2012, 399, 401)<br />
• Klarstellung im Termin unzulässig wegen Waffengleichheit?<br />
So Ahrens, WRP 2013, 129, 133 f<br />
→ Jedenfalls nach Ablauf Dringlichkeitsfrist problematisch!<br />
• Risiko, wenn in Antragsschrift neben Haupt- auch Hilfsanträge<br />
Könnte schon per se dringlichkeitsschädlich sein<br />
(so wohl Schmidt, <strong>GRUR</strong>-Prax 2012, 179, 180).<br />
Jedenfalls nach Ablauf Dringlichkeitsfrist bei neuem Antrag, wenn<br />
in zunächst eingereichtem Antrag Hilfsanträge nicht beschieden.<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
33<br />
Besonderheiten im Verfügungsverfahren<br />
• Sonderproblem Dringlichkeit: Nachschieben weiterer Irreführungsvorwürfe bei<br />
Beanstandung einer konkreten Verletzungshandlung schädlich?<br />
Bejaht von OLG Hamburg 13.09.2012 - 3 U 107/11 (vgl. auch Schmidt, <strong>GRUR</strong>-Prax<br />
2012, 179, 180).<br />
→ Aber Widerspruch zu BGH „Biomineralwasser“ und Grundsatz iura<br />
novit curia (so auch Krüger WRP 2013, 140, 142 f).<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
34<br />
Besonderheiten im Verfügungsverfahren<br />
• Sonderproblem Dringlichkeit:<br />
Die Weiterverfolgung von zurückgewiesenen Anspruchsteilen lediglich mit der<br />
Anspruchsberufung ist dringlichkeitsschädlich, da der Antragsteller die<br />
Durchsetzung damit auch in die Hand des Gegners gibt (OLG Frankfurt, Urt. v.<br />
17.01.2012 – 6 U 159/11 = <strong>GRUR</strong>-Prax 2012, 197 [Danckwerts].<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
35<br />
Besonderheiten im Verfügungsverfahren<br />
• Sonderproblem stattgebender Beschluss ohne Gründe:<br />
Wenn Bestimmung in Antragsschrift: Zur Auslegung hinzuziehen<br />
Angesichts früherer Praxis im Zweifel keine kumulative Klagehäufung<br />
(BGH „Pelikan“ Tz. 20)<br />
Wenn Hauptantrag nicht ausdrücklich abgewiesen:<br />
→ Vermutung, das dieser erfolgreich war?<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
36<br />
Berufung<br />
• Bei Verurteilung nach Hilfsantrag:<br />
→ Wenn Antragssteller keine Anschlussberufung: Hauptantrag nicht in II. Instanz<br />
• Berufung bei Verurteilung nach Hauptantrag:<br />
→ Keine Anschlussberufung wegen Hilfsanträgen, da keine Beschwer<br />
(§ 511 ZPO).<br />
→ Hilfsanträge gleichwohl „automatisch“ in II. Instanz.<br />
• Wenn 1. Instanz noch nach alter Praxis: Sämtliche Streitgegenstände in 2. Instanz?<br />
(So Büscher <strong>GRUR</strong> 2012, 16, 21; aA OLG Düsseldorf v. 5.8.2008 – 20 U 175/07):<br />
→ Vorsichtshalber also Anschlussberufung.<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
37<br />
Vollstreckung<br />
• Aus (Alt-)titel gem. § 890 ZPO, dem alternative Klagehäufung zu<br />
Grunde lag. Problem: Urteil od. Beschluss, die gegen § 253 Abs. 2<br />
Nr. 2 ZPO verstoßen, haben keinen vollstreckungsfähigen Inhalt. Der<br />
Vollstreckung zugänglich ist nur, was bereits Gegenstand der<br />
Prüfung im Erkenntnisverfahren war (Teplitzky, <strong>GRUR</strong> 2011, 1095).<br />
→ Solange Titel ohne Gründe: Nicht vollstreckbar, da<br />
Bestimmtheit des Titels erforderlich (zB Zöller/Stöber, § 704 ZPO,<br />
Rn. 4)?<br />
•Ordnungsmittelverfahren bei Verstoß gegen Beschlussverfügung:<br />
Verstoß erfolgt vor Klarstellung:<br />
•→ Wenn tragende Streitgegenstände nicht ermittelbar, nicht<br />
vollstreckbar, da Bestimmtheit des Titels erforderlich.<br />
• Exkurs: Vorgehen aus Unterlassungserklärung<br />
• „Rettung“ durch Rückgriff auf Antragsschrift bzw. Abmahnung?<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
38<br />
Probleme beim Abmahnschreiben<br />
Festlegung bezüglich Streitgegenstände schon in der Abmahnung<br />
erforderlich?<br />
Grundsätzlich nein, weil:<br />
• Funktion der Abmahnung: Warnung und Aufforderung zur<br />
außergerichtlichen Streitbeilegung.<br />
• § 253 ZPO findet außergerichtlich keine Anwendung.<br />
• Keine bestimmte Form erforderlich. Zwingender Inhalt lediglich a)<br />
Darstellung des Gegenstands der Beanstandung, b) Androhung<br />
gerichtlicher Schritte, nur ungefähre Grundlage der rechtl.<br />
Würdigung.<br />
• Rechtliche Fehler (falsche Einordnung des<br />
Schutzrechtsverstoßes, zu weite SU, zu hohe Vertragsstrafe)<br />
machen Abmahnung nicht unwirksam.<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
39<br />
Probleme beim Abmahnschreiben<br />
Festlegung bezüglich Streitgegenstände schon in der Abmahnung<br />
erforderlich?<br />
Grundsätzlich nein.<br />
• Aber: Teilweise unberechtigte Abmahnung kann<br />
Erstattungsanspruch bezüglich der Abmahnkosten teilweise<br />
entfallen lassen (vgl. BGH, <strong>GRUR</strong> 2010, 744, Tz. 52 –<br />
Sondernewsletter; BGH, <strong>GRUR</strong> 2010, 939, Tz. 41 –<br />
Telefonwerbung nach Unternehmenswechsel; anders<br />
(möglicherweise) BGH, Biomineralwasser, Tz. 72).<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>
Folie<br />
40<br />
Probleme bei der Unterwerfung<br />
• Hat der Antragsteller seinen auf das Verbot einer konkreten<br />
Verletzungshandlung gerichteten Antrag alternativ mit mehreren<br />
tatsächlichen Irreführungsgesichtspunkten begründet und<br />
verpflichtet sich der Antragsgegner strafbewehrt zur Unterlassung,<br />
wobei er auf einen der geltendgemachten<br />
Irreführungsgesichtspunkte Bezug nimmt, einen anderen ebenfalls<br />
geltendgemachten jedoch in Abrede stellt, so ist die Unterwerfung<br />
gleichwohl geeignet, die Wiederholungsgefahr auszuräumen<br />
(OLG Hamburg, Beschl. v. 26.10.2012 – 3 W 72/12).<br />
• Wenn keine Rücknahme (evt. auch konkludent) der mit<br />
Abmahnschreiben geltend gemachten<br />
Irreführungsgesichtspunkte, evt. Risiko der negativen<br />
Feststellungsklage.<br />
RiLG Dr. Rolf Danckwerts<br />
RA Dr. Jan D. <strong>Müller</strong>-<strong>Broich</strong>