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Die Umsetzung der Richtlinie unlautere Geschäftspraktiken ... - GRUR

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<strong>Die</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> <strong>Richtlinie</strong> <strong>unlautere</strong> <strong>Geschäftspraktiken</strong> in Deutschland<br />

Der integrierte Ansatz und das Europarecht (Frauke Henning-Bodewig )<br />

I Bei <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> <strong>Richtlinie</strong> 2005/29/EG scheint vieles unklar zu sein. Eines ist<br />

jedoch unumstritten: Es ist Sache <strong>der</strong> Mitgliedstaaten , auf welche gesetzestechnische<br />

Weise sie die <strong>Richtlinie</strong> umsetzen, insb. ob sie den Schutz von Verbrauchern mit dem<br />

<strong>der</strong> Wettbewerber verbinden.—also einen sog integrierten Ansatz verfolgen. Ein bestimmter<br />

Regelungsansatz wird also nicht vorgeschrieben – und kann es auch nicht<br />

Ich möchte betonen, dass dies auch von <strong>der</strong> Kommission so gesehen wird.<br />

Allerdings: Wenn man die <strong>Umsetzung</strong> in einem Sinne betreibt, <strong>der</strong> auf eine wortwörtliche<br />

Übernahme von Kernpassagen <strong>der</strong> <strong>Richtlinie</strong> hinausläuft, insbeson<strong>der</strong>e <strong>der</strong> Generalklausel,<br />

dann stellt sich m.E. die Frage, ob damit als Nebenfolge nicht doch ein ganz<br />

bestimmter Ansatz verbunden ist. Gerade vor dem Hintergrund <strong>der</strong> Erfahrungen an<strong>der</strong>er<br />

Län<strong>der</strong> mit <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong>, erscheint es angebracht zu fragen, ob die Art und Weise,<br />

wie gerade diese <strong>Richtlinie</strong> umgesetzt werden soll, einen gemeinsamen Schutz von<br />

Mitbewerbern und Verbrauchern im Wettbewerbsrecht langfristig unmöglich macht.<br />

II Das wäre um so erstaunlicher,als <strong>der</strong> integrierte Ansatz bis vor einigen Jahren noch<br />

als die mo<strong>der</strong>ne Art <strong>der</strong> Bekämpfung <strong>unlautere</strong>n Wettbewerbs galt. Als sich ein<br />

Rechtsschutz gegen den <strong>unlautere</strong>n Wettbewerb zu entwickeln begann, um 1900, erfolgte<br />

er ausschliesslich im Interesse <strong>der</strong> Unternehmer—<strong>der</strong> Verbraucher war, wie man<br />

so schön sagte , „nur das Klavier, auf dem <strong>der</strong> „anständige Kaufmann spielt“. Der Gedanke,<br />

dass es auch um Allgemeininteressen geht, sickerte erst nach und nach ein. In<br />

Deutschland hat die Rechtsprechung dies schon sehr früh erkannt, und bereits unter<br />

dem UWG von 1909 die Interessen <strong>der</strong> Verbraucher als gleichwertig anerkannt.. <strong>Die</strong>se<br />

Schutzzwecktrias findet sich nunmehr ausdrücklich in § 1 UWG 2004.<br />

<strong>Die</strong> Verknüpfung von Mitbewerber- und Verbraucherinteressen im Wettbewerbsrecht<br />

war keine deutsche Erfindung. Sie entsprach vielmehr ganz <strong>der</strong> Entwicklung des<br />

Gemeinschaftsrechts. In die ersten großen <strong>Richtlinie</strong> auf diesem Gebiet, <strong>der</strong> <strong>Richtlinie</strong><br />

gegen irreführende Werbung von 1984, wurde ausdrücklich eine Schutzzwecktrias<br />

aufgenommen -geschützt sind die Interessen <strong>der</strong> Verbraucher, <strong>der</strong> Mitbewerber


2<br />

und <strong>der</strong> Allgemeinheit. Gleiches gilt für die <strong>Richtlinie</strong> über vergleichende Werbung von<br />

1997 und übrigens auch für an<strong>der</strong>e <strong>Richtlinie</strong>n, z.B. die E-Commerce-<strong>Richtlinie</strong> von<br />

2000.Unter dem Dach <strong>der</strong> Schutzzwecktrias sollten dann in die <strong>Richtlinie</strong> über irreführende<br />

Werbung zu einem späteren Zeitpunkt auch an<strong>der</strong>e <strong>unlautere</strong> Wettbewerbshandlungen<br />

geregelt werden.<br />

<strong>Die</strong> Entwicklung war dann bekanntlich eine an<strong>der</strong>e. <strong>Die</strong> bestehende <strong>Richtlinie</strong> über<br />

irreführende Werbung wurde nicht, wie angekündigt, ausgebaut, son<strong>der</strong>n eingeschränkt<br />

Neben sie wurde, diesmal von <strong>der</strong> GD Sanco ,die <strong>Richtlinie</strong> über <strong>unlautere</strong> <strong>Geschäftspraktiken</strong><br />

gestellt, die zwar gleichfalls die irreführende Werbung regelt, aber nur<br />

für „B2C“-Geschäfte. <strong>Die</strong> Interessen <strong>der</strong> Mitbewerber, die gerade bei Irreführungen untrennbar<br />

mit denen <strong>der</strong> Verbraucher verbunden sind, sollen nach den Erwägungsgründen<br />

nur reflexartig geschützt werden<br />

<strong>Die</strong> <strong>Richtlinie</strong> erhebt den Anspruch, die umfassendste Regelung des Lauterkeitsrecht<br />

auf europäischer Ebene zu sein. Damit ist es im Gemeinschaftsrecht zu folgen<strong>der</strong> bemerkenswerter<br />

Umdrehung <strong>der</strong> Schutzzwecke gekommen:<br />

-Ursprünglich schützte das Recht zur Bekämpfung <strong>unlautere</strong>n Wettbewerbs den<br />

Mitbewerber (und nur reflexartig den Verbraucher).<br />

- Lange Zeit schützte das Lauterkeitsrecht sowohl die Interessen <strong>der</strong> Verbraucher<br />

als auch die <strong>der</strong> Mitbewerber und <strong>der</strong> Allgemeinheit.<br />

--Seit 2005 schützt das Lauterkeitsrecht primär die Interessen <strong>der</strong> Verbraucher (und<br />

nur reflexartig die <strong>der</strong> Unternehmer).<br />

III Was hat dieser Schlingerkurs für die EU-Staaten – die ja immerhin je<strong>der</strong> für sich ein<br />

gewachsenes Rechtssystem haben- bedeutet? In den EU-Staaten finden sich ganz<br />

unterschiedliche Ansätze zur Bekämpfung <strong>unlautere</strong>n Wettbewerbs. Sie sind vor allem<br />

historisch bedingt, liegen im allgemeinen Rechtssystem begründet .In vielen Län<strong>der</strong>n ist<br />

das Wettbewerbsrecht nicht in einem Gesetz geregelt, son<strong>der</strong>n auf mehere Gesetze<br />

verteilt, eine sog patchwork-Materie Ganz stark simplifizierend gibt es <strong>der</strong> EU <strong>der</strong>zeit<br />

vier verschiedene Regelungsmodelle<br />

(1) Der Ansatz <strong>der</strong> common law-Staaten ,den man als „keine Durchsetzungsrechte<br />

für Mitbewerber, starke Selbstkontrolle“ umreissen kann. Er hat sich trotz formaler


3<br />

<strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> <strong>Richtlinie</strong> in den „Regulations Act 2008“ nicht geän<strong>der</strong>t, denn die<br />

<strong>Richtlinie</strong> macht kaum Vorgaben zur Rechtsdurchsetzung<br />

(2) Der Ansatz <strong>der</strong> meisten ehemals sozialistische Staaten , die das Lauterkeitsrecht<br />

zusammen mit dem Kartellrecht geregelt haben-ein typisches Reglungsmodell bei<br />

Staaten mit wenig Geschichte im Wirtschaftsrecht Er ist vor<strong>der</strong>gründig gleich geblieben.<br />

<strong>Die</strong>se Staaten haben die <strong>Richtlinie</strong> einfach als Son<strong>der</strong>gesetz erlassen- es fehlten<br />

manpower und Know how, um eine Anpassung an das bestehende Rechtssystem vorzunehmen.<br />

Schwierigkeiten befürchtet man in diesen Län<strong>der</strong>n auf <strong>der</strong> 2. Stufe, nämlich<br />

wenn die ersten Streitigkeiten zu entscheiden sind und die Brüche im System offenkundig<br />

werden.<br />

(3) Der Ansatz <strong>der</strong> Län<strong>der</strong> wie Frankreich, Italien, die Mitbewerbern deliktsrechtlichen<br />

Schutz gewähren, jedoch daneben Marketing-o<strong>der</strong> Konsumgesetze (die nicht auf<br />

den Verbraucherschutz beschränkt sind ) kennen. <strong>Die</strong> <strong>Umsetzung</strong> erfolgte,durchaus<br />

nicht immer wörtlich, in diesen Konsumgesetzen ,in Frankreich etwa im Code de la<br />

consommation,.Ganz geglückt scheint das nicht zu sein.<br />

(4) Und schliesslich <strong>der</strong> Ansatz eines gemeinsames Schutzes aller Marktbeteiligter<br />

in Län<strong>der</strong>n wie Deutschland , Österreich, Belgien, Spanien, Polen, Dänemark, Schweden.<br />

<strong>Die</strong>se Län<strong>der</strong> haben sämtlich versucht, den integrierten Ansatz zu retten und trotzdem<br />

<strong>der</strong> <strong>Richtlinie</strong> zu genügen.Dabei gab es—salopp gesagt- 2 halbwegs gelungene<br />

Versuche ,drei abschreckende Beispiele und 2 Erfolgsstories.<br />

a) Zu den bedingt erfolgreichen Versuchen zähle ich Deutschland—dazu gleich<br />

noch—und Österreich. In Österreich hat man die black list auf Mitbewerber erweitert ,<br />

neben die bisherige Generalklausel die Generalklausel <strong>der</strong> <strong>Richtlinie</strong> gestellt,einige weitere<br />

Vorschriften telle quelle übernommen. Gleichzeitig hat <strong>der</strong> OGH jedoch betont,<br />

dass <strong>der</strong> Schutz <strong>der</strong> Interessen <strong>der</strong> Verbraucher und <strong>der</strong> Mitbewerber untrennbar miteinan<strong>der</strong><br />

verbunden sei und hat dem EuGH gerade wie<strong>der</strong> eine Frage zur Reichweite<br />

<strong>der</strong> Generalklausel vorgelegt. Nach beson<strong>der</strong>er Klarheit sieht das nicht aus.<br />

b) Nun zu den abschreckenden Beispielen., nämlich die <strong>Umsetzung</strong> in Belgien, Spanien<br />

und Polen. Das spanische Wettbewerbsgesetz und das belgische Gesetz über die<br />

Handelspraktiken galten lange als Vorzeigegesetze, akzeptiert von Unternehmen wie<br />

Verbrauchern wie Gerichten. Folglich wollte man den bewährten integrierten Ansatz<br />

unbedingt wahren. In Spanien ist das Ergebnis jahrelanger Diskussionen, weit über die


4<br />

<strong>Umsetzung</strong>sfrist hinaus, eine so konfuse Regelung, dass ein führende Wettbewerbsrechtler<br />

Spaniens (Garcia Pérez) sie kürzlich als „kafkaresk“ bezeichnete.<br />

In Belgien wurde 2008 versucht, die <strong>Richtlinie</strong> mit Hilfe einer „großen Reform“ in das<br />

mo<strong>der</strong>ne Gesetz über die Handelspraktiken von 1991 einzupassen. Nachdem die<br />

Kommission diese <strong>Umsetzung</strong> beanstandet hatte, hat man 2010 ein völlig neues Marktgesetz<br />

erlassen. Dabei hat man versucht, die <strong>Richtlinie</strong> zwar ganz und fast wörtlich zu<br />

übernehmen, sie aber zu „zerstückeln“ und unter dem Dach von einigen für alle geltenden<br />

Bestimmungen, „blockweise“ in das Gesetz zu verschieben. Das Gesetz ist jetzt auf<br />

132 Einzelbestimmungen angeschwollen, die z.T. so kompliziert sind, dass –auch hier<br />

sei <strong>der</strong> führende Wettbewerbsrechtler Belgiens (Jules Stuyck) zitiert- <strong>der</strong> „angemessen<br />

aufmerksame und erfahren Durchschnittsjurist“ keine Chance mehr habe, sie zu verstehen.<br />

Der Mitbewerberschutz ist in dem endlos langen Gesetz übrigens auf eine Handvoll<br />

Vorschriften zusammengeschrumpft, obgleich in <strong>der</strong> belgischen Praxis die meisten<br />

Klagen Wettbewerberklagen waren.<br />

In Polen hat man zunächst versucht, den integrierten Ansatz im mo<strong>der</strong>nen Wettbewerbsgesetz<br />

von 1993 zu wahren, ist dabei jedoch auf so grosse Schwierigkeiten gestossen,<br />

dass man schliesslich resignierte und die <strong>Richtlinie</strong> in einem eigenen Gesetz<br />

erliess.Obgleich man einige Anpassungen versucht hat,ist unklar, wie sich diese Neuregelung<br />

nun zu dem weiter bestehende Wettbewerbsgesetz von 1993, das ja den integrierten<br />

Ansatz nicht völlig aufgegeben hat, auswirkt. Wie in Belgien und Spanien hofft<br />

man, dass die Gerichte schon irgendeine Lösung finden werden.<br />

c) <strong>Die</strong> einzigen beiden Län<strong>der</strong>, in denen die <strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> <strong>Richtlinie</strong> trotz Wahrung<br />

des integrierten Ansatzes nicht zu Inkohärenz geführt hat, sind Dänemark und Schweden.<br />

Beide Län<strong>der</strong> haben seit langem Marktgesetze. In Schweden wurde zwar die Gelegenheit<br />

genutzt, das Marktgesetz 2008 neu zu erlassen. Dabei wurde jedoch dezidiert<br />

und konsequent am gemeinsamen Schutz von Verbrauchern und Mitbewerbern festgehalten<br />

und die wesentlichen Grundgedanken <strong>der</strong> <strong>Richtlinie</strong> sehr stringent in dieses System<br />

eingepasst. <strong>Die</strong> Generalklausel in Art 5 ist nach wie vor ein Einzeiler: „Marketing<br />

hat den guten Vertriebssitten zu genügen“ (marketing shall be consistent with good<br />

marketin practices)—letztere sind defininiert als „allgemein akzeptierte <strong>Geschäftspraktiken</strong><br />

o<strong>der</strong> an<strong>der</strong>e Normen zum Schutz von Verbrauchern und Mitbewerbern im Marketing<br />

“.( generally accepted business practices or other established norms aimed at protecting<br />

consumers and tra<strong>der</strong>s) Von „fachliche Sorgfalt“ keine Rede .Dafür wurde aus


5<br />

<strong>der</strong> Generalklausel <strong>der</strong> <strong>Richtlinie</strong> kurz und bündig das Wesentliche für alle Marktteilnehmer<br />

herausgefiltert und in einer eigenen Vorschrift, Art 6, zusammengefasst : „Marketing,<br />

das gegen die guten Vertriebssitten verstösst, ist unfair, wenn es voraussichtlich<br />

die Fähigkeit des Adressaten, eine informierte Entscheidung zu treffen, beeinträchtigt“.<br />

(probably affects the recipients ability to make a well founded transaction decision) Neu<br />

ist, dass Art 7 - sehr knapp -aggressive Marktpraktiken verbietet und Art 12 bestimmte<br />

Informationspflichten statuiert—also Art 7 IV <strong>der</strong> <strong>Richtlinie</strong> umsetzt. Statt <strong>der</strong> missverständlichen<br />

„Auffor<strong>der</strong>ung zum Kauf“ heisst es allerdings im schwedischen Text klar :<br />

„Angebot eines bestimmten Produktes zu einem bestimmten Preis“ („for offers of a<br />

specific product with a stated price“),Auf die black list wird verwiesen;sie gilt für alle und<br />

findet sich nicht im Marktgesetz, son<strong>der</strong>n im Swedisch Code of Statutes.<br />

we<br />

IV Es würde mich interessieren,in welchen Län<strong>der</strong>n die <strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> <strong>Richtlinie</strong> beanstandet<br />

wurde—offenbar waren es einige.. Zufrieden war man naturgemäss mit den<br />

Län<strong>der</strong>, die die <strong>Richtlinie</strong> einfach telle quelle in einem eigenen Gesetz übernommen haben.<br />

In diesen Län<strong>der</strong>n wird jedoch befürchtet, dass ihnen die Rechnung hierfür später<br />

präsentiert wird ,nämlich wenn die ersten Fälle vor die Gerichte gelangen,.Neben Polen,<br />

wo infolge <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> <strong>Richtlinie</strong> in einem eigenen Gesetz das bewährte integrierte<br />

Modell auseinan<strong>der</strong> gebrochen ist, möchte ich als typisches weiteres Beispiel<br />

etwa Litauen nennen. Hier musste in kürzester Zeit <strong>der</strong> gesamte europäische Aquis<br />

übernommen werden. 1994 wurde deshalb ein allgemeines Verbraucherschutzgesetz<br />

erlassen, ,1999 ein “grosses“, alles umfassendes Wettbewerbsgesetz, 2000 noch ein<br />

Werbegesetz und 2008 ein Gesetz zur <strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> <strong>Richtlinie</strong> . Hier ist mittlerweile<br />

jede Abgrenzung und Rechtssicherheit auf <strong>der</strong> Strecke geblieben<br />

.<br />

V <strong>Die</strong>ses Szenario ist m.E. im Auge zu behalten, wenn es um die Frage einer weiteren<br />

<strong>Umsetzung</strong> <strong>der</strong> <strong>Richtlinie</strong> ins deutsche Recht geht. Schon heute hat m.E die Reform<br />

von 2008 zu einer erheblichen Komplizierung sowohl des Regelungsansatzes als auch<br />

des Verständnisses <strong>der</strong> Einzelvorschriften geführt. Um Missverständnissen vorzubeugen:<br />

Ich meine nicht, dass dort, wo etwas ohnehin <strong>der</strong> deutschen Rechtsprechung und<br />

<strong>der</strong> h.M. entspricht, jede Art von gesetzlicher Kodifizierung überflüssig wäre – dies entspricht<br />

nicht <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong>spflicht bei einer <strong>Richtlinie</strong>. Eine wörtliche Übernahme von<br />

nur bedingt in sich schlüssigen Regelungen,die das nationale Rechtssystem so nach-


6<br />

haltig stört, dass im Grunde genommen ein gemeinsamer Schutz von Mitbewerbern und<br />

Verbrauchern unmöglich wird, entspricht aber auch nicht <strong>der</strong> <strong>Umsetzung</strong>spflicht .<br />

In einer <strong>der</strong>artigen Situation hat man m.E. zwei Möglichkeiten. Man kann den integrierten<br />

Ansatz aufgeben .Damit spiegelte man die Situation auf Gememeinschaftsebene<br />

wi<strong>der</strong>,was eine bessere Einpassung künftiger <strong>Richtlinie</strong>n ermöglicht--allerdings<br />

um den Preis einer Fragmentierung und Verkomplizierung eines bewährten Rechtsgebiets<br />

samt dem damit verbundenen Verlust an Rechtssicherheit,<br />

<strong>Die</strong> an<strong>der</strong>e Option wäre ein erneutes Auf-den-Prüfstand-Stellen des UWG. Das sollte<br />

allerdings von sachlichen Gründen diktiert sein. Dabei wäre selbstverständlich zu<br />

fragen, ob man die <strong>Richtlinie</strong> noch klarer umsetzen könnte -,zB die aggressiven <strong>Geschäftspraktiken</strong>,<br />

die in <strong>der</strong> Tat etwas an<strong>der</strong>es sind als eine Beeinträchtigung des Entscheidungsverhaltens<br />

nach § 4 Nr. 1 UWG o<strong>der</strong> eine Belästigung nach § 7 UWG . Auch<br />

könnte man die Verbrauchergeneralklausel in § 3 Abs 2 UWG vielleicht—wie in Schweden—so<br />

fassen, dass sie einen allgemeinen Beurteilungsmassstab festlegt<br />

Was man nicht machen sollte: Unter Zeitdruck dem UWG und den Rechtsanwen<strong>der</strong>n<br />

ein weiteres Flickwerk zumuten, zumal wo dieses keinen Gewinn an Rechtssicherheit<br />

mit sich bringt. Vieles scheint mir auch ein gewisses Kommunikationsproblem<br />

zu sein. Es müsste doch möglich sein zu verdeutlichen, dass im deutschen UWG<br />

die §§ 4 und 5 keine per se- Verbote sind, son<strong>der</strong>n Beispielsfälle <strong>der</strong> Generalklausel.<br />

Missverständnisse bestehen offenbar auch im Hinblick auf bestimmte Wendungen, die<br />

im deutschen nun mal präziser sind. Wenn es heisst: “ Eine Angabe ist geeignet,<br />

Fehlvorstellungen hervorzurufen“, umfasst das selbstverständlich auch tatsächlich aufgetretene<br />

Irreführungen, die also nicht extra genannt sein müssen. Und dass bei <strong>der</strong><br />

Beurteilung <strong>der</strong> Irreführung „alle tatsächlichen Umstände zu berücksichtigen sind“, ist so<br />

selbstverständlich, dass es beinahe irreführend wirkt–natürlich entscheidet ein Richter<br />

unter Berücksichtigung aller Umstände-er gibt doch keine isolierte Rechtsmeinung von<br />

sich.An<strong>der</strong>s hingegen etwa die Reglung in Art 7 III <strong>der</strong> RL, die sich auf spezifische Beschränkungen<br />

des Kommunikationsmittel bezieht, die jedoch,wie in Schweden richtig<br />

erkannt,keine Beson<strong>der</strong>heit <strong>der</strong> Irreführung durch Unterlassen ist, son<strong>der</strong>n ein allgemeiner<br />

Grundsatz. .Man sollte also vielleicht von den Erfahrungen an<strong>der</strong>er Län<strong>der</strong> lernen.<br />

Eine solche sorgfältige und systemgerechte Einpassung müsste eigentlich ganz im<br />

Interesse <strong>der</strong> <strong>Richtlinie</strong> sein, die ja einen „einfachen und sicheren Rechtsrahmen“ anstrebt<br />

und ganz gewiss nicht „kafkareske“ Zustände hervorrufen will.

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