Siebzig Jahre nach gründung der iV. internationale - Revolutionäre ...
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22 RIO-Rea<strong>der</strong> Nr. 3 – www.revolution.de.com<br />
kapitel 4: 1963-1974:<br />
Das Vereinigte Sekretariat<br />
bis zum 10. Weltkongreß<br />
1951 unterstützte die SWP aus ganzem<br />
Herzen den systematischen Zentrismus des 3.<br />
Weltkongresses. Aber 1953 drängten Cannon<br />
und Hansen die Internationale in eine Spaltung,<br />
anstatt dem IS auf einer Konferenz entgegenzutreten.<br />
Das Resultat war das Internationale<br />
Komitee (IK), das mit Healy in Britannien,<br />
Lambert in Frankreich und schließlich Nahuel<br />
Moreno in Argentinien ins Leben gerufen wurde.<br />
1963 wurde die Spaltung scheinbar kuriert,<br />
als die Mehrheit des Internationalen Komitees,<br />
mit Ausnahme <strong>der</strong> Briten, <strong>der</strong> Franzosen und<br />
einigen wenigen Anhängseln, in den Familienschoß<br />
zurückkehrte und mit dem IS zum „Vereinigten<br />
Sekretariats <strong>der</strong> Vierten Internationale“<br />
(VS) fusionierte. Es konnte so beanspruchen,<br />
nicht nur die Mehrheit <strong>der</strong> erklärten Trotzkisten<br />
in seinen Reihen zu haben, son<strong>der</strong>n durch<br />
Mandel, Frank, Hansen, Cannon und Pablo<br />
auch die organisatorische Kontinuität mit <strong>der</strong><br />
vor-53-Internationale zu repräsentieren.<br />
Der Anspruch des VS, die Vierte Internationale<br />
zu sein, verstärkte sich v.a. in den 70er<br />
und 80er <strong>Jahre</strong>n, als die gegnerischen „Vierten<br />
Internationalen“ auseinan<strong>der</strong>brachen. Zuerst<br />
spaltete sich <strong>der</strong> Rest des IK 1971, Healy<br />
behielt das IK und Lambert gründete das Organisationszentrum<br />
für den Wie<strong>der</strong>aufbau<br />
<strong>der</strong> Vierten Internationale. 1980 fiel Lambert<br />
und Morenos Vierte Internationale (IK) schon<br />
<strong>nach</strong> weniger als einem Jahr Existenz wie<strong>der</strong><br />
auseinan<strong>der</strong>. Da<strong>nach</strong> machte Lamberts Vierte<br />
Internationale (Internationales Zentrum des<br />
Wie<strong>der</strong>aufbaus) eine belastende Spaltung mit<br />
seinen lateinamerikanischen Sektionen durch<br />
(1987), während die morenoistische Internationale<br />
Arbeiterliga (Vierte Internationale)<br />
unfähig war, aus ihren lateinamerikanischen<br />
Kernlän<strong>der</strong>n auszubrechen.<br />
Mittlerweile degenerierte Healys Internationales<br />
Komitee zu einer winzigen Sekte, die von<br />
Almosen <strong>der</strong> arabischen Bourgeoisie lebte, um<br />
1985 auseinan<strong>der</strong>zuplatzen und zu zerfallen.<br />
Dieses Debakel des „Anti-Pabloismus“<br />
schien den Anspruch des VS zu bekräftigen,<br />
die lebendige Kontinuität <strong>der</strong> revolutionären<br />
Vierten Internationale zu sein: die einzig signifikante,<br />
wirklich <strong>internationale</strong> „trotzkistische“<br />
Tendenz. Wie viele an<strong>der</strong>e zentristische Strömungen,<br />
wuchs das VS in dem neuen Klassenkampfzyklus<br />
<strong>nach</strong> 1968 rasch an. Der Großteil<br />
<strong>der</strong> neu Gewonnenen befand sich in Europa,<br />
aber auch Sektionen in Nord- und Lateinamerika<br />
erlebten ein substantielles Wachstum.<br />
Ende <strong>der</strong> 70er <strong>Jahre</strong> zählte es etwa 14.000 Mitglie<strong>der</strong><br />
in 50 Län<strong>der</strong>n.<br />
Seit diesem noch nie erreichten Hoch wur-<br />
de das VS schwächer, erlitt Abspaltungen und<br />
hat Ende <strong>der</strong> 80er <strong>Jahre</strong> weniger als 10.000<br />
Mitglie<strong>der</strong>. Aber die Verluste des VS in dieser<br />
Periode waren weniger dramatisch als die seiner<br />
„trotzkistischen“ Konkurrenten o<strong>der</strong> <strong>der</strong><br />
verschiedenen halb-maoistischen o<strong>der</strong> guevaristischen<br />
zentristischen Organisationen.<br />
Es ist daher kein Wun<strong>der</strong>, daß es ein Attraktionspol<br />
blieb, „<strong>der</strong> mainstream des Trotzkismus“<br />
- sogar für seine vermeintlich „linken“<br />
Kritiker.<br />
Jedoch we<strong>der</strong> die beanspruchte organisatorische<br />
Kontinuität, noch die relative Größe<br />
und Stabilität des VS beantworten die Frage,<br />
ob es auch die revolutionäre Kontinuität von<br />
Trotzkis Vierter Internationale repräsentiert.<br />
Die Schlüsselfrage ist die <strong>nach</strong> <strong>der</strong> politischen<br />
und programmatischen Kontinuität mit <strong>der</strong><br />
revolutionären Vierten Internationalen. Genau<br />
damit steht und fällt <strong>der</strong> Anspruch des VS, die<br />
Vierte Internationale zu sein.<br />
Es war immer wie<strong>der</strong> mo<strong>der</strong>n im VS, wenn<br />
über seine Geschichte <strong>nach</strong>gedacht wird, zuzugeben,<br />
daß „Fehler“ und „Irrtümer“ begangen<br />
wurden.<br />
Natürlich begeht auch eine revolutionäre<br />
Internationale Fehler und Irrtümer, u.U. auch<br />
schwere, aber was wir in <strong>der</strong> Geschichte des VS<br />
sehen, ist etwas an<strong>der</strong>es. Wir sehen nicht Fehler,<br />
die erkannt, korrigiert und aus denen Lehren<br />
gezogen werden. Vielmehr sehen wir systematisch<br />
und grob opportunistische Taktiken<br />
und Strategien: programmatische Liquidationen<br />
von höchstem Rang. Fehler, die versteckt<br />
o<strong>der</strong> <strong>Jahre</strong> später nur halb zugegeben werden.<br />
Fehler, die bei <strong>der</strong> erstbesten Gelegenheit wie<strong>der</strong>geholt<br />
werden. Diese Methode hat in <strong>der</strong><br />
kommunistischen Bewegung einen Namen.<br />
Man nennt sie „Zentrismus“.<br />
In diesem und den folgenden Artikeln zeigen<br />
wir, daß die einzige Kontinuität, die in<br />
<strong>der</strong> mehr als 30-jährigen Geschichte des VS<br />
besteht, jene <strong>der</strong> chronischen und systematischen<br />
zentristischen Fehler ist. Die Kontinuität<br />
des VS besteht mit dem Zentrismus <strong>der</strong> <strong>nach</strong>-<br />
1951-“Vierten Internationale“, aber nicht mit<br />
Trotzkis revolutionärer Organisation.<br />
ursprünge <strong>der</strong><br />
wie<strong>der</strong>vereinigung<br />
Die IS-Führung (Mandel/Frank/Pablo) kontrollierte<br />
zusammen mit Cannon, Hansen,<br />
Healy und Lambert die politische Degeneration<br />
<strong>der</strong> Vierten Internationalen in <strong>der</strong> Periode<br />
1948-51. Ihre Analyse des Stalinismus und <strong>der</strong><br />
bürokratischen sozialen Revolutionen, die in<br />
Osteuropa und China stattfanden, war durchgängig<br />
opportunistisch und beinhaltete eine<br />
enorme Anpassung an den Stalinismus.<br />
Am 3. Kongreß (1951) stimmte die gesamte<br />
Vierte Internationale, inklusive Cannon, Healy<br />
und dem Rest des zukünftigen IK, darin überein,<br />
daß Tito mit dem Kreml gebrochen hätte,<br />
kein Stalinist mehr sei und sich in eine Art Zentristen<br />
verwandelt habe. Die gleiche Analyse<br />
wurde in den folgenden <strong>Jahre</strong>n auch auf Mao<br />
Tse Tung angewendet. Diese Position war eine<br />
Revision des revolutionären Programms und<br />
führte direkt sowohl zu Pablos Projekt des tiefen<br />
Entrismus in die stalinistischen Parteien,<br />
als auch später zu <strong>der</strong> Begeisterung des IK für<br />
die maoistisch geführte „Kulturrevolution“.<br />
Diese opportunistische Methode, die allen<br />
Sektionen <strong>der</strong> Vierten Internationalen seit Beginn<br />
<strong>der</strong> 50er <strong>Jahre</strong> gemeinsam war, erwies<br />
sich für die Bewahrung des revolutionären<br />
Programms in den Nachkriegsjahren als verhängnisvoll.<br />
Die zerbrechliche revolutionäre<br />
Kontinuität, die durch Trotzki und dann durch<br />
die Vierte Internationale bewahrt worden war,<br />
wurde unterbrochen und die „trotzkistischen“<br />
Epigonen sowohl des IS wie des IK wurden zu<br />
Beifallspen<strong>der</strong>n für verschiedene stalinistische<br />
und kleinbürgerlich-nationalistische Strömungen.<br />
Die Kubanische Revolution von 1959, zusammen<br />
mit <strong>der</strong> wachsenden Schwäche <strong>der</strong><br />
SWP, bereitete die Basis für die „Wie<strong>der</strong>vereinigung“<br />
1963. Die SWP, <strong>nach</strong>dem sie sich 1953<br />
von <strong>der</strong> Internationale abgespalten hatte,<br />
zeigte wenig Interesse, eine zu den Europäern<br />
alternative <strong>internationale</strong> Tendenz aufzubauen.<br />
Jedoch bedurfte es weiterer, materieller<br />
Faktoren, um die SWP von <strong>der</strong> Notwendigkeit<br />
einer „Vereinigung <strong>der</strong> trotzkistischen Weltbewegung“<br />
zu überzeugen.<br />
Ein entscheidendes Element war dabei <strong>der</strong><br />
Nie<strong>der</strong>gang <strong>der</strong> SWP, sowohl an Größe wie<br />
an Einfluß. Der Druck des Kalten Krieges, des<br />
McCarthyismus und Fehler in <strong>der</strong> Perspektive<br />
führten zu einer ernsthaften Schwächung<br />
<strong>der</strong> SWP, und ihre Mitglie<strong>der</strong>zahl begann zu<br />
sinken. 1959 hatten sich alle industriellen<br />
Betriebsgruppen <strong>der</strong> SWP aufgelöst. Die Organisation,<br />
die 1934 den LKW-Fahrer-Streik<br />
von Minneapolis anführte, hatte keinerlei nationale<br />
Intervention in die US-amerikanische<br />
Arbeiterbewegung mehr. Opportunistische<br />
Wahlblöcke brachten auch keinen Erfolg.<br />
Vor diesem Hintergrund kam die Kubanische<br />
Revolution für die SWP wie ein Geschenk<br />
des Himmels. Durch ihre Teilnahme in den „Fair<br />
Play for Cuba“ Komitees, begann sie wie<strong>der</strong> zu