30.10.2013 Aufrufe

Download - Österreichischer Integrationsfonds

Download - Österreichischer Integrationsfonds

Download - Österreichischer Integrationsfonds

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

im Rahmen des Universitätslehrganges „MIGRATIONSMANAGEMENT (MAS)“ Masterthesis<br />

Kooperation der Uni Salzburg mit dem Bildungszentrum St. Virgil und dem Österreichischen <strong>Integrationsfonds</strong> in<br />

und Kommunikation im österreichischen Asylverfahren Kultur<br />

Untersuchung zum Einvernahmegespräch im Spannungsfeld zwischen gesetzlichen Eine<br />

behördlichen Verwaltungsstrukturen, Sprachbarrieren und kulturellen Unterschieden Vorgaben,<br />

Professor: Betreuender<br />

Dr. Ansgar KREUTZER Verfasserin: Univ.-Prof.<br />

Maria AUZINGER Matrikelnummer: Julia<br />

9956433<br />

am Attersee, im Juli 2012<br />

Seewalchen


Erklärung Eidesstattliche<br />

erkläre an Eides Statt, dass die vorliegende Master Thesis selbständig und ohne fremde Hilfe verfasst, andere als die angegebenen Quellen und Hilfsmittel nicht benutzt bzw. die wortwörtlichen oder sinngemäß entnommenen Stellen als solche kenntlich gemacht wurden. Ich<br />

am Attersee, im Juli 2012 Seewalchen<br />

Julia Maria AUZINGER<br />

<br />

1


Abbildungsverzeichnis ........................................................................................................... 6 Abkürzungsverzeichnis .......................................................................................................... 7 Inhaltsverzeichnis<br />

................................................................................................................................. 8 1. Vorwort ........................................................................................................................... 9 2. Einleitung ......................................................................................................................12 Abstract<br />

Ausgangslage .............................................................................................................12 2.2 Zielsetzung der Arbeit .................................................................................................14 2.3 Aufbau der Arbeit ........................................................................................................15 2.1<br />

Das Asylverfahren in Österreich ....................................................................................16 3.1 Überblick über Geschichte, Gesetze, Ablauf und Behörden ........................................16 3.1.1 Historisches zum österreichischen Asylrecht ........................................................16 3.<br />

Gesetzliche Vorgaben ..........................................................................................18 3.1.3 Ablauf des Verfahrens in der Praxis .....................................................................21 3.1.4 Behördenaufbau und –strukturen im Wandel der Zeit ...........................................23 3.1.2<br />

Das Bundesasylamt – die I. Instanz ...............................................................23 3.1.4.2 Der Asylgerichtshof – die II. Instanz ...............................................................30 3.2 Die Einvernahme im Asylverfahren .............................................................................31 3.1.4.1<br />

Abgrenzung Erstbefragung – Einvernahme ..........................................................31 3.2.2 Gesetzliche Vorgaben zur Einvernahme ...............................................................33 3.2.3 Interne behördliche Vorgaben und Arbeitsanleitungen zur Einvernahme ..............35 3.2.1<br />

Ablauf der Einvernahme .......................................................................................38 3.2.5 Akteure der Einvernahme .....................................................................................41 3.2.5.1 Referent .........................................................................................................41 3.2.4<br />

3.2.5.2 Asylwerber .....................................................................................................42<br />

3.2.5.3 Dolmetscher ...................................................................................................43 3.2.5.4 Rechtsberater ................................................................................................43 3.2.5.5 Rechtsanwalt .................................................................................................46 3.2.5.6 Vertrauensperson ..........................................................................................46 3.2.5.7 Verfahrensunterstützender Mitarbeiter ...........................................................47<br />

2


Ziel und Zweck der Einvernahme .........................................................................47 4. Kultur .............................................................................................................................50 4.1 Was ist Kultur? ............................................................................................................50 3.2.6<br />

Kulturbegriffe und Kulturkonzepte ...............................................................................51 4.2.1 Bourdieus Habituskonzept ....................................................................................51 4.2.2 Hofstedes Kulturkonzept und –dimensionen .........................................................52 4.2<br />

Machtdistanz ..................................................................................................55 4.2.2.2 Individualismus versus Kollektivismus ............................................................56 4.2.2.3 Feminität versus Maskulinität .........................................................................57 4.2.2.1<br />

Unsicherheitsvermeidung ...............................................................................57 4.2.2.5 Langzeitorientierung versus Kurzzeitorientierung ...........................................59 4.2.3 Halls Kulturkonzept und –dimensionen .................................................................60 4.2.2.4<br />

Kontextorientierung ........................................................................................60 4.2.3.2 Raumorientierung ..........................................................................................61 4.2.3.3 Zeitorientierung ..............................................................................................62 4.2.3.1<br />

Informationsgeschwindigkeit ..........................................................................62 4.3 Kulturelle Unterschiede und Kulturkonflikte im Asylverfahren ......................................63 4.2.3.4<br />

Bedeutung der Kulturbegriffe von Bourdieu, Hofstede und Hall für das 4.3.1<br />

im Asylverfahren .......................................................................63 4.3.1.1 Soziale Herkunft und Bildung .........................................................................63 4.3.1.2 Zeit .................................................................................................................64 Einvernahmegespräch<br />

Individuum – Gemeinschaft / Direktheit – Umschreibung ..............................66 4.3.1.4 Macht .............................................................................................................68 4.3.2 Und Religion? .......................................................................................................69 4.3.1.3<br />

4.3.2.1 Huntingtons Kulturbegriff: Bedeutung von Religion für das<br />

Einvernahmegespräch ...............................................................................................70 5. Kommunikation .............................................................................................................73 5.1 Grundlagen der menschlichen Kommunikation ...........................................................73 5.1.1 Goffmans Interaktionsordnung ..............................................................................73 5.1.2 Watzlawicks Kommunikationstheorie ....................................................................74<br />

3


Die Unmöglichkeit, nicht zu kommunizieren ...................................................74 5.1.2.2 Die Inhalts- und Beziehungsaspekte der Kommunikation ...............................74 5.1.2.3 Die Interpunktion von Ereignisfolgen ..............................................................75 5.1.2.1<br />

Digitale und analoge Kommunikation .............................................................75 5.1.2.5 Symmetrische und komplementäre Interaktionen ...........................................76 5.1.3 Schulz von Thuns Kommunikationstheorien .........................................................77 5.1.2.4<br />

Kommunikationsquadrat, Nachrichtenquadrat, „Vier-Ohren-Modell“ ..............77 5.1.3.2 Acht Kommunikationsstile ..............................................................................78 5.1.3.3 Modell des „Inneren Teams“ ..........................................................................79 5.1.3.1<br />

„Hamburger Verständlichkeitsmodell“ ............................................................81 5.2 Kommunikationsprobleme im Asylverfahren ...............................................................82 5.1.3.4<br />

Bedeutung der Kommunikationsgrundlagen für das Einvernahmegespräch im 5.2.1<br />

................................................................................................................82 5.2.1.1 Respekt ..........................................................................................................82 5.2.1.2 Körpersprache – nonverbale Signale – emotionale Beziehung ......................82 Asylverfahren<br />

Asymmetrie – Macht – Verständlichkeit ..........................................................84 5.2.1.4 Innere Vorarbeit – Selbstreflexion ..................................................................85 5.2.1.3<br />

Bedeutung der Kommunikationsgrundlagen für schriftliche Kommunikation im 5.2.2<br />

................................................................................................................86 5.2.3 Dolmetscher – ausgebildete Sprachmittler mit Kulturverständnis ..........................89 6. Fallstudie: Das Einvernahmegespräch im Bundesasylamt ............................................93 Asylverfahren<br />

Konzept der Fallstudie ................................................................................................93 6.1.1 Festlegung des Materials: Auswahl der Interviewpartner ......................................94 6.1.2 Vorbereitung der Experteninterviews ....................................................................96 6.1<br />

6.1.3 Durchführung und Dokumentation der Experteninterviews ...................................98<br />

6.2 Qualitative Inhaltsanalyse der Experteninterviews ......................................................99 6.2.1 Durchführung der Inhaltsanalyse ..........................................................................99 6.2.2 Kategoriesysteme der Inhaltsanalyse ................................................................. 100 6.3 Auswertung der Fallstudie ......................................................................................... 100 6.3.1 Kategorie 1: Eckpunkte, Ziel und Zweck des Einvernahmegesprächs ................ 100<br />

4


Kategorie 2: Gelungenes Einvernahmegespräch ................................................ 101 6.3.3 Kategorie 3: Rolle und Profil des Einvernahmereferenten ................................... 102 6.3.4 Kategorie 4: Rolle und Profil des Dolmetschers .................................................. 103 6.3.2<br />

Kategorie 5: Rolle und Profil des Asylwerbers .................................................... 104 6.3.6 Kategorie 6: Beeinflussung durch Rechtsberater, Rechtsanwalt und Vertrauensperson ........................................................................................................ 105 6.3.5<br />

Kategorie 7: Unterschiedliche Kultur ................................................................... 107 6.3.8 Kategorie 8: Unterschiedliche Religion ............................................................... 109 6.3.9 Kategorie 9: Veränderungen in den letzten fünf Jahren ...................................... 109 6.3.7<br />

Kategorie 10: Stärken des Einvernahmegesprächs .......................................... 111 6.3.11 Kategorie 11: Schwächen des Einvernahmegesprächs .................................... 111 6.3.12 Kategorie 12: Verbesserungsvorschläge für das Einvernahmegespräch .......... 116 6.3.10<br />

Verbesserungskatalog und Aussicht............................................................................ 119 7.1 Auswahl der Mitarbeiter des Bundesasylamtes ..................................................... 120 7.2 Zeit für die Einvernahme – das Verfahren ............................................................. 121 7.<br />

Schulungen im kulturellen Bereich – Interkulturelle Trainings ................................ 123 7.4 Kommunikationstrainings....................................................................................... 123 7.5 Verständliche Verfahrensführung .......................................................................... 124 7.3<br />

Vier-Augen-Prinzip-Entscheidungen ...................................................................... 125 7.7 Faire Glaubwürdigkeitsprüfung .............................................................................. 126 7.8. Flexibler Arbeitsplatz – Jobrotation – Auszeit ....................................................... 127 7.6<br />

Belohnungssystem – leistungsgerechtes Gehaltssystem ...................................... 128 7.10 Regelmäßige Supervision .................................................................................... 129 7.11 Spezifische Ausbildung für Dolmetscher im Asylbereich ...................................... 130 7.9<br />

7.12 Leitbild des Bundesasylamtes: Humanität, Qualität und Serviceinstitution ........... 131<br />

8. Resümee ..................................................................................................................... 133 9. Literaturverzeichnis ..................................................................................................... 136<br />

5


Abbildungsverzeichnis<br />

1: Entwicklung Asylanträge von 1960 bis 2011 ....................................................24 Abbildung 2: Entwicklung Mitarbeiter Bundesasylamt ...........................................................25 Abbildung 3: Dreieckssitzordnung in der Einvernahme .........................................................39 Abbildung<br />

4: Ebenen der mentalen Programmierung ...........................................................53 Abbildung 5: Machtdistanz-Index von 10 Ländern / Regionen ..............................................55 Abbildung<br />

6: Individualismus-Index von 10 Ländern / Regionen ...........................................56 Abbildung 7: Maskulinitätsindex von 10 Ländern / Regionen ................................................57 Abbildung 8: Unsicherheitsvermeidungs-Index von 10 Ländern / Regionen .........................58 Abbildung<br />

9: Langzeitorientierungs-Index von 8 Ländern / Regionen ...................................59 Abbildung 10: Kommunikationsquadrat ................................................................................77 Abbildung 11: Sechs Lehren des „Inneren Teams“ ...............................................................80 Abbildung<br />

12: Anzahl und Funktion der Interviewpartner ......................................................94 Abbildung 13: Kategoriesysteme ........................................................................................ 100 Abbildung<br />

Abbildung 14: Verbesserungskatalog ................................................................................. 119<br />

6


Abkürzungsverzeichnis<br />

Absatz ARGE ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe Art. Artikel Abs.<br />

Asylgesetz AsylGH Asylgerichtshof AsylG<br />

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz BAA Bundesasylamt BFA Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl AVG<br />

Bundesgesetzblatt BM.I Bundesministerium für Inneres bzw. beziehungsweise BGBl<br />

h. das heißt d.<br />

Ost Erstaufnahmestelle Ost EAST West Erstaufnahmestelle West EMRK Europäische Menschenrechtskonvention EAST<br />

et cetera EU Europäische Union gem. gemäß etc.<br />

Genfer Flüchtlingskonvention GFK<br />

International Business Machines Corporation NGO non-gouvernmental-organisation o. a. oben angeführt(en) IBM<br />

<strong>Österreichischer</strong> <strong>Integrationsfonds</strong> PC Personal Computer sog. sogenannt(e) ÖIF<br />

a. unter anderem u.<br />

Unabhängiger Bundesasylsenat UNHCR United Nations High Commissioner for Refugees UBAS<br />

vgl. vergleiche VMÖ Verein Menschenrechte Österreich Z Ziffer z. B. zum Beispiel<br />

7


Die Wichtigkeit des Einvernahmegesprächs im Asylverfahren ist unumstritten. Welche Abstract<br />

Asylgesetz, Behördenalltag, Kultur und Kommunikation auf dieses haben, ist jedoch weniger bewusst und bis dato wenig untersucht. Diese Arbeit präsentiert einen Überblick über die für das österreichische Asylverfahren Einflüsse<br />

Gesetze und deren historischen Entwicklungen. Weiters wird der Ablauf des wichtigsten<br />

dessen Akteure und die Behörde Bundesasylamt (BAA) vorgestellt. Verschiedene Kulturkonzepte und die Bedeutung der kulturellen Unterschiede in der interkulturellen Kommunikation finden Eingang in diese Arbeit, ebenso wie Einvernahmegesprächs,<br />

und sprachliche Barrieren. Die im theoretischen Teil dieser Arbeit gefundenen Spannungsfelder des Einvernahmegesprächs werden in der Fallstudie aus der Praxis heraus betrachtet. Mit Kommunikationsgrundlagen<br />

Akteuren des Asylverfahrens wurden Experteninterviews durchgeführt. Anhand der dreizehn<br />

Inhaltsanalyse wurden Aussagen über die Einvernahme gefunden. Daraus ergibt sich ein Verbesserungskatalog für das Einvernahmegespräch, welcher wiederum für die Praxis von Relevanz ist. qualitativen<br />

sei hier angemerkt, dass in dieser Arbeit aus Gründen der Lesbarkeit auf eine Es<br />

Formulierung verzichtet wird. Es sind jedoch immer beide Geschlechter angesprochen. Sämtliche zitierte Dokumente, welche nicht öffentlich aufliegen und zugänglich sind (z. B. geschlechtsneutrale<br />

Dokumente) sind als solche gekennzeichnet und befinden sich in schriftlicher und ausgedruckter Form bei der Verfasserin dieser Arbeit. Das Gleiche gilt für die in der Fallstudie durchgeführten Interviews: auch diese sind in schriftlicher und ausgedruckter Form BAA-interne<br />

Besitz der Verfasserin. Auf Nachfrage kann in alle diese Dokumente Einsicht genommen in<br />

werden.<br />

8


Vorwort 1.<br />

dem Jahr 2004 arbeite ich als Referentin im Bundesasylamt – Erstaufnahmestelle West (BAA – EAST West) in Oberösterreich. Einige Jahre war eine meiner Hauptaufgaben das Durchführen von Einvernahmen im Asylverfahren und die Asylwerber nach ihrem Reiseweg Seit<br />

ihren Beweggründen für diese Reise zu befragen. Der Balkan als Herkunftsregion der Asylwerber war mein „Hauptgebiet“ und so hatte ich es hauptsächlich mit Menschen aus und<br />

Albanien, Mazedonien, Serbien und Bosnien zu tun. Im Jahr 2004 hatte ich mit meinen 23 Jahren die Reifeprüfung und den 1. Abschnitt meines Rechtswissenschaftenstudiums als Ausbildung und ein wenig berufliche Erfahrung aus Kosovo,<br />

Ferialjobs, einer Tätigkeit in einem Sekretariat und in einem Hotel als Seminarbetreuerin und Rezeptionistin. Mein Wunsch war immer, mit Menschen zu arbeiten. Dies schien mit dem Beruf als diversen<br />

in Erfüllung gegangen zu sein und ich freute mich auf diese Herausforderung. Referentin<br />

einer praktischen Einarbeitungsphase bei meinen Kollegen, die viel Erfahrung aus dem öffentlichen Dienst und der Polizeiarbeit mitbrachten, dem Selbststudium diverser Gesetze und behördlicher Vorgaben, schien ich für meine „eigenen“ Asylakte und Einvernahmen Nach<br />

zu sein. Schon bald bemerkte ich jedoch, dass es für mich in der Einvernahme nicht immer ganz leicht war. Einerseits sollte den gesetzlichen und behördlichen Vorgaben nach einem gerüstet<br />

und vor allem schnellen Asylverfahren genüge getan werden, und andererseits war korrekten<br />

mein Wunsch auf jede einzelne Geschichte und Schicksal so gut wie möglich einzugehen und die Einvernahme in einer angenehmen Atmosphäre für beide Seiten zu gestalten. Hinzu kam das für mich „Ungewohnte“ an der Kommunikation, dass ein Dritter – Dolmetscher – es<br />

war und ohne diesen eine Konversation gar nicht möglich war. Zusätzlich sollte man als „Leiterin der Amtshandlung“ ein gewisses Maß an „behördlicher Macht“ ausstrahlen – so auch die internen Vorgaben – und schlussendlich bemerkte ich einfach Unterschiede in der beteiligt<br />

zwischen Asylwerber und mir. Diese waren aus den unterschiedlichen Kulturkreisen und ein Teil auch durch unterschiedliches Bildungsniveau erklärbar. So hatte Mentalität<br />

ich mir das ganze allerdings sicher nicht vorgestellt, darauf war ich auch nicht vorbereitet gewesen und bald wurde mir klar, dass ich etwas ändern musste, wenn ich diesen Job noch länger machen wollte. Heute kann ich sagen, dass meine ersten Einvernahmeversuche aus dem ersten halben Jahr im BAA sicher „anders“ waren, als die darauffolgenden. Durch Gespräche mit Freunden und Bekannten und dank einer Supervision für uns Referenten im Mai 2005, begann ich<br />

9


an der Gestaltung meiner Einvernahme und des Stils zu ändern. Ich holte die Asylwerber persönlich aus dem Warteraum ab, hielt für Kleinkinder neben Spielzeug auch irgendeine Süßigkeit bereit und stellte mein Büro um, damit für den Asylwerber und mich einiges<br />

der Sitzordnung nach ein direktes Gespräch möglich war. Ich unterhielt lange Gespräche mit Dolmetschern über deren Heimatländer und deren Kultur und besorgte mir Bücher und Unterlagen dazu. Ebenfalls eignete ich mir mit Hilfe von Dolmetschern die zumindest<br />

und Verabschiedung in der Muttersprache der Asylwerber an. Die Belehrungen für die Asylwerber zu Beginn der Einvernahme formulierte ich auf eine relativ simple Sprache Begrüßung<br />

legte bei der Datenerhebung vor allem auch auf die Angaben zur Schul- und Berufsausbildung großen Wert. So hatte ich für mich einen Richtwert, wie viel ich von der mir gegenübersitzenden Person „erwarten“ konnte und stellte demnach auch die Fragen. Mit und<br />

„Smalltalk“ versuchte ich außerhalb der niedergeschriebenen Einvernahme ein bestimmtes Vertrauensverhältnis aufzubauen. Ich wollte immer Verständnis für das menschliche Schicksal haben. Zu Beginn jeder Einvernahme wies ich aber darauf hin, was etwas<br />

Aufgabe von meinem Arbeitgeber her wäre und ich an bestimmte Vorgaben gebunden wäre und dafür um Verständnis bäte. meine<br />

bemerkte, dass ich mit dieser Art und Weise teilweise mehr Informationen von den Asylwerbern erhielt. Nach der Einvernahme hatte ich stets ein gutes Gefühl – unabhängig vom Ausgang des Verfahrens – im Hinblick auf den Stil und Ablauf der Einvernahme. Ich<br />

internen Schulungen und der Einschulung neuer Mitarbeiter versuchte ich meine Erfahrungen im Hinblick auf das Einvernahmegespräch immer einfließen zu lassen. Auch dieser – vielleicht andere – Weg zur Erreichung eines Zieles könne dienlich sein und dieser Bei<br />

meiner Meinung nach viele Missverständnisse im Asylverfahren Kommunikationsstil<br />

Das Auftreten der Asylbehörde nach außen hin könne dadurch merklich verbessert werden. Aus diesem Grund habe ich mich im Rahmen dieser Master Thesis entschieden, die verhindern.<br />

im Asylverfahren unter den verschieden Aspekten zu beleuchten. Vor allem die Experteninterviews mit den unmittelbar und mittelbar Beteiligten an der Einvernahme erlauben es, nicht nur den Status Quo zu erheben, sondern vor allem Verbesserungen für Einvernahme<br />

Zukunft zu erarbeiten. Somit soll diese Arbeit vor allem für die Praxis von Nutzen sein, die<br />

sodass für alle Beteiligte das Einvernahmegespräch an sich als positiv empfunden wird. Ich möchte mich an dieser Stelle bei allen meinen Interviewpartnern bedanken: Für ihre Zeit, aber vor allem für die Offenheit und Ehrlichkeit, welche mir schlussendlich erlaubte den Verbesserungskatalog für die Praxis zu erarbeiten.<br />

10


weiterer Dank gilt auch meinem Arbeitgeber, dem Bundesasylamt, welcher mir die Teilnahme am Universitätslehrgang „Migrationsmanagement“ ermöglichte und diese in vielerlei Hinsicht unterstützte. Ein<br />

meinem Betreuer Univ.-Prof. Dr. Ansgar Kreutzer möchte ich meinen Dank aussprechen, der viel Geduld und Flexibilität bewies, mir stets mit Rat zur Seite stand und wertvolle Anregungen gab. Auch<br />

Dank gilt einer besonderen Freundin, welche mir seit Jahren immer wieder mit Besonderer<br />

und Tat zur Seite steht und dank derer ich unter anderem meinen Kommunikationsstil verändern konnte und mir somit auch eine andere Sichtweise auf viele Dinge erlaubt ist. Zuletzt möchte ich mich bei meinem Freund Günter bedanken: Für die anregenden Rat<br />

zu dem Thema, Hilfestellungen und die emotionale Unterstützung.<br />

Diskussionen<br />

11


Einleitung 2.<br />

Ausgangslage In einem Verwaltungsverfahren – wie dem Asylverfahren – ist das Ermittlungsverfahren in I. Instanz einer der zentralen Punkte. Es soll hier der maßgebliche Sachverhalt für die 2.1<br />

der Verwaltungssache festgestellt werden. Für dieses Ermittlungsverfahren sind Beweismittel unabdingbar und es ist grundsätzlich jedes Beweismittel zulässig (vgl. Erledigung<br />

Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), 1991, §§ 37, 46). Gerade im Asylverfahren sind die Beweismittel wie Urkunden (z. B. Dokumente) oder andere schriftliche Bestätigungen eine Rarität und können (und wollen) von den Antragstellern nicht immer Allgemeines<br />

werden bzw. sind nicht zugänglich. Daher kommt den mündlichen Aussagen der Asylwerber in Form einer Einvernahme oft die alleinige Beweiskraft zu. Somit ist die Einvernahme im Asylverfahren das zentrale Beweismittel und der Ausgang des erbracht<br />

hängt wesentlich davon ab. Asylverfahrens<br />

man, dass beispielsweise im Jahr 2011 in Österreich insgesamt 14.416 Asylanträge gestellt wurden (vgl. Asylstatistik 2011, 2011, S. 3) und grundsätzlich jeder Asylwerber über 14 Jahre (bei unbegleitet Minderjährigen auch unter 14 Jahren) mindestens einmal Bedenkt<br />

vom BAA einvernommen wird, so ergibt sich ein Unmenge tausender Einvernahmegespräche pro Jahr im BAA. Neben den Entscheidungen im Asylverfahren kommt somit auch den Einvernahmegesprächen eine entscheidende und bedeutende Rolle persönlich<br />

und ist Hauptaufgabe einer Vielzahl der 330 Mitarbeiter des BAA. zu<br />

in den letzten Jahren hat sich im österreichischen Asylwesen durch oftmalige Gesetzesänderungen, Judikate der obersten Gerichte, Kulturwandel in der Behörde und sich ändernde Migrationsströme eine Menge bewegt (vgl. Wenda, 2011, S. 29). Grundsätzlich ist Gerade<br />

Asylwesen – im Gegensatz zu vielen anderen Verwaltungsmaterien – eine sich rasch ändernde und komplexe Materie, die vor allem auch immer sehr stark von den politischen Gegebenheiten und der politischen Kultur im Land geprägt und vor allem beeinflusst wird das<br />

Muzak, 2011, S. 264) . (vgl.<br />

Während die Entscheidung im Asylverfahren in I. Instanz in Form eines Bescheides<br />

grundsätzlich von einem einzigen Verwaltungsorgan – nämlich von dem zuvor die Einvernahme führenden Mitarbeiter – getroffen wird, so sind an der Einvernahme selbst mehrere natürliche Personen beteiligt, welche das Gespräch logischerweise beeinflussen und in eine bestimmte Richtung lenken können.<br />

12


„Bewältigung“ des Einvernahmegesprächs erweist sich in der Praxis oft als schwierig. Der eigentliche (gesetzliche) Zweck der Einvernahme – nämlich möglichst objektiv aufzuzeichnen, ob der Fluchtgrund im Sinn der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) auch Die<br />

ist (vgl. Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 – Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) 1951, 1951, Art. 1A Z 2) bzw. ob Art. 3 und Art. 8 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) bei Abschiebung nicht verletzt werden – asylrelevant<br />

oft in einem Spannungsfeld zu den internen behördlichen Vorgaben und Abläufen. Diese wollen vor allem ein rasches, effizientes und kostengünstiges Verfahren. Die steht<br />

der beiden „Hauptakteure“ (Einvernehmender und Asylwerber) – beide sind zu einem Großteil vom Dolmetsch und dessen Fähigkeiten abhängig – ist zusätzlich hinderlich und die Kommunikation wird zudem auch durch die verschiedenen kulturellen Sprachbarriere<br />

der teilhabenden Akteure erschwert. Es scheint, als ob die einzelnen Akteure der Einvernahme (zu) oft etwas Unterschiedliches mit und in der Einvernahme erreichen wollen bzw. auch erreichen müssen. Dadurch wird die Einflüsse<br />

erheblich gestört, läuft in die falsche Richtung und das Ergebnis ist meistens Kommunikation<br />

keine Seite zufriedenstellend. Das Einvernahmegespräch im Asylverfahren in der I. Instanz ist eigentlich die „Visitenkarte“ des BAA, denn in diesem wird die Behörde der „Öffentlichkeit“ präsentiert und das Außen- für<br />

Fremdbild des BAA wird dadurch geprägt. Zwar sind die Einvernahmen im BAA nicht öffentlich wie beim Asylgerichtshof (AsylGH) in der II. Instanz (vgl. Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), 2005, § 40 Abs. 8), jedoch dringt bzw.<br />

die aktiv oder passiv Beteiligten an der Einvernahme (Einvernahmeleiter, Dolmetscher, durch<br />

Rechtsberater, Rechtsanwalt, Vertrauensperson, verfahrensunterstützende Mitarbeiter) das Gespräch insofern an die „Öffentlichkeit“. Denn Dolmetscher, Asylwerber, Rechtsberater, Rechtsanwälte und Vertrauenspersonen sprechen untereinander und mit Asylwerber,<br />

Nichtbeteiligten über den Verlauf. Ein professionelles Verhalten des Einvernahmeleiters und Führen der Einvernahme ist somit nicht nur für das Asylverfahren des Einzelnen von Bedeutung, sondern wirkt sich auch wesentlich auf das öffentliche Bild, anderen<br />

öffentliche Meinung über diese Behörde aus. Gerade eben weil man mit dieser sensiblen Materie oft im unmittelbaren Blickfeld für Politik und Medien steht.<br />

die<br />

13


Zielsetzung Arbeit Vor diesem Hintergrund ist es das allgemeine Ziel dieser Arbeit, das Einvernahmegespräch aus den verschiedenen Perspektiven zu beleuchten und zu analysieren. 2.2<br />

•<br />

der<br />

sollen dabei beantwortet werden: Wie läuft das Einvernahmegespräch im BAA derzeit ab? Folgende Fragen<br />

Zweck soll mit dem Einvernahmegespräch erreicht werden? welcher Ziel,<br />

• Welches<br />

• Welche<br />

• Welche<br />

• Welche<br />

• Beeinflusst<br />

• Auf<br />

spielen die einzelnen aktiv und passiv teilnehmenden Akteure der Einvernahme? Rolle spielt die Auslegung von gesetzlichen Vorgaben für den Ablauf des Rolle<br />

Rolle spielt die Behördenstruktur, intern vorgegebene Arbeitsanleitungen und das BAA-interne Qualitätsmanagement für das Einvernahmegespräch? Einvernahmegesprächs?<br />

unterschiedliche Kulturkreis und die Religion der Hauptakteure das Einvernahmegespräch? der<br />

Kommunikationsebenen läuft das Einvernahmegespräch ab und welche Rolle spielt die unterschiedliche Sprache (und Kultur) zwischen Einvernehmenden und Asylwerber? welchen<br />

ist es Ziel dieser Arbeit, nicht nur den „Ist-Zustand“ des Einvernahmegesprächs zu identifizieren und zu analysieren, sondern auch Stärken und Schwächen des Einvernahmegesprächs zu erkennen und Möglichkeiten zu Zusätzlich<br />

•<br />

Folgende zusätzliche Fragen sollen dabei beantwortet werden: Verbesserungen aufzuzeigen.<br />

am Einvernahmegespräch derzeit gut? läuft am Einvernahmegespräch derzeit schlecht? läuft Was<br />

• Was<br />

• Was<br />

• Wie<br />

am Einvernahmegespräch verbesserungswürdig? ist eine solche Verbesserung erreichbar? wäre<br />

Mit der Beantwortung der oben angeführten Fragen wird in dieser Arbeit ein Verbesserungskatalog erarbeitet, welcher zur Steigerung der Qualität des Einvernahmegesprächs für alle Beteiligten dienen kann.<br />

14


Aufbau der Arbeit Das folgende Kapitel hat das Asylverfahren in Österreich zum Thema. Es folgt zuerst ein kurzer Überblick über die Geschichte des Asylrechts in Österreich, gefolgt von einer 2.3<br />

in die wichtigsten gesetzlichen Vorgaben und den allgemeinen Ablauf des Verfahrens. Auch die Behördenstruktur der Asylbehörden und deren stattgefundener Wandel werden skizziert. Weiters wird das Einvernahmegespräch im Asylverfahren detailliert Einführung<br />

und erklärt, eine Abgrenzung zur polizeilichen Erstbefragung vorgenommen, die gesetzlichen Vorgaben zur Einvernahme näher erörtert, interne behördliche Vorgaben des beschrieben<br />

für die Einvernahme dargelegt, Ziel und Zweck des Einvernahmegesprächs erklärt und die Hauptakteure vorgestellt. Kapitel 4 widmet sich der Kultur. Es wird versucht, einen Kulturbegriff zu definieren, welcher BAA<br />

das Asylverfahren am ehesten geeignet ist. Drei ausgewählte Kulturkonzepte – von Pierre Bourdieu, Geert Hofstede und Edward T. Hall – werden vorgestellt und die entwickelten Kulturdimensionen und deren Bedeutung und die Problemfelder für die für<br />

im Asylverfahren dargelegt. An Samuel Huntingtons Theorie wird kurz Einvernahme<br />

welche Rolle Religion für die Kultur(konflikte) spielt bzw. nicht spielt. Kapitel 5 handelt von Kommunikation. Es werden die Grundlagen der menschlichen Kommunikation anhand der Theorien von Erving Goffman, Paul Watzlawick und Friedemann aufgezeigt,<br />

von Thun näher vorgestellt. Weiters wird die Bedeutung dieser Theorien und die Problematik in der Einvernahme im Asylverfahren aufgezeigt – sowohl hinsichtlich der schriftlichen als auch mündlichen Kommunikation im Verfahren. Zuletzt soll noch die Schulz<br />

Stellung des Dolmetschers für die Kommunikation in der Einvernahme behandelt besondere<br />

Kapitel 6 ist der „praktische Teil“ dieser Arbeit, nämlich die Fallstudie über das Einvernahmegespräch im Asylverfahren. Es wird das Konzept der qualitativen werden.<br />

die Auswahl der Interviewpartner, Gestaltung, Vorbereitung, Durchführung und Dokumentation der Experteninterviews und die anschließend durchgeführte qualitative Inhaltsanalyse dargestellt. In dieser werden Kategoriesysteme Datengenerierung,<br />

die anschließend in der Auswertung der Fallstudie Eingang finden. gefunden,<br />

In Kapitel 7 wird der von der Fallstudie abgeleitete Verbesserungskatalog vorgestellt, der Relevanz für die hinkünftige praktische Durchführung des Einvernahmegesprächs im BAA hat. Abschließend wird in Kapitel 8 der Inhalt der vorliegenden Arbeit resümiert.<br />

15


Das Asylverfahren in Österreich 3.1 Überblick über Geschichte, Gesetze, Ablauf und Behörden 3.<br />

dieser Arbeit wird hauptsächlich das Asylverfahren in der I. Instanz – Hauptthema ist eben das Einvernahmegespräch (im Gegensatz zur öffentlichen Verhandlung in II. Instanz) – beleuchtet. Aus diesem Grund wird auch das Verfahren und die Behörde I. Instanz genauer In<br />

und viel präziser erklärt. Das Verfahren und die Behörde II. Instanz finden ausschließlich eine oberflächliche Erwähnung – jedoch nicht, weil deren Existenz und das betrachtet<br />

„unwichtig“ wären, sondern weil es den Rahmen der Arbeit sprengen würde und sich auch die Fallstudie ausschließlich auf das Verfahren in der I. Instanz bezieht. Verfahren<br />

Historisches zum österreichischen Asylrecht Nach Ende des Zweiten Weltkrieges wollte man „vorbeugen“, damit solche Ereignisse nicht wieder passieren und so wurde 1948 von den Vereinten Nationen die Allgemeine Erklärung 3.1.1<br />

Menschenrechte als erstes allgemein gültiges Dokument zur Sicherung von Grund- und Freiheitsrechten des Menschen verabschiedet. Vom Europarat wurde 1950 die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) in Rom beschlossen, in der die Allgemeine Erklärung der<br />

Menschenrechte enthalten ist. Seit 1958 ist die EMRK in Österreich ratifiziert, seit 1964 in Verfassungsrang. Die Genfer Flüchtlingskonvention (GFK), in der die Rechtsstellung von Flüchtlingen geregelt ist, wurde 1951 von den Mitgliedern der UN-Vollversammlung der<br />

und trat 1954 in Kraft. In Österreich wurde die GFK 1955 in Verfassungsrang erhoben (vgl. Plank, 2009, S. 35). unterzeichnet<br />

eigenes Asylgesetz erhielt Österreich im Jahr 1968. Erstmals wurde die Feststellung, ob man nach der GFK Flüchtling ist oder nicht, bescheidmäßig festgestellt. Bis dahin wurde nur im Rahmen des fremdenpolizeilichen Verfahrens die Flüchtlingseigenschaft geprüft. Mit dem Ein<br />

Asylgesetz in Österreich konnte man den Anspruch auf Asyl nun auch durchsetzen, eine Art Durchführungsbestimmung zur GFK, jedoch mit sehr geringer Regelungsdichte und ohne zeitliche Rahmenbegrenzung. Dies brachte eine lange Dauer von Asylverfahren mit ersten<br />

Mit dem Umbruch in Osteuropa, dem Zusammenbruch des Kommunismus und der Öffnung sich.<br />

der Grenzen Ende der 1980er-Jahre war Österreich mit einer immer größer werdenden Anzahl von Migranten, Flüchtlingen und Asylwerbern konfrontiert. Daher trat 1992 ein neues Asylgesetz (AsylG 1992) in Kraft, welches mit dem Argument geschaffen wurde, den Asylmissbrauch zu bekämpfen. Eine Verfahrensbeschleunigung wurde durchgesetzt, welches Österreich als Asylland nicht mehr attraktiv machen sollte. Es wurde auch der sog. „Schutz im sicheren Drittstaat“ aufgenommen, und so war nicht mehr Österreich unmittelbar<br />

16


für einen Verfolgten, wenn er über ein sicheres Drittland gereist war, wo er ebenfalls Schutz vor Verfolgung finden konnte. Mit dem AsylG 1992 wurde auch eine eigene Behörde für das Asylverfahren geschaffen, nämlich das Bundesasylamt (BAA). Gemeinsam zuständig<br />

einem neuen Fremdengesetz trat am 1. Jänner 1998 schließlich ein neues Asylgesetz (AsylG 1997) in Kraft. Mit dem AsylG 1997 wurde auch eine eigene Rechtsmittelinstanz für Asylverfahren mit<br />

der Unabhängige Bundesasylsenat (UBAS). In diesem Gesetz wurden europarechtliche Verpflichtungen, wie z. B. das Dubliner Übereinkommen, umgesetzt. Mit geschaffen:<br />

Gesetz reagierte man auch auf Kritik von NGO´s (wie z. B. UNHCR), dass Grenzkontrollbehörden und Fremdenpolizei das Non-Refoulement-Prinzip unbekannt sei. Änderungen gab es auch im Bereich des Familiennachzugs (vgl. Plank, 2009, S. 36, 37). dem<br />

1. Mai 2004 trat schließlich die Asylgesetznovelle 2003 in Kraft. Die Kompetenzen der Sicherheitsorgane wurden darin ausgeweitet, Folgeanträge erschwert, das Neuerungsverbot in Berufungsverfahren eingeführt und der zwingende Ausspruch über die Ausweisung bei Am<br />

durch das BAA eingeführt. Ablehnung<br />

einer grundsätzlichen Neukodifizierung des Asylrechts im Fremdenrechtspakt 2005 wurde das Asylgesetz 2005 (AsylG 2005) geschaffen, welches am 1. Jänner 2006 in Kraft trat. Hauptziel war, die Verfahren schneller und effizienter zu gestalten. Gerade jene Mit<br />

wo Österreich nicht der zuständige Mitgliedstaat zur Prüfung ist (Dublinverfahren), wurden beschleunigt und es wurde möglich noch während eines laufenden Asylverfahrens Asylwerber tatsächlich in den zuständigen Mitgliedstaat oder ihr Verfahren,<br />

zu überstellen. Mit 1. Juli 2008 gab es bereits die nächste Neuerung. Die Rechtsmittelinstanz im Asylverfahren – der Unabhängige Bundesasylsenat (UBAS) – wurde Heimatland<br />

den Asylgerichtshof (AsylGH) umgewandelt, welcher nunmehr II. und letzte Instanz ist. Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes im Asylverfahren wurde abgeschafft. Mit 1. Jänner 2010 trat das Fremdenrechtsänderungsgesetz 2009 in Kraft, welches das AsylG 2005 in<br />

Schwerpunkte waren vor allem Folgeanträge, Straffälligkeit, Gebietsbeschränkung, Meldeverpflichtung und Altersfeststellungen und DNA-Tests. Man erhoffte sich einen noch rascheren Ablauf des Asylverfahrens, vor allem bei Folgeanträgen. novellierte.<br />

Die letzte Neuerung des AsylG 2005 fand mit dem Fremdenrechtsänderungsgesetz 2011 statt, welches am 1. Juli 2011 in Kraft trat. Darin geregelt ist die (umstrittene) Anwesenheitsverpflichtung von Asylwerbern in den ersten fünf Tagen in den Betreuungsstellen des Bundes. Mit dieser Änderung erhoffte man sich eine verstärkte Mitwirkung der Asylwerber am Verfahren und wollte ein Untertauchen vermeiden. Ebenso<br />

17


in dieser Novelle die Rechtsberatung im asyl- und fremdenpolizeilichen Verfahren neu geregelt (vgl. Asylwesen - Allgemeine Informationen, 2012). Zum Zeitpunkt des Verfassens dieser Arbeit ist das Asyl- und Fremdenwesen von einer wurde<br />

großen Umstrukturierung erfasst. Mit 1. Jänner 2014 soll eine neue Behörde – Bundesamt für Fremdenwesen und Asyl (BFA) – mit neuem Gesetz in Österreich für die Angelegenheiten Asyl und Fremdenwesen zuständig sein. Man erwartet sich aufgrund der weiteren<br />

von 190 Behörden zu einer Behörde, dass die Verfahren noch schlanker, Zusammenlegung<br />

und kostengünstiger werden (vgl. Asyl- und Fremdenwesen, 2012). Der kurze Überblick über die österreichische Asylgesetzgebung und -politik zeigt, dass diese Verwaltungsmaterie wie kaum eine andere sich ändert und sich hinkünftig noch sehr ändern effizienter<br />

Mit den Änderungen wurde vom Gesetzgeber (und der Politik) versucht, jeweils auf die aktuellen Entwicklungen im Asylbereich zu reagieren. Es wird aber auch die Komplexität der Materie „Asyl“ deutlich sichtbar, und dass diese sowohl in viele andere Bereiche „hineinwirkt“ wird.<br />

Einfluss nimmt, als auch von diesen beeinflusst wird. Leider wird durch die und<br />

Berichterstattung und auch viele populistische Politikerreden dieses komplexe Thema so vereinfacht dargestellt, dass es zum Teil komplett verfälscht wird. Meistens wird Migration nur mehr in Verbindung mit Kriminalität gesehen, und die massenmediale<br />

Gesetze und Grenzkontrollen mit dem Schutz der inneren Sicherheit begründet. Dass durch gesetzliche Verschärfungen Migrationsströme jedoch nicht unbedingt ab- sondern eher zunehmen klingt paradox, ist aber so. Vor geplanten Verschärfungen und verschärften<br />

der Grenzen ist ein vermehrter Zustrom von Migranten beobachtbar. Die Angst, dass z. B. Familienangehörige später nicht mehr nachkommen können oder dass es „Dichtmachung“<br />

schwieriger wird in ein Land zu kommen, drängen die Menschen gerade in Zeiten vor Gesetzesnovellen verstärkt zur Migration. Dies schlägt sich u. a. auch in der vermehrten Anzahl von Asylanträgen nieder. immer<br />

muss also gerade hier genauer hinschauen und viele Dinge miteinbeziehen, um möglichst sachlich bleiben zu können und die Komplexität besser verstehen und vielleicht auch in Ansätzen erklären zu können (vgl. Bauböck, 2011, S. 411, 416). Man<br />

3.1.2 Gesetzliche Vorgaben Rechtsgrundlagen für das österreichische Asylverfahren findet man sowohl im Völkerrecht, im Recht der Europäischen Union (EU) und im nationalen österreichischen Recht (vgl. Asylwesen - Rechtsgrundlage, 2012). Die wichtigsten Rechtsgrundlagen für das Asylverfahren werden nun dargestellt und ihre Bedeutung für das Asylverfahren kurz erörtert.<br />

18


Asylverfahren ist ein Verwaltungsverfahren. Es haben somit für das Verfahren die Verwaltungsverfahrensgesetze Gültigkeit (vgl. Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 - EGVG, 2008, Art. I Abs. 2 lit. A Z. 30). Im Speziellen Das<br />

das Asylverfahren in Österreich jedoch im Asylgesetz aus dem Jahr 2005 geregelt, welches durch Novellierungen im Jahr 2008, 2009 und 2011 jeweils abgeändert wurde und zum Zeitpunkt dieser Arbeit in der gültigen Fassung von 01.07.2011 existiert. ist<br />

Asylgesetz ist ein nationales österreichisches Gesetz und es wird die Zuerkennung und Das<br />

des Status des Asylberechtigten und des subsidiär Schutzberechtigten geregelt. Zudem gibt es Regelungen in welchen Fällen eine Entscheidung mit einer Ausweisung aus Österreich zu verbinden ist. Außerdem ist auch das Verfahren zur Aberkennung<br />

dieser Aufenthaltstitel darin geregelt (vgl. Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), 2005, § 1). Nach der Genfer Flüchtlingskonvention (GFK) ist jemand Flüchtling, „der behauptet aus Erlangung<br />

Furcht, aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit zu wohlbegründeter<br />

bestimmten sozialen Gruppe oder der politischen Gesinnung, verfolgt zu werden, sich außerhalb des Heimatlandes befindet und nicht den Schutz dieses Landes annehmen will“ (Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 – Genfer einer<br />

(GFK) 1951, 1951, Art. 1A Z 2). Erfüllt eine Person diese Voraussetzungen kumulativ, so ist dieser nach der GFK per se ein Flüchtling. Dies ist jedoch nicht zu verwechseln mit der tatsächlichen Anerkennung als Flüchtling bzw. Flüchtlingskonvention<br />

Asylberechtigter in einem Staat. Die Anerkennung ist nämlich in nationalen Gesetzen als<br />

in Österreich eben im Asylgesetz 2005. Eine nationale Anerkennung als Flüchtling setzt ein vorhergehendes Verfahren durch die zuständigen Behörden voraus. Die formellen Kriterien zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft richten sich daher nach dem geregelt,<br />

Asylgesetz. Hinsichtlich der materiellen Kriterien zur Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft verweist das österreichische Asylgesetz jedoch auf Artikel 1 A Ziffer 2 der GFK (vgl. Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), österreichischen<br />

§ 3 Abs. 1). 2005,<br />

Eine weitere wichtige Rechtsgrundlage für das Asylverfahren findet sich im EU-Recht,<br />

nämlich die Dublin II Verordnung. Ein gemeinsames europäisches Asylsystem und eine gemeinsame Asylpolitik ist ein wesentliches Ziel der EU. Die Dublin II Verordnung aus dem Jahr 2003 (und andere diesem gemeinsamen europäischen Asylsystem dienenden Verordnungen und Richtlinien) soll dieses Ziel ermöglichen. Hauptanliegen der Dublin II Vorordnung ist es, dass ein Asylantrag eines Drittstaatsangehörigen nur in einem einzigen Mitgliedstaat inhaltlich geprüft wird. Denn es gelten alle Mitgliedstaaten als sicher, und die<br />

19


legt einheitliche Regelungen und Kriterien für dieses Verfahren für alle Mitgliedstaaten fest (vgl. Filzwieser, Liebminger, 2007, S. 40). Der eigentlichen inhaltlichen, also materiellen Prüfung der Flüchtlingseigenschaft im Asylverfahren geht also eine Verordnung<br />

voraus, d. h. ob man überhaupt der für das Führen des Asylverfahrens zuständige Mitgliedstaat ist (vgl. Verordnung (EG) Nr.343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin II-Verordnung), 2003, Art. 3). Zuständigkeitsprüfung<br />

haben mittlerweile 30 Mitgliedstaaten die Dublin II Verordnung ratifiziert: die 27 Insgesamt<br />

zusätzlich Island, Norwegen und die Schweiz (vgl. Wikipedia - Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II), 2012). Die Dublin II Verordnung basiert natürlich auf der Annahme, dass in allen Mitgliedstaaten gleichwertige Schutzstandards für Asylwerber bestehen. Leider EU-Staaten,<br />

dies nicht der Realität, was man am deutlichsten am Beispiel von Griechenland sieht. Aufgrund immer lauter werdender Forderungen – u. a. im März 2010 auch von Amnesty International – wurden die Überstellungen von Asylwerbern nach Griechenland entspricht<br />

von den österreichischen Behörden seit Ende des Jahres 2010 komplett eingestellt und wird solange aufrechterhalten, bis sich die Situation von Asylwerbern in Griechenland auch<br />

gebessert hat (vgl. AmnestyInternational, 2010, S. 10, 47). Gerade am Fall von Griechenland wird deutlich, dass für ein Asylverfahren neben der Genfer Flüchtlingskonvention die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) von großer deutlich<br />

ist. Die EMRK wurde 1950 in Rom unterzeichnet, ist in Österreich seit 1958 in Kraft und wurde 1964 in den Verfassungsrang erhoben. Die EMRK ist daher in Österreich wie die „nationalen“ Grundrechtskataloge anzuwenden (vgl. Wikipedia - Europäische Bedeutung<br />

2012). Grundsätzlich sind ab- und zurückweisende Menschenrechtskonvention,<br />

im Asylverfahren mit einer Ausweisung aus Österreich zu verbinden. Auf dieser Grundlage kann der Asylwerber dann durch die Fremdenpolizeibehörden und Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes außer Landes gebracht werden. Beim Ausspruch über Entscheidungen<br />

Ausweisung hat das BAA aber in jedem Fall die Grundsätze der EMRK einzuhalten. Besonders sind hier vor allem die Art. 3 und Art. 8 EMRK hervorzuheben: das Verbot der Folter und unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe und das Recht auf die<br />

des Privat– und Familienlebens (vgl. Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) - Europäische Konvention zum Schutz der Menschenrechte und Grundfreiheiten, Achtung<br />

1950, Art. 3, Art. 8). In Fällen, wo dem Asylwerber im „Zielland“ eine Verletzung von Art. 3 EMRK droht und die Ausweisung ein unverhältnismäßiger Eingriff in das Familienleben wäre, darf das BAA über die Ausweisung nicht absprechen (Refoulementschutz). Dies ist eindeutig im Asylgesetz geregelt (vgl. Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), 2005, § 10 Abs. 2 Z 2, § 8 Abs. 1).<br />

20


ist für das Asylverfahren das Grundversorgungsgesetz des Bundes relevant, denn es regelt u. a. die Versorgung von Asylwerbern im Zulassungsverfahren, sowie den Ausschluss aus der Grundversorgung (vgl. Bundesgesetz, mit dem die Grundversorgung von Zuletzt<br />

im Zulassungsverfahren und bestimmten anderen Fremden geregelt wird (Grundversorgungsgesetz - Bund 2005 - GVG-B 2005), 2005, §§ 2, 3). Die neun Bundesländer haben in Österreich jeweils eigene (Landes)Grundversorgungsgesetze bzw. Asylwerbern<br />

Landesgesetze, wo die Versorgung von Asylwerbern nach Zulassung geregelt ist. spezifische<br />

Ablauf des Verfahrens in der Praxis Menschen, die in Österreich um internationalen Schutz (davon umfasst ist Asyl und subsidiärer Schutz) ansuchen wollen, können dies entweder bei jedem Organ des 3.1.3<br />

Sicherheitsdienstes oder direkt in einer Erstaufnahmestelle des BAA bei der dortigen ansässigen Polizeiinspektion tun. Der Antrag muss aber jedenfalls persönlich eingebracht werden. Nach Antragstellung erfolgt die Durchsuchung des Asylwerbers: seine öffentlichen<br />

und sein Gepäck sowie andere Gegenstände und Dokumente, die er mit sich führt, werden untersucht und gegebenenfalls sichergestellt. Dies ist vor allem dann von Interesse Kleidung<br />

das Asylverfahren, wenn der Asylwerber Unterlagen zu seiner Identität, Staatsangehörigkeit, Reiseweg oder Fluchtgrund nicht von sich aus vorlegt. Im Anschluss erfolgt die erkennungsdienstliche Behandlung des Asylwerbers. Er wird fotografiert und es für<br />

ihm die Fingerabdrücke abgenommen. Dies geschieht jedoch lediglich bei Personen, welche das 14. Lebensjahr vollendet haben. Der Fingerabdruckabgleich dient zur Überprüfung, ob der Asylwerber in einem anderen Mitgliedstaat der Dublin II Verordnung werden<br />

zuvor einen Asylantrag gestellt hat oder dort illegal eingereist ist. Im Anschluss erhält der Asylwerber eine (schriftliche) Orientierungsinformation und Erstinformation über das bereits<br />

in einer ihm verständlichen Sprache und es ist dem Asylwerber eine ärztliche Untersuchung zu ermöglichen. Spätestens 72 Stunden nach der Asylantragseinbringung ist eine Befragung (Erstbefragung) des Asylwerbers durch die Organe des öffentlichen Asylverfahren<br />

vorzunehmen. Im Unterschied zu den Einvernahmen im Asylverfahren wird die Erstbefragung von Polizeibediensteten durchgeführt. Wird der Antrag bei einer Sicherheitsdienstes<br />

externen Polizeidienststelle gestellt, so ist der Asylwerber in der Regel einer der beiden Erstaufnahmestellen (EAST Ost, EAST West) vorzuführen und es erfolgt vorerst eine Unterbringung in einer Betreuungsstelle des Bundes – entweder der Betreuungsstelle Ost oder West. In den ersten fünf Tagen (120 Stunden) nach Asylantragstellung besteht in der Erstaufnahmestelle eine Anwesenheitsverpflichtung und der Asylwerber hat sich<br />

21


in dieser zur Verfügung zu halten (vgl. Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), 2005, §§ 15, 17, 28, 29, 44). Nach der Erstbefragung kann der relevante Sachverhalt insoweit feststehen, dass man durchgehend<br />

mit einem anderen Mitgliedstaat der Dublin II Verordnung durchführen kann, da man von der Unzuständigkeit Österreichs ausgeht. Im Fall der Zuständigkeitserklärung eines anderen Mitgliedstaates wird der Asylantrag nach Durchführung der Einvernahme zur Konsultationen<br />

des Parteiengehörs und nach erfolgter Rechtsberatung gemäß § 5 AsylG Wahrung<br />

und die Ausweisung und Überstellung in den Mitgliedstaat wird veranlasst. Ebenfalls ist der Asylantrag gemäß § 4 AsylG zurückzuweisen, wenn der Asylwerber in einem sicheren Drittstaat Schutz vor Verfolgung finden kann. Eine Zurückweisung gemäß § zurückgewiesen<br />

AVG wegen entschiedener Sache ist dann im Asylverfahren vorgesehen, wenn es sich bereits um einen Folgeantrag gemäß § 2 Absatz 1 Ziffer 23 AsylG handelt. Auch diese Zurückweisungen erfolgen nach Rechtsberatung und Durchführung einer Einvernahme zur 68<br />

des Parteiengehörs (vgl. Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), 2005, §§ 2, 4, 5, 64). Diese Verfahren werden alle in einer Wahrung<br />

des BAA im Zulassungsverfahren geführt. Die Entscheidung vom BAA wird jedenfalls mit Bescheid gefällt. Wird jedoch die Zuständigkeit Österreichs für das Asylverfahren festgestellt, so wird das Erstaufnahmestelle<br />

zugelassen und der Asylwerber erhält bis zum Ende seines Asylverfahrens eine vorübergehende Aufenthaltsberechtigung, welche ihn zum Verbleib und Aufenthalt in Österreich ermächtigt. Vor Zulassung des Verfahrens kann in der Erstaufnahmestelle noch Verfahren<br />

(Zulassungs)Einvernahme stattfinden, jedoch kann diese auch unterbleiben. Das eine<br />

Verfahren wird in der Regel in einer der Außenstellen des BAA weitergeführt und finalisiert. Im Folgenden kann nach einem mehr oder weniger langen Ermittlungsverfahren weitere<br />

Einvernahmen, etc.) nun der Asylantrag gem. §§ 3, 8 AsylG begründet abgewiesen werden und es ist die Entscheidung mit einer Ausweisung in den Herkunftsstaat zu verbinden. Es kann auch die Flüchtlingseigenschaft gem. § 3 AsylG in Österreich (Überprüfungen,<br />

werden, wenn die Voraussetzungen gegeben sind. Der nunmehr Asylberechtigte zuerkannt<br />

erhält in diesen Fällen einen Konventionsreisepass, welcher für alle Staaten – außer<br />

natürlich dem Herkunftsland – gilt. Ebenso ist es möglich, den Asylantrag gem. § 3 AsylG abzuweisen, aber einen Status des subsidiär Schutzberechtigten gem. § 8 AsylG vorübergehend zuzuerkennen. Auch dies führt zu einem (vorübergehenden) Aufenthalt in Österreich und man erhält eine Karte für subsidiär Schutzberechtigte. Dieser Status ist befristet für ein Jahr und man muss erneut um Verlängerung ansuchen.<br />

22


ist der Asylwerber aber nach Zulassung noch mindestens einmal einzuvernehmen. Auch in diesen beiden o. a. Fällen erfolgt die Entscheidung mit einem Bescheid. Unter bestimmten Voraussetzungen kann Asyl und subsidiärer Schutz auch Jedenfalls<br />

aberkannt werden. Es besteht natürlich auch die Möglichkeit, dass diese inhaltlichen Verfahren auch in einer Erstaufnahmestelle geführt werden, jedoch hat hier die Entscheidung binnen 20 Tagen ab Antragstellung zu ergehen. Aus diesem Grund können wieder<br />

ganz eindeutige und klare Sachverhalte auch schon in der Erstaufnahmestelle entschieden werden (vgl. Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - lediglich<br />

2005), 2005, §§ 3, 7, 8, 9, 19, 28, 51, 52). „Sonderfälle“ stellen unbegleitet minderjährige Asylwerber dar. Im Zulassungsverfahren in der Erstaufnahmestelle ist der Rechtsberater gem. § 64 AsylG deren gesetzlicher Vertreter. AsylG<br />

übernimmt sämtliche Vertretungshandlungen im Asylverfahren (wie ein Vater oder eine Mutter). Überdies können Asylanträge nur von mündigen Minderjährigen (über 14 Jahre) selbst gestellt werden, für unmündige Minderjährige (unter 14 Jahre) kann dies nur Dieser<br />

Rechtsberater vornehmen. Nach Zulassung des Verfahrens ist der örtlich zuständige der<br />

für die Vertretung im Asylverfahren zuständig, wo der Minderjährige eine Unterkunft zugewiesen bekommen hat. Der gesetzliche Vertreter wird über sämtliche Verfahrenshandlungen informiert, Ladungen und Bescheide diesem zugestellt und nimmt Jugendwohlfahrtsträger<br />

an den Einvernahmen gemeinsam mit dem minderjährigen Asylwerber teil (vgl. Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), 2005, §§ 16, 64). immer<br />

Behördenaufbau und –strukturen im Wandel der Zeit Im Asylverfahren gibt es grundsätzlich zwei Instanzen: die I. Instanz ist das BAA, welches in Form von Bescheiden erledigt, die II. Instanz ist der AsylGH, welcher nach Beschwerde 3.1.4<br />

den Asylwerber mit Erkenntnis und Beschluss seine Entscheidung trifft. Eine eigene Behörde I. Instanz wurde erst mit dem AsylG 1991 installiert: das BAA begann am 1. Juni 1992 mit seiner Arbeit und der Abwicklung der Asylverfahren. Bis zu diesem durch<br />

waren für Asylverfahren in I. Instanz die Sicherheitsdirektionen der Bundesländer Zeitpunkt<br />

zuständig, in II. Instanz war eine eigene Abteilung des Bundesministeriums für Inneres (BM.I) als Berufungsinstanz zuständig. Dies war insofern problematisch, da die Sicherheitsdirektionen dem BM.I untergeordnet und diesem weisungsgebunden sind. 3.1.4.1 Das Bundesasylamt – die I. Instanz Am 1. Juni 1992 öffnete das BAA als fachspezifische Verwaltungsbehörde I. Instanz seine Pforten mit österreichweit insgesamt 77 Mitarbeitern mit einer Außenstelle in jedem der neun<br />

23


Das BAA ist eine unmittelbare Bundesbehörde, welche dem BM.I untergeordnet ist. Im Jahr 1991 gab es insgesamt noch über 27.000 Asylanträge, aber die Anträge stagnierten Bundesländer.<br />

und 1993 sehr stark (1993: ca. 4700 Anträge) und so wurden die beiden Außenstellen des BAA in Kärnten und Vorarlberg mangels Auslastung 1994 wieder geschlossen. Die Mitarbeiter kamen vor allem aus dem Exekutivbereich und teilweise auch aus dem 1992<br />

des öffentlichen Dienstes. Die ersten Jahre des BAA waren von einer Verwaltungsbereich<br />

der neu eingerichteten Behörde geprägt (vgl. Frank, 2002, S. 34). Mit dem AsylG 1997 kamen zusätzliche Aufgaben für das BAA hinzu. Außerdem waren die Asylanträge aufgrund des Kosovo-Konfliktes wieder im Ansteigen und so erreichte man im Konsolidierung<br />

1999 einen Personalstand von 134 Mitarbeitern im BAA. Mit diesem Personalstand und dem neuen Gesetz war man gerüstet für das Abwickeln von ca. 13.000 Asylverfahren pro Jahr. Diese Zahl wurde aber – u. a. aufgrund Konflikte in Kosovo, Tschetschenien und Jahr<br />

– bereits 1999 überschritten und im Jahr 2002 gab es beinahe 40.000 Afghanistan<br />

pro Jahr. Dass diese Entwicklung der Asylanträge nicht unbedingt mit einer Personalaufstockung des BAA einherging, zeigen die beiden unten angeführten Abbildungen. So ist es auch erklärbar, dass die offenen Asylanträge um die Asylanträge<br />

immer mehr wurden, ein rascher Abbau aufgrund mangelnden Personals nicht möglich war und so sind die von den Medien so oft zitierten überlangen Verfahren erklärbar. Jahrtausendwende<br />

Abbildung 1: Entwicklung Asylanträge von 1960 bis 2011 (Radax, 2012, S. 31)<br />

24


2: Entwicklung Mitarbeiter Bundesasylamt (Radax, 2012, S. 32) Abbildung<br />

mit der AsylG-Novelle 2003, welche mit 1. Mai 2004 in Kraft trat, wurde diesen Entwicklungen Rechnung getragen und es wurden drei zusätzliche Dienststellen des BAA geschaffen: die Erstaufnahmestelle Ost in Traiskirchen (Niederösterreich), die Erst<br />

West in Thalham (St. Georgen im Attergau, Oberösterreich) und die Erstaufnahmestelle Flughafen (Schwechat, Niederösterreich). Nachdem im Jahr 2003 das Erstaufnahmestelle<br />

Dubliner Übereinkommen von der Dublin II Verordnung der EU abgelöst wurde und mit 1. Mai 2004 die Osterweiterung der EU mit der Aufnahme von insgesamt zehn neuen Mitgliedstaaten geschah, wurde das Hauptaugenmerk auf die sog. „Dublin-Verfahren“ ehemalige<br />

Österreich lag nun nicht mehr am Rand sondern inmitten der EU und somit führte die Reiseroute der Asylwerber logischerweise über viele dieser neuen Mitgliedstaaten (vor allem Ungarn, Slowakei, Polen, Slowenien) bevor sie nach Österreich kamen und daher war deren gelegt.<br />

für das Verfahren gegeben. Mit der Schaffung dieser neuen Behörden ging eine Aufstockung auf 210 Mitarbeiter einher. In den Erstaufnahmestellen sind von Beginn an Zuständigkeit<br />

angesiedelt, welche rund um die Uhr besetzt sind, das Stellen eines Antrages daher immer möglich ist und somit der schnelle Abgleich der Fingerabdrücke und das Überprüfen von Dokumenten einhergeht. Die Erstaufnahmestellen wurden hauptsächlich Polizeiinspektionen<br />

die Dublin-Fälle installiert und die raschere Abwicklung von Folgeanträgen soll auch durch diese Organisationseinheiten erfolgen. Ebenfalls wurden in der Erstaufnahmestelle für<br />

Ost und Erstaufnahmestelle West eigene Außenstellen der fremdenpolizeilichen Abteilungen der zuständigen Bezirkshauptmannschaften Baden und Vöcklabruck eingerichtet, um die notwendige Zusammenarbeit zwischen BAA, Exekutive und Fremdenbehörde zu erleichtern und die geforderten Maßnahmen auch umsetzen zu können (vgl. Radax, 2012, S. 29).<br />

25


dem AsylG 2005, welches am 1. Jänner 2006 in Kraft trat, kam es wieder zu einigen Neuerungen und Umstrukturierungen nicht nur im Gesetz, sondern auch innerhalb der Behörde. Um die Qualität der Verfahren erheblich zu steigern, wurde eine eigene Abteilung Mit<br />

BAA installiert, welche sich nur der Länderrecherche widmet: die Staatendokumentation mit Sitz in Wien. Diese stellt nicht nur für die I. Instanz sondern auch für die II. Instanz notwendige Informationen über die Situation in den jeweiligen Ländern (sowohl im<br />

der Asylwerber als auch sämtliche Mitgliedstaaten der Dublin II Verordnung) zur Verfügung, welche im Verfahren vor allem in Bescheid und Erkenntnis Eingang finden. Herkunftsländer<br />

erfolgte wiederum eine größere Aufstockung der Mitarbeiter im BAA auf 280 Personen im Jahr 2006. Zusätzlich zu Referenten für die Verfahren wurden vermehrt auch Akademiker mit keinem rechtlichen Hintergrund, sondern einem Studium der Geschichte, Geografie, Es<br />

Kommunikationswissenschaften etc. für die Staatendokumentation eingestellt, vor allem auch Personen mit eigenem Migrationshintergrund und somit hervorragenden Sprachkenntnissen, welche die Recherche über Länder erheblich vereinfachen. Es finden Publizistik,<br />

nur Internetrecherchen, Anfragen bei Botschaften oder Sachverständigen statt, sondern vor allem sind auch die sog. „Fact-Finding-Missions“, wo Mitarbeiter der nicht<br />

vor Ort persönlich in den Ländern recherchieren, wichtig. Ebenso erfolgt ein gesamteuropäischer Austausch über die Informationen und es finden laufend Workshops zum Austausch statt (vgl. Schrott, 2012, S. 49). Staatendokumentation<br />

der Schaffung einer neuen II. Instanz mit 1. Juli 2008 ging abermals eine Aufstockung der Mitarbeiter des BAA einher, ebenso mit den beiden in Kapitel 3.1.1 erwähnten Fremdenrechtsänderungsgesetzen 2009 und 2011 (vgl. Radax, 2012, S. 30). Mit<br />

Stand von Juni 2012 hat das BAA nun österreichweit insgesamt 330 Mitarbeiter. Das Mit<br />

hat eine Zentrale in Wien, wo eine Grundsatz- und Dublinabteilung, ein Personalreferat, ein Budget- und Wirtschaftsreferat, ein Koordinationsreferat und die Staatendokumentation angesiedelt sind. Weiters gibt es insgesamt sieben Außenstellen des BAA: in Eisenstadt, BAA<br />

Traiskirchen, Graz, Linz, Salzburg und Innsbruck und die drei oben beschriebenen Erstaufnahmestellen in Traiskirchen, Thalham und Schwechat. Die Erstaufnahmestelle Flughafen wird als ein Teil der Außenstelle Traiskirchen geführt. Die größte Wien,<br />

ist die Erstaufnahmestelle Ost mit 64 Mitarbeitern, die kleinste die Organisationseinheit<br />

Außenstelle Salzburg mit 15 Mitarbeitern. (vgl. Organisation und Mitarbeiter Bundesasylamt, 2012). Ab dem Jahr 2001 widmete man sich im BAA verstärkt auch auf den internationalen Austausch und der Qualitätssicherung. So gab es bereits 2001 ein gemeinsames Projekt von BM.I, BAA und UNHCR (United Nations High Commissioner for Refugees), in welchem die Einvernahmequalität analysiert und Verbesserungen erarbeitet wurden. Seit 2005 gibt es<br />

26


Evaluierungen mit dem Ludwig Boltzmann Institut für Menschenrechte und dem UNHCR in den verschiedensten Bereichen. So wurden für alle wesentlichen Aufgabenfelder im BAA – vor allem im Verfahren – intern verbindliche Arbeitsanleitungen verfasst und allen gemeinsame<br />

zur Verfügung gestellt. 2006 wurde ein eigenes Handbuch „Dolmetschen im Asylverfahren“ in Kooperation mit den Translationswissenschaften der Universität Graz herausgegeben, um verstärktes Bewusstsein und eine gesteigerte Qualität zu schaffen. Mitarbeitern<br />

Jahr 2007 wurde im Rahmen einer neuen Steuerungsstrategie schlussendlich ein Im<br />

kennzahlenorientiertes Qualitätsmanagementsystem eingeführt. Dadurch soll die rasche Abwicklung von Asylverfahren verbessert werden und eine Einheitlichkeit der Verfahren durch Qualitätsstandards gewährleistet und so eine Behebung durch die II. einheitliches<br />

reduziert werden. Unter anderem wurden auch Maßnahmen im Personalbereich gesetzt, z. B. wurde zum Zweck der Korruptionsbekämpfung ein Verhaltenskodex für öffentliche Bedienstete geschaffen und eine Broschüre an alle Mitarbeiter versendet, um Instanz<br />

für unerlaubte Geschenkannahmen zu sensibilisieren. Gerade im Asylverfahren ist dies ein nicht zu unterschätzender Faktor, man denke an den Dolmetscher der von der Mitarbeiter<br />

bestellt wird und Interesse an einer oftmaligen Bestellung hat, aber auch einen Asylwerber, der natürlich Interesse an einem positiven Ausgang seines Verfahrens hat (vgl. Kallinger, 2008, S. 3ff). Behörde<br />

Qualitätsmanagement des BAA basiert auf folgender Vision: „Das BAA ist Vorbild für eine qualitätsvolle, effiziente und humane Abwicklung von Asylverfahren in einem gemeinsamen europäischen Asylsystem. Als wichtige Schnittstelle eines gesamtheitlichen Das<br />

genießt das BAA hohes Ansehen.“ (Radax, 2012, S. 30). Migrationsmanagementsystems<br />

BAA zählt in der öffentlichen Verwaltung zu einem Vorreiter mit der gesamtheitlichen Einführung des Qualitätsmanagements. So wurde ab 2008 in jeder Organisationseinheit ein eigens dafür vorgesehener Mitarbeiter (Jurist) als Qualitätssicherer installiert, welcher die Das<br />

in vielen Bereichen (Dublin-Konsultationsverfahren, Einvernahme, Bescheid, Dauer, etc.) evaluiert und im Anschluss mit den Mitarbeitern Rücksprache hält bzw. Gespräche führt. Da sich das BAA als direkte Schnittstelle zu Asylwerbern sieht, stehen die Verfahren<br />

im Mittelpunkt des Qualitätsmanagements: So wurden unter anderem neue Aufnahmeprozesse für neues Personal (u. a. mit schriftlichem Test, Testgespräch), ein Mitarbeiter<br />

Tutoren- und Mentorenmodell zur Begleitung neuer Mitarbeiter, laufende Fortbildung und Wissensmanagement (eigene Wissensdatenbank online mit allen für ein Asylverfahren wesentlichen Dokumenten) eingeführt (vgl. Quinz, 2009, S. 13). Berufsbegleitende Aus- und Fortbildung für Mitarbeiter des BAA ist sogar im AsylG ausdrücklich in § 58 Abs. 5 festgeschrieben. Das Fortbildungsprogramm hat der Direktor des<br />

27


verbindlich anzubieten und die Teilnahme daran ist eine Verpflichtung jedes Mitarbeiters. Die Fortbildungsphilosophie beinhaltet neben den rechtstheoretischen Themen auch Qualitätssicherung, Prozessoptimierung und Spezialtrainings (vgl. Bundesasylamt, BAA<br />

und Forbildung - Fortbildungsprogramm 2012, 2012, S. 4, 5). Mit diesem eingeführten Qualitätsmanagementsystem will man verbindliche Qualitätskriterien und insbesondere raschere Asylverfahren durch standardisierte Prozessabläufe erreichen. Aussoll<br />

als Chance zur Weiterentwicklung beim BAA und seinen Mitarbeitern wahrgenommen Es<br />

und zur Mitarbeitermotivation beitragen. Schlussendlich soll es den Ansprüchen einer modernen, zukunftsorientierten Verwaltung gerecht werden und im Sinn eines „Bestpractice-Modell“ als Vorzeigebehörde für ganz Europa werden (vgl. Kowald, Kranabetter, werden<br />

S. 85). Im Jahr 2009 wurde das Projekt „Burn-Out-Prävention“ für Mitarbeiter – aus EU-Geldern finanziert – gestartet und es gab für die Mitarbeiter Seminare zum Thema Stressbewältigung, 2008,<br />

Motivation, gesunde Ernährung und wie Burn-Out-Symptome erkannt werden. Bewegung,<br />

wurden in jeder Organisationseinheit Mitarbeiter als Vertrauenspersonen – nach entsprechenden Schulungen – eingesetzt, an welche man sich bei Problemen wenden kann (vgl. Hirner, 2012, S. 45). Ebenfalls<br />

wurde eine Informationsinitiative für Bewohner und Schüler in der Nähe von Erstaufnahme- und Außenstellen des BAA – ebenfalls finanziert aus EU-Geldern – gestartet. Das Interesse am Thema Asyl, an der Behörde BAA war (vor allem bei Schülern) sehr groß, 2010<br />

durch die Medien oft ein falsches Bild vermittelt wird. Es wurden Workshops in Schulen da<br />

auf Messen informiert und man konnte Vorurteile und Falschinformationen so entkräften. Leider gab es das Projekt nur im Jahr 2010 und fand bisher keine Fortführung (vgl. Luger, 2010, S. 74). abgehalten,<br />

Mitarbeiter des BAA erhielten im Jahr 2012 ein dreiseitiges Dokument über die Ziele und übergeordnete Strategie für 2012. Darin steht unter anderem, dass oberste Priorität schlanke Verfahren und Prozesse sind. Das Verhältnis zwischen anhängigen Verfahren und Alle<br />

Anträgen muss ausgewogen sein, 70% aller Verfahren entscheidet das BAA einlangenden<br />

binnen drei Monaten. Die Ziele werden kontinuierlich kontrolliert und nachvollziehbar<br />

dokumentiert. Die Mitarbeiter müssen mit der Ressource Arbeitszeit wertvoll umgehen, eine verstärkte Flexibilität im täglichen Arbeitsumfeld jedes Einzelnen ist Voraussetzung. So wird ein positives Bild des BAA in der Öffentlichkeit kommuniziert (vgl. Bundesasylamt, Unsere Ziele 2012, 2012). Die Entwicklung des BAA in 20 Jahren von einer kleinen Verwaltungsbehörde zu einer großen Organisation mit modernem Image und Kultur wird hier deutlich sichtbar. Eine Menge<br />

28


sich im Lauf der Zeit verändert. Nicht nur rasch ändernde Gesetze, sondern auch die Behörde hat sich gewandelt und wird in den nächsten Jahren weitere Veränderungen (aufgrund einer neuen Behörde, dem BFA) erfahren. Auch von außenstehenden, hat<br />

Organisationen (wie UNHCR) wurde dem BAA in den vergangenen Jahren eine Verkürzung der Verfahrensdauer und eine Anstrengungen in der Qualität in den Verfahren attestiert. Problematisch werden von UNHCR jedoch die Neuregelung der beobachtenden<br />

die Anwesenheitsverpflichtung in den ersten fünf Tagen in der Erstaufnahmestelle und die Häufigkeit der Schubhaft bei Asylwerbern, die sich nichts zu Rechtsberatung,<br />

kommen haben lassen, gesehen (vgl. Fritzl, 2011). Weiterentwicklung ist grundsätzlich gut und in einer modernen Organisation ein ständiges „Muss“, jedoch sollte man manches doch auch ein wenig kritisch hinterfragen: Schnelle, Schulden<br />

und kostengünstige Verfahren sind gut, weil sich für die Behörde kein „Rückstau“ bildet und auch der Betroffene rasch Klarheit hat. Es darf jedoch nicht übersehen werden, dass „allzu“ rasche Verfahren doch auch an Qualität und Individualität leiden („speed kills“). rasche<br />

jedoch ein Referent im BAA mit viel „Verwaltungsangelegenheiten“, wie dem Führen Wenn<br />

Statistiken, belastet wird, beinahe ausschließlich an der Dauer (Kürze) seiner Verfahren gemessen wird, unter Zeitdruck (in der Einvernahme und bei Bescheiderstellung) steht, wirkt sich das negativ auf ihn selbst, die Behörde und primär den Asylwerber aus, weil man für von<br />

„Wesentliche“ beinahe nicht mehr Zeit hat. Hinzu kommt, dass der Öffentliche Dienst grundsätzlich meiner Einschätzung nach eine sehr träge Organisation im Hinblick auf Veränderungen ist und diese oft schwierig bis unmachbar das<br />

Das starre Gehaltsmuster des Öffentlichen Dienstes – Einstufung und Bezahlung sind.<br />

Ausbildung und Dauer des Dienstverhältnisses und keine leistungsbezogene Entlohnung – tragen nicht gerade zu einer Mitarbeitermotivation und somit zu einem besseren „Output“ bei. Dieses System wird von vielen als ungerecht empfunden und über aufgrund<br />

oder lang kommt bei vielen Mitarbeitern die Frage auf, warum man mehr leisten soll als der Kollege, der für das gleiche Monatsgehalt um einiges weniger erledigt. Zuletzt kommt noch hinzu, dass sowohl Beamte als auch Vertragsbedienstete im Öffentlichen Dienst einen kurz<br />

hohen „Arbeitnehmerschutz“ genießen, was grundsätzlich begrüßenswert ist, jedoch lebt ein kennzahlorientiertes System – wie das eingeführte Qualitätsmanagement – relativ<br />

grundsätzlich vom Erfolg und Erreichen der gesetzten Ziele. Im Öffentlichen Dienst (und so auch im BAA) gibt es aber keine „Sanktion, Maßnahme“ bei Nichterreichung eines Ziels. Wenn es – einfach gesagt – aber egal ist, ob ich das Ziel erreiche, ist das gesetzte Ziel mehr oder weniger sinnlos und so etwas trägt zu Frustration bei den Mitarbeitern bei, welches wiederum (negative) Auswirkungen auf das Verfahren hat.<br />

29


Meinung nach müsste – um einen tatsächlichen Kulturwandel in der Behörde zu erreichen – auch an den „Grundvoraussetzungen“ etwas geändert werden: das Einstufungsschema nach Ausbildung ist nicht mehr zeitgemäß, eine leistungsgerechte Meiner<br />

und Sanktionsmaßnahmen (auch Entlassung) für bestimmte Fälle und die Wertschätzung von Mitarbeitern (z. B. in Form von Belohnungen) wären notwendig, damit man tatsächlich professionell agieren kann und so auch von „Außenstehenden“ (NGOs, Bezahlung<br />

etc.) gesehen wird. Rechtsanwälten,<br />

Der Asylgerichtshof – die II. Instanz Bis zum Jahr 1997 war eine Abteilung des BM. I die II. Instanz für Asylverfahren. Mit dem AsylG 1997 wurde eine eigene II. Instanz, der Unabhängige Bundesasylsenat (UBAS), mit 3.1.4.2<br />

in Wien als Berufungsbehörde installiert, welcher am 1. Jänner 1998 seine Arbeit aufnahm. Der UBAS entschied ebenfalls mit Bescheid. Diese waren vom Asylwerber in einem außerordentlichen Rechtsmittel beim Verwaltungsgerichtshof anfechtbar. Der Sitz<br />

war somit letzte Instanz in Asylverfahren, was mit Sicherheit auch zu einer noch längeren Dauer der Verfahren beigetragen hat. Verwaltungsgerichtshof<br />

1. Juli 2008 wurde der UBAS als Rechtsmittelinstanz im Asylverfahren vom neu geschaffenen AsylGH abgelöst. Alle im Berufungsverfahren anhängigen Verfahren wurden vom AsylGH übernommen. Der AsylGH ist – im Gegensatz zum UBAS – allerdings nicht Am<br />

sondern letztinstanzliches Gericht für alle Beschwerden gegen Bescheide des BAA. Die Anrufung des Verwaltungsgerichtshofes für den Asylwerber wurde abgeschafft. Hintergrund war, eine Beschleunigung des Verfahrens zu erwirken. Berufungsbehörde,<br />

AsylGH hat seinen Hauptsitz in Wien und eine Außenstelle in Linz. Er hat insgesamt 270 Der<br />

davon einen Präsidenten, einen Vizepräsidenten und 77 Richter. Aufgabe des AsylGH ist es, das verwaltungsbehördliche Handeln des BAA auf den rechtmäßigen und ordnungsgemäßen Vollzug in Bezug auf die einschlägigen Bestimmungen zu überprüfen Mitarbeiter,<br />

Willkommen beim Asylgerichtshof, 2012). Im Beschwerdeverfahren wird in einem Zweier-Senat auf Basis des Vier-Augen-Prinzips (vgl.<br />

d. h. zwei Richter prüfen den Sachverhalt und müssen die Glaubwürdigkeit beurteilen, die Entscheidung der beiden Richter fällt dann einstimmig entschieden,<br />

(Einstimmigkeitserfordernis). Kommt keine Einigung zustande, gibt es einen „verstärkten Senat“ (Kammersenat, auch Fünfer-Senat), wo dann fünf Richter mehrheitlich über die Beschwerde entscheiden. Ordentliche Rechtsmittel gegen die Entscheidungen des AsylGH gibt es nicht, es ist lediglich die Beschwerde beim Verfassungsgerichtshof noch möglich, wenn die Verletzung eines verfassungsgesetzlich gewährleisteten Rechts behauptet wird. Allerdings hat der Gesetzgeber die Möglichkeit einer sog. „Grundsatzentscheidung“<br />

30


denn es können sich in Verfahren Fragen von grundsätzlicher Bedeutung ergeben. Daher kann ausschließlich der AsylGH selbst oder der Bundesminister für Inneres selbst eine solche Grundsatzentscheidung durch den Verwaltungsgerichtshof anstoßen. Man vorgesehen,<br />

somit allgemeine und grundsätzliche Rechtsfragen bzw. Fragen zu einer Vielzahl von Verfahren rascher und verbindlich für alle Richter klären und einer abweichenden Spruchpraxis vorbeugen. Diese Grundsatzentscheidungen sollen zu einer höheren möchte<br />

und Effizienz im Verfahren vor dem AsylGH beitragen (vgl. Allgemeines zum Asylgerichtshof, 2012). Rechtssicherheit<br />

auch im BAA ist das Qualitätsmanagement beim AsylGH ein wichtiger Bestandteil der täglichen Arbeit geworden. Der AsylGH hat im Oktober 2009 als erster und einziger Gerichtshof Österreichs nach knapp über einem Jahr Arbeit das internationale Wie<br />

ISO 9901 erhalten. Im Zuge der Umstrukturierung von UBAS zu AsylGH war man gefordert, Prozesse und Arbeitsabläufe zu optimieren und zu vereinheitlichen. 20 Mitarbeiter wurden innerhalb eines Jahres zu Qualitätsmanagern Qualitätsmanagementzertifikat<br />

Gerade weil Asylverfahren zu politisch und menschenrechtlich sensiblen Bereichen zählen, spielt das Thema Qualität eine besondere Rolle. Ziel ist es, durch ausgebildet.<br />

Qualitätssicherung und ständige Weiterentwicklung faire, nachvollziehbare und effiziente Asylverfahren zu gewährleisten. Doppelgleisigkeiten, Kommunikationsverluste und Fehleranfälligkeiten wurden beseitigt und so ist man für die täglich neu anfallenden Akten beständige<br />

um diese effizient, zeitnah und reibungslos ohne Qualitätsverlust zu erledigen (vgl. Strobel, 2009). Man sieht, dass sich auch die II. Instanz im Asylverfahren in den letzten Jahren sehr gerüstet,<br />

hat. Von einer weisungsgebunden kleinen Abteilung im BM.I wurde ein eigener verändert<br />

dessen Richter unabhängig und weisungsfrei entscheiden können. Gerichtshof,<br />

Die Einvernahme im Asylverfahren 3.2.1 Abgrenzung Erstbefragung – Einvernahme 3.2<br />

bereits in Kapitel 3.1.3 zum Ablauf des Asylverfahrens erwähnt, gibt es zweierlei Arten Wie<br />

von Interviews im Asylverfahren: beinahe zeitgleich mit der Antragstellung eine Befragung (Erstbefragung) durch Organe des öffentlichen Sicherheitsdienstes (uniformierte Exekutivbedienstete) in Polizeidienststellen und die Einvernahmen im BAA selbst durch Organwalter (Mitarbeiter) des BAA.<br />

31


Erstbefragung dient hauptsächlich zur Identitätsfeststellung und Erkundung des Reiseweges bis nach Österreich, um so einen allfälligen „Dublin-Sachverhalt“1 schnell zu erkennen. Die eigentlichen Fluchtgründe werden hier nur am Rande erwähnt, der Asylwerber Die<br />

nur grob in einigen Sätzen darlegen, warum er seinen Herkunftsstaat verlassen hat. Die Fluchtgründe sollten umfassend erst in einer Einvernahme vor dem BAA gefragt und dargelegt werden. In der Regierungsvorlage zum Fremdenrechtsänderungspakt 2005 zu § soll<br />

AsylG, wo Befragungen und Einvernahmen geregelt sind, wird ausdrücklich erwähnt, dass in der Erstbefragung nicht näher auf die Fluchtgründe einzugehen ist. Denn der 19<br />

kann vor einem uniformierten Staatsorgan Schwierigkeiten haben, sich zu äußern, da der Asylwerber möglicherweise gerade vor kurzem aus seinem Herkunftsstaat vor diesen uniformierten Staatsorganen geflüchtet ist (vgl. Bruckner, Hudsky, Marth, Asylwerber<br />

Vogl, 2010, S. 138). Diese „Aussage“ ist meines Erachtens nicht gerade unproblematisch in der Praxis und in sich widersprüchlich. Man gesteht einem Schutzsuchenden in Österreich zwar zu, dass er ein „Problem“ mit der Befragung durch Taucher,<br />

uniformierten Polizisten aufgrund seiner Erlebnisse in der Heimat haben kann und sich nicht frei zu sprechen traut, jedoch geht der Gesetzgeber im Jahr 2005 davon aus, dass dies einen<br />

für die Fluchtgründe aber nicht für den Fluchtweg und allgemeinen Angaben zu seiner Person gilt. Ein Misstrauen gegenüber einen Uniformierten besteht in der Regel entweder zur Gänze oder gar nicht, eine Differenzierung erscheint hier meiner Meinung nach aus den nur<br />

Gründen nicht angebracht. § 19 AsylG wurde durch das Fremdenrechtsänderungspaket 2009 insoweit abgeändert, dass die o. a. Regelung zwar grundsätzlich Gültigkeit hat für Erstverfahren, jedoch nicht für einen angeführten<br />

Wenn der Asylwerber also schon einmal ein Asylverfahren in Österreich Folgeantrag.<br />

hat, darf (und muss) er auch in der Erstbefragung schon detailliert zu den Fluchtgründen befragt werden. Die „Problematik“ der Befragung durch Exekutivbeamte wird meines Erachtens durch diese Neuregelung im Fremdenrechtsänderungspaket 2009 noch durchlaufen<br />

Bei Folgeanträgen muss in der Erstbefragung durch Exekutivbedienstete bereits detailliert auf die Fluchtgründe eingegangen werden, weil dies meist die einzige Aussage des Asylwerbers ist, die für das laufende Verfahren zur Verfügung steht, da die Abschiebung / verschärft.<br />

des Asylwerbers kurz bevor steht. Die Einschränkung der Erstbefragung hinsichtlich der Fluchtgründe, welche bei Erstverfahren mit der Begründung der „Angst des Überstellung<br />

Nicht-frei-Sprechens“ vor uniformierten Personen gilt, ist laut der Regierungsvorlage zu § 19 AsylG zum Fremdenrechtsänderungspaket 2009 für Folgeantragsteller nicht zutreffend, da der Antragsteller oftmals schon Jahre in Österreich aufhältig ist und ein bereits 1 Mit „Dublin-Sachverhalt“ meint man das Erkennen der Zuständigkeit eines Mitgliedstaates der Dublin II Verordnung zur Prüfung des Asylantrages. Diese Abklärung erfolgt bereits zu Beginn des Asylverfahrens mit dem wesentlichen Aspekt ob Österreich zuständig ist oder nicht.<br />

32


Asylverfahren hat (vgl. Bruckner, Hudsky, Marth, Taucher, Vogl, 2010, S. 140). Die Praxis zeigt, dass nicht nur bei Folgeanträgen – wo es ausdrücklich gesetzlich erlaubt ist abgeschlossenes<br />

näher auf die Fluchtgründe in der Erstbefragung eingegangen wird. Seit Einführung der Erstbefragung im Asylverfahren im Jahr 2006 wurde eine Qualitätssteigerung immer wieder gefordert und diese durch Neuadaptierung der Formulare und entsprechende Schulungen im –<br />

auch erreicht. Mit internem Erlass des BAA vom Mai 2012 wurden die Erstbefragungsformulare zuletzt adaptiert, die „leere“ Vorlage mit den unbedingt Exekutivdienst<br />

Fragen ist bereits fünf Seiten lang und bei genauerer Betrachtung fällt auf, dass manche vorgegebenen Fragen unter der Rubrik „Reiseroute“, „Wohnsitz im Heimatland“ eher Fragen sind, die sich erst im Zusammenhang mit den Fluchtgründen erforderlichen<br />

bzw. gefragt werden würden (vgl. Bundesasylamt, Einsatz neuer Erstbefragungsformulare, 2012). Für ein rasches Verfahren ist es natürlich von Vorteil, so früh als möglich sämtliche ergeben<br />

zu haben. Gerade weil die Erstbefragung uniformierte Exekutivbeamte durchführen, die zwar im Umgang mit Fremden in den letzten Jahren geschult und Informationen<br />

wurden und werden, ist eine detaillierte Befragung zu sämtlichen Punkten auch Jahre später nach der Flucht nicht ganz unproblematisch. Vor allem auch deshalb, weil ein Exekutivbeamter niemals so genau und detailliert in der komplexen Materie des Asylwesen sensibilisiert<br />

sein kann. Das Asylwesen ist ja nur ein ganz kleiner Teil seiner täglichen Arbeit, und wenn man beispielsweise lediglich einmal pro Jahr als Exekutivbeamter einen Asylantrag behandeln und eine Erstbefragung durchführen muss, wird die Qualität aus geschult<br />

Gründen nicht immer die Beste sein. nachvollziehbaren<br />

Gesetzliche Vorgaben zur Einvernahme Im AVG gibt es einige Regelungen zu Niederschriften im Verwaltungsverfahren. Nach § 14 AVG sind mündliche Anbringen von Beteiligten demnach schriftlich festzuhalten und zwar so, 3.2.2<br />

Verlauf und Inhalt richtig und verständlich wiedergegeben werden. Zudem sind Ort, Zeit, Gegenstand der Amtshandlung, Bezeichnung der Behörde, Namen des Leiters der Amtshandlung der sonst mitwirkenden amtlichen Organe und die anwesenden Beteiligten dass<br />

Vertreter festzuhalten. Die Niederschrift ist dem Vernommenen vorzulesen oder und<br />

vorzulegen. Es darf nichts Erhebliches gelöscht, zugesetzt oder verändert werden, durchgestrichene Stellen sollen noch lesbar sein. Zusätze und Einwendungen sind als Nachtrag aufzunehmen und gesondert zu unterfertigen. Die Niederschrift ist vom Leiter der Amtshandlung und den beiwohnenden Personen zu unterschreiben. Auf Verlangen ist den beigezogenen Personen eine Ausfertigung der Niederschrift auszufolgen (vgl. Hengstschläger, 2009, S. 112, 113).<br />

33


im AVG festgeschriebenen Formalitäten gelten auch für die Einvernahme im Asylverfahren. Das AsylG selbst regelt im 4. Hauptstück das Verfahrensrecht für das Asylverfahren, welches eben auch die Durchführung von Einvernahmen beinhaltet. Die Diese<br />

selbst wird im AsylG nur sehr „oberflächlich“ in § 19 („Befragungen und Einvernahmen“), § 20 („Einvernahmen von Opfern bei Eingriffen in die sexuelle Selbstbestimmung“) und § 29 („ Verfahren in der Erstaufnahmestelle“) erwähnt. Einvernahme<br />

diesen drei Paragraphen sind folgende wesentliche Punkte für die Einvernahme In<br />

Zunächst erfolgt die in Kapitel 3.2.1 bereits beschriebene Abgrenzung zwischen Erstbefragung und Einvernahme. Weiters ist jeder Asylwerber unverzüglich vom BAA zumindest einmal im Zulassungsverfahren und einmal nach Zulassung (wenn nicht festgeschrieben:<br />

vorher über den Antrag entschieden wird) einzuvernehmen. Dies gilt nur, wenn der Asylwerber zu einer Aussage zur Feststellung des maßgeblichen Sachverhaltes auch fähig ist. Einvernahmen können in bestimmten Konstellationen von Folgeanträgen unterblieben, schon<br />

die Einvernahme im Zulassungsverfahren, wenn das Verfahren ohnehin zugelassen wird. Der Asylwerber sollte auch von jenem Organwalter selbst einvernommen werden, der ebenso<br />

Anschluss die Entscheidung über sein Asylverfahren trifft. Eine Einvernahme kann auch als Tonaufzeichnung dokumentiert werden. Ein Asylwerber ist vor jeder Einvernahme auf die Folgen einer unwahren Aussage hinzuweisen. Im Zulassungsverfahren kommt den Angaben im<br />

Asylwerbers zudem verstärkte Glaubwürdigkeit zu. Bei der Einvernahme im BAA (und auch vor dem AsylGH) kann der Asylwerber mit einer Vertrauensperson und einem Vertreter erscheinen, dies ist auch möglich, wenn ein Rechtsberater gemäß § 64 AsylG anwesend ist. des<br />

ein Asylwerber Eingriffe in seine sexuelle Selbstbestimmung, so ist er von einem Organwalter desselben Geschlechts einzuvernehmen. Davon ist der Asylwerber Behauptet<br />

in Kenntnis zu setzen. Im Zulassungsverfahren in der Erstaufnahmestelle findet bei zurück- und abweisenden Entscheidungen immer eine Einvernahme zur Wahrung des Parteiengehörs nach Durchführung einer Rechtsberatung in Anwesenheit eines nachweislich<br />

statt (vgl. Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), 2005, §§ 19, 20, 29, 64). Rechtsberaters<br />

ein Asylwerber vom Organwalter persönlich einvernommen wird, der im Anschluss auch eine Entscheidung im Verfahren trifft, soll dem Gedanken der Unmittelbarkeit näher Dass<br />

kommen, damit sich der Entscheider selbst ein Bild machen kann. In einer Außenstelle des BAA ist im inhaltlichen Verfahren jedenfalls eine Einvernahme durchzuführen, außer der Asylwerber ist aufgrund einer schweren psychischen Erkrankung oder aufgrund seines Alters gar nicht in der Lage einen Beitrag zu Feststellung des maßgeblichen Sachverhalts zu machen. Dass Angaben im Zulassungsverfahren (also sowohl in der Erstbefragung als auch in der Einvernahme im Zulassungsverfahren) verstärkte Glaubwürdigkeit zukommt, wurde im<br />

34


2005 in das AsylG aufgenommen. Durch die Einführung der Erstbefragung (zeitgleich mit der Antragstellung) und dem „Passus der verstärkten Glaubwürdigkeit im Zulassungsverfahren wollte man den Erfahrungen der Praxis Rechnung tragen, dass Jahr<br />

zu Beginn eines Verfahrens noch eher die Wahrheit sagen, als Tage bzw. Wochen oder Monate später“ (Bruckner, Hudsky, Marth, Taucher, Vogl, 2010, S. 139). Dann sind sie aufgrund des Erfahrungsaustausches mit anderen Asylwerbern beeinflusst und Asylwerber<br />

so die Behörde über wesentliche Punkte im Unklaren oder machen bewusst Falschangaben. lassen<br />

meinen eigenen Erfahrungen als Einvernehmende wird hier jedoch teilweise verkannt, dass die meisten Asylwerber durch (kriminelle) Organisationen (zumeist sog. „Schlepperbanden“) nach Österreich kommen. Von diesen werden sie noch auf der Reise Aus<br />

das Verfahren „vorbereitet“ und es wird ihnen gesagt, was man am besten vor der Behörde sagt bzw. was man auf keinem Fall sagen soll. Den schriftlichen Informationsblätter für Asylwerber zu Beginn des Verfahrens in einer verständlichen Sprache, wo auf die auf<br />

Aussage eindeutig hingewiesen wird, kommt aber niemals die gleiche Bedeutung zu, wie das (in der Muttersprache) Gesprochene des Schleppers während der wahrheitsgemäße<br />

Dadurch wird aber der Passus der verstärkten Glaubwürdigkeit im Zulassungsverfahren zum größten Teil ad absurdum geführt, da Asylwerber erfahrungsgemäß dem Schlepper vertrauen und sich – vor allem zu Beginn des Verfahrens – Reise.<br />

von dessen Tipps leiten lassen. Im Lauf des Verfahrens „erkennen“ Asylwerber dann aber oftmals, dass die Anleitungen des Schleppers nicht zu dem gewünschten Erfolg geführt haben – im Gegenteil: es wird vieles von der Behörde dann als unglaubwürdig ausgelegt, noch<br />

die ersten Angaben im Asylverfahren aufgrund der Einflussnahme durch den Schlepper noch anders lauteten. Der Passus der verstärkten Glaubwürdigkeit ist ein nicht weil<br />

Faktor für den Verlauf und den Ausgang des Verfahrens – vor allem auch in Zusammenhang mit Kultur, was später noch näher aufgezeigt wird. unwesentlicher<br />

Interne behördliche Vorgaben und Arbeitsanleitungen zur Einvernahme Wie aus dem letzten Kapitel ersichtlich, ist wenig Konkretes aus dem AsylG selbst (und dem AVG) zur Gestaltung und Ablauf der Einvernahme in der Praxis zu entnehmen. 3.2.3<br />

Beim Wort „Einvernahme“ wird man sofort an die in der Öffentlichkeit eher bekannten Vernehmungen aus dem polizeilichen und gerichtlichen Bereich denken. Bei diesen Vernehmungen ist es zuvor zu einer Straftat gekommen und sowohl Polizei als auch Gericht wollen in Vernehmungen die „Wahrheit“, „den wahren Sachverhalt“ von Opfer, Beschuldigten und Straftätern herausfinden.<br />

35


Unterschied dazu geht es im Asylverfahren – und so auch in der Einvernahme, welche meistens die hauptsächliche Entscheidungsgrundlage ist – aber nicht um Wahrheit oder Lüge. Es handelt sich beim einzuvernehmenden Asylwerber nicht per se um einen Straftäter. Im<br />

das AsylG in § 3 Abs. 1 selbst normiert, muss der Asylwerber der Behörde ausschließlich glaubhaft darlegen, dass ihm im Herkunftsstaat Verfolgung droht. Diese Unterscheidung ist für die Praxis bedeutend und kann den Verlauf des Verfahrens und Wie<br />

Einvernahme erheblich beeinflussen. Natürlich ist der Asylwerber verpflichtet, die der<br />

in sämtlichen Belangen zu sagen, aber man kann nicht davon ausgehen, dass eine Unwahrheit in Bezug auf den Reiseweg auch gleichzeitig zu einer Lüge im Fluchtgrund wird und umgekehrt. Die Abgrenzung kann mitunter schwierig sein, jedoch ist eine Wahrheit<br />

der Akteure (allen voran der Referenten) hierbei besonders gefordert (vgl. Schuler, 2004, S. 10). Vernehmungen im polizeilichen Dienst und Einvernahmen in einem Verwaltungsverfahren Sensibilisierung<br />

dem Asylverfahren fallen eigentlich unter die häufigsten dienstlichen Aufgaben. Umso wie<br />

ist es, dass es im deutschsprachigen Raum – im Gegensatz zum amerikanischen Raum – bis vor wenigen Jahren hierzu wenig bis gar keine Literatur, keine Aus- und Fortbildungskonzepte und keine praxisorientierten Handlungskonzepte gab (vgl. erstaunlicher<br />

2006, S. 1, 31). Bei seiner Gründung im Jahr 1992 war das BAA eine Verwaltungsbehörde, welche von ehemaligen Mitarbeitern aus dem Exekutivdienst und teilweise Verwaltungsdienst Habschick,<br />

wurde. Auch heute kommt ein Großteil der Bediensteten, vor allem Referenten, „aufgebaut“<br />

dem Exekutivbereich. Dass eine Umstellung von „Polizeiarbeit“ – so wie man es auch in der Polizeischule als „richtig“ gelernt und jahrelang in der Praxis umgesetzt hat – auf „Verwaltungsdienst“ im BAA, wo es plötzlich auf andere wesentliche Faktoren ankommt und aus<br />

Einvernahme im Asylverfahren keine Vernehmung im polizeilichen Sinn ist, mitunter schwierig ist, ist vor diesem Hintergrundwissen daher nachvollziehbar. Diese Tatsache trägt mit Sicherheit oft zu den „Unstimmigkeiten“ zwischen NGO´s und Behörden bei. eine<br />

„Erlernen“, wie man richtig einvernimmt, erfolgte in den Anfängen des BAA im Das<br />

Selbststudium, mithilfe von „alteingesessenen und erfahrenen“ Kollegen und dem „learning<br />

by doing“. Mit der Zeit bekommt man Routine, Erfahrung und dann läuft die Einvernahme (irgendwie) von selbst (vgl. Westreicher, 2012, S. 40). Gerade für das Asylverfahren ist (bzw. war) diese Form der Einschulung nicht unbedingt die beste Voraussetzung. Gottseidank gab es mit Einführung des Qualitätsmanagements im BAA auch in diesem Bereich beachtliche Verbesserungen. Erst ab 1998 gab es eigene interne Schulungen des BAA, welche ab dem Jahr 2006 kontinuierlich verbessert wurden. So gab es ab diesem Zeitpunkt im BAA u. a.<br />

36


Einvernahmeschulungen und Workshops, welche in den Jahren weiterentwickelt wurden und es war und ist Pflicht für jeden einvernehmenden Referenten diese zu besuchen (vgl. Hirner, 2012, S. 44). intensive<br />

dem Jahr 2008 wurden auch interne schriftliche Dokumentation zur Einvernahme allgemein, Ablauf, Ziel, Zweck, praktische Durchführung und psychologische Aspekte der Einvernahme verfasst und den Mitarbeitern zur Verfügung gestellt. Vor allem für neue Ab<br />

sind diese Dokumente sehr hilfreich und erleichtern den Einstieg in den Mitarbeiter<br />

als einvernehmender Referent im BAA. Diese internen Dokumente – von leitenden Mitarbeitern des BAA selbst verfasst – sind Anleitungen für die Praxis, damit eine gewisse Einheitlichkeit und Qualität gewahrt ist, sie bieten Hintergrundinformationen und Arbeitsalltag<br />

auf, wie die Einvernahme im Großen und Ganzen zu laufen hat, was wichtig und relevant für das Verfahren ist, und was gerade nicht geschehen oder passieren sollte. Nicht nur für neue, sondern gerade auch für „alteingesessene“ Mitarbeiter sind diese Dokumente zeigen<br />

Meinung nach eine verpflichtende und sehr zu empfehlende Lektüre, da man mit der Zeit – wie in jedem anderen Beruf auch – einen gewissen „Tunnelblick“ entwickelt und einem meiner<br />

(was nicht so gut läuft) gar nicht mehr auffällt. Für die Einvernahme im Asylverfahren gibt es folgende vier BAA-interne Dokumente: manches<br />

Verbindliche Arbeitsanleitung Ermittlungsverfahren Allgemein (2011) 2) Verbindliche Arbeitsanleitung Einvernahme – allgemeine rechtliche Grundlagen (2008) 1)<br />

Qualitätskriterien Einvernahme (2008) 4) Leitfaden Einvernahme – Grundlagen für die praktische Durchführung einer 3)<br />

(2008) In diesen Arbeitsbehelfen findet man auch „Mustereinvernahmen“ für die verschiedensten Arten des Einvernahmegesprächs im BAA und grundsätzlich ist nach diesem Muster Einvernahme<br />

vorzugehen.<br />

37


Ablauf der Einvernahme Nach den vier oben genannten Dokumenten sollte eine Einvernahme im Asylverfahren im BAA folgendermaßen ablaufen. 3.2.4<br />

Einvernahme wird in verschiedene Phasen gegliedert: 1) Vorbereitung 2) Aufwärm- oder Gesprächsphase Die<br />

Fragephase 3)<br />

Konfrontationsphase 5) Abschlussphase 6) Nachbereitung 4)<br />

Vorbereitung der Einvernahme ist ein umfassendes Aktenstudium notwendig, um sich individuell auf den Fall einzustellen. Ebenfalls ist die Informationseinholung über die Situation im jeweiligen Land (via Staatendokumentation) wichtig und man soll sich ausreichend Zeit für Zur<br />

Einvernahme nehmen. Auch der Einvernahmeraum sollte so gestaltet sein, dass die die<br />

vertraulich ist (Bilder, Blumen, keine vergitterten Fenster oder versperrte Türen) und die Einvernahme nicht durch Dritte (z. B. Telefonanrufe) gestört wird. Aus Sicherheitsgründen sind bestimmte Gegenstände, die als Waffe benutzt werden können, zu Atmosphäre<br />

Der Referent sollte in Nähe zur Tür sitzen und jeder Einvernahmeraum sollte mit einem Alarmtaster ausgestattet sein. Am besten soll das Protokoll der Einvernahme durch eine verfahrensunterstützende Mitarbeiterin als Schriftführerin verfasst (getippt) werden, entfernen.<br />

so kann sich der Referent verstärkt dem Asylwerber (seine Körpersprache, etc.) widmen und Auffälligkeiten notieren. Mit dem Dolmetsch sollte vor der Einvernahme ein denn<br />

geführt werden, um ihn über die Regeln und den Gang des Verfahrens zu informieren. Der Referent soll sich bewusst machen, dass die Einvernahme objektiv, sachlich und fair abläuft und diese eine Anhörung und kein Verhör ist. Gespräch<br />

wichtig ist die „richtige“ Sitzordnung. Asylwerber, Referent und Dolmetscher sollen ein Dreieck bilden, damit zwischen dem Asylwerber und Referenten direkter Blickkontakt herrscht, wie die nächste Abbildung zeigen soll (vgl. Krainz, Pretterebner, 2008, Besonders<br />

10ff).<br />

S.<br />

38


Asylwerber RA RB VP<br />

Dolmetscher<br />

SF Referent<br />

3: Dreieckssitzordnung in der Einvernahme Abbildung<br />

= Rechtsanwalt, RB = Rechtsberater, VP = Vertrauensperson, SF = Schriftführerin; diese vier Personen sind weitere mögliche Teilnehmende / Anwesende in der Einvernahme) Die Aufwärmphase startet mit einer passenden Begrüßung, am besten holt sich der Referent (RA<br />

Asylwerber selbst vom Warteraum ab, um Wertschätzung zu zeigen. Ein korrekter Umgangston ist selbstverständlich (kein Schreien oder Unhöflichkeiten) und es muss Vertrauen geschaffen werden (z. B. Vertrauenspersonen zulassen, Blickkontakt, Asylwerber den<br />

und mit „Sie“ ansprechen und nicht via Dolmetsch). Die beteiligten Personen sollen direkt<br />

werden, die Verständigung zwischen Asylwerber und Dolmetscher muss überprüft werden und die Verfassung des Asylwerbers ist zu beachten. Der Referent soll sich ausreichend Zeit für ein „warming up“ nehmen. Dies soll den Asylwerber auflockern, ihm vorgestellt<br />

vor „Unbekanntem“ nehmen und der Referent kann sich auf den Asylwerber einstellen und seine Verhaltensweisen und Körpersprache beobachten. Für den weiteren Verlauf ist dies von Bedeutung. Ganz wichtig ist die ausreichende und umfassende Belehrung der Angst<br />

zu Beginn der Einvernahme: die Vertraulichkeit und Verschwiegenheitspflicht, Rechte und Pflichte der Anwesenden, Ablauf und Zweck der Einvernahme (vgl. Krainz, Asylwerber<br />

2008, S. 21). In der Fragephase sollen alle möglichen Fakten und Ereignisse eruiert werden, welche für die Entscheidung im Asylverfahren wichtig sind. Zu Beginn soll überprüft werden, ob das Pretterebner,<br />

in Einvernahmen Gesagte der Wahrheit entspricht und ob es Korrekturen gibt. Es bisher<br />

folgen je nach Art des Verfahrens Fragen zu den Dokumenten, Reiseweg, Familienangehörigen, Arbeitsplatz, Wohnbedingungen, Leben im Heimatland / zuständigen Mitgliedstaat und schlussendlich den Fluchtgrund. Je nach Situation und Sachverhalt ist zwischen offenen und geschlossenen Fragen abzuwechseln. Vor allem zu Beginn sind offene Fragen wichtig. Generell sind kurze, leicht verständliche Fragen zu stellen. Suggestive Fragen sollten möglichst vermieden werden, weil sie für ein respektvolles Klima<br />

39


Vertrauen nicht geeignet sind und den Asylwerber beeinflussen und seine Aussage verfälschen können. Es sollten Ergänzungs- und Verständigungsfragen gestellt werden, um Widersprüche aufzuklären. Vorhalte sind möglich als Mittel zur Klärung ungereimter und<br />

Der Asylwerber soll dabei aber nicht unter Druck gesetzt werden. Der Referent muss immer bedenken, dass das BAA keine Polizeibehörde ist. Der Asylwerber muss nichts beweisen sondern nur glaubhaft machen. Zudem soll der Referent in allen Phasen der Aussagen.<br />

immer den unterschiedlichen kulturellen Hintergrund bedenken (vgl. Krainz, Pretterebner, 2008, S. 23, 29). Einvernahme<br />

Konfrontationsphase ist nur dann notwendig, wenn es klare Widersprüche gibt, die auch nach der Fragephase noch bestehen. Vorhalte und direktes Ansprechen auf Widersprüche finden statt. Eine vertrauensvolle Atmosphäre ist in dieser Phase dann nicht mehr gegeben. Die<br />

sollte man diese Phase wirklich erst einleiten, wenn kein Zweifel mehr besteht, dass der Asylwerber die Unwahrheit sagt. Aber auch in dieser Phase darf es kein vorverurteilendes Verhalten durch den Referenten geben. Daher<br />

der Abschlussphase geht es vor allem darum, dass der Referent überprüft, ob alles In<br />

Eingang in die Einvernahme fand. Eine vollständige Rückübersetzung und Belehrung über den weiteren Verlauf des Verfahrens (z. B. wann die Entscheidung zeitlich ergehen wird) hat zu erfolgen. Emotionen des Asylwerbers sollten als Anmerkungen im Wesentliche<br />

vermerkt werden. Bei anwesenden Rechtberatern und Rechtsanwälten ist auch diesen die Möglichkeit einer Fragestellung zu geben. Im Anschluss kann der Asylwerber das Protokoll korrigieren oder noch etwas ergänzen. Zuletzt ist das Protokoll von allen Beteiligten Protokoll<br />

unterzeichnen und dem Asylwerber eine Kopie auszufolgen. zu<br />

der Einvernahme soll in der Nachbereitung zum einen eine Selbstreflexion und ein Erfahrungsaustausch mit anderen Referenten erfolgen. In Form von wiederkehrenden Besprechungen unter Referenten in den Organisationseinheiten sollen einzelne Fälle Nach<br />

werden (vgl. Krainz, Pretterebner, 2008, S. 31ff). Wie soeben beschrieben, sollte jede Einvernahme im BAA nach diesen Vorgaben und Kriterien ablaufen und jeder einvernehmende Referent sollte den verbindlichen aufgearbeitet<br />

in der Einvernahme gerecht werden. Dass Theorie und Praxis mitunter Arbeitsanleitungen<br />

auseinanderfallen, gilt auch für die Einvernahme im Asylverfahren. Zudem muss bedacht werden, dass der Ablauf dieser „Mustereinvernahme“ doch sehr zeitaufwändig ist, was meiner Einschätzung nach zwar sowohl für Referent als auch Asylwerber (und die anderen Beteiligten) begrüßenswert ist, jedoch haben – vor allem in letzter Zeit – andere interne Vorgaben, wie z. B. raschere Verfahren, höhere Priorität. Die Asylbehörden müssen insofern noch mehr Flexibilität beweisen, als sie von einem „unbeeinflussbaren äußeren Hauptfaktor“<br />

40


nämlich der Anzahl der neuen Asylanträge – abhängig sind. Der Wechsel zwischen hohen und niedrigen Antragszahlen findet oft wöchentlich statt, denn diese Migrationsströme sind nicht wirklich steuerbar. In Zeiten hoher und steigender Anträge – wie dies seit Sommer –<br />

in Österreich der Fall ist – ist das im BAA eingeführte kennzahlenorientierte System insofern „problematisch“, da bei Einhaltung der Vorgaben natürlich pro Fall für Einvernahme, Ermittlungen und Entscheidungen weniger Zeit zur Verfügung steht. 2011<br />

muss auch hier gesagt werden, dass in den letzten Jahren aufgrund der in Kapitel Demnach<br />

beschriebenen Maßnahmen das Einvernahmegespräch insgesamt stark verbessert wurde. Dies wird auch von externen Beobachtern so beschrieben. So hat UNHCR beispielsweise im Oktober 2009 im BAA – Außenstelle Salzburg ein Einvernahme-Monitoring 3.2.3<br />

Die Ergebnisse waren durchaus positiv, wie aus dem Bericht zu entnehmen ist, u. a. wurde die Atmosphäre in der Einvernahme und der direkte Kontakt zwischen Referent und Asylwerber hervorgehoben und als äußerst gut beschrieben. Lediglich bei der durchgeführt.<br />

offenen Fragen zum Fluchtgrund, Pausen während längerer Einvernahmen und der Belehrungen über Ablauf und weiteren Verlauf des Verfahrens gab es kleinere Aufwärmphase,<br />

zu beobachten und diesbezüglich wurden Lösungsvorschläge an die Leitung der Außenstelle Salzburg kommuniziert (vgl. UNHCR, 2009, S. 2). Mängel<br />

Akteure der Einvernahme 3.2.5.1 Referent 3.2.5<br />

sind Mitarbeiter des BAA – entweder Beamte oder Vertragsbedienstete und Referenten<br />

die Hauptanzahl der Asylverfahren und Einvernahmen im BAA. Es ist aber seit den letzten Jahren auch durchaus üblich, dass die meisten stellvertretenden Leiter, Qualitätssicherer oder sonstiges juristisches Personal – also allesamt juristische Akademiker führen<br />

Verfahren und Einvernahmen führen. Grundvoraussetzung für einen Referenten-Posten im BAA ist die Reifeprüfung. In den Ausschreibungen für diesen Posten sind folgende zusätzliche Anforderungen angeführt: –<br />

an organisatorischen Fähigkeiten und Einsatzbereitschaft Maß<br />

• Hohes<br />

• Kenntnisse<br />

• Durchführung<br />

• Beurteilung<br />

der notwendigen Gesetze zur Durchführung eines Asylverfahrens und behördeninterne Abläufe von Asylverfahren von komplexen Sachverhalten und deren Subsumierung unter gesetzliche Bestimmungen<br />

41


• Routinemäßige<br />

• Durchführung<br />

der BM.I-internen Abfrage- und Informationsprogramme von Asylverfahren und AVG- Verfahren Beherrschung<br />

Bundesasylamt, Interessenten/innensuche Bundesasylamt Referent/in, 2012) Der Referent hat bei der Einvernahme als Leiter der Amtshandlung die „entscheidende Funktion“ inne. Er legt den Ablauf und die Regeln der Einvernahme fest und gibt die (vgl.<br />

Fragen vor, erteilt oder entzieht das Rederecht, entscheidet was als Inhalt der einzelnen<br />

zulässig und plausibel ist. „Die Rolle des Referenten ist vergleichbar mit einem Ressigeur in einem Rollenspiel. Der Referent hat wesentlichen Einfluss, wie sich die Einvernahme entwickelt und welches Gesprächsklima in der Einvernahme herrscht. Einvernahme<br />

haben als Menschen natürlich persönliche Erfahrungen und Wertevorstellungen, welche sich in der Art ihrer Einvernahme- und Fragetechnik widerspiegeln“ (Pöllabauer, 2005, S. 75). Referenten<br />

schreibt der Referent selbst während der Einvernahme die Niederschrift Normalerweise<br />

am PC mit. Im BAA stehen nur in äußerst seltenen Fällen eigene verfahrensunterstützende Mitarbeiter als Schriftführer während der Einvernahme zur Verfügung, ebenfalls sind Tonbandaufzeichnungen während der Einvernahme im BAA elektronisch<br />

3.2.5.2 Asylwerber Der Asylwerber hat die zentrale Rolle im Asylverfahren und so auch in der Einvernahme. Für unüblich.<br />

ist der Ausgang des Verfahrens eine wesentliche Entscheidung in seinem Leben. Er ihn<br />

hat aber eigentlich wenig Einflussmöglichkeit auf den Ablauf der Einvernahme. Der Asylwerber muss das Erlebte nach den Vorgaben des Referenten schildern – es erfolgt eine klare Trennung zwischen Fluchtweg und Fluchtgrund und er soll nur das „Relevante und selbst<br />

erzählen. Die strukturierte Gestaltung des Einvernahmegesprächs ist für viele Asylwerber nicht wirklich nachvollziehbar und bereitet Probleme, vor allem wenn vorher keine ausreichende Erklärung darüber stattgefunden hat. Zu bedenken ist außerdem, dass Wichtigste“<br />

sich bei Asylwerbern meistens um sehr schlecht gebildete Personen handelt. „Viele Dinge, die für Bedienstete einer österreichischen Behörde selbstverständlich sind, sind für es<br />

Asylwerber völlig unbekannt. Dementsprechend groß kann die Verwirrung auf beiden Seiten<br />

sein“ (Pöllabauer, S. 74). Für die Einvernahme ist die Mitwirkung und grundsätzliche Bereitschaft zur Aussage des Asylwerbers unbedingte Voraussetzung. Ebenfalls soll versucht werden, den Sachverhalt so „wahr wie möglich“ nachzuerzählen und zumindest keine bewussten Falschangaben zu<br />

42


Ist ein Asylwerber dazu grundsätzlich bereit, dann hängt es nunmehr wesentlich bzw. beinahe ausschließlich vom Referenten und dessen „Einvernahmestil und -führung“ ab. 3.2.5.3 Dolmetscher machen.<br />

Referent und Asylwerber spielt der Dolmetscher eine wichtige Hauptrolle in der Einvernahme. Ohne Dolmetscher gäbe es keine (verbale) Verständigung. Dolmetscher werden als Hilfsorgane der Behörde gesehen, die zumeist mit Werkvertrag für eine Neben<br />

Tätigkeit bestellt werden. Dolmetscher müssen unparteiisch sein und ihre bestimmte<br />

im Rahmen der Einvernahme darf sich nicht „verselbständigen“ indem sie zu Co- Verhandlungsleitern werden (vgl. Maurer-Kober, 2006, S. 29). Dolmetscher sind natürlich in erster Linie Sprachmittler und ermöglichen somit Tätigkeit<br />

aber vor allem auch Kulturmittler. Sie müssen entsprechendes Wissen über Kulturen und kulturspezifisches Verhalten mitbringen. Sind sie dazu nicht in der Lage, trägt das maßgeblich zur Störung und Verzerrung der Kommunikation im Asylverfahren bei. Kommunikation,<br />

der Qualifikation von Dolmetschern gibt es Unterschiede. Manche haben eine Hinsichtlich<br />

Ausbildung, einige sind nach einem Eintragungsverfahren gerichtlich beeidete und zertifizierte Dolmetscher und zuletzt gibt es noch Laiendolmetscher (sog. „Sprachkundige“), welche in der gewünschten Fremdsprache und in Deutsch Kenntnisse universitäre<br />

Letztere sind vor allem für Minderheitensprachen unerlässlich. Grundsätzlich sollen im Asylverfahren in erster Linie gerichtlich beeidete bzw. ausgebildete Dolmetscher verwendet werden. Bei diesen ist durch Zertifikate und Zeugnisse die Sprachkompetenz haben.<br />

Sprachkundige Dolmetscher stellen für die Behörde insofern ein „Problem“ dar, da die Sprachkenntnis von der Behörde (Referent) nur schwer überprüft werden kann und bestätigt.<br />

auch wenig bis gar nicht mit den Grundsätzen des Verfahrens (Vertraulichkeit, Unparteilichkeit, Vollständigkeit) vertraut ist. Gerade Asylverfahren sind sehr spezielle und komplexe Situationen für Dolmetscher, eine spezifische Ausbildung für Dolmetscher gibt es dieser<br />

bislang nicht. In der Praxis werden jedoch oft im Asylverfahren nur sprachkundige Dolmetscher verwendet, vor allem weil diese leicht verfügbar sind (vgl. Pöllabauer, Schumacher, 2004, S. 21, 22). aber<br />

Rechtsberater 3.2.5.4<br />

Im 8. Hauptstück, 3. Abschnitt des AsylG ist die Rechtsberatung in den §§ 64, 65, 66 und 66a relativ genau geregelt. Rechtsberater spielen vor allem im Zulassungsverfahren in der Erstaufnahmestelle und somit auch für die Einvernahmen eine wichtige Rolle. Der Asylwerber hat im Zulassungsverfahren kostenlosen Anspruch auf einen Rechtsberater, welcher ihm amtswegig zur Verfügung gestellt wird. Nach einer Mitteilung des BAA gem. § 29 AsylG –<br />

43


die weitere Vorgehensweise des BAA im Verfahren dem Asylwerber in einer ihm verständlichen Sprache mitgeteilt wird – hat ein Rechtsberatungsgespräch stattzufinden, wo der Rechtsberater den Asylwerber über das Verfahren und dessen Aussichten informiert. worin<br />

werden die notwendigen Informationen vom BAA zur Verfügung gestellt. Zudem nehmen Rechtsberater an jeder Einvernahme zur Wahrung des Parteiengehörs in der Erstaufnahmestelle teil. Der Rechtsberater kann während der Einvernahme Fragen und Dazu<br />

stellen, soweit es der Referent als Leiter der Amtshandlung zulässt. Bei unbegleitet Minderjährigen hat der Rechtsberater im gesamten Zulassungsverfahren zudem die Rolle Anträge<br />

gesetzlichen Vertreters. In der Einvernahme zur Wahrung des Parteiengehörs soll der Rechtsberater – als Nichtangehöriger der Behörde – das Verstehen der Verfahrenshandlung für den Asylwerber ermöglichen und bei der Formulierung der Parteienstellungnahme mit des<br />

notwendigen Sachverstand dienen (vgl. Bruckner, Hudsky, Marth, Taucher, Vogl, 2010, S. 165). Im zugelassenen Verfahren in einer Außenstelle des BAA kann der Rechtsberater lediglich dem<br />

beratende Unterstützung haben. Dort wird der Asylwerber kostenlos unterstützt und eine<br />

(z. B. bei der Leistung von Rückkehrberatung). Auf diese Beratung besteht aber – im Gegensatz zum Zulassungsverfahren – kein Rechtsanspruch. Im Beschwerdeverfahren vor dem AsylGH ist dem Asylwerber bei allen Entscheidungen – außer bei Folgeanträgen, beraten<br />

gem. § 68 AVG entschieden wurden – kostenlos ein Rechtsberater von Amts wegen zur Verfügung zu stellen. Asylwerber werden bei Beschwerdeeinbringung von Rechtsberatern unterstützt und beraten, vor allem hinsichtlich der Erfolgsaussichten und welche<br />

gegebenenfalls eine Rückkehrberatung zu veranlassen (vgl. Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), 2005, §§ 65, 66). haben<br />

das Anforderungsprofil von Rechtsberatern ist ausdrücklich in § 66a AsylG geregelt. Entweder ist der Abschluss eines rechtswissenschaftlichen Studiums oder ein Abschluss eines Studiums mit vierjähriger Mindestdauer einschließlich einer durchgehenden Auch<br />

Tätigkeit im Bereich des Fremdenrechts oder ohne Studium eine mindestens fünfjährige durchgehende Tätigkeit im Bereich des Fremdenrechts notwendig. Rechtsberater sind zudem unabhängig und müssen ihre Aufgaben weisungsfrei dreijährigen<br />

Die Beratungstätigkeit muss objektiv und nach bestem Wissen durchgeführt wahrnehmen.<br />

werden, zudem sind sie zur Amtsverschwiegenheit verpflichtet. Das bedeutet, dass Rechtsberater ihre Pflichten unparteiisch – also weder als Parteien- noch Behördenvertreter – zu erfüllen haben (vgl. Bruckner, Hudsky, Marth, Taucher, Vogl, 2010, S. 228). Mit der Neuregelung der Rechtsberatung im Fremdenrechtsänderungspaket 2011 kam die Beratungstätigkeit – auf die Rechtsanspruch besteht – im Beschwerdeverfahren hinzu.<br />

44


erfolgte mit Oktober 2011 eine große Umstrukturierung hinsichtlich der bereits seit dem Jahr 2004 tätigen Rechtsberater im BAA. Es wurden mit 1. Oktober 2011 juristische Personen – wie in § 66a Abs. 6 AsylG angeführt – Zudem<br />

der Rechtsberatung im Asylverfahren betraut. Es gibt daher seit diesem Zeitpunkt in ganz Österreich folgende zwei juristische Personen, welche die gesamte Rechtsberatung abwickeln: ARGE Rechtsberatung Diakonie und Volkshilfe (eine Kooperation von Diakonie mit<br />

Volkshilfe) und Verein Menschenrechte Österreich (VMÖ). Diese beiden Organisationen und<br />

einen Vertrag mit dem BM.I und müssen dafür Sorge tragen, dass die von Ihnen angestellten Rechtsberater die Qualifikationsanforderungen erfüllen und sich an die sonstigen im AsylG vorgegebenen Normen für Rechtsberater halten. Die jeweilige haben<br />

muss sicherstellen, dass die Rechtsberatung auch funktioniert. (vgl. Bundesasylamt, Rechtsberater NEU, 2011, S. 1). Meiner Erfahrung nach kann diese Neustrukturierung der Rechtsberatung und die Organisation<br />

auf juristische Personen zu mehr Objektivität im Verfahren beigetragen. Ab 1. „Auslagerung“<br />

2004 waren einzelne natürliche Personen mit einem freien Dienstvertrag mit dem Österreichischen <strong>Integrationsfonds</strong> (ÖIF) als Rechtsberater für das BAA bestellt, welche in den beiden Erstaufnahmestellen (EAST Ost und West) auch immer für Rechtsberatung und Mai<br />

zur Verfügung standen. Arbeitsmittel (PC, Büromaterialen, Büromöbel, etc.) wurden allerdings vom BAA zur Verfügung gestellt, ebenfalls erfolgte die Kontrolle der Abrechnungen über das BAA und es gab auch Besprechungen mit der Leitung / Einvernahmen<br />

der EAST Ost und West und ein Tätigkeitsbericht über die Rechtsberatung / Rechtsberater musste seitens des BAA verfasst werden. Dies war – vor allem in Hinblick auf Steuerungsbüro<br />

normierte Unabhängigkeit und Objektivität gem. §§ 66a Abs. 2 AsylG (vormals § 65 Abs. 4 AsylG) – meines Erachtens nicht ganz unproblematisch und wurde auch von UNHCR bei einem Besuch in den beiden Erstaufnahmestellen im Jahr 2004 so gesehen und im Bericht die<br />

gewertet und als verbesserungswürdig gesehen (vgl. Schuler, 2004, S. 5). Die Neustrukturierung der Rechtsberatung hat die im Gesetz geforderte Unparteilichkeit verbessert und kann mit Sicherheit zu einem professionellen Asylverfahren beitragen. Die negativ<br />

der einzelnen Rechtsberater ist nunmehr (eher) gewährleistet, jedoch ist zu Unabhängigkeit<br />

bedenken, dass die beiden o. a. Organisationen befristete Verträge mit dem BM.I zur<br />

Durchführung der Rechtsberatung haben. Da es sich hierbei um wirtschaftliche, auf Gewinn ausgerichtete, Unternehmen handelt, wird man danach trachten, dass man die Rechtsberatung im Asylverfahren nicht nur vorübergehend macht und daher ist man an einer guten Zusammenarbeit mit dem Auftraggeber interessiert. Insofern herrscht also nach wie vor eine gewisse Abhängigkeit, jedoch bei weitem nicht mehr so ausgeprägt wie früher.<br />

45


Rechtsanwalt Jeder Asylwerber hat natürlich das Recht sich eines gewillkürten (frei wählbaren) Vertreters im Asylverfahren zu bedienen. Dies können entweder natürliche oder juristische Personen 3.2.5.5<br />

eingetragene Personengesellschaften sein. Diese Bevollmächtigten haben sich durch eine schriftliche Vollmacht auszuweisen, diese kann aber von der Behörde auch mündlich erteilt werden – dazu reicht ein Aktenvermerk. Inhalt und Umfang der Vertretungsbefugnis oder<br />

sich nach der Vollmacht (vgl. Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), 1991, § 10). richten<br />

Asylverfahren handelt es sich bei den gewillkürten Vertretern meistens um Rechtsanwälte. Normalerweise erteilen Asylwerber den Rechtsanwälten umfassende Vollmacht und Vertretung im gesamten Asylverfahren. Der Asylwerber kann zu sämtlichen Im<br />

– so auch zur Einvernahme – in Begleitung seines Rechtsanwaltes erscheinen. Dies ist ausdrücklich im AsylG in § 19 Abs. 5 festgeschrieben (vgl. Bruckner, Hudsky, Marth, Taucher, Vogl, 2010, S. 140). Verfahrenshandlungen<br />

der Einvernahme im BAA kann auch der Rechtsanwalt Fragen oder Anträge Während<br />

Inwieweit und zu welchem Zeitpunkt der Einvernahme Fragen und Anträge zulässig sind, obliegt wieder dem Referenten als Leiter der Amtshandlung. Diese Fragen und Anträge sind als Teil der Niederschrift festzuhalten. Bei längeren Vorbringen oder Anträgen ist es stellen.<br />

wenn diese unter Gewährung einer entsprechenden Frist schriftlich durch den Rechtsanwalt eingebracht werden. Rechtsanwälte sind Parteienvertreter und handeln – im Gegensatz zu Rechtsberatern – empfehlenswert,<br />

für den Asylwerber. Dafür wird vom Asylwerber auch ein Entgelt bezahlt. Gibt ausschließlich<br />

offensichtliche Widersprüche in den Erklärungen von Asylwerber und Rechtsanwalt, so gilt für die Behörde die Aussage des Asylwerbers (vgl. Nitzlnader, 2008, S. 15). 3.2.5.6 Vertrauensperson es<br />

einem gewillkürten Vertreter kann der Asylwerber auch noch eine Vertrauensperson gem. § 19 Abs. 5 AsylG zur Behörde mitbringen und diese kann auch während der Einvernahme anwesend sein. Neben<br />

Vertrauensperson hat keine Partei- oder Beteiligtenstellung im Verfahren, sie darf in die Die<br />

Einvernahme nicht „eingreifen“ und keine Fragen oder Anträge stellen, lediglich die Anwesenheit ist erlaubt. Vertrauenspersonen können von der Einvernahme auch ausgeschlossen werden: Wenn der Referent die Beeinflussung des Asylwerbers befürchtet und trotz Ermahnung keine Änderung erfolgt, wenn es sich selbst um einen Beteiligten im Verfahren handelt (z. B. bei<br />

46


welche gleichzeitig einen Asylantrag gestellt haben und getrennte Einvernahmen haben, werden als Beteiligte gesehen und können somit keine Vertrauensperson in besagtem Verfahren sein) und wenn die Anwesenheit der Familienmitglieder,<br />

die Ablegung einer freien und vollständigen Aussage des Asylwerbers beeinflussen könnte, z. B. wenn der Schlepper als Vertrauensperson bei der Einvernahme dabei wäre (vgl. Nitzlnader, 2008, S. 18, 19). Vertrauensperson<br />

Verfahrensunterstützender Mitarbeiter 3.2.5.7<br />

wird hier der verfahrensunterstützende Mitarbeiter des BAA als Teilnehmer bei der Einvernahme angeführt. Dieser kann als Schriftführer tätig sein und hat die Fragen des Referenten und Antworten des Asylwerbers lückenlos in der Niederschrift festzuhalten. Jede Zuletzt<br />

des Schriftführers erfolgt nicht selbständig, sondern immer auf Anweisung des Referenten. Wie bereits zuvor erwähnt, ist es allerdings in den Einvernahmen im BAA eher unüblich, dass sich ein Referent eines Schriftführers bedient – im Gegensatz zum AsylGH – Handlung<br />

die Mitschrift am PC erfolgt durch den Referenten selbst (vgl. Dahlvik, 2010, S. 77). und<br />

einigen Fällen teilt sich ein Referent mit einem verfahrensunterstützenden Mitarbeiter ein Büro. Gibt es keine eigenen Einvernahmeräume, so wird die Einvernahme im Büro des Referenten durchgeführt, wo in o. a. Fall der verfahrensunterstützende Mitarbeiter bei der In<br />

zumindest teilweise anwesend ist. In diesem Fall ist der verfahrensunterstützende Mitarbeiter nur anwesend – er erledigt nebenbei seine Arbeit und Aufgaben – und ist meistens kein aktiver, aufmerksamer Zuhörer, sondern nur eine Einvernahme<br />

nicht in die Einvernahme involvierte, Person. anwesende,<br />

gibt es nicht in allen Organisationseinheiten des BAA eigene Einvernahmeräume, jedoch haben einvernehmende Referenten – vermehrt seit den letzten Jahren – meistens ein eigenes Büro, welches nicht mit anderen Mitarbeitern geteilt werden muss. Daher ist die Zwar<br />

eines verfahrensunterstützenden Mitarbeiter – außer als Schriftführer – äußerst selten und nur in Ausnahmefällen der Fall. Da auch verfahrensunterstützende Mitarbeiter Bedienstete des BAA sind, gelten für sie auch Anwesenheit<br />

gleichen Verschwiegenheitspflichten wie für sämtliche andere Bedienstete und der Inhalt die<br />

der Einvernahme ist auch von diesen nicht nach „außen zu tragen“.<br />

3.2.6 Ziel und Zweck der Einvernahme Als ein Teil des Ermittlungsverfahrens soll das Ziel und Zweck der Einvernahme sein, dass die für die Entscheidung erheblichen Angaben gemacht, lückenhafte Angaben vervollständigt werden und Beweismittel erbracht werden. Für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des<br />

47


ist auf die Mitwirkung des Asylwerbers im Verfahren Bedacht zu nehmen (vgl. Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (vgl. Asylgesetz 2005 - AsylG 2005), 2005, § 18 Abs.1, 3). Bei allen Ermittlungen muss die Behörde den Grundsätzen der Zweckmäßigkeit, Vorbringens<br />

Einfachheit und Kostenersparnis genüge leisten (Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (vgl. Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG), 1991, § 18 Abs.1, § 39 Abs.2). Raschheit,<br />

den internen Arbeitsanleitungen im BAA sind Kern des Ermittlungsverfahrens die Gemäß<br />

und hierbei ist insbesondere die Überprüfung der Glaubwürdigkeit wichtig (vgl. Wohlmuth, 2011, S. 12). Die Glaubwürdigkeit ist ein zentraler Punkt im Asylverfahren. Doch nach welchen Regeln Einvernahmen<br />

sich die Glaubwürdigkeit? Nach der Judikatur des Verwaltungsgerichtshofes und der Regierungsvorlage zum AsylG 1991 ist das Vorbringen eines Asylwerbers, dann glaubhaft, wenn es vier Grunderfordernisse erfüllt: richtet<br />

„Das Vorbringen muss genügend substantiiert sein. Dies ist insbesondere dann nicht 1)<br />

wenn der Asylwerber den Sachverhalt nur sehr vage schildert und nicht in der Lage ist, konkrete und detaillierte Angaben über seine Erlebnisse zu machen. 2) Das Vorbringen muss in sich schlüssig sein, wesentliche Aussagen dürfen sich nicht gegeben,<br />

3) Das Vorbringen muss plausibel sein, also den Tatsachen oder der allgemeinen Erfahrung entsprechen. Das ist vor allem dann nicht erfüllt, wenn die Darstellung mit widersprechen.<br />

allgemeinen Verhältnissen im Heimatland nicht vereinbar ist oder unmöglich erscheint. den<br />

Der Asylwerber muss persönlich glaubwürdig sein. Das ist dann nicht der Fall, wenn gefälschte oder verfälschte Beweismittel zum Einsatz kommen, wenn wichtige Tatsachen verheimlicht oder bewusst falsch dargestellt werden, er im Lauf des 4)<br />

das Vorbringen abändert oder etwas verspätet vorbringt oder mangelndes Interesse am Verfahren zeigt und nicht mitwirkt“ (Erkenntnis Asylgerichtshof, D4 317491-1/2008/10E, 2011, S. 3). Verfahrens<br />

gilt im Verwaltungsverfahren der Grundsatz der freien Beweiswürdigung, d. h. nach Weiters<br />

Berücksichtigung der Ergebnisse des Ermittlungsverfahrens ist nach freier Überzeugung zu beurteilen, ob eine Tatsache als erwiesen anzunehmen ist oder nicht. Alle Beweismittel sind grundsätzlich zulässig und gleichwertig und die Behörde ist an keine Beweisregeln gebunden. Die freie Beweiswürdigung ist ein „Denkprozess, welcher den Regeln der Logik folgen muss und zu einer Wahrscheinlichkeitsbeurteilung eines bestimmten Sachverhalts (Tatsachen) führt. Als erwiesen kann eine Tatsache nur dann angenommen werden, wenn<br />

48


Ermittlungsverfahren ausreichende und sichere Anhaltspunkte für eine derartige Schlussfolgerung liefert“ (Erkenntnis Asylgerichtshof, E9 303.304-1/2008-5E, 2008, S. 2). In der Begründung des Bescheids im Asylverfahren muss diese Beweiswürdigung schlüssig das<br />

nachvollziehbar dargelegt werden, ansonsten besteht ein gravierender Mangel, welcher bei Beschwerde in der Regel zur Behebung führt (vgl. Hengstschläger, 2009, S. 280). Grundsätzlich soll für beide Seiten – also die Behörde (der Referent) und der Asylwerber – und<br />

zufriedenstellendes Ergebnis in der Einvernahme herauskommen: Der Referent muss ein<br />

relevante Informationen haben, um eine rechtlich richtige Entscheidung treffen zu können. Aber auch der Asylwerber muss das Gefühl haben, richtig angehört zu werden, sodass er alles darlegen kann und auch tatsächlich richtig verstanden wird. genügend<br />

wenn sich die Behörde / der Referent nach den Regeln und Auslegung der für das Asylverfahren (und vor allem die Einvernahme) relevanten Gesetze richtet, kann dies meiner Meinung nach nicht ganz unproblematisch sein und manches „verfälschen“. Selbst<br />

welchen Regeln der Logik wird bei den Denkprozessen in der freien Beweiswürdigung Denn<br />

Den Regeln eines grundsätzlich gut gebildeten, nach internen behördlichen Vorgaben gut geschulten, nach mitteleuropäischen Maßstab denkenden Referenten oder einem relativ ungebildeten (oder sogar analphabetischen) Asylwerber, der der deutschen gefolgt?<br />

schon allgemein nicht mächtig ist und noch weniger einer mit vielen „Fachbegriffen“ bestückten Behördensprache und in einem fernöstlichen Kulturkreis sozialisiert wurde? Wann ist ein Vorbringen vage und wann detailliert genug? Wann ist ein Vorbringen schlüssig Sprache<br />

plausibel? Darüber entscheidet die Behörde – eben der grundsätzlich gut gebildete, und<br />

internen behördlichen Vorgaben gut geschulte und nach mitteleuropäischem Maßstab denkende Referent. Ich denke, dass spätestens an dieser Stelle der Arbeit klar wird, dass zu einem nach<br />

Asylverfahren – wo die Einvernahme der zentrale Punkt schlechthin ist – neben der umfassenden Kenntnis der rechtlichen Vorschriften und internen Verwaltungsabläufe ein breites Wissen über kulturelle Gegebenheiten bzw. Unterschiede professionellen<br />

Kommunikationsabläufe und –schwierigkeiten unerlässlich ist. Dies umso mehr, da ja und<br />

die beiden Hauptakteure sich gegenseitig verbal nicht verstehen und immer ein Dolmetscher<br />

für die Konversation notwendig ist. Meiner Meinung nach ist dies eine der zentralen Herausforderungen des BAA in den nächsten Jahren: Die Professionalisierung und Sensibilisierung der einvernehmenden und entscheidenden Mitarbeiter im Hinblick auf die o. a. Punkte.<br />

49


Kultur 4.1 Was ist Kultur? 4.<br />

der Ausländer- und Asyldebatte in Österreich hört man – auch von Politikern – relativ häufig folgende – ähnliche – Äußerungen: „Die haben eine ganz andere Kultur und Religion als wir, die passen nicht hierher und passen nicht zu uns! Wenn die hier leben wollen, sollen In<br />

sich doch an unsere Kultur anpassen.“ sie<br />

was ist nun eigentlich mit Kultur gemeint? Was versteht man unter Kultur? Was sind kulturelle Unterschiede? Worin machen sich diese bemerkbar? Welche Rolle spielt Religion für die Kultur? Welche Rolle spielt Kultur im Asylverfahren? Doch<br />

gibt unzählige Definitionen von Kultur. Sämtliche sich mit dem theoretischen Kulturbegriff befassenden Forscher sind sich einig, dass Kultur einen sehr weiten Bereich umfasst, der über von Menschen hergestellten Gegenstände über Werte, Ideen, Weltbilder, Sprache, Es<br />

bis zur Art und Weise des Umgangs mit belebten und unbelebten Dingen reicht. Philosophie<br />

man Kultur in Bezug auf die Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen Menschen aus unterschiedlichen Kulturen und wie man sich gut darauf vorbereitet, ist folgende Definition von Kultur am passendsten: „Menschen leben in einer spezifischen Kultur und Sieht<br />

sie weiter, Kultur strukturiert ein für die Bevölkerung spezifisches Handlungsfeld. Kultur manifestiert sich in einem für eine Nation, Gesellschaft, Organisation oder Gruppe typischen Orientierungssystem. Dieses wird aus spezifischen Symbolen (Sprache, Gestik, entwickeln<br />

Kleidung, Ritualen) gebildet, in der jeweiligen Gesellschaft tradiert, d. h. an die nachfolgende Generation weitergegeben. Kultur beeinflusst das Wahrnehmen, Denken, Mimik,<br />

und Handeln aller Mitglieder“ (Thomas, 2003, S. 21). Zentraler Bestandteil von Kultur ist hier das Orientierungssystem. Menschen können sich in einer Umgebung zurechtfinden, wenn sie ausreichendes und verlässliches Wissen über ihre soziale Umwelt haben. Lebt Werten<br />

nun in einem vertrauten Kulturkreis, kann man sich mit hoher Wahrscheinlichkeit darauf verlassen, dass man von den Mitmenschen verstanden wird, ohne dies näher erklären zu müssen. Für normale Alltagskommunikation und das alltägliche Interaktionsgeschehen reicht man<br />

gemeinsame kulturspezifische Hintergrundwissen, um einander zu verstehen (vgl. Thomas, 2003, S. 22). das<br />

Kultur als Orientierungssystem: Für die Einvernahme im Asylverfahren ist diese Definition sicherlich hilfreich, denn es wird hier offensichtlich, dass die Akteure der Einvernahme unterschiedliche Orientierungssysteme haben. Dies führt oft zu Missverständnissen in der Einvernahme und eventuell auch zu falschen Beurteilungen in der Entscheidung im Asylverfahren.<br />

50


folgenden drei Autoren und ihre Kulturkonzepte wurden ausgewählt, weil diese sich meinem Empfinden nach sehr gut ergänzen und man teilweise wechselseitige Beziehungen erkennen kann. Die für das Einvernahmegespräch wesentlichen Bereiche in Hinblick auf Die<br />

können dadurch gut beschrieben werden. Kultur<br />

Kulturbegriffe und Kulturkonzepte 4.2<br />

Bourdieus Habituskonzept Für den französischen Soziologen Pierre Bourdieu ist der Habitus ein „Ensemble von Dispositionen, welche die handelnden Individuen auf bestimmte Weise agieren und 4.2.1<br />

lassen. Die Dispositionen erzeugen Praktiken, Wahrnehmungen, Werke und Einstellungen, die nicht bewusst koordiniert sind oder einer bestimmten Regel folgen, aber „regelhaft“ (immer wiederkehrend) sind“ (Thompson, 2005, S. 14) . reagieren<br />

den Habitus bildenden Dispositionen sind eingelernt, strukturiert, dauerhaft, erzeug- und Die<br />

Dies bedeutet, dass Dispositionen über einen andauernden Prozess eingelernt werden und die frühkindliche Erfahrung hierbei besonders wichtig ist. Diese produzierten Dispositionen sind strukturiert, denn es spiegeln sich die sozialen Bedingungen wider unter übertragbar.<br />

sie erworben wurden. Charakteristische Ähnlichkeiten und Unterschiede der sozialen Existenzbedingung spiegeln sich also im Habitus des einzelnen wider und bei Menschen mit ähnlichem sozialem Hintergrund kann der Habitus relativ gleich sein. Diese strukturierten denen<br />

sind zudem dauerhaft, d. h. sie sind so tief im Körper verwurzelt, dass sie über die gesamte Lebensgeschichte eines Menschen Bestand haben und „vorbewusst“ wirken, Dispositionen<br />

der bewussten Reflexion nicht ohne weiteres zugänglich sind. Zuletzt sind diese Dispositionen erzeug- und übertragbar. Das bedeutet, dass sie Praktiken und Wahrnehmungen auch in anderen Bereichen erzeugen, in denen sie ursprünglich erworben also<br />

Zudem verleiht der Habitus dem Menschen einen Sinn dafür, wie er im Alltag zu agieren und reagieren hat. Bestimmte Handlungen und Verhaltensweisen sind so einverleibt, dass sie vollkommen natürlich erscheinen. Bourdieu spricht von einer körperlichen „Hexis“ wurden.<br />

meint damit die Art und Weise der Körperhaltung, des Redens und Gehens (vgl. Thompson, 2005, S. 15ff). und<br />

Die Handlungen der Individuen passieren aber immer in einem spezifischen sozialen Kontext. Praktiken oder Wahrnehmungen sind daher nicht Produkt des Habitus, sondern ein Produkt des Verhältnisses einerseits zwischen dem Habitus und andererseits den sozialen Kontexten. Der sprachliche Habitus ist für Bourdieu eine Untergruppe der Dispositionen, die den Habitus ausmachen. Diesen erwirbt man im Zug des Sprechen Lernens in bestimmten Kontexten (Familie, Schule, etc.). „Diese Dispositionen bestimmen die spätere Sprachpraxis<br />

51


Menschen, der sprachliche Habitus ist auch im Körper verwurzelt. Unterschiedliche Gruppen und Klassen haben unterschiedliche Akzente, Intonationen und Sprechweisen – dies ist Ausdruck des sozial strukturierten Charakters des Habitus auf sprachlicher Ebene“ eines<br />

2005, S. 19). Es gibt folgende drei Aspekte der Dispositionen des Habitus: (Thompson,<br />

Wahrnehmungsschemata: strukturieren die alltägliche Wahrnehmung der sozialen Welt 1)<br />

• Alltagstheorien, Klassifikationsmuster Normen zur Beurteilung gesellschaftlicher Handlungen (Ethos) Denkschemata: 2)<br />

• Ethische<br />

• Ästhetische<br />

zur Bewertung kultureller Objekte und Praktiken (Geschmack) 3) Handlungsschemata Maßstäbe<br />

drei Aspekte sind verinnerlichet und sind dem Einzelnen nicht bewusst, denn der Entstehungsprozess wurde „vergessen“. Das Dispositionssystem des Habitus dient den Akteuren als Orientierungssinn (vgl. Erler, 2003, S. 18, 19). Diese<br />

an Bourdieus Habitusbegriff könnte man an den unterschiedlichen Ausprägungen Kritik<br />

einer Klasse, an der (beinahe) Unmöglichkeit des sozialen Wandels und Horizonterweiterung und relativen Stabilität des Habitus anbringen. Wie kann man Bourdieus Theorie in Einklang mit dem „Aussteigen aus der bürgerlichen Kultur“ oder dem innerhalb<br />

von Arbeitern“ bringen? Vermutlich sind dies aber eher Phänomene in westlichen Gesellschaften und hier vor allem der Ober- und Mittelschicht. In unteren Gesellschaftsschichten und vor allem in nichtwestlichen Gesellschaften ist Bourdieus „Bildungseifer<br />

nach wie vor eine gute Erklärung des „Funktionierens“ von Individuen und Gesellschaften. Zudem kann auch nicht behauptet werden, dass sich die verschiedenen Habituskonzept<br />

aufgrund der Auswahl an kulturellen Konsummöglichkeiten näher gekommen wären (vgl. Erler, 2003, S. 22). Klassen<br />

4.2.2 Hofstedes Kulturkonzept und –dimensionen Ähnlich wie Bourdieus Habituskonzept ist das Kulturkonzept des niederländischen Kulturwissenschafters Geert Hofstede. Nach Hofstede ist Kultur „die kollektive Programmierung des Geistes, die die Mitglieder einer Gruppe oder Kategorie von Menschen von einer anderen unterscheidet“ (Hofstede, Hofstede, 2011, S. 4, 493).<br />

52


Quellen dieser Programmierung liegen im sozialen Umfeld, in welchem wir aufgewachsen sind und wo wir unsere Lebenserfahrung sammeln. Kultur ist viel mehr als nur „Zivilisation“, es umfasst die Denk-, Fühl- und Handlungsmuster eines Menschen. Kultur ist Die<br />

nicht angeboren, sie leitet sich nicht aus unseren Genen ab, sondern aus dem sozialen Umfeld. Hofstede unterscheide drei Ebenen der mentalen Programmierung, die in der folgenden erlernt,<br />

gezeigt werden: Abbildung<br />

4: Ebenen der mentalen Programmierung (Hofstede, Hofstede, 2011, S. 5) Abbildung<br />

menschliche Natur bildet die Basis, diese ist angeboren und universell, z. B. das Bedürfnis nach Gemeinschaft, Spiel, Bewegung, Gefühle zu empfinden. Die zweite Ebene ist die Kultur, welche erlernt ist und spezifisch für eine Gruppe gilt. Dass man Gefühle Die<br />

gehört zur menschlichen Natur, doch ob und wie man Gefühle wahrnimmt, gehört in den Bereich der Kultur. Die individuelle Persönlichkeit jedes Einzelnen steht an der wahrnimmt,<br />

der Pyramide. Diese gründet sich auf Charakterzüge, die teilweise in den Genen liegen und ererbt sind, teilweise aber auch erlernt sind durch den Einfluss von Kultur und einzigartiger persönlicher Erfahrungen. Spitze<br />

diesem Pyramiden-Modell wird veranschaulicht, dass es sehr wohl auch innerhalb einer Mit<br />

kulturellen Gruppe einerseits ähnliche Verhaltensmuster andererseits auch Unterschiede im Verhalten gibt. Dies ist wichtig, wenn man Kulturen miteinander vergleichen will. Kulturelle Unterschiede manifestieren sich in Symbolen, Helden, Ritualen und Werte. Die ersten drei können unter Praktiken zusammengefasst werden und sind für einen Außenstehenden leicht sichtbar, aber die kulturelle Bedeutung ist weniger sichtbar. Kern der<br />

53


sind die Werte. Dies sind Gefühle mit einer Orientierung zu Plus-oder Minuspol. Werte sind für Außenstehende nicht sichtbar und können deshalb eben zu Missverständnissen führen. Die Grundwerte einer Gesellschaft weisen eine beachtliche Beständigkeit trotz Kultur<br />

radikaler Änderungen in den Praktiken auf. Werte machen einen Großteil unserer kulturellen Identität aus (vgl. Hofstede, Hofstede, 2011, S. 15). Jeder Mensch gehört meistens gleichzeitig einer Reihe von Gruppen an. Daher trägt er teilweiser<br />

mehrere Schichten mentaler Programmierung in sich. Folgende Kulturebenen zwangsweise<br />

• werden: Nationale Kulturebene: entsprechend der jeweiligen Staatsangehörigkeit; dem Land, können unterschieden<br />

lebt man wo<br />

• Regionale,<br />

• Geschlechtsebene<br />

• Generationsebene<br />

• Ebene<br />

• Ebene<br />

religiöse, sprachliche Ebene: die meisten Länder / Nationen haben unterschiedliche kulturelle Regionen, Ethnien, Religionen und Sprachen ethnische,<br />

sozialen Klasse in Verbindung mit Bildungsmöglichkeiten und Arbeit der Organisation, Firma, Abteilung, wo man beschäftigt ist: Sozialisation durch die Arbeitsorganisation (vgl. Hofstede, Hofstede, 2011, S. 13). der<br />

begann Ende der 1960er-Jahre im Auftrag des multinationalen Konzerns IBM anhand einer Befragung einzelner Mitarbeiter Unterschiede in den nationalen Hofstede<br />

herauszufinden. Die Mitarbeiter von IBM wiesen in vielen Bereichen ähnliche Merkmale auf, nur ihre Staatsangehörigkeit war unterschiedlich. Die Erhebungen gingen über mehrere Jahre, wurden später auch außerhalb des Konzerns wiederholt und teilweise Wertesystemen<br />

Bei der Auswertung und Analyse erstellte Hofstede Dimensionen, mit deren Hilfe die Werte und Einstellungen der Bewohner verschiedener Länder verglichen werden können. Diese bestätigt.<br />

sind ein wichtiges Hilfsmittel beim Verständnis von kulturellen Kulturdimensionen<br />

Hofstedes Studien geben Aufschluss darüber, inwieweit die Nationalität das Denken und Fühlen (die mentale Programmierung) bestimmt. Mittlerweile liegen zu 76 Staaten der Erde diese Dimensionen vor. Unterschieden.<br />

Folgende fünf Dimensionen von Kultur hat Hofstede definiert (vgl. Hofstede, Hofstede, 2011, S. 30, 40): 1) Machtdistanz (gering bis groß) 2) Kollektivismus versus Individualismus 3) Feminität versus Maskulinität<br />

54


Unsicherheitsvermeidung (schwach bis stark) 5) Langzeitorientierung versus Kurzzeitorientierung 4.2.2.1 Machtdistanz 4)<br />

und Machtunterschiede sind in Ländern vorhanden und es geht darum, wie sehr in Ländern erwartet und akzeptiert wird, dass Macht ungleich verteilt ist“ (Hofstede, Hofstede, 2011, S. 57). „Hierarchie<br />

mit geringer Machtdistanz sind bemüht, die Ungleichheit so gering wie möglich zu Länder<br />

d. h. man sieht sich grundsätzlich gleichwertig an, egal ob man Macht besitzt oder nicht. Diese Rollenverteilung wird zwischen Eltern und Kindern, Lehrern und Schülern, Vorgesetzten und Mitarbeitern auch so gesehen. Es gibt zwar eine ungleiche halten,<br />

aber keine existenzielle Ungleichheit, relativ kleine Gehaltsunterschiede, Dezentralisierung, Fehlen von Privilegien und Statussymbolen. In Ländern mit großer Machtdistanz erwartet man die Ungleichheit auf allen Ebenen, Rollenverteilung,<br />

mit weniger Macht sind von den Mächtigen abhängig. Kindern wird Gehorsam Menschen<br />

Lehrer ergreifen ausschließlich die Initiative, im Arbeitsleben gibt es eine strikte Hierarchie, große Unterschiede im Gehalt, genaue Anweisungen des Vorgesetzten an seine Mitarbeiter, Privilegien und Statussymbole werden befürwortet (vgl. Hawlik, 2008, S. 27, 28). gelehrt,<br />

ausgewählte Länder / Regionen sollen die Dimension Machtdistanz anhand der erhaltenen Indizes veranschaulichen: Folgende<br />

/ Region Machtdistanz-Indexwert Russland 93 Land<br />

86 Arabische Länder 80 Bangladesch 80 Serbien<br />

(Ghana, Nigeria, Sierra Leone) 77 Iran 58 Pakistan 55 Westafrika<br />

66 Türkei<br />

Deutschland 35<br />

Österreich 11 Abbildung 5: Machtdistanz-Index von 10 Ländern / Regionen (Hofstede, Hofstede, 2011, S. 55)<br />

55


Individualismus versus Kollektivismus „In individualistischen Gesellschaften sind die Bindungen zwischen den Menschen locker, man erwartet vom einzelnen, dass er für sich selbst und seine unmittelbare (nahe) Familie 4.2.2.2<br />

der Einzelne ist vom „Ich-Gefühl“ geprägt. In kollektivistischen Gesellschaften hingegen ist der Mensch von Geburt an in starke, geschlossene Wir-Gruppen integriert. Diese Gruppen schützen ihn ein Leben lang und verlangen dafür bedingungslose Loyalität“ sorgt,<br />

Hofstede, 2011, S. 97). (Hofstede,<br />

für individualistische Gesellschaften ist: ehrliche Menschen lügen nicht, Fehler verursachen Schuldgefühle und Minderung des Selbstwertgefühls, Zeugnisse und Abschlüsse erhöhen den Selbstwert und den Wert am Arbeitsmarkt, Einstellungen erfolgen Typisch<br />

der Fähigkeiten, die Erfüllung von Aufgaben ist wichtiger als persönliche Beziehungen. Typisch für kollektivistische Gesellschaften ist: die Identität des einzelnen wird vom sozialen aufgrund<br />

abgeleitet, Kinder lernen auf die ganze Familie Bezug zu nehmen und begreifen sich als ein Teil des „Wir“, Harmonie ist wichtig, Konfrontationen werden vermieden, Fehler Netzwerk<br />

Scham und Gesichtsverlust in der Gruppe, Zeugnisse und Abschlüsse eröffnen die Tür zu einem höheren Ansehen, Beziehung zu Arbeitgeber ähnelt der Familienbindung, Einstellung erfolgt aufgrund ihrer Gruppenzugehörigkeit, persönliche Beziehungen sind bedeuten<br />

als die Erfüllung von Aufgaben (vgl. Hawlik, 2008, S. 30). Folgende ausgewählte Länder / Regionen sollen die Dimension Individualismus versus wichtiger<br />

anhand der erhaltenen Indizes veranschaulichen: Kollektivismus<br />

/ Region Individualismus-Indexwert Deutschland 67 Österreich 55 Land<br />

41 Russland 39 Arabische Länder 38 Iran<br />

37 Türkei<br />

Serbien 25<br />

Bangladesch 20 Westafrika (Ghana, Nigeria, Sierra Leone) 20 Pakistan 14 Abbildung 6: Individualismus-Index von 10 Ländern / Regionen (Hofstede, Hofstede, 2011, S. 101)<br />

56


mit großer Machtdistanz sind laut Hofstede meistens kollektivistisch, hingegen tendieren individualistische Kulturen stark zu einer geringen Machtdistanz. 4.2.2.3 Feminität versus Maskulinität Länder<br />

einer maskulinen Gesellschaft versteht man, wenn die Rollen der Geschlechter emotional klar abgegrenzt sind: Männer sollen bestimmt, hart und materiell orientiert sein, Frauen sollen bescheidener, sensibler und Wert auf Lebensqualität legen. In femininen „Unter<br />

überschneiden sich die Rollen der Geschlechter emotional: sowohl Frauen Gesellschaften<br />

auch Männer sollen bescheiden und feinfühlig sein und Wert auf Lebensqualität legen“ (Hofstede, Hofstede, 2011, S. 156). als<br />

hoher Wert bedeutet, dass die Kultur maskulin ist, folglich ein niederer Wert, dass die Kultur feminin ist. Diese Dimension ist die umstrittenste der fünf Dimensionen, nicht nur wegen deren Namen. Ein<br />

hat sich auch in den Wiederholungsstudien nicht so deutlich durchgesetzt und variiert deutlich und zudem ist sie nicht unmittelbar mit den anderen Dimension verknüpft (vgl. Sie<br />

Hofstede, 2011, S. 159). Folgende ausgewählte Länder / Regionen sollen die Dimension Maskulinität versus Hofstede,<br />

anhand der erhaltenen Indizes veranschaulichen: Land / Region Maskulinitätsindexwert Feminität<br />

79 Deutschland 66 Österreich<br />

55 Arabische Länder 53 Pakistan 50 Bangladesch<br />

(Ghana, Nigeria, Sierra Leone) 46 Türkei 45 Iran 43 Westafrika<br />

43 Serbien<br />

Russland 36<br />

Abbildung 7: Maskulinitätsindex von 10 Ländern / Regionen (Hofstede, Hofstede, 2011, S. 158) 4.2.2.4 Unsicherheitsvermeidung „Unter Unsicherheitsvermeidung versteht man den Grad, bis zu dem Mitglieder einer Kultur sich durch uneindeutige oder unbekannte Situationen bedroht fühlen. Das Gefühl drückt sich<br />

57


B. in nervösem Stress, dem Bedürfnis nach Vorhersehbarkeit und nach geschriebenen und ungeschriebenen Regeln aus“. (Hofstede, Hofstede, 2011, S. 220). Die Ergebnisse zur Dimension Unsicherheitsvermeidung lassen kaum eine Einteilung in z.<br />

zu. Typisch für Kulturen mit schwacher Unsicherheitsvermeidung: Die Menschen leben von Regionen<br />

Tag auf den anderen, dadurch haben sie weniger Stress und fühlen sich auch in ungeklärten Situationen allgemein wohl, der Unterricht in der Schule ist unstrukturiert und einem<br />

müssen nicht alles wissen, im Arbeitsleben gibt es nicht mehr Regeln als nötig, hart gearbeitet wird nur, wenn wirklich notwendig, Genauigkeit und Pünktlichkeit sind nicht selbstverständlich, Innovation wird geschätzt. Lehrer<br />

für Kulturen mit starker Unsicherheitsvermeidung: Die allgemeine Unsicherheit, die das Leben mit sich bringt, wird als ständige Bedrohung wahrgenommen und erzeugt Angst und Stress, unbekannte Situationen werden vermieden, genaue Regeln werden (schon in Typisch<br />

Familie) festgelegt, der Unterricht verläuft strukturiert und Lehrer sollen alles wissen, der<br />

am Arbeitsplatz gibt es genaue Regeln und ständige Aktivität und Arbeit, Genauigkeit und Pünktlichkeit ist selbstverständlich, Innovation wird mit Widerstand begegnet (vgl. Hawlik, 2008, S. 34, 35). auch<br />

ausgewählte Länder / Regionen sollen die Dimension Unsicherheitsvermeidung anhand der erhaltenen Indizes veranschaulichen: Folgende<br />

/ Region Unsicherheitsvermeidungs- Index Land<br />

95 Serbien 92 Türkei 85 Russland<br />

70 Pakistan 70 Arabische Länder 68 Österreich<br />

65 Deutschland<br />

Bangladesch 60<br />

Iran 59 Westafrika (Ghana, Nigeria, Sierra Leone) 54 Abbildung 8: Unsicherheitsvermeidungs-Index von 10 Ländern / Regionen (Hofstede, Hofstede, 2011, S. 221)<br />

58


Langzeitorientierung versus Kurzzeitorientierung Diese Dimension kam erst später, im Jahr 1980, zu den vier anderen hinzu. Sie scheint speziell in den asiatischen Ländern von Belang zu sein. „Langzeitorientierung steht für das 4.2.2.5<br />

von Tugenden, die auf künftigen Erfolg ausgerichtet sind, insbesondere Ausdauer und Sparsamkeit, ebenfalls herrscht ein ausgeprägtes Schamgefühl vor. Kurzzeitorientierung steht für das Hegen von Tugenden, die mit der Vergangenheit und der Gegenwart in Hegen<br />

stehen, insbesondere Respekt für Traditionen, Wahrung des Gesichts, Ruhe, Ausgeglichenheit, Verpflichtungen und die Erfüllung sozialer Pflichten“ (Hofstede, Hofstede, Verbindung<br />

S. 274). Ostasiatische Länder sind eher langfristig orientiert, während angelsächsische Länder eher kurzzeitorientiert sind. 2011,<br />

ausgewählte Länder / Regionen sollen die Dimension Langzeitorientierung versus Kurzzeitorientierung anhand der erhaltenen Indizes veranschaulichen: Folgende<br />

/ Region Langzeitorientierungs-Indexwert Land<br />

118 Indien 61 Thailand 56 China<br />

40 Österreich 31 Deutschland 31 Bangladesch<br />

16 Nigeria<br />

0 Abbildung 9: Langzeitorientierungs-Index von 8 Ländern / Regionen (Hofstede, Hofstede, 2011, S. 275) Pakistan<br />

Kulturbegriff, Studien und Dimensionen werden oft kritisiert, weil behauptet wird, dass er von abgrenzbaren kulturellen Gruppen (Nationen) ausgeht und die Vielfalt innerhalb einer Nation verneint und sein Kulturkonzept zu statisch ist, die Kultur in den „Köpfen der Hofstedes<br />

sitze und man lediglich die Software des anderen kennen müsste, um Probleme in der Kommunikation zu vermeiden (vgl. Rienzner, 2009, S. 39ff). Menschen“<br />

Diese Ansicht kann ich persönlich nicht teilen, denn Hofstede betont sogar, dass man vorsichtig sein muss, die kulturellen Unterschiede nur anhand der Staatsangehörigkeit zu beurteilen. Daten für Nationalstaaten zu erhalten ist aber bedeutend einfacher, als über eine Ethnie, religiöse oder sprachliche Gruppe. In weiterführenden Studien wurde zudem auch teilweise bestätigt, dass Nationen mit vielen ethnischen Volksgruppen und unterschiedlichen<br />

59


(wie z. B. sämtliche ehemalige Kolonien, Malaysia, Belgien, das ehemalige Jugoslawien) im Vergleich zu den Bevölkerungsgruppen anderer Länder durchaus gemeinsame Eigenschaften aufweisen. Zudem geht es Hofstede um die Bewusstmachung, Sprachen<br />

unsere Wertsysteme vom jeweiligen kulturellen Hintergrund abhängen und dies auch in unseren Kommunikationen beachten sollen (vgl. Hofstede, Hofstede, 2011, S. 23, 44, 428, 447, 494). dass<br />

Halls Kulturkonzept und –dimensionen Der amerikanische Anthropologe Edward T. Hall sieht Kultur als „riesigen, komplexen Computer (giant, extraordinary complexe, subtle computer), welcher spezifisch zugrunde 4.2.3<br />

Strukturen (basic patterns) aufweist, ihre Mitglieder teilen verinnerlichte Verhaltenscodes und unbewusste Bedeutungszuschreibungen (silent language)“ (Hall, Reed Hall, 1990, S. 3). liegende<br />

zwischen Kulturen sind auf eine Matrix von verschiedenen Parametern Missverständnisse<br />

die für alle Kulturen gelten. In seinen Studien stellt Hall Verbindungen zwischen Kulturunterschieden und Kommunikationsunterschieden in verbaler und nonverbaler Kommunikation her. zurückzuführen,<br />

vier Kulturdimensionen werden von Hall identifiziert: 1) Kontextorientierung 2) Raumorientierung Folgende<br />

Zeitorientierung 4) Informationsgeschwindigkeit 3)<br />

Kontextorientierung Die Bedeutung von Kommunikation wird durch den Kontext bestimmt. Je nach Situation bedeutet ein Lächeln sowohl Unsicherheit als auch Zufriedenheit. Einzelne Wörter ändern in 4.2.3.1<br />

Zusammenhängen die Bedeutung. Je nach Kultur ist es verschieden, wie viel Information man aus dem Kontext erhält. Deshalb werden „high-context-Kulturen“ und „lowcontext-Kulturen“ unterschieden. verschiedenen<br />

In „high-context-Kulturen“ ist es nicht üblich und notwendig, dass Botschaften explizit formuliert werden (Dinge werden nicht beim Namen genannt), damit man verstanden wird. Der Großteil der Information steckt in der Gesprächssituation und den - partnern. Vor allem die Art (Gesichtsausdruck, Anspielungen, Umstände der Begegnung), wie etwas gesagt wird, ist wichtig. Nonverbale Signale sind in diesen Kulturen für die Kommunikation sehr wichtig.<br />

60


für „high-context-Kulturen“: südeuropäische Länder, viele asiatische Länder (China, Japan), arabische und afrikanische Länder. Beispiele<br />

„low-context-Kulturen“ wird hingegen explizit formuliert, man nennt Dinge konkret und präzise beim Namen. Aus dem Kontext wird wenig abgeleitet, vielmehr steckt die Bedeutung der Aussage direkt im Gesagten. Nonverbale Signale sind daher beinahe nicht zu finden, In<br />

ist, was gesagt wird, jedoch nicht wie etwas gesagt wird. Schriftliche Festlegungen sind bindend, mündliche hingegen viel weniger. wichtig<br />

für „low-context-Kulturen“: USA, Schweiz, skandinavische Länder, Deutschland, nordeuropäische Länder (vgl. Hall, Reed Hall, 1990, S. 6, 7). Beispiele<br />

Kontextorientierung kann in Zusammenhang mit Hofstedes Individualismus – Kollektivismus gesehen werden. „High-context-Kulturen sind kollektivistisch, denn die Gruppenzugehörigkeit ist wichtig und es können aufgrund der persönlichen Verbindung zu Halls<br />

Gruppenmitgliedern Informationen implizit übermittelt werden, zum Verständnis bedarf es keiner Worte. „Low-context-Kulturen“ sind individualistisch und da man die anderen<br />

nicht so gut kennt, muss man explizit kommunizieren, damit man verstanden wird (vgl. Hawlik, 2008, S. 30). 4.2.3.2 Raumorientierung Mitmenschen<br />

Raumorientierung beschreibt die kulturabhängig verschiedenen großen Abstände, die Menschen zulassen. Für die Raumorientierung gibt es zwei wichtige Aspekte: das Territorium und die Privatsphäre. Die<br />

sind Orte und Gegenstände, die Menschen als persönliches Eigentum Territorium<br />

weil sie sie entweder besitzen oder oft verwenden. Die Privatsphäre ist der unsichtbare Bereich, der die Grenze jeder einzelnen Person angibt, die andere nicht überschreiten dürfen. Es gibt eine intime, persönliche, soziale und öffentliche Privatsphäre. betrachten,<br />

der öffentlichen Sphäre befinden sich Fremde (z. B. entgegenkommender Spaziergänger), mit denen man nichts zu tun hat, in der sozialen Sphäre Personen, die man persönlich nicht kennt, aber mit denen man ins Gespräch kommt (z B. Verkäufer), in der persönlichen Sphäre In<br />

sich Familienmitglieder und Freunde, die man an sich nahe heranlässt und die befinden<br />

intime Sphäre gilt nur für Menschen, die man sehr gut kennt (z. B. Partner, Kinder). Diese Zonen können sich mit steigender Vertrautheit zwischen Personen auch ändern. Es ist kulturabhängig, wie viel Platz die einzelnen Sphären bei einem Menschen einnehmen. Sowohl eine Über- als auch Unterschreitung der Distanz kann zu Missverständnissen führen. Nordeuropäer haben einen engen Begriff der intimen und persönlichen Zonen und eine weite Körperdistanz. Dort können Körperberührungen oder das Riechen des Atems des anderen<br />

61


unangenehm und als Raub der Intimsphäre gesehen werden. In Südeuropa hingegen berühren sich Menschen viel eher und ein „bloßes Nebeneinander-Stehen“ in Armlängenentfernung kann als übertriebene Vorsicht, Feindseligkeit oder mangelndes als<br />

gesehen werden (vgl. Hall, Reed Hall, 1990, S. 10ff). 4.2.3.3 Zeitorientierung Vertrauen<br />

geht es um das Verhältnis und den Umgang mit Zeit, welche Kulturen definieren und auch unterscheiden. Man unterscheidet hier monochrone und polychrone Kulturen. Hier<br />

Kulturen nehmen Zeit in einer linearen Weise wahr, es gibt genau definierte Punkte, einzelne Arbeiten (Arbeitsschritte) werden hintereinander erledigt, das Einhalten von Zeitplänen ist wichtig und die Erledigung von Aufgaben zählt mehr als die Pflege Monochrone<br />

Beziehungen. Die Tage sind stark durchstrukturiert in einem Terminplan, und es wird zwischen Arbeits- und Privatleben streng unterschieden. Zeit spielt eine herausragende Rolle als Ordnungssystem für die Organisation des menschlichen Lebens. persönlicher<br />

für monochrone Kulturen: USA, nordeuropäische Staaten, Großbritannien, Beispiele<br />

Deutschland Polychrone Kulturen nehmen Zeit zirkulär wahr, das Erledigen mehrerer Handlungen nebeneinander ist üblich und Zeit wird als „dehnbar“ empfunden. Man ist flexibler, und setzt Schweiz,<br />

Prioritäten auf die persönlichen Beziehungen, das Erledigen einer Aufgabe und Zeitpläne sind zweitrangig, wenn es zu einer persönlichen Begegnung kommt, Dinge laufen parallel ab. die<br />

für polychrone Kulturen: arabische Länder, westafrikanische Länder, Südasien, Beispiele<br />

Länder Eine Verbindung zwischen der Kontextorientierung besteht: „High-context-Kulturen“ sind polychron – auch im Gespräch konzentriert man sich auf unterschiedliche lateinamerikanische<br />

genau wie bei den gleichzeitig durchgeführten Aktivitäten. „Low-context- Kulturen“ sind monochron, denn damit man explizit, korrekt sein kann, wird alles der Reihe nach erledigt (vgl. Hall, Reed Hall, 1990, S. 13ff). Informationskanäle,<br />

zu dieser Dimension lässt sich ein Bezug zu Hofstedes Langzeit – Kurzzeitorientierung Auch<br />

herstellen. In monochronen Kulturen ist man eher kurzzeitig orientiert, in polychronen Kulturen eher langzeitig (vgl. Hawlik, 2008, S. 36). 4.2.3.4 Informationsgeschwindigkeit In dieser Dimension geht es um das unterschiedliche Tempo, mit welchem Informationen weitergegeben werden. Bei hoher Informationsgeschwindigkeit dominieren<br />

62


aber wenig aussagekräftige Informationen. Bei niedriger Informationsgeschwindigkeit dominieren aussagekräftigere Informationen. Dies ist auch auf Gespräche übertragbar. Die Dauer von Gesprächen, wo Informationen weitergegeben schnellverbreitbare,<br />

ist oft sehr unterschiedlich. Manche Menschen kommen sofort auf den Punkt, andere verpacken die Information in einem langen Gespräch. Auch das Tempo wie schnell man Freundschaften schließt, hängt damit zusammen (vgl. Hawlik, 2008, S. 25). werden,<br />

Kulturelle Unterschiede und Kulturkonflikte im Asylverfahren 4.3.1 Bedeutung der Kulturbegriffe von Bourdieu, Hofstede und Hall für das 4.3<br />

im Asylverfahren An den drei vorgestellten Kulturkonzepten wird meiner Meinung nach mehr als deutlich, inwieweit „Kultur“ viele Bereiche unseres Lebens beeinflusst. Manche Dinge im Einvernahmegespräch<br />

Dialog – so eben auch in der Einvernahme im Asylverfahren – müssen beachtet werden, damit Missverständnisse und Unstimmigkeiten so gering wie möglich interkulturellen<br />

werden. Folgende vier Aspekte sind nach diesen Kulturtheorien für die Einvernahme aus kultureller Sicht meiner Einschätzung nach wichtig: gehalten<br />

Soziale Herkunft und Bildung 2) Zeit 3) Individuum – Gemeinschaft / Direktheit – Umschreibung 1)<br />

Macht 4)<br />

Soziale Herkunft und Bildung Das Habituskonzept des französischen Soziologen Pierre Bourdieu ist ein guter Erklärungsansatz, warum es u. a. gerade auch im Asylverfahren zu sehr unterschiedlichen 4.3.1.1<br />

(und Missverständnissen) kommen kann. An Bourdieus Habituskonzept sieht man deutlich, dass „kulturelle Unterschiede“ nicht zwingendermaßen etwas mit einer unterschiedlichen Staatsangehörigkeit, einer Sichtweisen<br />

unterschiedlichen geografischen Herkunft zu tun haben, sondern dass sich diese Unterschiede sehr wohl auch innerhalb einer „Nationalgesellschaft“ abspielen. Es ist vor allem der soziale Hintergrund, das Milieu der Akteure für deren Handlungen ausschlaggebend. Dies ist für Asylverfahren ein wesentlicher und nicht zu vernachlässigender Faktor. Bevor noch die Missverständnisse und Probleme aufgrund der unterschiedlichen geografischen<br />

63


und Sprache in der Einvernahme zu Tage kommen, ist die unterschiedliche soziale Schicht und das unterschiedliche Bildungsniveau von Referent und Asylwerber ausschlaggebend für „kulturelle Unterschiede und Differenzen“. Würde man ein Experiment Herkunft<br />

und einen Österreicher (ohne Migrationshintergrund), der hier sozialisiert wurde und in einem bildungsfernen Milieu beheimatet ist, zu seinem letzten Urlaub befragen – auf welcher Reiseroute er konkret gefahren ist, wann und wo er Pausen gemacht hat, und was machen<br />

so im Urlaub passiert ist und das „speziellste Erlebnis“ möglichst detailreich und wahrheitsgemäß nachzuerzählen – würde man meiner Einschätzung nach mit Sicherheit auf alles<br />

Probleme, Ungereimtheiten und Widersprüchlichkeiten kommen, wie in einer Einvernahme im Asylverfahren mit einem schlecht gebildeten Asylwerber. Dass die Dispositionen nach Bourdieu u. a. strukturiert sind (Spiegelung des sozialen ähnliche<br />

unter welchen diese erworben wurden), die Art und Weise der Körperhaltung, Gestik, Mimik und Gehen derart einverleibt sind, dass sie unbewusst geschehen und der sprachliche Habitus, unsere Sprechweise, ebenfalls Ausdruck unseres sozialen Hintergrunds<br />

ist, ist für das Einvernahmegespräch von wesentlicher Bedeutung. Hintergrundes<br />

Herkunft und Bildung lassen Menschen daher in Situationen unterschiedlich agieren und reagieren. Bevor die Einvernahme im Asylverfahren tatsächlich mit den Fragen zu Reiseweg und Fluchtgrund beginnt, werden die Grunddaten des Asylwerbers von der Soziale<br />

aufgenommen. In den meisten Fällen geschieht dies bereits vor der Erstbefragung durch die Polizei, spätestens aber im BAA durch den Referenten. Neben den Grunddaten des Asylwerbers, seinen Familiengehörigen und Wohnsitz im Heimatland, ist die Schul- und Behörde<br />

und – ausübung eine der abzuklärenden Rubriken. Gerade dieser letzte Punkt ist für die Gestaltung der Einvernahme und die Art der Fragestellung ein wichtiges Berufsausbildung<br />

Je nachdem, ob ein Analphabet oder Schüler einer Koranschule oder ein Akademiker befragt werden soll, sollten die Fragen möglichst „habitusgemäß“ formuliert werden. Das Bewusstsein bei Referenten (und auch Dolmetschern) während der Einvernahme, dass Detail.<br />

Asylwerber zumeist einen komplett anderen Habitus als man selbst hat, ermöglicht vielfach eine andere Sichtweise auf Äußerungen und geschilderte Sachverhalte. Mit Sicherheit „gelingt“ das Einvernahmegespräch eher, wenn man bei Fragestellung und der<br />

das Habituskonzept Bourdieus im Kopf hat und Widersprüche können sich oftmals Antworten<br />

auflösen. 4.3.1.2 Zeit „Zeit“ ist ein ganz wesentlicher Faktor von Kultur. Die kulturellen Unterschiede hinsichtlich dem Zeitverständnis und dem Umgang mit Zeit sind für die Einvernahme im Asylverfahren<br />

64


großer Bedeutung und hier treten meiner Einschätzung nach die häufigsten und gravierendsten Missverständnisse auf. Wirft man einen Blick auf die Asylstatistik seit dem Jahr 2000, sind die Hauptherkunftsländer von<br />

Asylwerber Afghanistan, Iran, Irak, Pakistan, Indien, Nigeria, Russische Föderation, Türkei und Serbien bzw. Kosovo (vgl. Asylanträge seit 2000 nach Staatsangehörigkeit, 2012). Dies sind Länder, welche nach Hall einer polychronen Kultur angehören und mit dem der<br />

von monochronen Ländern – wie Österreich – wenig anfangen können. Zeitverständnis<br />

in Kapitel 3.2.6 dargestellt, ist Ziel und Zweck der Einvernahme den Sachverhalt so wahrheitsgemäß wie möglich darzulegen, damit keine Lücken mehr offen sind. Dieser Sachverhalt soll dementsprechend in der Entscheidung durch die Behörde gewürdigt werden Wie<br />

man soll diesen als glaubwürdig oder unglaubwürdig einstufen können. Dabei spielt die Schilderung des Fluchtwegs und noch viel mehr des Fluchtgrundes eine entscheidende Rolle. Die Fragen in der Einvernahme zu Fluchtweg und Fluchtgrund lauten (in etwa) und<br />

folgendermaßen: wortgemäß<br />

Sie Ihre konkrete Reiseroute vom Heimatland bis nach Österreich mit sämtlichen bekannten Aufenthalten, Grenzübertritten und daran beteiligten Personen, nennen Sie genaue Datums-, Uhrzeit- und Ortsangaben.“ „Schildern<br />

Sie die Gründe, warum Sie Ihr Heimatland verlassen haben und einen Asylantrag gestellt haben von sich aus selbständig und wahrheitsgemäß unter Anführung von sämtlichen Daten und Fakten. Falsche Angaben können die Glaubwürdigkeit Ihres „Schildern<br />

beeinträchtigen. Soweit Sie auf Ereignisse Bezug nehmen, werden Sie Vorbringens<br />

den Ort und die Zeit zu nennen, wann dies alles stattgefunden hat und die daran beteiligten Personen.“ Manchmal kommt noch die Ergänzung: „Schildern Sie so, wie wenn Sie einen Aufsatz schreiben würden.“ aufgefordert,<br />

allein diese Fragestellungen bzw. Aufforderungen alleine sind auf ein Zeitverständnis von monochronen Kulturen ausgerichtet. Es sollte möglichst alles nach einem chronologischen, linearen Zeitplan geschildert werden, damit sich der Referent ein Bild Schon<br />

kann. Eine konkrete Angabe von Zeitpunkten in der nahen und fernen machen<br />

Vergangenheit, Präzision und Widerspruchsfreiheit in der zeitlichen Rekonstruktion von<br />

Ereignissen und Abläufen, ist aber für viele Asylwerber allein aus kultureller Perspektive (neben o. a. sozialer Herkunft und Bildung) ein Ding der Unmöglichkeit und stellt diese vor eine Herausforderung. Eine „zufriedenstellende“ Beantwortung nach monochronen Zeitverständnis wird man somit (fast) niemals erhalten. Im Zuge der Einvernahme kommt es immer wieder vor, dass der Referent darauf hinweist, dass nur das „Wesentliche“ erzählt wird bzw. dass Fluchtweg und Fluchtgrund strikt voneinander getrennt werden. Für die<br />

65


Asylwerber ist Fluchtweg und - grund jedoch eine „Einheit“. Es wäre für diese auch logisch, wenn es so erzählt und geschildert werden könnte. Hinzu kommt die für polychrone Kulturen typische Langzeitorientierung, wie von Hofstede meisten<br />

wo das Denken, Fühlen und Handlungen auf die Zukunft ausgerichtet sind. Diese Zukunftsorientierung erschwert es vielen Asylwerbern zusätzlich, Ereignisse aus der Vergangenheit detailliert zu erzählen. Ereignisse, welche (wir) monochronen, beschrieben,<br />

Menschen vermutlich ein Leben lang in unserem Bewusstsein haben und kurzzeitorientierte<br />

wichtig für uns sind (z. B. Todestag und Geburtstage naher Angehöriger, Unfälle, Operationen, Zeiten des Schulbesuchs und Arbeitsbeschäftigung, Kontakt mit einer Behörde etc.), sind für Asylwerber aus polychronen, langzeitorientierten Kulturen unwichtig, werden besonders<br />

bzw. gehen niemals in deren Bewusstsein ein (vgl. Schmidt, Arslan, 2002, S. 8). Diese unterschiedliche Wahrnehmung und Wichtigkeit von Zeit lässt jedoch den Aspekt der Glaubwürdigkeit unter einem ganz anderen Licht erscheinen: Die in Kapitel 3.2.6 vergessen<br />

vier Kriterien für Glaubwürdigkeit mögen daher für unsere mitteleuropäische beschriebenen<br />

durchaus sinnvolle und plausible Muster sein. Sie werden jedoch dem Großteil der Asylwerber nicht gerecht und es stellt sich oft ein falsches Bild des Asylwerbers und seines Fluchtgrundes dar. Kultur<br />

hier geht es meiner Meinung nach wieder um die „Bewusstmachung“ bei Referenten. Nicht nur das eigene Denken und Empfinden läuft nach einem Muster ab, sondern auch der Asylwerber hat ein eigenes – komplett anderes – Muster und beides hat seine Auch<br />

und man kann nicht von „gut oder schlecht“ oder „richtig oder unwahr“ Existenzberechtigung<br />

Die Möglichkeit einer möglichst offenen, freien Erzählung durch den Asylwerber, wo auch einmal – für uns monochron gesteuerte Menschen – zu Beginn „Chaos“ herrschen darf und kann, sollte zulässig sein. Durch späteres Nachfragen bzw. Erklärungen kann ausgehen.<br />

auch von uns als „logisch und plausibel nachvollziehbar und den Denkgesetzen der Logik entsprechend“ empfunden werden und man kann Missverständnisse beseitigen. Unglaubwürdigkeiten können durch diese Bewusstmachung, dementsprechende dieses<br />

und Nachfrage oftmals entkräftet werden. Fragestellung<br />

4.3.1.3 Individuum – Gemeinschaft / Direktheit – Umschreibung<br />

Neben dem Zeitverständnis ist für die Einvernahme die von Hall beschriebene Kontextorientierung gemeinsam mit der von Hofstede beschriebenen Dimension „Individualismus versus Kollektivismus“ ein zentraler Punkt, den es zu beachten gilt. Wie in Kapitel 4.2.3.1 beschrieben, sind in „low-context-Kulturen“ (wie eben Österreich) eindeutige Formulierungen und Äußerungen üblich und werden auch gewünscht, man beschreibt und nennt Dinge direkt beim Namen. Dies erwartet sich der Referent natürlich<br />

66


in der Einvernahme vom Asylwerber. Der Großteil der Asylwerber kommt aber aus „high-context-Kulturen“, in welchen diese Direktheit nicht üblich ist und vermutlich eher verstört. Man nennt bestimmte Dinge einfach nicht beim Namen und dies bedarf es im auch<br />

Kulturkreis“ auch gar nicht, weil man sich aufgrund des „Wir-Gefühls“ (Kollektivismus) auch ohne Worte einfach so versteht. Viele Asylwerber geben oftmals auf Fragen des Referenten, wo er sie explizit bittet, dieses und jenes genauestens zu erklären, „eigenen<br />

die Antwort: „Sie wissen doch, was ich meine, Ich weiß nicht, wie ich das erklären soll, wie ich mich ausdrücken soll Aber sie wissen schon, was ich meine.“ Der Referent schlicht<br />

es in den meisten Fällen natürlich nicht, weil er sich in solchen Situationen anders verhält und eine konkrete Antwort geben würde. Genau solche Antworten des Asylwerbers werden aber in den Einvernahmen und vor allem in den Entscheidungen als unglaubwürdig weiß<br />

weil der Asylwerber eben aus seiner „kulturellen Programmierung heraus“ nicht in der Lage ist, etwas konkret zu schildern. Er schildert das Vorbringen nur vage und oberflächlich und so ist es für den Referenten keinesfalls plausibel. Problematisch sind in ausgelegt,<br />

Zusammenhang auch „Tabu-Themen“, z. B. eine Vergewaltigung oder Homosexualität. In vielen Herkunftskulturen der Asylwerber ist es nicht üblich, ja sogar diesem<br />

über solche Vorfälle und Gegebenheiten zu sprechen. Bei einem Vorbringen dieser Art wird aber nicht nur sehr direkt gefragt, man verlangt auch ganz konkrete, detailgetreue Antworten. Oft wird das „Nicht-Schildern-Wollen bzw. Können“ sodann als gänzliche verpönt,<br />

abgetan, was aber nicht den Tatsachen entspricht. Eng in Verbindung mit der Kontextorientierung steht Individualismus versus Kollektivismus. „High-context-Kulturen“ gelten als kollektivistisch, man ist Teil einer Gruppe und diese bildet Unglaubwürdigkeit<br />

Hauptidentität des Menschen. Wenn also Asylwerber oft von „wir“ reden, meinen sie die<br />

„ich“, weil sie sich eben hauptsächlich über die Gruppe definieren und nicht als „eigenständige, selbständige Person“, die seine Meinung einfach so sagen kann. Als in einer kollektivistischen Kultur sozialisierter Mensch wird man immer auch noch an die „anderen“ in eigentlich<br />

Gruppe denken. Diese Gruppe bedeutet Geborgenheit und Schutz, dafür wird aber Loyalität verlangt. Vor diesem Hintergrund ist es (eher) erklärbar, dass ein Asylwerber sich schwer tut über einen Angehörigen der gleichen Gruppe etwas Negatives zu sagen bzw. der<br />

diesen auszusagen. Hinzu kommt, dass man in dieser Gruppe verstärkt lernt, Autoritäten zu respektieren. Das bedeutet vor allem auch, dass man als ein einfaches gegen<br />

Mitglied dieser Gruppe nicht einfach von sich aus das Wort ergreift und erzählt, sondern eben wartet, bis dass man aufgefordert wird, genauso hackt man nicht bei jedem Widerspruch ein. Aber in der Einvernahme im Asylverfahren wird nun verlangt, dass man von sich aus erzählt. Im Laufe des Verfahrens kommt oft auf die Frage, warum dieses und jenes nicht erwähnt wurde, „Ich wurde nicht gefragt“. Was für individualistische „low-context- Kulturen“ üblich und selbstverständlich ist – Dinge konkret zu beschreiben, das Wort und<br />

67


erheben – kann nicht für einen Asylwerber vorausgesetzt werden (vgl. Schmidt, Arslan, 2002, S. 6). Die von Hofstede beschriebene Unsicherheitsvermeidung kann meiner Meinung nach auch Einsprüche<br />

eine Erklärung für manche „Ungereimtheiten“ in der Einvernahme sein. Kulturen mit schwacher Unsicherheitsvermeidung leben „in den Tag hinein“, man macht sich weniger Sorgen um die Zukunft. Herkunftsländer von Asylwerber haben typischerweise eine noch<br />

Unsicherheitsvermeidung (auch wenn nicht ganz so eindeutig ausgeprägt, wie schwächere<br />

Abbildung 8 entnehmen kann) als Österreich. Oftmals wird in der Einvernahme gefragt, was man nun weiter gedenkt in Österreich zu tun, oder was wäre, wenn man Asyl erhält und hierbleiben könnte. Auf diese Frage antworten Asylwerber oftmals mit „Ich weiß es nicht, man<br />

habe ich mir noch keine Gedanken gemacht, man wird sehen, wenn es soweit ist“. Für uns ist diese „Einstellung“ großteils nicht nachvollziehbar, dass jemand ins Ausland flüchtet und keinen Plan hat, wie es weitergehen soll. Oftmals wird dies als darüber<br />

ausgelegt, denn „jemand der sich keine Sorgen um die Zukunft macht, kann doch in der Vergangenheit gar nicht so verfolgt gewesen sein“. Unglaubwürdigkeit<br />

bedarf es vorerst einer Bewusstmachung seitens des Referenten. Oft hilft eine ausführliche Erklärung durch den Referenten, wie die Frage gemeint ist und was man sich erwartet. Meiner eigenen Erfahrung zufolge ist es oft hilfreich, wenn ich zuerst erkläre, was Auch<br />

bei uns in Österreich in bestimmten Fällen üblich ist und was ich mir erwarte. Wenn ich etwas nicht verstehe, frage ich einfach nach und bitte, dass doch näher zu beschreiben, weil es mir schwer fällt mit „meinem Denken“ das nachvollziehen zu können. In den meisten hier<br />

können Widersprüche und Ungereimtheiten so entkräftet werden. Fällen<br />

Macht Zuletzt ist die von Hofstede beschriebene Machtdistanz ein wesentliches Element, welches bei der Einvernahme zu berücksichtigen ist. 4.3.1.4<br />

hier besteht, wie soeben bereits beschreiben, ein Zusammenhang: kollektivistische Kulturen neigen zu einer hohen Machtdistanz. Machtunterschiede sind groß und strikte Hierarchien werden akzeptiert, Gehorsam ist selbstverständlich und man ergreift keine Auch<br />

In diesen Kulturen wagt man es nicht, etablierten Institutionen zu Eigeninitiative.<br />

widersprechen. Die Behörden im Asylverfahren können daher als „Machtgebilde“ gesehen werden: logischerweise von den Asylwerbern, weil sie einerseits so sozialisiert wurden und andererseits durch den Asylantrag nun auch persönlich, wo der Behörde und dem Referenten viel Macht attestiert wird. Asylwerber kommen oftmals aus Ländern, wo Korruption verbreitet ist und man Beamte und Polizisten für eine „wohlwollende<br />

68


ezahlen muss bzw. kann. Eigentlich hat in Österreich das zu vollziehende Gesetz die Macht und nicht die Behörde bzw. deren Vertreter. Oftmals ist das (leider) in der Realität nicht immer so. Denn auch wenn Korruption (im Sinn von Geld- oder sonstiger Entscheidung“<br />

für eine positive Asylentscheidung) in Österreich im Asylverfahren – meiner Einschätzung nach – eher nicht der Fall ist, ist es eine „andere Form“ von Macht, die hier ausgespielt werden kann: Art und Weise des Verhaltens und Auftretens gegenüber Wertannahme<br />

Behandlung durch Behördenorgane, Macht durch die Wortwahl und „Behördensprache“. Asylwerbern,<br />

bereits Bourdieu in Zusammenhang mit dem sprachlichen Habitus erkannt hat, ist ein sprachlicher Austausch (Kommunikation) immer eine symbolische Machtbeziehung, in denen die Machtverhältnisse der Sprecher (bzw. ihrer sozialen Kulturen) sichtbar werden (vgl. Wie<br />

2005, S. 41). Macht ist also nicht nur in kultureller Hinsicht sondern auch auf Kommunikationsebene ein wichtiger Faktor, der bei der Einvernahme im Asylverfahren zu berücksichtigen ist. In Kapitel Bourdieu,<br />

wird darauf noch näher eingegangen werden. 5<br />

Und Religion? Auffällig ist, dass in sämtlichen in dieser Arbeit vorgestellten (und auch anderen) Kulturtheorien wenig die Religion bzw. das Religionsbekenntnis als 4.3.2<br />

bzw. als ein Problembereich gesehen wird. Hofstede betont sogar, dass religiöse Zugehörigkeiten kulturell viel weniger (bis gar nicht) relevant sind, als häufig angenommen. „Betrachtet man Länder und deren (Haupt)religion, so sind die religiösen Unterscheidungsmerkmal<br />

immer ein Ergebnis von bereits historisch zuvor bestehenden kulturellen Wertemustern“ (Hofstede, Hofstede, 2011, S. 21, 22). Praktiken<br />

in der österreichischen Öffentlichkeit – Medien und Politik – wird jedoch die Diskussion um Migranten zusehends von einer „Ausländerdebatte“ zu einer „Islamdebatte“ verlagert. Rassismus ist verpönt, wenn er gegen „Ausländer per se“ gerichtet ist, wenn man Gerade<br />

„antiislamisch“ eingestellt ist, ist eine gesellschaftliche Verurteilung kaum zu beobachten. Dies sieht man in diversen Wahlkämpfen einer politischen Partei in Österreich; aber<br />

auch die Abstimmung über Minarette in der Schweiz zeichnet dieses Bild. Der 11. September 2001 hat das Seine zur „Islamophobie“ beigetragen (vgl. Baghajati, 2010, S. 267). Der öffentlichen Debatte nach scheint es so, als ob „der Islam“, die „andere Religion“, das Problem schlechthin im Umgang mit und der Integration von Migranten ist. Diese Frage<br />

69


mir im Zusammenhang mit dem Einvernahmegespräch im Asylverfahren interessant – welche Bedeutung die religiöse Zugehörigkeit in Alltagssituationen, wie z. B. Kommunikationen, hat. schien<br />

Huntingtons Kulturbegriff: Bedeutung von Religion für das Einvernahmegespräch Der durch sein Buch „Clash of Civilizations“ (Kampf der Kulturen) weltweit 4.3.2.1<br />

amerikanische Politikwissenschafter Samuel P. Huntington nennt folgende Kriterien, die eine Kultur ausmachen bzw. unterscheiden: „Blut, Sprache, Religion und Lebensweise. Das wichtigste Element, welches eine Kultur ausmacht, ist jedoch die bekanntgewordene<br />

Die großen Kulturen der Menschheitsgeschichte identifiziert man mit den großen Religionen der Welt. Wesentliche Unterschiede von Menschengruppen sind auch ihre Werte, Überzeugungen, Institutionen und Gesellschaftsstrukturen und nicht Körpergröße, -form und Religion.<br />

(Huntington, 2002, S. 52, 53). Hautfarbe“<br />

unterscheidet die Welt in acht Kulturkreise (vgl. Sodtke, 2009, S. 14): 1) sinische / konfuzianische Kultur (Kernstaat China) 2) japanische Kultur (Kernstaat und einziges Mitglied Japan) Huntington<br />

hinduistische Kultur (Kernstaat Indien) 4) islamische Kultur (ohne Kernstaat) 5) westliche Kultur (Kernstaaten: USA, deutsch-französischer Kern Europas und 3)<br />

als dazwischen treibendes Machtzentrum, Australien und Neuseeland sind England<br />

Mitglieder) 6) afrikanische Kultur (ohne Kernstaat) 7) lateinamerikanische Kultur (ohne Kernstaat) nur<br />

slawisch-orthodoxe Kultur (Kernstaat Russland) Schon bei dieser Einteilung wird sichtbar, dass das zuvor beschriebene Hauptunterscheidungsmerkmal „Religion“ nicht passend und durchgängig ist. Wohin gehören 8)<br />

nigerianische Muslime – zur islamischen oder doch zur afrikanischen Kultur? beispielsweise<br />

Was ist mit den Millionen muslimischer Inder? Wohin gehört das orthodoxe Griechenland<br />

oder Rumänien? Huntingtons These zu Kulturen ist von einer zu westlichen Sichtweise und den Eindrücken des Kalten Krieges geprägt. Es handelt sich oftmals nur um die Wiedergabe von Klischees und es ergeben sich oftmals Widersprüche. In Wahrheit sind es ganz andere als die religiösen Faktoren, die das Zusammenleben von unterschiedlichen Kulturen<br />

70


„Angehörige derselben Religion sind keinesfalls Träger der gleichen Kultur, Zivilisation. Nähe oder Ferne, Sympathie, Gleichgültigkeit oder Antipathie hat mit religiös definierten Zivilisationen – empirisch belegt – viel weniger zu tun, wie etwa Huntington beeinträchtigen.<br />

Hingegen haben Sprache, Bildung, berufliche Qualifikation, Konkurrenz auf dem Arbeitsmarkt, Sitten, Gebräuche, Alter und historisch gewachsene Vertrautheit viel mehr Auswirkungen auf die Akzeptanz und Ablehnung gegenüber anderen Menschen. Die von behauptet.<br />

beschriebenen Kulturkreise sind keinesfalls reale Einheiten sozialer Identität und Solidarität, sondern geopolitische Fiktionen“ (Riesebrodt, 2001, S. 23, 24). Huntington<br />

ist die Theorie Huntingtons, dass sich Menschen gleicher Sprache und Ethnie gegenseitig töten, weil sie an einen verschiedenen Gott glauben (er nennt hier die Beispiele Libanon und ehemaliges Jugoslawien), nicht haltbar (vgl. Huntington, 2002, S. 52). Meistens Ebenfalls<br />

es in der Geschichte zu blutigen Auseinandersetzungen zwischen Menschen gekommen, die an denselben Gott glauben, wie die aktuellen Konflikte in Syrien zeigen. Hier geht es nicht um einen Konflikt zwischen Christen und Moslems, sondern zwischen den ist<br />

Ausrichtungen des Islam (vgl. Steinberg, 2012, S. 3). Dazu gibt es unzählige weitere Beispiele aus der Geschichte, u. a. der Konflikt in Nordirland unter unterschiedlichen<br />

die Glaubenskriege im 16., 17. Jahrhundert zwischen Katholiken und Protestanten. Huntingtons Kulturbegriff ist von einem stark verkürzten Religionsbegriff geprägt. „Religion wird hier nicht als Vollzug religiöser Praktiken verstanden, sondern als Institutionalisierung Christen,<br />

Praktiken, damit meint man extrem abstrakte religiöse Werte wie z. B. Individualismus, Freiheit, Demokratie“ (Riesebrodt, 2001, S. 29). Für den amerikanischen Religionssoziologen Martin Riesebrodt hat jede Religion die der<br />

einer Krisenbewältigung. Risiken und Gefahren sollen vermieden oder abgewendet Funktion<br />

Daraus erklärt sich auch der überragende kulturelle Einfluss von Religion in der Menschheitsgeschichte (vgl. Riesebrodt, 2001, S. 42). Dieser Religionsbegriff von Riesebrodt ist insofern überzeugend, da er einen kulturübergreifenden Begriff von Religion werden.<br />

Dieser hat Gültigkeit für sämtliche Religionen. Sie sind die kulturellen Traditionen zur Krisenbewältigung (vgl. Kreutzer, 2011, S. 7, 8). Insofern hängt Religion natürlich mit Kultur zusammen und es besteht vermutlich eine entwickelt.<br />

gegenseitige Wechselwirkung. Aber für mein Verständnis macht Riesebrodts Religionsbegriff klar, dass Religion nicht die Kultur ausmacht (wie Huntington behauptet), sondern eher Kultur die Religion. Hofstedes Ansicht, dass Religion das Ergebnis von bereits zuvor bestehenden kulturellen Wertemustern ist und kulturelle Unterschiede ausmachen kann aber keinesfalls muss, kann ich viel abgewinnen.<br />

71


diesem Hintergrund, an den offensichtlichen Widersprüchen an Huntingtons These und meiner persönlichen Erfahrung nach, kommt daher dem Religionsbekenntnis per se im Einvernahmegespräch (und vermutlich auch in anderen Alltagssituationen) kaum eine Rolle Vor<br />

Es ist zweitrangig, welcher Religion Referent und Asylwerber angehören. Zudem ist Religion nur Thema des Einvernahmegesprächs bei behaupteter Verfolgung aufgrund der Religion oder Konversion (vor allem bei iranischen Staatsangehörigen), und diese machen zu.<br />

den Großteil der Asylwerber und ihrer Fluchtgründe aus. keinesfalls<br />

wird immer wieder (auch in BAA-internen Schulungen) das Beispiel der tschetschenischen Frau, die dem männlichen Referenten die Hand zum Gruß nicht gibt, erwähnt. Es wird dies als Ausdruck der islamischen Religion der Tschetschenin gesehen, die Es<br />

ihr nicht erlaubt, einem fremden, nicht-muslimischen Mann die Hand zu geben. Also spielt Religion doch eine Rolle? An diesem Beispiel wird die „Falschauslegung“ der Geste deutlich sichtbar. Es ist richtig, dass die tschetschenische Asylwerberin dem österreichischen es<br />

nicht die Hand gibt, aber genauso wenig würde sie einem tschetschenischen muslimischen Mann die Hand geben. Es ist in der Gesellschaft der Tschetschenen einfach Referenten<br />

üblich, dass sich Männer und Frauen die Hand geben, aber das hat nicht unbedingt etwas mit Religion zu tun, sondern war schon lange vor dem Islam in dieser Region Tradition (vgl. Schmidinger, Schinnerl, 2009, S. 17). Dass das Händeschütteln auch bei Chinesen nicht<br />

gesehen her nicht üblich ist, wird selten bis gar nicht erwähnt und wenn, käme man nie darauf, dass es sich hierbei um einen Ausdruck der Nichtanerkennung der Religion des anderen handelt (vgl. Wikipedia - Sozialverhalten in China, 2012). traditionell<br />

unterschiedliche Religionsbekenntnis spielt für die Einvernahme im Asylverfahren Das<br />

kaum eine Rolle und stellt – im Gegensatz zu vielen anderen tatsächlichen kulturellen Unterschieden – meiner Meinung nach relativ wenig Probleme oder Konflikte für die Verständigung dar.<br />

eigentlich<br />

72


Kommunikation 5.1 Grundlagen der menschlichen Kommunikation 5.<br />

Goffmans Interaktionsordnung Das Einvernahmegespräch ist für das Asylverfahren das zentrale „Beweismittel“ schlechthin und für den Ausgang des Verfahrens von besonderer Bedeutung. Es handelt sich hierbei um 5.1.1<br />

Kommunikation, um eine Interaktion, zwischen Referent und Asylwerber, welche durch eine<br />

gegenseitige verbale Sprachunkenntnis erschwert wird und nur mit Hilfe eines Dolmetschers (teilweise) gelöst werden kann. Nach der Definition des amerikanischen Soziologen Erving Goffman sind Interaktionen ein die<br />

Einfluss von Individuen auf- und untereinander. Er unterscheidet zwischen nicht-zentrierten und zentrierten Interaktionen, wobei man bei ersterer die bloße Anwesenheit von mehreren Personen und bei zweiterer die konkrete Interaktion (Gespräch) wechselseitiger<br />

In jeder Interaktion versucht man ein gewisses Bild von sich zu vermitteln, weil einem meint.<br />

ist, dass man beobachtet wird. Daher vergleicht Goffman diese Interaktionen (zur Veranschaulichung) mit dem Theater, mit einem Rollenspiel. Für diese Interaktionen ist eine „Interaktionsordnung“ unbedingt erforderlich und genau diese ist Hauptgegenstand von bewusst<br />

Analysen und Untersuchungen. In den „Interaktionsordnungen werden Räume, Gelegenheiten, Zusammenkünfte umschrieben, in welchen Individuen einen Arbeitskonsens über die Beschaffenheit der Wirklichkeit herstellen. Durch gegenseitige Aufmerksamkeit, Goffmans<br />

und Handlungskoordination entstehen soziale Begegnungssituationen mit eigenem Format“ (Hettlage, 2007, S. 199). Jede Interaktion ist nach Goffman ergebnisoffen, Anteilnahme<br />

riskant und bedrohlich. „Interaktion wird aber nicht nur organisiert, um sich selbst darzustellen, sondern auch um sich selbst vor anderen zu schützen („heiliges Selbst“)“ (Hettlage, 2007, S. 207). überraschend,<br />

müssen bei Interkationen immer bestimmte Rituale eingehalten werden, um Beleidigungen abzuwehren, Wiedergutmachung zu fordern und Fehler zu vermeiden. Durch diese Rituale bringen sich die handelnden Personen gegenseitigen Respekt entgegen, jeder Daher<br />

kann seine Identität schaffen und behaupten und damit wird der Grundstein für Teilnehmer<br />

die Strukturierung, die Interaktionsordnung, gelegt. Respekt wird durch Vorsicht, Sorgfalt und<br />

Sensibilität geschaffen. Besonders deutlich wird die rituelle Struktur von Begegnungen bei Begrüßung, Verabschiedung und Entschuldigung (vgl. Hettlage, 2007, S. 208ff).<br />

73


Watzlawicks Kommunikationstheorie Soziale Kommunikation ist der Austausch, die Vermittlung und die Aufnahme von Informationen zwischen Menschen. Eine Interaktion ist ein wechselseitiges aufeinander 5.1.2<br />

und sich ergänzendes Verhalten zwischen Menschen, ein Geschehen zwischen Personen, die wechselseitig aufeinander reagieren und sich dabei gegenseitig beeinflussen und steuern. bezogenes<br />

diesem Verständnis besteht Kommunikation aus mindestens vier Elementen: einem Gemäß<br />

(Kommunikator), einem Kommunikationsinhalt (Aussage, Mitteilung, Botschaft), einem Kanal, über den der Inhalt übermittelt wird (Medium) und einem Empfänger (Rezipient). Der Sender übermittelt eine Information verschlüsselt an den Sender<br />

und der Empfänger erfasst und entschlüsselt die übermittelte Botschaft (vgl. Kobzina, 2006, S. 6). Der gebürtige österreichische Kommunikationswissenschafter, Psychotherapeut, Kommunikationspartner<br />

Soziologe und Philosoph Paul Watzlawick stellte fünf Axiome2 auf, welche Psychoanalytiker,<br />

menschliche Kommunikation erklären und Ihre Paradoxien zeigen: 1) Die Unmöglichkeit, nicht zu kommunizieren 2) Die Inhalts- und Beziehungsaspekte der Kommunikation die<br />

Die Interpunktion von Ereignisfolgen 4) Digitale und analoge Kommunikation 5) Symmetrische und komplementäre Interaktionen 3)<br />

Die Unmöglichkeit, nicht zu kommunizieren 5.1.2.1<br />

„Material“ jeglicher Kommunikation sind keinesfalls nur Worte (verbal), sondern auch Körperhaltung, Körpersprache, Tonfall, Schnelligkeit und Langsamkeit der Sprache, Pausen, Lachen, Seufzen – kurz Verhalten jeder Art ist ebenfalls „Material“ von Kommunikation Das<br />

Man kann sich eben nicht nicht verhalten. Kommunikation findet nicht nur dann statt, wenn sie absichtlich, bewusst und erfolgreich (wenn gegenseitiges Verständnis zustande kommt) geschieht (vgl. Watzlawick, Beavin, Jackson, 2011, S. 58ff). (nonverbal).<br />

ergibt sich das 1. Axiom: „Man kann nicht nicht kommunizieren“ (Watzlawick, Beavin, Daher<br />

Jackson, 2011, S. 60).<br />

5.1.2.2 Die Inhalts- und Beziehungsaspekte der Kommunikation Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und Beziehungsaspekt. Der Inhaltsaspekt vermittelt die „Daten“, der Beziehungsaspekt weist an, wie diese Daten aufzufassen sind. Beziehungen sind sehr selten bewusst und ausdrücklich definiert, die Definition der Beziehungen rückt 2 Axiom = Grundsatz, der keines Beweises bedarf<br />

74


mehr in den Hintergrund, je spontaner und „gesunder“ die Beziehung ist, aber „kranke“ (konfliktreiche) Beziehungen sind durch wechselseitiges Ringen um ihre Definition gekennzeichnet und der Inhaltsaspekt verliert so fast völlig an Bedeutung (vgl. Watzlawick, umso<br />

Jackson, 2011, S. 61ff). Daraus ergibt sich das 2. Axiom: „Jede Kommunikation hat einen Inhalts- und einen Beziehungsaspekt, derart, dass der Beziehungsaspekt den Inhaltsaspekt bestimmt und Beavin,<br />

eine Metakommunikation ist“ (Watzlawick, Beavin, Jackson, 2011, S. 64). daher<br />

Die Interpunktion von Ereignisfolgen Interaktionen sind Phänomene des Mitteilungsaustausches zwischen Kommunikationsteilnehmern. Unter der Interpunktion von Ereignisfolgen versteht man die 5.1.2.3<br />

Struktur der Interaktion, die jeder Teilnehmer festlegt. Die Interpunktion organisiert Verhalten und ist wesentlicher Bestandteil jeder menschlichen Beziehung. Die Zugehörigkeit zu einer bestimmten Kultur bringt auch ganz bestimmte, eigene zugrundeliegende<br />

mit sich, welche zur Regulierung von „richtigem Verhalten“ dienen. Nun wird die Relativität sämtlicher Rollen offensichtlich und es werden bestimmte Interpunktionsweisen<br />

bestimmte Typen zugeschrieben. Diskrepanzen in der Interpunktion sind oft die Wurzel vieler Beziehungskonflikte. Sender und Empfänger strukturieren den Kommunikationsablauf unterschiedlich und interpretieren ihr eigenes Verhalten oft nur als Verhaltensweisen<br />

auf den anderen, d. h. die Ursache für die eigene Reaktion wird dem anderen zugeschoben (vgl. Watzlawick, Beavin, Jackson, 2011, S. 65ff). Das 3. Axiom lautet: „Die Natur einer Beziehung ist durch die Interpunktion der Reaktion<br />

seitens der Partner bedingt“ (Watzlawick, Beavin, Jackson, 2011, S. Kommunikationsabläufe<br />

70). 5.1.2.4 Digitale und analoge Kommunikation Grundsätzlich gibt es in der menschlichen Kommunikation zwei Arten, wie Objekte 69,<br />

werden können. Entweder kann man diese durch Analogie (z. B. Zeichnung) ausdrücken oder durch Namen. Namen sind Worte und deren Beziehung zu dem Gegenstand ist eine rein zufällige oder willkürliche. Bei der analogen Kommunikation findet dargestellt<br />

etwas „Dingartiges“, eine Ähnlichkeitsbeziehung zum Gegenstand. Analoge man<br />

Kommunikation besitzt daher eine weitaus allgemeinere Gültigkeit, als die jüngere, abstraktere digitale Kommunikation. Digitale Kommunikation (das gesprochene Wort) ist weitaus komplexer, vielseitiger und abstrakter als analoge Kommunikation, eine Negation lässt sich ausdrücken. Die Übermittlung von Wissen erfolgt (beinahe ausschließlich) über digitale Kommunikation. Das Gebiet der Beziehung jedoch wird durch die analoge Kommunikation ausgedrückt. Überall,<br />

75


Beziehung zentrales Thema der Kommunikation ist, erweist sich die digitale Kommunikation als fast bedeutungslos. Eine Geste, Miene sagt uns mehr darüber, wie ein anderer über uns denkt, als hunderte von Worten. Es lässt sich vermuten, dass der wo<br />

einer Kommunikation digital übermittelt wird, der Beziehungsaspekt vorwiegend aber analoger Natur ist (vgl. Watzlawick, Beavin, Jackson, 2011, S. 70ff). Daher ergibt sich folgendes 4. Axiom: „Menschliche Kommunikation bedient sich digitaler Inhaltsaspekt<br />

analoger Modalitäten. Digitale Kommunikationen haben eine komplexe und vielseitige und<br />

Syntax, aber eine auf dem Gebiet der Beziehungen unzulängliche Semantik. Analoge Kommunikationen hingegen besitzen dieses semantische Potenzial, ermangeln aber einer für eindeutige Kommunikation erforderlichen logischen Syntax“ (Watzlawick, logische<br />

Jackson, 2011, S. 78). 5.1.2.5 Symmetrische und komplementäre Interaktionen Unter symmetrischen Interaktionen versteht man Beziehungen, die auf Gleichheit, unter Beavin,<br />

Interaktionen Beziehungen, die auf Unterschiedlichkeit beruhen. Im ersten komplementären<br />

ist das Verhalten beider Kommunikationspartner spiegelbildlich und die Interaktion symmetrisch. Die Partner sind in jederlei Hinsicht ebenbürtig. Im zweiten Fall hingegen ergänzt das Verhalten eines Partners das des anderen, wodurch sich eine gegenseitig Fall<br />

Unterschiedlichkeit ergibt. Hier gibt es zwei verschiedene Positionen: ein Partner nimmt die „Oberhand“ ein, der andere die „Unterordnung“. Komplementäre Beziehungen beruhen auf gesellschaftlichen oder kulturellen Kontexten, z. B. Mutter-Kind, ergänzende<br />

Lehrer-Schüler (vgl. Watzlawick, Beavin, Jackson, 2011, S. 78ff). Arzt-Patient,<br />

folgt das 5. Axiom: „Zwischenmenschliche Kommunikationsabläufe sind entweder symmetrisch oder komplementär, je nachdem ob die Beziehung zwischen den Partnern auf Gleichheit oder Ungleichheit beruht“ (Watzlawick, Beavin, Jackson, 2011, S. 81).<br />

Daraus<br />

76


Schulz von Thuns Kommunikationstheorien 5.1.3.1 Kommunikationsquadrat, Nachrichtenquadrat, „Vier-Ohren-Modell“ 5.1.3<br />

Einfluss von Watzlawicks Theorien hat der deutsche Psychologe, Pädagoge und Philosoph Friedemann Schulz von Thun Ende der 1970er Jahre ein Kommunikationsquadrat entwickelt, welches in der folgenden Abbildung gezeigt wird. Unter<br />

10: Kommunikationsquadrat (Schulz von Thun, Das Kommunikationsquadrat, 1981) Abbildung<br />

Äußerung eines Menschen enthält demnach vier Botschaften gleichzeitig, egal ob man will oder nicht: 1) Sachinformation: worüber man informiert Jede<br />

Selbstkundgabe: was man von sich zu erkennen gibt 2)<br />

Beziehungshinweis: was man vom anderen hält und wie man zu ihm steht 4) Appell: was man beim anderen erreichen möchte Beide – Sender und Empfänger – sind für die Qualität der Kommunikation verantwortlich. 3)<br />

der Sachebene geht es um Daten, Fakten und Sachverhalte. Folgende drei Kriterien gelten: wahr – unwahr (zutreffend – nicht zutreffend), relevant – irrelevant, hinlänglich – unzureichend. Die Herausforderung für den Sender besteht darin, dass die Sachverhalte klar Auf<br />

verständlich ausgedrückt werden. Ebenso kann der Empfänger mit den drei oben erwähnten Kriterien auf dem Sachohr entsprechend reagieren. und<br />

Bei der Selbstkundgabe gilt, dass Äußerungen – gewollt oder ungewollt – eine „Kostprobe der Persönlichkeit“, der Gefühle, Werte, Eigenarten und Bedürfnisse, enthalten. Dies kann seitens des Senders explizit oder implizit, bewusst oder unbewusst geschehen. Die preisgegebenen Informationen nimmt der Empfänger auf: „Was ist das für einer? Welche Stimmung hat er?“<br />

77


der Beziehungsseite gibt man zu erkennen, wie man zum anderen steht, was man von ihm hält. Diese Beziehungshinweise werden durch Formulierung, Tonfall, Mimik und Gestik vermittelt. Auch diese transportiert der Sender explizit oder implizit. Der Empfänger kann sich Auf<br />

die eingehende Information entweder wertgeschätzt oder abgelehnt, missachtet oder ungeachtet, respektiert oder gedemütigt fühlen. Auf der Appellseite geschieht die Einflussnahme auf den Empfänger. Es werden vom Sender durch<br />

Ratschläge, Appelle oder Handlungsanweisungen geäußert. Appelle können offen Wünsche,<br />

verdeckt gesandt werden. Der Empfänger fragt sich: „Was soll ich jetzt (nicht) machen, denken, fühlen?“ (vgl. Schulz von Thun, 2006, S. 14, 19, 27, 99, 117, 182). 5.1.3.2 Acht Kommunikationsstile oder<br />

Schulz von Thun definiert weiters acht verschiedene Stile für Kommunikation. Diese treten jedoch meistens in Mischformen auf, selten in reiner Form. 1) Der bedürftig-abhängige Stil: Friedemann<br />

diesem Kommunikationsstil zielt man auf die Hilfe und Unterstützung anderer. Mit<br />

stellt sich dafür selbst als schwach, hilflos und allein nicht lebensfähig dar. Dem Gegenüber gibt man das Gefühl stark und kompetent zu sein. 2) Der helfende Stil: Man<br />

stellt sich selbst stark und belastbar dar, bietet den anderen gerne Hilfe an. Man beschäftigt sich mit den Schwächen und Problemen anderer und kann von seinen eigenen Unzulänglichkeiten und Schwierigkeiten ablenken, denn mit den schwachen Man<br />

der eigenen Persönlichkeit wird man nicht gerne konfrontiert. 3) Der selbst-lose Stil: Seiten<br />

stellt sich selbst als unwichtig, unbedeutend dar und entwertet sich selbst. Im Einsatz für andere erkennt man ausschließlich den Nutzen. Um Ablehnung von anderen zu vermeiden, will man immer das tun, was erwartet wird und richtet sich Man<br />

nach dem Gegenüber, oftmals werden Lasten anderer übernommen. 4) Der aggressiv-entwertende Stil: Hier erhebt man sich gegenüber anderen Menschen. Man konzentriert sich auf die völlig<br />

und Schwächen anderer. Sind diese entdeckt, nutzt man sie aus, um das Gegenüber „klein“ zu machen. Dies passiert aus Angst, dass die eigenen Fehler und Fehler<br />

Schwächen aufgedeckt werden. Insgeheim hat man hier mit Minderwertigkeitsgefühlen zu kämpfen. 5) Der sich beweisende Stil: Man kämpft ständig um seinen Selbstwert, grundsätzlich hält man sich für besonders „hochwertig“ und ist immer bemüht, sich ins rechte Licht zu rücken. Damit möchte man sich selbst und die Umwelt vom eigenen Wert überzeugen und Lob und<br />

78


erhalten. Es kostet aber viel innere Kraft, diese vollkommene Fassade zu pflegen und aufrechtzuerhalten. 6) Der bestimmende-kontrollierende Stil: Anerkennung<br />

Umwelt inklusive der Mitmenschen lenken und kontrollieren, das möchte dieser Stil. Regeln werden aufgestellt und die Einhaltung derer wird eingefordert. Man will sich so vor unvorhergesehenen Überraschungen, Chaos und Kontrollverlust Die<br />

7) Der sich distanzierende Stil: schützen.<br />

benötigte Sicherheitsabstand soll geschaffen und bewahrt werden. Es ist unangenehm, wenn andere Menschen zu nahe kommen – räumlich und emotional. Man neigt dazu, alles aus einer sachlich rationalen Sicht zu betrachten. Der<br />

Der mitteilungsfreudig-dramatisierende Stil: Hier liebt man es, von sich selbst zu sprechen. Es passieren immer aufregende Dinge, die man ausschmückend erzählen und sich so in den Mittelpunkt spielen 8)<br />

Die Gefühle wirken oft nicht echt, sondern übertrieben. Trotz des vielen Erzählens über sich, wird der andere nicht an das wahre Innere herangelassen (vgl. kann.<br />

von Thun, 1992, S. 62, 77, 94, 118, 155, 175, 196, 231). 5.1.3.3 Modell des „Inneren Teams“ „Willst du ein guter Kommunikator sein, dann schau auch in dich selbst hinein, dann nimm Schulz<br />

den Systemblick ein. Eine stimmige Kommunikation muss daher authentisch, identitätsgemäß UND situations- und systemgerecht sein“ (Schulz von Thun, 2011, S. 15). Schulz von Thuns Modell des Inneren Teams beruht auf folgenden sechs Lehren (vgl. auch<br />

von Thun, 2011, S. 18, 19): Schulz<br />

Lehre von der inneren Pluralität des Menschen 2) Lehre von der inneren Führung 3) Lehre vom „inneren Konfliktmanagement“ 1)<br />

Lehre vom Aufbau der Persönlichkeit 5) Lehre von der Variation innerer Aufstellung 6) Lehre vom Gehalt einer Situation 4)<br />

Die nächste Abbildung veranschaulicht die sechs Lehren des „Inneren Teams“<br />

79


11: Sechs Lehren des „Inneren Teams“ (Schulz von Thun, 2011, S. 20) Abbildung<br />

Mensch ist kein einheitliches Wesen, sondern vielmehr macht die innere Vielfalt und Gegensätzlichkeit das eigentlich Menschliche aus. In jedem einzelnen stecken mehrere Persönlichkeiten. Diese inneren „Wir“ sollen zu einem einheitsstiftenden, authentischen „Ich“ Der<br />

Dazu bedarf es einer inneren Führung, einem Teamchef, der in einer „inneren Teamkonferenz, inneren Ratsversammlung“ ein wirkliches Team macht und innere Klarheit werden.<br />

Dies ist besonders schwer, wenn es große „innere Teamkonflikte“ gibt. Diese sind unumgänglich und auch notwendig, aber es ist auch notwendig diese zu erkennen und zu lösen. Lösungen findet man, indem man sich auch ein „Versagen“ in bestimmten Situationen erarbeitet.<br />

In der inneren Seele treten aber nicht alle Mitglieder gleichermaßen „stark“ auf, manche haben eine Hauptrolle, andere eine Nebenrolle. Innere Teamentwicklung besteht bei der Eingliederung der „inneren Außenseiter“, dies ist umso schwieriger, je weiter verbannt zugesteht.<br />

diese Außenseiter sind. Je nach Situation und Gegenüber variiert die „innere Mannschaftsaufstellung“, welche spontan und von selbst geschieht. Die Aufstellung geschieht mehr oder weniger gut, um sie verbessern zu können bedarf es einer Spielfeldlehre. Zu jeder gegebenen Situation gibt es eine adäquate innere Aufstellung. Will der Kommunikator sein Ziel erreichen und zum Gelingen beitragen, muss er den Gehalt einer Situation genau erfassen, um den darin enthaltenen Forderungen durch eine geeignete<br />

80


Aufstellung entsprechen zu können (vgl. Schulz von Thun, 2011, S. 45, 84, 90, 144, 183, 218, 229, 262, 275). „Das Ideal der Stimmigkeit fordert die zu Beginn erwähnte doppelte Entsprechung: mit mir innere<br />

und dem Gehalt der Situation. Person und Situation sind nie unabhängig voneinander zu denken. In der Situation steckt man selbst drinnen, indem man sie nach seiner Wahrnehmung und Zielsetzung definiert. Die Situation steckt in einem selbst drinnen, indem selbst<br />

ihre Gebote als innere Stimmen wirksam werden lässt“ (Schulz von Thun, 2011, S. 318). sie<br />

„Hamburger Verständlichkeitsmodell“ Bereits vor dem Kommunikationsquadrat hat Friedemann Schulz von Thun (gemeinsam mit Reinhard Tausch, Inghard Langer) das „Hamburger Verständlichkeitsmodell“ entwickelt. 5.1.3.4<br />

handelt es sich um einen theoretischen Ansatz zur „Messung“ der Verständlichkeit von Texten. Es werden vier Dimensionen der Textverständlichkeit erkannt: 1) Einfachheit Hierbei<br />

Gliederung / Ordnung 2)<br />

Kürze / Prägnanz 4) anregende Stimulanz Sind diese vier Punkte erfüllt, kann man davon ausgehen, dass ein Text verstanden wird. 3)<br />

Gegenteil ist der Fall, wenn die Texte kompliziert, unübersichtlich, weitschweifig sind und keine Stimulanz aufweisen. Mit diesem Modell kann man bereits bestehende Texte analysieren. Das<br />

Einfachheit ist die Einfachheit in Satzbau und Wortwahl gemeint. Es werden sowohl die Bei<br />

als auch der syntaktische Aufbau beurteilt. Bei der Wortwahl dienen geläufigere, weniger abstrakte Begriffe der Verständlichkeit. Unverzichtbare Fachwörter müssen unbedingt erklärt werden. Bei der Gliederung kommt es auf die „innere Ordnung“ und die Satzlänge<br />

Gliederung“ an. Bei der inneren Ordnung meint man die logische Abfolge der einzelnen Informationen. Die „äußere Gliederung“ betrifft die äußere Strukturierung. In der Textgestaltung soll die „innere Ordnung“ sichtbar gemacht werden. Bei Kürze / Prägnanz „äußere<br />

es sich um das Verhältnis des sprachlichen Aufwandes zu der mittzuteilenden handelt<br />

Information. Unter anregender Stimulanz sind die rhetorischen Mittel gemeint, welche die Aufmerksamkeit und Motivation steigern, z. B. wörtliche Rede, Beispiele, witzige Formulierungen. Optimiert man Texte hinsichtlich dieser vier Dimensionen, kann die Behaltungsleistung maßgeblich gesteigert werden, wobei die Einfachheit die wichtigste dieser vier Dimensionen ist (vgl. Schachinger, 2007, S. 103ff).<br />

81


Kommunikationsprobleme im Asylverfahren 5.2.1 Bedeutung der Kommunikationsgrundlagen für das 5.2<br />

im Asylverfahren Die oben vorgestellten Kommunikationsgrundlagen zeigen deutlich, wie schwierig es ist, dass Kommunikation gelingt und worauf alles geachtet werden muss. Es bedeutet ein Einvernahmegespräch<br />

„An-sich-selbst-Arbeiten“, damit Kommunikation in jedem Bereich – beruflich und privat – gelingt und Missverständnisse so gering wie möglich gehalten werden. ständiges<br />

im Einvernahmegespräch im Asylverfahren Missverständnisse und Unstimmigkeiten aus kommunikationstechnischer Sicht möglichst vermieden werden können, sind folgende vier Aspekte von Wichtigkeit und diese gilt es stets zu bedenken: Damit<br />

Respekt 2) Körpersprache – nonverbale Signale – emotionale Beziehung 3) Asymmetrie – Macht – Verständlichkeit 1)<br />

Innere Vorarbeit – Selbstreflexion 4)<br />

Respekt Für das Einvernahmegespräch im Asylverfahren ist die Interaktionsordnung nach Goffman von grundlegender Bedeutung und eigentlich Grundvoraussetzung für ein Gespräch. Ohne 5.2.1.1<br />

gegenseitigen notwendigen Respekt wird (auch) das Einvernahmegespräch nicht gelingen. Diesen Respekt verleiht man in „Ritualen“ Ausdruck. In der Einvernahme im Asylverfahren kann dies seitens des Referenten – zusätzlich zu angemessener Begrüßung, den<br />

Verabschiedung – die ausführliche, individuelle Erklärung des Verfahrensablaufes und der Einvernahme sein, keine Vorurteile zu haben, keine Vorstellung,<br />

oder unpassende Äußerungen gegenüber dem Asylwerber zu machen und ein Zusammenkommen auf (relativ) „gleicher Ebene“ – eben keine Vernehmung, sondern ein Gespräch. Der Asylwerber kann diesen Respekt in der Einvernahme durch Pauschalierungen<br />

Bereitschaft der Teilhabe am Verfahren bekunden, durch keine bewussten Falschangaben (gemeint sind nicht die durch kulturelle Unterschiede auftretenden Missverständnisse, sondern tatsächliche „Unwahrheiten“) und ebenfalls durch das Ablegen seine<br />

Vorurteilen. Sind diese „Rituale“ einmal einverleibt (vor allem bei Referenten), ist ein von<br />

offenes, ehrliches und vor allem zielorientiertes Gespräch im Asylverfahren möglich. 5.2.1.2 Körpersprache – nonverbale Signale – emotionale Beziehung Die fünf Axiome von Watzlawick sind auch – oder gerade – für die Einvernahme im Asylverfahren Hauptkriterien zum Gelingen oder auch Misslingen.<br />

82


Menschen glauben nach wie vor, dass Kommunikation hauptsächlich (zu 70%) auf der Sachebene – die Worte, die gesagt werden – abläuft, und nur zur 30 % auf der nichtsprachlichen Ebene kommuniziert wird. Die Wirklichkeit hingegen ist komplett Viele<br />

Wie man aus unzähligen Studien und Forschungsergebnissen weiß, werden innerhalb eines Gesprächs nur 7% verbale Elemente (eigentliche Inhalt), jedoch 55% nonverbale Elemente (Gestik, Mimik) und 38% paraverbale Elemente (Stimmlage) von sich umgekehrt.<br />

und ausgetauscht (vgl. Kercher, 2001, S. 4). gegeben<br />

kommt der Vorwurf (bzw. auch die Entschuldigung) im Asylverfahren, dass es so schwierig ist, zu kommunizieren, weil man immer einen Sprachmittler, Dolmetsch, braucht. Natürlich ist schlussendlich der Inhalt, das Gesagte, für das weitere Verfahren von Oftmals<br />

jedoch wie man zu diesem Inhalt kommt, macht die Körpersprache (Gestik, Mimik, Stimmlage, Verhalten, Auftreten,) und die „emotionale Ebene / Beziehungsebene“ (Vorurteile) aus. Die Antwort, das Ergebnis wird je nachdem – auch bei gleichem Wichtigkeit,<br />

– unterschiedlich sein, je nach meiner Körperhaltung, Stimmlage und Haltung gegenüber dem anderen. Dazu bedarf es keiner „gleichen Sprache“ um zu erkennen, Sachverhalt<br />

Stellenwert man beim Gegenüber hat. In diesem Zusammenhang sind jedoch auch die in Kapitel 4.3 beschriebenen kulturellen Unterschiede zu beachten. Zu der allgemeinen Schwierigkeit in der Kommunikation der welchen<br />

Signale kommt im Asylverfahren noch zusätzlich der unterschiedliche Kulturhintergrund hinzu. So kann eine bestimmte Körperhaltung, eine bestimmte Körpersprache in den unterschiedlichen Kulturkreisen etwas ganz anderes bedeuten und nonverbalen<br />

als wir es gewohnt sind. Beispielsweise wird eine Bejahung im indischen Raum aussagen<br />

einem Kopfschütteln, das „unserer“ Verneinung zum Verwechseln ähnlich ist, ausgedrückt. Bereits südlich von Bulgarien wird das Verneinen nicht mehr durch Kopfschütteln, sondern durch ein leichtes Kopfzurückwerfen angedeutet. Bei Kurden (auch mit<br />

kommt meist noch ein leichtes Schnalzen mit der Zunge hinzu. In vielen asiatischen Kulturen wird gelächelt, wenn man über schlimme Ereignisse erzählt. In schwarzafrikanischen – auch arabischen – Kulturen ist Lachen oft auch ein Ausdruck von Albanern)<br />

Unsicherheit und Unbehagen. In Zusammenhang mit der Glaubwürdigkeitsbeurteilung ist eine Kenntnis über Körpersprache und Unterschiede in Überraschung,<br />

Kulturen unerlässlich (vgl. Schmidt, Arslan, 2002, S. 6). Deshalb ist auch hier die Bewusstmachung, dass eben der Großteil der Interaktion in der Einvernahme durch nonverbale Kommunikation und auf der Beziehungsebene passiert, und das Ergebnis davon abhängt. Es ist hilfreich, um ein relativ unverfälschtes Ergebnis des Fluchtgrundes und Reiseweges zu erhalten, auf eine situationsgerechte Körperhaltung und Stimmlage zu achten und keinerlei Vorurteile zu haben. Dies gilt natürlich sowohl für<br />

83


und Asylwerber (und auch Dolmetscher), jedoch ist der Referent als Leiter der Einvernahme noch mehr gefordert, den entsprechenden „Rahmen“ zu geben. Verhält sich der Referent „situationsgerecht“, wird dies (in der Regel) auch der Asylwerber tun. Referent<br />

Asymmetrie – Macht – Verständlichkeit Das Einvernahmegespräch im Asylverfahren ist gemäß Watzlawicks fünftem Axiom eindeutig eine asymmetrische (komplementäre) Interaktion. Die Kommunikationspartner sind 5.2.1.3<br />

der Referent als Leiter der Amtshandlung hat logischerweise die Oberhand und ungleich,<br />

(und die anderen beteiligten Personen) haben sich den Vorgaben zu „fügen“. Der Gestaltungsraum in der Einvernahme ist natürlich gesetzlich und institutionell eingeschränkt, jedoch ist es ein Faktum, dass der Referent im „Vorteil“ ist, weil er größtenteils bestimmen Asylwerber<br />

wie die Einvernahme abläuft und zudem auch viel mehr Kenntnisse (auch aus der Routine heraus) über den Einvernahmeverlauf hat. Ein Asylwerber kann hingegen nur wenig bis gar nicht die Einvernahme mitgestalten. Er ist an die Vorgaben und Fragen des kann,<br />

gebunden, kann nur wenige (Rück)fragen stellen und ganz selten neue Themen einbringen. Hinzu kommt noch (meistens) ein Nachteil in der allgemeinen Bildung zwischen Referenten<br />

und Asylwerber. Auch die schlussendliche Bewertung, was nun glaubwürdig ist, wird nicht gegenseitig ausverhandelt, sondern zuletzt vom Referenten bestimmt. Diese Asymmetrie im Einvernahmegespräch kann relativ schwer durch Maßnahmen gelöst Referent<br />

denn dazu bedürfte es einer kompletten Änderung des Systems. Alle Asylwerber sollen ja auch von und vor der Behörde „gleich“ behandelt werden. Genau aber diese Gleichheit bzw. das Gleichmachen ist ein Problem und es wäre eher eine gewisse werden,<br />

für die vorhandene Vielfältigkeit wünschenswert (vgl. Rienzner, 2009, S. 30, 31). Sensibilität<br />

in Zusammenhang mit der Asymmetrie ist der Aspekt „Macht“ zu sehen, wie bereits in Kapitel 4.3.1.4 angedeutet. Die „Ungleichheit“ der Akteure zeigt sich in der Sprache, darin was man sagt und in welcher Art und Weise man es sagt. In Einvernahmen im Asylverfahren Eng<br />

– bewusst oder unbewusst – relativ oft der von Schulz von Thun beschriebene „aggressiv-entwertende Stil“, „sich beweisende Stil“ und „bestimmende-kontrollierende Stil“ verwendet. Für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit gibt es nur eine Wirklichkeit und dies wird<br />

dem Referenten eine Art Macht, die sich auch im Stil auswirkt. Wie Bourdieu es treffend beschreibt, werden in bestimmten Kontexten und Situationen bestimmte Arten des verleiht<br />

Sprechens höher bewertet als andere, gleichzeitig wird auch das Individuum, welches diese „gehobenere Sprache“ benutzt in eine höhere Position in diesem sozialen Raum gehoben und können so dieses System der Unterschiede zu ihrem Vorteil nutzen (vgl. Bourdieu, 2005, S. 99ff).<br />

84


man sich das Protokoll der Einvernahme bewusst durch, so fällt auf, dass darin oft eine „Behördensprache“, Fachvokabular und juristische Begriffe verwendet werden, welche vermutlich auch für einen Menschen mit Deutsch als Muttersprache schwer bis gar nicht Liest<br />

ist und einer Erklärung bedarf. Auch diese – bewusst oder unbewusst – gehaltene Unverständlichkeit ist Ausdruck von Macht und kann zur Betonung der Autorität eingesetzt werden. verständlich<br />

ist die Asymmetrie im Einvernahmegespräch nicht so einfach änderbar, jedoch würde Zwar<br />

eine Bewusstmachung, dass nicht „alles gleich“ ist und „gleich bewertet“ werden kann, eine Verbesserung im Hinblick auf ein individuelleres Verfahrens bringen. Der Macht- und Verständigungsaspekt kann jedoch meiner Einschätzung nach sehr wohl durch den auch<br />

positiv beeinflusst werden, indem man nicht unbedingt notwendige Behördensprache vermeidet. Das unbedingt Notwendige soll auf eine ganz einfache Art und Weise erklärt werden. Man stelle sich nur vor, dass man selbst im Ausland auf Urlaub ist und Referenten<br />

aufgrund eines unvorhergesehenen Vorfalls mit den Behörden vor Ort zu tun hat und die lokalen Gesetze und Gewohnheiten nicht kennt. Man würde sich wünschen, dass plötzlich<br />

jemand so einfach wie möglich erklärt, was weiter zu tun ist, bzw. was unbedingt unterlassen werden soll. Genauso geht es den meisten Asylwerbern und mit einer einfachen, lebensnahen Sprache ist meiner Erfahrung nach auch dem Dolmetscher geholfen, weil einem<br />

sich mit der Übersetzung wesentlich leichter tut. Es gibt oft für ein bestimmtes Fachvokabular keinen Begriff in der anderen Sprache. Umschreibungen und Beschreibungen sind jedoch meistens möglich. Ebenso kommt man meiner Meinung nach dieser<br />

„weniger Machtdemonstration“ in der Einvernahme eher zu einer ehrlicheren Antwort, wenn man manchmal auch bewusst etwas von sich preisgibt und einfließen lässt. Natürlich mit<br />

die Rollen in der Einvernahme klar definiert und abgegrenzt sein, gewisse Regeln sind auch notwendig. Aber darüber hinaus geht es eigentlich nur um den Asylwerber und dessen Begehren. Um dies zu erreichen, müsste man weg von dem oft noch müssen<br />

Denken „Der Asylwerber will ja was von der Behörde, also soll er tun, was wir ihm sagen und verlangen“ hin zu einem serviceorientierten Ansatz „Wir können dem Asylwerber bei entsprechenden Gegebenheiten Schutz anbieten und ihn bei der vorherrschenden<br />

und Wiedergabe des Sachverhalts unterstützen“. Rekonstruktion<br />

5.2.1.4 Innere Vorarbeit – Selbstreflexion Die Lehre vom „Inneren Team“ von Schulz von Thun könnte beispielsweise auch für Referenten im BAA eine verpflichtende Lektüre sein. Das Führen von Asylverfahren und vor allem die Einvernahmesituation ist eine schwierige und herausfordernde Aufgabe. Schulz von Thun hat bei der Beratung für Führungskräfte in Unternehmen folgenden „Wilhelm-Busch-Vers“ verfasst: „Willst du ein guter Leiter sein, dann schau auch in dich<br />

85


hinein!“ (Schulz von Thun, 2011, S. 54). Das gilt auch für einen Leiter der Einvernahme. Dazu bedarf es aber stetiger innerer Vorarbeit, um ein angemessenes Dialogverhalten an selbst<br />

Tag zu legen. Man muss sich über seine eigenen Botschaften im Klaren sein. Wer sich selbst versteht, kommuniziert auch besser. Ist man uneins mit sich, ist man auch nach außen hin nicht klar, nicht souverän und nicht freundlich. Die Wahrheit beginnt immer zu zweit, auch den<br />

meiner eigenen Seele (vgl. Röbke, 2011). in<br />

man zu einer inneren Vorarbeit und einer Selbstreflexion nicht bereit, wird man in seinem Kommunikationsverhalten, seinem Stil nichts verändern können. Die Arbeit an sich selbst ist daher ein unbedingtes Muss, denn sämtliche angebotene Schulungen werden nichts ändern, Ist<br />

ich selbst dazu nicht bereit bin. Für das professionelle Führen von Asylverfahren ist eine integre Persönlichkeit des Referenten notwendig, eine innere Vorarbeit und (kritische) Selbstreflexion unerlässlich. wenn<br />

Berufsalltag – und diverser interner kennzahlorientierter Vorgaben – ist dies leider nicht Im<br />

möglich und man nimmt sich für die innere Vorarbeit und Selbstreflexion keine Zeit. Durch vom Arbeitgeber fix organisierte, periodisch wiederkehrende Zusammenkünfte mit externen (nicht BAA-oder BM.I-internen) Experten ist dies jedoch eher gewährleistet. Meiner immer<br />

nach wäre eine solche Supervision für alle regelmäßig einvernehmenden Bediensteten im BAA eine Bereicherung – für die eigene Persönlichkeit, die Motivationssteigerung und Leistungsfähigkeit und schlussendlich für die Kommunikation im Meinung<br />

und somit dem Asylwerber. Asylverfahren<br />

Bedeutung der Kommunikationsgrundlagen für schriftliche Kommunikation im Asylverfahren Neben der mündlichen Kommunikation zwischen Asylbehörde / Referent und Asylwerber in 5.2.2<br />

Einvernahme gibt es zusätzlich auch noch einen – natürlich wesentlich geringeren – Anteil an schriftlicher Kommunikation. Schriftliche Eingaben können vom Asylwerber selbst oder z. B. von seinem gewillkürten Vertreter oder diversen NGO´s übermittelt werden. der<br />

der Asylwerber selbständig etwas an die Behörde (meistens Beschwerde gegen Schreibt<br />

den Bescheid des BAA, teilweise auch „Wünsche“, Informationen zu seiner Person), geschieht dies im Normalfall in seiner Muttersprache und es wird im BAA eine Übersetzung veranlasst. Schriftliche Eingaben von Rechtsanwälten und NGO´s sind in der Regel in deutscher Sprache verfasst. Zumeist handelt es sich um Informationen über den Asylwerber, vor allem in medizinischer Hinsicht oder Verwandtschaftsverhältnissen in Österreich, auch über zusätzliche Beweismittel zu seinem Vorbringen. Auch diese schriftlichen Eingaben<br />

86


im Verfahren Eingang finden und bei der Bescheiderstellung (auch teilweise schon in der Einvernahme) erwähnt und berücksichtigt werden. Neben dem Bescheid des BAA, welcher in deutscher Sprache verfasst ist3, erhält der müssen<br />

zu Beginn des Verfahrens gemäß § 29 Abs. 6 Z 2 AsylG die Orientierungs- und Erstinformationen und Merkblätter zum Asylverfahren in einer ihm verständlichen Sprache. Beim Verfahren in der Erstaufnahmestelle erhält der Asylwerber weitere Mitteilungen gemäß Asylwerber<br />

29 Abs. 3 AsylG in einer ihm verständlichen Sprache, wo ihm die beabsichtigte §<br />

mitgeteilt wird. Die Orientierungs- und Erstinformationen und Merkblätter über Rechte und Pflichten von Asylwerbern wurde mit der Asylgesetz-Novelle 2003 eingeführt und mit den jeweiligen Entscheidung<br />

Gesetzesänderungen umgeschrieben, angepasst und adaptiert. Bereits 2004 gab es erste Evaluierungen dieser schriftlichen Informationen auf Ihre Verständlichkeit aus ethnologischer, linguistischer, psychiatrisch–neurologischer und psychotherapeutischer nachfolgenden<br />

Diese wurden Ende 2006 (mit dem AsylG 2005) nochmals durchgeführt. Die Sicht.<br />

dazu können für Asylwerber (und vor allem das BAA) nicht als befriedigend bezeichnet werden. So wurde bereits 2004 festgestellt, dass sowohl die Gliederung der schriftlichen Texte (keine Ergebnisse<br />

lange durchgehende Texte, keine Logik in der Gliederung) als auch die Satzlänge (in vielen Sätzen deutlich über 20 Wörter), schlecht bzw. unpassend sind. Zudem wurde der Wortschatz der Texte als äußerst komplex mit zu vielen Fachausdrücken, die nicht erklärt Struktur,<br />

und amtssprachlichen Ausdrücken versehen. Aus linguistischer Sicht wird daher wurden,<br />

als bezweifelt, dass diese Informationen zum Verständnis für Asylwerber geeignet sind. Im Gegenteil kann man nicht erwarten, dass diese aufgrund der Merkblätter wissen, wie sie „vorschriftsgemäß“ handeln sollen bzw. was von ihnen erwartet wird und was nicht (vgl. mehr<br />

2004). Weiters wurde in der Stellungnahme aus ethnologischer Sicht erklärt, dass schriftliche Informationen – vor allem für Kulturkreise, wo hauptsächlich mündlich und bildlich Menz,<br />

wird – mehr Probleme schaffen als beseitigen. Gerade in vielen kommuniziert<br />

Herkunftsländern der Asylwerber wird eher mündlich kommuniziert und daher wäre eine<br />

mündliche verpflichtende Information über das Verfahren angebrachter. Zudem wurde darauf hingewiesen, dass in den Informationsblättern ein Vokabular verwendet wird, welches auch Menschen mit deutscher Muttersprache nur ab einem bestimmten Bildungsniveau verständlich ist. Zudem sind zu viele juristische Fachbegriffe enthalten. Meldepflicht, 3 Lediglich der „Spruch“ (welche Entscheidung ergangen ist) und die „Rechtsmittelbelehrung“ (welche weiteren rechtlichen Möglichkeiten noch offen sind), sind im Bescheid in einer dem Asylwerber verständlichen Sprache niedergeschrieben.<br />

87


Zulassung zum Asylverfahren sind Begrifflichkeiten, die nur in diesem Bereich geschulte Personen verstehen, hinzu kommt die in vielen Ländern unbekannte Meldepflicht. Problematisch ist auch der „schriftliche Aufruf“ in den Informationsblättern von „Eingriffen in Zustellwesen,<br />

sexuelle Selbstbestimmung“, von Traumatisierungen und psychischen Problemen zu berichten. Sexuelle Gewalt ist in vielen Kulturen tabuisiert, ebenfalls bestimmte Erkrankungen und manches Mal fehlt den Asylwerbern auch schlichtweg das „Wissen“, was die<br />

eigentlich fehlt. Sie können dies auch gar nicht beschreiben. Eine schriftliche Aufforderung zum Erzählen dieser Umstände erweckt kein Vertrauen und fördert dieses ihnen<br />

nicht – schon eher wenn man den Asylwerber individuell im Einvernahmegespräch „face-to-face“ damit konfrontiert. Sämtliche Merkblätter sind stark an unsere (österreichische) Kultur gebunden und können nicht zum Verständnis und Klärung von Fragen bei auch<br />

beitragen und den Ablauf des Verfahrens nicht logisch darlegen (vgl. Kronsteiner, 2004). Die neu überarbeiteten Merkblätter für das AsylG 2005 wurden ebenfalls auf die o. a. Asylwerbern<br />

nochmals untersucht und es wurde festgestellt, dass die im Jahr 2004 festgestellten Kriterien<br />

weiterhin auch im Jahr 2006 uneingeschränkt gelten. Selbst ohne Berücksichtigung des interkulturellen Kontextes kann eine Verständlichkeit und somit das Ziel der Texte nicht erreicht werden. Es erfolgte zwar eine stärkere Gliederung, aber die zu Kritikpunkte<br />

Satzlänge, das viele Fachvokabular blieb gleich bzw. wurde noch verstärkt. Die Texte werden als zu kompliziert, unübersichtlich und zusammenhanglos empfunden und das Ziel – wichtige Informationen an Asylwerber weiterzugeben – wird nicht erreicht und kommt beim lange<br />

falsch oder nur fragmentarisch an. Hinzu kommt, dass viele Übersetzungen dieser Informationsblätter von mangelhafter Qualität sind und Informationen aus der Asylwerber<br />

Version fehlen (vgl. NetzwerkSprachenRechte, 2006). Es gibt leider keine Analysen für die Informationsblätter, welche die Gesetzesänderungen von 2009 und 2011 beinhalten, jedoch sind diese meiner Einschätzung nach noch deutschen<br />

und unverständlicher geworden, da unter anderem die Regelungen hinsichtlich Folgeanträge und die Anwesenheitsverpflichtung hinzukamen, welche auch für geschulte Personen allgemein schwer verständlich und nicht ganz nachvollziehbar sind. komplizierter<br />

von Schulz von Thun entwickelte „Hamburger Verständlichkeitsmodell“ kann in Das<br />

sämtlichen Punkten bei den Informationsblättern für Asylwerber als nicht erfüllt angesehen werden. Hinsichtlich Verständlichkeit versagen diese in jeder Form. Es liegt in dieser Hinsicht eine massives Kommunikationsproblem vor. Diese Informationsblätter tragen nicht nur für Asylwerber, sondern auch für die Behörde zur Verschlechterung des Verfahrens bei.<br />

88


Meinung nach müssten die „Grundinformationen“ auf das Wesentliche beschränkt werden und viel mehr Zeichen und Symbole (grafische Elemente) beinhalten. Eine analoge Kommunikation hat nämlich über fremde Kulturen hinweg oft noch Gültigkeit (vgl. Meiner<br />

Beavin, Jackson, 2011, S. 72). Alle restlichen Informationen sollten mündlich vom verfahrensführenden Referenten, bzw. wenn schon vorher notwendig, von einer besonders geschulten behördeninternen Person, weitergegeben werden. Bei Unverständnis Watzlawick,<br />

nachgefragt werden und man kann viele Fachausdrücke umschreiben und erklären, was damit gemeint ist. Das würde zur Vereinfachung beitragen und viele kann<br />

würden erst gar nicht entstehen. „Kommunikationsprobleme“<br />

Dolmetscher – ausgebildete Sprachmittler mit Kulturverständnis Das Einvernahmegespräch im Asylverfahren wird durch die gegenseitige sprachliche Unverständlichkeit der beiden Hauptakteure (Referent und Asylwerber) um eine Person – 5.2.3<br />

Dolmetscher – erweitert. Durch diese zusätzlich beteiligte Person ist zwar das dem<br />

Verständnis gegeben, jedoch kommen einige weitere – zu den bereits bei einer „normalen“ Kommunikation bestehenden – Probleme hinzu. Die Wichtigkeit und Unerlässlichkeit von Dolmetschern im Einvernahmegespräch ist sprachliche<br />

Aber welche Funktion sie nun wirklich genau haben, was von ihnen verlangt und erwartet wird und was in der Praxis tatsächlich geschieht, ist schon nicht mehr so klar. Wie eine Befragung aus dem Jahr 1999 an Wiener Bezirksgerichten unter Richtern ergab, unumstritten.<br />

Dolmetscher aus Sicht der Behörde „Hilfsorgane“ (65%) und auch Sprachmittler (52 %). sind<br />

ebenso erwarten sich auch die „Fremdsprachigen“, dass die Dolmetscher als „ihr“ Hilfsorgan agieren, weil sie nur durch den Dolmetscher Zugang zu Verständigung haben und sich über diese artikulieren können (vgl. Kadric, 2004, S. 196). Aber<br />

bei den Bediensteten im BAA wird die Funktion des Dolmetschers ähnlich gesehen. Es ist gewünscht, dass der Dolmetscher „einfach wortwörtlich und neutral übersetzt“, was der Asylwerber sagt. Dolmetscher müssen unparteiisch agieren. In den letzten Jahren wird im Auch<br />

zusätzlich zur Funktion des Sprachmittlers auch die des Kulturmittlers gesehen. Um die BAA<br />

Inhalte verstehen zu können, müssen die kulturellen Besonderheiten der Herkunftsregion<br />

vom Dolmetscher gekannt und erkannt werden und es ist der Referent vom Dolmetscher auf diese hinzuweisen (vgl. Krainz, 2011, S. 62). Jedoch ist die Wirklichkeit – was auch Untersuchungen gezeigt haben – eine andere: Dolmetscher sind natürliche Personen mit Emotionen und nehmen auch in der Einvernahme ein bestimmtes Rollenverhalten ein. Das wirkt sich logischerweise auf die Kommunikation,<br />

89


und Übersetzung aus. Gerade im Polizeibereich bei Beschuldigtenvernehmungen wird Dolmetschern oft von den Vernehmungsbeamten die Rolle als „Hilfspolizist“ zugewiesen. Die Behörde erwartet sich, dass sie als „Ermittlungsgehilfen“ agieren und Interaktion<br />

ergreifen und zum Beschuldigten einen kooperativen Kontakt aufbauen. Dolmetscher haben dazu aber keine Befähigung und auch keine dementsprechende Schulung (vgl. Pöllabauer, 2005, S. 34). Eigeninitiative<br />

in den Einvernahmen im BAA wird diese Rolle von Dolmetschern nach wie vor oft Auch<br />

Vermutlich auch, weil viele Referenten aus dem Polizeibereich kommen, und dieses Rollenverständnis wird verstärkt bei unglaubwürdigem und widersprüchlichem Vorbringen erwartet. verlangt.<br />

vielen Fällen werden Dolmetscher „selbständig“ und übernehmen die Vernehmensführung. Dies kommt zum einen, weil viele Referenten ein „tippfähig, aufbereitetes Vorbringen“ erwarten, zum anderen auch aus der Routine, welche vor allem In<br />

entwickeln, die viele Einvernahmen im Asylverfahren machen. Erkennbar sind Dolmetscher<br />

beiden Rollen daran, dass der Referent den Asylwerber nicht mehr direkt anspricht, sondern in der 3. Person und hauptsächlich nur mehr mit dem Dolmetscher spricht (z. B. „Frag ihn, was passiert ist!“). Sowohl in der Rolle als „Hilfspolizist“ als auch als diese<br />

nehmen Dolmetscher keine neutrale Rolle mehr ein. „Sie wenden sich vermehrt vom Asylwerber ab, hin zur Asylbehörde und legen ein autoritäres Verhalten an den Tag. Das schafft Misstrauen bei Asylwerbern und hat negative Auswirkungen auf die „Vernehmungsführer“<br />

und führt zu Verzerrungen“ (Pöllabauer, Schumacher, 2004, S. 21). Gesprächsbasis<br />

Dolmetscher werden in diese Rollen aufgrund der ökonomischen Abhängigkeit „gedrängt“, denn die Bestellung und Bezahlung erfolgt durch das BAA als Auftraggeber. Eine Wiederbestellung wird „öfter und wahrscheinlicher“ passieren, wenn sich der Dolmetscher so Viele<br />

wie es die Behörde erwartet und wünscht. Zum Ausdruck kommt diese „behördennahe“ Rolle verstärkt auch in der Sitzordnung: so wird die Dreieckssitzordnung insofern verzerrt, dass der Dolmetscher viel näher beim Referenten sitzt als zum Asylwerber. verhält,<br />

ist problematisch, wird aber oftmals vom Referenten so gewünscht und der Dolmetscher hat den Wünschen des Leiters der Amtshandlung nachzugeben (vgl. Dies<br />

Pöllabauer, 2005, S. 142).<br />

Durch diese „gestalterische“ Rolle sind Dolmetscher bei weitem mehr als nur Sprachmittler, sie übernehmen auch gewissermaßen Verantwortung. Dies kommt beispielsweise zum Ausdruck, dass sie die Belehrungen (z. B. Neuerungsverbot, Glaubwürdigkeit, Meldeadresse, Obdachlosenmeldung, Datenschutz, Ladungs-Befolgung) zu Beginn der Einvernahme selbständig dem Asylwerber vortragen. Dies wird vielfach von den Referenten<br />

90


da dies Zeitersparnis bedeutet und ist vor allem bei sog. „erfahrenen“ Dolmetschern eine beliebte Praxis (vgl. Dahlvik, 2010, S. 78). Die Funktion als „Kulturmittler“ ist insofern problematisch, da viele Dolmetscher über keine erwartet,<br />

(oft sogar gänzlich fehlende) Ausbildung verfügen. Dolmetscher mit universitärer Ausbildung und österreichischem Hintergrund sind mit Sicherheit sprachlich perfekt ausgebildet, jedoch wissen sie – aufgrund ihrer Dolmetschausbildung – wenig bis gar nichts adäquate<br />

die verschiedenen kulturellen Hintergründe aus den Herkunftsländern der Asylwerber über<br />

denken selbst ja im gleichen kulturellen Muster wie der Referent. Hinzu kommt, dass diese gut ausgebildeten Dolmetscher für die eher schlecht gebildeten, in Dialekt sprechenden Asylwerber eine zu komplizierte Hochsprache sprechen. Gegenseitiges und<br />

ist somit oft nicht gegeben. Dolmetscher, die aus dem gleichen Kulturkreis wie der Asylwerber kommen, aber über keinerlei Sprachausbildung verfügen (sog. Laiendolmetscher) haben zwar das kulturelle Verständnis des Asylwerbers und wissen, wie Verständnis<br />

etwas meint und in welchem Sinn etwas zu interpretieren ist. Jedoch sind diese meistens sprachlich (vor allem hinsichtlich der deutschen Sprache) nicht besonders versiert, verstehen er<br />

selbst die Asylbehörde (Referenten) nicht und kennen die fachspezifischen Ausdrücke nicht. In der Praxis werden Dolmetscher häufig nicht nach ihrer Qualifikation, sondern nach ihrer raschen Verfügbarkeit für das Asylverfahren ausgewählt, und teilweise<br />

sind natürlich leichter verfügbar als gerichtlich beeidete oder universitär ausgebildete Dolmetscher. Dies führt oftmals zu Kommunikationspannen, welche auch in der Rückübersetzung der Niederschrift nicht behoben werden können. Verstärkt wird diese, Laiendolmetscher<br />

Asylwerber nicht in der Muttersprache, sondern einer Zweit- oder Drittsprache einvernommen werden. Oftmals wird von der ersten Instanz hingewiesen, dass wenn<br />

aufgrund Übersetzungsmängel ohnehin in der Beschwerde vorgebracht werden können (vgl. Pöllabauer, 2005, S. 85, 86, 103, 104). Dolmetscher werden – vor allem auch in der II. Instanz – als Auskunftspersonen, Entscheidungsmängel<br />

über sprach- und länderkundliche Fragen herangezogen. Dieses „Expertentum“ ist mehr als zweifelhaft, zumal sie teilweise in ein und demselben Verfahren als Dolmetscher und Ländersachverständige herangezogen werden. Nur weil jemand „gut Sachverständige<br />

heißt das aber noch nicht, dass er Sprachvarianten und Dialekte einem dolmetscht“<br />

geografischen Gebiet richtig zuordnen kann (vgl. Pöllabauer, Schumacher, 2004, S. 23). Es zeigt sich, dass Dolmetscher eine zentrale Rolle für die Kommunikation im Asylverfahren spielen und diese stark beeinflussen. Ihre Rolle ist – im Gegensatz zu den anderen Beteiligten – jedoch uneindeutig und es wird von jeder Seite etwas anderes vom Dolmetscher erwartet.<br />

91


Sicht des BAA bezüglich Dolmetscher hat sich in den letzten Jahren vom alleinigen Sprachmittler (und teilweise „Hilfspolizisten“) hin zum Kulturmittler geändert. Das Bewusstsein, dass kulturelles Verständnis wichtig ist, ist ein Schritt in die richtige Richtung. Die<br />

Meinung nach aber müsste das BAA weg von der Vorstellung, dass die Dolmetscher als Kulturmittler die Aussagen nicht nur richtig interpretieren müssen, sondern auch den Referenten darauf aufmerksam machen müssen. Mit dieser Sichtweise gesteht man dem Meiner<br />

doch wieder eine „Vernehmungsrolle“ zu, weil er nicht nur interpretiert, sondern den Referenten auch aufklärt, wie etwas zu verstehen ist. So wird teilweise wieder durch den Dolmetscher<br />

die Führung in der Einvernahme übernommen. Es soll auch meiner Meinung nach nicht die Aufgabe von Dolmetschern sein, dass sie selbstständig Fachausdrücke in einen einfacheren Sprachstil umformulieren. Für ein qualitätsvolles Asylverfahren muss der Dolmetscher<br />

der schlussendlich die Entscheidung trifft, diese Qualifikationen haben. Wissen über die kulturellen Unterschiede, Bewusstsein über die Unverständlichkeit von Fachausdrücken muss hauptsächlich der Referent haben und nicht der auf Referent,<br />

arbeitende Dolmetscher im Asylverfahren. Es ist meinem Empfinden nach eindeutig Aufgabe des Referenten, komplizierte Ausdrücke in einfacher Weise selbst Werkvertragsbasis<br />

formulieren und diese dem Dolmetscher so auch zu kommunizieren, damit dieser das an den Asylwerber weitergeben kann. Dolmetscher gehören natürlich – wie Referenten auch – zusätzlich zur Sprachqualifikation in zu<br />

(fachlicher) und kultureller Hinsicht für das Einvernahmegespräch im Asylverfahren ausgebildet (in Form von Seminaren, Lehrgängen). Ist dieses Wissen sowohl bei Referent und Dolmetscher vorhanden, kann die Kommunikation in der Einvernahme stark rechtlicher<br />

werden und die Missverständnisse werden mit Sicherheit weniger werden. verbessert<br />

muss ein Dolmetscher für das komplexe Asylverfahren meiner Einschätzung nach neben einer guten Allgemeinbildung eine fachspezifische Ausbildung (für Asyl- und Fremdenverfahren) aufweisen, damit er tatsächlich als perfekter Sprachmittler mit dem Daher<br />

Kulturverständnis agieren kann.<br />

gewissen<br />

92


Fallstudie: Das Einvernahmegespräch im Bundesasylamt 6.1 Konzept der Fallstudie 6.<br />

die vorangegangen Kapitel dieser Arbeit ist deutlich klar geworden, dass das Einvernahmegespräch im Asylverfahren als ein wichtiges Beweismittel von einer Menge Faktoren beeinflusst wird. Diese sind den beteiligten Akteuren teils bewusst und teils nicht Durch<br />

Sie prägen die Einvernahme und sind für den Ausgang des Asylverfahrens entscheidend. bewusst.<br />

Theorie – u. a. die oben vorgestellten vorgeschriebenen Arbeitsanleitungen – und Praxis – tatsächlicher Verlauf/Ablauf – auch im Bereich des Einvernahmegesprächs im Asylverfahren zuweilen auseinanderfallen, ist ein nachvollziehbares Faktum (und wohl in Dass<br />

anderen Bereichen auch beobachtbar). Daher fand ich es interessant, die Hauptakteure der Einvernahme, welche mit diesen Problematiken tagtäglich in der Praxis konfrontiert sind, als „Experten“ zu befragen. Die gestellten Fragen wurden von allen vielen<br />

aus ihrer Sicht beantwortet und somit kommen unterschiedliche Standpunkte hervor, welche dienlich sind, die eingangs in Kapitel 2.2 gestellten Fragen zu Interviewpartnern<br />

Bei Experteninterviews kommt die qualitative Datengenerierung zur Anwendung. Die verbale Datengenerierung ist immer dann geeignet, wenn man Zugang zur Innensicht der beantworten.<br />

gewinnen möchte. Die Befragten müssen dazu fähig und bereit sein, über ihre Beweggründe und Absichten nachzudenken und diese auch in Worte zu fassen. Das qualitative Interview ist ein relativ offenes, wenig standardisiertes Verfahren und die Interviewpartner<br />

haben genügend Freiraum bei der Beantwortung der Fragen (vgl. Hussy, Interviewpartner<br />

Echterhoff, 2010, S. 214). Die qualitative Datengenerierung durch Experteninterviews mit anschließender qualitativer Inhaltsanalyse ist daher für die Auswertung des Einvernahmegesprächs im Asylverfahren im Schreier,<br />

auf die eingangs gestellten Fragen eine geeignete Methode. In Anlehnung an Mayring wird die für diese Arbeit vorliegende Fallstudie konzipiert. Das Konzept der Fallstudie wird in folgende Abschnitte unterteilt (vgl. Mayring, 2008, S. 47ff): Hinblick<br />

1) Festlegung des Materials: Auswahl der Interviewpartner 2) Vorbereitung der Experteninterviews 3) Durchführung und Dokumentation der Experteninterviews<br />

93


Festlegung des Materials: Auswahl der Interviewpartner Untersuchungsgegenstand ist das Einvernahmegespräch im BAA. Es ist daher notwendig, dass sämtliche Beteiligte am Einvernahmegespräch in dieser Fallstudie „zur Sprache“ 6.1.1<br />

Neben aktiv Beteiligten wurden auch passiv Beteiligte der Einvernahme befragt. Insgesamt wurden dreizehn Personen in Einzelgesprächen interviewt. Die Zusammensetzung der Interviewpartner war sowohl durch ihre Verfügbarkeit als auch kommen.<br />

abhängig. Bereitschaft<br />

der folgenden Tabelle sind die Interviewpartner aufgelistet: Funktion Anzahl der In<br />

Mitarbeiter BAA 4 Rechtsberater 3 Interviewpartner<br />

2 Rechtsanwalt 1 Dolmetscher<br />

1 Arzt 1 Mitarbeiter NGO 1 Asylwerber<br />

13 Abbildung 12: Anzahl und Funktion der Interviewpartner Summe<br />

Interviewpartner waren der Verfasserin dieser Arbeit mehr oder weniger bekannt. Es Alle<br />

keinerlei „Vorgesetzten- oder Abhängigkeitsverhältnis“ zu einer der interviewten Personen. besteht<br />

Mitarbeiter des BAA können nochmals untergliedert werden. Von den vier Befragten haben zwei die Funktion eines Referenten, welche regelmäßig Einvernahmen durchführen, und zwei eine leitende Funktion, wobei eine dieser Personen ebenfalls regelmäßig Die<br />

führt. Weiters sind drei dieser Mitarbeiter in einer Außenstelle des BAA Einvernahmen<br />

beschäftigt und einer in einer Erstaufnahmestelle.<br />

Die drei Rechtsberater sind ausschließlich an den Einvernahmen in einer Erstaufnahmestelle beteiligt. Die zwei Dolmetscher werden regelmäßig sowohl für Einvernahmen in der Erstaufnahmestelle als auch der Außenstelle des BAA bestellt. Der Rechtsanwalt ist auf das Asylverfahren spezialisiert und nimmt oft an Einvernahmen im BAA teil. Der Asylwerber hat sein Verfahren bereits abgeschlossen, ist also ehemaliger Asylwerber in Österreich.<br />

94


oben genannten Beteiligten können als aktiv Beteiligte an der Einvernahme bezeichnet werden. Ein Arzt und ein Mitarbeiter einer NGO sind nicht unmittelbar beteiligt als Anwesende bei der Die<br />

Jedoch ist der ausgewählte Arzt für die medizinische Betreuung von Asylwerbern zuständig und erstellt diesbezüglich auch Gutachten, für welche er auch die Niederschrift der Einvernahme heranzieht. Der Mitarbeiter der NGO ist für die Betreuung von Einvernahme.<br />

zuständig und hat durch die persönlichen Schilderungen von Asylwerbern und Asylwerbern<br />

Zusammenarbeit mit dem BAA Einblicke in die Einvernahme. Mir war es wichtig, dass auch zwei passiv Beteiligte befragt werden, denn durch die „Außensicht“ kommen weitere Aspekte hinzu. der<br />

der geschlechtsspezifischen Aufteilung ist vielleicht noch interessant, dass sich die dreizehn Personen in acht weibliche und fünf männliche Befragte untergliedern lassen. In Kapitel 3.2.5 wurden die Akteure der Einvernahme vorgestellt und anhand dieser ist die Hinsichtlich<br />

der dreizehn o. a. Personen erfolgt. Vertrauensperson und Auswahl<br />

Mitarbeiter wurden aus folgenden Gründen / Überlegungen nicht befragt: Wie bereits erwähnt, ist es im BAA nicht üblich, dass verfahrensunterstützende Mitarbeiter als Schriftführer tätig sind oder ihren Arbeitsplatz in einem Büro haben, wo verfahrensunterstützender<br />

stattfinden. Viele der verfahrensunterstützenden Mitarbeiter waren daher noch nie bei einer Einvernahme anwesend. Das Wissen über die spezifischen rechtlichen Hintergründe ist bei diesen ebenfalls nur eingeschränkt vorhanden. Die Beantwortung der Einvernahmen<br />

Fragen wäre daher nicht wirklich möglich gewesen. Auch bei Vertrauenspersonen wäre eine Beantwortung der Fragen nicht möglich gewesen, da diese vorbereiteten<br />

nur einmal (bei einem Angehörigen) als Zuhörer bei einer Einvernahme waren und somit kein repräsentatives Bild der Einvernahme abgeben können. Ebenfalls fehlen der rechtliche Hintergrund und auch die Verfügbarkeit und der Zugang zu einer Vertrauensperson war oft<br />

oder weniger unmöglich. Aus diesen Gründen wurde von einer Befragung für die Fallstudie dieser beiden Personengruppen abgesehen. Ich denke jedoch, dass durch die ausgewählten dreizehn Personen ein breites Spektrum von mehr<br />

Sichtweisen auf das Einvernahmegespräch gezeigt wird.<br />

unterschiedlichen<br />

95


Vorbereitung der Experteninterviews Vor Beginn der Expertengespräche wurde ein Interviewleitfaden ausgearbeitet. Dieser soll vor allem dazu dienen, um die für die Verfasserin interessierenden Fragen möglichst effizient 6.1.2<br />

zu können und ein „Zuviel“ an Daten zu vermeiden (vgl. Hussy, Schreier, Echterhoff, 2010, S. 218ff). Insgesamt wurden sechzehn ausformulierte Fragen erstellt. Der Interviewleitfaden wurde beantworten<br />

Zusage zum Interview an alle Beteiligten vorab übermittelt. Zusätzlich zu den Fragen nach<br />

der Grund, Zweck und Ziel der Befragung erklärt, weiters die Vertraulichkeit und Freiwilligkeit der Antworten zugesichert. Im Folgenden sind nun die Fragen des Interviewleitfadens für die Expertengespräche wurde<br />

Frage 1: aufgelistet:<br />

läuft das Einvernahmegespräch im Bundesasylamt aus Ihrer Sicht ab? Skizzieren Sie Wie<br />

Ablauf und die Eckpunkte. Was sind die Schlüsselpassagen? Frage 2: den<br />

ist das Ziel / der Zweck des Einvernahmegesprächs aus Ihrer Sicht? Wird dieses Ziel größtenteils auch erreicht? Wenn nein, warum nicht? Frage 3: Was<br />

ist eine „gelungene“ Einvernahme im Asylverfahren aus Ihrer Sicht? Was benötigt es Was<br />

Frage 4: dazu?<br />

Rolle spielt der/die einvernehmende ReferentIn bei der Einvernahme aus Ihrer Sicht? Welche Qualifikationen muss der/die einvernehmende ReferentIn aus Ihrer Sicht mitbringen, Welche<br />

die Einvernahme gelingt? damit<br />

Frage 5: Welche Rolle spielt der/die Dolmetsch bei der Einvernahme aus Ihrer Sicht? Welche Qualifikationen muss der/die Dolmetsch aus Ihrer Sicht mitbringen, damit die Einvernahme gelingt?<br />

96


6: Welche Rolle spielt der/die AsylwerberIn selbst bei der Einvernahme aus Ihrer Sicht? Frage<br />

Qualifikationen muss der/die AsylwerberIn aus Ihrer Sicht mitbringen, damit die Einvernahme gelingt? Frage 7: Welche<br />

dem Asylgesetz sind im Zulassungsverfahren bei einer Vielzahl von Einvernahmen Nach<br />

RechtsberaterInnen anwesend und können sich aktiv am Einvernahmegespräch einbringen und teilnehmen. In welcher Art und Weise beeinflussen RechtsberaterInnen das Einvernahmegespräch aus auch<br />

Sicht? Frage 8: Ihrer<br />

können im Asylverfahren auch gewillkürte VertreterInnen (z. B. AsylwerberInnen<br />

Organisationen) bevollmächtigen. Diese können bei der Einvernahme im Asylverfahren anwesend sein und sich aktiv am Einvernahmegespräch einbringen und teilnehmen. Rechtsanwälte,<br />

welcher Art und Weise beeinflussen gewillkürte VertreterInnen das Einvernahmegespräch aus Ihrer Sicht? Frage 9: In<br />

können zur Einvernahme Vertrauenspersonen mitnehmen, welche als stille Beobachter bei der Einvernahme anwesend sein können. Beeinflusst die bloße Anwesenheit einer Vertrauensperson das Einvernahmegespräch aus AsylwerberInnen<br />

Sicht? Wenn ja, inwiefern? Frage 10: Ihrer<br />

und einvernehmende/r ReferentIn gehören einem unterschiedlichen Kulturkreis AsylwerberIn<br />

an.<br />

Beeinflusst der unterschiedliche kulturelle Hintergrund dieser beiden Akteure aus Ihrer Sicht das Einvernahmegespräch? Wenn ja, inwiefern?<br />

97


11: AsylwerberIn und einvernehmende/r ReferentIn gehören (meistens) einem unterschiedlichen Religionsbekenntnis an. Frage<br />

der unterschiedliche religiöse Hintergrund dieser beiden Akteure aus Ihrer Sicht das Einvernahmegespräch? Wenn ja, inwiefern? Frage 12: Beeinflusst<br />

sich in den letzten 5 Jahren am Einvernahmegespräch etwas verändert aus Ihrer Sicht? Wenn ja, in welcher Hinsicht? Frage 13: Hat<br />

läuft derzeit aus Ihrer Sicht am Einvernahmegespräch gut? Frage 14: Was<br />

läuft derzeit aus Ihrer Sicht am Einvernahmegespräch schlecht, problematisch? Was Was<br />

verbesserungswürdig? Wie könnte man dies erreichen? Frage 15: wäre<br />

würden Sie sich hinkünftig für das Einvernahmegespräch im Asylverfahren wünschen? Frage 16: Was<br />

es noch etwas, was Sie erwähnen möchten? Gibt<br />

Durchführung und Dokumentation der Experteninterviews Die Experteninterviews wurden in Einzelgesprächen durchgeführt mit einer durchschnittlichen Dauer von eineinhalb bis zwei Stunden. Zu Beginn wurden die Befragten 6.1.3<br />

einmal über die Hintergründe aufgeklärt und offene Fragen geklärt. Die Vertraulichkeit der Interviews wurde nochmals zugesichert und ebenso, dass die erhobenen Daten ausschließlich für diese Arbeit im Rahmen des Universitätslehrganges verwendet werden. noch<br />

Während des Gesprächs erfolgte abwechselnd die Fragestellung und Beantwortung. Die Aussagen wurden von der Verfasserin dieser Arbeit währenddessen schriftlich festgehalten. Alle dreizehn Interviews liegen in schriftlicher anonymisierter Form bei der Verfasserin dieser Arbeit auf. Sie können auf Nachfrage eingesehen werden.<br />

98


Qualitative Inhaltsanalyse der Experteninterviews 6.2.1 Durchführung der Inhaltsanalyse 6.2<br />

Auswertung der qualitativen Datengenerierung erfolgte im Anschluss unter den Gesichtspunkten der qualitativen Inhaltsanalyse. Ziel war es, eine Filterung und strukturierte Zusammenfassung der Antworten auf die gestellten Fragen zu erhalten. Dies wurde mit der Die<br />

von Kategoriesystemen erreicht. Einführung<br />

in Anlehnung an Mayring wurden bei dieser Methode für jedes durchgeführte Experteninterview folgende Schritte durchlaufen: 1) Paraphrasierung Ebenfalls<br />

Generalisierung 3) Reduktion 4) Zuordnung zu Kategoriesystemen 2)<br />

wurde jede Antwort aller dreizehn Interviews auf einen knappen und den wesentlichen So<br />

beschränkt. Ausschmückende Textbestandteile wurden fallengelassen. In einem nächsten Schritt erfolgte die Generalisierung der Paraphrasen. Dadurch entstanden einige inhaltsgleiche Paraphrasen, welche nunmehr in einer Reduktion gestrichen werden konnten. Inhalt<br />

wurden unwichtige und nichtssagende Paraphrasen weggelassen. So konnten diese präzisen, neuen Aussagen in Kategoriesysteme gefasst werden. Nach der Reduktion fand nochmals eine Überprüfung statt, ob diese neuen in Kategoriesystemen Ebenfalls<br />

Aussagen auch noch den ursprünglichen Aussagen der Interviewpartner entsprechen (vgl. Mayring, 2008, S. 60, 61). zusammengefassten<br />

Rahmen der Durchführung der Inhaltsanalyse kam zu Tage, dass einige Antworten bei Fragen abgegeben wurden, wo sie nicht unmittelbar passend waren. Jedoch waren diese Antworten und Aussagen zu anderen Fragen zugehörig. Dies passierte durch die möglichst Im<br />

gehaltene Interviewform und den Versuch, die Interviewpartner so wenig wie möglich zu unterbrechen. Es wurde daher die Vorgehensweise der qualitativen Inhaltsanalyse insofern erweitert, dass im Zuge der ersten Reduktion auch eine korrigierende Zuordnung offen<br />

Antworten erfolgte.<br />

von<br />

99


Kategoriesysteme der Inhaltsanalyse Aufgrund der oben beschriebenen Vorgangsweise wurden nunmehr für das Einvernahmegespräch folgende zwölf Kategorien, Themenkreise eruiert: 6.2.2<br />

Kategorie - Themenkreis 1 Eckpunkte, Ziel und Zweck des Einvernahmegesprächs 2 Gelungenes Einvernahmegespräch Nummer<br />

Rolle und Profil des Einvernahmereferenten 3<br />

Rolle und Profil des Dolmetschers 5 Rolle und Profil des Asylwerbers 6 Beeinflussung durch Rechtsberater, Rechtsanwalt und 4<br />

7 Unterschiedliche Kultur 8 Unterschiedliche Religion Vertrauensperson<br />

Veränderungen in den letzten fünf Jahren 9<br />

Stärken des Einvernahmegesprächs 11 Schwächen des Einvernahmegesprächs 12 Verbesserungsvorschläge für hinkünftige Einvernahmegespräche 10<br />

13: Kategoriesysteme Abbildung<br />

Auswertung der Fallstudie 6.3<br />

sei an dieser Stelle angemerkt, dass die in den zwölf Kategorien kursiv und unter Anführungszeichen geführten Aussagen wortwörtliche Aussagen eines Interviewpartners sind. Es<br />

Kategorie 1: Eckpunkte, Ziel und Zweck des Einvernahmegesprächs Alle Interviewpartner gaben als Hauptziel des Einvernahmegesprächs die umfassende Abklärung des relevanten Sachverhalts an. Es ist ganz wichtig, dass der Fluchtweg und viel 6.3.1<br />

noch der Fluchtgrund lückenlos bis ins letzte Detail festgestellt werden kann, denn mehr<br />

bildet ja die Grundlage für die Entscheidung. Viele Interviewpartner gaben an, dass die Glaubwürdigkeitsprüfung bereits in der Einvernahme beginnt und es daher wichtig ist, dieser<br />

den wahren Sachverhalt zu kennen. Zur detaillierten Schilderung des Fluchtgrundes ist „Zeit geben und Zeit lassen“ ein unbedingtes Muss. Der Asylwerber soll unbedingt die Möglichkeit haben, dass er alles schildern kann, was er möchte und für ihn ein Bedürfnis ist. Ein Interviewpartner gab an, dass „die Situation in der Einvernahme oft vergleichbar mit der einer Sitzung beim<br />

100


ist“. Das Bedürfnis „einmal Reden und alles erzählen zu dürfen“ ist für einen Asylwerber ganz wichtig. Er sollte das Gefühl haben, dass er angehört wird. Dazu ist vorerst die eigene freie Schilderung durch den Asylwerber ganz wichtig. Erst in weiterer Folge sind Psychologen<br />

gezielten Fragen des Referenten unerlässlich. Am Ende des Gesprächs soll der Referent den „roten Faden“ der Geschichte kennen und eine Entscheidung treffen können, die sowohl humanitären sowie öffentlichen Interessen entspricht. die<br />

Eckpunkte in der Einvernahme wurden vor allem die Begrüßung, Vorstellung, die Als<br />

und Informationen an den Asylwerber und die Aufwärmphase gesehen. Es ist ganz wichtig, dass ein angenehmes Klima in der Einvernahme herrscht und dieses wird gleich zu Beginn in der Aufwärmphase geschaffen (oder eben nicht). „Der Asylwerber muss Belehrungen<br />

über den Ablauf der Einvernahme informiert werden.“ Diese Erklärungen sind notwendig, denn der Asylwerber muss wissen worum es geht und was ihn erwartet. Ein Interviewpartner gab an, dass ein weiterer Eckpunkt das Aufzeigen von Widersprüchen und unbedingt<br />

ist. Unwahrheiten<br />

die meisten Befragten werden das Ziel und der Zweck der Einvernahme meistens erreicht, zumindest das detaillierte Erfragen über die Fluchtgründe erfolgt fast immer. Schwieriger wird es schon bei der Glaubwürdigkeitsprüfung in der Einvernahme. Hier wird für Für<br />

Interviewpartner das Ziel nicht erreicht, denn der Einvernehmende bildet sich vielleicht zu schnell ein Urteil und fragt hier zu wenig nach. Vermutlich weil viele kulturelle Aspekte nicht berücksichtigt werden. Die Glaubwürdigkeitsprüfung wurde von einigen als besonders viele<br />

empfunden, weil hier von beiden Seiten nichts bewiesen werden muss. Glauben ist aber immer subjektiv. „schwierig“<br />

Antworten aller Interviewpartner decken sich mit dem in Kapitel 3.2.4 vorgestellten Ablauf der Einvernahme nach den internen behördlichen Vorgaben. Grundsätzlich kann gesagt werden, dass für alle Beteiligte das Ziel und der Zweck der Einvernahme klar definiert Die<br />

– nämlich die umfassende Abklärung des relevanten Sachverhalts – und auch in den Eckpunkten des Einvernahmegesprächs gibt es viele Übereinstimmungen. ist<br />

6.3.2 Kategorie 2: Gelungenes Einvernahmegespräch<br />

Kategorie 2 ist eng in Verbindung mit Kategorie 1 zu sehen. Für alle Interviewpartner ist die Einvernahme im Asylverfahren gelungen, wenn der erhebliche Sachverhalt ermittelt wurde, es keine offenen Fragen mehr für den Referenten gibt, er eine Entscheidung treffen kann und der Asylwerber alles Wesentliche vorbringen konnte.<br />

101


Merkmal von einer gelungenen Einvernahme ist, wenn ein „harmonisches, vorurteilsfreies, vertrauensbildendes Klima zwischen allen Beteiligten“ herrscht und der Asylwerber „stressfrei“ und ohne Zeitdruck erzählen kann, er gehört und verstanden wird. Weiteres<br />

Gelingen gehört jedenfalls ein von Störungen freies Umfeld (kein Telefonlärm, Lärm von der Straße, ständiges Herein- und Hinausgehen von Mitarbeitern, etc.). Das Gelingen hängt wesentlich vom Referenten und Dolmetscher ab. Beide müssen Zum<br />

geschult sein, Fachkenntnisse und Menschenkenntnis haben und „die ausreichend<br />

in eine richtige Ordnung bringen können“. Die Sprachkenntnis des Dolmetschers in beiden Sprachen (Sprache des Asylwerbers und Deutsch) ist unerlässlich und trägt wesentlich zum Gelingen oder Misslingen bei. Am Ende sollen alle – vor allem Einvernahme<br />

und Asylwerber – ein gutes Gefühl haben. Der Asylwerber soll alles erzählen können und das Gefühl eines fairen Verfahrens vermittelt bekommen. Der Referent soll objektiv eine begründete rechtsstaatliche Entscheidung treffen und die Gesetze einhalten Referent<br />

Ein Interviewpartner gab an, dass „man auch die humanitäre Seite des Asylverfahrens bedenken müsse.“ können.<br />

Gelingen der Einvernahme an sich wird von sämtlichen Interviewpartnern sehr ähnlich gesehen, denn in dieser Kategorie gab es sehr viele Übereinstimmungen. Dies kann grundsätzlich als positiv angesehen werden, denn die persönliche Einstellung der Akteure Das<br />

Gelingen ist eine wesentliche Basis. Eine „ähnlich gelagerte“ Grundeinstellung ist in jedem Fall hilfreich. zum<br />

Kategorie 3: Rolle und Profil des Einvernahmereferenten 6.3.3<br />

Rolle des Referenten wird von allen Interviewpartnern als sehr wichtig gesehen, denn er ist der Leiter der Einvernahme. Er fällt schlussendlich eine Entscheidung, welche im Wesentlichen in der Einvernahme ihre Grundlage hat. Seine „Rolle ist eigentlich als Die<br />

Ermittler und Leiter relativ klar definiert“. Der Einvernehmende hat wesentlichen Einfluss auf den Ausgang der Einvernahme aufgrund seiner persönlichen Einstellung und Qualifikation. Befrager,<br />

Eigenschaften und Qualifikationen eines Referenten wurden von den Folgende<br />

• Empathie<br />

• Objektivität<br />

• soziale<br />

Interviewpartnern genannt, welche wesentlich zu einem guten Einvernahmegespräch beitragen:<br />

und Neutralität, Vorurteilsfreiheit, Sachlichkeit Kompetenz und menschenrechtliches Grundverständnis<br />

102


• Lebenserfahrung<br />

• Kommunikationsfähigkeit:<br />

• Länder-<br />

• Kenntnis<br />

• Durchsetzungsfähigkeit<br />

• kein<br />

• Sach-<br />

• spezifische<br />

• Neugierde<br />

• Flexibilität<br />

• Anpassungsfähigkeit<br />

• Genauigkeit<br />

• Toleranz<br />

• Fähigkeit<br />

Zuhörer, Geduld haben, Ruhe ausstrahlen, einfache Sprache für den Asylwerber verwenden (weniger „Behördendeutsch“) und Kulturwissen über das Herkunftsland des Asylwerbers guter<br />

Körpersprache, unterschiedliche Kommunikationsformen „Machtgehabe“ (vor allem gegenüber dem Asylwerber) über<br />

Fachwissen über Gesetze, Verwaltungsabläufe Einvernahme-Schulungen, Schulungen im Umgang mit Minderjährigen und<br />

dem Asylwerber (ob Akademiker oder Analphabet) bzgl.<br />

Selbstreflexion, Bereitschaft zur Weiterentwicklung und –bildung Hinsichtlich der allgemeinen „Grundausbildung“ von Referenten gab es zwei divergierende zur<br />

Einerseits gab ein Interviewpartner an, dass ein Hochschulabschluss für einen Einvernahmereferenten nicht unbedingt notwendig ist. Andererseits sah es ein anderer Interviewpartner als wichtig an, dass bereits in der I. Instanz akademisch ausgebildete Antworten.<br />

die Entscheidung treffen – so wie beim AsylGH in der II. Instanz – und keine weisungsgebundenen Bedienstete. Wenn man die von den Interviewpartnern genannten Fähigkeiten des Referenten mit jenen Juristen<br />

welche in Kapitel 3.2.5.1 angeführt wurden, so fällt auf, dass die in der vergleicht,<br />

des BAA genannten Punkte ausschließlich die fachliche Kompetenz und Qualifizierung ansprechen (Kenntnis von Gesetzen, Verwaltungsverfahren). Es hat den Anschein, dass dies die einzig notwendigen Voraussetzungen – neben der Reifeprüfung – Ausschreibung<br />

um als Einvernahmereferent im BAA arbeiten zu können. sind,<br />

Kategorie 4: Rolle und Profil des Dolmetschers 6.3.4<br />

Der Dolmetscher hat ebenfalls für sämtliche Interviewpartner eine entscheidende Rolle im Einvernahmegespräch. Sowohl Asylwerber und Referent sind auf ihn angewiesen. Für alle ist der Dolmetscher ein Sprachmittler. Die meisten Befragten sehen den Dolmetscher neben Sprach- auch noch als Kulturmittler. Seine Aufgabe ist vor allem auch den kulturellen Hintergrund des Asylwerbers richtig interpretieren und „übersetzen“ zu können.<br />

103


• Perfekte<br />

• Neutralität<br />

• keine<br />

• Empathie<br />

unbedingt notwendige Qualifikationen muss ein Dolmetscher mitbringen, damit das Gespräch im Asylverfahren gelingt: Folgende,<br />

in beiden Sprachen (Sprache des Asylwerbers und Deutsch); sowohl mündlich als auch schriftlich gegenüber Asylwerber und Behörde, Unparteilichkeit Sprachkenntnis<br />

im Hinblick auf Verfahrensführung, kein „Hineininterpretieren“ Selbständigkeit<br />

• Kulturwissen<br />

• Dialektkenntnisse<br />

• Vertraulichkeit<br />

• Genauigkeit<br />

• Respektvolles<br />

• Geduld<br />

• Sozialkompetenz<br />

• gute<br />

• Erfahrung<br />

• Grundwissen<br />

• Anpassungsfähigkeit<br />

• Informationsgeber<br />

das Herkunftsland des Asylwerbers vom Herkunftsland des Asylwerbers über<br />

Verhalten<br />

mit Verwaltungsbehörden und Grundverständnis über den Ablauf und Verlauf des Asylverfahren Ausbildung<br />

Kommunikation bzgl. dem Asylwerber (ob Akademiker oder Analphabet) an Referent über kulturelle Gegebenheiten aus Herkunftskultur in<br />

Asylwerbers Einige Interviewpartner gaben weiters an, dass es einen Unterschied macht, ob ein akademisch gebildeter Dolmetscher oder ein sprachkundiger Laiendolmetscher zum Einsatz des<br />

Beides hat seine Vor- und Nachteile, wie die Befragten angaben und auch bereits in Kapitel 5.2.3 erläutert wurde. kommt.<br />

Kategorie 5: Rolle und Profil des Asylwerbers Der Asylwerber ist als „Erzähler und Informationsbringer eigentlich die Hauptfigur schlechthin im Einvernahmegespräch“. Er ist ja auch Hauptbetroffener im Verfahren. Von einigen 6.3.5<br />

Gesprächspartnern wurde betont, dass es wichtig ist, dass der Asylwerber in der Einvernahme als Subjekt gesehen wird. Denn teilweise wird der „Asylwerber als Objekt behandelt und in diese Rolle gedrängt“. Grundsätzlich braucht der Asylwerber keine Qualifikationen, er kann (und muss) er selbst sein. Je authentischer der Asylwerber ist, desto besser für alle Beteiligten und die Situation.<br />

104


Befragten gaben jedoch an, dass der Asylwerber grundsätzlich Bereitschaft zur Einvernahme zeigen muss. Gelingen kann das Einvernahmegespräch unter anderem nur dann, wenn der Asylwerber Kooperationsbereitschaft zeigt, das Verfahren ernst nimmt und Alle<br />

Sinn seines Asylantrages versteht. Ehrlichkeit, im Sinne von „keine vom Schlepper eingelernten Geschichten erzählen“, ist eine Grundbedingung für ein gut verlaufendes Einvernahmegespräch. Das Auftreten und Verhalten des Asylwerbers kann den Verlauf des den<br />

positiv oder negativ beeinflussen. Je präziser, detaillierter und widerspruchsfreier er sein Vorbringen schildert, desto „einfacher“ ist natürlich die im Einvernahmegesprächs<br />

geforderte Glaubwürdigkeitsprüfung. Dass die Glaubwürdigkeitsprüfung mitunter mehr als schwierig ist, wurde in dieser Arbeit an vielen Stellen schon aufgezeigt – vor allem in den Kapiteln 4 und 5 – und wird in der Asylgesetz<br />

auch später noch bestätigt. Fallstudie<br />

Kategorie 6: Beeinflussung durch Rechtsberater, Rechtsanwalt und 6.3.6<br />

Neben den Hauptakteuren – Asylwerber, Referent, Dolmetscher – nehmen manches Mal auch noch Rechtsberater, Rechtsanwälte (gewillkürte Vertreter) oder Vertrauenspersonen Vertrauensperson<br />

Einvernahmegespräch teil. Eine Einflussnahme dieser drei Akteure in dem Sinn, dass sie das Verfahren komplett „wenden“ könnten, wird von allen Befragten verneint. Jedoch macht es dennoch einen am<br />

ob sie bei der Einvernahme anwesend sind oder nicht. Unterschied,<br />

Tätigkeit der Rechtsberater ist vor allem vor Beginn des Einvernahmegesprächs sehr wichtig. Im Rechtsberatungsgespräch werden die Asylwerber über den „Ablauf, Verlauf des Verfahrens, welche Entscheidung geplant ist, informiert und können offene Fragen abklären.“ Die<br />

Rechtsberatung ist allerdings auch immer sehr stark abhängig vom Engagement und der fachlichen Kompetenz der Rechtsberater. Die Aufgaben der Rechtsberater sind ja im Verfahren in der Erstaufnahmestelle gesetzlich verankert und somit vorgeschrieben. Die<br />

können die Behörde unterstützen, weil sie beim Asylwerber wichtige Aufklärungsarbeit leisten können. Sie können jedoch auch negativ für die Behörde sein, Rechtsberater<br />

wenn sie den Asylwerber bei einer nicht wahrheitsgemäßen Aussage unterstützen. Hinsichtlich der fachlichen Kompetenz wurde von einem Befragten ein „weites Spektrum an Rechtsberatern“ beschrieben – vom akademisch gebildeten Juristen bis zum „Praktiker“ aus der Migrantenarbeit ohne qualifizierte Ausbildung (mit teilweise auch schlechten Sprachkenntnissen).<br />

105


der Einvernahme selbst werden Rechtsberater vor allem dann als wichtig gesehen, wenn Fehler passieren, z. B. unabsichtlich falsche Dokumentation im Protokoll. Hier hat der Rechtsberater eine „zusätzliche Kontrollfunktion“. Die Anwesenheit des Rechtsberaters wird In<br />

vielen Asylwerbern als eine Art „Sicherheit, psychologische Stütze“ gesehen und er hat das Gefühl, dass er eher fair behandelt wird. Ein Interviewpartner gab an, dass die Fragen und Vorbringen des Rechtsberaters teilweise von<br />

sind, da manches nur zu oberflächlich gefragt wird. Ein fachlich gut qualifizierter wichtig<br />

kann damit oft auch den Referenten sehr unsicher machen. Im Asylgesetz ist festgeschrieben, dass die Rechtsberatung objektiv zu sein hat. Er darf weder ausschließlich „für“ den Asylwerber, noch ausschließlich „für“ die Behörde arbeiten. Rechtsberater<br />

gab es die meisten Divergenzen, weil ein Teil der Befragten es negativ sah, dass die Rechtsberater zu viel für den Asylwerber machen. Andere sehen sie als zu passiv und nur als „Statisten“ und helfen damit indirekt der Behörde und sind durch ihre finanzielle Hier<br />

vom BM.I nicht unbedingt neutral. Abhängigkeit<br />

Interviewpartner gab eine Definition der Aufgabenbeschreibung für Rechtsberater an, welche mir persönlich gut gefällt: „Rechtsberater sind Mittelspersonen zwischen dem Asylwerber und dem BAA“. Der Rechtsberater soll sowohl den Asylwerber im Rahmen der Ein<br />

Möglichkeiten so gut wie möglich unterstützen und auf die Einvernahme vorbereiten, als auch mit dem BAA so gut wie möglich kooperieren und zusammenarbeiten, damit für den Asylwerber eine halbwegs „angenehme“ (angebrachte) Situation geschaffen gesetzlichen<br />

wird.<br />

anders wird das Beisein des Rechtsanwalts bei der Einvernahme gesehen. Der Rechtsanwalt ist ausschließlich für die Interessen des Asylwerbers zuständig. Dafür bezahlt der Asylwerber ja auch. Ebenfalls verleiht die Anwesenheit des Anwalts dem Asylwerber Etwas<br />

und es ist eine weitere Kontrollfunktion hinsichtlich der Verfahrensführung. Oftmals glauben Asylwerber, dass sie durch einen Rechtsanwalt alles erreichen können und dass „nur mit Hilfe dessen das Verfahren zu ihren Gunsten entschieden wird. Dies ist jedoch Sicherheit<br />

ein großer Irrglaube.“ Manchmal kann ein Rechtsanwalt schädlich für den Asylwerber sein. Vor allem im Vorfeld der Einvernahme können Rechtsanwälte hilfreich und nützlich oftmals<br />

sein, weil sie wichtige Vorinformationen (z. B. medizinische Unterlagen) für die Behörde liefern können. Weiters wird der Rechtsanwalt auch als „psychische und moralische Stütze“ während der Einvernahme angesehen. Die meisten Vorbringen können auch schriftlich eingebracht werden, eine unbedingte Anwesenheit in der Einvernahme ist daher nicht wirklich erforderlich. Jedoch können sie auch Fragen stellen und vor allem den Fluchtgrund<br />

106


noch hinterfragen. Einige Interviewpartner gaben an, dass das Verhältnis Referent – Rechtsanwalt sehr oft „belastet“ und nicht gut ist. Von den Referenten werden die Rechtsanwälte als störendes Element in der Einvernahme empfunden, weil sie lästige eingehender<br />

stellen und ein Verfahren verzögern und (unnötig) verlängern können. Durch ihre akademische juristische Ausbildung können sie den Referenten teilweise auch „verunsichern“. Bei Anwesenheit des Rechtsanwalts ist aber zu beobachten, dass die Fragen<br />

noch mehr darauf achten, dass alles korrekt abläuft. Referenten<br />

Anwesenheit einer Vertrauensperson wird von allen Beteiligten als „psychische und moralische Unterstützung gesehen und gibt dem Asylwerber Sicherheit“. Sie kann auch eine leichte Kontrollfunktion im Hinblick auf die Protokollierung innehaben, wenn sie gut Deutsch Die<br />

In manchen Fällen wird die Anwesenheit der Vertrauensperson als lästig empfunden. Denn obwohl diese nichts sagen darf, beeinflusst sie den Asylwerber „negativ“, indem sie über die Behörde schlecht redet und den Ablauf des Verfahrens nicht kennt. In manchen kann.<br />

trauen sich die Asylwerber durch die Anwesenheit der Vertrauensperson freier und offener zu reden und fühlen sich gestärkt. In anderen Fällen wiederum ist das Gegenteil der Fällen<br />

und der Asylwerber ist durch die Vertrauensperson eher eingeschüchtert. Manchmal wird der Referent durch die Anwesenheit der Vertrauensperson ebenfalls „verunsichert“. Allen drei Akteuren wird also eine gewisse Kontroll- und Unterstützungsfunktion Fall<br />

Sie können einen Referenten mehr oder weniger „ins Wanken“ bringen. Je sicherer der Referent als Leiter der Amtshandlung ist und in jeder Hinsicht geschult ist, desto schwerer kann er verunsichert werden. Nur ein sicherer Leiter kann aber ein Gespräch zugeschrieben.<br />

führen, denn zu viele Beeinflussungen und Verunsicherungen wirken sich nicht optimal<br />

auf das Einvernahmegespräch aus. positiv<br />

Kategorie 7: Unterschiedliche Kultur Bei der Frage nach einer Einflussnahme der unterschiedlichen kulturellen Hintergründe von Referent und Asylwerber auf das Einvernahmegespräch, wurde dies von fast allen Befragten 6.3.7<br />

Die unterschiedliche kulturelle Sozialisation ist also auch für das bejaht.<br />

Einvernahmegespräch eine wichtige Komponente, welcher großer Beachtung zukommen<br />

sollte. Lediglich zwei Interviewpartner gaben an, dass es ihrer Meinung nach weniger die unterschiedliche Kultur ist. „Im Vordergrund stehen vielmehr bildungs- und schichtspezifische Unterschiede und vor allem persönliche Erfahrungen des Referenten mit Angehörigen aus einem bestimmten Kulturkreis“, die Einfluss auf das Einvernahmegespräch haben. Natürlich<br />

107


auch diese beiden Komponenten Einfluss auf die Einvernahme, wie in dieser Arbeit in Kapitel 4.2.1 an Bourdieus Habituskonzept beschrieben. Viele Interviewpartner haben bestätigt, dass in anderen Kulturkreisen die haben<br />

Körpersprache (Mimik, Gestik), das Verhalten, das Zeitverständnis, etc. sehr unterschiedlich und teilweise sehr konträr zu unserem mitteleuropäischen Verständnis sind. Dies kann natürlich zu Missverständnissen in der Einvernahme beitragen. Kommunikationsformen,<br />

ist es unerlässlich, dass der Referent ein umfangreiches Wissen über die Deshalb<br />

des Asylwerbers hat. Nur so können Missverständnisse vermieden werden. Neben dem Wissen ist aber hierzu auch das Einfühlungsvermögen des Referenten wichtig. „Wissen alleine reicht nicht“, die Differenzen müssen sich auch immer in der konkreten, Herkunftskultur<br />

Situation in der Einvernahme bewusst gemacht werden. Vor allem sollte der Referent, bevor er beginnt Widersprüche vorzuhalten, noch einmal prüfen, ob er wirklich auch alles richtig verstanden hat. Der kulturelle Aspekt soll im Hinterkopf sein und individuellen<br />

noch einmal nachgefragt werden. gegebenenfalls<br />

dieser Antwort wurden sehr viele Beispiele von den Gesprächspartnern gebracht. Das ist sicher ein Merkmal dafür, dass Kultur „sehr weit“ ist und vieles darunter fällt. So wurde das Beispiel von Blickkontakt mehrmals erwähnt: „In unserer mitteleuropäischen Kultur ist es Bei<br />

dass man sich in die Augen schaut, wenn man etwas erzählt. Wenn jemand permanent wegschaut, kann das für uns ein Zeichen sein, dass der andere nicht die Wahrheit sagt“. Würde man dies umlegen auf alle Asylwerber, so hätte man beinahe üblich,<br />

unglaubwürdige Asylwerber, die fast nie die Wahrheit sagen, denn in den (meisten) Herkunftskulturen der Asylwerber ist es nicht üblich, dass man sich in die Augen ausschließlich<br />

„Wenn sich dort ein Mann und eine Frau zu tief in die Augen schauen, wird das als Anmache verstanden und wenn sich zwei Männer zu tief in die Augen schauen, wird das oft als Herausforderung gesehen.“ Generell ist es auch nicht üblich, Behördenvertreter direkt in schaut.<br />

Augen zu schauen, weil man als Kind gelernt hat, Respekt vor Institutionen zu haben und dies mit einem Blick zu Boden ausdrückt. Diese Aussagen decken sich mit den in Kapitel 4 beschriebenen Kulturbegriffen und –dimensionen von Hofstede und Hall. die<br />

das in Kapitel 4.3.2.1 angeführte Beispiel (moslemische tschetschenische Asylwerberin Auch<br />

gibt österreichischen männlichen Referenten nicht die Hand zum Gruß) wurde von drei<br />

Interviewpartnern erwähnt und es wurde bestätigt, dass die Vermischung zwischen Religion und Kultur hier sichtbar ist. Auf Rückfragen gaben alle an, dass es sich hierbei wohl eher um kulturell bedingte Unterschiede handelt und weniger um religiöse Unterschiede. Genau erklärbar sei dies aber nicht, sondern einfach nur ein Gefühl der Befragten und es ist zudem schwierig zwischen Kultur und Religion zu unterscheiden.<br />

108


decken sich die Aussagen aller Interviewpartner mit den in Kapitel 4 beschriebenen Problematiken der unterschiedlichen Kultursozialisation der Beteiligten am Einvernahmegespräch. Dieser Bereich wird also auch in der „Praxis“ bewusst Eigentlich<br />

Einige Gesprächspartner bestätigten, dass es hierbei im BAA in den letzten Jahren schon zu einigen Besserungen kam und man zumindest in diesem Bereich sensibilisiert ist. wahrgenommen.<br />

Kategorie 8: Unterschiedliche Religion Die Frage bzgl. der Beeinflussung des Einvernahmegesprächs aufgrund der unterschiedlichen Religion von Referent und Asylwerber wurde am eindeutigsten 6.3.8<br />

Alle dreizehn Interviewpartner gaben an, dass das Religionsbekenntnis an sich im Hinblick auf Probleme keinerlei Rolle für das Einvernahmegespräch oder das Asylverfahren spielt. beantwortet.<br />

Gesprächspartner gab an, dass „Religion und Kultur eng miteinander verbunden und Ein<br />

meistens Tradition ist. Tradition wiederum gehört zu Kultur.“ In zwei Gesprächen wurde angemerkt, dass es eventuell Probleme geben könnte, wenn beide – Referent und Asylwerber – ihre Religion fundamentalistisch ausleben und nichts anderes zulassen bzw. Religion<br />

Gegenüber bekehren wollen. Das wäre aber ihres Wissens noch in keiner Einvernahme der Fall gewesen und ist auch nicht spezifisch für das Asylverfahren. Wo extreme Positionen aufeinandertreffen, kommt es generell zu Problemen. Ein Interviewpartner merkte an, dass das<br />

in „Bezug auf die Geschlechterrolle manchmal auffällt, dass ein (muslimischer) männlicher Asylwerber der weiblichen Referentin eher ablehnend gegenübertritt“. Ob dies es<br />

unmittelbar nur mit der Religion zu tun hat, konnte nicht eindeutig beantwortet werden, denn ein ähnliches Muster fiel z. B. auch bei christlichen Armeniern oder Syrern auf. Auch diese Aussagen decken sich mit der in Kapitel 4.3.2.1 vorgestellten Widerlegung von jedoch<br />

Theorie und meiner Einschätzung, dass Religion alleine für den Alltag im Einvernahmegespräch kein Hindernis darstellt und kaum eine Bedeutung zukommt. Huntingtons<br />

6.3.9 Kategorie 9: Veränderungen in den letzten fünf Jahren Es sei hier angemerkt, dass der Zeitpunkt der Veränderung mit Fokus auf die letzten fünf Jahre daher gewählt wurde, da im Jahr 2008 im BAA das Qualitätsmanagement eingeführt wurde, welches einige Veränderungen brachte und daher dieser Vergleichszeitraum passend schien. Zwei Interviewpartner sind erst seit vier Jahren, zwei andere seit ca. einem Jahr mit dem Einvernahmegespräch im BAA vertraut. Diese wurden zu Beginn des<br />

109


hingewiesen, dass sie den Zeitraum, welchen sie beurteilen können, bei der Antwort einfließen lassen. Für drei Interviewpartner war diese Frage nicht beantwortbar, da dazu der Einblick fehlt und daher gibt es zu dieser Kategorie nur zehn Aussagen. Interviews<br />

bereits vorher erwähnt, wurden vor allem die internen Schulungen verändert, verbessert und intensiviert. In vielen Bereichen (fachlich und rechtlich, aber auch Grundlagen der Kommunikation) gab es durch umfangreiche Schulungen eine Bewusstmachung bei den Wie<br />

und es konnten eindeutig Verbesserungen erzielt werden. Das Referenten<br />

ist in den „letzten Jahren weiter weg von der polizeilichen Vernehmung gerückt und es herrscht ein besseres Klima, Atmosphäre.“ Dass es in Einvernahmen zu „Schreiduellen“ – wie noch in den 1990er-Jahren regelmäßig zwischen Einvernahmegespräch<br />

und Asylwerber oder Rechtsanwalt passiert –, kommt heute mehr oder weniger nur mehr in Ausnahmefällen vor. Die tägliche Arbeit des Referenten ist heute überwiegend sachlich. Referent<br />

viele Gesetzesnovellen wurde das Einvernahmegespräch detaillierter gestaltet und die Durch<br />

dazu (Fragenkatalog) verbindlich. Vieles wurde damit vereinheitlicht und standardisiert. Die Prüfung im Asylverfahren wurde viel umfangreicher: es muss nun Asyl, subsidiärer Schutz und die Ausweisung aus Österreich geprüft werden und daher nimmt die Vorgaben<br />

an Wichtigkeit zu. „Früher gab es mehr reine Wirtschaftsflüchtlinge, wo eine Glaubwürdigkeitsprüfung nicht notwendig war.“ Einige Interviewpartner gaben an, dass die gesetzlichen Vorgaben „strenger“ wurden, man Glaubwürdigkeitsprüfung<br />

mehr ermitteln müsste und dazu mehr Zeit brauchen würde. Jedoch steigt der eigentlich<br />

– vor allem in der Einvernahme – immer mehr, weil man nach internen Vorgaben im BAA immer raschere und günstigere Verfahren haben will. Dazu sind hohe Dolmetscherkosten bei einer langen Einvernahme tunlichst zu vermeiden. Daher tritt der Zeitdruck<br />

ein: Wo mehr ermittelt werden sollte, wird teilweise weniger ermittelt! Einige Interviewpartner gaben auch an, dass „mit der Einführung der wirkungsorientierten Verwaltung, Qualitätsmanagement, Zielvereinbarungen, etc. der Asylwerber eigentlich in den Umkehrschluss<br />

gerückt ist“. Der Einvernahmereferent hat seit Einführung dieser Maßnahmen Hintergrund<br />

sehr viel mehr „Verwaltungsarbeit“ zu erledigen (Führen von Statistiken, Berichte verfassen,<br />

etc.) und daher weniger Zeit für Einvernahme und Bescheid. „Die Statistik zählt manches Mal mehr als der Asylwerber“. Es zeigt sich hier ein vergleichbares Bild, wie es seit Jahren im medizinischen Bereich beschrieben und beobachtet wird. Ärzte, Pflegepersonal haben für den Patienten und seine eigentlichen Bedürfnisse aufgrund des Verwaltungsaufwandes zu wenig Zeit. Diese Situation bringt den Referenten in ein Dilemma. Einerseits will er seinem Arbeitgeber, Vorgesetzen und den Vorgaben entsprechen, andererseits geht dadurch die<br />

110


Komponente verloren. Dies kann zu Frustration, Motivationsverlust und Sinnlosigkeit der Arbeit des Referenten führen. humanitäre<br />

Kategorie 10: Stärken des Einvernahmegesprächs Das Einvernahmeklima im Allgemeinen (inklusive der Räumlichkeiten) wurde von vielen Gesprächspartnern als positiv im BAA beschrieben. Der Umgang mit Asylwerbern ist 6.3.10<br />

ein guter und manchmal ist zu beobachten, dass es eine gewisse „Vertrautheit zwischen Referent und Asylwerber“ gibt. Dies wird zu Beginn der Einvernahme aufgebaut. So wird eher der wahre Sachverhalt dargelegt als umgekehrt. Wie bereits oben geschildert, grundsätzlich<br />

es wenig bis kein Schreien mehr in den Einvernahmen im BAA. Dies hat sich vor allem auch durch die Schulungen der letzten Jahre gebessert. Vermehrt wird einheitlich nach den verbindlichen Arbeitsanleitungen in der Einvernahme gibt<br />

Dies trägt zu einer gewissen Form von Einheitlichkeit bei. Die vorgegangen.<br />

ist umfassend und grundsätzlich gut. Positiv wurde auch gesehen, dass es in einigen Außenstellen des BAA eigene Einvernahmeräume gibt. Der Ablauf der Einvernahme kann als gut strukturiert und geordnet bezeichnet werden. Glaubwürdigkeitsprüfung<br />

die Dokumentation der Einvernahme und auch die „Dreiecks-Sitzordnung wird fast immer eingehalten“. Es besteht auch – vor allem in den Außenstellen – eine umfassende Länderkenntnis des Referenten im Hinblick auf das Herkunftsland des Asylwerbers. Ebenfalls<br />

vermutlich in jedem Bereich, ist es immer schwieriger, Positives zu entdecken, bei Kritik Wie<br />

das viel einfacher. Jedoch ist anzumerken, dass das BAA gerade als relativ „junge“ Behörde und einem nicht nur komplexen und sich rasch ändernden, sondern auch menschenrechtlich wichtigen und schwierigen Bereich, grundsätzlich eine positive fällt<br />

durchgemacht hat. In den starren Strukturen des öffentlichen Dienstes und als „Anhängsel, Unterbehörde“ des BM.I als oberste Sicherheitsbehörde ist es nicht immer einfach, allen Wünschen der verschiedenen Seiten gerecht zu werden. Entwicklung<br />

6.3.11 Kategorie 11: Schwächen des Einvernahmegesprächs<br />

Ein großer Punkt, den einige Interviewpartner mehrmals betonten, war der immer größer und stärker werdende Zeitdruck, Zeitmangel im und für das Einvernahmegespräch. Wie bereits in Kategorie 9 beschrieben, bleibt in den letzten Jahren immer weniger Zeit für den Asylwerber. Gerade Referenten selbst sehen das sehr problematisch und sie würden auch gerne viel mehr Zeit in eine Einvernahme, ein Verfahren investieren. Jedoch kommt der ständige Druck von Vorgesetzen hinzu und meistens gibt man sich geschlagen und orientiert sich an den<br />

111


Vorgaben. Auch andere Interviewpartner beobachteten dies und gaben an, dass sie „das Gefühl hätten, dass es nicht hauptsächlich am Referenten liegt, dass Verfahren so schnell (und somit teilweise schlecht) geführt werden, sondern der Druck von vereinbarten<br />

so groß ist“. Viele Referenten würden den Asylwerbern gern mehr Zeit schenken (in der Einvernahme, für schriftliche Stellungnahmen), jedoch ist die Realität meistens und zunehmend eine andere. Vor allem seitdem Mitte des Jahre 2011 die Asylantragszahlen oben<br />

gestiegen sind (und nach wie vor im Steigen sind), gibt es in Traiskirchen sog. „FAST-Track-Verfahren“. Es werden Asylwerber in der Regel gleich nach der Erstbefragung beträchtlich<br />

Verfahren zugelassen, haben einen Tag später in der Außenstelle eine Einvernahme und wiederum einen Tag später bereits einen (negativen) Bescheid in den Händen (vgl. Brickner, 2011). Nicht nur für Asylwerber ist diese Vorgehensweise bedenklich, auch für zum<br />

Referenten kann das nicht gut sein. Ein „Funktionieren wie eine Maschine und Entscheidungen am laufenden Band zu liefern, macht eine Individualität im Verfahren beinahe unmöglich“. Dies „entmenschlicht“ beide Seiten. einen<br />

aber dieser Zeitmangel hat weitreichende Folgen auf das Einvernahmegespräch und Genau<br />

das gesamte Verfahren. So wurde oftmals erwähnt, dass der Asylwerber teilweise in der Einvernahme nicht ausreichend belehrt wird, er gar nicht weiß worum es eigentlich geht und oftmals die Entscheidung in der Einvernahme nicht mitgeteilt bekommt. Vermehrt fiel somit<br />

dass nicht direkt auf den Asylwerber und seine Geschichte eingegangen wird, nur starr der Fragenkatalog gefragt wird und wenn der Asylwerber etwas sagen oder ergänzen will, wird er auf später „vertröstet“. Der Referent hinterfragt manches einfach nicht und stellt zu auf,<br />

Detailfragen, später wird dem Asylwerber vorgehalten, dass er dieses und jenes nicht gesagt hat. Das kommt einerseits durch das „Vertrösten auf später“ zustande und hier wenige<br />

natürlich auch die Kultur mithinein. Wie bereits mehrmals beschrieben, ist es in vielen Herkunftskulturen der Asylwerber nicht üblich, dass man von sich aus etwas ganz konkret und direkt erklärt. Um diese Hürden zu überwinden, braucht es aber nicht nur viel Feingefühl wirkt<br />

Verständnis seitens des Referenten, sondern vor allem auch Zeit. Durch diesen Zeitmangel wird oft nur „eine Seite der Medaille“ gesehen und dem Asylwerber relativ schnell Unglaubwürdigkeit und Widersprüchlichkeit vorgehalten. Ist man einmal in dieser Schiene, ist und<br />

„Umdrehen“ der Einvernahmesituation eigentlich fast nicht mehr möglich. ein<br />

Hinzu kommt, dass viele Referenten beinahe ausschließlich – vermutlich aus der Routine heraus – eine Behördensprache verwenden, die ein Asylwerber in der Regel nicht verstehen kann und viele unerfahrene Dolmetscher ebenso wenig verstehen. Selbst ein österreichischer Staatsbürger mit deutscher Muttersprache würde sich nicht auskennen. Einerseits ist hier ein gewisser Tunnelblick bemerkbar. Dem Referenten ist das Gesagte logischerweise so vertraut – nicht nur aus der täglichen Arbeit, sondern auch bei<br />

112


internen Kommunikationen mit Kollegen werden diese Fachbegriffe verwendet – und das Bewusstsein wie ein unwissender Fremder mit solchen Begriffen zurechtkommt, fehlt vielfach. Andererseits neigen manche Leiter der Amtshandlung dazu, mit dieser Schulungen,<br />

eine Art „Machtgehabe“ an den Tag zu legen, welches manche Asylwerber einschüchtert. „Referenten mit polizeilicher Ausbildung neigen nach wie vor eher dazu, den Asylwerber als Asylbetrüger, Lügner und Wirtschaftsflüchtling zu sehen“. Oft wird Behördensprache<br />

auf nebensächlichen, absurden Fragen „herumgeritten“ und genau diese werden dann bei der Unglaubwürdigkeit im Bescheid verwertet. Als Beispiel wurde das Aufzählen von auch<br />

wichtigen Flüssen im Heimatland des Asylwerbers genannt (um seine Herkunft zu belegen). Man verkennt aber hier nicht nur, dass es selbst einen mittelmäßig gebildeten Österreicher mehr als schwer fallen wird, sämtliche wichtige Flüsse in Österreich zu nennen. sämtlichen<br />

allem auch ist das Schulsystem in den Herkunftsländern nicht vergleichbar mit unserem, und die Asylwerber kommen normalerweise aus einer sozialen Unterschicht und können kaum lesen und schreiben und so mit Sicherheit solche Fragen nicht beantworten. Hier wird Vor<br />

wie wichtig es ist, dass man sich bereits vor der Einvernahme ein Bild vom Profil des Asylwerbers macht und demnach auch die Fragen stellt und ausrichtet. Manchmal sollte deutlich,<br />

genauer nachfragen und auch umformulieren. Aber dazu braucht man eben ausreichend Zeit. Vielfach wurde den Referenten ein länderspezifisches Wissen im Hinblick auf das man<br />

attestiert. Informationen über die politische, wirtschaftliche, gesetzliche, sicherheitsmäßige und menschenrechtliche Lage über sämtliche Herkunftsländer sind im BAA tatsächlich gut aufbereitet und jeder Referent hat leicht Zugang zu diesen Infos und das Herkunftsland<br />

auch notwendig für das Verfahren. Doch allgemein über das „Verhalten“ von Menschen ist<br />

diesen Herkunftsländern existieren keinerlei offizielle BAA-Informationen und dazu gibt es auch keine Schulungen. Entweder geht man davon aus, dass Informationen über Kommunikationsformen und kulturelle Unterschiede zur Allgemeinbildung gehören, oder aus<br />

es fehlt das Bewusstsein der Wichtigkeit dieses Aspekts. Die Erkenntnisse dieser Arbeit und die darin zitierten Unterlagen machen aber offensichtlich, dass gerade der kulturelle Aspekt – wie sich Menschen aufgrund ihrer kulturellen Herkunft verhalten und programmiert aber<br />

– einer der Hauptkriterien für das Einvernahmegespräch (und das Asylverfahren) zum Gelingen oder Misslingen ist. Dies wird auch so von allen Interviewpartnern gesehen und sind<br />

dass es diesbezüglich doch größeren Schulungs- und Nachholbedarf im BAA gibt. Das Denken der meisten Referenten beschränkt sich auf die mitteleuropäische Kultur und so sind auch ihre Entscheidungen bzgl. der Glaubwürdigkeitsprüfung. Oft wird von den Referenten auch die Ansicht vertreten, dass „sie ohnehin nur I. Instanz wären und es eine Überprüfungsmöglichkeit durch die Beschwerde beim AsylGH gibt“.<br />

113


weiterer „Problempunkt“ wird zudem in der Person des Dolmetschers erkannt. Die bereits beschriebenen Probleme werden auch in der Praxis bestätigt. Für manche seltene Sprachen gibt es keine akademisch gebildeten oder gerichtlich beeideten Dolmetscher. Ein<br />

Laiendolmetscher haben aber sehr oft schlechte sprachliche (und schriftliche) Kenntnisse in der deutschen Sprache und sind auch mit dem Dolmetschen im Asylverfahren nicht wirklich vertraut. Das ist sicher von Nachteil für den Asylwerber. Oft wird der Asylwerber Diese<br />

in seiner Muttersprache, sondern einer Zweitsprache einvernommen. Dass sich der Asylwerber in dieser erlernten Sprache niemals so ausdrücken kann, wie in seiner nicht<br />

ist verständlich. So geht aber viel an Information verloren. Gerade weil es keinerlei spezifische Ausbildung für Dolmetscher im Asyl- bzw. Fremdenbereich gibt, ist der Referent noch mehr gefordert, denn es bedarf oftmals nicht nur einer Verständlichmachung Muttersprache,<br />

dem Asylwerber, sondern auch dem Dolmetscher. Problematisch wird auch gesehen, dass es keine wirkliche Überprüfung der Dolmetscherfähigkeiten im BAA gibt. Bewirbt sich ein Dolmetscher, durchläuft er eine gegenüber<br />

Sicherheitsüberprüfung zu seiner Person. Fällt diese positiv für ihn aus, wird er in allgemeine<br />

Liste der Dolmetscher aufgenommen und kann bestellt werden. Die Information, ob er sprachlich auch dem entspricht, erfolgt „intern“ durch Nachfrage bei Referenten. Durch die Routine hat der Referent natürlich eine gewisse Fähigkeit die sprachliche Fähigkeit des die<br />

zu überprüfen. Jedoch kann dies keine ausreichende Grundlage sein, um einen Dolmetscher als „qualifiziert oder nicht qualifiziert“ einzustufen. Hinzu kommt, dass fast überall der Dolmetscher persönlich (oder von einem verfahrensunterstützenden Mitarbeiter) Dolmetschers<br />

wird. So entsteht oft ein mehr als „eingespieltes Team“ und über kurz oder lang verschmelzen Referent und Dolmetscher zu einem „Team“ und treten als solches auf. Der bestellt<br />

sieht sich dadurch als Behördenvertreter. Von vielen Referenten wird diese „Loyalität“ auch erwartet, denn das BAA ist immerhin Auftraggeber. Dadurch verliert der Dolmetscher aber seine Objektivität, und dies fällt zu Lasten des Asylwerbers. Aus diesem Dolmetscher<br />

werden Dolmetscher von den Asylwerbern oftmals eher als „Feinde“ betrachtet, obwohl sie doch sehr auf diese angewiesen wären. Von einigen Interviewpartnern wurde berichtet, dass Referent und Dolmetscher während der Einvernahme oft unpassende Grund<br />

und „Späße“ machen, dies jedoch nicht erklären und der Asylwerber sich nicht auskennt und so verunsichert wird. Oftmals gibt der Dolmetscher auch Urteile und Nebenbemerkungen<br />

Wertungen ab, und dies eher immer zugunsten der Behörde und weniger für den Asylwerber. Aber gerade auch die Vertrauensbasis zwischen Dolmetscher und Asylwerber ist ganz wichtig, denn schließlich „soll dieser nicht nur seine sprachlichen Äußerungen, sondern auch Emotionen übersetzen“.<br />

114


Referenten möchten auch die Rechtsberater – ebenso wie die Dolmetscher – als einen Teil der Behörde sehen, die ausschließlich für sie arbeiten. Genauso wie der Dolmetscher ist aber auch der Rechtsberater zu Objektivität verpflichtet. Zwar gibt es auch Manche<br />

Abhängigkeitsverhältnis zwischen den einzelnen für die Rechtsberatung zuständigen Organisationen mit dem BM.I. Jedoch sind die einzelnen Rechtsberater nur dem Gesetz und ihrem Arbeitgeber verpflichtet und nicht unmittelbar dem BAA – wie die Dolmetscher als ein<br />

auf Werkvertragsbasis“. Die Objektivität ist bei den Rechtsberatern also eher gegeben, vielleicht gibt es bei diesen sogar mehr eine Neigung zur stärkeren „Einzelunternehmer<br />

des Asylwerbers. Ein weiterer Aspekt, der als negativ bewertet wurde, ist die Rolle bzw. Nichtrolle der verfahrensunterstützenden Mitarbeiter während der Einvernahme. In der II. Instanz beim Unterstützung<br />

werden diese als Schriftführer während der Verhandlung zur Protokollierung der Niederschrift eingesetzt, damit sich der Richter vollständig auf den Asylwerber und das Gespräch konzentrieren kann. Auch in den verbindlichen Arbeitsanleitungen zur AsylGH<br />

im BAA wird diese Möglichkeit betont und hervorgehoben, damit der Referent Einvernahme<br />

mit zwei Sachen gleichzeitig beschäftigt ist. Jedoch wird hierbei nicht nur die Problematik der Verfügbarkeit (zu wenige verfahrensunterstützende Mitarbeiter zur Protokollierung jedes Einvernahmegesprächs), sondern auch die der „Nicht-Qualifikation“ nicht<br />

Für einen reibungslosen Ablauf der Einvernahme, erwartet man das (beinahe) stillschweigende Mitprotokollieren. Die Anwesenheit des verfahresunterstützenden Mitarbeiters sollte wenig bis gar nicht auffallen. Das setzt aber voraus, dass der deutlich.<br />

Mitarbeiter die gleichen fachlichen Kenntnisse wie der Referent hat. Genau dies ist aber nicht der Fall und somit beinhaltet diese Form der verfahrensunterstützende<br />

oftmals noch mehr Fehler, weil eine vierte, nicht dafür qualifizierte, Person hinzukommt. Diese Problematik ist auch in den Verhandlungen beim AsylGH gegeben (vgl. Dahlvik, 2010, S. 77). Für diese Form der Gesprächsführung müsste entweder Gesprächsführung<br />

fachspezifische Ausbildung für verfahrensunterstützende Mitarbeiter eingeführt werden, und man müsste auch an der Ausschreibung bzgl. der Qualifikationen einige Änderungen vornehmen. eine<br />

wurde noch das Fehlen von technischen Hilfsmitteln als Hindernis für eine gute Zuletzt<br />

Einvernahme gesehen. Im Zeitalter der „Sozialen Netzwerk“ und technischen Errungenschaften hinkt das BAA mit seiner technischen Ausrüstung sehr hinterher. Selbst die im Gesetz möglichen Tonbandaufzeichnungen werden de facto im BAA eigentlich nicht durchgeführt. In den letzten Jahren bringen Asylwerber verstärkt Beweismittel auf CD-Rom, USB-Stick, oder erzählen von Videos auf „YouTube“, Freunden auf „Facebook“, etc. Dies alles sind zusätzliche Beweismittel. Internetseiten wie „YouTube“ und „Facebook“ sind aber<br />

115


die BAA-Mitarbeiter gesperrt, Anfragen zur Entsperrung endeten negativ. Die Möglichkeiten auf dem PC sind beschränkt, denn USB-Anschlüsse und CD-Laufwerk hat in jeder Organisationseinheit nur der EDV-Administrator auf seinem PC. Natürlich spielt hier für<br />

Sicherheitsaspekt und die Gefährlichkeit der Einfuhr von Computerviren mit, jedoch wären zumindest einige Geräte mit entsprechenden Anschlüssen und Zugängen (mit eigenem Passwort) für die tägliche Arbeit eines Referenten im Asylverfahren im 21. der<br />

ein Muss. Jahrhundert<br />

wurden von den Interviewpartnern eine ganze Menge von Schwächen des Einvernahmegesprächs genannt, welche sich großteils mit den in dieser Arbeit beschriebenen Problematiken (vor allem zu Kultur und den behördeninternen Vorgaben und Es<br />

decken. Diese Schwächen müssen ehest möglich behoben werden, denn sonst kann man schnell den „Anschluss“ verpassen und wird von der „Vorzeigebehörde“ zum „Nachhilfeschüler“. Abläufen)<br />

Kategorie 12: Verbesserungsvorschläge für das Einvernahmegespräch Kritische Punkte erkennen und ansprechen ist das Eine, Möglichkeiten und Vorschläge zur Verbesserung dieser das Andere. Aus diesem Grund habe ich auch meine Interviewpartner 6.3.12<br />

Verbesserungsvorschlägen gefragt, denn die Erfahrung hat bewiesen, dass gerade aus der Praxis einfache, umsetzbare und praktikable Lösungen hervorkommen. Mehr Zeit für Vorbereitung und Durchführung des Einvernahmegesprächs wäre eine nach<br />

Verbesserung in vielerlei Hinsicht. „Individuell Zeit schenken“ wirkt sich auf das wesentliche<br />

und somit das Einvernahmeklima aus und der Asylwerber ist eher bereit, seine wahre Geschichte zu erzählen, als in einem hektischen Umfeld. Das ist ja ein großer Wunsch von allen Beteiligten, dass der Asylwerber ohne (negative) Beeinflussung Vertrauensverhältnis<br />

denn mit der Wahrheit würde manches „angenehmer“ enden. Schulungen, vor allem im Bereich des kulturellen Verständnisses, wären ganz wichtig, denn hierbei entstehen oft die meisten Missverständnisse. Mit diesem spezifischen Wissen kann erzählt,<br />

Großteil der Ungereimtheiten entkräftigt werden und auch die Glaubwürdigkeitsprüfung ein<br />

erscheint in einem anderen Licht. Zusätzlich zu kulturspezifischen Schulungen wären<br />

Kommunikationstrainings ganz wichtig: Wie man sich in schwierigen Situationen verhält, wie man Distanz bewahren kann und doch führen kann. Wichtig wäre, dass dem Arbeitgeber bewusst ist, dass das Führen von Einvernahmen im Asylverfahren ein sehr herausfordernder, anstrengender und kräfteraubender Job ist. Es soll also „nicht auf den Referenten vergessen werden“. Viele Gesprächspartner gaben an, dass<br />

116


egelmäßige Supervision für Referenten eigentlich eine Selbstverständlichkeit sein sollte, wie das in anderen Bereichen ebenfalls üblich ist. Selbstverständlich ist auch der Wille zur Selbstreflexion, die Gespräche mit Kollegen aus dem „gleichen Boot“ wichtig, doch es eine<br />

dennoch in regelmäßigen Abständen einen Anstoß und Feedback von einer externen, gezielt geschulten Person. Nur so ist eine kontinuierliche Weiterentwicklung gewährleistet. Redet man nur mit Kollegen über die Problematiken seines Jobs, kommt man nicht aus dem bedarf<br />

heraus. Im Gegenteil verfestigt man sich meistens immer mehr darin und dies trägt zur Motivationslosigkeit bei. Tunnelblick<br />

Supervision (und Einzelcoaching) wurde auch die Möglichkeit einer abwechselnden Tätigkeit im BAA als Verbesserung gesehen. Es war für jeden Gesprächspartner nachvollziehbar, dass man „nach jahrelanger Tätigkeit als Einvernahmereferent nicht nur Neben<br />

einmal abstumpft, sondern einen Zeitpunkt erreicht, wo man keine Fluchtgründe und/oder Asylwerber mehr hören und sehen will“. Bevor hier die Frustration zu groß und dies zu Lasten aller Beteiligten wird, sollte es Möglichkeiten zu internen Abwechslungen am irgendwann<br />

geben. Es wäre dies nicht nur für die persönliche Entwicklung gut, sondern man hat so auch Einblick in andere Bereiche und kann dazulernen. Arbeitsplatz<br />

gilt eigentlich auch für den Dolmetscher, denn auch dies ist ein belastender Beruf. Eine standardisierte (Kurz)ausbildung für Dolmetscher für den Asyl- und Fremdenbereich müsste geschaffen werden. Dadurch sind die Dolmetscher höher qualifiziert und tragen Ähnliches<br />

zum Gelingen der Einvernahme bei. Als wichtige Verbesserung wird auch ein Anreizsystem unter den Referenten gesehen. Mehrere Interviewpartner erwähnten dies in ihren Antworten zu möglichen Verbesserungen. verstärkt<br />

ist nun einmal ein Faktum, dass die Arbeitsleistung von der Höhe der Bezahlung Es<br />

ist und inwieweit ich selbst etwas zu meinem Gehalt beitragen kann. Dies würde die Mitarbeiterzufriedenheit enorm stärken und vermutlich zu mehr Qualität im Verfahren beitragen. Dieses Anreizsystem könnte bereits bei der Einstellung (bzw. nach der abhängig<br />

zur Anwendung kommen, indem flexiblere Gehaltsschemata eingeführt werden. Ein Interviewpartner gab an, dass das „Bestehen von eigenen Einvernahmeräumen zur Einarbeitungsphase)<br />

Verbesserung beitragen kann“. Vermutlich wäre dies aus psychologischer Sicht auch wichtig, denn ein Einvernahmeraum ist ein relativ neutraler Ort für alle Beteiligten und dort findet nur die Einvernahme statt und sonst nichts. Der gesamte Fokus ist auf die Einvernahme ausgelegt. Der Referent kann sich und den Asylwerber so gewissermaßen schützen, indem auch räumlich nichts Persönliches mitgenommen wird.<br />

117


wichtigen Aspekt – Humanität – erwähnte ein Interviewpartner. Diese sollte man nicht ganz außer Acht lassen und jede Entscheidung sollte auch unter diesem Aspekt beleuchtet werden. Gesetze ändern sich – wie man sieht – relativ rasch. Vor allem im Asylbereich Einen<br />

es immer auf die gerade amtierenden politischen Akteure an, in welche Richtung es geht. Einmal gibt es strengere, dann wieder lockere Gesetze und Handhabungen. Ein weisungsgebundener Bediensteter soll und muss nach den gesetzlichen Vorschriften kommt<br />

jedoch sollte man im Hinterkopf immer bedenken, dass Menschenrechte eine längere Beständigkeit haben als nationale, vorübergehende Gesetze und grundsätzlich auch handeln,<br />

von höherem Wert sind.<br />

118


Verbesserungskatalog und Aussicht Hauptziel der Durchführung der Experteninterviews war – wie eingangs beschrieben – zum einen den derzeitigen Ablauf und „Zustand“ und die Stärken des Einvernahmegesprächs zu 7.<br />

und zum anderen Schwächen dieses zu identifizieren und einen Erklärungsansatz zu liefern. Aus den Aussagen der Interviewpartner in der Fallstudie, den Erkenntnissen und eruieren<br />

aus der Literatur zu den in dieser Arbeit behandelten Themenkreisen und Informationen<br />

eigenen Erfahrungen und Einschätzungen, habe ich zwölf Punkte, welche einer Verbesserung des Einvernahmegesprächs dienen können, erarbeiten können. Die Aufzählung ist sicherlich nicht abschließend und nicht alle zwölf Punkte sind von heute auf meinen<br />

in die Tat umsetzbar bzw. bedürfen noch zusätzlicher weiterer externer Einflüsse zur Umsetzung. Einige Punkte wären jedoch ohne viel Mühe in der alltäglichen Arbeit im BAA umsetzbar und können zu Verbesserungen im Einvernahmegespräch beitragen. morgen<br />

folgende Abbildung zeigt einen Verbesserungskatalog für das BAA mit zwölf Die<br />

Diese werden im Anschluss noch kurz erörtert und erklärt. Nummer Verbesserungskatalog Vorschlägen.<br />

Auswahl der Mitarbeiter des Bundesasylamtes 2 Zeit für die Einvernahme – das Verfahren 3 Schulungen im kulturellen Bereich – Interkulturelle Trainings 1<br />

Kommunikationstrainings 5 Verständliche Verfahrensführung 4<br />

Vier-Augen-Prinzip-Entscheidungen 7 Faire Glaubwürdigkeitsprüfung 8 Flexibler Arbeitsplatz – Jobrotation 6<br />

Belohnungssystem – leistungsgerechtes Gehaltssystem 10 Regelmäßige Supervision 11 Spezifische Ausbildung für Dolmetscher im Asylbereich 9<br />

Leitbild des Bundesasylamtes: Humanität, Qualität und 12<br />

Serviceinstitution<br />

Abbildung 14: Verbesserungskatalog<br />

119


Auswahl der Mitarbeiter des Bundesasylamtes Die Auswahl der Mitarbeiter, vor allem der einvernehmenden Referenten, sollte eine der wichtigsten Bereiche im BAA sein. Man hat zu diesem Zeitpunkt die Chance, die 7.1<br />

Bewerber auszuwählen. Durch die Mitarbeiter des BAA wird ein bestimmtes Bild nach außen transportiert und dieses ist durch die Auswahl der Mitarbeiter beeinflussbar. bestqualifizierten<br />

eigenen Einschätzung und Erfahrung nach – und dies wurde auch von vielen Meiner<br />

in den Experteninterviews bestätigt – ist die fachliche Qualifikation wichtig, aber steht sicherlich nicht an 1. Stelle. Vor allem muss gesagt werden, dass man sich die fachlichen Kompetenzen – bei entsprechendem Ehrgeiz – relativ rasch selbständig aneignen Interviewpartnern<br />

Jedoch andere Qualifikationen – wie Toleranz, soziale Kompetenz, Empathie, Kommunikationsfähigkeit, Fähigkeit zur Selbstreflexion, Vorurteilsfreiheit – können nicht von heute auf morgen oder in einer „Zwei-Tages-Schulung“ erlernt werden. Gerade aber diese kann.<br />

„soft skills“ sind eine Grundvoraussetzung, damit ich eine Einvernahme leiten und führen kann, zu dem gewünschten Ergebnis komme und alle Beteiligten auf ihre Art und sog.<br />

zufrieden sind. Wirft man einen Blick auf das Fortbildungsprogramm des BAA, so ist man in den letzten Jahren bemüht, auch Seminare und Schulungen im Bereich der „soft skills“ anzubieten. Vor Weise<br />

weil auch interne Umfragen bei Bediensteten ergeben haben, dass man sich viel mehr Schulungen in diesem Bereich wünscht und weniger fachspezifische, rechtliche Schulungen. Das Hauptaugenmerk bei den Schulungen liegt aber nach wie vor im rechtlichen und allem<br />

Bereich. Natürlich kann eine Schulung immer nur ein „Anstoß“ sein. verfahrensführenden<br />

man davon tatsächlich umsetzt und sich „zu Herzen“ nimmt, ist immer von der Persönlichkeit des einzelnen abhängig. Ich denke, dass diese „soft skills“ in jeder Ausschreibung betont werden müssen und Was<br />

Referenten viel gezielter im Hinblick darauf ausgewählt werden müssen. Dies kann zu einer massiven Qualitätssteigerung und Verbesserung des Einvernahmegesprächs und schlussendlich des Asylverfahrens führen. künftige<br />

müsste meiner Meinung nach bei der Rekrutierung weniger die fachliche Qualifikation Man<br />

überprüfen, dafür mehr die Sozialkompetenz. Dies könnte man in Form von psychologischen Gesprächen und Tests machen (persönliches Umfeld abklären, ob halbwegs gefestigt, generelle Einstellung zu Fremden, Menschenführungsfähigkeit abklären, etc.). Es gilt nämlich immer zu bedenken, dass die Arbeit als einvernehmender Referent eine mehr als herausfordernde und belastende Tätigkeit ist und eine gefestigte Persönlichkeit dafür notwendig ist. Schlussendlich muss man sich eingestehen, dass man – so theatralisch das<br />

120


klingen mag – tagtäglich über Menschenleben entscheidet und solche Entscheidungen sollten von einer gefestigten und sozial gebildeten Person getätigt werden. Die „soft skills“ sind daher ein viel wichtigeres Kriterium für die Auswahl von geeigneten Referenten und auch<br />

müsste man unbedingt bei den Ausschreibungen des BAA einbauen. Voraussetzung für eine Rekrutierung in einem breiteren Feld ist natürlich eine eigene starke Personalabteilung im BAA mit geschulten Personen bzgl. der Auswahl von Mitarbeitern. diese<br />

Abteilung müsste dementsprechend „unabhängig“ sein und tatsächlich ausschließlich Diese<br />

der Qualifikation der Bewerber entscheiden und nicht nach persönlichen Befindlichkeiten oder politischen Wünschen. Zusätzlich wäre es eine große Bereicherung, wenn neue Referentenstellen nicht nur immer nach<br />

ausgeschrieben oder nachbesetzt werden (Ausschreibungen finden oft nur BAA-intern, höchstens BM.I-intern statt). Mit dieser Ausschreibungsstrategie erhält man aber keineswegs immer die „Besten“ für diese Tätigkeit, sondern viele die vom Polizeidienst weg in die intern<br />

wechseln wollen oder Mitarbeiter, die einen Aufstieg machen und intern einfach Verwaltung<br />

weil sie schon lange genug in der Behörde arbeiten. Dies sind nicht gerade die besten Voraussetzungen für diesen Job. Gerade aber dieser „frische Wind“ von außen täte manchmal einer Organisationseinheit „nachrücken“,<br />

gut, weil der Tunnelblick zumindest ab und zu wieder einmal durchbrochen wird und andere Sichtweisen einfließen. Als der AsylGH 2008 geschaffen wurde, wurden nicht nur Richter ernannt, die zuvor schon bei UBAS oder immer im öffentlichen Dienst waren, es ganz<br />

vor allem auch Juristen aus NGO´s und anderen privaten Institutionen eingestellt. wurden<br />

ist meiner Meinung nach eine Möglichkeit, eine möglichste breite und gute „Durchmischung“ von Mitarbeitern mit verschiedenen Standpunkten zu erhalten. Ich denke, dass sozial gebildete Mitarbeiter nicht unbedingt eine andere Entscheidung Dies<br />

würden (also z. B. mehr positive Erledigungen), aber die Art und Weise wie sie zu der Entscheidung kommen, wäre eine positivere. treffen<br />

7.2 Zeit für die Einvernahme – das Verfahren<br />

Wie in den Experteninterviews mehr als deutlich zu Tage kam, ist Zeit eine der wichtigsten und wesentlichen Punkte für das Einvernahmegespräch und generell das Asylverfahren. Der Mangel an Zeit und Zeitdruck wurde von sämtlichen Befragten als problematisch empfunden. Jeder Asylwerber und jedes Asylverfahren ist individuell. Qualitätsmanagement gepaart mit Steuerungsmaßnahmen, Zielvereinbarungen und Kennzahlorientierung scheint mir ein diskussionswürdiges Thema in einem Bereich, wo Menschen über andere Menschen<br />

121


abgeben und über deren weiteren Lebensweg eine grundlegende Entscheidung treffen. Kennzahlorientierte Systeme können im technischen Bereich bei der Herstellung von (Standard)produkten den Wettbewerb, auch die Qualität, fördern. Bei Beurteilungen<br />

Überlegung scheinen jedoch bestimmte Vorgaben und Kennzahlen für ein Verfahren in einem humanitären Bereich nicht passend bzw. zielführend. Vieles hat sich im Gegensatz zu früher verändert und gebessert. Jedoch sind mit neuen genauerer<br />

und Verwaltungsstrategien neue Problembereiche aufgetreten, welche in Zukunft Gesetzen<br />

werden müssen, um ein qualitätsvolles Asylverfahren in Österreich erhalten (und teilweise entwickeln) zu können. Wie ein Gesprächspartner für mich passend formulierte, kann man das gelöst<br />

teilweise mit der Situation beim Psychologen vergleichen und Asylwerber haben ein großes Bedürfnis einfach einmal alles erzählen zu können. Dies benötigt aber Zeit und diese soll man nicht nur dem Asylwerber „schenken“, sondern auch Einvernahmegespräch<br />

Referenten, der das Erzählte wirken und verarbeiten muss, um so eine gute dem<br />

treffen zu können. Ruhe ausstrahlen und Geduld zeigen, um ein angenehmes Gesprächsklima zu schaffen, kann man jedoch nur, wenn man nicht permanent unter Zeit- und Erledigungsdruck steht. Entscheidung<br />

muss von der Einstellung, dass der AsylGH ohnehin die Entscheidung des BAA bei Beschwerde überprüfen kann, wegkommen. Dies kann als „Ausrede, Schönreden“ bzw. „Gewissensberuhigung“ gesehen werden. Es sollte grundsätzlich schon die Absicht des Man<br />

sein, ein ordentliches und gutes Verfahren zu führen. Die Überprüfung durch den Referenten<br />

ist Ausdruck des österreichischen rechtsstaatlichen Prinzips, soll aber nicht zur „Fehlerbehebungsinstanz“ werden. Das BAA muss sich über sein Leitbild und die Prioritäten im Klaren sein: qualitätsvolle, AsylGH<br />

und humane Verfahren – welche Eigenschaften sind die wichtigsten für das Asylverfahren? Meiner Meinung nach müsste die Humanität nach wie vor an erster Stelle stehen und qualitätsvoll ist ein Verfahren nur, wenn alle Ermittlungsschritte gesetzt und alles effiziente<br />

abgeklärt wurde. Dafür bedarf es natürlich Zeit und ist insofern als effizient Wichtige<br />

anzusehen, weil ein qualitätsvolles, zeitintensives Verfahren in I. Instanz sicherlich einer<br />

Beschwerde eher standhält und somit von kürzerer Dauer und daher effizienter ist. Ausreichend Zeit für das Einvernahmegespräch zur Verfügung zu haben, würde eine massive Verbesserung im Hinblick auf ein humanitäres, qualitätsvolles und effizientes Verfahren bringen. Im Lauf der Experteninterviews wurde der Faktor „Zeit“ immer wieder von allen Befragten erwähnt und darauf hingewiesen. Ein Zeichen dafür, wie wichtig dies in der Praxis ist.<br />

122


Schulungen im kulturellen Bereich – Interkulturelle Trainings Dass Kultur eine wesentliche Komponente im Einvernahmegespräch darstellt, wurde an mehreren Stellen dieser Arbeit erwähnt und fand auch in den Experteninterviews 7.3<br />

Bei den Schulungen im BAA müsste hier ein viel größerer Fokus auf Schulungen im kulturellen Bereich hinsichtlich dem Umgang und Verhalten mit Menschen gelegt werden. Bestätigung.<br />

Schulungen müsste ähnlich wie sog. „Interkulturelle Trainings“ in Firmen mit Diese<br />

(oder Auslandsentsendung) aufgebaut sein. Wichtig wären hier speziell geschulte externe Trainer, welche zum Teil auch selbst Migrationshintergrund haben. Diese können gewisse Problemfelder noch authentischer vortragen. Auslandsbezug<br />

ist die Beziehung und Kommunikation zwischen Referent und Asylwerber eine andere wie zwischen Geschäftspartner. Doch die Problemfelder wo grundlegende Missverständnisse vorkommen, sind die gleichen. Natürlich<br />

Schulungsangebot des BAA müsste in diesem Bereich komplett neu geschaffen und Das<br />

werden und einige bereits bestehende rechtliche Schulungen diesen kulturellen Themeninhalten weichen. Dies wäre ein erheblicher Mehrwert für das Einvernahmegespräch. Die aufgebaut<br />

würde mit Einbezug des kulturellen Aspekts in vielen Fällen anders ausfallen. Die Wichtigkeit von kulturellen Kenntnissen, woraus das Verhalten des Asylwerbers oftmals erklärbar ist, wurde ebenfalls mehrmals von vielen Interviewpartnern Glaubwürdigkeitsprüfung<br />

Es müsste eben viel individueller auf die Asylwerber eingegangen werden, damit erwähnt.<br />

„ihrem Habitus gemäß“ die Fragen stellen kann. man<br />

Kommunikationstrainings Auch regelmäßige Kommunikationstrainings für Referenten im BAA könnten das Einvernahmegespräch verbessern. Gerade für neue, unerfahrene Referenten sind solche 7.4<br />

besonders wichtig, um als Einvernahmereferent möglichst gut agieren zu können. Trainings<br />

In einigen Schulungen des BAA in den letzten Jahren wurde das Thema Kommunikation behandelt und angesprochen, u. a. wurde das Kommunikationsquadrat von Schulz von Thun vorgestellt. Jedoch gingen diese Schulungen meiner Meinung nach nicht weit genug. Es müsste die Bedeutung der Körpersprache noch viel mehr in den Schulungseinheiten eingebaut werden. Zusätzlich müssten Referenten in Grundlagen der Rhetorik, Präsentationstechnik und sicheres Auftreten gelehrt werden.<br />

123


man diese Grundlagen einmal vermittelt bekommt, dafür ein Bewusstsein schafft und diese verinnerlicht, ist das Auftreten in der Einvernahme sehr viel sicherer. Ist der Referent selbstbewusst und sicher und strahlt dies aus, wirkt sich dies auch auf den Dolmetscher und Wenn<br />

Asylwerber aus. Durch die Selbstsicherheit ist der Referent fähig, die Einvernahme richtig zu leiten und kann eine Ordnung in das Gesagte bringen. Die Kommunikationstrainings müssten daher meiner Einschätzung nach ebenso in den den<br />

des BAA aufgenommen werden. Durch externe geschulte Trainer, welche Schulungskatalog<br />

Fähigkeiten anhand praktischer Beispiele vermitteln und die Referenten selbst in den Schulungen aktiv sind und „richtiges Verhalten“ trainieren, kann eine neue Kommunikationsebene im Einvernahmegespräch gefunden werden. Der Kommunikationsstil diese<br />

ein komplett anderer wie bei einer polizeilichen Vernehmung und würde das Bild des BAA nach außen wesentlich verbessern. wäre<br />

Verständliche Verfahrensführung Die verständliche Verfahrensführung ist ein wesentlicher Punkt, den es zu verbessern gilt. Mir ist dies als eigener Punkt wichtig, denn es ist hier nicht nur die mündliche Kommunikation 7.5<br />

der Einvernahme) sondern auch die schriftliche Kommunikation gemeint. Erlernen kann man dies u. a. in den soeben angesprochenen Kommunikationstrainings. Voraussetzung dafür ist aber meiner Meinung nach, dass das „Machtgehabe“ (welches (in<br />

bei Organwaltern beobachtbar ist) abgelegt wird, und man sich bewusst macht, manchmal<br />

die Behördenspräche mit vielen Fachbegriffen eigentlich nicht alltagstauglich ist. Beobachtet man sich selbst bewusst, wenn man z. B. Freunden oder Bekannten irgendetwas aus dem Asylverfahren erklärt, so wird einem klar, dass man vieles mit sehr einfachen dass<br />

umschreibt und erklärt. Der nichtwissende Freund kennt sich ja nicht aus und fragt vermutlich genauer nach. Genauso (und vielleicht noch ausgeprägter) ist ein Asylwerber zu behandeln, wenn ihm der Ablauf und sonstiges im Verfahren erklärt wird. Viele Worten<br />

kann man mit mehreren Wörtern umschreiben und sie werden klarer (auch für Dolmetscher). Der Asylwerber hat somit mehr Wissen und wird sich in den meisten Fällen Fachausdrücke<br />

auch dementsprechend verhalten und Unklarheiten können weitgehend ausgeräumt werden.<br />

Außer dass die Referenten mündlich in einer angemessenen Sprache mit den Asylwerbern kommunizieren, ist es aber auch notwendig die in Kapitel 5.2.2 beschriebenen schriftlichen Informationsblätter neu zu gestalten und Fachbegriffe durch Umschreibungen zu ersetzen. Meiner Meinung nach erfüllt zum jetzigen Zeitpunkt die Rechtsberatung diese Informationsarbeit für den Asylwerber. Sie stellt so nicht nur für den Asylwerber einen<br />

124


Mehrwert dar, sondern auch für das BAA. Denn durch die Informationen weiß der Asylwerber über die wesentlichen Sachen Bescheid. Die beschriebene Problematik der Unverständlichkeit der schriftlichen Informationsblätter für Asylwerber kann durch die wesentlichen<br />

und den Rechtsberater entschärft und abgeschwächt werden. Jedoch sollte dies grundsätzlich die Aufgabe der Behörde bzw. ihrer Vertreter sein. Auch dieser Verbesserungsvorschlag wäre wie die zuvor genannten vier relativ einfach und Rechtsberatung<br />

umsetzbar und ein überschaubarer Kostenfaktor. Allein diese fünf Punkte würden aber rasch<br />

wesentlich zur Verbesserung des Einvernahmegesprächs beitragen. bereits<br />

Vier-Augen-Prinzip-Entscheidungen Dieser Punkt wurde mir im Lauf des Entstehens dieser Arbeit immer bewusster. Vor allem nach Durchführung der Expertengespräche und die Aussage von zwei Interviewpartnern, wie 7.6<br />

es wäre, gut ausgebildete verfahrensunterstützende Mitarbeiter zur Protokollführung „wichtig<br />

haben.“ Ich persönlich finde die Vorgehensweise einiger Referenten im BAA in den Außenstellen - nämlich, dass zwei Referenten die Einvernahme führen – grundsätzlich sehr vorteilhaft und zu<br />

Beide sind fachlich auf der gleichen Ebene qualifiziert. Während einer Protokoll führt, kann sich der andere voll und ganz auf den Asylwerber konzentrieren, auch auf den Dolmetscher. Und ein sog. „Vier-Augen-Prinzip“ hat in vielerlei Hinsicht Vorteile. begrüßenswert.<br />

kann hierbei sowohl das BAA als auch der Asylwerber nur gewinnen. In der II. Eigentlich<br />

beim AsylGH wird grundsätzlich eine Beschwerde von zwei Richtern entschieden. Dieses System sollte durchgängig bei allen Verfahren eingeführt werden, vor allem auch im BAA und bei geplanten negativen Entscheidungen. Denn paradoxerweise ist bei positiven Instanz<br />

das „Vier-Augen-Prinzip“ seit jeher im BAA verpflichtend. Aber natürlich ist diese Vorgehensweise zeitlich sozusagen „doppelt aufwändig“, weil ja nur ein Verfahren erledigt wird, wo in der gleichen Zeit eigentlich zwei finalisiert werden könnten. Entscheidungen<br />

würde daher insofern „weiter“ als meine Interviewpartner gehen, und nicht nur eine Ich<br />

Schriftführung durch verfahrensunterstützende Mitarbeiter einführen. Eine Entscheidungsfindung im Vier-Augen-Prinzip wäre eine positive Veränderung. Wenn zwei generelle<br />

gleich qualifizierte Referenten die Einvernahme führen und im Anschluss auch den Bescheid gemeinsam erstellen, ist das Verfahren viel weniger fehleranfällig. Dem Sprichwort „Vier Augen und Ohren sehen und hören besser als zwei“ kommt hier volle Gültigkeit zu. Es finden Diskussionen und Hinterfragungen statt, welche eine Person alleine niemals anstellen würde. Ich denke, dass auch aus psychologischer Sicht eine Entscheidung zu zweit insofern „einfacher“ ist, denn die „Last“ wird zu gleichen Teilen auf zwei Mitarbeiter aufgeteilt. Der<br />

125


trifft immer in Zweiersenaten seine Entscheidungen und bei der Einführung dieser Konstellation im Jahr 2008 werden wohl gute Gründe dafür gesprochen haben. Für ein qualitätsvolles Verfahren in I. Instanz wäre diese Methode daher sicher auch sehr tauglich. AsylGH<br />

dieses System generell im BAA umgesetzt werden könnte, müsste man natürlich sehr viele neue Mitarbeiter (vermutlich beinahe doppelt so viele Referenten) einstellen. Dies ist aus Kostengründen (und auch Platzgründen) in nächster Zeit nicht realisier- und umsetzbar. Damit<br />

der Errichtung und Organisation des neuen Bundesamtes für Fremdenwesen und Asyl Bei<br />

welches 2014 in Betrieb gehen soll, könnte man aber sehr wohl solch eine Konstellation der Entscheidungsfindung andenken. Vieles würde dafür sprechen. (BFA),<br />

Faire Glaubwürdigkeitsprüfung Die Problematik der Glaubwürdigkeitsprüfung und Beweiswürdigung wurde in Kapitel 3.2.6 erörtert und in Kapitel 4 unter dem Blickwinkel der kulturellen Unterschiede analysiert. Man 7.7<br />

also mit der Glaubwürdigkeitsprüfung – so wie vom Verwaltungsgerichtshof definiert und im Asylverfahren von beiden Instanzen praktiziert – vorsichtig sein. Nicht alles, was für uns mitteleuropäische Menschen logisch nachvollziehbar ist, ist für einen Asylwerber aus muss<br />

asiatischen Raum plausibel. Diese Problematik kann mit den oben beschriebenen interkulturellen Trainings und Schulungen sicherlich verbessert werden. Allerdings sollte man meiner Meinung nach die Glaubwürdigkeitsprüfung in manchen Fällen dem<br />

hinterfragen. In den meisten Schulungen des BAA wird immer wieder die Wichtigkeit generell<br />

Notwendigkeit der Glaubwürdigkeitsprüfung betont und es werden Strategien und Taktiken vermittelt, wie man die Glaubwürdigkeit am besten herausfinden (oder erschüttern) kann. und<br />

persönlich glaube, dass man bei der Prüfung der Fluchtgründe vor Beginn der Glaubwürdigkeitsprüfung einen Blick auf die Flüchtlingseigenschaften der GFK werfen soll: „Flüchtling ist jemand, der aus Gründen der Rasse, Religion, Nationalität, Zugehörigkeit Ich<br />

einer bestimmten sozialen Gruppe oder politischen Gesinnung verfolgt wird“ zu<br />

(Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 – Genfer<br />

Flüchtlingskonvention (GFK) 1951, 1951, Art. 1A Z 2). In vielen Fällen fällt der geschilderte Fluchtgrund eindeutig nicht unter die in der GFK genannten Tatbestände (z. B. Asylwerber, die aus wirtschaftlichen Gründen geflüchtet sind; Streitigkeiten über ein Grundstück mit dem Nachbarn der gleichen Ethnie). In solchen Fällen bedarf es eigentlich keiner Glaubwürdigkeitsprüfung, denn die Grundvoraussetzungen für die Flüchtlingseigenschaft sind nicht erfüllt, egal ob glaubwürdig oder nicht. Es ist also durchaus möglich und auch<br />

126


dass ein Fluchtvorbringen glaubwürdig ist, aber es dennoch zu keiner Asylgewährung kommt. Eine wirtschaftliche schlechte Lage ist für mich durchaus ein nachvollziehbarer Grund, warum man seinen Aufenthaltsort ändert und wo anders im zulässig,<br />

sein Glück versuchen will. Man muss also nicht immer „mit Biegen und Brechen“ die Unglaubwürdigkeit des Asylwerbers darlegen, wenn man einen Asylantrag entscheidet. Und dies meine ich mit Ausland<br />

Glaubwürdigkeitsprüfung“: nicht nur die kulturellen Hintergründe berücksichtigen, „fairer<br />

die grundlegende Abklärung ob Fluchtgründe im Sinn der GFK gegeben sind und die Bewusstmachung, dass Fluchtgründe oftmals auch glaubwürdig sein können. Dadurch kann eine „Vereinfachung“ des Asylverfahrens auftreten und diese tragen insofern zu einer sondern<br />

bei, weil es relativ klare Sachverhalte sind, welche wirklich rasch einer Erledigung zugeführt werden können. Auch dieser Punkt ist relativ einfach und ohne viel Zusatzaufwand umsetzbar. Die bereits Verbesserung<br />

Schulungen im Einvernahme- und Glaubwürdigkeitsbereich müssten diesen bestehenden<br />

viel mehr berücksichtigen. Aspekt<br />

Flexibler Arbeitsplatz – Jobrotation – Auszeit Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es sehr anstrengend ist, wenn man tagtäglich über einen längeren Zeitraum mehrere Einvernahmen pro Tag durchführt. Es ist legitim und 7.8.<br />

dass man als Referent einmal (beim einen früher, beim anderen später) an nachvollziehbar,<br />

Punkt anlangt, wo man (vorübergehend) keine Einvernahmen mehr machen und Fluchtgeschichten hören will. Tritt diese Situation ein und ist man mehr oder weniger „gezwungen“ immer weiter Einvernahmen zu machen (weil man nun einmal einen Posten als den<br />

innehat), macht sich Frustration breit und genau dies ist für ein Einvernahmegespräch sehr schlecht. Mehrere Interviewpartner sprachen diesen Punkt an und sahen die Strukturen des BAA (bzw. des öffentlichen Dienstes) im Hinblick auf die Einvernahmereferent<br />

des Arbeitsplatzes problematisch. Flexibilität<br />

Meinung nach wäre daher eine gewisse Flexibilität am Arbeitsplatz unbedingt notwendig. Es müsste die Möglichkeit geben, dass man vorübergehend einmal frei von Meiner<br />

Einvernahmen ist und andere Tätigkeiten durchführen kann, z. B. im administrativen Bereich. Ein Möglichkeit wären auch interne Jobrotation und dass man sich die Arbeitsplätze andere Mitarbeiter anschaut und dort mitarbeitet. Eine solche „vorübergehende Auszeit“ ist nicht nur mental ganz wichtig um einmal Abstand zu gewinnen, sondern kann auch bereichernd und fördernd sein. Wenn man einmal einen anderen Arbeitsplatz kennengelernt hat, kann man dieses Wissen vielleicht später im Einvernahmegespräch einbauen.<br />

127


BAA als Arbeitgeber müsste diese Möglichkeiten verstärkt schaffen, um die Motivation (und Gesundheit) der Mitarbeiter zu erhalten. Natürlich ist hier auch die Flexibilität der Mitarbeiter gefragt. Ich denke, dass hier kleinere Umstrukturierungen ausreichen würden (z. Das<br />

Verwaltungsangelegenheiten bündeln, Führen und Erstellen von Statistiken, Bearbeitung spezieller Aufträge durch eine Person) und dies für alle Mitarbeiter dienlich ist. Es hätten so die Einvernahmereferenten mehr Zeit für Einvernahme und Bescheid, weil sie nicht mit B.<br />

betraut sind. Diese kann der Referent erledigen, welcher gerade eine kurze Auszeit von den Einvernahmen hat. Verwaltungsagenden<br />

können diese Maßnahmen, Veränderungen immer nur vorübergehender Natur sein. Ist man über einen längeren Zeitraum und generell nicht mehr bereit und fähig, Einvernahmen zu führen, so wird nur ein richtiger Jobwechsel und eine Tätigkeit in einem Natürlich<br />

anderen Bereich Abhilfe schaffen können. ganz<br />

Belohnungssystem – leistungsgerechtes Gehaltssystem 7.9<br />

oft unausgesprochen, ist Geld einer der Hauptmotivatoren für Leistungsbereitschaft. In Kapitel 3.1.4.1 wurde bereits die Problematik des Gehaltsschemas im öffentlichen Dienst kurz beschrieben. Durch das starre Gehaltssystem und die starre, relativ unflexible Obwohl<br />

der Mitarbeiter (Akademiker, Maturant, Sachbearbeiter) ist eine leistungsgerechte Entlohnung nicht möglich. Eine (Mehr)leistung wird nicht gerecht entlohnt und das bringt (zumindest über Jahre Einstufung<br />

Frustration und Demotivation der Mitarbeiter, was sich wieder schlecht auf gesehen)<br />

und Verfahren auswirkt. Ich denke, dass sich hier nicht nur im BAA sondern im gesamten öffentlichen Dienst an den Grundvoraussetzungen vieles ändern müsste. Will man eine wirklich moderne, vorzeigbare Einvernahme<br />

sein, so müssen auch die Voraussetzungen dafür gegeben sein bzw. geschaffen werden. Es müsste meiner Meinung nach eine viel flexiblere Einstufung der Mitarbeiter geben und nicht nur eine (vor Jahren) fachliche erworbene Qualifikation zählen, Verwaltungsbehörde<br />

vor allem die Zusatzqualifikationen im sozialen Bereich. Wäre dies der Fall, wären sondern<br />

auch mehr Mitarbeiter zu einer Weiterbildung motiviert, weil ja auch ein beruflicher Aufstieg<br />

möglich wäre. Und während des Arbeitsverhältnisses können (und müssen) Zielvereinbarungen für den einzelnen Mitarbeiter für jedes Jahr gesetzt werden. Diese sind aber nur sinnvoll, wenn ein entsprechender Anreiz (oder aber auch Sanktion bei Nichterreichung) existiert. Ein Belohnungssystem für außergewöhnliche Leistungen müsste eingeführt werden. Dies wäre<br />

128


nur Motivation für den Mitarbeiter, sondern drückt auch die Wertschätzung des Arbeitsgebers aus. Dass dieser Verbesserungsvorschlag nicht vom BAA allein umsetzbar ist und in nicht<br />

Zeit keine Änderung in Sicht ist, ist mir durchaus bewusst. Aber die in den letzten Jahren startenden Diskussionen über Verwaltungsreform, Reform des Beamtendienstrecht zeigen eine Entwicklung in diese Richtung und dass zumindest schon unmittelbarer<br />

ein Bewusstsein dafür geschaffen ist. Durch die oben beschriebenen ansatzweise<br />

wäre der öffentliche Dienst als Arbeitgeber auch wieder viel attraktiver und man könnte aus einem größeren Bewerberpool auswählen. Belohnungen im „kleineren Stil“ sind aber sicher im BAA umsetzbar und es wird dies Maßnahmen<br />

auch schon gemacht, z. B. in Form einer kleinen Geldbelohnung für einige Mitarbeiter zu Weihnachten. Vielleicht könnte man eine Belohnung auch in Form eines Zeitausgleichs, z. B. ein bis zwei zusätzliche Urlaubstage pro Jahr, andenken. teilweise<br />

Regelmäßige Supervision Der Aspekt der Supervision wurde auch von mehreren Interviewpartnern erwähnt und als ein wichtiges Instrument für ein gelungenes Einvernahmegespräch gesehen. 7.10<br />

ist auch meine persönliche Einschätzung, dass eine regelmäßige Supervision für alle einvernehmenden Referenten vom Arbeitgeber zur Verfügung gestellt werden müsste. Es ist eine herausfordernde und oft auch belastende Tätigkeit. Deshalb ist die „Aussprache“ mit Es<br />

externen Person ganz wichtig. einer<br />

wird immer wieder – auch von den Mitarbeitern – das Gegenargument gebracht, dass man sich ja ohnedies untereinander im Kollegenkreis austauscht und über die Fälle redet und deshalb eine Supervision oder Gespräche mit externen Personen nicht unbedingt Es<br />

sind. Ich denke aber, dass man hier zwei wesentliche Punkte verkennt. Nämlich erstens, dass man nur durch das Reden mit Kollegen keine „Außensicht“ erhält und sich Meinungen verfestigen (Stichwort Tunnelblick). Zweitens, dass beim „Fälle besprechen“ notwendig<br />

die rechtlichen Komponenten erörtert und abgewogen werden, niemals aber ausschließlich<br />

persönliche Befindlichkeiten, (wie Anstrengung in der Einvernahme, weil schwieriges Vorbringen, etc.). Gerade aber diese persönlichen Befindlichkeiten, Eindrücke und Erlebnisse des Einvernahmegesprächs müssen viel mehr noch erörtert, aufgearbeitet und hinterfragt werden. Dies muss mit einer geschulten Person (ausgebildeter Supervisor oder auch Psychologe) besprochen werden, welche fähig ist, eine entsprechende Reflexion und Verbesserungsvorschläge zu geben. Der Supervisor darf auch keinen unmittelbaren Bezug<br />

129


BAA haben oder Mitarbeiter persönlich kennen. Es fällt Mitarbeiter sicherlich leichter über belastende Situationen mit „behördenfremden“ Personen zu sprechen. Eine regelmäßig stattfindende Supervision (mindestens einmal pro Monat) würde vieles an zum<br />

Einvernahmesituation verändern und die Kommunikation würde sicherlich verbessert werden. Auch dies ist eine Maßnahme, die praktisch relativ einfach umsetzbar ist. der<br />

Spezifische Ausbildung für Dolmetscher im Asylbereich Ebenfalls wurde dieser Punkt an mehreren Stellen in dieser Arbeit aufgegriffen und die Notwendigkeit und Wichtigkeit betont, auch in den Expertengesprächen. 7.11<br />

Rolle des Sprachmittlers (und Kulturmittlers) kommen also ebenfalls noch eine Reihe an Qualifikationen hinzu, welche sich oft mit denen eines Referenten decken. Von grundlegender Bedeutung ist meines Erachtens eine „Grundausbildung“, worum es im Zur<br />

geht und Kenntnis von sämtlichen spezifischen Begriffen (Behördensprache). Asylverfahren<br />

es (derzeit) keine Ausbildung für Dolmetscher für das Asylverfahren gibt, liegt es einerseits an ihnen selbst, sich die notwendigen Kenntnisse anzueignen. Andererseits ist hier der Referent gefordert, den Dolmetscher so gut wie möglich auf die Einvernahme Da<br />

denn er hat – neben dem Asylwerber – schließlich Interesse an einem korrekten und professionellen Asylverfahren. Eine spezifische Ausbildung für Dolmetscher im Asylbereich existiert (derzeit) nicht. Die vorzubereiten,<br />

Materie des Asylverfahrens und auch die für den Dolmetscher oft belastende komplexe<br />

in der Einvernahme sind jedoch nur mit einer konkreten spezialisierten Ausbildung gut zu meistern. Es müssten (universitäre) Lehrgänge geschaffen werden, wo man beispielsweise in zwei Situation<br />

das „Handwerkszeug“ für das Asyl- und Fremdenwesen theoretisch erlernen kann. Damit ist nicht unbedingt die Sprachkompetenz gemeint, sondern diese Ausbildung müsste die rechtlichen Grundlagen, Behördenstrukturen und Fachvokabular, kulturelle Semestern<br />

und Unterschiede und Kommunikationsgrundlagen vermitteln. Der Dolmetscher Aspekte<br />

bräuchte in abgeschwächter Form eine ähnliche „Grundausbildung“ wie der Referent.<br />

Jeder Dolmetscher, der im BAA zum Einsatz kommt, müsste diese Ausbildung nachweisen. Ich denke, dass so ein Lehrgang sehr wohl von den Dolmetschern „angenommen“ werden würde, vor allem bei den „Hauptsprachen“, wo ein dementsprechender Wettbewerb herrscht. Zusätzlich müsste unbedingt vor der erstmaligen Bestellung zentral im BAA (oder in Verbindung mit anderen Behörden) eine sprachliche Überprüfung der Dolmetscher<br />

130


Ob sowohl die gedolmetschte als auch die deutsche Sprache ausreichend beherrscht wird. Dies wäre ein wichtiges Qualitätskriterium, welches unbedingt eingeführt werden müsste. stattfinden.<br />

Referent und Asylwerber im Einvernahmegespräch immer vom Dolmetscher abhängig sind, ist es daher unerlässlich, dass sowohl Referent als auch Dolmetsch eine gute Ausbildung haben. Ist nur einer der beiden gut qualifiziert, so wird das Einvernahmegespräch Da<br />

den gewünschten Erfolg haben. nicht<br />

Leitbild des Bundesasylamtes: Humanität, Qualität und Serviceinstitution Aus der Summe der identifizierten Schwächen des Einvernahmegesprächs und der für diese 7.12<br />

verwendete Literatur, entwickelte sich der letzte Verbesserungsvorschlag. Vieles ist schon geschehen und hat sich gewandelt, Änderungen werden hinkünftig noch kommen und kommen müssen und die Mitarbeiter müssen diese Veränderungen mittragen Arbeit<br />

Veränderungen müssen positiv gesehen werden, denn nur so ist Weiterentwicklung (wollen).<br />

Vor allem im Asylverfahren ist diese Sichtweise Voraussetzung, denn die Welt ändert sich permanent und mit ihr auch die Menschen. Dem muss auch eine moderne Verwaltungsbehörde im 21. Jahrhundert gerecht werden. möglich.<br />

glaube, dass es für das BAA und seine Mitarbeiter nicht nur gut sondern wichtig wäre, wenn ein Leitbild des BAA geschaffen werden würde. Will man sich als moderne, vorzeigbare Verwaltungsbehörde sehen und verstehen, ist dies unerlässlich. Durch ein Ich<br />

sind die Grundhaltungen, Werte und Ziele klar dargelegt und soll zur Identifikation Leitbild<br />

Mitarbeiter mit der Behörde, dem Arbeitgeber, beitragen. Für mich wären folgende drei Punkte für ein Leitbild besonders wichtig: Humanität, Qualität und Serviceinstitution. der<br />

steht für mich an erster Stelle. Die Grundrechte und Menschenrechte existieren seit langer Zeit, wurden nicht verändert und weisen Beständigkeit auf. Im Gegensatz dazu Humanität<br />

hat sich das nationale Asylgesetz in den letzten 20 Jahren so oft geändert, dass hier keinerlei Kontinuität erkennbar ist und es fällt auf, dass jeweils die herrschende politische Linie Niederschlag im Asylgesetz findet. Bei allen sicherheitspolitischen Aspekten des Fremdenwesens soll man doch nicht ganz die humanitäre Seite vergessen. Man soll sich bewusst sein, dass es sich beim Gegenüber um ein gleichwertiges menschliches Wesen handelt, welches eine faire und menschenwürdige Behandlung verdient. Es geht nicht<br />

131


dass alle Migranten und Flüchtlinge in Österreich Asyl erhalten. Es geht um das Verhalten der Organwalter während des laufenden Verfahrens gegenüber den Asylwerbern. Hier ist sehr wohl die humanitäre Sicht miteinzubeziehen. darum,<br />

im Asylverfahren steht für mich an zweiter Stelle. Gerade in Verfahren, wo Menschen die „Hauptfiguren“ sind, ist Qualität ganz besonders gefordert. Dies muss jedem Mitarbeiter des BAA bewusst sein und er muss sein Engagement dementsprechend danach Qualität<br />

ausrichten.<br />

BAA als Serviceinstitution steht für mich an dritter Stelle. Eine moderne Verwaltungsbehörde muss weg von dem verstaubten „Amt-Image“, wo Machtdemonstrationen durch Bedienstete der Alltag sind und manchmal etwas willkürlich Das<br />

wird. Man müsste den Asylwerber mehr als „Kunden“ sehen, der bestimmte Dienste der Behörde in Anspruch nimmt. Dementsprechend müsste die Zusammenarbeit mit NGO´s, Privaten und anderen Institutionen verbessert und intensiviert werden. Es sollte gehandelt<br />

Miteinander als Gegeneinander geben. Zu einer Serviceinstitution gehört auch das professionelle höfliche Auftreten bei Telefon, privaten Begegnungen (auch die Einvernahme) mehr<br />

Schriftverkehr. Ebenfalls wäre eine eigene Homepage des BAA wichtig und nicht nur die Informationen über das Asylwesen als Unterbereich auf der Homepage des BM.I. Ein fixes und transparentes Leitbild des BAA, welches über die verschiedenen Asylgesetze und<br />

politischen Einflüsse hinweg Gültigkeit hat, würde daher meiner Meinung nach sehr zu einer Verbesserung des gesamten Asylverfahrens beitragen. Mit der Neuschaffung des BFA wäre die Möglichkeit gegeben, das Asyl- und Fremdenwesen und<br />

Österreich nicht nur hinsichtlich der Gesetze und Behörden zu verändern, sondern auch in<br />

Bewusstsein der Mitarbeiter auf Humanität, Qualität und Service (und sicher noch einiges mehr) zu schärfen. Inwieweit das BFA hier Handlungsspielräume haben wird bzw. sich herausnimmt, wird sich weisen. Eine optimale Chance, welche man nicht ungenutzt das<br />

sollte, wäre es allemal.<br />

lassen<br />

132


Resümee Der Erfolg oder Misserfolg des Einvernahmegesprächs im Asylverfahren ist wesentlich von den beteiligten Akteuren abhängig. 8.<br />

dieser Arbeit war es, das Einvernahmegespräch unter den verschiedenen Blickwinkeln zu beleuchten: Wie verhalten sich gesetzliche Vorgaben, intern behördliche Arbeitsanweisungen und Qualitätsmanagement im BAA zu den kulturellen Unterschieden Ziel<br />

Referent und Asylwerber? Werden diese ausreichend in der Einvernahme von<br />

Wie läuft die Kommunikation in der Einvernahme ab und wie intensiv wird auf den Asylwerber eingegangen? Weiters sollten Stärken und Schwächen in der Einvernahme erkannt werden und daraus ein Verbesserungskatalog erarbeitet werden. berücksichtigt?<br />

diese Fragen zu beantworten, wurden Gesetze und Arbeitsanleitungen analysiert und kritisch betrachtet. Anhand ausgewählter Literatur wurde versucht, Kulturdefinitionen und kulturelle Unterschiede zu beschreiben und die Zusammenhänge in der Einvernahme zu Um<br />

Ebenso wurden wichtige Kommunikationsgrundlagen mittels Literatur vorgestellt erörtern.<br />

Problembereiche im Einvernahmegespräch aufgezeigt. Dabei fiel auf, dass die Auslegungen der Gesetze und internen Vorgaben nicht immer zu einem Gelingen des Einvernahmegesprächs beitragen können. Vor allem die (von BAA und und<br />

anerkannte) Definition der Glaubwürdigkeit kann zu Fehlinterpretationen führen. Diese lässt wesentliche Aspekte außer Acht und es kann dieser nur ein gebildeter, nach mitteleuropäischem Maßstab denkender Mensch gerecht werden. Ebenfalls das AsylGH<br />

System im BAA ist für ein gutes Einvernahmegespräch nicht immer kennzahlorientierte<br />

Individualität und Humanität finden im Asylverfahren oft nicht mehr statt, da andere Dinge – wie Effizienz, Kostensparnis, Raschheit – behördenintern als wichtiger gesehen werden. dienlich.<br />

hinsichtlich der kulturellen Unterschiede konnten anhand der vorgestellten Konzepte die Probleme für das Einvernahmegespräch gut dargestellt werden. Dieser Bereich ist sicherlich einer der wesentlichen und wichtigsten Punkte, die es zu beachten gilt. Hier Gerade<br />

die meisten Missverständnisse in der Einvernahme. Neben kulturellen passieren<br />

Unterschieden sind aber die bildungs- und schichtspezifischen Differenzen nicht zu<br />

vergessen. Auch diese sind genauso wichtig. Der Referent muss daher in kultureller Hinsicht – sowohl schicht- und bildungsabhängig als auch „geografisch“ – sensibilisiert sein. Nur so kann die Kommunikation im Einvernahmegespräch gelingen. Ebenso ist die Art und Weise, wie die Kommunikation geführt wird, ausschlaggebend für den Verlauf der Einvernahme. Auf den jeweiligen Kommunikationsstil des Referenten wird der Asylwerber entsprechend reagieren. Je einfacher und verständlicher der Referent formuliert<br />

133


fragt, desto leichter wird der Asylwerber eine Antwort geben können, welche auch für den Referenten zufriedenstellend ist. Besonderes Feingefühl im Einvernahmegespräch ist auch deshalb gefordert, weil immer eine zusätzliche Person – nämlich der Dolmetscher – und<br />

ist. Damit hier keinerlei Informationen verloren gehen oder verfälscht werden, muss auch der Dolmetscher auf das Gespräch vom Referenten „vorbereitet“ werden. Der Dolmetscher muss sich zusätzlich seiner neutralen und objektiven Rolle zwischengeschaltet<br />

sein. bewusst<br />

Beantwortung der gestellten Fragen wurden zudem Experteninterviews mit den Akteuren des Einvernahmegesprächs geführt. Mit diesem Wissen aus der Praxis konnten durch die qualitative Inhaltsanalyse einzelne für das Einvernahmegespräch wichtige Kategorien Zur<br />

werden. In einem weiteren Schritt konnte daraus ein Verbesserungskatalog für das Einvernahmegespräch entwickelt werden. Anhand des ausgearbeiteten Verbesserungskatalogs wird sichtbar, in welchen Bereichen gefunden<br />

im Einvernahmegespräch und Asylverfahren bestehen, wo es Aufholbedarf gibt und Mängel<br />

Umdenken stattfinden muss. Es wurde deutlich, dass der Zeitdruck oft zu Lasten der Qualität der Einvernahme geht und zur Belastung der Akteure, vor allem Referent und Asylwerber, wird. Hinzu kommt, dass bei der Auswahl der Referenten zu wenig auf die ein<br />

Wert gelegt wird. Ebenso fehlen Schulungen und Ausbildungen im kulturellen Bereich in Form von interkulturellen Trainings und auch Kommunikationstrainings im BAA zur Gänze. Dadurch werden Aussagen des Asylwerbers falsch wahrgenommen und Sozialkompetenz<br />

Auch die fehlende Ausbildung der Dolmetscher im Asylbereich und deren sprachliche Mängel sind für das Einvernahmegespräch hemmend. Die starren Strukturen interpretiert.<br />

öffentlichen Dienstes erschweren zusätzlich die Anforderungen, welche an eine moderne Verwaltung gestellt werden. Fehlende Supervision und fehlende Möglichkeiten zur Arbeitsplatzveränderung tragen zu Frustration und Demotivation der Bediensteten bei. des<br />

zeigt sich jedoch, dass die Mängel in vielen Bereichen durch einfache Maßnahmen behebbar und teilweise komplett zu beseitigen wären. Dazu bedarf es aber „Mut zur Veränderung“. Ein klares Leitbild für das BAA ist dabei unerlässlich. Es<br />

Ende des Schreibens dieser Arbeit las ich ein aktuelles Interview vom 11. Juli 2012 mit Am<br />

einem ehemaligen Mitglied des Menschenrechtsbeirates. Dessen Aussagen bestätigen die in dieser Arbeit gewonnen Erkenntnisse eigentlich vollinhaltlich, vor allem hinsichtlich der notwendigen Supervision, Ausbildung und Auszeit von Referenten. Zwei wortwörtliche Aussagen aus dem Interview möchte ich hier zitieren: „Und wenn dann ein Beamter diese Geschichte zum zehnten Mal hört und wenn er keine gute Supervision und keine gute Ausbildung hat, dann muss er persönlich sauer werden. Dann muss er den Eindruck<br />

134


die lügen mich eh nur alle an. Es wäre gescheit, ein Rotationsprinzip einzuführen, damit die Beamten dazwischen eine sechsmonatige Abkühlphase haben. Weil das sonst psychisch nicht auszuhalten ist - jedenfalls nicht, wenn ich nicht bekommen,<br />

Supervision bekomme.“ (Sterkl, 2012). Drei aus den Expertengesprächen identifizierte Verbesserungsvorschläge wurden auch von dieser (mit der Materie vertrauten) Person genannt und die Problematik in der Praxis bestätigt. regelmäßig<br />

eingangs gestellten Fragen konnte ich für mich beantworten, auch wenn das Ergebnis Meine<br />

Mitarbeiterin des BAA nicht unbedingt immer zufriedenstellend ist. Insofern liegt es an mir persönlich und an meinen Kollegen im BAA etwas zu einem Kulturwandel in der Behörde beizutragen, Veränderungen aktiv anzuregen und mitzutragen und mit gutem Beispiel als<br />

Durch das Schreiben dieser Arbeit, dem intensiven Beschäftigen mit dem Thema und dem Besuch des Universitätslehrgangs Migrationsmanagement hat sich meine persönliche voranzugehen.<br />

zu vielen Themen aus meinem Berufsalltag geändert. Vielleicht kann diese Arbeit Sichtweise<br />

einen Beitrag zur Veränderung leisten bzw. zumindest eine Anregung sein, dass manches zu überdenken wäre.<br />

auch<br />

135


Literaturverzeichnis 9.<br />

Berichte: Brickner, Irene (1. September 2011): Unter Lebensgefahr geflohen, eilig vors Asylgericht Artikel,<br />

Abgerufen am 30. Juni 2012 von derStandard.at: http://derstandard.at/1314652786559/Fast-Track-Verfahren-Unter-Lebensgefahr- gestellt.<br />

Dahlvik, Julia (2010): Asylanhörungen: Handlungsspielräume in Dolmetsch- Interaktionen. In: Stichproben. Wiener Zeitschrift für kritische Afrikastudien, 19/2010, 10. Jg., S. 63-82. geflohen-eilig-vors-Asylgericht-gestellt<br />

Michaela (2002): Der Rückblick. In Bundesasylamt, 10 Jahre Bundesasylamt – Festschrift. S. 33-35. Wien: Bundesministerium für Inneres. Fritzl, Martin (10. Juni 2011): Asylverfahren: Hohe Qualität, aber zu viel Schubhaft. Frank,<br />

am 4. Juni 2012 von Die Presse Onlineausgabe: http://diepresse.com/home/panorama/oesterreich/669404/Asylverfahren_Hohe_Qualit aet_aber_zu_viel_Schubhaft Abgerufen<br />

Sylvia (2012): Die Entwicklung der Aus- und Fortbildung im Laufe der Zeit. In: Bundesasylamt, Zwei Jahrzehnte Bundesasylamt (1992-2012) – Festschrift. S. 42-46. Wien: Bundesministerium für Inneres. Hirner,<br />

Mira (April 2004): Sichtbare Gerechtigkeit in gedolmetschten Verhandlungen. In: Kadric,<br />

S. 195-200. Kallinger, Michael (Oktober 2008): Abschlussbericht zur Verwaltungsqualitätsoffensive 2007- 2008. Abgerufen am 4. Juni 2012 von Bundeskanzleramt: Juridikum,<br />

Kowald, Kerstin; Kranabetter, Stefan (Jänner-Februar 2008): Qualität sichern und weiterentwickeln. In: Öffentliche Sicherheit, S. 84-85. Abgerufen am 4. Juni 2012 von http://www.bka.gv.at/DocView.axd?CobId=34413<br />

http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_OeffentlicheSicherheit/2008/01_02/files/Bundesasylam<br />

t.pdf Krainz, Klaus (November-Dezember 2011): Dolmetschen im Asylverfahren. In: Öffentliche Sicherheit, S. 61-63. Abgerufen am 7. Mai 2012 von http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_OeffentlicheSicherheit/2011/11_12/files/ASYLWESEN. pdf<br />

136


Ansgar (2011): Der Begriff der Religion. Skriptum. Skriptum im Universitätslehrgang Migrationsmanagement. Luger, Barbara (September-Oktober 2010): Informationsinitiative. In: Öffentliche Sicherheit, Kreutzer,<br />

74. Abgerufen am 4. Juni 2012 von http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_OeffentlicheSicherheit/2010/09_10/files/Bundesasylam t.pdf S.<br />

Bettina (2006): Die Rolle von DolmetscherInnen aus juristischer Perspektive. Maurer-Kober,<br />

Dolmetschen im Asylverfahren - Handbuch (S. 28-29). Horn: Druckerei Berger. Pöllabauer, Sonja; Schumacher, Sebastian (Jänner-Februar 2004): Kommunikationsprobleme und Neuerungsverbot im Asylverfahren. In: Migralex, S. In:<br />

Quinz, Norbert (März 2009): Qualitätsmanagement im Bundesasylamt. In: Change Management 3/2009, S. 12-13. Graz: Medienwerkstadt. Abgerufen am 4. Juni 2012 20-28.<br />

http://integratedconsulting.at/fileadmin/user-upload/pdf-Dateien/Presse-Artikel/3- von<br />

Radax, Markus (2012): 20 Jahre Bundesasylamt - eine Erfolgsgeschichte. In: Bundesasylamt, Zwei Jahrzehnte Bundesasylamt (1992-2012) - Festschrift . S. 28-34. 2009-gesamt.pdf<br />

Bundesministerium für Inneres. Röbke, Thomas (8. September 2011): "Wahrheit beginnt zu zweit" Friedemann Schulz von Thun über "Stimmigkeit" und guten Führungsstil. In: Zeit ONLINE. Abgerufen am 28. Wien:<br />

2012 von http://www.zeit.de/2011/37/C-Kommunikation/komplettansicht Juni<br />

Martin; Arslan, Ercan (Oktober 2002): Glaubwürdigkeit in der interkulturellen Kommunikationssituation des Asylverfahrens. In: Asylmagazin, S. 5-9. Schrott, Thomas (2012): Die Staatendokumentation - Qualitätssicherung durch einheitliche Schmidt,<br />

von Länderexperten. In: Bundesasylamt, Zwei Jahrzehnte Bundesasylamt (1992-2012) – Festschrift. S. 48-50. Wien: Bundesministerium für Inneres. Herkunftsländerinformationen<br />

Schuler, Beat (2004): UNHCR-Besuche in den Erstaufnahmestellen. Wien: UNHCR Österreich. Abgerufen am 7. Mai 2012 von http://www.unhcr.at/fileadmin/rechtsinfos/fluechtlingsrecht/4_2_asyl_positionen/4_2_2 /FR_AUS_Positionen_2005-Bericht_EAST_052004.pdf<br />

137


Guido (11. Mai 2012): Sunna gegen Schia. Abgerufen am 25. Mai 2012 von Le Monde diplomatique: http://www.mondediplomatique.de/pm/.search?ik=1&mode=erw&tid=2012%2F05%2F11%2Fa0037&Lis Steinberg,<br />

Sterkl, Maria (11. Juli 2012): Georg Bürstmayr: "Natürlich wird in Asylverfahren gelogen". Abgerufen am 12. Juli 2012 von derStandard.at: tView=0&sort=1&tx=Sunna+gegen+Schia&qu=MONDE<br />

http://derstandard.at/1341844953536/Natuerlich-wird-in-Asylverfahren-gelogen<br />

Dagmar (21. Oktober 2009): Ministerin Heinisch-Hosek übergibt ISO-Zertifikat an den Asylgerichtshof. Abgerufen am 9. Juni 2012 von Bundeskanzleramt: http://www.bka.gv.at/site/cob__36902/currentpage__0/6855/default.aspx Strobel,<br />

Gregor (März-April 2011): Professioneller Partner. In: Öffentliche Sicherheit, S. 27- 31. Abgerufen am 21. Mai 2012 von http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_OeffentlicheSicherheit/2011/03_04/files/Interview_Tau Wenda,<br />

cher.pdf<br />

Nikolaus (2012): Der Referent im Wandel der Zeit. In: Bundesasylamt, Zwei Jahrzehnte Bundesasylamt (1992-2012) – Festschrift. S. 39-42. Wien: Bundesministerium für Inneres. Westreicher,<br />

Baghajati, Tarafa (2010): Neuer Diskurs um Islam in Europa und Österreich - Von einer Bücher:<br />

zur "Islamdebatte". In Oberlechner, Manfred; Hetfleisch, Gerhard: Integration, Rassismen und Weltwirtschaftskrise. S. 265-283. Wien: Braumüller Verlag. "Ausländerdebatte"<br />

Rainer (2011): Migration und innere Sicherheit – komplexe Zusammenhänge, paradoxe Effekte und politische Simplifizierungen. In Biffl, Gudrun; Dimmel, Nikolaus: Migrationsmanagement - Band 1: Grundzüge des Managements von Migration und Bauböck,<br />

S. 411-429. Bad Vöslau: omninum KG. Integration.<br />

Bourdieu, Pierre (2005): Was heißt Sprechen? Zur Ökonomie des sprachlichen Tausches (2., erweiterte und überarbeitete Auflage). Wien: Braumüller. Bruckner, Rainer; Hudsky, Dietmar; Marth, Thomas; Taucher, Wolfgang; Vogl, Mathias (2010): Fremdenrecht - Textausgabe mit umfangreichen Materialien (4., aktualisierte und erweiterete Auflage). Wien Graz: Neuer wissenschaftlicher Verlag.<br />

138


Ingolf (2003): "Habitus - Geschichte des Begriffs und seine Verwendung in der Theorie von Pierre Bourdieu" Seminararbeit. Wien. Abgerufen am 15. Juni 2012 von http://www.unet.univie.ac.at/~a9601070/habitus.pdf Erler,<br />

Christian; Liebminger, Barbara (2007): Dublin II Verordnung - Das Europäische Asylzuständigkeitssystem (2., überarbeitete Auflage). Wien Graz: Neuer wissenschaftlicher Verlag. Filzwieser,<br />

Klaus (2006): Erfolgreich Vernehmen - Kompetenz in der Vernehmungspraxis. Habschick,<br />

Kriminalistik Verlag. Hall, Edward T.; Reed Hall, Mildred (1990): Understanding Cultural Differences. Yarmouth, Maine: Intercultural Press. Heidelberg:<br />

Angelika (2008): "Der Erwerb interkultureller Kompetenz im Schulunterricht - am Beispiel eines Projekts für die Oberstufe“ Diplomarbeit. Wien. Abgerufen am 11. Juni 2012 von http://othes.univie.ac.at/1502/1/2008-10-08_9504682.pdf Hawlik,<br />

Johannes (2009): Verwaltungsverfahrensrecht - Ein systematischer Grundriss (4., überarbeitete Auflage). Wien: Fakultas. Hettlage, Robert (2007): Erving Goffman (1922-1982). In Kaesler, Dirk: Klassiker der Hengstschläger,<br />

- Von Talcott Parsons bis Anthony Giddens (7. Auflage), S. 197-215. München: Verlag C.H.Beck oHG. Hofstede, Geert; Hofstede, Gert Jan (2011): Lokales Denken, globales Handeln - Soziologie<br />

Zusammenarbeit und globales Management (5. Auflage). München: Interkulturelle<br />

Taschenbuch Verlag. Huntington, Samuel P. (2002): Kampf der Kulturen - Die Neugestaltung der Weltpolitik im 21. Jahrhundert (7. Auflage). München: Wilhelm Goldmann Verlag. Deutscher<br />

Werner; Schreier, Margit; Echterhoff, Gerald (2010): Forschungsmethoden in Psychologie und Sozialwissenschaften (2. Auflage). Berlin Heidelberg: Springer Verlag. Hussy,<br />

Kercher, Jan (2001): Nonverbale Kommunikation. Studienarbeit. Norderstedt: Grin Verlag. Mayring, Philipp (2008): Qualitative Inhaltsanalyse - Grundlagen und Techniken (10., neu ausgestatte Auflage). Weinheim und Basel: Beltz Verlag.<br />

139


Gerhard (2011): Migration und öffentliches Recht. In Fassmann, Heinz; Dahlvik, Julia: Migrations- und Integrationsforschung - multidisziplinäre Perspektiven. S. 249- 267. Wien: V & R unipress GmbH Göttingen. Muzak,<br />

Katharina (2009): "Das österreichische Asylgesetz 2005 - Auf dem Weg in Richtung gemeinsame EU-Asylpolitik?" Diplomarbeit. Wien. Abgerufen am 17. Mai 2012 von http://othes.univie.ac.at/3635/1/2009-01-26_0105984.pdf Plank,<br />

Sonja (2005): "I don´t understand your English, Miss." Dolmetschen bei Pöllabauer,<br />

Tübingen: Gunter Narr Verlag. Rienzner, Martina (2009): "Kommunikation im Asylverfahren. Eine interkulturelle Perspektive." Diplomarbeit. Wien. Abgerufen am 20. Februar 2012 von Asylanhörungen.<br />

Riesebrodt, Martin (2001): Die Rückkehr der Religionen - Fundamentalismus und der "Kampf der Kulturen" (2. Auflage). München: Verlag C. H. Beck oHG. http://othes.univie.ac.at/3801/1/2009-02-28_0207347.pdf<br />

David (2007): Populäre Sprachratgeber und Kommunikationstrainings - Alltagsweltliche Sprachberatung zwischen (Populär)wissenschaft und Praxishilfe. Magisterarbeit. Norderstedt: Grin Verlag. Schachinger,<br />

Thomas; Schinnerl, Herwig (2009): Tschetschenien: Gesellschaft und Geschichte. In Schinnerl, Herwig; Schmidinger, Thomas: Dem Krieg entkommen? Tschetschenien und TschetschenInnen in Österreich . S. 13-44. Wiener Neustadt: Schmidinger,<br />

Verlag. Alltag<br />

von Thun, Friedemann (1992): Miteinander Reden: 2 - Stile, Werte und Persönlichkeitsentwicklung. Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH. Schulz<br />

von Thun, Friedemann (2006): Miteinander Reden: 1 - Störungen und Klärungen (43. Auflage). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt Taschenbuch Verlag GmbH. Schulz von Thun, Friedemann (2011): Miteinander Reden 3 - Das "Innere Team" und Schulz<br />

Kommunikation (20. Auflage). Reinbek bei Hamburg: Rowohlt situationsgerechte<br />

Taschenbuch Verlag GmbH. Sodtke, Petra (2009): Was meint Samuel P. Huntington mit dem "Clash of Civilizations"? Eine auf die Denkweise und Argumentation Huntingtons konzentrierte Analyse. Studienarbeit. Norderstedt: Grin Verlag.<br />

140


Alexander (2003): Was ist Kultur? In Thomas, Alexander; Kammhuber, Stefan; Schroll-Machl, Sylvia: Handbuch Interkulturelle Kommunikation und Kooperation. Band 2: Länder, Kulturen und interkulturelle Berufstätigkeit. S. 21-43. Göttingen: Thomas,<br />

& Ruprecht. Thompson, John B. (2005): Einführung. In Bourdieu, Pierre: Was heißt Sprechen? Zur Ökonomie des sprachlichen Tausches (2., erweiterte und überarbeitete Auflage), S. Vandenhoeck<br />

Wien: Braumüller. 1-35.<br />

Paul; Beavin, Janet H.; Jackson, Don D. (2011): Menschliche Kommunikation - Formen Störungen Paradoxien (12., unveränderte Auflage). Bern: Verlag Hans Huber. Watzlawick,<br />

Erkenntnis Asylgerichtshof E9 303.304-1/2008-5E. (10. Oktober 2008). Abgerufen am 5. Mai Erkenntnisse:<br />

von http://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=AsylGH&Dokumentnummer=ASYL GHT_20081010_E9_303_304_1_2008_00 2012<br />

Asylgerichtshof D4 317491-1/2008/10E. (16. November 2011). Abgerufen am 5. Mai 2012 von http://www.ris.bka.gv.at/Dokument.wxe?Abfrage=AsylGH&Dokumentnummer=ASYL Erkenntnis<br />

GHT_20111116_D4_317_491_1_2008_00<br />

Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge vom 28. Juli 1951 – Genfer Gesetzestexte:<br />

(GFK) 1951. (1951). Abgerufen am 2. Mai 2012 von http://www.unhcr.at/fileadmin/user_upload/dokumente/03_profil_begriffe/genfer_fluec htlingskonvention/Genfer_Fluechtlingskonvention_und_New_Yorker_Protokoll.pdf Flüchtlingskonvention<br />

Allgemeines Verwaltungsverfahrensgesetz (AVG) in der Fassung vom 01.01.2012. (1991). BGBl. Nr. 51/1991. Abgerufen am 2. Mai 2012 von http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesn ummer=10005768 Bundesgesetz, mit dem die Grundversorgung von Asylwerbern im Zulassungsverfahren und bestimmten anderen Fremden geregelt wird (Grundversorgungsgesetz - Bund 2005 -<br />

141


2005) in der Fassung vom 01.07.2011. (2005). BGBl. Nr. 405/1991. Abgerufen am 2. Mai 2012 von http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesn GVG-B<br />

Bundesgesetz über die Gewährung von Asyl (Asylgesetz 2005 - AsylG 2005) in der Fassung vom 1.7.2011. (2005). BGBl. I Nr. 100/2005. Abgerufen am 2. Mai 2012 von ummer=10005762<br />

http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesn<br />

Einführungsgesetz zu den Verwaltungsverfahrensgesetzen 2008 - EGVG in der Fassung vom 26.3.2009. (2008). BGBl. I Nr. 87/2008. Abgerufen am 2. Mai 2012 von ummer=20004240<br />

ummer=20005871&ShowPrintPreview=True Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK) - Europäische Konvention zum Schutz der http://www.ris.bka.gv.at/GeltendeFassung.wxe?Abfrage=Bundesnormen&Gesetzesn<br />

und Grundfreiheiten. (1950). Rom. Abgerufen am 2. Mai 2012 von Menschenrechte<br />

Verordnung (EG) Nr.343/2003 des Rates vom 18. Februar 2003 (Dublin II-Verordnung). (2003). Abgerufen am 2. Mai 2012 von http://www.emrk.at/emrk.htm<br />

http://www.asyl.net/uploads/media/dublin_vo.prn.pdf<br />

Dokumente: Interne<br />

(2011). Rechtsberater NEU. Wien: Bundesasylamt - Internes Dokument GZ: BMI-LR1000/0212-BAA-GDA/2011. Bundesasylamt. (2012). Aus- und Forbildung - Fortbildungsprogramm 2012. Wien: Bundesasylamt.<br />

Koordinationsreferat. Bundesasylamt. (2012). Einsatz neuer Erstbefragungsformulare. Internes Dokument Bundesasylamt - GZ.: BMI-FW1201/0015-BAA-GDA/2012. Bundesasylamt<br />

Bundesasylamt. (2012). Interessenten/innensuche Bundesasylamt Referent/in. Wien: Internes Dokument Bundesasylamt - GZ: BMI-PA2400/0020-BAA-Pers/2012. Bundesasylamt. (2012). Unsere Ziele 2012. Internes Dokument Bundesasylamt.<br />

142


Klaus; Pretterebner, Gernot (2008): Leitfaden Einvernahme - Grundlagen für die praktische Durchführung einer Einvernahme. Wien: Bundesasylamt - Internes Dokument. Krainz,<br />

Arno (2008): VAA Einvernahme - allgemein rechtliche Grundlagen. Wien: Bundesasylamt - Internes Dokument. UNHCR. (2009). Abschlussbericht zum EV-Monitoring im Bundesasylamt Außenstelle Nitzlnader,<br />

Internes Dokument Bundesasylamt. Wien: UNHCR Büro. Salzburg.<br />

Gerald (2011): Verbindliche Arbeitsanleitung Ermittlungsverfahren allgemein. Wien: Bundesasylamt - Internes Dokument. Wohlmuth,<br />

Allgemeines zum Asylgerichtshof. (2012). Abgerufen am 8. Juni 2012 von Asylgerichtshof: http://www.asylgh.gv.at/site/6321/default.aspx Internetquellen:<br />

(2010). Die Dublin-II-Falle - Überstellungen Asylsuchender nach Griechenland. Abgerufen am 24. Mai 2012 von http://www.ecoi.net/file_upload/6_1275042343_de-griechenland-die-dublin-ii-falle.pdf AmnestyInternational.<br />

seit 2000 nach Staatsangehörigkeit. (11. April 2012). Abgerufen am 25. Juni 2012 von Statistik Austria: http://www.statistik.at/web_de/statistiken/bevoelkerung/wanderungen/asyl/index.html Asylanträge<br />

2011. (2011). Abgerufen am 10. Mai 2012 von Bundesministerium für Inneres Asylstatistik<br />

http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_Asylwesen/statistik/files/2011/Asylstatistik_2011.pdf Asyl- und Fremdenwesen. (2012). Abgerufen am 1. Juni 2012 von Bundesministerium für (BMI):<br />

http://www.bmi.gv.at/cms/bmi/_news/bmi.aspx?id=3179684954717171306F6F3D&pa ge=0&view=1 Inneres:<br />

Asylwesen - Allgemeine Informationen. (2012). Abgerufen am 1. Juni 2012 von Bundesministerium für Inneres: http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_Asylwesen/informationen/start.aspx Asylwesen - Rechtsgrundlage. (2012). Abgerufen am 24. Mai 2012 von Bundesministerium für Inneres: http://www.bmi.gv.at/cms/BMI_Asylwesen/rechtsgrundlage/start.aspx<br />

143


Monika (2006): Grundlagen der Kommunikationswissenschaft - Vorlesungsskriptum. Wien. Abgerufen am 27. Juni 2012 von http://www.wiso.boku.ac.at/uploads/media/Skriptum_732304_Grundlagen_der_Kom Kobzina,<br />

Kronsteiner, Ruth (9. Juni 2004): Fachliche Stellungnahme zu den Informationsblättern des Bundesasylamt aus ethnologischer Sicht. Abgerufen am 4. Mai 2012 von Netzwerk munikation_01.pdf<br />

http://www.sprachenrechte.at/ SprachenRechte:<br />

Florian (15. Juni 2004): Stellungnahme, zur Verständlichkeit der Informationsblätter des Bundesasylamtes aus linguistischer Perspektive. Abgerufen am 4. Mai 2012 von Netzwerk SprachenRechte: http://www.sprachenrechte.at/ Menz,<br />

(November 2006). Stellungnahme zu den Erstinformationsblättern BAA. Abgerufen am 4. Mai 2012 von Netzwerk SprachenRechte: http://www.sprachenrechte.at/ NetzwerkSprachenRechte.<br />

und Mitarbeiter Bundesasylamt. (2012). Abgerufen am 6. Juni 2012 von Organisation<br />

- Intranet: http://www.zentralleitung.bmi.intra.gv.at/dienststellen/sektion_III/baa/Lists/Organisatio n/AllItems.aspx Bundesasylamt<br />

von Thun, Friedemann (1981): Das Kommunikationsquadrat. Abgerufen am 27. Juni 2012 von Schulz von Thun-Institut für Kommunikation: http://www.schulz-vonthun.de/index.php?article_id=71 Schulz<br />

- Europäische Menschenrechtskonvention. (2012). Abgerufen am 25. Mai 2012 Wikipedia<br />

Wikipedia: http://de.wikipedia.org/wiki/Europ%C3%A4ische_Menschenrechtskonvention Wikipedia - Sozialverhalten in China. (9. Juni 2012). Abgerufen am 26. Juni 2012 von von<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Sozialverhalten_in_China Wikipedia - Verordnung (EG) Nr. 343/2003 (Dublin II). (20. April 2012). Abgerufen am 24. Mai 2012 von Wikipedia: Wikipedia:<br />

http://de.wikipedia.org/wiki/Verordnung_(EG)_Nr._343/2003_(Dublin_II) Willkommen beim Asylgerichtshof. (2012). Abgerufen am 8. Juni 2012 von Asylgerichtshof: http://www.asylgh.gv.at/site/4859/Default.aspx<br />

144

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!