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Download Handreichung (Gregor Chudoba) (pdf) - Haymon Verlag

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<strong>Gregor</strong> <strong>Chudoba</strong><br />

Michael Köhlmeier:<br />

Trilogie der sexuellen Abhängigkeit<br />

1. Hinweise zur Benutzung der Unterrichtsmaterialien<br />

Die Materialien sind für den Einsatz im Deutschunterricht<br />

an Oberstufen von AHS oder BHS<br />

gedacht, wobei bei einem Einsatz, insbesondere in<br />

der neunten Schulstufe, eine Auswahl der geeigneten<br />

Aufgabenstellungen durch die Lehrperson,<br />

unter Berücksichtigung der entwicklungspsychologischen<br />

und gruppendynamischen Voraussetzungen<br />

im Klassenverband, empfohlen wird.<br />

Die <strong>Handreichung</strong>en gliedern sich in zwei<br />

Module, deren erstes ohne großen Zusatzaufwand<br />

umsetzbar ist und unter Berücksichtigung verschiedener<br />

Sozialformen und Methoden die Lernenden<br />

zu einem mehrperspektivischen, reflektierenden<br />

Zugang zum Text hinführen soll, wobei das Spiel<br />

zwischen subjektivem Zugang und intersubjektivem<br />

Dialog stets Leitgedanke bleibt. Die Lernenden<br />

sollen hier durch entdeckendes Lernen und größtmögliche<br />

Eigenaktivität in die Lage versetzt werden,<br />

einen persönlichen, individuellen Bezug zum<br />

Text herzustellen. Methodisch lehnen sich dabei<br />

die vorgeschlagenen Schritte an Zugänge aus der<br />

Fremdsprachendidaktik an, wie sie etwa in Bausch/<br />

Christ/Krumm 2007 beschrieben werden. 1<br />

Das zweite Modul bietet einen Rahmen zur aktiven,<br />

dramatischen Auseinandersetzung mit dem<br />

Text in Form einer Hörspielerarbeitung. Dabei wird<br />

davon ausgegangen, dass nach einer propädeutischen<br />

Plenarphase, die Lernenden in Kleingruppen<br />

die weitere Ausarbeitung in Projektform vorantreiben.<br />

Aufgabe der Lehrperson ist es hierbei, in der<br />

Einführungsphase in dramapädagogischer Weise<br />

die Grundlagen für die spätere Arbeit der Kleingruppen<br />

zu schaffen, um danach als nicht-teilnehmende<br />

Begleitung für Konsultationen, nicht aber<br />

für Direktiven zur Verfügung zu stehen. Die Autonomie<br />

und Selbstorganisation der Lernenden, vor<br />

allem in der Phase der Gruppenarbeit, ist genuiner<br />

Bestandteil des zweiten Moduls. Absicht ist es,<br />

den Text von seinem Status als Konsumobjekt zu<br />

befreien und zu einer kreativen Auseinandersetzung<br />

anzuregen. Ausführlicher und allgemeiner<br />

wurde dieser Zugang vom Autor in den ide 1/2008<br />

beschrieben. 2<br />

Zusatzinformation<br />

Die drei Teile des zunächst „Ballade von der<br />

sexuellen Abhängigkeit“ benannten Textes waren<br />

ursprünglich in losem Zusammenhang als Trilogie<br />

von Hörspielen gedacht, wurden als solche veröffentlicht<br />

und erst danach in eine Prosafassung<br />

umgearbeitet. Michael Köhlmeier geht es bei den<br />

drei Stücken darum „den eigentlichen Text erst im<br />

Kopf des Lesers entstehen zu lassen“. Das ist eine<br />

Rechnung, bei der A plus B ein C ergibt (das steht<br />

aber nicht da und muss erst vom Leser erschlossen<br />

werden) und zwar aus dem Dialog bzw. dem<br />

Monolog. So meint Köhlmeier, sein Ziel sei es, einmal<br />

einen Dialog zu schreiben, „bei dem die Diskrepanz<br />

zwischen dem, was gesagt wird, und dem<br />

was gemeint ist, 100 Prozent beträgt“. 3<br />

Empfohlen ab der 9.-10. Schulstufe.<br />

1


2. Unterrichtseinheiten<br />

Modul 1 | Inhalt und Individualisierung<br />

1 Aufriss – Hilflosigkeit – Heimzahlen<br />

Aufgabe 1a: Dauer: 25 Minuten<br />

Material:<br />

• Aufgabenzettel<br />

Vor dem Lesen: Besprechen Sie mit ihrer Nachbarin/ihrem<br />

Nachbarn, was sie zu den Begriffen<br />

Aufriss, Hilflosigkeit und Heimzahlen assoziieren.<br />

Was fällt Ihnen dazu ein? Können Sie eine Situation<br />

beschreiben, die zu den Begriffen passt?<br />

Wählen Sie nun eines der drei Stichwörter als<br />

Thema und schreiben Sie einen fiktiven Tagebucheintrag<br />

auf ein Blatt Papier. Nehmen Sie sich dafür<br />

15 konzentrierte Minuten Zeit. Schreiben Sie das<br />

gewählte Stichwort als Titel zuoberst, lassen Sie<br />

aber Ihren Namen unerwähnt, so dass die Autorin/der<br />

Autor des Textes verborgen bleibt. Wie bei<br />

einem Tagebuch stehen nicht Rechtschreibung<br />

oder Grammatikalität im Vordergrund, sondern die<br />

Frage, ob die Beschreibung des Erlebten, inklusive<br />

der damit verbundenen Gefühle, lebendig wirkt.<br />

Lassen Sie sich ruhig von der Geschichte vorantreiben,<br />

sie müssen kein fertiges Konzept haben,<br />

bevor Sie losschreiben.<br />

Aufgabe 1b: Dauer: 5 Minuten je Tagebucheintrag<br />

Die Lehrperson (oder eine Schülerin/ein Schüler)<br />

sammelt die fertigen Texte ein und verteilt sie neu<br />

an die Gruppe. Die SchülerInnen kennen nun die<br />

Autorin/den Autor des ihnen vorliegenden Textes<br />

nicht. Nach der o.a. Reihenfolge gruppiert (Aufriss<br />

– Hilflosigkeit – Heimzahlen) werden die Texte vorgelesen.<br />

Die Lesenden geben erst zum Schluss ihre Vermutungen<br />

zur Urheberschaft an. Die Texte werden<br />

danach an die AutorInnen zurückgeben.<br />

Aufgabe 1c: Dauer: 20 Minuten<br />

Material:<br />

• Tafel oder Flipchart<br />

Sammeln Sie zu zweit oder zu dritt und vergleichen<br />

Sie anschließend im Plenum: Wenn Sie die Titel der<br />

drei Abschnitte betrachten – welche zentralen Elemente<br />

lassen sich ihnen stichwortartig zuordnen?<br />

Welche Topoi, Personen, Orte, Stimmungen würden<br />

Sie als typisch bezeichnen?<br />

2 Zur Frage der Titelwahl<br />

Material:<br />

• Kopien der Balladen von Bürger, Villon und<br />

Brecht<br />

• Kopien der Aufgabenstellungen, die aber auch<br />

mündlich bzw. an der Tafel gestellt werden können.<br />

Das besprochene Buch erschien ursprünglich unter<br />

dem Titel „Ballade von der sexuellen Abhängigkeit“.<br />

Was ist eine Ballade? Der Begriff Ballade bezeichnet<br />

im Deutschen meist eine lyrische Form (Kunstballade),<br />

die auch deutliche dramatische und epische<br />

Merkmale aufweist. Das heißt: die Kunstballade<br />

ist ein Gedicht, das zugleich Elemente aus dem<br />

Theater und aus Prosatexten beinhaltet. Mit Gottfried<br />

August Bürgers Ballade „Lenore“ haben Sie<br />

dazu auch eines der ersten prägenden Beispiele der<br />

Gattung (siehe Punkt 5, Ergänzende und weiterführende<br />

Literatur).<br />

Aufgabe 2a: Dauer: 15 Minuten<br />

Wie würden Sie die folgenden Elemente den drei<br />

Gattungen (Lyrik, Drama, Epik) zuordnen?<br />

• verdichtete Sprache<br />

• Strophenform<br />

• erzählender Charakter<br />

• rasch vorangetriebene Handlung<br />

• Dialoge<br />

2


Finden Sie die genannten Elemente in Bürgers<br />

„Lenore“?<br />

Zunehmend wird der Begriff auch im Deutschen<br />

in der Bedeutung benutzt, die er in der Unterhaltungsmusik<br />

des 20. Jahrhunderts, vornehmlich im<br />

englischen Sprachraum, erhielt: als Musikstück mit<br />

erzählendem Text und oft ruhigem Charakter. Dazu<br />

zählen beispielhaft: Me and Bobby McGee (Kris<br />

Kristofferson), Hotel California (Eagles), Tom’s<br />

Diner (Suzanne Vega), Spread your Wings (Queen),<br />

Winds of Change (Scorpions)<br />

Aufgabe 2b: Dauer: 5 Minuten<br />

Kennen Sie weitere Songs, die als „ballad“ bezeichnet<br />

werden (können)?<br />

Köhlmeiers „Ballade“ ist weder eine Ballade im<br />

Sinne der Gedichte Bürgers, Goethes und Schillers,<br />

noch ist sie ein sanft erzählendes Lied. Das<br />

bei seiner Erstveröffentlichung als „Ballade von der<br />

sexuellen Abhängigkeit“ bezeichnete Werk bezieht<br />

seinen Namen vielmehr von der „Ballade der sexuellen<br />

Hörigkeit“ aus Bertolt Brechts „Dreigroschenoper“.<br />

Brechts Text wiederum fußt nicht nur auf<br />

der „Beggar’s Opera“ von John Gay (1728), sondern<br />

übernimmt auch nahezu unverändert Übersetzungen<br />

von Balladen François Villons (15. Jh.). So lässt<br />

sich eine Tradition von Köhlmeiers Ballade hin zu<br />

Villons Balladen verfolgen, letztere entstanden ein<br />

halbes Jahrtausend früher und sind von zeitloser<br />

Aktualität.<br />

Aufgabe 2c: Dauer: 15 Minuten<br />

Vergleichen Sie die zwei Balladen von Villon und<br />

Brecht mit Köhlmeiers Text nach Inhalt, Aussage,<br />

formalen Aspekten (Reim, Gliederung in Strophen,<br />

Refrain) und den eingangs angegebenen Elementen<br />

der Kunstballade.<br />

François Villon (1431–1464)<br />

Eine verliebte Ballade für Yssabeau d’Aussigny<br />

Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund,<br />

ich schrie mir schon die Lungen wund<br />

nach deinem weißen Leib, du Weib.<br />

Im Klee, da hat der Mai ein Bett gemacht,<br />

da blüht ein schöner Zeitvertreib<br />

mit deinem Leib die lange Nacht.<br />

Das will ich sein im tiefen Tal<br />

dein Nachtgebet, und auch dein Sterngemahl.<br />

Im tiefen Erdbeertal, im schwarzen Haar,<br />

da schlief ich manches Sommerjahr<br />

bei dir, und schlief doch nie zuviel.<br />

Ich habe jetzt ein rotes Tier im Blut,<br />

das macht mir wieder frohen Mut.<br />

Komm her, ich weiß ein schönes Spiel<br />

im dunklen Tal, im Muschelgrund …<br />

Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund.<br />

Die graue Welt macht keine Freude mehr,<br />

ich gab den schönsten Sommer her,<br />

und dir hats auch kein Glück gebracht;<br />

hast nur den roten Mund noch aufgespart,<br />

für mich so tief im Haar verwahrt …<br />

Ich such ihn schon die lange Nacht<br />

Im Wintertal, im Aschengrund …<br />

Ich bin so wild nach deinem Erdbeermund.<br />

Im Wintertal, im schwarzen Erdbeerkraut,<br />

da hat der Schnee sein Nest gebaut<br />

und fragt nicht, wo die Liebe sei.<br />

Und habe doch das rote Tier so tief<br />

erfahren, als ich bei dir schlief.<br />

Wär nur der Winter erst vorbei<br />

und wieder grün der Wiesengrund!<br />

ich bin so wild nach deinem Erdbeermund!<br />

Villon, François: Die Balladen und lasterhaften Lieder des<br />

Herrn François Villon in deutscher Nachdichtung von Paul<br />

Zech, Weimar: Erich Lichtenstein 1930, S. 78–79<br />

3


Bertolt Brecht (1898–1956)<br />

Die Ballade von der sexuellen Hörigkeit<br />

(aus der Dreigroschenoper)<br />

Da ist nun einer schon der Satan selber<br />

Der Metzger: er und alle andern: Kälber!<br />

Der frechste Hund! Der schlimmste Hurentreiber!<br />

Wer kocht ihn ab, der alle abkocht? – Weiber.<br />

Ob er will oder nicht – er ist bereit.<br />

Das ist die sexuelle Hörigkeit.<br />

Der glaubt nicht an die Bibel. Er lacht übers BGB.<br />

Er meint, er ist der größte Egoist<br />

Weiß, daß wer ’n Weib sieht, schon verschoben<br />

ist.<br />

Drum duldet er kein Weib in seiner Näh<br />

Er soll den Tag nicht vor dem Abend loben<br />

Denn vor es Nacht wird, liegt er wieder droben.<br />

So mancher Mann sah manchen Mann verrecken:<br />

Ein großer Geist blieb in ’ner Hure stecken!<br />

Und die’s mit ansahn, was sie sich auch schwuren<br />

–<br />

Als sie verreckten, wer begrub sie? – Huren!<br />

Ob sie wolln oder nicht – sie sind bereit.<br />

Das ist die sexuelle Hörigkeit.<br />

Der klammert sich an die Bibel. Der verbessert das<br />

BGB.<br />

Ein Mann – ein Christ, ein Jud – ein Anarchist!<br />

Am Mittag zwingt man sich, daß man nicht Sellerie<br />

frißt<br />

Nachmittags weiht man sich noch ’ner Idee.<br />

Am Abend sagt man: mit mir geht’s nach oben<br />

Und vor es Nacht wird, liegt man wieder droben.<br />

Brecht, Bertolt: Werke. Große kommentierte Berliner und<br />

Frankfurter Ausgabe, Band 2: Stücke 2, bearbeitet von<br />

Jürgen Schebera, Berlin/Frankfurt: Aufbau/Suhrkamp<br />

1988, S. 268–269<br />

Aufgabe 2d: Dauer: 5 Minuten<br />

Die drei Teile des Buches, gleichsam die drei Strophen<br />

der Ballade, werden jeweils als „Theorie“<br />

bezeichnet. Dabei sind sie alles andere als eine theoretische,<br />

wissenschaftliche Abhandlung von Aufriss,<br />

Hilflosigkeit und Heimzahlen. Welchen Sinn<br />

können die Titel noch haben?<br />

Anregungen:<br />

• Aus einem etymologischen Wörterbuch: Theorie<br />

– aus gr. theōría, „Betrachtung, Untersuchung, […]<br />

eigentl. das Zuschauen“ 4 ,<br />

• Theorie als Gegenteil von Praxis.<br />

• Theorie als das, was nur in der Vorstellung funktioniert.<br />

• Theorie als das Vereinfachte, das der Komplexität<br />

des Lebens nicht entspricht: „Grau, teurer<br />

Freund, ist alle Theorie und grün des Lebens goldner<br />

Baum.“ (Goethe: Faust I)<br />

3 Intertextualität und Referenzen auf andere<br />

Texte<br />

Die drei Theorien stehen in einem mehrfachen<br />

Bezug zu anderen Texten, die teils als bekannt vorausgesetzt<br />

werden, teils aber auch Ausgangspunkt<br />

für eigenes Nachforschen sein können. Reale oder<br />

fiktive Personen und Werke, die genannt werden,<br />

können solch ein Ausgangspunkt sein.<br />

Aufgabe 3a: Dauer: 15 Minuten<br />

Material:<br />

• Kopien der Kurztexte zu Judith und Arthur<br />

Im Text treten Personennamen auf, die als Anspielungen<br />

verstanden werden können. In der Theorie<br />

des Heimzahlens etwa tauchen die Namen Arthur<br />

und Judith auf, beide mit klaren fiktionalen Assoziationen<br />

besetzt. Was sagen Ihnen diese Assoziationen?<br />

Im Alten Testament schildert das Buch Judit, wie<br />

sich Judit aus der belagerten Stadt Betulia aufmacht<br />

4


um Holofernes, den Führer der Belagerungsarmee,<br />

in seinem Lager aufzusuchen. Durch ihre Schönheit<br />

und Klugheit gewinnt sie Vertrauen und Zuneigung<br />

des Holofernes, so dass sie sich völlig frei im Lager<br />

bewegen kann. Als Holofernes nach wenigen Tagen<br />

der Belagerung im Anschluss an ein Festmahl betrunken<br />

allein in seinem Zelt liegt, enthauptet Judit ihn<br />

mit seinem eigenen Schwert und bringt sein Haupt<br />

in ihre Stadt Betulia. Ermutigt durch diese Tat, greifen<br />

die Belagerten in einem Ausfall das führerlos<br />

gewordene Heer des Holofernes an und schlagen<br />

es in die Flucht. Judit zieht sich in ihr unauffälliges<br />

Privatleben zurück.<br />

• Wo liegt, meinen Sie, die Verbindung zur Gestalt<br />

der Judith aus der „Theorie des Heimzahlens“?<br />

Aus welcher Sicht ist eine Parallelität gegeben?<br />

Der mythische König Artus (engl. Arthur) ist Zentralgestalt<br />

einer Reihe von englischen Sagen, die im<br />

historischen Umfeld der Völkerwanderungszeit die<br />

Auseinandersetzungen zwischen den keltischen, teils<br />

noch romanisierten Bewohnern Britanniens, und<br />

germanischen Eindringlingen schildern.<br />

Artus/Arthur wird darin in einer Verknüpfung<br />

von keltischen Märchen und Sagen mit historischen<br />

Grundlagen als Lichtgestalt geschildert, die in Ver-<br />

körperung des Herrscherideals ähnlich übermenschliche<br />

Züge annimmt wie Heldengestalten aus der<br />

griechischen Antike.<br />

An literarischer Bedeutung ähnelt Artus den<br />

historisch später zu verortenden Robin Hood und<br />

Richard Löwenherz.<br />

• Inwiefern gleicht Arthur aus der „Theorie des<br />

Heimzahlens“ dem mythisch überhöhten König<br />

Artus?<br />

Aufgabe 3b: Dauer: Rechercheaufgabe als Hausübung,<br />

Präsentation 4 Minuten je vorgestellter Person/vorgestelltem<br />

Werk<br />

Material:<br />

• Kopien der Angabetabelle<br />

Finden Sie zu den angegebenen Personen oder Werken<br />

weiterführende Information und präsentieren<br />

Sie diese in knapper, verständlicher Form Ihren<br />

MitschülerInnen. Versuchen Sie dabei, die Verbindung<br />

der jeweiligen Person zur „Trilogie der sexuellen<br />

Abhängigkeit“ im Auge zu behalten und diesen<br />

Zusammenhang darzustellen. Die angeführten Textstellen<br />

stammen alle aus dem dritten Teil, der „Theorie<br />

des Heimzahlens“.<br />

Reale Person<br />

Wagner (S. 63)<br />

Clausewitz (S. 63)<br />

Johannes (Evangelist) (S. 71)<br />

Thukydides (S. 73)<br />

Figur oder Werktitel<br />

Lohengrin<br />

Vom Kriege<br />

Apokalypse<br />

[Hier wird kein Werk genannt, aber eines der allerersten Hörspiele<br />

von Köhlmeier ist „Der Melierdialog des Thukydides“]<br />

[Kein Autor genannt] König Lear (S. 79)<br />

Brecht (S. 82)<br />

Mark Twain (S. 85)<br />

„Gedicht“ Können Sie den Titel des Gedichts eruieren?<br />

Tom Sawyer<br />

weitere Personen aus den ersten<br />

beiden Kapiteln nach freier<br />

Wahl<br />

die entsprechenden literarischen Figuren oder Werke<br />

5


Manche Personen werden auch in einem Kontext<br />

genannt, der überraschen mag. Was etwa hat Nostradamus<br />

(S. 71) mit einer Punkfrisur zu tun? Adorno<br />

mit Lucky Luke (S. 71)? Carl Barks mit einer Schilderung<br />

der Apokalypse (S. 71)? Was ist diesen drei<br />

Verbindungen gemeinsam und warum stellt Günther<br />

sie her?<br />

Welche Bezüge zu realen oder fiktiven Personen,<br />

welche Bezüge zu anderen Werken finden Sie<br />

in den ersten beiden Theorien?<br />

4 Sprache<br />

Dauer: 15 Minuten Sammlung, 10 Minuten Besprechung<br />

Material:<br />

• Buch<br />

Die Sprache der drei Theorien ist gekennzeichnet<br />

von häufigen Ellipsen (unvollständigen Sätzen) oder<br />

von Ausdrücken, die man eher nicht in Büchern<br />

erwartet. Betrachten Sie den Auszug aus S. 12-13:<br />

„… Blödsinn, oder?“<br />

„Ja.“<br />

„Dachte ich mir. Hatte mein Vortrag wenigstens<br />

Raffinesse?“<br />

„Wenn sie dich will, nimmt sie dich auch mit Sandalen.“<br />

„Danke, Kurt. Das macht Mut. Gibt Power. Saft und<br />

so …“<br />

• Welche anderen Stellen können Sie finden, bei<br />

denen gehäuft „ungrammatikalische“ Sätze auftreten?<br />

• Welchen Effekt hat die Verwendung, sowohl der<br />

unvollständigen Sätze, als auch der schriftsprachfremden<br />

Wörter?<br />

• Halten Sie die Sprache für authentisch, also dem<br />

echten Leben entsprechend? Begründen Sie Ihre<br />

Meinung.<br />

Modul 2 | Dramatische Auseinandersetzung<br />

Grundsatz: Als Leitgedanke dient hier die spielerisch-lustvolle<br />

Auseinandersetzung mit dem Text,<br />

in deren Verlauf, wie im Vorübergehen, Einblicke<br />

in die Mechanismen dramatischer Texte gewonnen<br />

werden. Entscheidend ist dabei, dass die affektive<br />

Einstellung der Lernenden bedacht wird: Nicht das<br />

Produkt eines publikationsreifen Hörspiels steht<br />

im Vordergrund, sondern der Prozess des Erarbeitens.<br />

Durch die Arbeit als KoautorInnen kommt es<br />

für die Lernenden zu Einsichten in das Textgefüge,<br />

die ungleich unmittelbarer und einprägsamer<br />

sind als bei theoretischer Abhandlung. Nicht<br />

alles muss explizit gemacht werden, oft aber sind<br />

Reflexionsrunden ratsam, auch in halbschriftlicher<br />

oder schriftlicher Form. Falls eine stärkere Theorierückbindung<br />

erwünscht ist, kann die Lehrperson<br />

danach in dialogischer Reflexion abstrahierend<br />

dazu hinführen.<br />

5 Hinführung zur Dramaarbeit 5<br />

Dauer: zumindest eine UE, besser zwei<br />

Material:<br />

• Stoff- oder Jonglierbälle<br />

Die vorgestellten Übungen dienen als Warm-Ups<br />

für die Dramaarbeit und als grundlegende Dramaübungen.<br />

Dabei folgen sie drei Prinzipien:<br />

• dem Pyramiden-Prinzip, nach dem die Basis der<br />

Dramaarbeit in der Körperarbeit liegt, während<br />

die sprachliche Arbeit am Text selbst nur die<br />

Spitze bildet;<br />

• dem Ouvertüren-Prinzip, wonach die Warm-Ups<br />

Aspekte der späteren Arbeitsschritte vorwegnehmen;<br />

• dem Gruppenprinzip, wonach die Arbeit am Stück<br />

aus der Gruppe erwächst und in sie rückgebunden<br />

ist. 6<br />

6


Aufgabe 5a: Juggle Ball (Jonglierball)<br />

Die Gruppe steht im Kreis, Blickrichtung nach<br />

innen. Bei mehr als 20 TeilnehmerInnen (TN) empfiehlt<br />

es sich, zwei getrennte Kreise aufzustellen. Die<br />

Gruppenleiterin/der Gruppenleiter (GL, in diesem<br />

Bsp. Frau Müller) spricht eine/einen TN (hier einen<br />

TN namens Daniel) an mit: „Daniel fang!“ und wirft<br />

ihm einen Ball zu (am besten eignen sich Stoff- oder<br />

Jonglierbälle). Der Fänger antwortet mit: „Danke,<br />

Frau Müller!“ und spricht eine nächste TN an: „Sandra,<br />

fang!“ Sandra fängt und antwortet mit: „Danke,<br />

Daniel!“ Nach diesem Muster wird der Ball durch<br />

den Kreis zugeworfen. Wenn alle den Ball gehabt<br />

haben, kommt er zur/zum GL zurück.<br />

In einer zweiten Runde darf der Ball keiner Person<br />

zweimal zugeworfen werden, muss aber alle TN<br />

passieren, ehe er zur/zum GL zurückkommt. Die<br />

Abfolge der TN muss gemerkt werden, denn in einer<br />

dritten Runde wird sie genau wiederholt.<br />

Wenn der Ball unterwegs ist, holt die/der GL<br />

einen weiteren Ball hervor und schickt ihn auf die<br />

Reise – entlang der gleichen Route. Nach Möglichkeit<br />

auch einen dritten. Es werden jetzt drei Bälle<br />

gleichzeitig durch den Kreis geworfen.<br />

Je nach Gruppe kann das organisch auslaufen,<br />

indem die/der GL jeweils die Bälle, die sie/er<br />

erreichen, einsteckt. Oder aber das Tempo (und<br />

die Anzahl der Bälle) werden erhöht bis das Limit<br />

überschritten wird und allgemeines Gelächter den<br />

Schlusspunkt setzt.<br />

Aufgabe 5b: Kettensatz<br />

Sitzkreis, TN A sagt ein Wort, TN B wiederholt das<br />

Wort und fügt eines hinzu. TN C wiederholt den<br />

gesamten Text und fügt ein Wort hinzu usw., so<br />

dass sich eine Geschichte ergibt. Die Lehrperson<br />

weist hin auf: Definition der dramatischen Einheiten<br />

von Personen, Situation und Handlung – nicht<br />

im aristotelischen Sinn, sondern als Kategorien der<br />

Textbeschreibung: Über wen wird eine Geschichte<br />

erzählt? Wie heißen die Personen? Wo spielt die<br />

Geschichte? Was ist das Thema, der Konflikt, die<br />

spannende Frage der Geschichte?<br />

Aufgabe 5c: Standbild und Gelenkte Pantomime<br />

Frontale Sitzordnung oder Halbkreis mit Spielfläche<br />

davor.<br />

• Standbild: Drei Freiwillige stellen, nach Absprache<br />

außerhalb des Raumes, ein Standbild zur<br />

Geschichte aus Aufgabe 1b. Währenddessen werden<br />

die anderen LernerInnen instruiert für die<br />

• Gelenkte Pantomime: Das Standbild wird in<br />

einer Neuinterpretation durch die Zuseher aufgelöst.<br />

Die drei DarstellerInnen folgen nun in<br />

pantomimischer Darstellung den Anweisungen<br />

der ZuseherInnen, die zu dem geschauten Bild<br />

eine neue Geschichte erzählen. Dabei ist auf die<br />

Koordination und wechselseitige Stimulation der<br />

Darstellenden und Erzählenden zu achten. Die<br />

Geschichte wird als Kettengeschichte erzählt,<br />

ähnlich dem Kettensatz aus 1b: JedeR Zuschauende<br />

fügt jeweils einen Satz zur Geschichte hinzu.<br />

Wieder ist wichtig, dass die Rollen benannt werden,<br />

dass Klarheit über die Situation und v.a. über<br />

das Thema der Geschichte erzielt wird, d.h. die<br />

zusehenden AutorInnen müssen diese Punkte füllen.<br />

Weiters wird auf ein Verständnis des Spannungsbogens<br />

hingearbeitet.<br />

Aufgabe 5d: Countdown (Halbzeit)<br />

Die Geschichte aus 1c wird von drei neuen (freiwilligen)<br />

DarstellerInnen mit Text wiederholt, wobei<br />

die Dauer aufgezeichnet wird. Die gleichen SpielerInnen<br />

erhalten nun die Aufgabe, die Dauer um<br />

50% zu reduzieren. Drei weitere SpielerInnen verkürzen<br />

abermals um die Hälfte, und abermals, bis<br />

nur noch fünf Sekunden Dauer überbleiben. Welche<br />

Elemente der Szene müssen dargestellt werden,<br />

was kann gestrichen werden? Wie lässt sich<br />

das Essenzielle komprimiert wiedergeben?<br />

Aufgabe 5e: Circle Sitting (Sitzkreis)<br />

Enge Kreisaufstellung, Blickrichtung nach innen,<br />

Schultern berühren einander fast. Alle drehen sich<br />

eine Vierteldrehung nach links und gehen einen<br />

Schritt nach innen, d.h. nach rechts. Nun setzen<br />

7


sich alle langsam und gleichzeitig hin. Wenn die<br />

Abstände gering genug sind, sitzt nun jedeR TN<br />

auf den Knien des Nächstfolgenden und der Kreis<br />

trägt sich selbst.<br />

Als zusätzliche Herausforderung kann man versuchen,<br />

zu gehen – wobei alle mit dem linken Fuß<br />

beginnen.<br />

Alternativ, für Gruppen, denen eine ruhige<br />

Abwicklung nicht zugetraut wird:<br />

Stille Post – Pantomime: Kreis, Blickrichtung<br />

nach außen. TN schließen die Augen. GL tippt rechter<br />

Nachbarin/rechtem Nachbar auf die Schulter.<br />

NachbarIn öffnet die Augen und dreht sich zu GL,<br />

welcheR eine einfache Bewegung pantomimisch<br />

exakt darstellt. GL dreht sich nach außen, schließt<br />

die Augen, während die Bewegung nun reihum<br />

weitergegeben wird. Nur jeweils zwei TN haben<br />

die Augen geöffnet. Die/der letzte TN führt die<br />

Bewegung der Gruppe vor, worauf die/der GL die<br />

ursprüngliche Version noch einmal wiederholt.<br />

6 Drehbuch<br />

Dauer: 2-3 UE<br />

Material:<br />

• Buch<br />

• idealerweise Kopien der zu bearbeitenden Teile<br />

Zur Adaption des Textes in ein Drehbuch wird die<br />

Arbeit in Kleingruppen verlagert. Empfehlenswert<br />

sind Gruppengrößen zwischen 4 und 8 Personen,<br />

in Abhängigkeit von der Anzahl der Rollen.<br />

Die Gruppenteilung gilt auch für alle folgenden<br />

Schritte. Ungleichgewichte beim Textumfang der<br />

Rollen können so durch andere Tätigkeiten ausgeglichen<br />

werden, etwa durch Aufnahmeleitung oder<br />

Editiertätigkeit.<br />

Für das Drehbuch Ihres Hörspiels können Sie<br />

verschiedene Zugänge wählen: Sie können sich auf<br />

eine der drei Theorien des Werkes beschränken, Sie<br />

können aber auch alle drei Texte in ein Hörspiel<br />

zusammenführen; womöglich als Montage gleichzeitiger<br />

Handlungen an verschiedenen Orten (Achten<br />

Sie dabei aber auf die Schwierigkeit, einen Sze-<br />

nen- bzw. Ortswechsel für den Hörer klar nachvollziehbar<br />

zu machen!). Von Ihrer Entscheidung<br />

wird abhängen, wie stark Sie den Text kürzen und<br />

bearbeiten müssen. Das Drehbuch sollte auf nicht<br />

mehr als 7-10 Minuten ausgelegt sein, mit den notwendigen<br />

Aufnahmearbeiten und dem Schnitt ist<br />

dabei von mehreren Stunden Arbeitszeit auszugehen.<br />

Legen Sie auch gleich zu Beginn fest, wie viele<br />

Personen Sie pro Team brauchen: die Texte sind<br />

umzuschreiben, Rollen müssen gestaltet werden,<br />

Aufnahme und Schnitt müssen betreut werden.<br />

Zur Textbearbeitung machen Sie sich zuerst klar,<br />

welche Thematik Sie hervorheben wollen: Welche<br />

Fragestellung soll das Hörspiel aufwerfen? Was wollen<br />

Sie mit dem Stück erzielen? Wenn Ihnen das<br />

hinreichend klar ist, können Sie den Text entsprechend<br />

kürzen, ändern, oder gegebenenfalls auch<br />

ausbauen. Dabei haben Sie sehr viele Freiheiten,<br />

solange Sie bedenken, dass die Hörer das Stück verstehen<br />

sollen. Sie sollen erreichen, dass das Stück<br />

die HörerInnen auch interessiert.<br />

Als grundlegender Textaufbau empfiehlt sich<br />

eine Dreigliederung in Exposition, Spannungsaufbau<br />

und Lösung. Das bedeutet, dass die Situation<br />

inklusive der Personen und der Umgebung eingeführt<br />

werden, die Problematik der Situation geschildert<br />

und entwickelt wird, ehe mit dem Ende eine<br />

Lösung geboten wird (die in ihrer Weiterführung<br />

dem Hörer überlassen bleiben darf ).<br />

Bedenken Sie, dass die Charakterisierung der<br />

Personen, wie auch der Situation, indirekt erfolgen<br />

muss, da die epischen Mittel der direkten<br />

Beschreibung im Allgemeinen dem Hörspiel fehlen.<br />

Ein Sprecher, der erzählend über der Handlung<br />

steht, ist eine Notlösung und sollte als solche<br />

sparsam genutzt werden.<br />

Für die Verdichtung des Textes durch Kürzungen<br />

können Sie vorgehen wie bei der Aufgabe „Countdown“.<br />

Bestimmen Sie die Kernaussage und lassen<br />

Sie Überflüssiges weg. Dabei können Sie großzügig<br />

streichen, wie in der folgenden Abbildung.<br />

8


sie auf die Aussagen ihrer Gesprächspartner ein oder<br />

führen sie eher Selbstgespräche? Eine Ausarbeitung<br />

von Geschwindigkeit und stimmlichen Eigenheiten<br />

erfolgt beim Gestalten der Rollen, kann aber<br />

im Text schon angelegt werden, etwa durch Regieanweisungen,<br />

aber auch textinhärent.<br />

In das Drehbuch gehören auch Anmerkungen<br />

zu Geräuschen oder Musik. Weiters ist anzumerken,<br />

wo Rollen gleichzeitig sprechen oder Pausen<br />

eintreten.<br />

Grundsätzlich kann das Drehbuch auch während<br />

der Aufnahmen verändert werden. Oft zeigt<br />

sich erst dann Änderungsbedarf bei den Geräuschen,<br />

oder es ergibt sich aus der Gesprächsdynamik eine<br />

Änderung im Text.<br />

7 Rollenarbeit<br />

Aufgabe 7a: Dauer: 1 UE inkl. Besprechung<br />

Die Eröffnung der „Theorie des Aufrisses“ kann so<br />

reduziert werden auf:<br />

In der Straßenbahn, Gespräche und Automatengeräusche<br />

im Hintergrund.<br />

Willi: Irene … Irene … Irene …<br />

Kurt: Willi, sei nicht so laut!<br />

W: (aufgeregt, schnell, etwas zu laut) Ich muss<br />

so laut sein, weil ich mir sonst den Namen nicht<br />

merke und ich will dir die Blamage ersparen; ist ja<br />

für dich eine Blamage, Kurt, wenn ich ihr begegne,<br />

der Irene, Irene, lechzend wie ein Rennhund und<br />

ihren Namen nicht weiß. …<br />

Achten Sie schon beim Schreiben des Drehbuchs<br />

auf sprachliche Charakterisierung der Rollen. Dazu<br />

gehen Sie von der Person aus und ihrem Wissen über<br />

diese. Welchen Beruf übt die Person aus? Wie alt ist<br />

sie? In welchem Kontext wird gesprochen, mit wem<br />

und unter welchen Bedingungen? Daraus erschließen<br />

sich Antworten auf Fragen wie: Sprechen die<br />

Personen im Dialekt oder in einer Hochsprache?<br />

Wie lange sind die Turns (das sind die Redezeiten)<br />

der Sprecher? Fallen sie anderen ins Wort? Gehen<br />

Texte zur Durchdringung der Rolle:<br />

• Versetzen Sie sich in eine Rolle und schreiben Sie<br />

einen Lebenslauf.<br />

• Verfassen Sie aus dieser Perspektive eine Tagebuchnotiz<br />

über eine andere Person des Stücks.<br />

Drehen Sie die Perspektive um.<br />

Aufgabe 7b: Dauer: eine knappe UE<br />

Improvisationen:<br />

• Versetzen Sie sich in eine Rolle und improvisieren<br />

Sie mit MitspielerInnen Szenen, die im Text<br />

nicht beschrieben werden, z.B.:<br />

o Willi erklärt einem Autor, warum das von ihm<br />

vorgelegte Buch nicht angenommen werden<br />

kann.<br />

o Willi und Kurt gehen Schuhe kaufen.<br />

o Willi bestellt einen Toast zu seinem Whiskey,<br />

der Toast wird aber kalt serviert.<br />

Die Einsichten, die sich aus den Improvisationen<br />

ergeben, können in die Arbeit am Drehbuch, wie<br />

auch in die Rollengestaltung einfließen. Dazu ist<br />

es ratsam, die Improvisationen in Stichworten zu<br />

dokumentieren. In jedem Fall aber wird durch die<br />

9


Improvisation die Rollengestaltung lebendiger und<br />

gehaltvoller werden.<br />

8 Aufnahmen<br />

Dauer: 1 UE je 7 Minuten Text<br />

Material:<br />

Für die Aufnahme kann im einfachsten Fall ein<br />

Kassettengerät mit zwei Decks zum elementaren<br />

Schneiden verwendet werden. Sehr viel variantenreicher<br />

werden die Möglichkeiten für Aufnahme<br />

und Schnitt durch die Verwendung von Computerprogrammen,<br />

meist mit der Möglichkeit, mehrere<br />

Spuren über einander zu legen. Dazu ist entweder<br />

eine Aufnahme mittels digitalem Diktiergerät oder<br />

direkt mit Mikrofon auf dem Computer notwendig.<br />

Zur Bearbeitung gibt es dann verschiedene, auch<br />

kostenlose Programme, so z.B. während des Verfassens<br />

dieser Anleitungen im Frühjahr 2008, ein<br />

professionelles Programm mit dem Namen Magix<br />

Music Maker Basic. Achten Sie jedoch beim Herunterladen<br />

jeder Art von Freeware auf einen aktualisierten<br />

und aktiven Virenschutz!<br />

Der Zeitaufwand für die Einarbeitung in das Programm<br />

darf dabei nicht unterschätzt werden – am<br />

einfachsten ist es, sich einen Computerfreak in das<br />

Team zu holen. Wo sich keiner findet, darf man den<br />

eigenen Anspruch an die Schnitttätigkeit nicht zu<br />

hoch schrauben und muss auf die Auslotung aller<br />

technischen Finessen ohnehin verzichten.<br />

Ein weiterer Vorteil der Arbeit mit Computer ist,<br />

dass Geräusche oft auch als Dateien im Netz verfügbar<br />

sind. 7 Sie finden dort Geräusche von fahrenden<br />

Straßenbahnen ebenso wie von Straßenbahntüren<br />

und Fahrkartenautomaten. Damit lassen sich Hörspiele<br />

lebendiger und abwechslungsreicher gestalten.<br />

Lustiger ist aber oft die Erzeugung von Geräuschen<br />

im Eigenbau, sei es im Hintergrund während<br />

der Textaufnahmen, oder mit Mikrofon und Aufnahmegerät<br />

bewaffnet im Alltag.<br />

Stimmmodulationen:<br />

Durch die Art, wie Sie sprechen, können Sie das, was<br />

Sie sagen, ganz entscheidend modifizieren. Passen<br />

Sie Ihre Stimme daher dem Charakter und der Situation<br />

im Stück an: laut-leise, schnell-langsam, hochtief,<br />

aber auch: locker-gepresst, glatt-rau, gelassenerregt,<br />

fließend-stockend und weitere Polaritäten<br />

können dabei zum Tragen kommen.<br />

Wie drücken Sie aus, dass jemand verzweifelt,<br />

wütend, hysterisch, besorgt, erschöpft, ängstlich,<br />

hinterlistig oder liebeskrank ist? Wie zeigen<br />

Sie Eifersucht, Hoffnung, Langeweile oder Ungeduld?<br />

• Rufen Sie sich beim Sprechen als Vorbereitung<br />

eine Situation in Erinnerung, in der Sie das jeweils<br />

benötigte Gefühl selbst empfunden haben und<br />

sprechen Sie „aus dieser Situation heraus“.<br />

• Zeigen Sie die Emotionen, anstatt darüber zu<br />

reden!<br />

9 Schneiden<br />

Dauer: 2 UE je 5 Minuten Produkt<br />

Material:<br />

• Aufnahmen<br />

• Computer oder Kassettengerät<br />

Für das Schneiden sollten Sie viel Zeit einplanen.<br />

Es sind nicht nur künstlerische Überlegungen, die<br />

mehrmalige Versuche und damit Zeit brauchen<br />

werden, mit hoher Wahrscheinlichkeit sind auch<br />

unerwartete technische Herausforderungen zu<br />

bestehen.<br />

10 Präsentation<br />

Dauer: 1 UE<br />

Material:<br />

• ausreichende Audioanlage<br />

• evtl. strukturiertes Notizblatt für Prämierungen<br />

• evtl. Anerkennungspreise<br />

Machen Sie die Vorführungen der fertigen Hörspiele<br />

zu einer festlichen Angelegenheit. Der Rahmen<br />

muss nicht auf die Klasse beschränkt bleiben, Sie<br />

10


können auch andere Klassen, Freunde oder Familie<br />

einladen. Vielleicht geht sich auch eine Prämierung<br />

des Publikumslieblings, inklusive feierlicher<br />

Preisverleihung, aus?<br />

Für die Notengebung empfiehlt sich dringend,<br />

nicht die „künstlerische Qualität“ der Hörspiele heranzuziehen,<br />

sondern vorher definierte Kriterien<br />

an jene Arbeitsteile anzulegen, die einzelnen Lernenden<br />

zuordenbar sind. Das können die Texte von<br />

Aufgabe 7a sein, die sprachliche Gestaltung der einzelnen<br />

Rollen, oder auch Reflexionsberichte nach<br />

Abschluss der Arbeiten.<br />

3. Weitere Unterrichtsideen<br />

• Warum wird die Anknüpfung an die Rahmenhandlung<br />

in den drei Theorieteilen, die Szene<br />

im Café, jeweils unterschiedlich geschildert? Die<br />

Situationsbeschreibungen passen nicht deckungsgleich<br />

zusammen. Das lässt sich auch durch eine<br />

Skizzierung auf Papier erarbeiten, wenn nicht nur<br />

die Positionen, sondern auch die Eingangs- und<br />

Abgangsreihenfolgen notiert werden.<br />

• Collage aus Zeitschriftenfotos mit möglichen Darstellern<br />

für Willi, Kurt, Arthur, Günther und „die<br />

Frau“.<br />

• Die „Theorie der völligen Hilflosigkeit“ mit Desiree<br />

Nosbusch, ist nach Auskunft von März 2008<br />

beim ORF Vorarlberg nur in nicht-digitalisierter<br />

Form vorhanden und in der Entlehnung entsprechend<br />

teuer. Lässt sich trotzdem eine Kopie<br />

auftreiben, nachdem es 1994 gar zum „ORF-Hörspiel<br />

des Jahres“ gewählt wurde?<br />

• Was spricht Beate Landau in der „Theorie der völligen<br />

Hilflosigkeit“? Die nie gehörte Gesprächspartnerin<br />

am anderen Ende der Telefonleitung<br />

erhält in Kleingruppen einen Text. Womöglich<br />

mit unterschiedlichen Charaktervorgaben – weinerlich,<br />

zornig, kühl, (völlig) hilflos. Ein Vergleich<br />

der entstandenen Dialoge macht die Fruchtbarkeit<br />

der individuellen Phantasie erfahrbar.<br />

4. Ergänzung der Unterrichtsmaterialien<br />

Das Motiv der irrationalen, erfolglosen Liebe, die<br />

geprägt ist von sexueller oder auch emotionaler<br />

Abhängigkeit, steht am Anbeginn der bekannten<br />

kulturellen Überlieferung. Sei es die Schöpfungsgeschichte<br />

mit Adams fataler Hörigkeit oder Homers<br />

Ilias, die einen Genozid als Folge mehrfach verstrickten<br />

sexuellen Wahns schildert; das Nibelungenlied<br />

am Anfang der deutschen Literatur oder die<br />

Verführung des Enkidu im Gilgamesch-Epos – von<br />

Anfang an durchzieht das Spannungsfeld Liebe-Abhängigkeit<br />

die literarischen Stränge der Kulturen.<br />

Die untenstehende Liste versteht sich folglich<br />

nur als knapper Anriss möglicher Querverbindungen<br />

zu Köhlmeiers „Trilogie der sexuellen Abhängigkeit“.<br />

Eine Erweiterung ist nahezu unbegrenzt<br />

möglich, man bedenke allein die Allgegenwart der<br />

Thematik in der griechischen Mythologie. Nicht<br />

nur Menelaos, Paris und Helena sind in ein Dreieck<br />

sexuell-erotischer Abhängigkeiten verstrickt,<br />

auch Odysseus muss sich mit Kirke und Kalypso<br />

auseinandersetzen, während Penelope von zahllosen<br />

Freiern bedrängt wird. Agamemnon kehrt<br />

als einer der wenigen aus dem Trojanischen Krieg<br />

auch heim, nur um gefangen im Netz des Verlangens<br />

zwischen Klytämnestra und Kreon zu verbrühen.<br />

Ödipus wird nicht zuletzt Opfer seiner sexuellen<br />

Anziehung zu Iokaste. Jason und Medea gehen<br />

dem Untergang ihrer Verbindung gleich schicksalhaft<br />

entgegen wie Theseus und Ariadne; auch für<br />

Dido und Äneas steht im Zentrum ihrer Lebensfragen<br />

der Widerspruch zwischen sexueller Bindung<br />

und sozialer Pflicht. Selbst die Götter, allen voran<br />

Zeus, kämpfen mit ihren sexuellen Zwängen und<br />

verstricken sich immer tiefer in Schuld. Orpheus,<br />

der unwiderstehliche Sänger, unterliegt seiner erotischen<br />

Abhängigkeit von Eurydike; Herakles, der<br />

Unüberwindliche, findet sein Ende als Folge des<br />

eigenen Liebestriebes in Verknüpfung mit der Verzweiflung<br />

seiner sexuell-emotional abhängigen Frau<br />

Deïaneira. Wie schon erwähnt, die Liste lässt sich<br />

nahezu unbegrenzt erweitern.<br />

Aus der existenziellen Bedeutung des Grundthemas<br />

ergibt sich, dass die Auswahl der hier angege-<br />

11


enen Titel bzw. Themen, zumeist gattungsübergreifend<br />

zu Werken angeregt hat. Eine Behandlung<br />

der Salomé etwa ist gleichermaßen aus Musiktheater,<br />

Literatur und bildender Kunst geläufig.<br />

Film<br />

„Brokeback Mountain“ 2005, Regie: Ang Lee (nach<br />

Annie Proulx’ Kurzgeschichte)<br />

„Romeo and Juliet“ 1996, Regie: Baz Luhrmann (nach<br />

William Shakespeares Stück)<br />

„Der Blaue Engel“ 1930, Regie: Josef von Sternberg<br />

(nach Heinrich Manns Roman „Professor<br />

Unrat“)<br />

Hörspiel<br />

„Calling“, Michael Köhlmeier, ORF Vorarlberg<br />

1999<br />

„König Artus und die Ritter der Tafelrunde“, adaptiert<br />

von Karlheinz Koinegg, der hörverlag 2006<br />

„Anna Karenina“, nach dem Roman von Leo Tolstoi,<br />

der hörverlag 2001<br />

Musik<br />

„Don Giovanni“ 1786, Musik: Wolfgang Amadeus<br />

Mozart (Libretto von Lorenzo da Ponte)<br />

„Carmen“ 1875, Musik: Georges Bizet (nach der<br />

Erzählung von Prosper Mérimée)<br />

„The Phantom of the Opera“ 1986, Musik: Andrew<br />

Lloyd Webber (nach dem Roman von Gaston<br />

Leroux)<br />

Bildende Kunst<br />

Judith und Holofernes sind ein häufiges Motiv der<br />

Malerei. Bekannt sind die Darstellungen von Artemisia<br />

Gentileschi, Caravaggio und Gustav Klimt.<br />

Salomé ist eine ähnliche biblische Personifizierung<br />

von Verlangen, Lust und Wahnsinn. Darstellungen<br />

von Tizian über Beardsley bis Klimt<br />

und Kokoschka datieren aus der Renaissance bis<br />

in die Moderne.<br />

Le Baiser (Der Kuss) von Auguste Rodin schildert<br />

die außereheliche Verbindung der Francesca von<br />

Rimini mit ihrem Schwager Paolo Malatesta nach<br />

Dantes „Divina Comedia“ (Die Göttliche Komödie).<br />

5. Ergänzende und weiterführende<br />

Literatur<br />

The Last Act | Roald Dahl<br />

Sexuelle Abhängigkeit in erschreckender, psychotischer<br />

Form, schildert Roald Dahl in seiner Kurzgeschichte<br />

„The Last Act“ aus dem Band „Switch Bitch“<br />

von 1974, in deutscher Übersetzung als „Kuschelmuschel“<br />

erschienen. Die Erzählung ist höheren<br />

Schulstufen vorzubehalten. Eine Zusammenfassung<br />

der Kurzgeschichte von Kristine Howard findet sich<br />

unter http://www.roalddahlfans.com/shortstories/<br />

last.php (letzter Zugriff: 21.2.2008)<br />

Lenore | Gottfried August Bürger<br />

Gottfried August Bürgers Ballade „Lenore“ weist<br />

nicht nur als Leitbild der deutschen Kunstballade<br />

einen namentlichen Bezug zum ursprünglich als<br />

„Ballade von der sexuellen Abhängigkeit“ betitelten<br />

Werk Köhlmeiers auf, auch sie behandelt eine verhängnisvolle<br />

sexuell-erotische Verstrickung.<br />

6. Literatur<br />

Bausch, Karl-Richard/Christ, Herbert/Krumm,<br />

Hans-Jürgen (Hg.): Handbuch Fremdsprachenunterricht,<br />

5. Auflage, Stuttgart: UTB 2007<br />

Brecht, Bertolt: Werke. Große kommentierte Berliner<br />

und Frankfurter Ausgabe, Band 2: Stücke 2,<br />

bearbeitet von Jürgen Schebera, Berlin/Frankfurt:<br />

Aufbau/Suhrkamp 1988<br />

<strong>Chudoba</strong>, <strong>Gregor</strong>: Akzeptierendes Hören – Erarbeitung<br />

eines Hörspiels im Deutschunterricht, in: ide<br />

– informationen zur deutschdidaktik 1/08: Kultur<br />

des Hörens, Innsbruck: Studienverlag 2008<br />

Dahl, Roald: Kuschelmuschel, Reinbek: Rowohlt<br />

Tb. 2002<br />

Knecht, Doris: Bloß keinen Wirbel, in: Höfler, Günther<br />

A./Vellusig, Robert (Hg.): Michael Köhlmeier.<br />

Dossier 17, Graz: Droschl 2001, S. 183-187<br />

Pfeifer, Wolfgang (Hg.): Etymologisches Wörterbuch<br />

des Deutschen, 2. Auflage, München: dtv 1993<br />

12


Tselikas, Elektra: Dramapädagogik im Sprachunterricht,<br />

Zürich: Orell Füssli 1999<br />

Villon, François: Die Balladen und lasterhaften Lieder<br />

des Herrn François Villon in deutscher Nachdichtung<br />

von Paul Zech, Weimar: Erich Lichtenstein<br />

1930<br />

7. Links<br />

http://gutenberg.spiegel.de [letzter Zugriff am<br />

22.06.2010]<br />

http://improvencyclopedia.org [letzter Zugriff am<br />

22.06.2010]<br />

http://www.hoerspielbox.de/frameset.htm [letzter<br />

Zugriff am 22.06.2010]<br />

http://www.roalddahlfans.com/shortstories/last.<br />

php [letzter Zugriff am 22.06.2010]<br />

8. Anmerkungen<br />

1 Vgl.: Bausch, Karl-Richard/Christ, Herbert/Krumm, Hans-<br />

Jürgen (Hg.): Handbuch Fremdsprachenunterricht, 5. Auflage,<br />

Stuttgart: UTB 2007<br />

2 <strong>Chudoba</strong>, <strong>Gregor</strong>: Akzeptierendes Hören – Erarbeitung<br />

eines Hörspiels im Deutschunterricht, in: ide – informationen<br />

zur deutschdidaktik 1/08: Kultur des Hörens,<br />

Innsbruck: Studienverlag 2008<br />

3 Knecht, Doris: Bloß keinen Wirbel, in: Höfler, Günther<br />

A./Vellusig, Robert (Hg.): Michael Köhlmeier. Dossier 17,<br />

Graz: Droschl 2001, S. 183–187<br />

4 Pfeifer, Wolfgang (Hg.): Etymologisches Wörterbuch des<br />

Deutschen, 2. Auflage, München: dtv 1993, S. 1429<br />

5 Aufgaben 1a, d und e stammen aus der Improvencyclopedia,<br />

wo weitere 500+ Aktivitäten beschrieben sind;<br />

siehe: http://improvencyclopedia.org [letzter Zugriff am<br />

22.06.2010]<br />

6 Mehr dazu findet sich bei: Tselikas, Elektra: Dramapädagogik<br />

im Sprachunterricht, Zürich: Orell Füssli 1999,<br />

S. 60 ff.<br />

7 etwa unter: http://www.hoerspielbox.de/frameset.htm<br />

[letzter Zugriff am 22.06.2010]<br />

Alle Seitenangaben beziehen sich auf folgende HAYMONtb-Ausgabe:<br />

Michael Köhlmeier<br />

Trilogie der sexuellen Abhängigkeit<br />

HAYMONtaschenbuch 1<br />

88 Seiten<br />

€ 9.95/sfr 18.90<br />

ISBN 978-3-85218-801-0<br />

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