IV. Philotas - Literaturwissenschaft-online
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G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
<strong>IV</strong>. <strong>Philotas</strong><br />
Pergamon-Altar (Berlin)
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Moses Mendelssohn<br />
1729-1786<br />
Gotthold Ephraim Lessing<br />
1729-1781<br />
Friedrich Nicolai<br />
1733-1811
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
[Gotthold Ephraim Lessing / Moses Mendelssohn]<br />
Pope ein Metaphysiker!<br />
Danzig 1755<br />
[Gotthold Ephraim Lessing / Moses Mendelssohn / Friedrich Nicolai u .a]<br />
Briefe die Neueste Litteratur betreffend<br />
Berlin 1759-65. Bey Friedrich Nicolai
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
[Gotthold Ephraim Lessing / Moses Mendelssohn]<br />
Pope ein Metaphysiker!<br />
Danzig 1755
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Alexander Pope<br />
An Essay On Man<br />
1733/34<br />
Of systems possible [...]<br />
[...] Wisdom infinite must form the best. (I v. 43f.)<br />
Vast Chain of Being! (I v. 237)<br />
One truth is clear, ›Whatever is, is right.‹ (I v. 294)<br />
Know then thyself, presume not God to scan;<br />
The proper study of mankind is Man. (II v. 1f.)
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
[Gotthold Ephraim Lessing / Moses Mendelssohn / Friedrich Nicolai u .a]<br />
Briefe die Neueste Litteratur betreffend<br />
Berlin 1759-65. Bey Friedrich Nicolai
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
17. Literaturbrief (16. Februar 1759)<br />
»Niemand, sagen die Verfasser der Bibliothek, wird leugnen, daß<br />
die deutsche Schaubühne einen großen Teil ihrer ersten Verbesserung<br />
dem Herrn Professor Gottsched zu danken habe.«<br />
Ich bin dieser Niemand; ich leugne es gerade zu. Es wäre zu wünschen,<br />
daß sich Herr Gottsched niemals mit dem Theater vermengt<br />
hätte. Seine vermeinten Verbesserungen betreffen entweder<br />
entbehrliche Kleinigkeiten, oder sind wahre Verschlimmerungen.
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
63. Literaturbrief (18. Oktober 1759)<br />
Christoph Martin Wieland<br />
1733-1813<br />
Lady Johanna Gray<br />
oder<br />
Der Triumf der Religion<br />
1759
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Lady Jane Grey<br />
1537-1554<br />
Christoph Martin Wieland<br />
1733-1813<br />
Lady Johanna Gray<br />
oder<br />
Der Triumf der Religion<br />
1759
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Christoph Martin Wieland<br />
1733-1813<br />
Lady Johanna Gray<br />
oder<br />
Der Triumf der Religion<br />
1759
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
63. Literaturbrief (18. Oktober 1759)<br />
Die Tragödie, sagt er, ist dem edeln Endzweck gewidmet, das Große,<br />
Schöne und Heroische der Tugend auf die rührendste Art vorzustellen,<br />
sie in Handlungen nach dem Leben zu malen, und den Menschen<br />
Bewunderung und Liebe für sie abzunötigen.
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
63. Literaturbrief (18. Oktober 1759)<br />
Die Tragödie, sagt er, ist dem edeln Endzweck gewidmet, das Große,<br />
Schöne und Heroische der Tugend auf die rührendste Art vorzustellen,<br />
sie in Handlungen nach dem Leben zu malen, und den Menschen<br />
Bewunderung und Liebe für sie abzunötigen.<br />
Von dieser Voraussetzung können Sie leicht einen Schluß auf die<br />
Charaktere und auf die Handlung seines Stücks machen. Die meisten<br />
von jenen sind moralisch gut; was bekümmert sich ein Dichter,<br />
wie Herr Wieland, darum, ob sie poetisch böse sind?
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
<strong>Philotas</strong>.<br />
Ein Trauerspiel.<br />
Berlin 1759
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Heroisches Trauerspiel<br />
• Verse (Alexandriner)<br />
• historischer Stoff (Antike)<br />
• hoher Stil<br />
• idealisierte Helden<br />
• Fürst / Hof<br />
• tragischer Ausgang<br />
• Relevanz für Staat
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Johann Wilhelm Ludwig<br />
Gleim<br />
1719-1803<br />
Noch folget hierbei ein Exemplar von einem<br />
kleinen Trauerspiele, welches Ihnen der Verfasser,<br />
der sich nicht genennt hat, mit ergebenstem<br />
Empfehle zuschickt. Er möchte gern durch mich<br />
erfahren, was Sie davon hielten.<br />
(Lessing an Gleim, 18. März 1759)
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Johann Wilhelm Ludwig<br />
Gleim<br />
1719-1803<br />
<strong>Philotas</strong>. Ein Trauerspiel.<br />
Von dem Verfasser der preussischen Kriegslieder versificirt (1760)
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Johann Wilhelm Ludwig<br />
Gleim<br />
1719-1803<br />
<strong>Philotas</strong>. Ein Trauerspiel.<br />
Von dem Verfasser der preussischen Kriegslieder versificirt (1760)<br />
Johann Jacob<br />
Bodmer<br />
1698-1783<br />
Polytimet. Ein Trauerspiel. Durch Lessings <strong>Philotas</strong>,<br />
oder ungerathenen Helden veranlasset (1760)
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Des <strong>Philotas</strong> Leichtsinnigkeit, seine Niederträchtigkeit, sein<br />
schwindlichter Kopf, fallen ins Komische und Abenteuerliche,<br />
sein Selbstmord [...] ist nicht nur unexemplarisch, und lasterhaft,<br />
sondern ungereimt und ausschweifend. Aber das schlimmste ist<br />
immer, daß der Verfasser sein Bestes tut uns diese Person für<br />
groß und edelmütig zu geben. Er gibt von dem, was wahrhaftig<br />
groß ist, so verkehrte Begriffe, daß er großen Schaden anrichten<br />
könnte, wenn das Lächerliche, das unter seiner falschen Größe<br />
stark hervor gucket, nicht jeden Leser, der ein wenig denket,<br />
bewahrete, indem es die Zauberei der schwülstigen Gedanken<br />
zernichtet.<br />
Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste (1759)
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Des <strong>Philotas</strong> Leichtsinnigkeit, seine Niederträchtigkeit, sein<br />
schwindlichter Kopf, fallen ins Komische und Abenteuerliche,<br />
sein Selbstmord [...] ist nicht nur unexemplarisch, und lasterhaft,<br />
sondern ungereimt und ausschweifend. Aber das schlimmste ist<br />
immer, daß der Verfasser sein Bestes tut uns diese Person für<br />
groß und edelmütig zu geben. Er gibt von dem, was wahrhaftig<br />
groß ist, so verkehrte Begriffe, daß er großen Schaden anrichten<br />
könnte, wenn das Lächerliche, das unter seiner falschen Größe<br />
stark hervor gucket, nicht jeden Leser, der ein wenig denket,<br />
bewahrete, indem es die Zauberei der schwülstigen Gedanken<br />
zernichtet.<br />
Bibliothek der schönen Wissenschaften und der freyen Künste (1759)<br />
Von des V. dritten Trauerspiele <strong>Philotas</strong> wundern wir uns, daß es<br />
so wenig aufgeführt worden. Ein junger liebenswürdiger rascher<br />
Held ist wenigstens in unsern Landen nicht sogar ungewöhnlich;<br />
oder aus was für einer Ursache wird er nicht gespielt?<br />
Berlinische privilegirte Zeitung (1772)
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Uraufführung:<br />
Berlin, 24. Januar 1774
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Uraufführung:<br />
Berlin, 24. Januar 1774<br />
Aridäus, König<br />
Strato, Feldherr des Aridäus<br />
<strong>Philotas</strong>, gefangen<br />
Parmenio, Soldat
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Uraufführung:<br />
Berlin, 24. Januar 1774<br />
Aridäus, König<br />
Strato, Feldherr des Aridäus<br />
<strong>Philotas</strong>, gefangen<br />
Parmenio, Soldat<br />
[Polytimet, Sohn des Aridäus]
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Uraufführung:<br />
Berlin, 24. Januar 1774<br />
Aridäus, König<br />
Strato, Feldherr des Aridäus<br />
<strong>Philotas</strong>, gefangen<br />
Parmenio, Soldat<br />
[Polytimet, Sohn des Aridäus]<br />
Die Scene, ein Zelt in dem Lager<br />
des Aridäus.
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Aridäus (Arrhidaios)<br />
Strato (griech. Name)<br />
<strong>Philotas</strong> (gest. 330 v. Chr.)<br />
Parmenion (Vater des <strong>Philotas</strong>)
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Aridäus (Arrhidaios)<br />
Strato (griech. Name)<br />
<strong>Philotas</strong> (gest. 330 v. Chr.)<br />
Parmenion (Vater des <strong>Philotas</strong>)
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Aridäus (Arrhidaios)<br />
Strato (griech. Name)<br />
<strong>Philotas</strong> (gest. 330 v. Chr.)<br />
Parmenion (Vater des <strong>Philotas</strong>)
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Aridäus (Arrhidaios)<br />
Strato (griech. Name)<br />
<strong>Philotas</strong> (gest. 330 v. Chr.)<br />
Parmenion (Vater des <strong>Philotas</strong>)
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
Und nur eine Wunde, nur eine! - Wüßte ich, daß ich sie tötlich<br />
machte, wenn ich sie wieder aufriß, und wieder verbinden ließ, und<br />
wieder aufriß - Ich rase, ich Unglücklicher!
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
Und nur eine Wunde, nur eine! - Wüßte ich, daß ich sie tötlich<br />
machte, wenn ich sie wieder aufriß, und wieder verbinden ließ, und<br />
wieder aufriß - Ich rase, ich Unglücklicher!<br />
STRATO. Prinz, deine Bildung, voll jugendlicher Anmut, verspricht ein<br />
sanftres Gemüt.<br />
PHILOTAS. Laß meine Bildung unverspottet! Dein Gesicht voll Narben<br />
ist freilich ein schöners Gesicht - -<br />
STRATO. Bei den Göttern! eine große Antwort! Ich muß dich<br />
bewundern und lieben.<br />
PHILOTAS. Möchtest du doch, wenn du mich nur erst gefürchtet hättest.
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
Und nur eine Wunde, nur eine! - Wüßte ich, daß ich sie tötlich<br />
machte, wenn ich sie wieder aufriß, und wieder verbinden ließ, und<br />
wieder aufriß - Ich rase, ich Unglücklicher!<br />
STRATO. Prinz, deine Bildung, voll jugendlicher Anmut, verspricht ein<br />
sanftres Gemüt.<br />
PHILOTAS. Laß meine Bildung unverspottet! Dein Gesicht voll Narben<br />
ist freilich ein schöners Gesicht - -<br />
STRATO. Bei den Göttern! eine große Antwort! Ich muß dich<br />
bewundern und lieben.<br />
PHILOTAS. Möchtest du doch, wenn du mich nur erst gefürchtet hättest.<br />
STRATO. Immer heldenmütiger! Wir haben den schrecklichsten Feind<br />
vor uns, wenn unter seiner Jugend der <strong>Philotas</strong> viel sind.
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
PHILOTAS. Es ist kein kindisches Weinen, das du mit deiner<br />
männlichen Träne zu begleiten würdigest – Was ich für mein größtes<br />
Glück hielt, die zärtliche Liebe, mit der mich mein Vater liebt, wird mein<br />
größtes Unglück. Ich fürchte, ich fürchte; er liebt mich mehr, als er sein<br />
Reich liebt! Wozu wird er sich nicht verstehen, was wird ihm dein König<br />
nicht abdringen, mich aus der Gefangenschaft zu retten! Durch mich<br />
Elenden, wird er an einem Tage mehr verlieren, als er in drei langen<br />
mühsamen Jahren, durch das Blut seiner Edeln, durch sein eigen Blut<br />
gewonnen hat. Mit was für einem Angesichte soll ich wieder vor ihm<br />
erscheinen; ich, sein schlimmster Feind?
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
PHILOTAS. Es ist kein kindisches Weinen, das du mit deiner<br />
männlichen Träne zu begleiten würdigest – Was ich für mein größtes<br />
Glück hielt, die zärtliche Liebe, mit der mich mein Vater liebt, wird mein<br />
größtes Unglück. Ich fürchte, ich fürchte; er liebt mich mehr, als er sein<br />
Reich liebt! Wozu wird er sich nicht verstehen, was wird ihm dein König<br />
nicht abdringen, mich aus der Gefangenschaft zu retten! Durch mich<br />
Elenden, wird er an einem Tage mehr verlieren, als er in drei langen<br />
mühsamen Jahren, durch das Blut seiner Edeln, durch sein eigen Blut<br />
gewonnen hat. Mit was für einem Angesichte soll ich wieder vor ihm<br />
erscheinen; ich, sein schlimmster Feind?<br />
STRATO. Fasse dich, lieber Prinz! Es ist der Fehler des Jünglings, sich<br />
immer für glücklicher, oder unglücklicher zu halten, als er ist. Dein<br />
Schicksal ist so grausam noch nicht; der König nähert sich, und du wirst<br />
aus seinem Munde mehr Trost hören.
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
PHILOTAS zu ARIDÄUS. Verzögere daher, König, verzögere<br />
meine Verzweiflung nur nicht. Du hast als der höfliche Staatsmann<br />
gesprochen; sprich nun als der Monarch, der den Nebenbuhler<br />
seiner Größe, ganz in seiner Gewalt hat.
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
PHILOTAS zu ARIDÄUS. Verzögere daher, König, verzögere<br />
meine Verzweiflung nur nicht. Du hast als der höfliche Staatsmann<br />
gesprochen; sprich nun als der Monarch, der den Nebenbuhler<br />
seiner Größe, ganz in seiner Gewalt hat.<br />
PHILOTAS zu ARIDÄUS. Ja, laß mich es nur gleich hören, wie<br />
verabscheuungswürdig du einen unglücklichen Sohn seinem Vater<br />
machen willst. Mit welchem schimpflichen Frieden, mit wie viel<br />
Ländern soll er ihn erkaufen? Wie klein und verächtlich soll er<br />
werden, um nicht verwaist zu bleiben? - O mein Vater!<br />
PHILOTAS. Folglich, wenn ich, ich elender Gefangener, meinem Vater<br />
den Sieg noch in die Hände spielen will, worauf kömmt es an? Aufs<br />
Sterben. Auf weiter nichts?
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
PARMENIO. [...] Wozu hat man die Knochen anders, als daß sich die<br />
feindlichen Eisen darauf schartig hauen sollen?<br />
PHILOTAS. Das ist wacker! – Aber nun – was willst du meinem Vater<br />
sagen?<br />
PARMENIO. Was ich sehe; daß du dich wohl befindest. Denn deine<br />
Wunde, wenn man mir anders die Wahrheit gesagt hat, –<br />
PHILOTAS. Ist so gut als keine.<br />
PARMENIO. Ein kleines liebes Andenken. Dergleichen uns ein<br />
inbrünstiges Mädchen in die Lippe beißt. Nicht wahr, Prinz?<br />
PHILOTAS. Was weiß ich davon?<br />
PARMENIO. Na, nu; kömmt Zeit, kömmt Erfahrung.
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
PARMENIO. [...] Ferner will ich deinem Vater sagen, was ich glaube,<br />
daß du wünschest – –<br />
PHILOTAS. Und was ist das?<br />
PARMENIO. Je eher, je lieber wieder bei ihm zu sein. Deine kindliche<br />
Sehnsucht, deine bange Ungeduld –<br />
PHILOTAS. Mein Heimweh lieber gar. Schalk! warte, ich will dich<br />
anders denken lehren!<br />
PARMENIO. Bei dem Himmel, das mußt du nicht! Mein lieber frühzeitiger<br />
Held, laß dir das sagen: Du bist noch Kind! Gib nicht zu,<br />
daß der rauhe Soldat das zärtliche Kind so bald in dir ersticke.<br />
Man möchte sonst von deinem Herzen nicht zum besten denken;<br />
man möchte deine Tapferkeit für angeborne Wildheit halten.
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
PHILOTAS. Ja, es bleibt dabei! es bleibt fest dabei! - Ich fühl es, ich<br />
werde ruhig, - ich bin ruhig! - Der du itzt da stehest, <strong>Philotas</strong> - indem<br />
er sich selbst betrachtet - Ha! es muß ein trefflicher, ein großer Anblick<br />
sein: ein Jüngling gestreckt auf den Boden, das Schwert in der Brust!
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
PHILOTAS. Ja, es bleibt dabei! es bleibt fest dabei! - Ich fühl es, ich<br />
werde ruhig, - ich bin ruhig! - Der du itzt da stehest, <strong>Philotas</strong> - indem<br />
er sich selbst betrachtet - Ha! es muß ein trefflicher, ein großer Anblick<br />
sein: ein Jüngling gestreckt auf den Boden, das Schwert in der Brust!<br />
PHILOTAS. Ich weiß weiter nichts, als daß du und mein Vater in Krieg<br />
verwickelt sind; und das Recht - das Recht, glaub’ ich, ist auf Seiten<br />
meines Vaters. Das glaub’ ich, König, und will es nun einmal glauben<br />
- wenn du mir auch das Gegenteil unwidersprechlich zeigen könntest.<br />
Ich bin Sohn und Soldat, und habe weiter keine Einsicht, als die<br />
Einsicht meines Vaters und meines Feldherrn.
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
PHILOTAS. Ja, es bleibt dabei! es bleibt fest dabei! - Ich fühl es, ich<br />
werde ruhig, - ich bin ruhig! - Der du itzt da stehest, <strong>Philotas</strong> - indem<br />
er sich selbst betrachtet - Ha! es muß ein trefflicher, ein großer Anblick<br />
sein: ein Jüngling gestreckt auf den Boden, das Schwert in der Brust!<br />
PHILOTAS. Ich weiß weiter nichts, als daß du und mein Vater in Krieg<br />
verwickelt sind; und das Recht - das Recht, glaub’ ich, ist auf Seiten<br />
meines Vaters. Das glaub’ ich, König, und will es nun einmal glauben<br />
- wenn du mir auch das Gegenteil unwidersprechlich zeigen könntest.<br />
Ich bin Sohn und Soldat, und habe weiter keine Einsicht, als die<br />
Einsicht meines Vaters und meines Feldherrn.<br />
ARIDÄUS. Prinz! Prinz! erinnere dich, daß dein Vater das Schwert<br />
zuerst gezogen. Ich mag in deine Verwünschung nicht einstimmen. Er<br />
hatte sich übereilt, er war zu argwöhnisch -
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
ARIDÄUS. Welch eine schreckliche Zukunft enthüllt sich mir! Du wirst<br />
dein Volk mit Lorbeern und mit Elend überhäufen. Du wirst mehr Siege,<br />
als glückliche Untertanen zählen. - Wohl mir, daß meine Tage in die<br />
deinigen nicht reichen werden! Aber wehe meinem Sohne, meinem<br />
redlichen Sohne! Du wirst es ihm schwerlich vergönnen, den Harnisch<br />
abzulegen -
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
ARIDÄUS. Welch eine schreckliche Zukunft enthüllt sich mir! Du wirst<br />
dein Volk mit Lorbeern und mit Elend überhäufen. Du wirst mehr Siege,<br />
als glückliche Untertanen zählen. - Wohl mir, daß meine Tage in die<br />
deinigen nicht reichen werden! Aber wehe meinem Sohne, meinem<br />
redlichen Sohne! Du wirst es ihm schwerlich vergönnen, den Harnisch<br />
abzulegen -<br />
ARIDÄUS. Ja, Prinz; was ist ein König, wenn er kein Vater ist! Was ist<br />
ein Held ohne Menschenliebe! Nun erkenne ich auch diese in dir, und<br />
bin wieder ganz dein Freund!
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
ARIDÄUS. Welch eine schreckliche Zukunft enthüllt sich mir! Du wirst<br />
dein Volk mit Lorbeern und mit Elend überhäufen. Du wirst mehr Siege,<br />
als glückliche Untertanen zählen. - Wohl mir, daß meine Tage in die<br />
deinigen nicht reichen werden! Aber wehe meinem Sohne, meinem<br />
redlichen Sohne! Du wirst es ihm schwerlich vergönnen, den Harnisch<br />
abzulegen -<br />
ARIDÄUS. Ja, Prinz; was ist ein König, wenn er kein Vater ist! Was ist<br />
ein Held ohne Menschenliebe! Nun erkenne ich auch diese in dir, und<br />
bin wieder ganz dein Freund!<br />
PHILOTAS. Liebes Schwert! Welch eine schöne Sache ist ein Schwert,<br />
zum Spiel und zum Gebrauch! Ich habe nie mit etwas andern gespielt!
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
ARIDÄUS. Welch eine schreckliche Zukunft enthüllt sich mir! Du wirst<br />
dein Volk mit Lorbeern und mit Elend überhäufen. Du wirst mehr Siege,<br />
als glückliche Untertanen zählen. - Wohl mir, daß meine Tage in die<br />
deinigen nicht reichen werden! Aber wehe meinem Sohne, meinem<br />
redlichen Sohne! Du wirst es ihm schwerlich vergönnen, den Harnisch<br />
abzulegen -<br />
ARIDÄUS. Ja, Prinz; was ist ein König, wenn er kein Vater ist! Was ist<br />
ein Held ohne Menschenliebe! Nun erkenne ich auch diese in dir, und<br />
bin wieder ganz dein Freund!<br />
PHILOTAS. Liebes Schwert! Welch eine schöne Sache ist ein Schwert,<br />
zum Spiel und zum Gebrauch! Ich habe nie mit etwas andern gespielt!<br />
ARIDÄUS. O der wunderbaren Vermischung von Kind und Held!
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
Nein, mein Vater, nein! Heute sparet dir ein Wunder das schimpfliche<br />
Lösegeld für deinen Sohn; künftig spar’ es dir sein Tod! Sein gewisser<br />
Tod, wenn er sich wieder umringt siehet! - Wieder umringt? -<br />
Entsetzen! - Ich bin es! Ich bin umringt! Was nun? Gefährte! Freunde!<br />
Brüder! Wo seid ihr? Alle tot? Überall Feinde? - Überall! - Hier durch,<br />
<strong>Philotas</strong>! Ha! nimm das, Verwegener! - Und du das! - Und du das! um<br />
sich hauend
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
Nein, mein Vater, nein! Heute sparet dir ein Wunder das schimpfliche<br />
Lösegeld für deinen Sohn; künftig spar’ es dir sein Tod! Sein gewisser<br />
Tod, wenn er sich wieder umringt siehet! - Wieder umringt? -<br />
Entsetzen! - Ich bin es! Ich bin umringt! Was nun? Gefährte! Freunde!<br />
Brüder! Wo seid ihr? Alle tot? Überall Feinde? - Überall! - Hier durch,<br />
<strong>Philotas</strong>! Ha! nimm das, Verwegener! - Und du das! - Und du das! um<br />
sich hauend<br />
Aber ihr wollt nicht? Ihr wollt mich nicht töten, Grausame? Ihr wollt<br />
mich mit Gewalt lebendig? - Ich lache nur! Mich lebendig gefangen?<br />
Mich? - Eher will ich dieses mein Schwert, will ich - in diese meine<br />
Brust - eher - er durchsticht sich
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
ARIDÄUS. Aus? Das leugst du, Strato! - Der Krieg ist nicht aus, Prinz!<br />
- Stirb nur! stirb! Aber nimm das mit, nimm den quälenden Gedanken<br />
mit: Als ein wahrer unerfahrner Knabe hast du geglaubt, daß die Väter<br />
alle von einer Art, alle von der weichlichen, weibischen Art deines<br />
Vaters sind. - Sie sind es nicht alle! Ich bin es nicht! Was liegt mir an<br />
meinem Sohne? Und denkst du, daß er nicht eben sowohl zum Besten<br />
seines Vaters sterben kann, als du zum Besten des deinigen? - Er sterbe!<br />
Auch sein Tod erspare mir das schimpfliche Lösegeld! - Strato, ich bin<br />
nun verwaiset, ich armer Mann! - Du hast einen Sohn; er sei der<br />
meinige! - Denn einen Sohn muß man doch haben. - Glücklicher Strato!
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
ARIDÄUS. Aus? Das leugst du, Strato! - Der Krieg ist nicht aus, Prinz!<br />
- Stirb nur! stirb! Aber nimm das mit, nimm den quälenden Gedanken<br />
mit: Als ein wahrer unerfahrner Knabe hast du geglaubt, daß die Väter<br />
alle von einer Art, alle von der weichlichen, weibischen Art deines<br />
Vaters sind. - Sie sind es nicht alle! Ich bin es nicht! Was liegt mir an<br />
meinem Sohne? Und denkst du, daß er nicht eben sowohl zum Besten<br />
seines Vaters sterben kann, als du zum Besten des deinigen? - Er sterbe!<br />
Auch sein Tod erspare mir das schimpfliche Lösegeld! - Strato, ich bin<br />
nun verwaiset, ich armer Mann! - Du hast einen Sohn; er sei der<br />
meinige! - Denn einen Sohn muß man doch haben. - Glücklicher Strato!<br />
STRATO. Er stirbt! – Bin ich ein Verräter, König, wenn ich deinen<br />
Feind beweine? Ich kann mich nicht halten. Ein wunderbarer Jüngling!
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
So bin ich wirklich gefangen? - Gefangen! - Ein<br />
würdiger Anfang meiner kriegerischen Lehrjahre!<br />
ARIDÄUS. Beweine ihn nur! – Auch ich! – Komm! Ich muß meinen<br />
Sohn wieder haben! Aber rede mir nicht ein, wenn ich ihn zu teuer<br />
erkaufe! – Umsonst haben wir Ströme Bluts vergossen; umsonst Länder<br />
erobert. Da zieht er mit unserer Beute davon, der größere Sieger! –<br />
Komm! Schaffe mir meinen Sohn! Und wenn ich ihn habe, will ich nicht<br />
mehr König sein. Glaubt ihr Menschen, daß man es nicht satt wird? –<br />
Gehen ab.<br />
Ende des <strong>Philotas</strong>.
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Siebenjähriger Krieg<br />
1756-1763
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Johann Wilhelm Ludwig Gleim<br />
1719-1803<br />
Thomas Abbt<br />
1738-1766
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
<strong>Philotas</strong>.<br />
Ein Trauerspiel.<br />
Berlin 1759
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Briefwechsel über das Trauerspiel (1756/57<br />
Moses Mendelssohn Gotthold Ephraim Lessing Friedrich Nicolai
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Briefwechsel über das Trauerspiel (1756/57<br />
Kurz, ich finde keine einzige<br />
Leidenschaft, die das Trauerspiel<br />
in dem Zuschauer rege<br />
macht, als das Mitleiden.<br />
Lessing an Nicolai, Nov. 1756
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Briefwechsel über das Trauerspiel (1756/57<br />
Sie bewundern einen Cato, einen Essex - mit einem Wort, nichts als<br />
Beispiele einer unerschütterten Festigkeit, einer unerbittlichen<br />
Standhaftigkeit, eines nicht zu erschreckenden Muts, einer heroischen<br />
Verachtung der Gefahr und des Todes; und alle diese Beispiele<br />
bewundern Sie um so viel mehr, je besser Sie sind, je fühlbarer Ihr Herz,<br />
je zärtlicher Ihre Empfindung ist. Sie haben einen zu richtigen Begriff<br />
von der menschlichen Natur, als daß Sie nicht alle unempfindliche<br />
Helden für schöne Ungeheuer, für mehr als Menschen, aber gar nicht für<br />
gute Menschen halten sollten. (Lessing an Mendelssohn, 28. 11. 1756)
G. E. Lessing: <strong>Philotas</strong> (6. 5. 2008)<br />
Briefwechsel über das Trauerspiel (1756/57<br />
Sie bewundern sie also mit<br />
Recht; aber eben<br />
deswegen, weil Sie sie<br />
bewundern, werden Sie<br />
ihnen nicht nacheifern.<br />
Sie bewundern einen Cato, einen Essex - mit einem Wort, nichts als<br />
Beispiele einer unerschütterten Festigkeit, einer unerbittlichen<br />
Standhaftigkeit, eines nicht zu erschreckenden Muts, einer heroischen<br />
Verachtung der Gefahr und des Todes; und alle diese Beispiele<br />
bewundern Sie um so viel mehr, je besser Sie sind, je fühlbarer Ihr Herz,<br />
je zärtlicher Ihre Empfindung ist. Sie haben einen zu richtigen Begriff<br />
von der menschlichen Natur, als daß Sie nicht alle unempfindliche<br />
Helden für schöne Ungeheuer, für mehr als Menschen, aber gar nicht für<br />
gute Menschen halten sollten. (Lessing an Mendelssohn, 28. 11. 1756)