Lösungsskizze - Prof. Dr. Tatjana Hörnle - Humboldt-Universität zu ...
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Arbeitsgemeinschaft <strong>zu</strong>r Vorlesung Strafrecht Allgemeiner Teil<br />
<strong>Humboldt</strong>-<strong>Universität</strong> <strong>zu</strong> Berlin – Wintersemester 2012/2013<br />
Erwachsenen grundsätzlich an<strong>zu</strong>nehmen ist. B ist 20 Jahre alt, sodass von seiner<br />
Einwilligungsfähigkeit aus<strong>zu</strong>gehen ist.<br />
Es könnte aber die Einwilligungssperre des § 228 StGB wegen Sittenwidrigkeit eingreifen.<br />
Sittenwidrigkeit liegt nach dem BGH vor, wenn ein „Verstoß gegen das Anstandsgefühl aller<br />
billig und gerecht Denkender“ vorliegt (BGHSt 49, 34, 41). Umstritten ist allerdings, ob es<br />
genügt, dass der Täter sittenwidrige Motive verfolgt oder ob gerade die Körperverlet<strong>zu</strong>ngs-Tat<br />
selbst sittenwidrig sein muss. Lässt man sittenwidrige Motive genügen, ist hier auf die<br />
Beweggründe des A ab<strong>zu</strong>stellen. A will eine Doping-Maßnahme vornehmen. Doping-<br />
Maßnahmen könnte man deshalb als sittenwidrig ansehen, weil sie gegen allgemeine<br />
Sportregeln und den Sportethos verstoßen und insofern allgemein in unserer Gesellschaft<br />
abgelehnt werden. Dies ist allerdings – jedenfalls – mit Blick auf den Berufsboxsport <strong>zu</strong><br />
verneinen, weil er eine geringere gesellschaftliche Anerkennung genießt als andere Sportarten<br />
und aufgrund häufiger Manipulationen nicht erwartet wird, dass hohe sportethische Maßstäbe<br />
eingehalten werden. Ein Doping im Berufsboxsport verstößt danach nicht gegen das<br />
allgemeine Anstandsgefühl. Stellt man mit der überwiegenden Ansicht dagegen nicht auf die<br />
verfolgten Motive, sondern auf die Körperverlet<strong>zu</strong>ngs-Tat ab, so ist <strong>zu</strong> fragen, ob gerade die<br />
Tat verwerflich ist. Dies ist nach Art, Umfang und - nach herrschender Meinung auch - dem<br />
Zweck der Körperverlet<strong>zu</strong>ng <strong>zu</strong> bestimmen. Doping-Maßnahmen können danach sittenwidrig<br />
sein, wenn sie ernste Schäden bei dem Sportler hervorrufen, tiefgreifende Eingriffe, etwa in<br />
seinen Hormonhaushalt, mit sich bringen oder dauerhafte Folgen, etwa für innere Organe,<br />
haben. Vorliegend gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass ernsthafte oder dauerhafte Schäden<br />
für die Gesundheit des B eintreten konnten. Pulserhöhung und Rausch dauerten nur kurz an.<br />
Hinsichtlich des mit der Tat verfolgten Zwecks, nämlich dem Doping, gilt das <strong>zu</strong> den Motiven<br />
des B Dargelegte. Im Ergebnis ist auch nach dieser Ansicht Sittenwidrigkeit <strong>zu</strong> verneinen. Die<br />
Einwilligungssperre des § 228 StGB greift danach nicht ein. A ist aufgrund der wirksamen<br />
Einwilligung durch B gerechtfertigt.<br />
Hinweis: Man könnte noch diskutieren, ob der Einwilligung die gesetzliche Wertung des<br />
§ 6a I i.V.m. § 95 I Nr. 2a Arzneimittelgesetz entgegensteht. Danach ist es strafbewehrt<br />
verboten, bestimmte Arzneimittel <strong>zu</strong> Dopingzwecken im Sport bei anderen an<strong>zu</strong>wenden. Diese<br />
Vorschrift bezieht sich aber nur auf bestimmte, in einer Liste erfasste Wirkstoffe (§ 6a II 1<br />
Arzneimittelgesetz i.V.m. dem Anhang des Übereinkommens gegen Doping). Da<br />
<strong>Prof</strong>. <strong>Dr</strong>. <strong>Tatjana</strong> <strong>Hörnle</strong><br />
Lehrstuhl für Strafrecht, Strafprozessrecht, Rechtsphilosophie und Rechtsvergleichung<br />
http://hoernle.rewi.hu-berlin.de<br />
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