Beispiel einer Seminararbeit - auf der Homepage von Oliver Götze
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podesta seinen Amtssitz, hier urteilten die Richter über Straftaten und Streitfälle und versammelten<br />
sich die Savi, um die kommunalen Probleme zu diskutieren. Mit <strong>der</strong> Aufstellung <strong>der</strong> Säule zeigte<br />
<strong>der</strong> Consiglio seine Loyalität zum neuen Markgrafen und akzeptierte dessen juristische und<br />
administrative Autorität, während sich Borso mit dieser Säule in die Tradition s<strong>einer</strong> Ahnen stellen<br />
konnte. Denn gegenüber dem Palazzo della Ragione wurde nur ein Jahr zuvor am großen<br />
Torbogen des Palazzo Ducale eine Reiterstatue Niccolos III. <strong>auf</strong>gestellt und am Dom befand sich<br />
ein Monument für Alberto V. (1394). Von <strong>der</strong> Piazza del Duomo konnten die Bürger Ferraras<br />
diese drei Monumente betrachten, ohne einen Schritt gehen zu müssen, und sahen deshalb den<br />
illegitimen Bastard Borso in <strong>einer</strong> Reihe <strong>von</strong> an<strong>der</strong>en großen Markgrafen <strong>der</strong> Familie Este.<br />
Ein weitere Darstellung <strong>der</strong> Tugenden Borsos findet sich im Palazzo Schifanoia, einem schlichten,<br />
um 1385 eingeschossig errichteten Bau, den <strong>der</strong> Herzog seit 1466 durch Pietro Benvenuti<br />
<strong>auf</strong>stocken und <strong>von</strong> verschiedenen Künstlern ausschmücken ließ. Obwohl das ursprüngliche<br />
Gesamtkonzept des Palastes heute nicht mehr erkennbar ist und ein Großteil <strong>der</strong> Dekoration<br />
zerstört wurde, erhält <strong>der</strong> Besucher in einigen Räumen des Obergeschosses einen guten Einblick in<br />
die Kunst des Quattrocento, so in <strong>der</strong> die Sala degli Stemmi (Saal <strong>der</strong> Wappen), in <strong>der</strong> eine Serie<br />
<strong>von</strong> Medaillons mit dem Abbild Borsos besichtigt werden kann, und in <strong>der</strong> Sala degli Stucchi (Saal<br />
des Stucks). In diesem Raum blieb ein unmittelbar unter <strong>der</strong> Saaldecke angebrachter, etwa<br />
zweieinhalb Meter hoher Stuckfries <strong>von</strong> Domenico di Paris und Bongiovanni di Geminiano<br />
erhalten, <strong>der</strong> überwiegend aus großen Medaillons und Wappenschilden besteht. Im Abstand <strong>von</strong><br />
etwa drei Metern werden diese schmückenden Passagen <strong>von</strong> kleinen Nischen durchbrochen, in<br />
denen jeweils eine Frauenfigur eine Tugend symbolisiert. Insgesamt gibt es sechs Figuren, drei<br />
repräsentieren die christlichen Tugenden Glaube (Fides), Hoffnung (spes) und Nächstenliebe<br />
(charitas), während die an<strong>der</strong>en drei Frauen Stärke (fortitudo), Mäßigkeit (temperantia) und<br />
Weisheit (prudentia) darstellen. 33 In seinem Aufbau gleicht dieser Zyklus an<strong>der</strong>en<br />
Tugenddarstellungen des 15. Jahrhun<strong>der</strong>ts, so <strong>der</strong> "Allegorie <strong>der</strong> guten Regierung" Ambrogio<br />
Lorenzettis im Sieneser Palazzo Pubblico o<strong>der</strong> Piero della Francesca's Gemälde zum Triumphzug<br />
des Fe<strong>der</strong>ico da Montefeltro, doch fehlt in <strong>der</strong> Ferrareser Reihe die Tugend <strong>der</strong> giustitia. Bisher<br />
konnte noch nicht geklärt werden, ob diese Tugenddarstellung existierte und vielleicht zerstört<br />
o<strong>der</strong> entfernt wurde, 34 o<strong>der</strong> ob die Künstler <strong>der</strong> Sala degli Stucchi benachbarte Räume einbezogen.<br />
Beim Betreten <strong>der</strong> unmittelbar angrenzenden Sala dei Mesi (Saal <strong>der</strong> Monate) bemerkt <strong>der</strong><br />
Besucher beispielsweise <strong>auf</strong> dem Fresko des Monats März eine Szene, <strong>auf</strong> welcher Herzog Borso<br />
unter <strong>der</strong> Inschrift "justicia" als Richter dargestellt wird, während er <strong>auf</strong> an<strong>der</strong>en Fresken einen<br />
Narren beschenkt, sich freigiebig zeigt (April) o<strong>der</strong> als Majestät einen Korb mit Kirschen<br />
entgegennimmt (Mai). In den verschiedenen Fresken <strong>der</strong> Monate erscheinen demzufolge<br />
33 Vgl. Rosenberg (1979), S. 380.<br />
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