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Beispiel einer Seminararbeit - auf der Homepage von Oliver Götze

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dem virtus eines Herrschers und Gemälden <strong>der</strong> zeitgenössischen Künstler zieht, 13 und Michele<br />

Sa<strong>von</strong>arola's Schrift "Speculum phisionomie" über die Charaktere <strong>der</strong> Menschen. 14 Zudem ließ sich<br />

Leonello in <strong>der</strong> Villa Belfiore ein Studierzimmer einrichten, das als erstes s<strong>einer</strong> Art in Italien <strong>von</strong><br />

vielen Fürsten bewun<strong>der</strong>t wurde und manche zur Nachahmung anregte. Dieses Studiolo sollten die<br />

Maler Angelo da Siena und Cosimo Tura mit einem phantastischen Musenzyklus ausschmücken,<br />

doch unterbrach <strong>der</strong> frühe Tod des "principe filosofo" die Arbeiten an dem weithin bekannten<br />

Meisterwerk. Dessen Fertigstellung sollte Aufgabe des neuen Markgrafen werden, <strong>der</strong> sich nach<br />

Auffassung <strong>der</strong> Höflinge <strong>der</strong> För<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> Humanisten und Künstler und <strong>der</strong> geschickten<br />

Vergabe <strong>von</strong> Benefizien widmen sollte.<br />

Borso d'Este vermochte den Ansprüchen <strong>der</strong> Vasallen und Stadträte bestens gerecht zu werden,<br />

doch da er in <strong>der</strong> Erbfolge nicht vorgesehen war, mussten seine Befürworter die Investitur<br />

rechtlich begründen und mittels theoretischer Traktate legitimieren. Sie griffen zu diesem Zweck<br />

<strong>auf</strong> verschiedene mittelalterliche Traditionen zurück und argumentierten, nicht die Geburt o<strong>der</strong><br />

adliges Blut seien ausschlaggebend für das Recht zu Herrschen, son<strong>der</strong>n edle Tugenden und eine<br />

friedfertige Gesinnung. 15 Den Vorzug des Charakters vor <strong>der</strong> Abstammung hatten bereits Dante in<br />

s<strong>einer</strong> Abhandlung "De monarchia" und Brunetto Latini in dem Werk "Li Livres dou Tresor"<br />

(1266) nie<strong>der</strong>gelegt; auch <strong>der</strong> große Jurist Bartolo di Sassoferrato erkannte neben <strong>der</strong> erblichen<br />

Nobilität Virtus und Charakter als Basis <strong>einer</strong> Herrschaft an. 16 Michele Sa<strong>von</strong>arola, <strong>der</strong> in seinem<br />

Dialog "De felice..." die Stadträte über den gerechten Herrscher streiten lässt, führte insbeson<strong>der</strong>e<br />

die Tugenden <strong>der</strong> giustitia (Gerechtigkeit), temperanza (Mäßigung), fortezza (Stärke), liberalitá<br />

(Freigebigkeit), magnificentia (Pracht), magnanimitá (Großmut) und <strong>der</strong> prudentia (Weisheit) als<br />

Vorzüge eines Herrschers an und versuchte zu zeigen, <strong>auf</strong> welche Weise Borso diese Tugenden<br />

erfüllte. 17 Entnommen hatte Sa<strong>von</strong>arola diesen Tugendkatalog mittelalterlichen Fürstenspiegeln,<br />

die seit dem 13. Jahrhun<strong>der</strong>t <strong>von</strong> verschiedenen Autoren studiert und in zeitgenössische politische<br />

Werke <strong>auf</strong>genommen wurden, so in Aquinos "De regno" (um 1260) und Aegidius Romanus'<br />

Schrift "De regimine principum" 18 . Beide Autoren meinten, eine tugendhafte Monarchie sei die<br />

beste Form <strong>der</strong> Regierung, da sie Frieden, Gerechtigkeit und Reichtum gewährleisten kann.<br />

Hingegen bemerkten bereits im Verl<strong>auf</strong> des 13. Jahrhun<strong>der</strong>ts an<strong>der</strong>e Autoren, das Recht zu<br />

regieren sei dem Fürsten durch die Stadtgemeinde (universitas) übertragen und könne zu je<strong>der</strong> Zeit<br />

wie<strong>der</strong> entzogen werden, wenn dieser gegen das Gemeinwohl (bonum commune) verstieße. Die<br />

13<br />

Vgl. Stephen J. Campbell, Cosmé Tura of Ferrara, Style, Politics and the Renaissance City, 1450-1495, New Haven<br />

1997, S. 10.<br />

14<br />

Vgl. Johannes Thomann, Studien zum "Speculum physionomie" des Michele Sa<strong>von</strong>arola, Ph.D. diss.,<br />

Philosophische Fakultät, Universität Zürich 1997, S. 122ff.<br />

15<br />

Vgl. Rosenberg (1997), S. 104f.<br />

16<br />

Ebd., S. 105.<br />

17<br />

Vgl. Sa<strong>von</strong>arola, S. 137.<br />

18 Vgl. Quentin Skinner, Political Philosophy. In: Charles B. Schmitt (Hrsg), The Cambridge History of Renaissance<br />

Philosphy, Cambridge 1988, S. 395ff.<br />

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