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Beispiel einer Seminararbeit - auf der Homepage von Oliver Götze

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eingefügte Novellen und Parabeln seine Leser moralisch zu erziehen. 56 So zeigt sich das<br />

humanistische Thema vom Gegensatz zwischen virtus und fortuna deutlich in den Gesängen des<br />

orlando innamorato, da die Ritter <strong>einer</strong>seits ihre Tüchtigkeit bewiesen und sich durch Milde<br />

(clementia), Freigebigkeit (liberalitas) und Höflichkeit (cortesia) auszeichneten, an<strong>der</strong>erseits jedoch<br />

fortuna als unberechenbare Beherrscherin <strong>der</strong> irdischen Existenz dargestellt wird. 57 Ähnlich wie die<br />

Meister <strong>der</strong> Tarocchi griff Boiardo demzufolge <strong>auf</strong> verschiedene geistige Traditionen zurück und<br />

belegt mit seinem Werk vortrefflich die vielfältigen Interessen des Ferrareser Hofes.<br />

3. Schluss<br />

In <strong>einer</strong> <strong>der</strong> umfangreichen Schriften über die italienischen Staaten s<strong>einer</strong> Zeit kritisierte<br />

Papst Pius II. das eifrige Bestreben Borsos nach Ruhm und Ehre und warf dem Herzog vor, er<br />

würde sich durch Schmeichelei und Komplimente in s<strong>einer</strong> Politik beeinflussen lassen. 58 In <strong>der</strong> Tat<br />

lebten am Hofe <strong>der</strong> Este viele Günstlinge, welche vom Herzog erwarteten, mit Län<strong>der</strong>eien belehnt<br />

o<strong>der</strong> für gewidmete Werke beschenkt zu werden. Frater Giovanni stellte beispielsweise seine<br />

Historie <strong>der</strong> Familie Este in die Tradition <strong>der</strong> Antike und beschrieb in <strong>der</strong> Einleitung seinen<br />

Wunsch, Borso möge ihm das Werk nach dem Vorbild <strong>der</strong> römischen Kaiser vergelten. Ähnlich<br />

handelten Battista Guarini und Maria Matteo Boiardo, welche in Eklogen das Gut Quartisana<br />

priesen, um ein ähnliches Geschenk zu erhalten 59 ; und auch <strong>der</strong> Dichter Tito Strozzi schmeichelte<br />

dem Herzog, indem er das Leben des Regenten in seinem großen Epos "Borsias" als ein <strong>von</strong> Gott<br />

gewolltes Ereignis beschrieb. Jupiter hatte, so Strozzi, Merkur den Auftrag gegeben, er solle <strong>der</strong><br />

wun<strong>der</strong>schönen Stella Tolomei im Traum erscheinen und ihr empfehlen, die Liebe Niccolos III. zu<br />

erwi<strong>der</strong>n. Dann werde sie zwei berühmte Söhne gebären, <strong>von</strong> denen <strong>der</strong> ältere seine Zeitgenossen<br />

an Geist und Intelligenz übertreffen und <strong>der</strong> zweite vom Volk wegen s<strong>einer</strong> Tugenden zum<br />

Signoren erwählt werde. 60 Diese Idee Strozzis, die Geschichte <strong>der</strong> Familie Este mit antiken Mythen<br />

zu verknüpfen, wurde im Cinquecento <strong>von</strong> an<strong>der</strong>en Autoren <strong>auf</strong>gegriffen, so <strong>von</strong> Ludovico Ariost<br />

und Torquato Tasso, welche in ihren Epen die Geschichte <strong>von</strong> Boiardos orlando innamorato<br />

fortführten und einen sagenhaften Mythos <strong>der</strong> Familie Este schufen. Seinen Ruhm verdankte<br />

Borso jedoch nicht nur den Dichtern, son<strong>der</strong>n auch den Malern und Humanisten des Hofes.<br />

Letztere widmeten ihm Übersetzungen antiker Werke, so die Komödien des Plautus 61 und die<br />

siebzehn Bücher <strong>der</strong> Geographie des Strabo (<strong>von</strong> Guarino übersetzt), und standen mit an<strong>der</strong>en<br />

Gelehrten Italiens in Verbindung, denen sie <strong>von</strong> den prächtigen Bauwerken und den gelungenen<br />

Gemälden <strong>der</strong> Ferrareser Künstler berichteten. Viele berühmte Maler kamen deshalb nach Ferrara<br />

56<br />

Vgl. Jo Ann Cavallo, Boiardo's Orlando Innamorato, An Ethics of Desire, London, 1993, S. 156-160.<br />

57<br />

Vgl. Ida Wyss, Virtu und Fortuna bei Boiardo und Ariost, Leipzig 1931, S. 46.<br />

58<br />

Vgl. Ludwig, S. 25.<br />

59<br />

Ebd., S. 27-32.<br />

60 Ebd., S. 243.<br />

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