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Flotte Bienen im Lukasgarten<br />

Die Honigbienen erobern die Städte. Mitten in der Luzerner City, im Garten der<br />

Lukaskirche, stehen sechs Bienenstöcke.<br />

Der Herr der Stadtbienen braust mit einem alten Militärtöff auf den Parkplatz der<br />

Lukaskirche. Luki Riechsteiner, 31, Gärtner und Imker macht den wöchentlichen<br />

Kontrollbesuch bei seinen Bienen. Mit silbernen Ringen in Nasenflügeln und Ohren und<br />

Tätowierungen auf den Händen entspricht er nicht gerade dem klassischen Bild von einem<br />

Imker. Doch die Imkerei erfüllt längst nicht mehr das Klischee vom «Altherren-Hobby».<br />

Imkern ist «in».<br />

Bereits seit einigen Jahren erobern Bienen Gebiete, in denen man nicht mit ihnen rechnen<br />

würde: Grossstädte. Ob New York, Paris oder Berlin – überall halten sogenannte Stadtimker<br />

inzwischen Bienenvölker. Der Trend hat mittlerweile auch Luzern erreicht. Ende März 2012<br />

bezogen die ersten vier Völker mit rund 80'000 Mitgliedern ihr Domizil im Garten der<br />

Lukaskirche in der Luzerner Innenstadt, flogen eifrig aus und sammelten Nektar, aus dem<br />

dann feiner Honig wurde. Dieses Frühjahr stellte der Imker dort darum gleich sechs rote<br />

Bienenstöcke auf.<br />

Stadt als Paradies für Bienen<br />

«Bienen fühlen sich in der Stadt sehr wohl», erklärt Luki Riechsteiner. Was den Laien<br />

erstaunt, kann der Imker ganz einfach erklären. Bienen sind stets auf der Suche nach Futter<br />

und auf dem Land richtet sich der Speisezettel oft nach der kurzen Blütezeit der vor Ort<br />

vorkommenden Pflanzen und Bäume. Dann ist das Nektarfenster geschlossen. Wenn, wie in<br />

Luzern, ein Park und viele bepflanzte Balkone und Dachterrassen in der Nähe der<br />

Bienenstöcke liegen, dann ist der Tisch bei einem Radius von drei Flugkilometern über<br />

Monate reich gedeckt. Es gibt es genug Nahrung für alle. Das ist wichtig, denn bis zur<br />

Sommersonnenwende am 21. Juni werden die Völker noch grösser und nehmen danach<br />

wieder ab.<br />

Noch einen Vorteil hat das Stadtleben: Hier werden die Pflanzen weniger oder gar keinen


Pflanzenschutzmitteln ausgesetzt und es ist zwei bis drei Grad wärmer als auf dem Land.<br />

Auch das Zusammenleben von Menschen und Bienen klappt gut. «Bisher habe ich nicht<br />

gehört, dass jemand unserer Mitarbeitenden im Garten oder im Büro gestochen wurde», freut<br />

sich Lukas-Pfarrerin Heidi Müller. Als vergangenes Jahr die Anfrage des Imkers kam, ob er<br />

seine Bienenstöcke im Garten aufstellen dürfe, war das Lukasteam zwar offen für das<br />

Experiment. Doch sei man auch neugierig gewesen, ob und wie das enge Miteinander<br />

funktionieren kann. Die Stöcke wurden im hinteren, weniger genutzten Teil des Gartens<br />

aufgestellt. Die Einflugschneise legte der Imker bewusst zur Strasse und nicht Richtung<br />

Sitzplatz an.<br />

«Die Resonanz ist überwältigend, damit haben wir gar nicht gerechnet», erzählt Heidi Müller.<br />

«Viele Gemeindemitglieder und auch Passanten sprechen uns an und berichten, wie gern sie<br />

die Bienen beobachten. Manche vermuten im Honig sogar besonders heilende Kräfte<br />

aufgrund der Nähe zur Kirche», erzählt die Pfarrerin.<br />

15 bis 20 Kilo Honig produziert ein Bienenvolk pro Jahr. Angst vor aus der Stadtluft<br />

aufgenommenen Schadstoffen brauche dabei niemand dazu haben, beruhigt der Imker. «Die<br />

Bienen benutzen ihren Körper als natürlichen Filter», erklärt Riechsteiner. Die Bienen<br />

reinigen Pollen und Nektar so, dass die Rückstände nicht in den Honig kommen.<br />

Rätselhaftes Bienensterben<br />

«Für mich ist es selbst ‹der Hammer›, dass das Imkern in der Stadt so gut klappt», freut sich<br />

Riechsteiner. Doch bei aller Freude, die das Imkern macht – die Bienenwelt ist nicht mehr<br />

heil: Seit Jahren klagen Imker über ein rätselhaftes Bienensterben. Der preisgekrönte Dok-<br />

Film «More than honey» machte das Problem kürzlich einer breiteren Öffentlichkeit<br />

zugänglich. Im Winter 2012 ist fast die Hälfte aller Schweizer Bienenvölker eingegangen.<br />

«Die Bienen sind als natürliche Bestäuber wichtig für das Leben auf der Erde, wir sollten gut<br />

auf sie achten», so Riechsteiner. «Ich möchte meine Bienen darum nur dort halten, wo sie es<br />

schön und die Menschen auch Freude an ihnen haben.» Dafür stehen die Zeichen rund um die<br />

Lukaskirche sehr gut.<br />

Bienen im Gottesdienst<br />

In der Lukaskirche findet am Sonntag, 23. Juni, 10 Uhr, ein Sing- und Tanzgottesdienst mit<br />

dem Titel «Von Bienenflügeln und afrikanischen Trommeln» mit anschliessendem<br />

Bienenapéro statt. Dort besteht die Gelegenheit, mit Imker Luki Riechsteiner ins Gespräch zu<br />

kommen.<br />

Der Lukas-Honig ist in der Holzwerkstatt Ottiger, Habsburgerstrase 20, Luzern, erhältlich.<br />

Zum Bild: «Die Bienen fühlen sich in der Stadt sehr wohl»: Imker Luki Riechsteiner. |<br />

Anderhub<br />

Annette Meyer zu Bargholz

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