Berichte - verbier amateur.qxd - Verbier Festival
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Nun ist die Idee nicht neu, schon mehrere <strong>Festival</strong>s<br />
haben diese Idee in die Tat umgesetzt, die Amateurmusiker<br />
durch professionelle Anleitung an sich<br />
zu binden, den Namen des <strong>Festival</strong>s auch in weiteren<br />
Amateurmusikerkreisen bekannter zu machen. Doch in<br />
<strong>Verbier</strong> kommen noch andere Faktoren hinzu, Faktoren,<br />
die man so in kaum einem anderen Amateur-Kammermusikkurs<br />
wiederfindet.<br />
Jeweils bis Mai können sich interessierte Kammermusiker<br />
über die Website für die „Amateur Chamber Music<br />
Week“ in <strong>Verbier</strong> bewerben. Dabei geht es vor allem um<br />
die Auswahl der Instrumente, die gespielt werden ebenso<br />
wie um die Selbsteinschätzung des Könnens, das man<br />
nicht zu hoch ansetzen sollte, wie die Erfahrungen gezeigt<br />
haben.<br />
In diesem Jahr waren 50 Amateure eingeladen, um eine<br />
Woche lang unterrichtet zu werden. Dabei verfolgt<br />
man aber einige Besonderheiten im Konzept. So kann<br />
man sich zwar mit jedem Instrument bewerben, aber es<br />
muss auch Repertoire für die Kombination mit anderen<br />
Instrumenten in einem Ensemble vorhanden sein. Zudem<br />
will man auch, dass etliche der Amateure, die jedes Jahr<br />
wiederkommen, nicht immer dasselbe Repertoire spielen,<br />
sondern immer neue Herausforderungen erhalten. Eine<br />
immense Logistik ist erforderlich, da die Amateure die<br />
ausgewählten Werke schon knapp zwei Monate vor dem<br />
Eintreffen in <strong>Verbier</strong> erhalten sollen. Christian Thompson<br />
ist der Leiter der sogenannten Sonderprojekte, zu denen<br />
nicht nur die Amateur-Kammermusik-Woche zählt, sondern<br />
auch die Aktivitäten für Kinder während der eigentlichen<br />
<strong>Festival</strong>zeit sowie die Organisation der sogenannten<br />
Academy, in der Studenten von den weltbekannten<br />
Musikern in Meisterklassen unterrichtet werden<br />
und sich zudem zu einem Orchester formieren.<br />
Wir wollten einige der organisatorischen Besonderheiten<br />
der Kammermusik-Woche für Amateure genauer erfahren<br />
und setzten uns mit Thompson zu einem Gespräch<br />
zusammen.<br />
Ensemble: Wie kam man dazu, diese Amateur-Kammermusikkurse<br />
zusätzlich zu diesem großen <strong>Festival</strong> in<br />
<strong>Verbier</strong> einzurichten?<br />
Christian Thompson: Für mich ist das mein sechster<br />
Sommer in <strong>Verbier</strong>. Und wir versuchen hier eine musikalische<br />
Einheit von Künstlern zu schaffen, mit dem Orchester,<br />
der Academy und den Künstlern, die im <strong>Festival</strong> auftreten.<br />
Die Amateur-Musiker sind wichtig für die Gesundheit<br />
der Musikwelt. Sie kaufen CDs, sie gehen in Konzerte,<br />
sie wissen immens viel über Musik. Und da wir diesen<br />
wundervollen Ort mit Flügeln, Musikständern und<br />
allem, was man benötigt, um zu musizieren, bereits haben,<br />
dachten wir, dass es interessant wäre für Amateure,<br />
diese Einrichtungen schon vor dem <strong>Festival</strong> zu<br />
nutzen;und sich besonders zu fühlen. Das erste Jahr war<br />
natürlich nicht das, was es jetzt ist, wir haben viel gelernt.<br />
Aber heutzutage ist es wirklich ausgereift. Wir haben 50<br />
Personen, die als Amateure hierherkommen.<br />
Ensemble: 50 Amateur-Musiker von wie vielen Bewerbern?<br />
Christian Thompson: Ich nehme in der Regel alle, solange<br />
ich etwas für sie zu tun finde. Das einzige Limit, was<br />
BERICHTE<br />
wir uns setzen müssen, sind Pianisten. Pianisten sind immer<br />
ein Problem, da sie die meisten Noten zu spielen haben<br />
und entsprechend gut sein müssen. Wenn man Pianisten<br />
auswählt, die nicht so gut sind, müssen alle in der<br />
Gruppe auf diesem Niveau des Pianisten spielen und das<br />
kann frustrierend sein. Ich habe Fehler mit Musikern gemacht,<br />
die ich eingeladen habe. Aber grundsätzlich sage<br />
ich allen, dass es wie ein „Blind Date“ ist: Einige der Mitspieler,<br />
die man hier trifft, will man heiraten oder zumindest<br />
wiedertreffen, einige nicht. Wenn sie allerdings ihre<br />
Persönlichkeit ein wenig vor der Tür lassen und nur an<br />
die Musik denken, dann wird es eine gute Zusammenarbeit.<br />
Christian Thompson<br />
Foto: Yoko Tsunekawa<br />
Ensemble: Nun sind andere Amateur-Kammermusikkurse<br />
limitiert, wenn es um die Instrumente geht. Hier<br />
kann man sich aber mit jedem Instrument bewerben,<br />
richtig?<br />
Christian Thompson: Niemand tut, was wir hier für die<br />
Amateure tun! Zuerst einmal sind die Amateure hier vor<br />
Ort, sie bleiben also die gesamte Zeit in der Stadt. Und es<br />
gibt kein <strong>Festival</strong> oder keinen Veranstalter, der das tut,<br />
was wir tun, soweit mir bekannt ist.<br />
Die große Besonderheit, die wir bieten, ist: Wenn die<br />
Amateure nicht spielen, können sie in die Meisterklassen<br />
der Academy gehen und zuhören, sie können den<br />
Proben des Orchesters unter Charles Dutoit zuhören. Sie<br />
können sich wirklich als Teil des gesamten <strong>Festival</strong>s fühlen.<br />
Man muss sich das klar machen: Man ist in dem einen<br />
Raum und probt und nebenan proben Misha Maisky<br />
oder Joshua Bell – das ist wirklich etwas Besonderes.<br />
Ensemble: Das <strong>Festival</strong> aber ist doch erst in der darauffolgenden<br />
Woche. Bleiben denn die Amateure nach der<br />
Kammermusik-Woche?<br />
Christian Thompson: Die meisten bleiben bis zum 16.<br />
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