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Download - Baltische Historische Kommission

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egonnen, jetzt seiner letzten Lebensstunde entgegen sah. Nur die Berechnung und der<br />

Eigennutz hinderten den Fortgang der Zerstörung. Noch wussten sie nichts von der neuen<br />

Erhebung in Deutschland, nichts von der neuen Bulle des Papstes, die nicht das Volk zur<br />

Taufe zu zwingen, sondern nur die freiwillig Getauften zum Beharren in der neuen Lehre<br />

nötigen sollte. Der materielle Unterschied ist freilich bei näherer Betrachtung bedeutungslos,<br />

dennoch fußte die spätere Kolonie hierauf, als auf dem Beweise der freiwillig übernommenen<br />

Mission, wozu noch kam, dass andere, besonders Gnadenerweise, der Bulle hinzugefügt<br />

waren, wie namentlich Dispensationen von den strengen römischen Ehegesetzen. Kurz, sie<br />

erhielten, wie ein neuerer Geschichtsschreiber sich ausdrückt, die Erlaubnis „ihre Weiber zu<br />

behalten und ihre Cousinen zu heiraten“.<br />

Bewaffnet mit dieser und anderen wirksamen Waffen zieht Albert die Düna hinauf, die<br />

Belagerung von Kirchholm zu brechen. Zuerst zurückgeschlagen und von Not und Hunger so<br />

bedrängt, dass das Kreuzheer sich gezwungen sieht, Wurzeln und Knollen aus der Erde<br />

zusammenzukratzen, wiederholt er ungeschwächten Mutes den Angriff mit besserem Erfolge.<br />

Gleichzeitig brennen schnell gelandete Friesen die neuen Saaten der Liven nieder. Erschreckt<br />

schließen diese Frieden. Die Häupter folgen einer freilich verräterischen, wenn auch fast<br />

durch die Notwehr gezwungenen Einladung zu einem Feste, werden dort festgehalten und<br />

genötigt, 30 ihrer Söhne als Geiseln beim Bischof zu lassen. Jetzt kehrt Albert zurück, das<br />

Programm seines Werkes ist geschlossen. Sein echt staatsmännischer Charakter zeigt sich<br />

schon hier in seiner ganzen Schärfe; nirgends edelmütig, nirgends tyrannisch, überall den<br />

Zweck vor Augen, im Sieg gemäßigt aber fest, in Gefahr schlau, listig, aber wieder fest, nicht<br />

immer mit Gewalt zu Werke gehend, nichts wider die innere Natur seines jeweiligen Zweckes<br />

versuchend, stets Meister über die Verhältnisse, auch wo sie ihn zu beherrschen scheinen.<br />

Dreifach war die Aufgabe, die er sich gestellt: 1) Die Zurückgebliebenen vor dem Untergange<br />

zu schützen; 2) Den Liven, die nur temporär sich gefügt, ferner die Hände zu binden; 3) Eine<br />

Stadt als Konzentrationspunkt der Ansiedler und Rückhalt für die Erweiterung der Kolonie zu<br />

gründen. Und dreifach ward nach seiner nächsten Rückkehr 1201 die Aufgabe von ihm gelöst.<br />

Zum Zeichen, dass jetzt eine dauernde Niederlassung aus der Handelsfaktorei entsprossen, zur<br />

dauernden Gewähr einer Obermacht über das Landesvolk, zum Schutz des neu aufblühenden<br />

Handels, als Verbindungspunkt der unterworfenen Landschaften – erhoben sich in diesem<br />

Jahr die Mauern von Riga, die bald die Litauer in den Sumpf zurücktreiben, die Esten und<br />

Letten niederwerfen, den Russen zur Tributzahlung nötigen sollen, unter deren Schirm ein<br />

Bürgerstand von dem engherzigsten Eigennutz und dem weitherzigsten Gemeinsinn<br />

erwachsen sollte. Ihre Politik und ihr Vorteil äußerten bald ihren Einfluss nach innen und<br />

außen. Eine Bannbulle gegen alle Schiffe, die die Semgallischen Häfen dem Rigaschen<br />

vorziehen würden, ist bald ausgewirkt; aus den Bürgern Rigas bildet sich ein Militärkorps.<br />

Nicht jährlich wiederkehrende Pilger allein, sondern ein eigenes Geschlecht sollte nach des<br />

Erbauers Plan die Verteidigung und den Angriff wieder aufnehmen. Das Land ringsherum,<br />

verteilt er an seine Genossen: Lennewarden und Uexküll sind die ersten Güter, die er zu<br />

Lehen gibt. Die Kirche von Uexküll wird der Sicherheit wegen nach Riga verpflanzt. In<br />

Dünamünde erhebt sich ein stattliches Zisterzienser-Kloster. So werden im ersten Jahre die<br />

Trümmer des alten Systems gerettet, im zweiten die Fundamente des neuen Systems<br />

gegründet. Im dritten ging es an einen gewaltigen Bau. Der Orden der Schwertbrüder mit<br />

seiner bis ins Kleinste genauen Organisation, mit seinen Rittern und dienenden Brüdern,<br />

seinen Meistern, Komturen und anderen Gebietigern tritt 1202 ins Leben. Blitzähnlich treten<br />

Schlag auf Schlag die großen Pläne Alberts hervor, bald von reichem Erfolge gekrönt. Im<br />

dritten Jahr ist das ganze Aussehen des Landes verändert. Wo sich vor dieser Zeit ein<br />

Menschenhäuflein verzweifelt gegen den überlegenen Feind gewehrt, da steht jetzt<br />

schlagfertig ein sich stets rekrutierendes Heer mit festem Rückhalt nicht nur zur Verteidigung,<br />

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