Untitled - Pädiatrix
turelle Veränderungen der Muskulatur charakterisiert
sind [10,11]. Zu Beginn sind sie klinisch
nicht von Muskeldystrophien zu unterscheiden,
auch hier bestehen Hypo- beziehungsweise Areflexie,
Kontrakturen und schwere Muskelschwäche.
Die Kreatinkinase ist jedoch nicht verändert.
Die Diagnose erfolgt elektromyografisch, bioptisch
und molekulargenetisch.
Einfache Gen-Diagnostik beim
Prader-Willi-Syndrom
Ein typisches Beispiel für eine syndromale Erkrankung
ist das Prader-Willi-Syndrom mit einer
Häufigkeit von 1 zu 15 000. Diese Säuglinge
zeigen schon unmittelbar nach der Geburt die
ersten Symptome mit einer rumpfbetonten muskulären
Hypotonie, schlecht auslösbaren Muskeleigenreflexen,
reduzierten Spontanbewegungen,
Trinkschwäche und Dystrophie [2,5,12]. Die
Dysmorphiezeichen im Gesicht sind sehr variabel
(mandelförmige Augen, Strabismus, schmale,
zeltförmige Oberlippe); meist besteht ein Hypogenitalismus.
Es liegt auch eine leichte mentale
Behinderung vor, häufig mit Verhaltensauffälligkeiten,
außerdem Wachstumshormonmangel, pathologisch
gesteigertem Appetit und Adipositas.
In über 99 Prozent der Fälle besteht eine Methylierungsstörung
der DNA. Genetisch sind eine
Mikrodeletion und eine Epimutation (Methylierung
einer DNA-Sequenz, die eine regulierte
Gen-Expression ermöglicht) an 15q11.2-q13 auf
dem paternalen Chromosom oder eine maternale
uniparenterale Disomie (homologes Chromosomenpaar
nur von der Mutter) nachweisbar. Die
Diagnostik, die sehr früh erfolgen sollte, ist nach
Aussage von König auch hier einfach.
Versorgung in Deutschland
ist vorbildhaft
Wie sieht es nun mit den therapeutischen Optionen
beim Floppy-infant-Syndrom aus? Eine
kausale Therapie ist nach Aussage von Kieslich
nicht möglich, gentherapeutische Ansätze werden
noch erforscht, etwa beim Morbus Duchenne.
Zur Versorgung der Patienten ist auf jeden
Fall eine multidisziplinäre Behandlung durch
Neuropädiater, pädiatrische Pulmologen, Gastroenterologen,
Orthopäden und Kardiologen
notwendig. Zu den therapeutischen Optionen
zählen generell:
• Physiotherapie
• Ergotherapie
• Atemtherapie und Heimbeatmung
• orthopädische Therapieverfahren, etwa kontrakturlösende
Eingriffe und Wirbelsäulen-
Operationen bei neuromuskulären Skoliosen
• Tracheotomie, Bronchialtoilette
• Logopädie
• Substitution verschiedener Substanzen wie
Thiamin, Riboflavin, Kreatin, Coenzym Q10
• Prophylaxe von Pneumonien, Thrombosen
und Dekubiti
Bezogen auf Diagnostik und Therapie des
Floppy-infant-Syndroms ist Deutschland im
internationalen Vergleich gut aufgestellt und
hat fast schon Vorbildcharakter. Kieslich: „Insgesamt
haben wir in Deutschland eine der besten
Versorgungssituationen für Kinder, das gilt
für alle neurologisch kranken Kinder, wenn
man das weltweit im Vergleich sieht. Das gilt
auch für die Diagnostik. Wir bekommen zum
Beispiel sehr viele Anfragen aus dem Ausland,
nicht nur aus Russland, Aserbaidschan oder
aus arabischen Ländern, sondern sogar aus
Schweden und Dänemark, weil dort oft lange
Wartezeiten bestehen.“
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Weitere Informationen
• Deutsche Gesellschaft für Muskelkranke e.V.:
www.dgm.org
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Floppy infant
Pädiatrix 8/2009